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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 12.11.2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag,
2die aufschiebende Wirkung der gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.8.2020 erhobenen Klage 18 K 3636/20 (VG Gelsenkirchen) anzuordnen,
3zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
4Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller als Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs angesichts der von ihm angegebenen Beratungstätigkeiten Verpflichteter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG ist. Dabei hat es sich ausführlich und fehlerfrei mit den erstinstanzlich vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers, die sich auf die ausschließlich beratende Tätigkeit für fünf ihm persönlich bekannte Mandanten im Rahmen von Immobilienkaufverträgen gestützt haben, auseinander gesetzt. Dem ist die Beschwerde in der Sache nicht entgegen getreten.
5Die auf § 51 Abs. 2 und 3 GwG gestützten Anordnungen der Antragsgegnerin in ihrer Verfügung vom 25.8.2020 zur Prüfung nach dem Geldwäschegesetz am 18.11.2020 erweisen sich auch nicht als ermessensfehlerhaft und unangemessen. Nach dem jegliches staatliche Handeln beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit erfordert eine Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme und den durch diese herbeigeführten Belastungen und setzt den Belastungen hierdurch eine Grenze.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.2.2018 ‒ 7 C 30.17 ‒, BVerwGE 161, 201 = juris, Rn. 39.
7Hiervon ausgehend hat sich die Auswahl und Festlegung der aufsichtsbehördlichen Prüfungsmaßnahmen, insbesondere die Häufigkeit und Intensität der Prüfungen am Risikoprofil der Verpflichteten im Hinblick auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu orientieren, § 51 Abs. 3 Satz 4 GwG.
8Nach der auf der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie beruhenden ersten Nationalen Risikoanalyse 2018/2019 wird das Geldwäscherisiko für Rechtsanwälte und Notare als hoch eingestuft. Dabei weist der Immobiliensektor spezifische Geldwäscherisiken auf, die sich für die rechtsberatenden Berufe insbesondere im Rahmen der Vertragsgestaltung, der juristischen Beratung und der Beurkundung ergeben können.
9Vgl. Erste Nationale Risikoanalyse, Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019, herausgegeben vom Bundesministerium der Finanzen, Stand Oktober 2019, Abschnitt 5, Nummern 5.1 und 5.5, S. 103 f., 110 f.
10Das allgemein als hoch einzustufende Geldwäscherisiko von Anwälten ist im Falle der konkreten Tätigkeit des Antragstellers gemessen an den Risikofaktoren in Anlage 1 und 2 zu § 5 GwG und den Erkenntnissen der Nationalen Risikoanalyse allerdings als vergleichsweise gering einzustufen. Die für die hohe Risikoeinstufung beispielsweise maßgeblichen Tätigkeiten der anwaltlichen Begleitung des Immobilienvertragsabschlusses und des Bereithaltens von Treuhand- und Anderkonten insbesondere für Bargeldtransaktionen werden vom Antragsteller nicht wahrgenommen. Auch ist ein potentiell höheres Kundenrisiko angesichts ortsansässiger Mandanten nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat unwidersprochen vorgetragen, er habe im Zeitraum vom 1.1.2019 bis 31.12.2019 ausschließlich beratend an nur fünf Geschäften mitgewirkt, die mit dem Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben zusammenhingen.
11Die mit Verfügung vom 25.8.2020 verlangten Mitwirkungshandlungen richten sich an diesem konkreten Gefährdungsrisiko aus. Sie belasten den Antragsteller nicht unverhältnismäßig. Ausgehend von der angeführten eingegrenzten Geschäftstätigkeit weisen die Mitwirkungshandlungen keinen Umfang oder Aufwand auf, die außer Verhältnis zu dem Ziel der Prüfung, das Geldwäscherisiko zu minimieren, stehen könnten. Im Gegenteil richten sie sich an den Angaben des Antragstellers aus, denen die Antragsgegnerin nachvollziehbar entnommen hat, dass der Antragsteller in der Vergangenheit möglicherweise seinen Pflichten nach dem Geldwäschegesetz nicht vollständig nachgekommen sein könnte.
12Die für den 18.11.2020 angeordnete Teilnahme an der auf zwei Stunden angelegten Prüfung in den Räumen der Rechtsanwaltskammer dient in erster Linie der Vorlage von fünf Immobilienberatungen durch den Antragsteller, die einer Prüfung unterzogen werden sollen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm die Vorlage der Unterlagen zu diesen Vorgängen im Termin nicht möglich oder aber nicht zumutbar sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
13Ebenso wenig belastet ihn die ihm gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 GwG abverlangte Vorlage einer von ihm zu dokumentierenden Risikoanalyse gemäß § 5 GwG in unverhältnismäßiger Weise. Nach dieser Vorschrift haben die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten diejenigen Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu ermitteln und zu bewerten, die für Geschäfte bestehen, die von ihnen betrieben werden. Bei der vom Antragsteller nach eigenen Angaben noch nicht erfolgten Erstellung einer Risikoanalyse sind nach § 5 Abs. 1 Satz 2 GwG insbesondere die in den Anlagen 1 und 2 genannten Risikofaktoren sowie die Informationen zu berücksichtigen, die auf Grundlage der nationalen Risikoanalyse zur Verfügung gestellt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GwG richtet sich der Umfang der Risikoanalyse nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Verpflichteten. Der Antragsteller hat geltend gemacht, seine vorhandene Organisation reiche für ein in Bezug auf das Geldwäschegesetz risikoangepasstes Verhalten aus und er könne ausschließen, dass von ihm jemals ein Fall bearbeitet worden sei, der Risiken der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung in sich geborgen habe. Die Überprüfung am 18.11.2020 dient gerade der Überprüfung dieser Bewertung durch die Aufsichtsbehörde.
14Im Anhörungsbogen vom 28.10.2020 hat der Antragsteller konkretisierend zum Inhalt der fünf von ihm im vergangenen Jahr durchgeführten Geschäfte Stellung genommen. Danach habe er seinen Sohn bei dem Erwerb einer Immobilie zur Eigennutzung beraten, eine weitere Beratung sei hinsichtlich des Erwerbs einer Immobilie zur Eigennutzung der Mandanten erfolgt, wobei eine Identitätsfeststellung durch Kopieren der Personalausweise erfolgt sei. Des Weiteren habe er zwei Mandanten hinsichtlich der Übertragung einer Immobilie auf ihren jeweiligen Sohn beraten, wobei ihm die Beteiligten aus früheren Tätigkeiten persönlich bekannt gewesen seien. Jedenfalls in einem Fall sei es um das Familienheim gegangen, das aus steuerlichen Gründen übertragen werden sollte. Schließlich habe er seinen in der Kanzlei tätigen Kollegen hinsichtlich eines Erwerbs eines Eigenheims auf einem Erbbaugrundstück beraten. Ausgehend von dem so bezeichneten Umfang der Tätigkeit des Antragstellers ausschließlich in der anwaltlichen Immobilienberatung belastet ihn die Erstellung und die Vorlage einer Risikoanalyse nicht unzumutbar. Die Verhältnismäßigkeit seiner Pflicht zur Risikoanalyse ist dadurch gewahrt, dass der dem Antragsteller insoweit abverlangte Aufwand angesichts der nach seinen Angaben bisher nur geringen Risikofaktoren nicht sehr groß ist. Dies gilt umso mehr, als er sich dabei an einem von der Antragsgegnerin erstellten Musterbeispiel orientieren kann, in dem die erforderliche Berücksichtigung der nationalen Risikoanalyse beispielhaft erfolgt ist. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller, der schon im Rahmen der Anhörung unter dem 28.10.2020 konkrete Angaben zu den mandantenspezifischen Risiken gemacht hat, sich zu einer entsprechenden Aufstellung, die inhaltlich nur geringe Ergänzungen erfordert, etwa in Bezug auf künftige Risiken durch neue Mandate und die hierbei auch durch Mitarbeiter vorzunehmenden Risikobewertungen und Prüfungen, nicht in der Lage sehen könnte. Abgesehen davon hindert die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.8.2020 den Antragsteller nicht, im Rahmen des Prüfungstermins am 18.11.2020 geltend zu machen, er habe die erforderliche Risikoanalyse längst vorgenommen, und diese dort vorzulegen.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
17Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.