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Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 4. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.228,28 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
2Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene gerichtliche Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage, wonach keine rechtlichen Bedenken gegen die durch Bescheid vom 28. Januar 2020 angeordnete und für sofort vollziehbar erklärte Fahrtenbuchauflage bestehen.
3I. Die angeordnete Fahrtenbuchauflage findet ihre Rechtsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
41. Soweit der Antragsteller zur formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides darauf hinweist, der Antragsgegner habe das Fahrtenbuch angeordnet, bevor die selbst gesetzte Frist zur Stellungnahme abgelaufen gewesen sei, setzt er sich nicht mit der (im Ergebnis richtigen) Erwägung des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach eine möglicherweise fehlerhafte Anhörung jedenfalls gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW nachgeholt worden sei.
52. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine Bedenken gegen die materiell-rechtliche Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Antragsteller Fahrzeughalter im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO war (dazu a)) und der in Rede stehende Verkehrsverstoß am 12. Juli 2018 tatsächlich wie vorgeworfen begangen worden ist (dazu b)). Es war auch im Sinne der genannten Vorschrift unmöglich, den Fahrzeugführer festzustellen (dazu c)). Ferner ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass die Fahrtenbuchauflage ermessensfehlerhaft erlassen worden ist (dazu d)).
6a) Die gegen die Eigenschaft als Halter des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen X erhobenen Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.
7Halter im Sinne des § 31a StVZO ist nach einhelliger Auffassung derjenige, der ein Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Der Halterbegriff gilt einheitlich für alle straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, die diesen Begriff verwenden. Der Gesetzgeber misst dabei den im Fahrzeugregister enthaltenen Eintragungen bei der Halterbestimmung erhebliches Gewicht bei.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 - 7 C 14.84 -, juris Rn. 9 f.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 8 B 453/11 -, juris Rn. 7 ff., m. w. N.
9Für die Frage, wem als Halter die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden kann, kommt es auf die Haltereigenschaft im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes an. Die Fahrtenbuchauflage knüpft an den Umstand an, dass der Fahrzeughalter im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes die Verfügungsbefugnis und die Kontrollmöglichkeit über das Fahrzeug hatte, aber nicht aufgeklärt werden konnte, wer mit dem von ihm gehaltenen Fahrzeug den Verkehrsverstoß begangen hat. Unerheblich ist insoweit, ob der Fahrzeughalter nach dem Verkehrsverstoß sein Fahrzeug veräußert hat und ein anderes Fahrzeug hält.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 8 B 453/11 -, juris Rn. 17.
11Dies zugrunde gelegt, ist der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachte Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner hätten in den Blick nehmen müssen, dass das Fahrzeug zeitnah nach der Geschwindigkeitsmessung veräußert worden sei, für die Haltereigenschaft des Antragstellers im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes rechtlich unerheblich. Der Verweis des Antragstellers auf zuvor erfolglose Bemühungen um einen Verkauf nach Montenegro stellt seine Eigenschaft als Halter nicht in Frage. Im Übrigen enthält das Beschwerdevorbringen keine konkreten Anhaltspunkte, die die vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommene Indizwirkung der Fahrzeugzulassung entkräften könnten.
12b) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass am 12. Juli 2018 um 16.01 Uhr mit dem auf den Antragsteller damals zugelassenen Fahrzeug mit dem Kennzeichen X in S. auf der Bundesautobahn A in Fahrtrichtung G. /S1. , Abschnitt 260, km 5,38, die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 80 km/h um nach Toleranzabzug 27 km/h überschritten worden ist. Es ist weiter davon ausgegangen, dass die Messung auf einem standardisierten Verfahren mit einem amtlich zugelassenen Gerät beruht.
13Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Der Antragsteller setzt sich insoweit nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, sondern beschränkt sich auf das schlichte Bemerken, dass es keinen Erfahrungssatz gebe, dass ein standardisiertes Messverfahren stets zuverlässige Ergebnisse liefere.
14c) Das Verwaltungsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass es unmöglich im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO war, den Fahrzeugführer festzustellen.
15Dies ist dann der Fall, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Ob die Aufklärung angemessen war, richtet sich danach, ob die Bußgeldbehörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Fahrzeughalter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Bußgeldbehörde können sich im Weiteren an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
16Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2018 - 8 A 740/18 -, juris Rn. 30 ff., m. w. N.
17Die Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob ihm ein Foto vorgelegt wird, weil ein solches für die Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht erforderlich ist und oftmals auch gar nicht gefertigt werden kann. Dasselbe gilt, wenn zwar ein Foto vorgelegt wird, dieses aber – gleich aus welchen Gründen – keine Identifikation ermöglicht.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2020 - 8 A 1423/19 -, juris Rn. 23.
19Der Fahrzeugführer muss so rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist bekannt werden, dass die begangene Verkehrsordnungswidrigkeit mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann und daran etwa anknüpfende straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden können.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2018 - 8 B 233/18 -, juris Rn. 5 f., m. w. N.
21Nach diesen Maßgaben war die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich, obwohl die Bußgeldbehörde die erforderlichen und angemessenen Ermittlungsmaßnahmen ergriffen hatte. Sie hat den Antragsteller mit Schreiben vom 19. Juli 2018 als „Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit“ angehört und ihn um Mitteilung der Personalien des Fahrzeugführers gebeten, falls er nicht selbst der Fahrzeugführer gewesen sei. Zusätzlich hat die Bußgeldbehörde mit Schreiben vom 7. August 2018 unter Rückgriff auf das bei dem Verkehrsverstoß gefertigte Lichtbild ein Ermittlungsersuchen an den Antragsgegner gerichtet, das jedoch nicht zur Identifizierung der Fahrerperson führte, weil auf dem Lichtbild deren Stirn- bzw. Augenbereich durch den Innenspiegel verdeckt war. Auf das Gesuch des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wurde diesem zudem mit Schreiben vom 23. August 2018 die Verfahrensakte mit dem Hinweis übersandt, gegen den Antragsteller werde bei der zuständigen Kfz-Zulassungsstelle ein Antrag zum Führen eines Fahrtenbuchs gestellt, falls der verantwortliche Fahrzeugführer nicht vor Eintritt der Verjährung benannt werde. Da eine rechtzeitige Rückmeldung des Antragstellers und seines Prozessbevollmächtigten (mit Ausnahme der Bitte um Akteneinsicht) jeweils ausblieb, boten sich keine weiteren Ermittlungsansätze für die Bußgeldbehörde und sie stellte das Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren unter dem 9. Oktober 2018 ein.
22Dagegen dringt der Antragsteller nicht mit seinem Einwand durch, er sei nicht rechtswirksam zur Fahrerbenennung aufgefordert worden, weil man ihn nur als Betroffenen angeschrieben habe. Mit den beiden eben genannten Schreiben vom 19. Juli 2018 und vom 23. August 2018 hat die Bußgeldbehörde vielmehr hinreichend deutlich gemacht, dass der Antragsteller den verantwortlichen Fahrer benennen sollte. Warum diese Aufforderung trotz des Hinweises auf ein möglicherweise bestehendes Aussageverweigerungsrecht im Anhörungsschreiben vom 19. Juli 2018 rechtswidrig gewesen sein sollte, legt der Antragsteller nicht dar.
23Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass ein dem Antragssteller möglicherweise zustehendes Aussageverweigerungsrecht der Auflage, ein Fahrtenbuch zu führen, nicht entgegenstehe. Es hat insoweit auf die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung und diejenige des Senats Bezug genommen, nach der der Halter eines Kraftfahrzeugs kein doppeltes Recht hat, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern oder auch nur einfach zu unterlassen und andererseits trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben (Beschlussabdruck Seiten 10 f.).
24Der Umstand, dass das Beweisfoto den Fahrer nicht hinreichend erkennen ließ, hindert die Auferlegung des Fahrtenbuches nicht, weil die Mitwirkungsobliegenheit des Halters aus den oben genannten Gründen unabhängig von der Vorlage eines Fotos besteht. Im Übrigen war der Antragsteller auch ohne ein aussagekräftiges Foto noch fast drei Monate nach dem Verkehrsverstoß in der Lage, den aus seiner Sicht in Frage kommenden Fahrer zu benennen.
25Ein Ermittlungsdefizit der Bußgeldbehörde kann der Antragsteller auch nicht daraus herleiten, dass sein Prozessbevollmächtigter am 11. Oktober 2018 (Übermittlung um 15.33 Uhr mittels Faxkopie) einen Schriftsatz bei der Bußgeldbehörde einreichte, in dem er u. a. mitteilte, dass nicht vom Antragsteller als seinerzeitigem Fahrer auszugehen sei, da das Fahrzeug an „Herrn V. , O. V1. , I. O1. , N. “ verliehen gewesen sei (dort Seite 4, letzter Absatz). Dieser Schriftsatz ging nicht rechtzeitig vor Ablauf, sondern erst unmittelbar vor dem Ende der dreimonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nach den §§ 26 Abs. 3, 24 Abs. 1, 6 Abs. 1 StVG i. V. m. § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG mit Ablauf des 11. Oktober 2018,
26vgl. zum Ende der Verjährungsfrist mit Ablauf desjenigen Tages, der im maßgeblichen Monat in seiner ziffernmäßigen Benennung dem Anfangstag der Verjährungsfrist – hier dem 12. Juli 2018 als Tag des Verkehrsverstoßes (§ 31 Abs. 3 OWiG) – vorangeht, Gertler, in: BeckOK OWiG, Stand: 1. Apr. 2020, § 31 Rn. 50 ff.; Krenberger/Krumm, OWiG, 5. Aufl. 2018, § 31 Rn. 30; Fromm, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 31 OWiG Rn. 9; Louis, in: Blum/Gassner/Seith, OWiG, 2016, § 31 Rn. 38,
27bei der Bußgeldbehörde ein. Eine zielführende Bearbeitung durch die Bußgeldbehörde noch am 11. Oktober 2018 war damit weder zumutbar noch angemessen. Bei den massenhaft zu bearbeitenden Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren liegt unter den hier gegebenen Umständen ein Ermittlungsdefizit der Bußgeldbehörde nicht darin, dass sie einem wenige Stunden vor Fristablauf und gegen Ende der angegebenen Servicezeiten eingehenden Hinweis des Fahrzeughalters zu einem angeblich im Ausland befindlichen, vielleicht in Betracht kommenden Fahrer nicht mehr nachgeht. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob und welche ordnungswidrigkeitenrechtlichen Instrumente, wie sie etwa der Antragsteller benennt, unter anderen Umständen möglicherweise zu ergreifen gewesen wären.
28Soweit der Antragsteller zudem einwendet, dass die Bußgeldbehörde bei einem ‑ wie hier von ihm benannten ‑ ausländischen Fahrer aus N. ein Bußgeldverfahren entweder schon nicht eingeleitet oder jedenfalls nicht vollständig durchgeführt hätte, dringt er damit ebenfalls nicht durch. Was die tätig gewordene Bußgeldbehörde tatsächlich unternommen hätte, wenn der Antragsteller die Personalien des von ihm benannten Fahrzeugführers rechtzeitig vor Ablauf der Verfolgungsverjährung mitgeteilt hätte, betrifft einen hypothetischen Geschehensablauf, auf den es für die Frage der F e s t s t e l l u n g des verantwortlichen Fahrers gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO grundsätzlich nicht ankommt.
29Vgl. zu hypothetischen Geschehensabläufen OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2018 - 8 A 1587/16 -, juris Rn. 19; Sächs. OVG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2017 - 3 A 37/17 -, juris Rn. 20, und vom 22. Januar 2015 - 3 A 213/14 -, juris Rn. 15.
30Der Antragsteller kann die Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO auch nicht mit Blick auf die erst mit Schreiben vom 23. August 2018 und nicht schon mit Schreiben vom 7. August 2018 erfolgte Gewährung von Akteneinsicht sowie die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen ihn selbst am 9. Oktober 2018 in Zweifel ziehen. Insofern legt er eine rechtliche Relevanz jeweils schon nicht in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
31d) Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ermessensfehlerhaft ist (vgl. § 40 VwVfG NRW, § 114 Satz 1 VwGO).
32Der von dem Antragsteller angeführte Zeitablauf zwischen Feststellung des Verkehrsverstoßes (Juli 2018) und Verhängung der Fahrtenbuchauflage (Januar 2020) führt nicht zu deren Unverhältnismäßigkeit.
33Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs nach § 31a StVZO wird schon nach allgemeinen verwaltungs(verfahrens)rechtlichen Grundsätzen durch bloßen Zeitablauf nicht unverhältnismäßig. Andernfalls hätte es der Adressat der Fahrtenbuchauflage selbst in der Hand, die Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung allein durch Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelgebrauch und den damit verbundenen Zeitablauf zu beseitigen. Dies kommt aus rechtsstaatlichen Gründen nicht in Betracht.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 1995 - 11 B 18.95 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2018 - 8 A 1587/16 -, juris Rn. 21.
35Der vom Antragsteller genannte Umstand, dass es seit dem in Rede stehenden Verkehrsverstoß keinen Verkehrsverstoß mit seinem Pkw gegeben habe, bei dem der Fahrzeugführer nicht hätte ermittelt werden können, führt nicht auf einen Ermessensfehler des Antragsgegners.
36Bei der Anordnung eines Fahrtenbuchs kommt es nicht auf eine konkrete Wiederholungsgefahr an. § 31a StVZO zielt vielmehr auf eine abstrakte Wiederholungsgefahr, die daran anknüpft, dass der verantwortliche Fahrer bei Begehung des Verkehrsverstoßes anonym geblieben ist.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2014 - 8 B 591/14 -, juris Rn. 31 ff.
38Der Senat hat es zudem bereits als verhältnismäßig angesehen, schon bei mit einem Punkt bewerteten und erstmalig begangenen Ordnungswidrigkeiten eine Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten zu erlassen.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2018 - 8 B 233/18 - juris Rn. 9 f., m. w. N.
40II. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, dass ein besonderes öffentliches Interesse für die Vollziehung i. S. v. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schon wegen des zwischen dem Verkehrsverstoß und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage liegenden Zeitraums nicht bestehe.
41Wie eben ausgeführt, zielt § 31a StVZO auf eine abstrakte Wiederholungsgefahr. Diese besteht auch im Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens und erfordert deshalb regelmäßig, dass auch schon in diesem Zeitraum das Fahrtenbuch geführt wird.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2014 - 8 B 591/14 -, juris Rn. 33.
43III. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung und der Kostenfestsetzung erfolgen schon keine den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Darlegungen des Antragstellers. Unabhängig davon ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Kostenfestsetzung gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bereits unzulässig, weil der Antragsteller nach Aktenlage nicht zuvor einen Antrag bei der Behörde auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat.
44IV. Der Einwand des Antragstellers, dass die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf den Vermerk der Bußgeldbehörde vom 16. Oktober 2018 sein Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletze und eine unstatthafte Überraschungsentscheidung darstelle, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde.
45Zum einen musste der Antragsteller ohne Weiteres damit rechnen, dass das Gericht den mit Schriftsatz vom 13. März 2020 übersandten Verwaltungsvorgang, in dem sich der genannte Vermerk findet (Blatt 25), bei seiner Entscheidung mit Blick auf die Frage der Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO heranziehen würde.
46Zum anderen wird ein etwaiger Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im erstinstanzlichen Verfahren grundsätzlich dadurch geheilt, dass der Antragsteller seine Einwände im Beschwerdeverfahren vorbringen kann. Denn das Beschwerdegericht prüft – innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens – den Rechtsfall im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2013 - 8 B 1213/13 -, juris Rn. 35.
48Die pauschale Bezugnahme des Antragstellers auf sein gesamtes Vorbringen im Eil- und Hauptsacheverfahren genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO.
49Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
50Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat in Anlehnung an Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 für jeden Monat der hier auf sechs Monate befristeten Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400 Euro zugrunde (Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs). Der sich daraus ergebende Betrag wird wegen der Vorläufigkeit dieses Verfahrens auf die Hälfte reduziert (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs). Das angedrohte Zwangsgeld bleibt bei der Streitwertbemessung außer Betracht (vgl. Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs). Hinzuzurechnen ist ein Viertel der angefochtenen Verwaltungsgebühr (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
51Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).