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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Antragstellerin ist die Lizenzspielergesellschaft des 1. Fußball-Club L. e. V., deren erste Herrenmannschaft in der deutschen Fußballbundesliga spielt. Sie begehrt eine Erhöhung der auch in ihrem Heimstadion, das bei voller Auslastung 50.000 Zuschauer (41.825 Sitzplätze und 8.175 Stehplätze) fasst, derzeit geltende Kapazitätsgrenze auf 50 % der Stadionauslastung, in ihrem Fall mithin auf 25.000 Zuschauer.
3Die Antragstellerin beantragt wörtlich,
4im Wege der einstweiligen Anordnung § 4 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Januar 2022 in der seit 9. Februar 2022 geltenden Fassung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über den noch einzureichenden Normenkontrollantrag der Antragstellerin nach § 47 VwGO vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit für Fußballspiele als Veranstaltungen die zulässige Zuschauerzahl auf 10.000 Personen begrenzt ist.
5Die beanstandete Regelung in § 4 CoronaSchVO vom 11. Januar 2022 (GV. NRW. S. 2b), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Februar 2022 (GV. NRW. S. 100a), lautet im Zusammenhang:
6§ 4
7Zugangsbeschränkungen, Testpflicht
8(…)
9(2) Die folgenden Einrichtungen, Angebote und Tätigkeiten dürfen vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze nur noch von immunisierten Personen in Anspruch genommen, besucht oder als Teilnehmenden ausgeübt werden:
10(…)
115. der Besuch von Sportveranstaltungen als Zuschauerin oder Zuschauer,
12(…)
13(5) Bei Veranstaltungen nach den Absätzen 2 und 3 darf oberhalb einer absoluten Zahl von 250 Personen die zusätzliche Auslastung bei höchstens 50 Prozent der über 250 Personen hinausgehenden regulären Höchstkapazität liegen; insgesamt sind dabei höchstens 750 Zuschauende, gleichzeitig anwesende Besucherinnen und Besucher oder Teilnehmende zulässig; Personen nach Absatz 4 werden nicht mitgezählt. Soweit für alle gemäß den Sätzen 1 und 2 zulässigen Personen Sitzplätze vorhanden sind, dürfen Stehplätze nicht besetzt werden. Satz 1 gilt nicht für Veranstaltungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 sowie für Veranstaltungen, bei denen eine Zugangskontrolle aufgrund des Veranstaltungscharakters nicht erfolgen kann.
14(5a) Sollen bei Veranstaltungen abweichend von Absatz 5 mehr als 750 Personen teilnehmen, so darf
151. die Auslastung in Innenräumen maximal 30 % der jeweiligen Höchstkapazität betragen, jedoch nicht mehr als insgesamt 4 000 Personen,
162. die Auslastung im Freien maximal 50 % der jeweiligen Höchstkapazität betragen, jedoch nicht mehr als insgesamt 10 000 Personen. Unabhängig davon, ob sich dies für die betreffenden Veranstaltungen bereits aus anderen Vorschriften dieser Verordnung ergibt, sind die vorstehenden Personenzahlen nur zulässig, wenn für die Veranstaltungen eine Pflicht, mindestens eine medizinische Maske zu tragen, umgesetzt wird und nur Personen Zugang haben, die die Zugangsvoraussetzungen zu Veranstaltungen und Angeboten nach Absatz 3 erfüllen. Bei Veranstaltungen nach Absatz 3 Nummer 6 sind die erhöhten Personenzahlen nicht zulässig.
17Ausgehend davon kann die Antragstellerin ihr Ziel, 25.000 Zuschauer in ihr Stadion einlassen zu dürfen, erreichen, wenn nur noch der 1. Halbsatz von § 4 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO, der eine Auslastung im Freien mit maximal 50 % der jeweiligen Höchstkapazität zulässt, Anwendung fände. Die Regelung könnte auch im Grundsatz – wie außerdem beantragt – jedenfalls formal auf Fußballspiele begrenzt werden, weil es sich insoweit um einen abgrenzbaren, klar definierten Bereich handelt. Streitgegenstand des Normenkontrolleilverfahren ist damit die vorläufige Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 CoronaSchVO, soweit er auch Fußballspiele erfasst.
18Der so verstandene Antrag hat keinen Erfolg. Der Antrag ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
19Vgl. zum Prüfungsmaßstab: BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 ‑ 4 VR 5.14 ‑, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2021 - 13 B 135/21.NE -, juris, Rn. 23 f., m. w. N.
20Das ist hier nicht der Fall, weil der in der Hauptsache noch zu erhebende Normenkontrollantrag der Antragstellerin nach im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglicher summarischer Prüfung nicht offensichtlich begründet wäre (I.) und die deswegen anzustellende Folgenabwägung zu Lasten der Antragstellerin ausfällt (II.).
21I. Die sich aus § 4 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 CoronaSchVO ergebende Kapazitätsgrenzen für Veranstaltungen im Freien sind nicht offensichtlich rechtswidrig.
221. Offensichtlich durchgreifende Zweifel am Vorliegen einer hinreichenden, dem Parlamentsvorbehalt genügenden Ermächtigungsgrundlage in den §§ 32, 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. Abs. 1 Nr. 8 IfSG liegen nicht vor. Solche hat auch die Antragstellerin nicht geltend gemacht.
232. Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung nach § 28a Abs. 7 Satz 3 i. V. m. Abs. 5 IfSG sind voraussichtlich eingehalten. Die Verordnung ist mit einer Begründung versehen,
24vgl. MAGS, Begründung zur Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 11. Januar 2022 in der konsolidierten Fassung vom 8. Februar 2022, abrufbar unter:
25https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/220211_konsolidierte_begruendung_coronaschvo_vom_8._febr_2022.pdf,
26und in der erforderlichen Weise befristet. Sie tritt mit Ablauf des 9. März 2022 außer Kraft (§ 9 Abs. 1 CoronaSchVO). Damit hat der Verordnungsgeber von der Verlängerungsmöglichkeit des § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt aus § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG, wonach die Geltungsdauer einer Verordnung grundsätzlich vier Wochen beträgt und verlängert werden kann, nicht, dass Infektionsschutzmaßnahmen keine mehrmonatige Dauer erreichen dürfen. Die Verlängerungsmöglichkeit bezweckt, dass der Verordnungsgeber die jeweilige Rechtsverordnung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie fortschreiben und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots und unter Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen prüfen muss, ob die getroffenen Maßnahmen noch aufrechterhalten bleiben oder eine Lockerung verantwortet werden kann.
27Vgl. BT-Drs. 19/24334, S. 74.
283. Die in § 4 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 CoronaSchVO geregelte Schutzmaßnahme begegnet nach der im vorliegenden Verfahren schon aus Zeitgründen nur möglichen summarischen Prüfung auch materiell-rechtlich keinen offensichtlich durchgreifenden Bedenken. Die sich aus § 32 Satz 1 i. V. m. §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, 28a Abs. 7 Satz 1, Abs. 3, 6 IfSG ergebenden materiellen Voraussetzungen dürften erfüllt sein (a.). Die Kapazitätsgrenze für Veranstaltungen greift voraussichtlich auch nicht in unverhältnismäßiger Weise in Grundrechte der Veranstalter ein (b.) und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (c.).
29a. Nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 6, Abs. 1 Nr. 8 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG i. V. m. § 32 Satz 1 und 2 IfSG kann – unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite – die Anzahl der Personen, die eine Sportveranstaltungen besuchen – beschränkt werden.
30Nach § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG sollen weitergehende Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen und überregionalen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen werden, eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden. Wesentlicher Maßstab für weitergehende Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) in ein Krankenhaus aufgenommenen Personen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Weitere Indikatoren wie die unter infektionsepidemiologischen Aspekten differenzierte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und die Anzahl der gegen COVID-19 geimpften Personen sollen bei der Bewertung des Infektionsgeschehens berücksichtigt werden.
31Nach diesen Vorgaben ist es weder geboten, dass der Verordnungsgeber – wie dies andere Bundesländer gemacht haben – ein an die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz geknüpftes Stufenmodell wählen muss, noch verlangt § 28 Abs. 3 Satz 4 IfSG, dass die Infektionsschutzmaßnahmen zwingend abhängig von einer bestimmten Hospitalisierungsinzidenz sind. Der Bundesgesetzgeber lässt dem Verordnungsgeber weitreichenden Spielraum hinsichtlich der Art und Weise der Berücksichtigung der 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, indem er – anders als noch in der bis zum 14. September 2021 geltenden Fassung des § 28a Abs. 3 IfSG für die 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen – keine Vorgaben macht, bei welcher Hospitalisierungsinzidenz Maßnahmen welchen Umfangs oder welcher Intensität zu treffen sind. Ferner verlangt § 28a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG, dass bei der Entscheidung über Schutzmaßnahmen absehbare Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten zu berücksichtigen sind. Wenn der Verordnungsgeber aber auf diese Änderungen schon reagieren können soll, obwohl diese noch nicht eingetreten, sondern nur absehbar sind, kann es erforderlich sein, vorübergehend stärker auf andere Kriterien wie insbesondere die Neuinfektions-7-Tage-Inzidenz abzustellen, weil sich in der 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz naturgemäß Änderung des Infektionsgeschehens erst mit zeitlichem Nachlauf niederschlagen.
32Vgl. zum Ganzen ausführlich: OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2022 - 13 B 16/22.NE -, juris, Rn. 42 ff.
33Die vom Verordnungsgeber bei der Entscheidungsfindung herangezogenen Faktoren dürften hiernach grundsätzlich den durch § 28a Abs. 7 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 IfSG vorgegebenen Maßstäben entsprechen. In Einklang mit den oben genannten Vorgaben würdigt der Verordnungsgeber im Rahmen seiner aktuellen Begründung zur Coronaschutzverordnung insbesondere die aktuelle Belastungssituation in den Krankenhäusern – auch unter Berücksichtigung von Personalausfällen – sowie die Infektionslage. Dabei richtet er besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der Infektionszahlen in den älteren Altersgruppen, die ein erhöhtes Risiko haben, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen.
34Vgl. MAGS, Begründung zur Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 11. Januar 2022 in der konsolidierten Fassung vom 8. Februar 2022, S. 4 f., abrufbar unter:
35https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/220211_konsolidierte_begruendung_coronaschvo_vom_8._febr_2022.pdf.
36Dass er insoweit Infektionsschutzmaßnahmen auch unter Berücksichtigung des Umstands aufrechterhält, dass eine Überlastungssituation in den Krankenhäusern nicht akut droht, sondern hier eine gewisse Vorsicht bei den in Aussicht genommenen Lockerungen walten lässt, um eine solche Überlastung nachhaltig abzuwenden, stellt noch keinen Widerspruch zu den Vorgaben aus § 28 Abs. 3 IfSG dar. Denn dies ändert nichts daran, dass die Hospitalisierungsinzidenz vorliegend – unabhängig von einer durch den Bundesgesetzgeber vorgegebenen Mindesthöhe – wesentlicher Maßstab für die ergriffene Schutzmaßnahme ist.
37b. § 4 Abs. 5a Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 CoronaSchVO ist bei summarischer Bewertung zur Erreichung des vom Verordnungsgeber verfolgten Ziels, Leben und Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu schützen, voraussichtlich geeignet (aa.), erforderlich (bb.) und angemessen (cc.).
38aa. Für die Eignung genügt bereits die Möglichkeit, durch die Regelung den mit dieser verfolgten Zweck zu erreichen. Bei der Beurteilung der Eignung einer Regelung steht dem Normgeber ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die etwa erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel bezieht, um die Ziele der Norm zu erreichen. Erfolgt der Eingriff – wie hier – zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Normgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die gerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der Eignungsprognose beschränkt.
39Vgl. in Bezug auf den Gesetzgeber: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris, Rn. 185; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2022 - 1 BvR 159/22 -, juris, Tenor.
40Diesen Einschätzungsspielraum hat der Verordnungsgeber ausgehend von den gegenwärtig vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen voraussichtlich nicht überschritten.
41(1) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber weiterhin der Auffassung ist, dass Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems dienen. Dem steht entgegen der Einschätzung der Antragstellerin die aktuelle Situation auf den Intensivstationen nicht entgegen.
42Hierzu hat der Verordnungsgeber in seiner Verordnungsbegründung,
43vgl. MAGS, Begründung zur Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 11. Januar 2022 in der konsolidierten Fassung vom 8. Februar 2022, S. 4 f., abrufbar unter:
44https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/220211_konsolidierte_begruendung_coronaschvo_vom_8._febr_2022.pdf,
45im Zuge der Verlängerung der Maßnahmen über den 9. Februar 2022 hinaus folgende Erwägungen angestellt:
46„Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Coronaschutzverordnung über den 9. Februar 2022 hinaus zu verlängern ist, wird in Politik und Wissenschaft bereits zum Teil intensiv über mögliche Lockerungen nach einem erwarteten baldigen Überschreiten der derzeitigen sog. Omikron-Welle diskutiert. Einen Scheitelpunkt erwarten dabei einige für Mitte Februar.
47Bisher liegen bezogen auf NRW für ein solches Erreichen der Umkehr der Infektionsentwicklung aber noch keine belastbaren Daten vor. Die Infektionszahlen steigen vielmehr nach wie vor deutlich an. Die 7-Tage-Inzidenz ist vom 1. Februar bis zum 8. Februar 2022 um rund 120 Punkte auf 1.604,2 gestiegen. Dabei ist vor allem in den älteren und damit von schweren Krankheitsverläufen besonders gefährdeten Altersgruppen ein Infektionsanstieg zu erkennen. (…)
48Bezogen auf die vorrangigen Schutzziele der aktuellen Regelungen, die Verhinderung einer Überforderung der medizinischen Versorgungsstruktur und die Vermeidung einer für die kritische Infrastruktur gefährlichen Ausfallquote unten den Beschäftigten, ist festzustellen, dass auch hier die Daten noch keine gesicherte Situation belegen. Die in der IG-NRW Statistik unmittelbar anhand der Meldungen der Krankenhäuser ermittelten Aufnahme- und Belegungszahlen weisen am 8. Februar 2022 mit einer Hospitalisierungsinzidenz von 18,8 ebenfalls einen sehr hohen Wert bei noch kontinuierlich steigender Tendenz auf (Wert 1. Februar 2022: 16,4). Auch in den sensiblen Bereichen der Intensiv- und Beatmungsplätze sind deutlich steigende Fallzahlen – wenn auch auf einem noch gut beherrschbaren Niveau – zu verzeichnen (Steigerung der COVID-Patienten im Krankenhaus um 24%, Steigerung der COVID-Patienten auf der Intensivstation um 9,5%, Steigerung der COVID-Patienten mit Beatmung um 14%).
49Damit stellt sich die Krankenhaussituation aufgrund der relativ milderen Verläufe der Omikron-Infektionen als belastet, aber noch beherrschbar dar. Sie wird allerdings durch den gleichzeitigen Personalausfall zusätzlich kritisch, der sich hier wie in anderen Branchen auswirkt. Von einigen Kliniken wird daher auch im Moment die Verschiebung elektiver Eingriffe berichtet.
50Angesichts dieser Zahlen – und im Hinblick auf die Krankenhäuser vor allem auch aufgrund der Verschiebung der Infektionen in die höheren Altersgruppen – kann daher vor einer erkennbaren Umkehr der Infektionsentwicklung nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Schutzziele der Verordnung auch ohne die bisher ergriffenen Maßnahmen sicher erreichen lassen. Vielmehr weisen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder darauf hin, dass wir in Deutschland bisher gegenüber anderen Nachbarländern nur deshalb eine deutlich „flachere“ Omikronwelle mit weniger hohen Spitzeninzidenzen hätten, weil es bei uns noch ein erhebliches Maß an besonderen Schutzmaßnahmen gibt. Würde man diese vorzeitig reduzieren, ließe das gerade in der noch andauernden Winterperiode eine Entwicklung wie in den Nachbarländern erwarten mit den entsprechenden Folgen für die Schutzziele der Verordnung.“
51Mit diesen Erwägungen dürfte der Verordnungsgeber seinen Einschätzungsspielraum voraussichtlich nicht überschreiten. Zunächst ist festzustellen, dass die streitgegenständliche Maßnahme nicht allein darauf abzielt, die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu erhalten, sondern auch darauf, Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Diese Schutzgüter werden nicht allein durch etwaige fehlende Behandlungsmöglichkeiten wegen einer Überlastung des Gesundheitssystems gefährdet, sondern auch durch eine massive Verbreitung des Virus, die dazu führt, dass sich Angehörige vulnerabler Gruppen (hochaltrige Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen, einem geschwächten Immunsystem oder mit Behinderungen), die sich grundsätzlich nur eingeschränkt selbst gegen eine Infektion schützen können, einer Ansteckungsgefahr verstärkt ausgesetzt sein können. Auch diese Gefahr einzuschränken, stellt einen legitimen Zweck von Infektionsschutzmaßnahmen dar.
52Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Februar 2022 ‑ 1 BvR 2649/21 -, juris, Rn. 18, 22, und vom 19. November 2021 - 1 BvR 971/21 u. a. -, juris, Rn. 132.
53Aber auch soweit der Verordnungsgeber den Schutz der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems verfolgt, dürfte er in seiner Einschätzung nicht offensichtlich fehlgehen, dass zum aktuellen Zeitpunkt Infektionsschutzmaßnahmen zur Verfolgung dieses Ziels geeignet und nicht bereits zwingend entbehrlich sind. In prognostischer Hinsicht deckt sich diese Einschätzung mit derjenigen des Robert Koch-Instituts (zu dessen Aufgaben und Kompetenzen siehe § 4 IfSG). Das Robert Koch-Institut schätzt auch in seinem letzten wöchentlichen Lagebericht vom 17. Februar 2021 die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland nach wie vor insgesamt als sehr hoch ein. Die Hospitalisierungsinzidenz aus den Meldedaten, die Hospitalisierungsinzidenz aus der syndromischen Surveillance (COVID-SARI) und auch die Belegungskapazitäten im Intensivregister zeigten, dass die Zahl der Krankenhaus-Neuaufnahmen auf einem konstanten Niveau bleibe bzw. zuletzt wieder ansteige. Dieser durch die aktuelle Omikron-Welle bedingte Anstieg sei allerdings im Verhältnis zum Anstieg der Fallzahlen und Neuinfektionen moderat und schwächer als in den ersten vier COVID19-Wellen.
54Vgl. Robert Koch-Institut, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19), Stand 17. Februar 2022, S. 3 f., abrufbar unter
55https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-02-17.pdf?__blob=publicationFile.
56Der ExpertInnenrat der Bundesregierung zu COVID-19, ein kraft Vereinbarung von Bund und Ländern am 14. Dezember 2021 im Bundeskanzleramt eingerichtetes wissenschaftliches Expertengremium, weist insbesondere auf die Gefahr hin, dass sich in Zukunft vermehrt Personen mit einem erhöhten Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs infizieren.
57Vgl. Sechste Stellungnahme des ExpertInnenrates der Bundesregierung zu COVID-19 vom 13. Februar 2022, abrufbar unter
58https://www.bundesregierung.de/resource/blob/2000884/2004832/a5251287fd65d67a425ba5aee451dc65/2022-02-13-sechste-stellungnahme-expertenrat-data.pdf?download=1.
59Auch dies ist sowohl für den individuellen Schutz von Leben und Gesundheit dieser Personen als auch für die Gesamtsituation in den Krankenhäusern relevant.
60Diese Prognose beruht auch aktuell noch auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage. Die 7-Tage-Inzidenzen sind inzwischen zwar rückläufig, liegen aber weiterhin auf hohem Niveau. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt bundesweit 1.385,1, in Nordrhein-Westfalen liegt sie bei 1.395,5 (Stand: 17. Februar 2022).
61Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 17. Februar 2022, S. 2, abrufbar unter
62https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Feb_2022/2022-02-17-de.pdf?__blob=publicationFile.
63Die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz in Nordrhein-Westfalen beträgt aktuell (Stand 18. Februar 2022) 6,40.
64Vgl. https://www.lzg.nrw.de/covid19/covid19.html.
65Der prozentuale Anteil der auf einer Intensivstation behandelten COVID-19-Patienten gemessen an der aktuellen Anzahl insgesamt betreibbarer intensivmedizinischer Betten schließlich liegt bezogen auf Nordrhein-Westfalen derzeit bei 10,48 %.
66Vgl. nochmals https://www.lzg.nrw.de/inf_schutz/corona_meldelage/index.html.
67Mit ihrer demgegenüber sich allein auf eine akut nicht zu erwartende Überlastung der Intensivstationen ausgerichteten Argumentation übergeht die Antragstellerin, dass der Scheitelpunkt der sog. Omikron-Welle zum gegenwärtigen Zeitpunkt und auf dem derzeitigen Infektionsniveau nicht naturgegeben durch ein ungehindertes Infektionsgeschehen erreicht, sondern voraussichtlich maßgeblich durch Infektionsschutzmaßnahmen beeinflusst wurde.
68(2) Auch die hier konkret streitgegenständliche Maßnahme (die Kapazitätsbeschränkung für Großveranstaltungen im Freien auf max. 10.000 Personen) ist zur Erreichung des vom Verordnungsgeber verfolgten Ziels geeignet.
69Der Verordnungsgeber nimmt nachvollziehbar an, dass die Übertragung von Infektionen bei Veranstaltungen auch davon abhängt, wie viele Menschen sich gleichzeitig an einem Ort aufhalten und in welchem Grad sie die gegebene Infrastruktur der Veranstaltungsstätte nutzen. Auch bei größeren Anlagen bzw. Räumlichkeiten sei die Festsetzung einer absoluten Obergrenze erforderlich, da sich durch die An- und Abreise, den Zugang zur Anlage oder zum Gebäude und schlicht durch das Zusammenkommen von vielen Menschen die dadurch entstehenden Kontakte das Infektionsrisiko erhöhe.
70Vgl. MAGS, Begründung zur Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 11. Januar 2022 in der konsolidierten Fassung vom 8. Februar 2022, S. 29, abrufbar unter:
71https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/220211_konsolidierte_begruendung_coronaschvo_vom_8._febr_2022.pdf.
72Die daran anknüpfende Einschätzung des Verordnungsgebers, Großveranstaltungen auch im Freien würden Infektionsgefahren bergen, zu deren Eindämmung auch eine zahlenmäßige Obergrenze der Besucher geeignet sei, ist nicht offensichtlich fehlsam.
73Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. Februar 2022 ‑ 14 MN 144/22 -, juris, Rn. 45; Thür. OVG, Beschluss vom 10. Januar 2022 - 3 EN 801/21 -, juris, Rn. 49; Sächs. OVG, Beschluss vom 19. November 2021 - 3 B 303/21 -, juris, Rn. 67.
74Dies gilt gerade auch für Fußballspiele. Dass große Menschenansammlungen bei einem Fußballspiel die Verbreitung des Virus begünstigen, hat sich in der Vergangenheit bereits z. B. bei der im Sommer 2021 ausgetragenen Fußball-Europameisterschaft gezeigt.
75Vgl. European Center for Disease Prevention and Control, Communicable Disease Threats Report, Bericht für den Zeitraum vom 27. Juni - 3. Juli 2021, abrufbar unter
76https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/Communicable-disease-threats-report-3-july-2021.pdf; Spiegel-Artikel vom 7. Juli 2021, Mehr als 2500 Coronainfektionen bei der EM, deutlicher Anstieg in Woche drei, abrufbar unter https://www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-em-2021-mehr-als-2500-corona-infektionen-vor-allem-schotten-betroffen-a-1f9e321a-025c-468b-9996-c602a51667d4; Spiegel-Artikel vom 21. August 2021, EM-Finalrunde war ein Superspreader-Event, abrufbar unter
77https://www.spiegel.de/sport/fussball/tausende-corona-infektionen-em-finalrunde-in-london-war-ein-superspreader-event-a-75455a38-ce11-4f07-b62b-c7438650afa7.
78Zwar ist in Außenbereichen das Infektionsrisiko grundsätzlich wesentlich geringer, weil sich Aerosole in geschlossenen und besonders in engen Räumen länger halten als an der frischen Luft. Allerdings verbreitet sich SARS-CoV-2 auch im Freien, nämlich dort wo Menschen zusammenkommen und der Abstand von 1,5 m nicht sicher eingehalten werden kann. Statt durch aerogene Infektionen besteht in diesen Fällen vor allem die Gefahr von Tröpfcheninfektionen.
79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2021 - 13 B 1901/21.NE -, juris, Rn. 166, m. w. N.
80Das höchste Infektionsrisiko besteht demnach bei direktem Kontakt ohne weiteren Schutz. Befindet sich eine Person ungeschützt in der Atemwolke einer infizierten Person in einem Abstand von 1,5 Metern, besteht bereits nach fünf Minuten eine Ansteckungswahrscheinlichkeit von 100 %. Nach vom Bundesverfassungsgericht ausgewerteter sachkundiger Stellungnahme des Max-Planck-Instituts ist hierbei unerheblich, ob die Situation im Freien oder in geschlossenen Räumen stattfindet, wobei Luftbewegungen, die die Luft von der infizierten Person wegblasen, die Übertragungswahrscheinlichkeit senken.
81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 193, unter Bezugnahme auf die im dortigen Verfahren eingeholten Stellungnahmen sachkundiger Dritter; OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2022 - 13 B 33/22.NE -, juris, Rn. 38.
82Im Fußballstadion ist dabei die Gefahr von Virusübertragungen grundsätzlich besonders hoch, weil sich die Aerosolbelastung durch das im Stadion übliche lautstarke Singen und Schreien wesentlich steigert.
83Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. Februar 2022 ‑ 14 MN 144/22 -, juris, Rn. 46.
84Dieses Infektionsrisiko vervielfacht sich umso stärker, je mehr Teilnehmer die Großveranstaltung besuchen. Bei der von der Antragstellerin begehrten hälftigen Auslastung wäre z. B. in ihrem Stadion nicht davon auszugehen, dass die Zuschauer auf den Sitzplätzen den Mindestabstand einhalten können. Bei der derzeit geltenden Maximalauslastung mit 10.000 Zuschauern dürfte dies hingegen deutlich eher möglich sei. Ferner kommt es auch bei einer quantitativ höheren Zuschauerzahl zu mehr potentiell infektionsträchtigen Zufallskontakten im Zusammenhang mit dem Stadionbesuch, die sich nicht nur im Freien, sondern auch in Innenräumen abspielen. Dies gilt bereits für die An- und Abreise, insbesondere mit dem ÖPNV, für den Aufenthalt vor und den Zugang zum Stadion sowie an den Verpflegungsständen und den Toiletten etc. Solche Kontakte können durch Besucherleitsysteme zwar reduziert werden, in welchem Maße dies der Fall ist, hängt aber auch davon ab, wie viele Personen sich insgesamt im Stadion befinden. Zudem erfolgt gerade der Aufenthalt in Innenbereichen zu bestimmten Stoßzeiten etwa während der Halbzeitpause und lässt deswegen besonders viele infektionsträchtige Kontakte befürchten. Auch werden Zufallskontakte durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Fans einer Fußballmannschaft grundsätzlich begünstigt.
85Vor diesem Hintergrund kann der Maßnahme ihre Eignung auch nicht hinsichtlich des individuellen Gesundheitsschutzes der Teilnehmer abgesprochen werden. Denn auch bei immunisierten Personen kann es jedenfalls vereinzelt zu schweren Krankheitsverläufen kommen. Dass – wie die Antragstellerin meint – die Maßnahme zudem nicht geeignet sei, Angehörige oder Kontaktpersonen von Teilnehmern vor Infektionen zu schützen, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Allein, dass diese Zugang zu Angeboten haben, bei denen sie sich selbst direkt infizieren könnten, schließt es nicht aus, sie vor Infektionsketten zu schützen, die durch Großveranstaltungen ausgelöst werden.
86Die von der Antragstellerin angeführten Beispiele, wonach im Zusammenhang mit Fußballbundesligaspielen keine nennenswerten Infektionsfälle dokumentiert seien, ziehen diese Grundannahmen nicht durchgreifend in Zweifel. Dass es für die von der Antragstellerin genannten Bundesligaspiele in ihrem Stadion vor deutlich mehr als 10.000 Zuschauern am 16. Oktober und 27. November 2021 keine Feststellungen zu Infektionsfällen gibt, lässt nicht den Schluss darauf zu, zum gegenwärtigen Zeitpunkt durchgeführte Fußballspiele vor halb gefüllten Stadien hätten keinerlei Einfluss auf das Infektionsgeschehen. Ungeachtet dessen, dass trotz personalisierter Tickets wohl nicht davon ausgegangen werden kann, dass jeder Infektionsfall in zeitlichem Zusammenhang mit einem der Fußballspiele als solcher statistisch nachgehalten wird, ist zu berücksichtigen, dass die beiden genannten Spiele noch vor der Verbreitung der inzwischen dominierenden Omikron-Variante stattgefunden haben, mit der sich auch vermehrt Geimpfte und Genese anstecken (vgl. näher dazu unten). Für die von der Antragstellerin angeführten wenigen Infektionen an den ersten drei Bundesligaspieltagen im Sommer 2021 gilt dies ebenso. Bei diesen kommt hinzu, dass sie in einer Niedriginzidenzzeit stattfanden, in der es generell deutlich weniger Infektionstätigkeit gab. Auch, dass der Antragstellerin nach ihrem letzten Heimspiel am 5. Februar 2022 keine Infektionsfälle bekannt geworden sind, kann die Eignung der streitgegenständlichen Kapazitätsbeschränkung nicht in Frage stellen. Denn dieses fand gerade unter Geltung dieser Kapazitätsgrenze von max. 10.000 Zuschauern statt.
87Für die Eignung der streitgegenständlichen Maßnahme zur Pandemiekontrolle kommt es schließlich nicht darauf an, inwieweit Großveranstaltungen bundes- bzw. landesweit nachweislich belegt zum Infektionsgeschehen beigetragen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich Infektionsketten angesichts der extrem hohen Fallzahlen größtenteils ohnehin nicht mehr zurückverfolgen lassen.
88Vgl. Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 14. Januar 2022, abrufbar unter
89https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html
90Empirische Nachweise, in welchem konkreten Umfang einzelne Bereiche zum tatsächlichen Infektionsgeschehen beitragen, lassen sich deshalb wohl nicht belastbar erbringen. Sind wegen Unwägbarkeiten der wissenschaftlichen Erkenntnislage die Möglichkeiten des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers begrenzt, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, genügt es daher, wenn er sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientiert.
91Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris, Rn. 171.
92Eine solche Einschätzung hat der Verordnungsgeber – wie aufgezeigt – vorgenommen.
93bb. Die Kapazitätsbegrenzung für Großveranstaltungen im Freien ist als Maßnahme zum Schutz von Leben und Gesundheit sowie zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems auch erforderlich.
94Grundrechtseingriffe dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür in jeder Hinsicht eindeutig feststehen. Dem Normgeber steht grundsätzlich auch für die Beurteilung der Erforderlichkeit ein Einschätzungsspielraum zu. Der Spielraum bezieht sich unter anderem darauf, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen auch im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren. Dient der Eingriff dem Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Normgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die verfassungsgerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Eignungsprognose beschränkt.
95Vgl. in Bezug auf den Gesetzgeber: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris, Rn. 202 ff.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2022 - 1 BvR 159/22 -, juris, Tenor.
96Nach diesen Maßgaben ist die Einschätzung des Antragsgegners, die streitgegenständliche Maßnahme sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch erforderlich, voraussichtlich nicht zu beanstanden.
97(1) Allein die Anwendung der ohnehin schon bestehenden 2Gplus-Regel unter Verzicht auf eine maximale zahlenmäßige Kapazitätsbeschränkung stellt kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar. Denn auch immunisierte Personen sind vom Infektionsgeschehen nicht ausgenommen. Schon hinsichtlich früherer Virusvarianten vermittelte die Impfung keine sog. sterile Immunität.
98Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2021 - 13 B 1867/21.NE -, juris, Rn. 42 ff.
99Mit der nunmehr vorherrschenden Dominanz der Omikron-Variante, die durch immunevasive Eigenschaften gekennzeichnet ist, stecken sich auch wieder vermehrt Geimpfte und Genesene an.
100Vgl. Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2, Virologische Basisdaten sowie Virusvarianten – Omikron, Stand 26. Januar 2022, abrufbar unter
101https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Virologische_Basisdaten.html;jsessionid=B7AC8117DCFB02D92C328914C02D0F51.internet072?nn=13490888#doc14716546bodyText7.
102Erste Studien zeigen insoweit, dass der Schutz einer Impfung vor Infektionen mit der Omikron-Variante im Vergleich zur Delta-Variante reduziert ist.
103Vgl. Robert Koch-Institut, COVID-19 und Impfen, Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) – was ist bisher über die Impfstoffwirksamkeit gegen die Omikron-Variante bekannt?, Stand 15. Februar 2022, abrufbar unter
104https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html;jsessionid=1AAFD447747C0418D4F3E53B3B882B46.internet081; Maier et. al, Abschätzung der Infektionswelle durch die SARS-CoV-2 VOC Omikron, S. 1, abrufbar unter
105https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Modellierung_Omikronwelle_Bericht.pdf;jsessionid=04E5C948FF9EEFD2C87AF8C544C18BF3.internet091?__blob=publicationFile.
106Damit tragen auch Geimpfte und Genesene wieder vermehrt zur aktuellen Dynamik des Infektionsgeschehens bei. Auch wenn 2G- und 2Gplus-Regeln gerade im Hinblick darauf, dass immunisierte Personen besser vor schweren Verläufen geschützt sind, weiterhin grundsätzlich zum Schutz von Leben und Gesundheit und Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems geeignete Maßnahmen darstellen,
107vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2022 ‑13 B 16/22.NE -, juris, Rn. 71 ff.,
108folgt daraus nicht, dass sich auch auf immunisierte Personen erstreckende Schutzmaßnahmen keinen weitergehenden Schutz insbesondere zur Eindämmung des Infektionsgeschehens entfalten. Solche, auch immunisierte Personen betreffende Regelungen stellen sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht als systemwidrig dar. Der Verordnungsgeber geht zwar in seiner Verordnungsbegründung davon aus, dass bei immunisierten Personen nach wie vor geringere Kontaktbeschränkungen und Schutzmaßnahmen als bei nicht immunisierten Personen vertretbar und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten seien, weil nach allen bisher verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen auch bei der Omikron-Variante eine Impfung zumindest einen erheblichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen biete. Allerdings verweist er gleichzeitig darauf, dass zur Begrenzung einer unkontrollierten Ausbreitung der Omikron-Variante weiterhin auch für immunisierte Personen in besonders risikobehafteten Situationen mit engem Kontakt, geringen Kontrollmöglichkeiten oder hoher Aerosollast zusätzliche Beschränkungen erforderlich seien. Soweit im Übrigen die bislang geltenden allgemeinen Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene (vgl. § 6 Abs. 2 CoronaSchVO) zum 19. Februar 2022 entfallen sollen,
109vgl. wa.de vom 17. Februar 2022, abrufbar unter https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/kontaktbeschraenkungen-nrw-lockerungen-geimpfte-genesene-ungeimpfte-private-treffen-personenanzahl-91353240.html,
110ist daraus angesichts der erkennbar unterschiedlichen Risikolage nicht abzuleiten, dass in Bezug auf diese Personengruppe auch im Rahmen von Großveranstaltungen keine auf eine Kontaktbeschränkung zielenden Maßnahmen ergriffen werden dürften.
111(2) Ebenso wenig lässt ein negatives Testergebnis eines Antigentests sicher den Schluss darauf zu, dass eine Person nicht mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert ist. Auf dem deutschen Markt sind Antigentests mit in unabhängigen Validierungsstudien bestimmten klinischen Sensitivitäten von 40 % - 80 % verfügbar.
112Vgl. Robert Koch-Institut, Antigentests als ergänzendes Instrument in der Pandemiebekämpfung, in Epidemiologisches Bulletin Nr. 17/2001, S. 16, abrufbar unter
113https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/17_21.pdf?__blob=publicationFile.
114Die Aussagekraft eines negativen Befundes bei Antigentests ist insbesondere bei asymptomatisch oder präsymptomatisch Infizierten limitiert.
115Vgl. Robert Koch-Institut, Hinweise zur Testung von Patienten auf Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 – Antigennachweise – Leistungsfähigkeit und Aussagekraft, 12. Januar 2022, abrufbar unter
116https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html;jsessionid=B4970E8342323FAB27798E44381D6A38.internet102?nn=2386228#doc13490982bodyText24.
117(3) Auch die von der Antragstellerin angeführten Hygienekonzepte bei Großveranstaltungen stellen kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar. Es steht zumindest nicht fest, dass dadurch infektionsträchtige Kontakte bei einer höheren Auslastung des jeweiligen Veranstaltungsorts in gleicher Weise verhindert werden können wie durch ein auf eine maximale zahlenmäßige Kapazitätsbegrenzung aufbauendes Schutzkonzept, das gerade auch die Einhaltung von Abstandsgeboten und Minimierung von Kontakten deutlich fördert. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es vor und nach einer Großveranstaltung vermehrt zu Kontakten kommen kann, insbesondere durch An- und Abreise, geselliges Beisammensein im Umfeld des Veranstaltungsorts etc.
118Vgl. insoweit auch Nds. OVG, Beschluss vom 11. Februar 2022 ‑ 14 MN 144/22 ‑, juris, Rn. 49.
119Insbesondere eine FFP2-Maskenpflicht wäre schon kein milderes Mittel, weil derzeit immunisierte Personen beim Besuch von Großveranstaltungen im Freien nur zum Tragen einer medizinischen Maske, die kostengünstiger ist und die jedenfalls teilweise vom Tragekomfort als angenehmer empfunden wird, verpflichtet sind (vgl. § 4 Abs. 5a Satz 2 CoronaSchVO). Selbst wenn man eine FFP2-Maskenpflicht im Hinblick auf die für immunisierte Personen nur gering verschärfte Eingriffsintensität als milderes Mittel qualifizierte, würde nicht feststehen, dass diese gleich geeignet wäre wie die Kapazitätsbeschränkung auf max. 10.000 Zuschauer. Eine FFP-2-Maske hat eine optimale Schutzwirkung erst dann, wenn sie gut sitzt und an den Außenrändern keine Atemluft vorbeiströmt.
120Vgl. Max-Planck-Gesellschaft, So gut schützen Masken, 2. Dezember 2021, abrufbar runter https://www.mpg.de/17915640/corona-risiko-maske-schutz.
121Dass für ihre konsequente Einhaltung und das korrekte Tragen der Masken durch sämtliche Besucher der Großveranstaltung durch Ordner stets zuverlässig gesorgt werden kann, liegt jedenfalls nicht auf der Hand. Zudem wird die Maske regelmäßig jedenfalls für eine nicht unerhebliche Dauer zum erlaubten Verzehr von Speisen und Getränken abgesetzt.
122Vgl. zu einer FFP2-Maskenpflicht im Einzelhandel als nicht gleich geeignetes milderes Mittel bereits OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2021 - 13 B 1858/21.NE -, juris, Rn. 75.
123(4) Andere Infektionsschutzmaßnahmen wie Kontaktbeschränkungen für nicht immunisierte Personen sind schon deswegen keine milderen, gleich geeigneten Mittel zur Pandemiebekämpfung, weil sie nicht die gerade von Großveranstaltungen ausgehenden Infektionsgefahren reduzieren können.
124cc. Die streitige Kapazitätsbegrenzung für Veranstaltungen im Freien dürfte auch noch verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordert, dass der mit der Regelung verbundene Mehrwert für die Eindämmung des Infektionsgeschehens nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht. Es ist Aufgabe des Normgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden. Umgekehrt wird ein Handeln des Normgebers umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Normgebers. Die gerichtliche Prüfung bezieht sich dann darauf, ob der Normgeber seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat. Bei der Kontrolle prognostischer Entscheidungen setzt dies wiederum voraus, dass die Prognose auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruht.
125Vgl. in diesem Sinne zur Angemessenheit von Gesetzen: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris, Rn. 216 f.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2022 - 1 BvR 159/22 -, juris, Tenor.
126Es ist bei vorläufiger Bewertung nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber den ihm danach zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten und gegen das Übermaßverbot verstoßen hat. In der erforderlichen Abwägung aller hier zu berücksichtigender Belange dürfte der Verordnungsgeber einen verfassungsgemäßen Ausgleich zwischen den mit der Kapazitätsbegrenzung einerseits verfolgten besonders bedeutsamen Gemeinwohlbelangen und der durch die Beschränkung andererseits bewirkten erheblichen Grundrechtsbeeinträchtigung der Veranstalter gefunden haben.
127Die angegriffene Kapazitätsbegrenzung greift als Berufsausübungsregelung,
128vgl. für Zugangsbeschränkungen zu Verkaufsstellen des Einzelhandels Schl.-H. OVG, Beschluss vom 14. Dezember 2021 - 3 MR 31/21 -, juris, Rn. 22,
129erheblich in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der davon betroffenen Veranstalter ein. Ein Eingriff in das von der Eigentumsgarantie erfasste Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 Abs. 1 GG) dürfte indes nicht vorliegen, weil die durch die Maßnahme eingeschränkten Umsatz- und Gewinnchancen von der Eigentumsgarantie nicht umfasst werden.
130Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 -, juris, Rn. 240, und Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - , juris, Rn. 79; Nds. OVG, Beschluss vom 16. Dezember 2021 - 13 MN 477/21 -, juris, Rn. 19; zuvor noch offengelassen: OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2021 - 13 B 252/21.NE -, juris, Rn. 61.
131Diesem spürbaren Eingriff stehen jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von einer Erkrankung durch das Coronavirus potentiell Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems gegenüber. Der Verordnungsgeber verfolgt mit der streitigen Maßnahme – wie oben gezeigt – das Ziel, Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potentiell großen Zahl von Menschen abzuwehren und zugleich die weitere Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems durch die Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen. Damit kommt er der ihn aus Art. 2 Abs. 2 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht nach.
132Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 ‑ 1 BvR 781/21 -, juris, Rn. 231.
133Diesen Eingriffszielen ist auch noch beim gegenwärtigen, oben beschriebenen Stand der Corona-Pandemie ein so hohes Gewicht beizumessen, dass die mit der angegriffenen Kapazitätsbegrenzung auf maximal 10.000 Personen einhergehenden grundrechtlichen Beschränkungen voraussichtlich als noch zumutbar erscheinen. Der Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers, der maßgeblich durch den ihm überantworteten Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems geprägt wird, beinhaltet, den durch die ergriffenen Schutzmaßnahmen erzielten Erfolg bei der Eindämmung der Pandemie nicht dadurch voreilig zu gefährden, dass sämtliche Infektionsschutzmaßnahmen zum gleichen Zeitpunkt aufgehoben werden und das Infektionsgeschehen mit den damit verbundenen Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung wieder uneingeschränkt Fahrt aufnehmen kann. Er kann zunächst bestimmte Bereiche versuchsweise einer Öffnung zuführen und diese Öffnung im Erfolgsfalle auf weitere Bereiche auszudehnen oder aber im Falle wieder steigender Infektionszahlen die Öffnung erforderlichenfalls zurücknehmen. Mit dieser sachlich begründbaren tastenden Vorgehensweise und dem schrittweisen Zulassen begrenzter Risiken wäre eine Öffnung nach dem Prinzip „Alles oder nichts“ nicht zu vereinbaren. Deshalb überschreitet der Verordnungsgeber seinen Handlungsspielraum aller Voraussicht nach nicht dadurch, dass Lockerungen schrittweise unter genauer Beobachtung ihrer Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen erfolgen. Einer solchen schrittweisen Lockerung ist indes immanent, dass einige Bereiche früher von Lockerungen profitieren als andere, es also zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen kommt. Diese Ungleichbehandlungen erfolgen allerdings – jedenfalls wenn die Lockerungen in einen entsprechenden „Lockerungsfahrplan“ eingebettet sind – nur für einen zeitlich begrenzten Zeitraum.
134Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Juni 2021 - 13 B 1047/21.NE -, juris, Rn. 94 f., und vom 27. Mai 2020 - 13 B 616/20.NE -, juris, Rn. 50 f., m. w. N.
135So liegt es hier. Die derzeit noch geltende Beschränkung soll bei einer erwarteten weiteren Entspannung der Infektionslage zum 4. März 2022 (und damit zum übernächsten Heimspiel der Antragstellerin) bereits entfallen. Bei Veranstaltungen im Freien soll dann maximal eine Auslastung von 75 Prozent der jeweiligen Höchstkapazität zulässig sein, wobei die Personenzahl von 25.000 Teilnehmer – wie von der Antragstellerin für ihren Fall im Ergebnis begehrt – nicht überschritten werden darf.
136Vgl. Gemeinsamer Beschluss der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern vom 16. Februar 2022, abrufbar unter
137https://www.land.nrw/media/26021/download?attachment.
138Indem der Verordnungsgeber in einem ersten Schritt bereits jetzt Fußballspiele unter Anwesenheit von bis zu 10.000 Zuschauenden erlaubt, räumt er im Rahmen seines Schutzkonzepts nicht einseitig dem Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems Vorrang ein. Mit der Festlegung einer Personenobergrenze als solcher folgt er den Wertungen des Bundesgesetzgebers, der diese Maßnahme unabhängig vom Bestehen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zur Pandemiebekämpfung als sachgerecht erachtet (§ 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 6 IfSG).
139Vgl. BT-Drs. 20/89, S. 14.
140Auch in Bezug auf die genaue zahlenmäßige Festlegung der Höchstgrenze der Zuschauerzahl ist der Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers grundsätzlich eröffnet. Dieser Spielraum gründet auf der durch das Grundgesetz dem demokratisch in besonderer Weise legitimierten Gesetz- bzw. Verordnungsgeber zugewiesenen Verantwortung dafür, Konflikte zwischen hoch- und höchstrangigen Interessen trotz ungewisser Lage zu entscheiden.
141Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris, Rn. 171.
142Aus Sicht des Verordnungsgebers soll – positiv gewendet – eine Zulassung von bis zu 10.000 Zuschauern den Vereinen je nach Stadiongröße eine nicht unerhebliche Auslastung ihrer Stadionkapazitäten und entsprechende Einnahmen durch Kartenverkäufe ermöglichen. Gibt der Verordnungsgeber damit – wie hier – zu erkennen, dass er um einen Ausgleich der gegenläufigen Interessen bemüht ist, und stellt er zudem bei einer sich voraussichtlich günstig entwickelnden Infektionslage weitere Öffnungsschritte konkret in Aussicht, dürfte dies von seinem Einschätzungsspielraum gedeckt sein. Hingegen würde es dem Gewaltenteilungsgrundsatz widersprechen, wenn ein Gericht an Stelle des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers eine andere Höchstzahl festsetzen würde, ohne dass sie rechtlich zwingend vorgegeben wäre.
143c. Die angegriffene Kapazitätsbeschränkung verstößt voraussichtlich auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.
144Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 ‑ 1 BvL 14/07 ‑, juris, Rn. 40.
145Er verwehrt dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Diese bedarf jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen.
146Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2019 ‑ 2 BvL 22/14 -, juris, Rn. 96 ff., m. w. N.
147Soweit sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann, spricht dies in der Regel dafür, gesetzliche Differenzierungen an einem engen Verhältnismäßigkeitsmaßstab zu messen.
148Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2019 ‑ 2 BvL 22/14 -, juris, Rn. 96 ff., m. w. N.
149Eine schwerwiegende Betroffenheit grundrechtlich geschützter Freiheiten liegt bei vielen Infektionsschutzmaßnahmen – auch bei der hier streitgegenständlichen – vor. Dennoch sprechen die besonderen Umstände bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie dafür, den Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers nicht zu sehr zu begrenzen. Der Verordnungsgeber befindet sich in einer komplexen Entscheidungssituation, in der eine Vielzahl von Belangen infektionsschutzrechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art zu berücksichtigen und abzuwägen ist und in der er zwangsläufig nur mit Prognosen dazu arbeiten kann, welchen Einfluss Infektionsschutzmaßnahmen oder die Lockerung solcher Maßnahmen auf die genannten Bereiche haben werden.
150Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2021 ‑ 13 B 252/21.NE -, juris, Rn. 96 f., m. w. N.
151(1) Unter Zugrundelegung dessen liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung im Vergleich zu gesicherten Brauchtumszonen im Freien im Sinne des § 7 Abs. 2a CoronaSchVO vor. Es mangelt schon an einem vergleichbaren Sachverhalt. In den gesicherten Brauchtumszonen finden keine Veranstaltungen statt. Vielmehr gelten auch für Karnevalsveranstaltungen im Freien die gleichen Regelungen wie für sonstige Großveranstaltungen.
152Auch wenn man darauf abstellt, dass zu den gesicherten Brauchtumszonen eine Vielzahl von Personen Zugang erhalten kann, liegt keine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Anders als die Antragstellerin offenbar meint, hat der Verordnungsgeber mit der Regelung über gesicherte Brauchtumszonen keinen beschränkungsfreien Raum geschaffen, sondern vielmehr auf die spezifische Besonderheiten des Straßenkarnevals reagiert. Das Stadtgebiet, das zu einer gesicherten Brauchtumszone deklariert werden kann, ist im Ausgangspunkt – anders als Veranstaltungsorte – grundsätzlich frei zugänglicher öffentlicher Raum. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass in bestimmten Bereichen des öffentlichen Raums faktisch während der Karnevalstage mit einer Verdichtung zusätzlicher Infektionsrisiken zu rechnen ist. Gerade zur Eindämmung dieser Risiken trifft er auf der Grundlage seines Gestaltungsspielraums Vorkehrungen, indem er den örtlichen Behörden die Möglichkeit eröffnet, gesicherte Brauchtumszonen mit den damit verbundenen zusätzlichen Einschränkungen zu definieren.
153Vgl. MAGS, Begründung zur Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 11. Januar 2022 in der konsolidierten Fassung vom 8. Februar 2022, S. 38, abrufbar unter:
154https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/220211_konsolidierte_begruendung_coronaschvo_vom_8._febr_2022.pdf.
155Eine Lockerung bestehender Maßnahmen ist hierhin nicht zu sehen. Vielmehr werden die Regelungen für die Karnevalstage im Vergleich zu den allgemeinen Regelungen verschärft (vgl. neben den Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Bereichen z. B. das Testerfordernis bei Karnevalsveranstaltungen in Innenräumen auch für Personen, die bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten haben).
156Ein Gleichheitsverstoß, der die Außervollzugsetzung der angegriffenen Vorschrift zwingend zur Folge haben müsste, folgt auch nicht daraus, dass der Verordnungsgeber für den Straßenkarneval trotz der dabei erwarteten Infektionsrisiken keine strengeren Maßnahmen ergriffen hat. Eine konsequentere Unterbindung des auch im Freien besonders infektionsträchtigen Karnevalstreibens wäre voraussichtlich nur durch deutlich strengere und damit besser kontrollierbare allgemeine Kontaktbeschränkungen auch für Immunisierte,
157vgl. den im letzten Jahr zur Karnevalszeit geltenden § 2 Abs. 1a und 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 7. Januar 2021 (GV. NRW. 2021 S. 2b), zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 21. Januar 2021 (GV. NRW. 2021 S. 22b),
158oder gar Ausgangsbeschränkungen möglich. Dass der Verordnungsgeber auf der Grundlage seines Gestaltungsspielraums bei der derzeitigen Infektionslage solche eingriffsintensiveren Maßnahmen nicht mehr erlassen wollte, insbesondere weil soziale und gesellschaftliche Kontakte im Zusammenhang mit Karneval dem gleichen Grundrechtsschutz wie sämtliche anderen gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten unterlägen,
159vgl. MAGS, Begründung zur Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 11. Januar 2022 in der konsolidierten Fassung vom 8. Februar 2022, S. 38, abrufbar unter:
160https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/220211_konsolidierte_begruendung_coronaschvo_vom_8._febr_2022.pdf,
161führt jedenfalls nicht dazu, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Zulassung höherer Zuschauerkapazitäten für Fußballspiele rechtlich zwingend geboten wäre.
162Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541/02 -, juris, Rn. 45; Bay. VGH, Beschluss vom 16. März 2021 - 20 NE 21.624 -, juris, Rn. 33; Thür. OVG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 3 EN 88/21 -, juris, Rn. 140; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30. April 2020 - 1 S 1101/20 -, juris, Rn. 64.
163(2) Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dürfte voraussichtlich auch nicht zu anderen Bereichen des öffentlichen Lebens wie Ladengeschäften, der Gastronomie, sonstigen geschlossenen Einrichtungen des öffentlichen Raums sowie Veranstaltungen in kleineren Theatern, Kinos und Opernhäusern bestehen. Zwar gilt in diesen Bereichen keine quantitative Begrenzung der Kunden- bzw. Besucherzahl. Bei ihnen ist indes kein so hohes gleichzeitiges Publikumsaufkommen wie bei einer Großveranstaltung zu erwarten, mit dem – wie dargelegt – potenzierte Infektionsrisiken verbunden sind. Ferner sind Veranstaltungen in kleineren Theatern, Kinosälen und Opernhäusern, die mit 250 Personen auch vollbesetzt werden dürfen, nicht typischerweise durch ein Verhalten der Zuschauer geprägt, das – wie oben erläutert – mit einem erhöhten Aerosolausstoß einhergeht.
164II. Soweit die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach den vorstehenden Erwägungen noch nicht in Gänze beurteilt werden können und insoweit eine ergänzende Folgenabwägung vorzunehmen ist, geht diese zu Lasten der Antragstellerin aus. Ihre Interessen müssen hinter den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zurücktreten.
165Vgl. zur Folgenabwägung auch z. B. VerfGH NRW, Beschluss vom 30. November 2020 - 185/20.VB-1 -, juris, Rn. 39 ff.
166Mit der streitgegenständlichen Regelung will der Verordnungsgeber typische von Großveranstaltungen ausgehende Gefahren reduzieren. Diese Maßnahme hält er voraussichtlich nur noch für kurze Zeit für erforderlich, um den derzeitigen Rückgang der Infektionszahlen nicht zu gefährden und sicherzustellen, dass die sich unter Geltung der bisherigen Maßnahmen schon abzeichnende Überwindung der sog. Omikron-Welle nicht frühzeitig noch gefährdet wird.
167Gemeinsamer Beschluss der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern vom 16. Februar 2022, abrufbar unter
168https://www.land.nrw/media/26021/download?attachment.
169Der vom Verordnungsgeber bezweckten Abwendung dieser Gefahren kommt – auch gegenwärtig noch – höheres Gewicht zu als den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin. Zwar war diese in der Pandemie bereits verschiedenen Beschränkungen ausgesetzt und hatte aufgrund dessen erhebliche wirtschaftliche Einbußen hinzunehmen. Sie trägt vor, dass bei nur 10.000 Zuschauern gegenüber einer Vollauslastung mit einem Verlust von deutlich mehr als einer Million Euro pro Spieltag zu rechnen ist. Insgesamt liege der pandemiebedingte Umsatzverlust bei mehr als 85 Millionen Euro. Dass die Folgen der derzeitigen Kapazitätsbegrenzung für die Antragstellerin existenzbedrohend sind, hat sie allerdings nur behauptet und nicht ansatzweise belegt.
170Vgl. zu den Anforderungen auch BVerfG, Beschlüsse vom 29. Dezember 2020 - 1 BvQ 152/20 u. a. -, juris, Rn. 20, und vom 10. Februar 1995 - 2 BvR 2139/94 -, juris, Rn. 3.
171Eine Existenzgefährdung der Antragstellerin ist für den Senat auch unter Berücksichtigung öffentlich zugänglicher Informationsquellen zu ihrer finanziellen Situation nicht zu erkennen. Nach dem auf der Homepage der Antragstellerin abrufbaren Bericht über das Geschäftsergebnis für die Saison 2020/2021,
172abrufbar unter:
173https://fc.de/fc-info/news/detailseite/details/substanzverlust-durch-pandemie-beim-fc/,
174hatte die Antragstellerin jedenfalls zum 30. Juni 2021 ein „sehr stabiles“ Eigenkapital von rund 17 Millionen Euro, das sich im Vergleich zum Vorjahr – trotz Pandemiebedingungen – sogar um etwa 2 Millionen Euro erhöht hat. Ferner heißt es in dem Bericht, dass die Antragstellerin sich auf den Zusammenhalt der FC-Familie und die Unterstützung seiner Dauerkarteninhaber und Sponsoren habe verlassen können, die mit erneuten Verzichten zur Ergebnisverbesserung beigetragen hätten. Auch habe man mit der Stadt L1. und der L. Sportstätten GmbH saisonübergreifend eine wirtschaftlich verträgliche Einigung hinsichtlich der Stadionpacht für die Zeit des zuschauerreduzierten Zutritts bei den Heimspielen erzielt. Ferner ist gerade bei Fußballvereinen zu berücksichtigen, dass diese ihre Einnahmen nicht ausschließlich aus Ticketeinnahmen generieren, sondern ihnen weitere Einnahmequellen, insbesondere durch die Fernsehübertragung des stattfindenden Fußballspiels, verbleiben.
175Nach alldem ist nicht ersichtlich, dass es der Antragstellerin nicht zumutbar wäre, noch für voraussichtlich ein weiteres Heimspiel eine Kapazitätsbegrenzung von 10.000 Zuschauern hinzunehmen und damit in ihrem Fall 15.000 Zuschauer weniger ins Stadion zu lassen als begehrt, um zu vermeiden, dass durch eine zu frühe Ausweitung der maximalen Zuschauerkapazität die aktuell beginnende positive Entwicklung des Infektionsgeschehens mit dem Beginn des Absinkens der sich noch auf hohem Niveau befindlichen Infektionszahlen gefährdet wird. Dabei ist im Blick zu behalten, dass die von der Antragstellerin begehrte Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 5a Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 CoronaSchVO nicht allein zur Folge hätte, dass sie 25.000 Zuschauer in ihr Heimstadion einlassen dürfte. Vielmehr wäre es aufgrund des Entfalls einer absoluten Zuschauerhöchstgrenze dann sogar möglich, dass in den weiteren und teilweise sogar noch größeren Bundesligastadien in Nordrhein-Westfalen (T. -J. -Q. in E. : 81.365 Plätze; C. -Q. in N. : 54.022 Plätze) eine Auslastung von mehr als 25.000 Zuschauer erreicht wird. Die begehrte Außervollzugsetzung der streitigen Regelung würde bereits an diesem Wochenende dazu führen, dass allein in drei Bundesligastadion in Nordrhein-Westfalen, in denen an diesem Wochenende ein Heimspiel ausgetragen wird (L1. mit einer Gesamtkapazität von 50.000, E. mit einer Gesamtkapazität von 81.365 und C1. mit einer Gesamtkapazität von 26.515 Plätzen), und zudem in zwei Zweitligastadien (H. mit einer Gesamtkapazität von 62.271 und E1. mit einer Gesamtkapazität von 54.600 Plätzen), eine deutlich größere Zuschaueranzahl mit der Folge gesteigerter Infektionsgefahren erlaubt wäre, in E. anstatt der derzeit erlaubten 10.000 Zuschauer sogar das Vierfache (gut 40.000).
176Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Der Antrag zielt inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.
177Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).