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§ 68 Abs. 3 ERegG räumt der Regulierungsbehörde auf der Rechtsfolgenseite ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO überprüfbares Entschließungs- und Auswahlermessen bei der Entscheidung ein, ob und wie eine Regelung im Sinne von § 66 Abs. 4 ERegG mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden soll. Dies gilt unabhängig davon, ob die Regulierungsbehörde von Amts wegen oder aufgrund eines Antrags eines Zugangsberechtigten tätig geworden ist.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. August 2019 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 25.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
3Die durch die Antragsgegnerin für ihre Beschwerde angeführten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebieten keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der durch die Antragstellerin am 11. Juli 2019 erhobenen Klage (18 K 4296/19) gegen die mit dem Beschluss der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2019 (BK10-17-0473) unter Ziffer 1 ausgesprochene Verpflichtung zur Aufnahme einer Strafzahlungsregelung in ihre Schienennetz-Nutzungsbedingungen für den Fall einer nichtfristgemäßen Bearbeitung von Trassenanmeldungen auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu Recht angeordnet. Die Antragsgegnerin stellt die entscheidungstragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, der in der Hauptsache angefochtene Beschluss erweise sich jedenfalls deshalb als offensichtlich rechtswidrig, weil sie ein ihr gemäß § 68 Abs. 3 ERegG zustehendes Entschließungsermessen verkannt und in Folge dessen nicht ausgeübt habe, nicht durchgreifend in Frage.
41. Die durch die Antragsgegnerin für ihre Entscheidung in Anspruch genommene Ermächtigungsgrundlage des § 68 Abs. 3 ERegG bestimmt, dass die Regulierungsbehörde das Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Wirkung für die Zukunft zur Änderung von Regelungen im Sinne von § 66 Abs. 4 ERegG verpflichten oder diese Regelungen für ungültig erklären kann, soweit diese nicht mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Einklang stehen. Diese Vorschrift setzt auf der Tatbestandsseite eine eisenbahnregulierungsrechtswidrige Regelung im Sinne von § 66 Abs. 4 ERegG voraus und räumt der Regulierungsbehörde auf der Rechtsfolgenseite ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO überprüfbares Entschließungs- und Auswahlermessen bei der Entscheidung ein, ob und wie die Regelung mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden soll. Dies gilt entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin unabhängig davon, ob die Regulierungsbehörde die Regelung von Amts wegen oder aufgrund des Antrags eines Zugangsberechtigten überprüft.
5a) Bereits der Wortlaut von § 68 Abs. 3 ERegG legt nahe, dass der Regulierungsbehörde im Fall einer als eisenbahnregulierungsrechtswidrig erkannten Regelung nicht nur ein Auswahlermessen hinsichtlich der Frage zukommt, ob sie das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur Änderung dieser Regelung verpflichtet oder diese Regelung lediglich für ungültig erklärt. Die einleitende Formulierung („kann“) weist vielmehr darauf hin, dass der Regulierungsbehörde bereits vorgelagert ein Entschließungsermessen im Hinblick auf die Entscheidung zukommt, ob sie überhaupt gegenüber dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen tätig werden soll. Erhärtet wird dieser Befund zudem durch einen systematischen Vergleich mit dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 ERegG, der den Fall einer Beeinträchtigung eines Zugangsberechtigten in seinem Recht auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur betrifft und insoweit von der Regulierungsbehörde zwingend ein Einschreiten zugunsten des in seinem Zugangsrecht Verletzten verlangt („so … verpflichtet“ bzw. „so … entscheidet“). Für dieses Verständnis streitet im Übrigen die aus den Gesetzgebungsmaterialien erkennbar werdende Intention des Gesetzgebers. So soll § 68 Abs. 2 ERegG die Befugnisse der Regulierungsbehörde in den Fällen gestalten, in denen der Zugangsberechtigte der Auffassung ist, von einer Entscheidung eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens beeinträchtigt zu sein.
6Vgl. die Einzelbegründung zu § 68 Abs. 2 ERegG im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 221.
7Die Vorschrift zielt damit auf die Beseitigung einer gegenwärtigen Verletzung des Rechts eines Zugangsberechtigten auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur durch eine konkrete Entscheidung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens. Sie verlangt für diesen Fall zwingend ein Einschreiten der Regulierungsbehörde, um das Zugangsrecht des Zugangsberechtigten gegenüber dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen durchzusetzen. Mit § 68 Abs. 3 ERegG soll der Regulierungsbehörde hingegen ein „flexibles Handeln“ ermöglicht werden. Sie soll in die Lage versetzt werden, dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen ein eisenbahnregulierungsrechtswidriges Verhalten nicht nur – wie etwa im Fall des § 68 Abs. 2 ERegG – sofort, sondern auch mit Wirkung für die Zukunft zu untersagen.
8Vgl. die Einzelbegründung zu § 68 Abs. 3 ERegG im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 221.
9Bezweckt ist damit ein „präventives“ Einschreiten der Regulierungsbehörde, um durch einen Eingriff auf der Ebene von Regelungen im Sinne des § 66 Abs. 4 ERegG wie den hier im Streit stehenden Schienennetz-Nutzungsbedingungen der Antragstellerin nach § 66 Abs. 4 Nr. 1 ERegG faktischen Beeinträchtigungen eines Zugangsberechtigten in seinem Recht auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur oder in seinen sonstigen Rechten in der Zukunft vorzubeugen. Unerheblich ist insoweit, dass der Katalog des § 66 Abs. 4 ERegG – anders als der pauschale Verweis in § 68 Abs. 3 ERegG erwarten lassen kann – nicht ausschließlich Regelungen enthält; eine Überprüfung des in § 66 Abs. 4 Nr. 4 ERegG aufgeführten Zuweisungsverfahrens und dessen Ergebnisses wird etwa regelmäßig nicht zu einer Entscheidung der Regulierungsbehörde nach § 68 Abs. 3 ERegG, sondern zu einer Entscheidung nach § 68 Abs. 2 ERegG führen.
10Vgl. in diese Richtung wohl auch el-Barudi, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsgesetz, 2018, § 68 Rn. 18.
11In jedem Fall unterstreicht die mit § 68 Abs. 3 ERegG intendierte Ermöglichung eines „flexiblen Handelns“, dass die Regulierungsbehörde von den ihr verliehenen Befugnissen nicht zwingend Gebrauch machen muss.
12b) Das der Regulierungsbehörde hiernach bei einer Entscheidung nach § 68 Abs. 3 ERegG zustehende Entschließungsermessen besteht zudem unabhängig davon, ob die Regulierungsbehörde eine Regelung im Sinne von § 66 Abs. 4 ERegG von Amts wegen oder auf Antrag eines Zugangsberechtigten überprüft. Für die mit § 68 Abs. 3 ERegG in den Grundzügen fortgeschriebene Vorgängerreglung des § 14f Abs. 1 AEG in der bis zum 1. September 2016 geltenden Fassung war anerkannt, dass diese der Regulierungsbehörde zunächst auf einer ersten Stufe ein sog. „Aufgreifermessen“ hinsichtlich der Frage einräumte, ob sie von Amts wegen, also ohne Antrag eines Betroffenen und ohne Einhaltung einer Frist, die Schienennetz-Benutzungsbedingungen, die Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen oder die Regelungen über die Höhe oder Struktur der Wegeentgelte und sonstigen Entgelte eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens auf ihre Eisenbahnregulierungsrechtskonformität überprüft. In einem zweiten Schritt räumte die Vorschrift der Regulierungsbehörde sodann ein Entschließungs- und Auswahlermessen im Hinblick darauf ein, das Eisenbahninfrastrukturunternehmen entweder zu einer Änderung der überprüften Regelung zu verpflichten oder diese für ungültig zu erklären.
13Vgl. Kramer, in: Kunz/Kramer, Eisenbahnrecht, Loseblattsammlung, Stand: 25. Ergänzungslieferung 2009, § 14f AEG Rn. 3 f.
14Mit § 66 Abs. 4 ERegG hat der Gesetzgeber die Befugnis der Regulierungsbehörde zur Überprüfung von Amts wegen nun um ein nicht fristgebundenes Antragsrecht des Zugangsberechtigten ergänzt. Dies trägt im Wesentlichen dem Umstand Rechnung, dass das Unionsrecht ausweislich von Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. L 343, S. 32) in der zuletzt durch den Delegierten Beschluss (EU) 2017/2075 der Kommission vom 4. September 2017 (ABl. L 295, S. 69) geänderten Fassung – Richtlinie 2012/34/EU – insoweit von einem umfassenden subjektiven Recht des Zugangsberechtigten ausgeht, die Regulierungsbehörde zu befassen.
15Vgl. Anlage 1 zur Begründung Allgemeiner Teil im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 97 f.
16Das Antragsrecht des Zugangsberechtigten ergänzt damit auf der ersten Stufe das sog. „Aufgreifermessen“ der Regulierungsbehörde und verpflichtet diese im Fall eines Antrags eines Zugangsberechtigten zur Überprüfung der beanstandeten Regelung. Sie lässt jedoch das auf der zweiten Stufe für den Fall eines im Rahmen der Überprüfung erkannten Gesetzesverstoßes bestehende Entschließungs- und Auswahlermessen der Regulierungsbehörde unberührt.
17Anderes folgt auch nicht aus der durch die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang angeführten Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 3 ERegG. Diese bestimmt, dass die Regulierungsbehörde innerhalb einer vorab bestimmten Frist, in jedem Fall aber binnen sechs Wochen nach Erhalt aller erforderlichen Informationen über eine Beschwerde entscheidet, Abhilfemaßnahmen trifft und die Betroffenen von ihrer Entscheidung in Kenntnis setzt. Die für alle Beschwerdeverfahren gleichermaßen geltende Bestimmung des § 68 Abs. 1 ERegG macht – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – lediglich Vorgaben zu Zeitrahmen und Verfahren für Entscheidungen der Regulierungsbehörde.
18Vgl. die Einzelbegründung zu § 68 Abs. 1 ERegG im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 221.
19Ausgehend von diesem Regelungszweck lässt sich aus ihr trotz des Wortlauts („trifft Abhilfemaßnahmen“) keine Aussage zu einem der Regulierungsbehörde bei einer Entscheidung nach § 68 Abs. 3 ERegG zustehenden Entschließungsermessen entnehmen.
20Gegenteiliges ergibt sich aller Voraussicht nach auch nicht aus der § 68 Abs. 1 ERegG zugrunde liegenden unionsrechtlichen Bestimmung in Art. 56 Abs. 9 UAbs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU, welche in vergleichbarer Weise lediglich Vorgaben zur zeitlichen Gestaltung der Verfahrensabläufe und zu den Entscheidungsoptionen der nationalen Regulierungsstelle macht. Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass die in den §§ 66 ff. ERegG insgesamt geregelten Antrags- bzw. Beschwerderechte der Zugangsberechtigten und die in diesem Zusammenhang vorgesehenen Befugnisse der Regulierungsbehörde mit der hier zugrunde gelegten Auslegung von § 68 Abs. 3 ERegG hinter den Erfordernissen des Unionsrechts zurückblieben. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass die Vorschrift des § 68 Abs. 3 ERegG jedenfalls nach dem Verständnis des Gesetzgebers selbst gar nicht mehr der Umsetzung von Unionsrecht dient, sondern über die sich aus der Richtlinie ergebenden Umsetzungserfordernisse hinaus nur eine sog. notwendige Ergänzung zur Sicherstellung des Vollzugs darstellt.
21Vgl. Anlage 1 zur Begründung Allgemeiner Teil im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 106.
222. Das aus § 68 Abs. 3 ERegG folgende Entschließungsermessen war unter den gegebenen Umständen auch nicht ausnahmsweise mit der Folge auf Null reduziert, dass die Antragsgegnerin zwingend auf eine Abänderung der einschlägigen Schienennetz-Nutzungsbedingungen dringen musste. Dies ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass ein Einschreiten auf der Grundlage des § 68 Abs. 2 ERegG aufgrund der Eigenart des konkret in Rede stehenden eisenbahnregulierungsrechtswidrigen Verhaltens der Antragstellerin ungeeignet wäre, um eine künftige Beeinträchtigung der Beigeladenen in ihrem Recht auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur durch eine Überschreitung der in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen geregelten Bearbeitungsfristen für Trassenanträge wirksam zu beseitigen, und daher allein die angeordnete Änderung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen durch die Einführung eines Strafversprechens nach § 68 Abs. 3 ERegG als eine „präventive“ Maßnahme in Betracht käme, um eine Beachtung der Bearbeitungsfristen gegenüber der Antragstellerin zu erzwingen.
23Diese Annahme ließe zunächst außer Betracht, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Entschließungsermessens unbeschadet der vorstehend dargelegten Erwägung zumindest hätte prüfen können und müssen, ob ein Einschreiten auf der Grundlage von § 68 Abs. 3 ERegG tatsächlich bereits „sofort“ notwendig war oder ob nicht – jedenfalls unter den vorliegenden Umständen – ein weiteres Zuwarten zweckmäßig und vertretbar hätte sein können, um die Problematik von Fristüberschreitungen im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der von der Antragsgegnerin seinerzeit ohnehin beabsichtigten Generalüberprüfung des Fristenregimes für die Bearbeitung von Trassenanträgen in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen der Antragstellerin zu behandeln. Diese Überlegung hätte sich der Antragsgegnerin umso mehr aufdrängen müssen, als die Antragstellerin bereits konkrete Abhilfemaßnahmen einschließlich der Implementierung des „Click & Ride“ – Systems durchgeführt bzw. in Aussicht gestellt hatte, deren Effekte zu einem späteren Zeitpunkt in die Beurteilung hätten einbezogen werden können. Dem lässt sich im Übrigen nicht durchgreifend entgegenhalten, dass die Antragsgegnerin den maßgeblichen Rechtsverstoß der Antragstellerin nicht allein auf der „Vollzugsebene“ der Schienennetz-Nutzungsbedingungen verortet, sondern von der Unangemessenheit der Schienennetz-Nutzungsbedingungen selbst ausgeht. Auch nach dem Verständnis der Antragsgegnerin kann die Unangemessenheit der hier in Rede stehenden Bestimmungen der Schienennetz-Nutzungsbedingungen nämlich nicht losgelöst von der Frage eines etwaigen Vollzugsdefizits beantwortet werden. Vielmehr schließt die Antragsgegnerin ausweislich der Erwägungen in den schriftlichen Entscheidungsgründen ihres Beschlusses erst aus einem empirisch ermittelten Vollzugsdefizit „in signifikantem Umfang“ auf die Unangemessenheit der einschlägigen Schienennetz-Nutzungsbedingungen und die Notwendigkeit, ein Strafversprechen zu implementieren.
24Zu Unrecht hat die Antragsgegnerin zudem präventive Abhilfemaßnahmen auf der Grundlage der Generalklausel des § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG außer Betracht gelassen. Hiernach kann die Regulierungsbehörde gegenüber Eisenbahnen und den übrigen nach dem Eisenbahnregulierungsgesetz Verpflichteten die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um Verstöße gegen dieses Gesetz oder unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes zu beseitigen oder zu verhüten. Die Vorschrift schreibt die frühere Regelung aus § 14c Abs. 1 AEG in der bis zum 1. September 2016 geltenden Fassung in weitgehend unveränderter Weise fort. Mit dieser hatte der Gesetzgeber die Klarstellung bezweckt, dass die Regulierungsbehörde den gesetzlich Verpflichteten alle Maßnahme aufgeben kann, die erforderlich sind, um Zuwiderhandlungen gegen die jeweils einschlägigen Vorschriften des Eisenbahnrechts wirksam zu begegnen.
25Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 15. Juni 2005, in: BT-Drs. 15/5708, S. 4, Einzelbegründung zu Ziffer II, Art. 1 Nr. 1 und 3; Stellungnahme des Bundesrates vom 18. März 2005, BR-Drs. 91/05, S. 1, Einzelbegründung zu Ziffer 1.
26Im Einzelnen verleiht § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG der Regulierungsbehörde die Befugnis, sowohl reaktive („beseitigen“) als auch präventive („verhüten“) Maßnahmen zu ergreifen. Welche Maßnahmen in Betracht kommen, wird nicht näher spezifiziert. Die Regulierungsbehörde kann damit im Wege von Verwaltungsakten, Allgemeinverfügungen oder sonstigen Maßnahmen vorgehen. Die Maßnahmen können grundsätzlich jeden Inhalt haben, der der Herstellung eines eisenbahnregulierungsrechtskonformen Zustands dient. Dabei steht der Regulierungsbehörde ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO überprüfbares Entschließungs- und Auswahlermessen zu.
27Vgl. im Einzelnen el-Barudi, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsgesetz, 2018, § 67 Rn. 3; Gerstner, in: Hermes/Sellner, Beck’scher AEG Kommentar, 2006, § 14c Rn. 16 f.
28Die Antragsgegnerin hätte mithin auch erwägen können, der Antragstellerin auf der Grundlage von § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG aufzugeben, die in ihren Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Fristen für die Bearbeitung von Trassenanträgen einzuhalten und diese Verpflichtung mit der Androhung eines angemessenen Zwangsgelds für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verbinden. Der für ein Einschreiten nach § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG erforderliche Gesetzesverstoß ergibt sich dabei aus § 19 Abs. 1 Satz 1 ERegG. Schon mit der dort geregelten Pflicht des Betreibers der Schienenwege, Schienennetz-Nutzungsbestimmungen zu erstellen, geht die als selbstverständlich vorausgesetzte Verpflichtung des Betreibers der Schienenwege einher, die von ihm erstellten Schienennetz-Nutzungsbedingungen zu beachten. Gleiches lässt auch § 19 Abs. 6 Satz 2 ERegG erkennen, wonach die für eine Netzfahrplanperiode aufgestellten Schienennetz-Nutzungsbedingungen als – allgemeinverbindliche – Grundlage für das Zuweisungsverfahren und den Vertragsschluss für die Trassen in der jeweiligen Netzfahrplanperiode dienen.
29Vgl. die Einzelbegründung zu § 19 Abs. 6 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 186 („verbindlich“); Leitzke, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsgesetz, 2018, § 19 Rn. 32; zur Rechtslage nach § 4 Abs. 6 EIBV in der bis zum 1. September 2016 geltenden Fassung bereits OVG NRW, Urteile vom 16. September 2014 – 13 A 1733/13 –, DVBl 2015, 246 = juris, Rn. 46, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1381/13 –, DVBl. 2014, 1144 = juris, Rn. 62.
30Die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, ein solches Vorgehen scheide aus Rechtsgründen aus, weil der Inhalt der auszusprechenden Verpflichtung insoweit lediglich auf eine Wiederholung bereits kraft Gesetzes bestehender Pflichten hinauslaufe, ist unzutreffend. Die Antragsgegnerin ist nicht gehindert, bereits kraft Gesetzes allgemein bestehende Pflichten gegenüber einem bestimmten Verpflichteten durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und gegebenenfalls mit den Mittel des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchzusetzen.
313. Aus den vorstehenden Gründen bleibt offen, ob die Antragsgegnerin ausgehend von dem von ihr festgestellten systematischen Vollzugsdefizit bei der Beachtung der im Streit stehenden Bearbeitungsfristen zu Recht auf eine Unangemessenheit des maßgeblichen Regelungsregimes der Schienennetz-Nutzungsbedingungen im Sinne von § 11 Abs. 1 ERegG geschlossen hat und ob sie diesem Mangel in zulässiger Weise mit einer Anordnung zur Implementierung eines Strafversprechens für den Fall der Überschreitung der Bearbeitungsfristen begegnen durfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Implementierung eines Strafversprechens in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen auch auf die Generalklausel des § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG gestützt werden könnte, wenn sich die Schienennetz-Nutzungsbedingungen selbst zwar nicht als eisenbahnregulierungsrechtswidrig im Sinne von § 68 Abs. 3 ERegG erwiesen, aber gleichwohl von einem beachtlichen Vollzugsdefizit auszugehen wäre, dem mit der Implementierung eines Strafversprechens präventiv begegnet werden soll.
32Vgl. zur Frage einer etwaigen Sperrwirkung von §§ 14e und 14f AEG a.F. gegenüber § 14c Abs. 1 AEG a.F. in einem anderem Sachzusammenhang OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2010 – 13 A 2557/09 –, N&R 2010, 245 = DVBl. 2010, 1173 = juris, Rn. 145.
33Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
34Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
35Dieser Beschluss ist unanfechtbar.