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Bei einer Drittanfechtungsklage gegen einen den Informationszugang eröffnenden Verwaltungsakt und im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung des drittbelastenden Verwaltungsakts nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde mit dem Antrag,
3den angefochtenen Beschluss zu ändern und
41. die aufschiebende Wirkung der Klage 29 K 1742/20 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. März 2020 anzuordnen, soweit dieser die Herausgabe des Kontrollberichts vom 2. Oktober 2018 vorsieht,
52. die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen, solange die Antragsgegnerin die beabsichtigte Herausgabe des Kontrollberichts vom 6. November 2018, hilfsweise zu 1. auch des Kontrollberichts vom 2. Oktober 2018 nicht um die Information ergänzt, dass
6- die darin beanstandeten Mängel inzwischen behoben wurden und
7- im letzten Kontrollbericht vom 13. Juli 2020 keine Beanstandungen im Betrieb E. Straße x in xxxxx N. erfolgt sind,
83. hilfsweise zu 2. und äußerst hilfsweise zu 1. den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nur mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Antragsgegnerin die beabsichtigte Herausgabe der Kontrollberichte um die im Antrag zu 2. genannten Informationen ergänzt,
9hat keinen Erfolg.
10Der Senat geht davon aus, dass die im Antrag zu 3. angesprochenen Informationen auf den Antrag zu 2. bezogen sind und die anderslautende Formulierung in den Schriftsätzen der Antragstellerin vom 29. Juli 2020 und 1. September 2020 („die im Antrag zu 1. genannten Informationen“) auf einem redaktionellen Versehen beruht.
11Die von der Antragstellerin erhobenen Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
12Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den an den Beigeladenen gerichteten Bescheid vom 12. März 2020, „soweit dieser die Herausgabe des Kontrollberichts vom 2. Oktober 2018 vorsieht“ (dazu unter I.). Ebenso wenig kann sie beanspruchen, dass die Herausgabe von Kontrollberichten an den Beigeladenen um Informationen zu den (beanstandungsfreien) Ergebnissen späterer Betriebsprüfungen ergänzt wird, die nicht Gegenstand des hier streitgegenständlichen Auskunftsersuchens sind (dazu II.).
13I. Der Einwand der Antragstellerin, das Informationsbegehren des Beigeladenen beziehe sich nicht mehr auf die Herausgabe des Kontrollberichts vom 2. Oktober 2018, nachdem inzwischen der jüngste Bericht vom 13. Juli 2020 vorliege, greift nicht durch.
14Was Gegenstand des Informationszugangs ist, richtet sich nach dem zugrundeliegenden Antrag des Beigeladenen vom 1. Februar 2020 (korrigiert durch Email vom 5. Februar 2020) und dem stattgebenden Bescheid vom 12. März 2020. Das Informationsersuchen des Beigeladenen zielt auf die Benennung der Daten der „beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen“ im Betrieb der Antragstellerin in N. , E. Straße x, und - für den Fall von Beanstandungen - auf die Herausgabe entsprechender Kontrollberichte. Mit ihrem streitgegenständlichen Bescheid hat die Antragsgegnerin diesem Informationsersuchen des Beigeladenen entsprochen und ihm den Informationszugang in schriftlicher Form 14 Tage nach Bekanntgabe dieser Entscheidung an die Antragstellerin avisiert; die „gewünschten Kontrollberichte“ würden zur Verfügung gestellt.
15Durch die Stattgabe hat sich der Informationszugang auf die Ergebnisse der beiden letzten Betriebskontrollen vor der Bescheidung konkretisiert, d. h. hier auf die Kontrollberichte vom 2. Oktober 2018 und 6. November 2018, da nach Aktenlage vor der Bescheiderteilung im März 2020 keine weiteren Kontrollen stattgefunden haben.
16Diese Sichtweise entspricht der Regel, dass bei einer Drittanfechtungsklage gegen einen den Informationszugang eröffnenden Verwaltungsakt grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist.
17Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. April 2014 - 8 A 654/12 ‑, juris Rn. 93 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21. März 2017 - 10 S 413/15 -, juris Rn. 28; Bay. VGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 15.2208 -, juris Rn. 22; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. April 2006 - 4 LB 2/06 -, juris Rn. 9.
18Die Auffassung, wonach es im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Herausgabe der gewünschten Information nicht auf die Verhältnisse bei Erlass des den Informationszugang gewährenden Bescheides ankomme, sondern auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung,
19so Bay. VGH, Beschluss vom 15. April 2020 - 5 CS 19.2087 -, juris Rn. 11,
20teilt der Senat nicht. Die ihr zugrunde liegende Erwägung, es seien bei einer Drittanfechtungsklage bzw. einem Eileintrag nach § 80a Abs. 3 VwGO „nicht die (zufälligen bzw. durch die gesetzliche Konstruktion vorgegebenen) prozessualen Beteiligtenrollen … maßgebend, sondern das zugrunde liegende materielle Recht“, und der Informationszugangsanspruch des beigeladenen Antragstellers bilde - wie im zweipoligen Rechtsverhältnis - „den sachlichen Kern des Rechtsstreits“, so dass zu prüfen sei, ob der Anspruch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (noch) besteht, überzeugt in der gegebenen Konstellation nicht.
21Bei der Verpflichtungsklage wird um die Rechtsbehauptung des Klägers gestritten, er habe einen Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsakts bzw. auf Neubescheidung seines Antrags.
22Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 47.06 -, juris Rn. 13, m. w. N.
23Streitgegenstand der Anfechtungsklage ist hingegen die Rechtsbehauptung des Klägers, ein bestimmter, von ihm angefochtener Verwaltungsakt sei rechtswidrig und greife in seine Rechtssphäre ein,
24vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 1997 - 4 B 167.96 -, juris Rn. 8, m. w. N.,
25was gleichermaßen auch für die vorliegende Konstellation gilt, in der ein den Antragsteller begünstigender Verwaltungsakt von einem belasteten Dritten angefochten wird.
26Wenn das materielle Recht - wie hier - nichts anderes bestimmt, kommt es für die Begründetheit einer Anfechtungsklage grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an. Den mit dieser Klage verfolgten Anspruch auf Aufhebung einer belastenden Entscheidung mit Wirkung ex tunc hat der Bürger im Allgemeinen nur, wenn die angegriffene Entscheidung in dem genannten Zeitpunkt rechtswidrig war.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 - 3 C 6.99 -, juris Rn. 29.
28Der bloße Nichtvollzug eines Verwaltungsakts für die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens bietet keinen Anlass für eine abweichende Bewertung.
29Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21. März 2017 - 10 S 413/15 -, juris Rn. 28.
30Dementsprechend ist auch in dem vorliegenden Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines drittbelastenden Verwaltungsakts nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen.
31II. Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Herausgabe der aus dem Jahr 2018 stammenden Kontrollberichte an den Beigeladenen nur mit der Maßgabe erfolgen darf, dass die Antragsgegnerin auf die zwischenzeitliche Behebung festgestellter Mängel und die Beanstandungsfreiheit der Betriebsprüfung aus Juli 2020 hinweist. Ausgehend von der Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 12. März 2020 kommt es auf die Ergebnisse später durchgeführter Betriebskontrollen nicht an. Dass die Antragsgegnerin bereits bei der Bescheiderteilung davon ausgehen musste, dass die zuvor festgestellten Mängel zwischenzeitlich beseitigt worden waren, trägt die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht vor. Daher kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin in diesem Fall gehalten gewesen wäre, auf diesen Umstand bei der Bescheidung des Informationsersuchens des Beigeladenen von Amts wegen hinzuweisen.
32Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
33Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
34Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).