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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstrekkung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Klägerin ist personensorgeberechtigte Mutter ihrer im Oktober 2008 geborenen Tochter D. Q. .
3Im Januar 2012 bemühte sich die seinerzeit noch in Rheinland-Pfalz gemeldete Klägerin bei der Beklagten um einen Kindergartenplatz für ihre Tochter. Dabei gab die Klägerin an, dass im Notfall auch der in X. wohnende Herr S. Q1. (im Folgenden: Lebensgefährte; zugleich Kläger im Parallelverfahren 21 A 2863/18) benachrichtigt werden solle. Zum 1. Juni 2012 zog die Klägerin mit ihrer Tochter zu ihrem Lebensgefährten nach X. . Dieser ist nicht der Vater der Tochter der Klägerin.
4Ab August 2015 besuchte die Tochter der Klägerin die Offene Ganztagsschule (OGS) O. der Beklagten. Einen entsprechenden Betreuungs-/Aufnahmevertrag hatten die Klägerin und die Beklagte im Juni 2015 geschlossen.
5Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 11. Juni 2015 setzte die Beklagte aufgrund der zuvor von der Klägerin gemachten Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen den ab August 2015 bis einschließlich Juli 2016 für den OGS-Besuch der Tochter zu entrichtenden Elternbeitrag auf monatlich 25,00 € fest.
6Nachdem der Rat der Beklagten die „2. Änderungssatzung zur Erhebung von Elternbeiträgen für die offene Ganztagsschule im Primärbereich in der Gemeinde X. vom 25.06.2015“ (im Folgenden: Elternbeitragssatzung, EBS) beschlossen hatte, forderte die Beklagte die Klägerin im Juli 2015 auf, erneut Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen zu machen. Dem kam die Klägerin mit Schreiben vom 20. Juli 2015 nach. In der Folgezeit forderte die Beklagte mehrfach erfolglos sowohl die Klägerin als auch deren Lebensgefährten dazu auf, auch Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Lebensgefährten zu machen. Sie begründete dies damit, dass der Lebensgefährte Erziehungsberechtigter im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII und damit nach § 3 Abs. 1 EBS beitragspflichtig sei. Dieser Auffassung traten sowohl die Klägerin als auch ihr Lebensgefährte entgegen.
7Mit an die Klägerin und ihren Lebensgefährten adressiertem Bescheid vom 7. März 2016 setzte die Beklagte den für die Tochter der Klägerin für den OGS-Besuch im Schuljahr 2015/2016 zu entrichtenden Elternbeitrag auf monatlich 170,00 € fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Beitragsschuldner seien nach § 3 Abs. 1 EBS die Eltern oder diesen rechtlich gleichgestellte Personen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII, mit denen das Kind zusammenlebe. Danach seien die Klägerin und ihr Lebensgefährte, die mit dem Kind zusammenlebten, beitragspflichtig. Soweit die Erziehungsberechtigung des Lebensgefährten bestritten werde, greife dies nicht durch. Nach der Lebenswirklichkeit und der Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass der mit der Klägerin und dem Kind zusammenlebende Lebensgefährte allgemeine Aufgaben der Personensorge für das Kind dauerhaft vornehme. Bestätigt werde dies dadurch, dass nach Mitteilung aus der von der Tochter vormals besuchten Kindertageseinrichtung der Lebensgefährte die Tochter öfter dorthin gebracht und von dort abgeholt habe, bei Elterngesprächen und sonstigen Veranstaltungen anwesend gewesen und vom Kind ausschließlich als „Papa“ angesprochen worden sei. § 3 Abs. 1 EBS stehe auch mit höherrangigem Recht in Einklang. Die dortige Regelung halte sich im Rahmen von § 5 Abs. 2 Satz 1 KiBiz, nach dem Beiträge von den Eltern oder nach kommunalem Satzungsrecht gleichgestellten Personen erhoben werden könnten. Ansonsten gebiete höherrangiges Recht nicht, dass lediglich auf die Einkommensverhältnisse von unterhaltsverpflichteten oder personensorgeberechtigten Personen abgestellte werden dürfe, nicht aber auf die von Erziehungsberechtigten. Die Beitragspflicht eines mit dem Kind zusammenlebenden Erziehungsberechtigten sei dadurch gerechtfertigt, dass dieser von der Tagesbetreuung profitiere, weil er de facto zumindest teilweise von allgemeinen Aufgaben der Personensorge entlastet werde und zudem der in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebende Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Der Aufnah-me-/Betreuungsvertrag über den OGS-Besuch der Tochter der Klägerin sei auch kein Vertrag zulasten Dritten, weil nach § 2 Abs. 2 Satz 1 EBS die Beitragsschuldner den Betreuungsvertrag zu schließen hätten und Beitragsschuldner nach der Elternbeitragssatzung auch der Lebensgefährte als Erziehungsberechtigter sei. Es sei der höchste Beitrag nach der Elternbeitragssatzung festgesetzt worden, weil nicht für beide Beitragspflichtigen Angaben zum Einkommen gemacht worden seien.
8Die Klägerin legte ebenso wie ihr Lebensgefährte Widerspruch gegen den Bescheid ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Bescheid sei rechtswidrig, weil die angenommene Beitragspflicht ihres Lebensgefährten auf einem unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter beruhe. Den Aufnahme-/Betreuungsvertrag für den OGS-Besuch ihrer Tochter habe nur sie als Personensorgeberechtigte schließen können. Dadurch werde ihr nicht sorgeberechtigter Lebensgefährte in unzulässiger Weise rechtlich mitverpflichtet. Dementsprechend bestehe auch kein Auskunftsanspruch der Beklagten hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Lebensgefährten. Im Übrigen kenne sie (die Klägerin) die Einkommensverhältnisse ihres Lebensgefährten nicht und habe auch keinen rechtlichen Anspruch darauf, diese von ihrem Lebensgefährten zu erfahren.
9Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin und mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2016 den des Lebensgefährten jeweils unter weitgehender Wiederholung der Begründung aus dem Ausgangsbescheid zurück.
10Zur Begründung ihrer am 27. Mai 2016 erhobenen Klage hat die Klägerin auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und ergänzend im Wesentlichen geltend gemacht: Die Heranziehung von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII in der Elternbeitragssatzung sei sachfremd und führe zu rechtswidrigen Ergebnissen. Die Vorschrift beziehe sich auf die Bedürfnisse einer angemessenen Kinder- und Jugendhilfe und stehe im Zusammenhang mit Normen, welche die Rolle regelten, die Drittpersonen im Umgang mit dem Kind spielten. Sie betreffe aber nicht die finanziellen Verpflichtungen dieser Drittpersonen. Im Übrigen beruhe die Annahme einer Erziehungsberechtigung ihres Lebensgefährten auf Mutmaßungen. Aus den insoweit von der Beklagten mitgeteilten Gesichtspunkten lasse sich eine von ihr auf ihren Lebensgefährten übertragene Erziehungsbefugnis nicht herleiten.
11Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
12den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2016 aufzuheben, soweit mit ihm ein monatlicher Elternbeitrag von mehr als 25,00 € festgesetzt worden ist.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung ihres Antrags hat sie Bezug genommen auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und ergänzend im Wesentlichen geltend gemacht: Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung sei im Ausgangspunkt § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII. Die Vorschriften der Elternbeitragssatzung konkretisierten solche des SGB VIII, so dass auch das Abstellen auf § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII sachgerecht sei. Ein mit der personensorgeberechtigten Mutter und dem Kind zusammenlebender Erziehungsberechtigter profitiere, wie ausgeführt, von der Tagesbetreuung. Es sei von einer konkludenten Übertragung der Erziehungsberechtigung auszugehen. Eine ausdrückliche Vereinbarung müsse sie nicht nachweisen. Vielmehr sei es Sache der Klägerin darzutun, dass ausnahmsweise keine Übertragung der Erziehungsberechtigung erfolgt sei.
16Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage zusammengefasst mit der Begründung stattgegeben, dass die Einbeziehung von Erziehungsberechtigten in den Kreis der Beitragsschuldner durch § 3 Abs. 1 EBS sich nicht mit § 90 Abs. 1 SGB VIII vereinbaren lasse, der abschließend regele, dass nur Eltern beitragspflichtig seien.
17Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: Der auf § 5 Abs. 2 Satz 1 KiBiz gestützten Regelung in § 3 Abs. 1 EBS stehe § 90 SGB VIII nicht entgegen. Diese Vorschrift lege nicht abschließend fest, dass nur die Eltern eines betreuten Kindes beitragspflichtig sein könnten. Dies ergebe sich schon daraus, dass sich § 90 Abs. 1 SGB VIII gar nicht zum Kreis der Beitragspflichtigen verhalte. Nach Zielsetzung und systematischer Stellung regele auch § 90 Abs. 3 SGB VIII nicht den Kreis der Beitragspflichtigen. Vielmehr bestimme die Vorschrift, unter welchen Voraussetzungen ein Beitrag erlassen werden könne, stelle also eine Billigkeitsregelung dar. Im Übrigen sei es dem Bundesgesetzgeber im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens überlassen, Erlassregelungen nur für bestimmte beitragspflichtige Personengruppen zu treffen. Aus den §§ 91 f. SGB VIII könnten keine Rückschlüsse auf den Kreis der Beitragspflichtigen nach § 90 SGB VIII gezogen werden, weil die §§ 90 f. SGB VIII erheblich unterschiedliche Leistungen regelten. Soweit für die Kostenbeiträge nach § 91 SGB VIII an die Unterhaltspflicht der Eltern angeknüpft werde, gelte dies nicht für die pauschalierten Kostenbeiträge gemäß § 90 SGB VIII, weil durch die Leistungen nach der zuletzt genannten Vorschrift die Unterhaltspflicht der Eltern nicht erfüllt werde. Schließlich spreche der Umstand, dass das Elternbeitragsrecht nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII a. F. insgesamt unter Landesrechtsvorbehalt stehe, dagegen, dass der Bundesgesetzgeber den Kreis der Beitragspflichtigen habe abschließend regeln wollen.
18§ 3 Abs. 1 EBS halte sich mit der Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII im Rahmen von § 5 Abs. 2 Satz 1 KiBiz und führe nicht zu sachfremden Ergebnissen. Da der hier in Rede stehende Kostenbeitrag gemäß § 90 SGB VIII nicht an die Unterhaltspflicht anknüpfe, komme es nicht darauf an, dass der Lebensgefährte der Klägerin deren Tochter gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet sei. Der pauschalierte Kostenbeitrag stelle die Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme eines OGS-Platzes dar. Die Leistung nehme auch der mit dem Kind zusammenlebende Erziehungsberechtigte in Anspruch. Dessen Einbeziehung in die Beitragspflicht trage dem Umstand Rechnung, dass er die Verantwortung für den Erziehungs- und Bildungsauftrag trage. Im Übrigen stelle auch § 24 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII auf die Erziehungsberechtigten ab.
19Der Lebensgefährte der Klägerin sei auch Erziehungsberechtigter im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII. Diese ergebe sich aus den von ihm übernommenen Tätigkeiten für das Kind, welche die Kindertageseinrichtung mitgeteilt habe. Diese genügten auch als Nachweis einer (konkludenten) Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten. Bei lebensnaher Betrachtung sei insbesondere mit Blick auf das langjährige Zusammenleben davon auszugehen, dass sich ein persönliches Näheverhältnis zwischen dem Lebensgefährten und der Tochter der Klägerin entwickelt habe und der Lebensgefährte mit gewisser Dauerhaftigkeit einzelne Funktionen des Sorgerechts ausgeübt und an der Erziehung des Kindes teilgenommen habe.
20Die Beklagte beantragt,
21das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
22Die Klägerin beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Zur Begründung verteidigt sie das angegriffene Urteil und macht darüber hinaus sinngemäß im Wesentlichen geltend: Auf das Einkommen ihres Lebensgefährten komme es nicht an, weil er mangels Unterhaltspflicht gegenüber ihrer Tochter nicht beitragspflichtig sei. Die Beitragspflicht knüpfe an die Unterhaltspflicht an. Mangels Unterhaltspflicht habe ihr Lebensgefährte von der Betreuung ihrer Tochter in der OGS keinen Vorteil. Daran ändere § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII nichts. Im Übrigen habe die Beklagte weder eine Vereinbarung zwischen ihr (der Klägerin) und ihrem Lebensgefährten nachgewiesen noch dargelegt, welche Betreuungsleistungen ihr Lebensgefährte wahrgenommen haben solle.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe
27Die Berufung der Beklagten, über die im Einverständnis der Beteiligten der Vorsitzende als Berichterstatter entscheidet, ist unbegründet.
28Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht im beantragten Umfang aufgehoben. Er ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29Hinsichtlich des mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Elternbeitrags, soweit er 25,00 € monatlich übersteigt, liegen die Voraussetzungen der als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommenden § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII a. F., § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 Satz 2 EBS nicht vor.
30Der Festsetzung des höchsten Elternbeitrags gegenüber der Klägerin letztlich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EBS steht jedenfalls entgegen, dass hier kein Fall fehlender Angaben zur Einkommenshöhe vorliegt. Die Klägerin hat ihr Einkommen nachgewiesen, welches unzweifelhaft lediglich auf einen monatlichen Elternbeitrag von 25,00 € führt. Angaben des Lebensgefährten der Klägerin zu seinem Einkommen bedurfte es nicht, weil er nach § 3 EBS kein Beitragsschuldner ist und deshalb auch nicht hinsichtlich seiner Einkommensverhältnisse auskunftspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EBS ist. Mangels Beitragsschuldnerschaft des Lebensgefährten scheidet im Übrigen eine Inanspruchnahme der Klägerin für den höchsten Elternbeitrag als Gesamtschuldnerin aus. Dementsprechend braucht auch nicht entschieden zu werden, ob § 3 Abs. 3 Satz 2 EBS überhaupt im Rahmen von § 3 Abs. 1 EBS anwendbar ist.
31Die Beitragsschuldnerschaft des Lebensgefährten scheitert allerdings nicht daran, dass § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS wegen Unvereinbarkeit mit § 90 SGB VIII rechtswidrig und nichtig ist.
32Die zuletzt genannte Vorschrift enthält keine abschließende bundesrechtliche– und damit abweichende landesrechtliche Regelungen ausschließende – Festlegung der als (Kosten-)Beitragsschuldner in Betracht kommenden Personen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Vorschrift überhaupt keine diesbezügliche Regelung enthält. Insbesondere legte § 90 Abs. 1 SGB VIII in der zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung maßgeblichen Fassung (BGBl. I 2012, S. 2022) keinen bestimmten Personenkreis als (Kosten-)Beitragsschuldner fest. Dort wurde gar kein (bestimmter) Personenkreis genannt. Nichts anderes gilt für den derzeit geltenden § 90 Abs. 1 SGB VIII. Zwar konnte den seinerzeit geltenden Regelungen in § 90 Abs. 3 SGB VIII zum Kostenerlass entnommen werden, dass der Bundesgesetzgeber inzident von den Eltern und/oder dem Kind als (Kosten-)Beitragsschuldner ausgegangen ist. Selbiges gilt für den heute geltenden § 90 Abs. 4 SGB VIII. Ferner vermittelt der heute geltende § 90 Abs. 3 SGB VIII mit Regelungen zur Staffelung der Kostenbeiträge den Eindruck, der Bundesgesetzgeber habe die Eltern als (Kosten-)Beitragsschuldner angesehen. Diesbezügliche eindeutige Festlegungen enthielt und enthält die Vorschrift dagegen nicht. Angesichts von § 92 SGB VIII kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass entsprechende Festlegungen in § 90 SGB VIII lediglich versehentlich unterblieben sind und solche deshalb im Wege erweiternder Auslegung aus § 90 Abs. 3 und 4 SGB VIII abgeleitet werden können. Wenn der Gesetzgeber in und mit § 92 SGB VIII ausdrücklich festgelegt hat, wer hinsichtlich der in § 91 SGB VIII geregelten Kostenbeiträge heranzuziehen ist, kann es kein Versehen– im Sinne einer planwidrigen Regelungslücke – sein, dass entsprechende Festlegungen hinsichtlich der unmittelbar davor gesondert geregelten Kostenbeiträge gemäß § 90 SGB VIII nicht erfolgt sind.
33Das Urteil des 16. Senats des Hauses vom 21. Dezember 1998 - 16 A 5678/97 -, juris, enthält nichts, was dahingehend verstanden werden kann, § 90 SGB VIII enthalte eine abschließende Regelung, dass nur Eltern (kosten-)beitragspflichtig seien. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen in dem Urteil (Rn. 5 ff. in juris), mit denen dargelegt wird, dass der im seinerzeitigen § 17 Abs. 1 Satz 1 GTK verwendete Begriff „Eltern“ nicht an die Erziehungsberechtigung anknüpfe, sondern an die Unterhaltspflicht nach § 1601, § 1602 Abs. 2 BGB. Unabhängig davon, ob dem zu folgen ist, kann mangels Festschreibung der Eltern als (Kosten-) Beitragsschuldner durch § 90 SGB VIII eine Unwirksamkeit von § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS auch nicht per se damit begründet werden, dass mit Erziehungsberechtigten im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII nicht unterhaltspflichtige Personen als (Kosten-)Beitragsschuldner bestimmt würden.
34Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der erkennende Senat mit Beschluss vom 6. Juni 2019 - 21 A 1852/18 -, n. v., entschieden hat, dass § 90 SGB VIII auch nicht bundesrechtlich abschließend regelt, wer „Kostengläubiger“ ist, d. h. wer den Kostenbeitrag erheben darf.
35Auch wenn danach § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS nicht mit Blick auf § 90 SGB VIII unwirksam ist, ist der Lebensgefährte der Klägerin gleichwohl kein Beitragsschuldner gemäß § 3 EBS, so dass es auch nicht auf sein Einkommen ankommt.
36Dies ergibt sich zum einen daraus, dass selbst dann, wenn man die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS als gegeben unterstellt, d. h. den Lebensgefährten als rechtlich gleichgestellte Person im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII ansieht, § 3 EBS nicht auf eine (kumulative) Beitragsschuldnerschaft des Lebensgefährten neben der Klägerin führt. Angesichts des Wortes „oder“ in § 3 Abs. 1 EBS regelt und erfasst die Vorschrift nicht den Fall, dass ein Kind zugleich sowohl mit seinen Eltern als auch mit diesen rechtlich gleichgestellten Personen zusammenlebt. Dementsprechend kann der Vorschrift auch nicht entnommen werden, dass dann, wenn – wie hier – ein Elternteil mit (unterstellt) einer rechtlich gleichgestellten Personen zusammenlebt, sowohl der (eine) Elternteil als auch die gleichgestellte Person Beitragsschuldner sind. Solches kann auch nicht mit Blick auf § 3 Abs. 2 EBS angenommen werden. Der Teil des Absatzes vor dem „bzw.“ korrespondiert mit § 3 Abs. 1 Alt. 1 EBS und regelt lediglich den Fall, dass ein Kind nicht mit Eltern (regelmäßig zwei Personen), sondern nur mit einem Elternteil zusammenlebt. Der Teil des Absatzes nach dem „bzw.“ kann unabhängig davon, was damit genau geregelt werden soll, jedenfalls nicht dahingehend verstanden oder ausgelegt werden, hiermit werde die (kumulative) Beitragsschuldnerschaft einer rechtlich gleichgestellten Person neben dem einen Elternteil festgelegt. Zusammengefasst enthält § 3 EBS keine Regelung, nach der im Fall des Zusammenlebens des Kindes mit einem Elternteil und einer rechtlichen gleichgestellten Person letztere (ebenfalls) Beitragsschuldner ist. Dass die Beklagte möglicherweise Entsprechendes regeln wollte und dies – wie auch immer – in § 3 EBS hineininterpretieren möchte, ändert nichts daran, dass der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhaltspunkt für eine diesbezügliche Auslegung bietet. Insbesondere ist das (unterstellte) Bestehen einer entsprechenden Regelungsabsicht der Beklagten kein ausreichender Gesichtspunkt, um das „oder“ in § 3 Abs. 1 EBS im Sinne von „und“ zu interpretieren. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn ansonsten § 3 Abs. 1 EBS gar keinen Anwendungsbereich hätte. Es müsste sich quasi aufdrängen, dass das „oder“ im Sinne von „und“ zu verstehen ist, weil die Vorschrift bei wörtlichem Verständnis („oder“) mangels Anwendungsbereichs keinen Sinn ergäbe. Dies ist indes nicht der Fall. Die Vorschrift greift mit ihrer zweiten Alternative beispielsweise in den gar nicht so außergewöhnlichen Fällen, dass ein Kind nicht mit den (leiblichen) Eltern, wohl aber mit den Großeltern oder sog. Pflegeeltern – als Erziehungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII – zusammenlebt. Mit Blick auf das Vorbringen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die für abgabenbegründende Tatbestände geltenden Bestimmtheitsanforderungen,
37vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. März 2015- 7 C 17.12 -, juris, Rn. 28 f.,
38hier nicht deshalb nicht gelten, weil sich der Abgabentatbestand in einer kommunalen Satzung findet.
39Zum anderen liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS nicht vor, weil der Lebensgefährte der Klägerin keine den Eltern rechtlich gleichgestellte Person im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII ist.
40Dabei kann offen gelassen werden, ob es bereits generell an einer rechtlichen Gleichstellung fehlt. § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS nimmt selbst keine solche vor, sondern setzt diese voraus. Außerhalb der zuvor genannten Satzungsvorschrift findet sich keine Norm, die ausdrücklich eine solche rechtliche Gleichstellung vornimmt. § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII enthält zunächst einmal lediglich eine Begriffsbestimmung des Erziehungsberechtigten, ohne den Begriff „Eltern“ zu enthalten. Ob darin, dass nach der Begriffsbestimmung zwei Personengruppen – zum einen Personensorgeberechtigte, zum anderen sonstige Personen über 18 Jahre unter den dort genannten Voraussetzungen – als Erziehungsberechtigte definiert werden, eine rechtliche Gleichstellung gerade in Bezug auf Eltern liegt, erscheint jedenfalls nicht eindeutig. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch § 5 Abs. 2 Satz 1 KiBiz keine (rechtliche) Gleichstellung vornimmt, sondern lediglich den kommunalen Satzungsgeber dazu ermächtigt, andere Personen den beitragspflichtigen Eltern gleichzustellen.
41Jedenfalls ist der Lebensgefährte nicht Erziehungsberechtigter im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII. Es fehlt an einer nach der Vorschrift erforderlichen Vereinbarung mit der personensorgeberechtigten Klägerin dahingehend, dass der Lebensgefährte nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnimmt. Dabei umfasst die Personensorge nach § 1631 Abs. 1 BGB insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
42Die Klägerin und der Lebensgefährte haben das Bestehen einer solchen Vereinbarung in Abrede gestellt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sinngemäß betont, dass sie ihrem Lebensgefährten insbesondere keine Erziehungsberechtigung hinsichtlich ihrer Tochter eingeräumt habe. Soweit ersichtlich nimmt die Beklagte auch nicht an, dass es eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten hinsichtlich anderer Aufgaben der Personensorge gibt.
43Zwar geht die Beklagte zutreffend davon aus, dass eine Vereinbarung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII auch durch entsprechendes schlüssiges Verhalten zustande kommen kann. Das setzt voraus, dass eine Person über 18 Jahre tatsächlich eben nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnimmt und dies in Kenntnis und mit Billigung im Sinne des Zulassens eines Personensorgeberechtigten geschieht. Solches ist hier nicht feststellbar. Dies geht zulasten der Beklagten, weil es sich bei der Eigenschaft des Lebensgefährten als Erziehungsberechtigten einschließlich der insoweit erforderlichen Vereinbarung um einen Beitragstatbestand handelt, für den die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist.
44Soweit sie bestimmte Tätigkeiten des Lebensgefährten benannt hat, aus denen sie auf eine Vereinbarung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII schließt, betreffen diese sämtlich die Kindergartenzeit der Tochter der Klägerin und hängen überwiegend mit dem Kindergartenbesuch zusammen. Selbst wenn daraus eine „Erziehungsberechtigung“ abzuleiten wäre, sind vergleichbare Tätigkeiten des Lebensgefährten für und während des OGS-Besuchs der Tochter der Klägerin, für den die hier streitigen Beiträge erhoben worden sind, nicht vorgetragen worden. Darüber hinaus rechtfertigen die während der Kindergartenzeit unternommenen Tätigkeiten nicht den Schluss auf eine Vereinbarung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII. Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht aufgezeigt hat und auch nicht ersichtlich ist, welche konkreten Aufgaben der Personensorgeoder, wie es die Beklagte formuliert, welche einzelnen Funktionen des Sorgerechts mit den Tätigkeiten ausgeübt worden sein sollen, waren diese Tätigkeiten vorübergehend und betrafen einzelne Verrichtungen. Dies gilt zunächst für das Bringen zum und das Abholen vom Kindergarten. Für die Mitanwesenheit des Lebensgefährten bei Kindergartenveranstaltungen (Elterngespräche, Feste) gilt nichts anderes. Im Übrigen stellt die bloße Mitanwesenheit keine Wahrnehmung von Aufgaben der Personensorge dar. Dass zwischen dem Lebensgefährten und der Tochter der Klägerin nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten ein persönliches Näheverhältnis entstanden ist, was in der Anrede des Lebensgefährten mit „Papa“ durch die Tochter zum Ausdruck kommt, gibt für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Personensorge ebenfalls nichts Ausreichendes her. Es ist jedenfalls nicht offenkundig, dass ein solches persönliches Näheverhältnis nur durch die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Personensorge zustande gekommen sein kann. Soweit sich der Lebensgefährte nach den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen anlässlich von bestimmten Vorfällen im Kindergarten durchaus engagiert eingesetzt hat, handelte es sich ebenfalls lediglich um einzelne Verrichtungen (Angelegenheiten). Darüber hinaus ist insoweit fraglich, ob der Lebensgefährte nicht in erster Linie tätig geworden ist, um die Klägerin angesichts ihrer beschränkten Deutschkenntnisse im Umgang mit der Verwaltung zu unterstützen.
45Das mehrjährige Zusammenleben der Klägerin und ihrer Tochter mit dem Lebensgefährten vor und während des hier relevanten Heranziehungszeitraums gibt allein für eine (konkludente) Vereinbarung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII ebenfalls nichts her. Zwar ist der Beklagten dahingehend zuzustimmen, dass eine volljährige Person als Erziehungsberechtigte anzusehen ist, die ein Kind – mit Billigung des Personensorgeberechtigten – regelmäßig und nicht nur stundenweise betreut. Sie hat jedoch weder dargelegt noch bewiesen, dass der Lebensgefährte der Klägerin solches getan hat und tut. Soweit sie unter Berufung auf die allgemeine Lebenserfahrung meint, solches ergebe sich aus dem langjährigen Zusammenleben, dringt sie damit nicht durch. Auch kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Klägerin solches gar nicht in Abrede gestellt habe.
46Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass beweisbedürftig grundsätzlich alle Tatsachen sind, die nicht unstreitig oder anerkannt, offenkundig, gesetzlich zu vermuten oder zu fingieren sind.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1974- V CB 13.74 -, juris, Rn. 21.
48Davon ausgehend greift das zuletzt genannte Argument der Beklagten, das dahin zielt, es sei hier etwas unstreitig oder anerkannt, nicht durch, weil konsistentes Vorbringen ihrerseits zu bestimmten entscheidungserheblichen Tatsachen, das von der Klägerin nicht bestritten oder anerkannt worden sein könnte, nicht vorliegt. Abgesehen davon, dass die Beklagte offensichtlich nicht über nähere Erkenntnisse hinsichtlich des Zusammenlebens der Klägerin mit ihrer Tochter und dem Lebensgefährten verfügt, so dass diesbezügliche Tatsachenbehauptungen ohnehin ohne Substanz ins Blaue hinein erfolgt wären, gibt es keinen Vortrag der Beklagten dazu, welche konkreten Aufgaben der Personensorge der Lebensgefährte während des Zusammenlebens wahrgenommen hat. Insbesondere gibt es keinen Vortrag dazu, über welchen Zeitraum an welchen Tagen wie lange der Lebensgefährte die Tochter der Klägerin jeweils betreut, also jedenfalls im Sinne von § 1631 Abs. 1 BGB beaufsichtigt hat. Solches Vorbringen wird nicht durch den Hinweis ersetzt, dass der Lebensgefährte es geschafft habe, ein persönliches Näheverhältnis zu der Tochter aufzubauen. Das muss, wie bereits angemerkt, nicht zwingend durch die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Personensorge geschehen sein. Dementsprechend gibt es keine entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Klägerin nicht bestritten oder anerkannt hat.
49Die Berufung der Beklagten auf die allgemeine Lebenserfahrung zielt eher dahin, dass hier entscheidungserhebliche Tatsachen offenkundig seien. Auch dies ist indes nicht der Fall. Unabhängig davon, ob bei einer bestimmten allgemeinen Lebenserfahrung die insoweit relevanten Tatsachen als offenkundig angesehen werden könnten, gibt es keine allgemeine Lebenserfahrung dahin, dass ab einer gewissen Dauer des Zusammenlebens einer Mutter und ihrer Tochter mit dem Lebensgefährten der Mutter, der nicht Vater der Tochter ist, der Lebensgefährte nicht nur vorübergehend Aufgaben der Personensorge wahrnimmt. Solches scheitert jedenfalls nach der Lebenserfahrung des Senats mitunter daran, dass beispielsweise der Lebensgefährte das Kind ablehnt und gar keine Sorge für dieses übernehmen will oder das Kind den Lebensgefährten ablehnt und die Mutter deshalb davon absieht, Aufgaben der Personensorge von dem Lebensgefährten wahrnehmen zu lassen, oder die Mutter hinsichtlich der Wahrnehmung von Aufgaben der Personensorge für das Kind kein Vertrauen zu dem Lebensgefährten hat. Die von der Beklagten bemühte allgemeine Lebenserfahrung bleibt im Übrigen deutlich unscharf, wenn es darum geht, welche konkreten Aufgaben der Personensorge von einem Lebensgefährten bei/nach langjährigem Zusammenleben mit Mutter und Kind wahrgenommen werden. Eine einheitliche Betrachtung dürfte insoweit ohnehin ausscheiden, weil hinsichtlich der verschiedenen zur Personensorge gehörenden Aufgaben (Pflichten) unterschiedliche Interessenlagen bestehen. Aus Sicht einer für ein Kind personensorgeberechtigten Mutter macht es mit Sicherheit einen Unterschied, ob der Lebensgefährte das Kind beaufsichtigt oder er Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Hinsichtlich der von der Beklagten wiederholt betonten regelmäßigen und nicht nur stundenweisen Betreuung eines Kindes ist ergänzend anzumerken, dass eine solche schlicht schon am Tatsächlichen scheitern kann, weil etwa ein Lebensgefährte aufgrund regelmäßig langandauernder beruflicher Tätigkeit die entsprechende Zeit nicht aufbringen kann (oder will).
50Schließlich gibt es keine gesetzliche Vermutung oder Fiktion, dass in der vorliegenden Konstellation ein Lebensgefährte nicht nur vorübergehend Aufgaben der Personensorge wahrnimmt.
51Im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von Beklagtenseite anklingenden Einwand nicht erfüllbarer (überzogener) Darlegungs- und Beweisanforderungen ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Anforderungen daraus ergeben, dass die Beklagte selbst über § 3 Abs. 1 Alt. 2 EBS die nicht einfach zu handhabende Begriffsbestimmung des § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII zum Beitragstatbestand gemacht und mit dem Kriterium des Zusammenlebens kombiniert hat. Dabei waren die aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlichen Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Darlegungs- und Beweisanforderungen absehbar, weil sie sich aus der Unschärfe oder Ausfüllungsbedürftigkeit der im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII verwendeten Begrifflichkeiten ergeben. Im Übrigen ist die mit der Vorschrift erfolgte Begriffsbestimmung nicht dazu bestimmt und gedacht, als Tatbestand einer abgabenbegründenden Norm zu fungieren.
52Die Begriffsbestimmung des § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII geht zurück auf das Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz – KJHG) vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163, dessen erster Teil Regelungen zur Ergänzung und Änderung des Sozialgesetzbuches Achtes Buch enthielt. In dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 11/5948) hatte die Vorschrift (als § 6 Abs. 1 Nr. 6 E-KJHG) gelautet:
53„Erziehungsberechtigter, der Personensorgeberechtigte und jede sonstige Person über 18 Jahre, soweit sie im Haushalt des Personensorgeberechtigten lebt und aufgrund einer Vereinbarung mit diesem Aufgaben der Personensorge wahrnimmt.“
54Dazu war als Begründung ausgeführt worden (S. 50 der zuvor genannten Drucksache):
55„Der Begriff „Erziehungsberechtigter" umfaßt insbesondere im Haushalt lebende Verwandte, Stiefelternteile und nichteheliche Lebenspartner. Da diese Personen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen erhebliche Bedeutung haben, wurden sie in einzelne Beratungsangebote einbezogen. Anders als der Personensorgeberechtigte üben sie Erziehungsaufgaben aber aus dessen Rechtsstellung abgeleitet und damit jederzeit widerruflich aus.“
56Danach war Anlass für die Begriffsbestimmung, dass Erziehungsberechtigte in einzelne Beratungsangebote einbezogen wurden, was nach wie vor der Fall ist (vgl. § 16 SGB VIII). Wendet sich eine Person unter Berufung auf ihre Stellung als Erziehungsberechtigte mit der Bitte um Beratung an die Behörde, wird die Person ihre Stellung erforderlichenfalls von sich aus glaubhaft machen und wird für die Behörde regelmäßig keine Veranlassung für eine diesbezügliche Überprüfung bestehen. Lehnt dagegen eine Person ein ihr von der Behörde gemachtes, an ihre Stellung als Erziehungsberechtigte geknüpftes Beratungsangebot mit der Begründung ab, gar nicht erziehungsberechtigt zu sein, wird auch dies nicht zur Überprüfung der Stellung führen, weil das Angebot auch bei Bestehen der Stellung nicht angenommen werden muss. Vor diesem Hintergrund hatte der Gesetzgeber keine Veranlassung, in den Blick zu nehmen, welche Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten sich für eine Behörde ergeben, wenn die Begriffsbestimmung zum Beitragstatbestand gemacht wird, im Hinblick auf den die Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen naturgemäß geringer ist.
57Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die gesamten vorstehenden Ausführungen nicht dahingehend zu verstehen sind, es sei rechtlich unproblematisch, die Beitragspflicht auf Personen zu erstrecken, die mit einem Kind zusammenleben und Erziehungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII sind, ansonsten aber in keiner rechtlichen Beziehung zu dem Kind stehen, insbesondere kein leiblicher Elternteil sind. Selbst wenn man nicht die Unterhaltspflicht als Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht sieht, ist fraglich, ob der OGS-Besuch eines Kindes einem solchen Erziehungsberechtigten stets einen Vorteil vermittelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Stellung als Erziehungsberechtigter im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII aus der Wahrnehmung unterschiedlicher Aufgaben der Personensorge resultieren kann und Sinn und Zweck des OGS-Besuchs eines Kindes nach § 24 Abs. 4 SGB VIII gerade dessen Förderung ist, Betreuung oder Beaufsichtigung also jedenfalls nicht im Vordergrund stehen.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die zuletzt genannte Entscheidung ist entsprechend § 120 VwGO ergänzt worden.
59Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.