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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
2Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
3Die vom Antragsteller angeführten Gründe, auf deren Überprüfung der beschließende Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keine Veranlassung, den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.
4Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller unverzüglich vorläufig einen Betreuungsplatz über 45 Stunden mit einer Betreuungszeit von 9.00 bis 18.00 in einer wohnortnahen zumutbaren städtischen oder nicht städtischen Kindertageseinrichtung zur Verfügung zu stellen. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass er in einem Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen würde. Ein Betreuungsplatz in einem Umfang von 45 Wochenstunden, auf den der Antragsteller nach § 24 Abs. 2 SGB VIII einen Anspruch habe, sei ihm in der Kindertagesstätte U.----straße zugewiesen worden. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf bestimmte Öffnungszeiten bestehe nicht.
5Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen führt nicht zum Erfolg des Antrags. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die im Falle einer - wie hier - begehrten, die Hauptsache vorwegnehmenden Regelung gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs gelten. Es muss ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 9.12 -; Beschlüsse vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 - und vom 14. Dezember 1989 - 2 ER 301.89 -, sämtlich juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2015 - 12 B 136/15 -, juris, m. w. N.
7Das ist hier nicht der Fall. Die Beschwerde macht allein geltend, auf der Grundlage der vorzunehmenden individuellen Einzelfallprüfung müsse hier zwingend ein Betreuungsplatz angeboten werden, welcher eine Betreuung von 9.00 bis 18.00 Uhr sicherstelle, weil die Eltern des Antragstellers berufsbedingt darauf angewiesen seien.
8Mit dem Antragsteller ist davon auszugehen, dass sich der ihm zustehende Anspruch nach § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auf einen (individuell) bedarfsgerechten Betreuungsplatz bezieht. Der Nachweis eines Angebots zur frühkindlichen Förderung genügt den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII (nur), wenn es dem konkret-individuellen Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes und seiner Erziehungsberechtigten insbesondere in zeitlicher und räumlicher Hinsicht entspricht.
9BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 41; OVG NRW, Beschluss vom 5. Februar 2014 - 12 B 17/14 -, juris Rn. 4.
10Dieser individuelle Bedarf wird durch die Sorgeberechtigten bestimmt und ist vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe beim Nachweis eines Betreuungsplatzes grundsätzlich auch zu berücksichtigen.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 5 C 19.16 -, a. a. O. Rn. 42; BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 - 12 BV 15.719 -, juris Rn. 45; VGH Bad.-Württ., Urteil vom. 8. Dezember 2016 - 12 S 1782/15 -, juris Rn. 41.
12In zeitlicher Hinsicht ist zu prüfen, ob der Umfang der von den Sorgeberechtigten als individueller Bedarf geltend gemachten Betreuung mit dem Kindeswohl vereinbar ist, da der Anspruch aus des § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII unbedingt ausgestaltet ist und damit insbesondere eine "Erforderlichkeit" der Betreuung in dem begehrten Umfang nicht voraussetzt.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2018 - 5 C 15.17 -, juris Rn. 28; OVG NRW, 14. August 2013
14- 12 B 793/13 -, juris Rn. 20; Sächs.OVG, Beschluss vom 30. Juli 2018 - 4 B 242/18 -, juris Rn. 6.
15Den vorstehenden Anforderungen ist indessen hier - wie bereits vom Verwaltungsgericht festgestellt - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem in der städtischen Kindertageseinrichtung "U.----straße " in L. zur Verfügung gestellten Betreuungsplatz (im Umfang von 45 Stunden pro Woche) hinreichend Rechnung getragen, auch wenn diese lediglich eine Öffnungs- bzw. Betreuungszeit bis 16.30 Uhr anbietet. Ein darüber hinaus gehender Anspruch auf Gewährung eines Betreuungsplatzes in einer wohnortnahen Kindertageseinrichtung mit Betreuungszeitzeiten (bis 18.00 Uhr) kommt dem Antragsteller voraussichtlich - mangels entsprechender Kapazitäten - nicht zu.
16Auch wenn der Einwand der Erschöpfung vorhandener Kapazitäten in Kindertageseinrichtungen dem Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII im Grundsatz nicht entgegengehalten werden kann, ist es gleichwohl nicht überwiegend wahrscheinlich, dass dieser in jeder Hinsicht an die individuellen Bedürfnisse der Erziehungsberechtigten angepasste Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtung erfordert. Wenn etwa der Bedarf für eine Betreuung in Randzeiten außerhalb des Bereitgestellten nur von wenigen Erziehungsberechtigten benötigt wird, muss dieser nicht zwingend in einer Tageseinrichtung gedeckt werden. Die dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe in § 79 Abs. 1 SGB VIII zugewiesene Gesamtverantwortung schließt sowohl die Planungsverantwortung als auch die Finanzverantwortung ein. Im Rahmen der Gesamtverantwortung, aber auch der Gewährleistungspflicht nach § 79 Abs. 2 SGB VIII hat er eine bedarfsgerechte und effiziente frühkindliche Förderung in der Gesamtheit sicherzustellen. Die Pflicht, ein entsprechendes Angebot vorzuhalten, beschränkt sich auf den Gesamtbedarf an Betreuungsplätzen.
17BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 5 C 19.16 -, a. a. O. Rn. 38.
18Ebenso wie dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern (§ 5 Abs. 1 SGB VIII, § 3a KiBiz) in Bezug auf eine bestimmte Kindertageseinrichtung die Erschöpfung der dort vorhandenen Kapazitäten entgegengehalten werden kann,
19vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 5 C 19.16 -, a. a. O. Rn. 38, 40; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. September 2017 - 12 B 1009/17 -, juris Rn. 5, und vom 14. August 2013 - 12 B 793/13 -, a. a. O. Rn. 10; Nds.OVG, Beschlüsse vom 19. Dezember 2018 - 10 ME 395/18 -, juris Rn. 13, und vom 28. November 2014 - 4 ME 222/14 -, juris Rn. 5.
20besteht für individuelle Randzeiten, die in den vorhandenen Kindertageseinrichtungen nicht oder nicht ausreichend abgedeckt sind, voraussichtlich kein Anspruch auf eine entsprechende Kapazitätserweiterung bzw. Ausweitung von Randbetreuungszeiten (etwa in der Kindertageseinrichtung "U.----straße "). Insoweit ist beachtlich, dass Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege nach der gesetzlichen Konzeption gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. § 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII) und es nicht ausgeschlossen scheint, beide Formen der frühkindlichen Förderung nebeneinander zur Abdeckung eines individuellen Bedarfs in Anspruch zu nehmen. Insoweit wäre, um dem Wunsch der Eltern möglichst nahe zu kommen, konkret zu prüfen, ob der von den Erziehungsberechtigten für den Antragsteller geltend gemachte, bisher nicht gedeckte Betreuungsanspruch in einer Kindertagespflege erfüllt werden kann. Der Gesetzeswortlaut schließt ein solches Modell jedenfalls nicht aus. Dies hat der Antragsteller allerdings bisher nicht geltend gemacht.
21Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen kann der Antragsteller hier aus dem Umstand, dass in der für ihn gut erreichbaren Kindertageseinrichtung "N.-----straße " offenbar eine Betreuung in den von ihm gewünschten Zeiten von 9.00 bis 18.00 Uhr möglich ist, nichts für sich herleiten. Denn das grundsätzlich bestehende Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 Abs. 1 SGB VIII, § 3a KiBiz, wonach die Leistungsberechtigten das Recht haben, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern, findet - wie oben dargestellt - dann seine Grenze, wenn in der gewünschten Tageseinrichtung keine freien Plätze mehr vorhanden oder verfügbar sind.
22Dass entgegen den Annahmen der Antragsgegnerin in der Kindertageseinrichtung "N.-----straße " noch Plätze verfügbar waren bzw. sind, lässt sich den dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen und macht auch der Antragsteller selbst nicht geltend.
23Sind die Kapazitäten in einer bestimmten Kindertageseinrichtung ausgeschöpft, besteht des Weiteren auch kein Anspruch auf die Schaffung weiterer Kapazitäten (in dieser Einrichtung).
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 - 12 B 70/14 -, juris Rn. 6; Nds.OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - 10 ME 395/18 -, a. a. O. Rn. 13.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).