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Erfolglose Beschwerde eines Polizeihauptkommissars, der sich gegen die Aufforderung wendet, sich einer polizeiärztlichen Untersuchung seiner Polizeidienstfähigkeit zu unterziehen.
Einzelfall einer rechtmäßigen polizeiärztlichen Untersuchungsanordnung, die der Dienstherr darauf gestützt hat, dass die Polizeiärztin die Kraftfahrtauglichkeit nicht feststellen konnte, weil der Beamte den von dieser hierfür als erforderlich angesehenen Untersuchungen nicht in vollem Umfang zugestimmt hat, und der Beamte die weitere Aufklärung durch Verweigerung einer Schweigepflichtentbindungserklärung unmöglich gemacht hat.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Senat gemäß § 146 Abs. 6 Satz 4 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
4Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Antragsteller auf der Grundlage der Aufforderung vom 13. September 2018 auf seine Polizeidienstfähigkeit untersuchen zu lassen. Der Antragsteller habe die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Die formell rechtmäßige Untersuchungsanordnung sei von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW i.V.m. § 26 BeamtStG auch materiell gedeckt. Die strengen Anforderungen an die Anordnung einer ärztlichen Überprüfung der Dienstfähigkeit in einer Situation, in der sich der Beamte - wie hier - selbst für dienstfähig halte und lediglich der Dienstherr (auch) aufgrund konkreter Vorkommnisse Zweifel an der Dienstfähigkeit habe, seien erfüllt. Der Antragsgegner habe sich darauf gestützt, dass die örtliche Polizeiärztin die Kraftfahrtauglichkeit nicht habe feststellen können, weil der Antragsteller den hierfür erforderlichen Untersuchungen nicht (in vollem Umfang) zugestimmt habe. Da der polizeiärztliche Dienst wegen der nicht erklärten Schweigepflichtentbindung zu den Einzelheiten der fehlenden Feststellbarkeit der Kraftfahrtauglichkeit nicht habe befragt werden können, bestehe der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Erkrankung. Dass die Anordnung keine Angaben enthalte, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Antragstellers bestünden, führe hier nicht zu deren Rechtswidrigkeit, weil dies Konsequenz der pflichtwidrig unterlassenen Mitwirkung sei. Die Polizeiärztin habe daher nicht die konkreten Verdachtsmomente benennen können, die sie veranlasst hätten, eine Blut- und Urinprobe sowie eine Anamnese zu verlangen. Dies gehe nach dem in § 444 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken zu den Folgen einer Beweisvereitelung zu Lasten des Antragstellers.
5Die mit der Beschwerde gegen diese weiter begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen führen zu keiner abweichenden Entscheidung. Das gilt schon deshalb, weil der Antrag nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2019 - 2 VR 5.18 -, demzufolge eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit gemäß § 44a VwGO nicht isoliert angreifbar ist, bereits unzulässig ist.
6Die Beschwerde wendet sich überdies ohne Erfolg gegen die erstinstanzliche Feststellung, die Anordnung sei trotz der darin nicht enthaltenen Angaben zum körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Antragstellers rechtmäßig, weil dies Konsequenz seiner pflichtwidrig unterlassenen Mitwirkung sei. Nicht durchgreifend ist sein Vorbringen, er habe Frau C. , der Polizeiärztin, bereits mit Schreiben vom 30. Mai 2017 erlaubt, dem Antragsgegner gemäß der Anlage 3 zum KTU-Erlass mitzuteilen, in wieweit eine Tauglichkeit, eine eingeschränkte Tauglichkeit oder eine Untauglichkeit vorliege; dies umfasse selbstverständlich auch eine Rückmeldung bzw. einen Hinweis auf Einschränkungen oder Erkrankungen. Diese Sichtweise ist mit Blick auf die in besagtem Schreiben vom 30. Mai 2017 verwendeten - dem Beschwerdevorbringen entgegenstehenden - Formulierungen völlig unverständlich. Darin erlaubt der Antragsteller nämlich ausdrücklich „lediglich die Weitergabe der Feststellung, ob ich kraftfahrzeugtauglich bin, ob ich eingeschränkt kraftfahrzeugtauglich oder gar nicht kraftfahrzeugtauglich bin“. Er untersagt dabei explizit, „über das Gespräch und die Untersuchung näheres an die personalführende Stelle weiterzugeben“. Zur Bekräftigung weist er die Polizeiärztin auf die ärztliche Schweigepflicht sowie ihr bei einem Verstoß drohende strafrechtliche Konsequenzen hin. Dass allein die (vom Antragsteller „erlaubte“) schlichte Mitteilung des Ergebnisses der Kraftfahrtauglichkeitsuntersuchung nicht geeignet ist, dem Antragsgegner eine Grundlage dafür zu verschaffen, seine Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit hinsichtlich des körperlichen Zustands oder etwaiger Gesundheitseinschränkungen des Antragstellers näher zu begründen, liegt auf der Hand. Hinzu kommt, dass sich selbst die Polizeiärztin dazu mangels einer hinreichenden Möglichkeit, den Antragsteller auf seine Kraftfahrtauglichkeit zu untersuchen, nicht in der Lage sah.
7Nichts Abweichendes ergibt sich aus dem von der Beschwerde weiter angeführten Schriftverkehr mit der Polizeiärztin. Mit Schreiben vom 20. November 2017 bat der Antragsteller diese um Mitteilung (an ihn), weshalb sie die Kraftfahrtauglichkeit nicht habe beurteilen können. Die Polizeiärztin begründete dies in ihrem Schreiben vom 30. November 2017 mit fehlenden Angaben (zu Vorerkrankungen, Medikamenten, Tagesschläfrigkeit) und der Verweigerung einer Urinabgabe sowie der Blutentnahme. Mit Schreiben vom 10. Januar 2018 stellte der Antragsteller erneut klar, dass er lediglich in die Weitergabe des Untersuchungsergebnisses (Hervorhebung durch den Senat) hinsichtlich der Kraftfahrtauglichkeit eingewilligt habe, und rügte gegenüber der Polizeiärztin, dass sie von seiner „Vorgabe“ abgewichen sei, weil sie an die auftraggebende Direktion zurückgemeldet habe, die Kraftfahrtauglichkeit nicht beurteilen zu können. Nicht nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage die Beschwerde aus diesem Schriftverkehr ihre Behauptung ableitet, der Antragsteller habe damit erlaubt, die notwendigen Informationen an den Antragsgegner weiterzuleiten.
8Weshalb die Beschwerde gleichwohl zu der Einschätzung gelangt, der Antragsteller sei entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts seinen Pflichten hinreichend nachgekommen bzw. die fehlende Mitwirkung sei ihm nicht vorwerfbar, wird nicht näher substantiiert.
9Die - vom Verwaltungsgericht nicht beanstandete - Annahme des Antragsgegners in der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung, es bestehe der Verdacht einer schwerwiegenden Erkrankung, trifft entgegen der Beschwerde auch nicht deswegen auf Bedenken, weil sich nicht erschließe, wie er zu dieser Einschätzung gelangt sei. Dass es insoweit keiner näheren Darlegung konkreter Krankheitsumstände oder gesundheitlicher Einschränkungen zur Begründung der Untersuchungsanordnung bedurft hatte, hat bereits das Verwaltungsgericht ausführlich mit der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers bei der Aufklärung begründet, ohne dass dem die Beschwerde durchgreifend entgegengetreten wäre.
10Der Rüge des Antragstellers, er sei weder dienstunfähig noch krankgeschrieben, so dass der Verdacht der Polizeidienstunfähigkeit bei genauerer Betrachtung überhaupt nicht aufkommen könne, führt ebenfalls nicht weiter. Sie lässt außer Betracht, dass die Zweifel des Antragsgegners an der uneingeschränkten Polizeidienstfähigkeit hier nicht aus konkreten Krankheitssymptomen oder sonstigen sichtbaren Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit herrühren, sondern daraus, dass es der Polizeiärztin - mangels Zustimmung des Antragstellers zu sämtlichen von ihr für erforderlich gehaltenen Untersuchungen und Beantwortung von Anamnesefragen - nicht möglich war, die Kraftfahrtauglichkeit festzustellen, und der Antragsteller es durch seine umfassende Verweigerung auch unmöglich gemacht hat zu überprüfen, inwieweit die Anforderungen der Polizeiärztin berechtigt sind.
11Keine abweichende Bewertung gestattet ferner der Umstand, dass der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren ein privatärztliches Attest der Gemeinschaftspraxis T. /H. vom 3. Dezember 2018 vorgelegt hat, in dem bestätigt wird „bei Herrn L. liegt keine Erkrankung vor, die seine Kraftfahzeugtauglichkeit oder Polizeidienstfähigkeit einschränkt“. Denn die Zweifel des Antragsgegners an der uneingeschränkten Polizeidienstfähigkeit des Antragstellers sind damit nicht ausgeräumt. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend beanstandet, es sei schon nicht ersichtlich, aufgrund welcher Erhebungen und Untersuchungen die Medizinerin Dr. T. zu dieser Einschätzung gelangt sei, und zusätzlich auf den grundsätzlich höheren Beweiswert von amtsärztlichen oder polizeiärztlichen Einschätzungen gegenüber privatärztlichen Bescheinigungen verwiesen. Es ist auch anzunehmen - zudem mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen -, dass der Polizeiärztin bekannt ist, dass Blutentnahmen bei Kraftfahrtauglichkeitsuntersuchungen nur noch bei konkreten Anhaltspunkten für deren Erforderlichkeit zulässig sind. Woraus die Polizeiärztin ihren „Verdacht“ hergeleitet hat, der sie dazu veranlasst hat, vom Antragsteller eine Blutprobe und Urinprobe zu verlangen, und ob dies als berechtigt anzusehen war, konnte der Antragsgegner mangels Entbindung der Polizeiärztin von der Schweigepflicht nicht weiter aufklären. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Anordnung einer polizeiärztlichen Untersuchung, wie sie hier Verfahrensgegenstand ist, nicht das Vorliegen einer zur Polizeidienstunfähigkeit führenden Erkrankung verlangt, sondern bereits bei begründeten Zweifeln zulässig ist.
12In der Untersuchungsanordnung sind entgegen der Auffassung der Beschwerde auch Art und Umfang der Untersuchung hinreichend niedergelegt. Sie enthält eine Aufzählung - die entsprechenden Felder sind im Formular angekreuzt - der zur Begutachtung vorzunehmenden Untersuchungen; hinsichtlich der „allgemeinen Blut- und Urinuntersuchung“ sind zudem die vom Untersuchungsumfang umfassten Laborwerte im Einzelnen bezeichnet.
13Der Einwand des Antragstellers, nach der Rechtsprechung sei die Forderung anlass- bzw. verdachtsunabhängiger Blutuntersuchungen rechtlich zu beanstanden, geht in der vorliegenden Fallkonstellation ins Leere. Er lässt damit nämlich außer Acht, dass es sich hier angesichts der - vom Antragsgegner angenommenen und vom Antragsteller nicht ausgeräumten - Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit gerade nicht um eine anlassunabhängige Blutuntersuchung handelt. Im Übrigen gilt im Rahmen von amts- oder polizeiärztlichen Untersuchungen zur Überprüfung der Dienst(un)fähigkeit, dass der Beamte sich allgemeinen körperlichen Untersuchungen, die etwa auch Inhalt einer gewöhnlichen hausärztlichen Vorsorgeuntersuchung sind, grundsätzlich unterziehen muss. Insoweit bestehen insbesondere auch - anders als etwa bei den in besonderem Maße eingriffsintensiven psychiatrischen Untersuchungen - keine Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der angeordneten Untersuchungen.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Dezember 2018 - 6 B 1612/18 -, juris Rn. 8, und vom 29. November 2018 - 6 B 1662/18 -, juris Rn. 7, vom 4. September 2018 - 6 B 1124/18 -, juris Rn. 21, und vom 3. September 2018 - 6 B 860/18 -, juris Rn. 35, jeweils mit weiteren Nachweisen.
15Das gilt grundsätzlich auch für Laboruntersuchungen des Bluts oder des Urins.
16Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. September 2018 - 6 B 1087/18 -, juris Rn. 13, und vom 23. Juli 2018 - 6 B 859/18 -, juris Rn. 16.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
18Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).