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Auf den Antrag der Beigeladenen wird der Beschluss des Senats vom 15. Juli 2020 ‑ 8 B 1600/19 ‑ insoweit geändert, als die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. November 2019 - 8 L 1540/19 -, durch den der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. September 2017 abgelehnt worden ist, zurückgewiesen wird. Der damit sinngemäß verbundene Antrag des Antragstellers, die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung seiner Klage anzuordnen, wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Abänderungsverfahrens.
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von sechs Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 206,93 m auf dem Gebiet der Stadt O. .
4Dem am 19. Mai 2016 gestellten Genehmigungsantrag der Beigeladenen entsprach der Antragsgegner nach einer allgemeinen UVP-Vorprüfung durch Bescheid vom 30. Dezember 2016. Hiergegen erhob der Antragsteller am 30. Januar 2017 Klage. Im Hinblick auf die vom Antragsgegner angeordnete sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung beantragte der Antragsteller – zunächst mit Erfolg – die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (VG Arnsberg, Beschluss vom 12. September 2017 - 8 L 571/17 -; nachgehend Senatsbeschluss vom 27. November 2018 - 8 B 1170/17 -). Während des erstinstanzlichen Klageverfahrens führte der Antragsgegner eine erneute, auf Hinweis des Verwaltungsgerichts nochmals überarbeitete UVP-Vorprüfung durch. Das Verwaltungsgericht wies die Klage sodann durch Urteil vom 10. Oktober 2019 - 8 K 710/17 - ab. Dem Antrag der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses vom 12. September 2019 entsprach das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 11. November 2019 - 8 L 1540/19 -, weil es aus den Gründen des Urteils vom 11. November 2019 die angefochtene Genehmigung nunmehr für rechtmäßig erachtete, insbesondere die Bedenken gegen die UVP-Vorprüfung als ausgeräumt ansah.
5Der Senat ließ die Berufung des Antragstellers gegen das erstinstanzliche Urteil zu (Beschluss vom 15. Juli 2020 - 8 A 4529/19 -). Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2019 lehnte er den Antrag der Beigeladenen auf Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. September 2017 - 8 L 571/17 - ab und ordnete die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Begründung an, dass das Ergebnis der UVP-Vorprüfung wegen methodischer Mängel der den Artenschutz betreffenden Gutachten nicht nachvollziehbar sei (Beschluss vom 15. Juli 2020 - 8 B 1600/19 -).
6Die Beigeladene gab daraufhin eine erneute artenschutzrechtliche Untersuchung in Auftrag, deren Ergebnisse noch nicht vorliegen. Mit dem Ziel, eine Inbetriebnahme der zwei fertiggestellten und vier kurzfristig fertigzustellenden Anlagen zu ermöglichen, beantragte die Beigeladene am 1. April 2021 den Erlass einer Änderungsgenehmigung, die vom 15. Februar bis 31. Oktober eines jeden Jahres zeitliche Betriebsbeschränkungen beinhaltet. Unter Berücksichtigung dieses zeitlich beschränkten Betriebs führte der Antragsgegner unter dem 6. Mai 2021 eine weitere UVP-Vorprüfung durch und gelangte wiederum zu der Einschätzung, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Die Änderungsgenehmigung erteilte er am 6. Mai 2021 antragsgemäß.
7Am 12. Mai 2021 hat die Beigeladene einen erneuten Antrag auf Abänderung der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Entscheidung gestellt.
8Der Antragsteller ist dem Antrag entgegengetreten; insbesondere hält er die angefochtene Genehmigung vom 30. Dezember 2016 auch in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Mai 2021 in verfahrensrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht für fehlerhaft.
9II.
10Der Abänderungsantrag der Beigeladenen hat Erfolg. Es liegen veränderte Umstände i. S. v. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vor, die dazu führen, dass die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene gerichtliche Interessenabwägung nunmehr zugunsten der Beigeladenen ausfällt.
11Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, der gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO bei Drittanfechtungen entsprechend gilt, kann jeder Beteiligte bei dem Gericht der Hauptsache die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
12Veränderte Umstände i. S. v. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO sind hier jedenfalls der Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 6. Mai 2021 und die von diesem durchgeführte „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c UVPG“ vom selben Tag.
13Mit Blick darauf überwiegt das Vollzugsinteresse der Beigeladenen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die Erfolgsaussichten der Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30. Dezember 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Mai 2021 sind offen; die vom Antragsteller erhobenen Rügen sind voraussichtlich überwiegend unbegründet und führen im Übrigen jedenfalls nicht auf das Vorliegen offensichtlicher Mängel (dazu 1.). Die erfolgsunabhängige Interessenabwägung geht zugunsten der Beigeladenen aus (dazu 2.).
141. Auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes sind die Erfolgsaussichten offen und die im vorliegenden Verfahren nicht hinreichend zu klärenden Sach- und Rechtsfragen nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern im Hauptsacheverfahren zu klären. Dies gilt für die vom Antragsteller gerügten Fehler sowohl der UVP-Vorprüfung (dazu a) als auch materiell-rechtlicher Art (dazu b).
15a) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht wegen der geltend gemachten Mängel der UVP-Vorprüfung des Antragsgegners vom 6. Mai 2021 anzuordnen.
16Maßstab für die Rechtmäßigkeit der UVP-Vorprüfung ist nach § 74 Abs. 1 UVPG n. F. vorliegend § 3a Satz 4 i. V. m. § 3c UVPG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94; im Folgenden: UVPG a. F.), weil das Verfahren vor dem 16. Mai 2017, nämlich am 19. Mai 2016, eingeleitet worden ist. Nach § 3c Satz 3 UVPG a. F. ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.
17aa) Letzteres ist hier hinsichtlich des Vogelschutzes mittlerweile der Fall. Mit Änderungsbescheid vom 6. Mai 2021 hat der Antragsgegner den Betrieb der Anlagen ergänzend zu den bisherigen Nebenbestimmungen auf Antrag der Beigeladenen dahingehend beschränkt, dass die Anlagen in der Zeit vom 15. Februar bis zum 31. Oktober zwischen morgendlichem Beginn und abendlichem Ende der bürgerlichen Dämmerung abzuschalten sind; die Einrichtung entsprechender funktionsfähiger Abschaltszenarien ist bis spätestens drei Wochen vor Inbetriebnahme nachzuweisen. Unter Bezugnahme auf diese Abschaltzeiten hat der Antragsgegner in der erneuten UVP-Vorprüfung angenommen, dass betriebsbedingte Auswirkungen auf Brut- und Rastvögel, insbesondere auf Rotmilan und Schwarzstorch, nicht zu erwarten seien, und naturschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG) verneint (dort S. 4, 19). Diese Annahme ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.
18Die festgesetzten Abschaltungen von Windenergieanlagen in der Zeit vom 15. Februar bis zum 31. Oktober zwischen morgendlichem Beginn und abendlichem Ende der bürgerlichen Dämmerung senken ein etwaiges signifikant erhöhtes Tötungsrisiko i. S. v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für in der Nähe der Windenergieanlagen brütende Rotmilane während der Zeit der Brutplatzbesetzung, der Balz, der Eiablage und der Jungvogelfütterung unter die Signifikanzschwelle.
19Vgl. dazu mit ausführlicher Begründung OVG NRW, Urteil vom 1. März 2021 - 8 A 1183/18 -, juris Rn. 177 ff.
20Das dürfte auch für die Zeit etwaiger nachbrutzeitlicher Schlafplatzgemeinschaften von Rotmilanen in der Nähe der Windenergieanlagen gelten. Zwar hat der Senat dies im eben zitierten Urteil für eine Nebenbestimmung entschieden, die u. a. eine morgendliche Abschaltung ab 45 Minuten vor Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang vorsah (juris Rn. 207). Die Zeitpunkte „45 Minuten vor Sonnenaufgang“ und „Beginn der bürgerlichen Dämmerung“ sind nicht in jedem Fall identisch, weil die bürgerliche Dämmerung in Mitteleuropa je nach Standort und Jahreszeit zwischen 37 und 51 Minuten dauert.
21Vgl. Wetter- und Klimalexikon des Deutschen Wetterdienstes, abrufbar unter https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=100578&lv3=100596, zuletzt abgerufen am 2. Juli 2021.
22Es ist jedoch nicht ansatzweise ersichtlich, dass sich diese geringen zeitlichen Unterschiede zum Beginn der täglichen Abschaltung in relevanter Weise auf ein Tötungsrisiko für Rotmilane in nachbrutzeitlichen Schlafplatzgemeinschaften auswirken könnten.
23Die im Änderungsbescheid vom 6. Mai 2021 festgesetzten Abschaltzeiten bewahren auch den Schwarzstorch vor einem etwaigen erhöhten Tötungs- oder Störungsrisiko i. S. v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BNatSchG. Dieser ist ein tagaktiver, teilweise auch dämmerungsaktiver Zugvogel, dessen Brut- und Jungenaufzuchtphase zwischen März und Anfang August liegt.
24Vgl. Südbeck u. a., Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands, 2005, S. 166 f.; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW, Geschützte Arten in NRW, Dez. 2015, S. 126.
25Da die nunmehr vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen zum Schutz von Brutvögeln hinreichend sicher ausschließen, dass Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BNatSchG verwirklicht werden, kommt es nicht darauf an, ob die Mängel bei der Vogelkartierung, die der Senat seinem Beschluss vom 15. Juli 2020 aufgezeigt hat, inzwischen behoben sind.
26Für die Entscheidung des Senats betreffend die Genehmigung mit ihrem gegenwärtigen Regelungsgehalt ist auch nicht relevant, ob die Beigeladene zu einem späteren Zeitpunkt beantragen wird, die Windenergieanlagen tagsüber uneingeschränkt betreiben zu dürfen. Eine solche Änderung der Genehmigung mit derzeit ungewissem Inhalt ist nicht Gegenstand des Verfahrens und wird ggf. nach den dann maßgeblichen Vorgaben zu beurteilen sein. Davon, dass es vor einer weiteren Änderungsgenehmigung, durch die weitergehende Betriebszeiten zugelassen werden, einer erneuten UVP-Vorprüfung bedürfte, geht im Übrigen auch die Beigeladene aus.
27Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bleibt offen, wie der Erlass eines nachträglichen Änderungsbescheides einschließlich einer die eingeschränkten Betriebszeiten berücksichtigenden neuen UVP-Vorprüfung mit Blick auf § 45 Abs. 2 VwVfG NRW und die aktuelle Fassung von § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG zu bewerten sind und inwieweit darin eine Heilung einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung nach Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht liegt.
28Eine Heilung einer UVP-Vorprüfung nach Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens ablehnend OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 145 ff., 163, allerdings zur damals geltenden Fassung von § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG.
29Die Klärung dieser nicht ohne Weiteres zu beantwortenden Rechtsfrage bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die angegriffene Genehmigung ist insoweit jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig.
30bb) Auch die übrigen vom Antragsteller im vorliegenden Verfahren und in der Berufungsbegründung zum Verfahren 8 A 4529/19 geltend gemachten Mängel der UVP-Vorprüfung rechtfertigen es nicht, die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers aufrecht zu erhalten.
31(a) Die in II B 7.16 bis 7.19 des Genehmigungsbescheides vom 30. Dezember 2016 vorgesehenen Nebenbestimmungen genügen aller Voraussicht nach, um erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens für Fledermäuse auszuschließen.
32Die in Nr. 7.16 festgesetzten Abschaltzeiten schließen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Fledermäuse durch den Betrieb der Windenergieanlagen hinreichend sicher aus. Nach der genannten Nebenbestimmung sind die Windenergieanlagen im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang vollständig abzuschalten, wenn die Temperatur mehr als 10° C und die Windgeschwindigkeit im 10-Minuten-Mittel weniger als 6 m pro Sekunde in Gondelhöhe beträgt. Diese Vorgabe entspricht der Empfehlung in den Leitfäden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein Westfalen sowie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein Westfalen vom 12. November 2013 (dort S. 26 und 47 f.; im Folgenden: Leitfaden 2013) und vom 10. November 2017 (dort S. 33 und 59; im Folgenden: Leitfaden 2017). Sie ist naturschutzfachlich nicht zu beanstanden.
33Vgl. dazu mit ausführlicher Begründung OVG NRW, Urteil vom 1. März 2021 - 8 A 1183/18 -, juris Rn. 243 ff.
34Entgegen der Ansicht des Antragstellers musste der Antragsgegner nicht schon in der Genehmigung selbst einen Schwellenwert (kleiner 1) für die Zahl der maximal getöteten Fledermäuse bei einer künftigen etwaigen Anpassung des Abschaltalgorithmus festsetzen. Mit Blick darauf, dass das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot trotz seines Individuenbezugs lediglich gebietet, eine signifikante Steigerung des Risikos zu vermindern, ist ein Null-Risiko nicht gefordert.
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. März 2021 - 8 A 1183/18 -, juris Rn. 149 f. m. w. N.
36Ausgehend davon genügt es den Anforderungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wenn die Genehmigung vorschreibt, dass ein Abschaltalgorithmus auf der Grundlage der Ergebnisse eines zweijährigen leitfadenkonformen Fledermausmonitorings zwischen einem qualifizierten Fachgutachter mit Erfahrungen mit einem solchen Monitoring und der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt wird (vgl. Nebenbestimmung Nr. 7.19).
37Vgl. mit ausführlicher Begründung OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2020 - 8 A 4256/19 -, juris Rn. 62 ff.
38(b) Die Auswirkungen der Errichtung der Windenergieanlagen auf die Wasserschutzgebiete „Krim“ und „Springer Quelle“ sind in der UVP-Vorprüfung voraussichtlich nicht fehlerhaft bewertet worden. Vier der sechs Windenergieanlagen werden in der Schutzzone III B des Wasserschutzgebietes „Krim“ errichtet (vgl. Nebenbestimmung II B 5.9 sowie Gründe V 5 der Genehmigung vom 30. Dezember 2016). Der Antragsgegner hat auf S. 4 und 17 der UVP-Vorprüfung erläutert, aus welchen Gründen bei der vorgesehenen Flachgründung der Windenergieanlagen keine Beeinträchtigung des Grundwassers zu befürchten und das Vorhaben nach der Trinkwasserschutzgebietsverordnung „Krim“ nicht genehmigungspflichtig sei. Da außerdem die untere Wasserschutzbehörde des Antragsgegners ausweislich der Begründung des Genehmigungsbescheides vom 30. Dezember 2016 (dort unter 5) unter den im Bescheid festgesetzten Auflagen zum Gewässerschutz keine Bedenken gegen das Vorhaben geäußert hat, führen die vom Antragsteller befürchteten Auswirkungen auf das Grundwasser bei summarischer Prüfung nicht auf einen Fehler der UVP-Vorprüfung, zumal der Antragsteller sich im Wesentlichen auf Vermutungen („möglich“, „keineswegs auszuschließen“, „nicht auszuschließen“) und allgemeine Gründe der Vorsorge stützt. Dass die Fundamente der Windenergieanlagen in für die Trinkwassergewinnung vergleichbar relevanten Böden errichtet werden wie der vom Antragsteller erwähnte Hausbau an der Xstraße in F. in der Schutzzone III A der Springer Quelle, ist nicht erkennbar.
39(c) Dass die Windenergieanlagen Anwohner, insbesondere die besonders schutzbedürftigen Bewohner der Pflegeeinrichtung L. auch bei Einhaltung der Lärmimmissionsrichtwerte der TA Lärm (dazu Nebenbestimmung II B 2.1 der Genehmigung vom 30. Dezember 2016) und trotz des Abstands des L1. von etwa 700 m zur nächstgelegenen Anlage (so die Angaben des Antragstellers) visuell und optisch unzumutbar beeinträchtigen könnten, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
40(d) Der Senat lässt offen, ob die Einschätzung des Antragsgegners in der UVP-Vorprüfung, die Auswirkungen der Windenergieanlagen auf das Landschaftsbild erforderten keine Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, nachvollziehbar ist. Diese nach Aktenlage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht schwierige Frage ist im Hauptsacheverfahren zu beantworten; die Einschätzung des Antragsgegners führt jedenfalls nicht zu einem offensichtlichen Fehler der UVP-Vorprüfung.
41Entsprechendes gilt für die vom Antragsteller gerügten optischen und akustischen Auswirkungen der Windenergieanlagen auf die Erholungsfunktion der Umgebung, das Denkmal „Waldfriedhof“, weitere Denkmäler und das Naturschutzgebiet „Auf dem Giebel“, das ausweislich der Feststellungen in der UVP-Vorprüfung vom 6. Mai 2021 (dort S. 12) von der nächstgelegenen Windenergieanlage etwa 110 m entfernt liegt. Dass der Betrieb der Windenergieanlagen trotz der festgelegten Abschaltzeiten zugunsten von Vögeln und Fledermäusen die in diesem Naturschutzgebiet lebenden Tierarten erheblich nachteilig beeinträchtigen könnte, ist nicht erkennbar.
42b) Aus den vorstehenden Ausführungen unter 1. a) ergibt sich zugleich, dass wesentliche Bedenken des Antragstellers gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Genehmigung unbegründet sind und diese im Übrigen jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig ist.
43Der vom Antragsteller nunmehr thematisierte Entwurf des Regionalplans Arnsberg, Räumlicher Teilplan Märkischer Kreis, Kreis Olpe, Kreis Siegen Wittgenstein von November 2020 ist für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung schon deswegen unerheblich, weil er noch nicht rechtsverbindlich ist.
442. Bei einer Abwägung der Interessen der Beteiligten überwiegen das öffentliche Vollzugsinteresse sowie das private Interesse der Beigeladenen das Aufschubinteresse des Antragstellers.
45a) Eines besonderen, die sofortige Vollziehung im Einzelfall rechtfertigenden Interesses bedarf es nach der gesetzlichen Wertung des am 10. Dezember 2020 in Kraft getretenen § 63 BImSchG in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung von Investitionen vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2694) nicht (mehr). Nach dieser Vorschrift haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Zulassung einer Windenergieanlage an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern keine aufschiebende Wirkung. § 63 BImSchG ist mangels entgegenstehender gesetzlicher Überleitungsregelungen in Anwendung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Verfahrens- und Prozessrechts,
46vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 -, juris Rn. 43; BVerwG, Beschluss vom 11. November 2002 - 7 AV 3.02 -, juris Rn. 5; zu § 67 Abs. 9 BImSchG: OVG NRW, Beschluss vom 14. September 2005 - 8 B 96/05 -, juris Rn. 15 ff., m. w. N.,
47wonach eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, auch auf Genehmigungen anwendbar, die vor Inkrafttreten der Neuregelung erteilt worden sind.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2021 - 7 B 8/21 -, juris Rn. 7 ff.; VG Minden, Beschluss vom 30. Dezember 2020 - 11 L 933/20 -, juris Rn. 4 ff.; Löffler, jurisPR-UmwR 2/2021 Anm. 2, Das neue Investitionsbeschleunigungsgesetz - Auswirkungen auf die Realisierung von Windenergieanlagen an Land.
49Vertrauensschutzaspekte stehen der Anwendung von § 63 BImSchG nicht entgegen. Die Anwendung der Vorschrift lässt nicht nachträglich die Statthaftigkeit eines bereits eingelegten gerichtlichen Rechtsbehelfs entfallen, sondern modifiziert das gerichtliche Prüfprogramm und wirkt auf die die verfahrensrechtliche Position eines Klägers oder Antragstellers lediglich in einer Weise ein, die auch nach der bisherigen Rechtslage möglich und einzukalkulieren war.
50b) Ausgehend von der gesetzlichen Wertung des § 63 BImSchG stehen dem öffentlichen Vollzugsinteresse sowie dem privaten Interesse der Beigeladenen, von der ihr erteilten – nicht offensichtlich rechtswidrigen – Genehmigung zeitnah Gebrauch machen zu können, keine gewichtigeren, gegen die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlagen sprechenden Interessen gegenüber. Soweit im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geklärt werden kann, ob die vom Antragsteller geltend gemachten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung durchgreifen, stellt der Senat maßgeblich darauf ab, ob durch die weitere Verwirklichung des Vorhabens vollendete, nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht oder nur schwer rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2021 - 8 B 905/20 -, juris Rn. 6 und 34.
52Selbst wenn die hier offen gelassene Frage, ob § 45 Abs. 2 VwVfG NRW eine Nachholung der UVP-Vorprüfung während des Berufungsverfahrens ausschließt, zu verneinen sein sollte, würde das von der Antragstellerin verfolgte Aussetzungsinteresse dem Interesse am Sofortvollzug der streitgegenständlichen Genehmigung unter den hier gegebenen Umständen nicht entgegenstehen. Denn jedenfalls ist durch die mit Änderungsbescheid vom 6. Mai 2021 verfügten Abschaltzeiten schon rein faktisch sichergestellt, dass eine irreversible Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange für die Dauer des Sofortvollzugs nicht zu besorgen ist.
53Die weiteren rechtlichen und tatsächlichen Aspekte, die im vorliegenden Verfahren noch offen bleiben müssen, betreffen Auswirkungen der Anlagen, die sich im Falle eines Erfolgs der Klage rückgängig machen lassen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass das Landschaftsbild, das Denkmal „Waldfriedhof“ und das Naturschutzgebiet „Auf dem Giebel“ durch den gegenwärtigen Baufortschritt der Anlagen ohnehin schon optisch beeinflusst sind und insoweit keine irreversiblen Schäden entstehen. Werden die Windenergieanlagen zunächst – soweit nicht ohnehin schon geschehen – vollständig errichtet sowie in Betrieb genommen und würde die Genehmigung später im Hauptsacheverfahren aufgehoben, wären die Auswirkungen der Anlagen auf das Landschaftsbild, den Friedhof und das benachbarte Naturschutzgebiet lediglich vorübergehend und könnten für die Zukunft durch den Rückbau der Anlagen einschließlich der Fundamente rückgängig gemacht werden.
54Dürfte die Genehmigung weiterhin nicht vollzogen werden und erwiese sie sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig, entständen der Beigeladenen durch eine verspätete Inbetriebnahme nicht unerhebliche, irreversible weitere wirtschaftliche Nachteile.
55Die mit den Betriebsbeschränkungen zugunsten von Vögeln und Fledermäusen verbundenen finanziellen Einbußen beim Betrieb der Windenergieanlagen sind für das öffentliche Interesse an einer Beschleunigung von Verfahren betreffend die Windenergienutzung nach dem Wortlaut von § 63 BImSchG nicht relevant und schmälern das private Interesse des Vorhabenträgers an einer Umsetzung einer erteilten Genehmigung grundsätzlich nicht.
56Vgl. zu Letzterem Bay. VGH, Beschluss vom 27. August 2013 - 22 ZB 13.926 u. a. -, juris Rn. 10.
57Das gilt erst recht mit Blick darauf, dass die Beigeladene die mit der Verwirklichung des Vorhabens verbundenen Investitionen bereits nahezu vollständig erbracht hat. Zwei der sechs Anlagen sind fertiggestellt; die für die Fertigstellung der weiteren vier Anlagen benötigten Bauteile sind angeliefert und stehen zur Montage bereit.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
59Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich an Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 und Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs 2013 und setzt bis zum Erreichen einer Obergrenze in Höhe von 30.000 Euro im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für jede streitgegenständliche Windenergieanlage einen Streitwert in Höhe von 7.500 Euro fest.
60Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).