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Die höchstrichterliche Rechtsprechung leitet aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung eine Publikationspflicht der Gerichte gegenüber der Öffentlichkeit bezogen auf veröffentlichungswürdige Gerichtsentscheidungen ab. Hieraus können sich subjektive Ansprüche Einzelner gleichwohl nur dann ergeben, wenn sie sich aus einer zumindest auch den Interessen Einzelner dienenden Rechtsvorschrift herleiten lassen.
§ 173 Satz 2 VwGO i. V. m. § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG regelt weder ausdrücklich noch dem Rechtsgedanken nach, dass nach Erledigung eines Verfahrens nach langer Dauer schon wegen dieser Dauer ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung der früheren Berechtigung des zuvor geltend gemachten Klagebegehrens besteht.
Die Berufung des Klägers gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 24.11.2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet war, zwei Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE einzustellen.
3NRWE ist eine kostenfrei über das Internet zugängliche Online-Datenbank, deren Nutzung über das Justizportal Nordrhein-Westfalen ermöglicht wird. Das Justizministerium (heute: Ministerium der Justiz) des Landes Nordrhein-Westfalen verpflichtete mit Erlass vom 14.5.2003, Az. 1544-JK.17, sämtliche Gerichte, ihre Entscheidungen, an denen ein öffentliches Interesse besteht, in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE einzustellen. Die Datenbank wird von der sogenannten Verfahrenspflegestelle, die beim Oberlandesgericht Köln angesiedelt ist, betreut. Diese verantwortet Empfehlungen zur Organisation der Einstellung/Pflege von Entscheidungen (Version 4.0, Stand: Juli: 2012 – im Folgenden: Organisationsempfehlungen). Nach diesen ausdrücklich als Empfehlung ohne bindenden Charakter für die jeweilige Behördenleitung zu verstehenden Organisationsempfehlungen besteht ein zur Einstellung in die Datenbank verpflichtendes öffentliches Interesse u. a. dann, wenn die Entscheidung in Fachzeitschriften, Datenbanken, der Presse oder in ähnlicher Weise veröffentlicht oder eine anonymisierte Abschrift der Entscheidung bei Gericht angefordert wird.
4Der Kläger ist Rechtsanwalt, zugleich ist er Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen, die rechtswissenschaftliche Schriften und Urteile publiziert. Er führte in den Jahren 2011 bis 2014 vor dem Arbeitsgericht Köln und dem Landesarbeitsgericht Köln einen dort das Aktenzeichen 7 Sa 764/12 tragenden Rechtsstreit. In der mündlichen Verhandlung vom 18.4.2013 verkündete das Landesarbeitsgericht einen „noch schriftlich zu formulierenden Hinweis- und Auflagenbeschluss“. Am 29.4.2013 legte es diesen Beschluss als Teil eines Beschlusses schriftlich nieder, der rechtliche Überlegungen und zusätzlich einen Vergleichsvorschlag enthielt. Dieser wurde in der Folge nicht angenommen. Am 8.1.2014 fasste das Gericht einen weiteren Beschluss, in dem es unter Bezug auf eine im November 2013 bekannt gewordene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts darauf hinwies, es bedürfe der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und einer erneuten Bewertung der Rechtslage. Mit Urteil vom 3.4.2014 wies das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers überwiegend zurück. Die Entscheidung wurde in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE eingestellt.
5Schon im März 2014 hatte der Kläger das Landesarbeitsgericht Köln darum gebeten, die beiden Beschlüsse in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE einzustellen. Das Landesarbeitsgericht lehnte dies nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden der 7. Kammer ab. Es sei nicht üblich, solche Beschlüsse in die Datenbank einzustellen, weil ihr Inhalt für Außenstehende ohne weitere Informationen nicht hinreichend verständlich sei. Das Urteil würde aber in NRWE eingestellt werden. Der Kläger ersuchte das Landesarbeitsgericht um nochmalige Prüfung, ob die Beschlüsse veröffentlicht würden. Das Landesarbeitsgericht lehnte dies erneut ab und verwies darauf, NRWE diene dazu, Entscheidungen, nicht aber prozessuale Zwischenverfügungen oder gar Vergleichsvorschläge zu dokumentieren. Der Kläger machte daraufhin geltend, nach Mitteilung der Verfahrenspflegestelle seien alle gerichtlichen Entscheidungen veröffentlichungsfähig. Soweit seinem Antrag nicht entsprochen werde, bitte er um eine förmliche Entscheidung. Mit nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 3.6.2014 lehnte das Landesarbeitsgericht die Veröffentlichung der Beschlüsse in NRWE ab. Bei beiden Beschlüssen handele es sich bereits nicht um Entscheidungen. Auch sei ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung nicht zu erkennen, weil die Beschlüsse aus sich heraus nicht verständlich und durch den Fortgang des Verfahrens überholt seien.
6Im Oktober 2014 bat der Kläger das Landesarbeitsgericht um Übersendung der Richtlinien, anhand derer sich bestimme, wer über die Veröffentlichung von Entscheidungen entscheide. In seiner Antwort verwies das Landesarbeitsgericht auf Ziffer 2.1 der Organisationsempfehlungen. Danach verfüge bei Erlass der Entscheidung der sie treffende Richter die Einstellung in NRWE, wenn die Entscheidung nach seiner Einschätzung von allgemeinem Interesse sei.
7Der Kläger hat am 16.4.2015 Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.
8Er hat beantragt,
9das beklagte Land zu verurteilen, die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln, Az. 7 Sa 764/12, vom 18.4.2013 und 8.1.2014 zur Entscheidungsdatenbank NRWE des Landes Nordrhein-Westfalen zwecks dortiger Veröffentlichung zu übermitteln,
10hilfsweise festzustellen,
11dass das beklage Land verpflichtet ist, die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln, Az. 7 Sa 764/12, vom 18.4.2013 und 8.1.2014 aufgrund des streitgegenständlichen vorgerichtlichen Antrages des Klägers zur Entscheidungsdatenbank NRWE des Landes NRW zwecks dortiger Veröffentlichung zu übermitteln.
12Das beklagte Land hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage mangels Klagebefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen.
15Der Senat hat die Berufung zugelassen und im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG Anlass zur Aufklärung gesehen, ob Vorgaben durch Ministerialerlass für die Verwaltungspraxis hinsichtlich der Frage bestehen, ob eine Entscheidung in NRWE einzustellen ist. Hierzu hat er beim Ministerium der Justiz NRW angefragt, wann aus dessen Sicht und nach der ihm bekannten Verwaltungspraxis der Gerichte im Lande davon ausgegangen werde, dass eine Entscheidung im öffentlichen Interesse liege und deshalb bei NRWE einzustellen sei, ob insbesondere eine Verpflichtung hierzu immer dann angenommen werde, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Pflicht zur Publikation von Entscheidungen annehme, an denen ein öffentliches Interesse bestehe. Zudem hat der Senat nachgefragt, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang die Empfehlungen der Verfahrenspflegestelle hätten und ob es dem in der Verwaltungspraxis des Landes zum Ausdruck kommenden tatsächlichen Willen des Vorschriftengebers entspreche, wenn einzelne Gerichtsverwaltungen ungeachtet der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Empfehlungen der Verfahrenspflegestelle NRWE davon ausgingen, dass nur an solchen Entscheidungen ein öffentliches Interesse bestehe, mit denen ein Rechtsstreit oder ein Teil eines Rechtsstreits oder zumindest über eine Rechtsfrage entschieden werde. Das Ministerium der Justiz hat daraufhin mitgeteilt:
16„Die Veröffentlichung einer Entscheidung soll erfolgen, wenn ein öffentliches Interesse an der Entscheidungsveröffentlichung besteht und dieses auch im Rahmen einer Abwägung mit – möglicherweise trotz Anonymisierung betroffenen – Persönlichkeitsrechten der Beteiligten oder anderen entgegenstehenden Interessen überwiegt.
17Ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der Entscheidung wird hierbei in der Regel angenommen, wenn eine anonymisierte Abschrift der Entscheidung bei dem Gericht oder die Veröffentlichung der Entscheidung direkt bei NRWE angefordert wird.
18Sofern eine Anfrage an die Verfahrenspflegestelle NRWE bei der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln übersandt wird, wird das betreffende Gericht um Einstellung der Entscheidung gebeten.
19In diesem Rahmen besteht für das Gericht die Möglichkeit zur Stellungnahme, sofern von dort einer Veröffentlichung entgegengetreten wird. Sofern diese Begründung die Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses zu entkräften vermag, wird dem Antragsteller mitgeteilt, dass eine Veröffentlichung nicht erfolgt. Dies ist allerdings in der Regel nur dann etwa der Fall, wenn die angefragte Entscheidung ohne inhaltliche Begründung geblieben ist (etwa Versäumnis- oder Anerkenntnisurteile ohne Entscheidungsgründe) oder Verfahrensbeteiligte eine Veröffentlichung von für die Öffentlichkeit nicht relevanten Entscheidungen aus rein individuellen Interessen begehren.
20Im Übrigen gibt es eine grundsätzliche Beschränkung vorstehender Praxis auf Entscheidungen, durch die eine Instanz eines gerichtlichen Verfahrens abgeschlossen wird, nicht. Zudem dürfte ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung bei verfahrensabschließenden Entscheidungen häufiger vorliegen als etwa bei Hinweisbeschlüssen oder Vergleichsvorschlägen, die auf den konkreten Einzelfall bezogen sind und daher weniger Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung anderweitiger Sachverhalte zu entfalten vermögen.
21Die o. g. Verfahrensweise entspricht der Erlasslage. Mit Erlass vom 14.05.2003 wurde der Geschäftsbereich darüber informiert, dass sämtliche Gerichte in Nordrhein-Westfalen verpflichtet sind, ihre Entscheidungen, an denen ein öffentliches Interesse besteht, in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE (Internet) einzustellen.
22Die Organisationsempfehlungen der Verfahrenspflegestelle sind als Handreichung für die Verwaltung der Gerichte gedacht und treffen keine Aussage zur Verpflichtung zur Veröffentlichung von Entscheidungen.“
23Einen Vergleichsvorschlag des Senats mit dem Inhalt, dass der Beklagte sich bei hälftiger Tragung der Gerichtskosten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Übermittlung der Beschlüsse an NRWE verpflichtet, hat der Kläger abgelehnt. Der Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, die Beschlüsse an NRWE zur Veröffentlichung zu übermitteln.
24Der Kläger hat seine Klage auf eine Feststellungsklage umgestellt, um nicht um die „Früchte“ der bisherigen Prozessführung gebracht zu werden. Zur Begründung führt er aus, das Feststellungsinteresse bestehe wegen einer Wiederholungsgefahr, an die jedenfalls dann keine überzogenen Maßstäbe angelegt werden dürften, wenn sich gerichtliche Verfahren ‒ wie hier ‒ auf Jahre hinzögen. Er wolle auch zukünftig über Verfahren, auch solche, die vor dem Landesarbeitsgericht geführt würden, berichten. Das Landesarbeitsgericht erkenne weiter seine rechtlichen Verpflichtungen nicht an. Es gehe ihm nur darum, kein Urteil gegen sich ergehen zu lassen. Es habe zwar erklärt, die Vorgaben des Ministeriums zu „berücksichtigen“, nicht jedoch, ihnen zu folgen und sie umzusetzen. Das Ministerium stelle die Regel auf, dass eine Prüfung des Veröffentlichungsinteresses nur dann erfolgen dürfe, wenn Zwischenentscheidungen ohne Begründung ergingen. Das Landesarbeitsgericht behalte sich aber eine inhaltliche Prüfung des Veröffentlichungsinteresses auch bei solchen Zwischenentscheidungen vor, die eine Begründung enthielten. Es bleibe bei seiner weiterhin nicht eindeutigen Erklärung, wie es mit vergleichbaren Anfragen künftig umgehen wolle. Die für die Zukunft angekündigte Verwaltungspraxis unter Beachtung der Erlasslage entspreche zudem nicht den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine Ungleichbehandlung liege darin, dass Entscheidungen in NRWE ohne weitere Prüfung eingestellt würden, wenn dies von einem Richter oder Staatsanwalt verfügt werde. Das Feststellungsinteresse ergebe sich zudem aus dem Rechtsgedanken des § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG. Dieser beinhalte abgesehen von einer finanziellen Entschädigung für überlange Verfahrensdauern auch einen Ausgleich des ideellen Schadens durch die mögliche Feststellung einer unangemessenen Verzögerung. Diesem Gedanken lasse sich entnehmen, dass jedenfalls in Fällen, in denen die Verwaltung lange Verfahrenslaufzeiten vor den Verwaltungsgerichten instrumentalisiere, ein Bedürfnis für die Anerkennung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unterhalb der Schwelle der Rehabilitationsinteresses (neu) anerkannt werden müsse. Der Verzögerungszeitraum bis zum Anerkenntnis des Beklagten habe sich nicht nur unerheblich auf die Rechtsstellung des Klägers bzw. seine Möglichkeit zur Berichterstattung ausgewirkt.
25Der Kläger hat seine ursprünglichen Anträge, die den erstinstanzlich gestellten Anträgen entsprachen, umgestellt und beantragt,
26unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 24.11.2016 festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten hatte, die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18.4.2013, schriftlich niedergelegt am 29.4.2013, und vom 8.1.2014, Az. 7 Sa 764/12, zur Entscheidungsdatenbank NRWE des Landes Nordrhein-Westfalen zwecks dortiger Veröffentlichung zu übermitteln,
27hilfsweise,
28festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 3.6.2014 rechtswidrig war und der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten hatte, die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18.4.2013, schriftlich niedergelegt am 29.4.2013, und vom 8.1.2014, Az.: 7 Sa 764/12, zur Entscheidungsdatenbank NRWE des Landes Nordrhein-Westfalen zur dortigen Veröffentlichung zu übermitteln.
29Der Beklagte beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Er führt aus, es fehle an einem Feststellungsinteresse, eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben. Diese setze die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen werde. Es handele sich aber um einen absoluten Ausnahmefall, in dem der Kläger und Klägervertreter eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens, der auch Alleingesellschafter und Geschäftsführer eines Verlags sei, die Veröffentlichung von zwei ihm bekannten Beschlüssen verlange. Zudem habe der Beklagte bereits erklärt, in seiner zukünftigen Verwaltungspraxis die Auslegung des Ministeriums der Justiz, die es in diesem Verfahren dargelegt habe, zu berücksichtigen. Danach werde geprüft, ob Verfahrensbeteiligte eine Veröffentlichung von für die Öffentlichkeit nicht relevanten Entscheidung aus rein individuellen Interessen begehrten und ob Hinweisbeschlüsse oder Vergleichsvorschläge, die auf den konkreten Einzelfall bezogen seien, Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung anderweitiger Sachverhalte entfalten könnten.
32In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Beklagten erklärt, seine bisherigen Erklärungen in diesem Verfahren seien so zu verstehen, dass künftig die Erlasslage zur Einstellung von Entscheidungen bei NRWE angewandt werden solle, so wie sie vom Ministerium klargestellt worden sei. Sodann hat der Kläger beantragt, Beweis zu erheben zu der Tatsache, dass es in der Geschichte der Datenbank NRWE des Landes Nordrhein-Westfalen keinen einzigen Präzedenzfall gegeben habe, wonach das Ansinnen eines Richters oder Staatsanwalts, eine gerichtliche Entscheidung bei NRWE einzustellen, abgelehnt worden sei. Diesen Beweisantrag hat der Senat als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Darauf hat der Kläger hilfsweise beantragt, Beweis zu erheben zu der Tatsache, dass das Land Nordrhein-Westfalen beim Aufsetzen der Datenbank NRWE und darüber hinaus bis heute gewollt habe bzw. wolle, dass Anfragen von Rechtsanwälten und/oder Journalisten zur Einstellung von gerichtlichen Entscheidungen ohne inhaltliche Prüfung der Veröffentlichungswürdigkeit gefolgt werde.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (zwei Bände) und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten (ein Hefter) Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe:
35Die Berufung hat keinen Erfolg.
36Die nach tatsächlicher Erledigung des Begehrens durch Einstellung der streitgegenständlichen Beschlüsse in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE umgestellte Klage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag unzulässig. Dabei kann auf sich beruhen, ob die Klage als Feststellungsklage (§ 43 VwGO) oder als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in entsprechender Anwendung) statthaft ist.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1995 ‒ 8 C 37.93 ‒, BVerwGE 100, 83 = juris, Rn. 21, zu einer entsprechenden Fallgestaltung.
38Denn dem Kläger fehlt bezogen auf den Haupt- und den Hilfsantrag, mit denen der Sache nach übereinstimmend geltend gemacht worden ist, der Kläger habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf Einstellung der gewünschten Entscheidungen in die Datenbank gehabt, jedenfalls das nach § 43 VwGO und nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gleichermaßen erforderliche Feststellungsinteresse.
39Ein Interesse an der begehrten Feststellung besteht vorliegend weder wegen einer Wiederholungsgefahr (unten I.) noch lässt es sich aus dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 2 VwGO i. V. m. § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG ableiten (unten II.).
40I. Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung in Gestalt einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
411. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie in dem für die Beurteilung der erledigten Maßnahme maßgeblichen Zeitpunkt.
42Ständige Rechtsprechung: vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.2013 – 3 C 6.12 –, NVwZ 2013, 1550 = juris, Rn. 13, m. w. N.
43Besteht dagegen nicht die konkret absehbare Möglichkeit, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme unter im Wesentlichen gleichartigen Verhältnissen zu Lasten des Antragstellers zu erwarten ist, oder ist dies gar völlig ungewiss, kann das Feststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1986 – 1 C 10.86 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 162 = juris, Rn. 11, und Beschluss vom 4.7.2019 ‒ 1 WNB 8.18 ‒, juris, Rn. 8.
45Gibt die konkret betroffene Behörde eindeutig zu erkennen, in Zukunft von einer entsprechenden Entscheidung unter Wiederholung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen, liegt keine Wiederholungsgefahr vor.
46Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 –, BVerfGE 110, 77 = juris, Rn. 44.
472. Gemessen hieran besteht keine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr. Dem Kläger droht weder absehbar die Ablehnung eines zukünftigen entsprechenden Antrags mit derselben oder einer im Wesentlichen vergleichbaren Begründung, wie sie der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid angeführt hatte, noch mit der Begründung, mit der der Beklagte im Berufungsverfahren zunächst im Ergebnis an seiner Entscheidung festgehalten hatte (unten a). Eine Wiederholungsgefahr kann der Kläger auch nicht darauf stützen, die angekündigte Verwaltungspraxis des Landesarbeitsgerichts entspreche nicht den Vorgaben des Ministeriums bzw. dessen Vorgaben entsprächen nicht höherrangigem Recht (unten b).
48a) Die schriftsätzlichen Erklärungen des Landesarbeitsgerichts im Berufungsverfahren, die in der mündlichen Verhandlung vom dort anwesenden Vertreter nochmals bestätigt und auf die Zweifel des Klägers klargestellt wurden, schließen die Annahme einer konkret absehbaren Möglichkeit aus, dass in naher Zukunft ein vergleichbarer Antrag des Klägers erneut mit der Begründung abgelehnt werden würde, die in dem Versagungsbescheid noch gegeben worden war. Dort hatte das Landesarbeitsgericht u. a. ausgeführt, es handele sich bei den streitgegenständlichen Beschlüssen bereits nicht um Entscheidungen. Von dieser Begründung hat sich das Landesarbeitsgericht zwischenzeitlich distanziert, indem es erklärt hat, künftig die Erlasslage zur Einstellung von Entscheidungen bei NRWE so anzuwenden, wie sie vom Ministerium klargestellt worden sei. In den Hinweisen des Ministeriums ist ausdrücklich klargestellt, dass es in der Verwaltungspraxis des Landes dabei keine grundsätzliche Beschränkung auf Entscheidungen gebe, durch die eine Instanz eines gerichtlichen Verfahrens abgeschlossen werde.
49Der Kläger kann auch nicht erfolgreich geltend machen, ihm drohe eine erneute Ablehnung eines Antrags auf Veröffentlichung von Zwischenentscheidungen des Landesarbeitsgerichts Köln, weil dieses nach der Einholung der Auskunft des Ministeriums der Justiz an der Ablehnung mit der Begründung festgehalten habe, die Einstellung der dem Kläger bereits bekannten Beschlüsse in NRWE sei von ihm aus rein individuellen Interessen begehrt worden. Diese Begründung beruht darauf, dass das Verfahren durch den Streit um die Bedeutung hier gegebener Besonderheiten des Einzelfalls gekennzeichnet war, deren konkrete Wiederholung sich in naher Zukunft nicht konkret abzeichnet: Der Kläger begehrte die Einstellung nicht verfahrensabschließender Zwischenentscheidungen in die Landesrechtsprechungsdatenbank NRWE; die Beschlüsse waren in einem Verfahren ergangen, in dem er selbst Kläger war, sie waren ihm als Verfahrensbeteiligtem also bereits bekannt und zudem schon in die Rechtsprechungsdatenbanken Juris und Beck-Online aufgenommen worden. Eine vergleichbare Konstellation ist nicht schon deshalb absehbar zu erwarten, weil der Kläger auch künftig über vor dem Landesarbeitsgericht geführte Verfahren berichten möchte und dieses sich eine einzelfallbezogene Prüfung des Veröffentlichungsinteresses vorbehalten hat. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger konkret absehbar in naher Zukunft unter vergleichbaren Umständen die Einstellung ihm bereits bekannter und schon anderweitig veröffentlichter Zwischenentscheidungen in die Datenbank begehren wird. Zudem kommen die Gerichte ausweislich der Auskunft, die der Kläger bereits im April 2014 beim Leiter der Verfahrenspflegestelle am Oberlandesgericht Köln eingeholt hat, Veröffentlichungsanfragen durch Einstellung angefragter Entscheidungen in die Datenbank NRWE in der Regel ohne Weiteres nach. Gemessen daran erscheint bereits der zwischen den Beteiligten entstandene Streit, worauf der Vertreter des Beklagten zutreffend hingewiesen hat, als absolute Ausnahmekonstellation, die keinen Schluss auf künftige Entwicklungen erlaubt. Erst recht ist angesichts der klarstellenden Protokollerklärung des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass Ablehnungsentscheidungen auch künftig die absolute Ausnahme sein werden und ebenso wie in diesem Streitfall auf Besonderheiten des Einzelfalls gestützt werden, für die eine Entscheidung über die bisherige Ablehnung in diesem Fall nicht hinreichend wahrscheinlich präjudiziell wäre. Denn die Prüfung, ob die Aufnahme einer Entscheidung in eine Datenbank aus rein persönlichen Interessen begehrt wird, die sich der Beklagte für die Zukunft vorbehalten hat, beruht stets auf einer Bewertung des Einzelfalls, in die sowohl der Inhalt der konkret in Rede stehenden Zwischenentscheidung als auch das jeweilige Vorbringen des Betroffenen einzustellen ist, die also für jeden Antrag neu getroffen werden muss.
50b) Ein Feststellungsinteresse unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr besteht entgegen der Annahme des Klägers auch nicht deshalb, weil es im Widerspruch zu höherrangigem Recht oder den Vorgaben des Ministeriums der Justiz stehen soll, wenn sich der Beklagte bei Anträgen von Verfahrensbeteiligten, begründete Zwischenentscheidungen in NRW einzustellen, eine Prüfung des Einzelfalls vorbehält. Eine gleichartige Maßnahme unter im Wesentlichen, also in entscheidungserheblichen Punkten gleichartigen Verhältnissen kann unter diesem Gesichtspunkt nur dann konkret zu befürchten sein, wenn bereits auf Grund dieses Prüfungsvorbehalts für die Zukunft auf der Grundlage einer ernsthaft in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlage der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bestehen und er deshalb Gefahr laufen könnte, schon durch eine solche Prüfung in seinen Rechten verletzt zu werden. Das ist jedoch nicht der Fall.
51Es fehlt an einer gesetzlichen Regelung, auf die der Kläger den bis zum Eintritt der Erledigung des Rechtsstreits geltend gemachten Anspruch auf die von ihm gewünschte Einstellung von kostenlos abzurufenden Gerichtsentscheidungen in die Rechtsprechungsdatenbank des Landes stützen könnte. Die höchstrichterliche Rechtsprechung leitet bei dieser Ausgangslage aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung eine Publikationspflicht der Gerichte gegenüber der Öffentlichkeit bezogen auf veröffentlichungswürdige Gerichtsentscheidungen ab. Hieraus können sich subjektive Ansprüche Einzelner gleichwohl nur dann ergeben, wenn sie sich aus einer zumindest auch den Interessen Einzelner dienenden Rechtsvorschrift herleiten lassen. Hier kommt ein Anspruch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht.
52Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 –, NJW 2015, 3708 = juris, Rn. 20; BVerwG, Urteil vom 26.2.1997 – 6 C 3.96 –, BVerwGE 104, 105 = juris, Rn. 22 ff., 28, 32 f.; BGH, Beschluss vom 5.4.2017 – IV AR (VZ) 2/16 –, NJW 2017, 1819 = juris, Rn. 16 f.
53aa) Die Argumentation des Klägers, die vom Beklagten angekündigte Verwaltungspraxis bzw. die Vorgaben des Ministeriums widersprächen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Publikationspflicht veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen, führt ausgehend davon nicht auf eine drohende Wiederholung unter im Wesentlichen gleichen Umständen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist und war allein der geltend gemachte Anspruch auf die Einstellung von Entscheidungen in die Rechtsprechungsdatenbank NRWE, der von der Erfüllung der rechtsstaatlichen Pflicht zur Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen zu unterscheiden ist, auf die es auch bis zum Eintritt der Erledigung nicht entscheidungserheblich ankam. Dies wäre nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz nur dann anders gewesen, wenn nach der allgemeinen Verwaltungspraxis der Gerichte in Nordrhein-Westfalen eine Verpflichtung zur Einstellung gerichtlichen Entscheidungen in die Landesrechtsprechungsdatenbank immer dann angenommen würde, wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Pflicht zur Publikation von Entscheidungen annehme, an denen ein öffentliches Interesse bestehe. Dies hat das Ministerium dem Senat auf seine entsprechende Anfrage gerade nicht bestätigt und damit deutlich gemacht, dass der rechtsstaatlichen Publikationspflicht der Gerichte nicht in allen Fällen durch Veröffentlichung in der kostenlos nutzbaren Landesrechtsprechungsdatenbank NRWE nachgekommen werden solle, zu deren Einrichtung und Betrieb das Land nicht verpflichtet ist. Es steht den Gerichten frei, ihrer Publikationspflicht ergänzend auch auf sonstigen hierfür offen stehenden Veröffentlichungswegen nachzukommen in Form etwa von Fachzeitschriften oder anderen juristischen Datenbanken.
54bb) Soweit der Kläger eine Gleichbehandlung aus ministeriellen Vorgaben für die Datenbank NRWE im Wege von Erlassen geltend macht, stehen ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften in Rede, die keiner eigenständigen Auslegung wie Rechtsnormen unterliegen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden sind.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2015 ‒ 10 C 15.14 ‒, BVerwGE 152, 211 = juris, Rn. 24.
56Dabei ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen auf den in der Verwaltungspraxis zum Ausdruck kommenden tatsächlichen Willen des Vorschriftengebers abzustellen.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.11.2018 – 4 A 2426/15 –, DVBl. 2019, 383 = juris, Rn. 67 f., 74 f., m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 25.2.1988 – 2 C 72.85 –, BVerwGE 79, 86 = juris, Rn. 18.
58Neben dem Willen des Erlassgebers ist maßgeblich auf die Verwaltungspraxis des Beklagten, also des Landes Nordrhein-Westfalen, abzustellen und es kommt nicht lediglich auf die Handhabung beim Landesarbeitsgericht Köln an.
59Soweit ein Handeln begehrt wird, ohne dass eine Gleichbehandlung gegenüber vergleichbaren Fallgestaltungen geltend gemacht wird, kann ausnahmsweise allenfalls dann ein subjektives Recht auf eine neue Entscheidung bestehen, wenn das begehrte Handeln unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr vertretbar oder in sonstiger Weise willkürlich abgelehnt worden ist.
60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.11.2018 – 4 A 2426/15 –, DVBl. 2019, 383 = juris, Rn. 74 ff., m. w. N.
61cc) Anhand dieser rechtlichen Maßstäbe droht konkret keine Situation, in der in vergleichbarer Weise wie bis zum Eintritt der Erledigung in diesem Verfahren ernsthaft darüber gestritten werden könnte, ob das Begehren des Klägers auf Einstellung landesarbeitsgerichtlicher Entscheidungen in die Rechtsprechungsdatenbank gemessen an der allgemeinen Verwaltungspraxis im Land gleichheitswidrig oder gar willkürlich abgelehnt worden sein könnte.
62Der Kläger gibt schon die Vorgaben des Ministeriums für die Verwaltungspraxis der Gerichte falsch wider, beschreibt also die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unrichtig, auf die sich die geltend gemachte Wiederholungsgefahr bezieht. Das Ministerium hat in seiner Auskunft an den Senat ausgeführt, bei Anfragen auf Veröffentlichung bestehe für das betreffende Gericht die Möglichkeit, einer Veröffentlichung entgegenzutreten. Sofern dieses die Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses zu entkräften vermöge, werde dies dem Antragsteller mitgeteilt. Dies sei allerdings in der Regel nur dann etwa der Fall, wenn die Entscheidung ohne inhaltliche Begründung geblieben sei oder [Hervorhebung nur hier] Verfahrensbeteiligte eine Veröffentlichung von für die Öffentlichkeit nicht relevanten Entscheidungen aus rein individuellen Interessen begehrten. Durch das „oder“ wird deutlich, dass das Ministerium der Justiz dem betroffenen Gericht ein Prüfungsrecht bei Entscheidungen mit inhaltlicher Begründung vorbehalten möchte. Indem der Beklagte davon auch künftig gegebenenfalls Gebrauch machen möchte, liegt nicht ansatzweise ein möglicherweise aus der hierfür maßgeblichen Verwaltungspraxis des Landes ableitbarer Gleichheitsverstoß, auf den es bis zum Zeitpunkt der Erledigung entscheidungserheblich hätte ankommen können und der deshalb die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigen könnte.
63Für eine Wiederholungsgefahr kann sich der Kläger insbesondere nicht darauf berufen, in einer inhaltlichen Prüfung, wie sie von dem Beklagten praktiziert und für die Zukunft angekündigt worden sei, liege eine Ungleichbehandlung gegenüber Richtern oder Staatsanwälten, auf deren Anregung Entscheidungen stets ohne inhaltliche Prüfung in NRWE eingestellt würden. Hiermit begehrt er der Sache nach eine Änderung der Verwaltungspraxis für die Zukunft, zeigt aber keine Wiederholungsgefahr vergleichbarer Ablehnungen wie bisher auch in der Zukunft auf. Allein daraus, dass bei Anforderung von Entscheidungen durch Verfahrensbeteiligte nach der Verwaltungspraxis des Beklagten eine inhaltliche Prüfung der Veröffentlichungswürdigkeit im Einzelfall künftig vorbehalten bleiben soll, kann noch nicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung der Ablehnung unter gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse abgeleitet werden. Eine Ungleichbehandlung oder gar Willkür, die insoweit zudem bis zum Eintritt der Erledigung nicht einmal geltend gemacht worden war, liegt darin schon deshalb nicht, weil es angesichts der Pflicht der Beklagten, eine „amtliche Auswahl“ veröffentlichungswürdiger Entscheidungen zu treffen, sachgerecht ist, auf die Sicht des mit der Materie befassten Richters und nicht ohne Weiteres auf diejenige eines Verfahrensbeteiligten abzustellen, selbst wenn er als Interessenvertreter zugleich Organ der Rechtspflege und publizistisch tätig ist.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.2.1997 – 6 C 3.96 –, BVerwGE 104, 105 = juris, Rn. 29.
65Damit kam es auf die in der mündlichen Verhandlung formulierte Beweistatsache nicht an, dass es in der Geschichte der Datenbank NRWE des Landes Nordrhein-Westfalen keinen einzigen Präzedenzfall gegeben habe, wonach das Ansinnen eines Richters oder Staatsanwalts, eine gerichtliche Entscheidung bei NRWE einzustellen, abgelehnt worden sei. Den Beweisantrag konnte der Senat deshalb in entsprechender Anwendung von § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO ablehnen.
66Der durch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag zum Ausdruck gebrachten Anregung der weiteren Erforschung des Sachverhalts,
67vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.2010 – 10 B 22.10 u. a. –, juris, Rn. 10, m. w. N.,
68dazu, dass das Land Nordrhein-Westfalen beim Aufsetzen der Datenbank NRWE und darüber hinaus bis heute gewollt habe bzw. wolle, Anfragen von Rechtsanwälten und/oder Journalisten zur Einstellung von gerichtlichen Entscheidungen solle ohne inhaltliche Prüfung der Veröffentlichungswürdigkeit gefolgt werden, muss der Senat schon deshalb nicht nachkommen, weil für die von dem Kläger aufgestellte Behauptung nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.
69Ständige Rechtsprechung: vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.8.2017 – 9 B 4.17 –, juris, Rn. 6, m. w. N.
70Den Erlassen, die der Kläger oder der Beklagte in das Verfahren eingeführt haben, sowie den sonstigen aktenkundigen Informationen zur maßgeblichen Verwaltungspraxis des Landes lässt sich kein Anhaltspunkt in dieser Richtung entnehmen, der die angeregte weitere Aufklärung gebieten könnte. Der Senat hatte dem Ministerium der Justiz bereits den dem Streitfall zu Grunde liegenden Sachverhalt bei der Anfrage ausführlich geschildert. Trotz Kenntnis davon, dass der Kläger Rechtsanwalt und Journalist ist, hat das Ministerium bei Anträgen von Verfahrensbeteiligten auf die Veröffentlichungen von Zwischenentscheidungen in NRWE dem betroffenen Gericht ein Prüfungsrecht zugebilligt. Handelt es sich also um eine „ins Blaue hinein“ aufgestellte Behauptung, bedarf es erst recht keiner erneuten Anfrage ergänzend zu der bereits eingeholten amtlichen Information.
71II. Ein Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 173 Satz 2 VwGO i. V. m. § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG ableiten.
72§ 198 Abs. 4 Satz 1 GVG steht im Kontext der Regelungen zur Entschädigung wegen der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens (§§ 198 ff. GVG). Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird derjenige, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen entschädigt. Gemäß § 198 Abs. 2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann eine Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Nach Absatz 4 der Vorschrift ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war.
73Zur Begründung des Feststellungsinteresses gibt die Vorschrift schon deshalb nichts her, weil sie, wie der Kläger selbst ausführt, nur die Feststellung der unangemessenen Verfahrenslänge zum Gegenstand hat. Sie regelt weder ausdrücklich noch dem Rechtsgedanken nach, dass nach Erledigung eines Verfahrens nach langer Dauer schon wegen dieser Dauer ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung der früheren Berechtigung des zuvor geltend gemachten Klagebegehrens besteht. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass durch den Entschädigungsanspruch das Rechtsschutzproblem bei überlanger Verfahrensdauer abschließend gelöst werden sollte. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass durch die Regelung eine Regelungslücke im Sinne einer Analogievoraussetzung nicht mehr bestehe und der Rechtsschutz wegen unangemessener Verfahrensdauer einheitlich und ausschließlich durch einen außerhalb des Ausgangsverfahrens zu verfolgenden Anspruch gewährt werde.
74Vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 16.
75Der Kläger kann ein Feststellungsinteresse auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte die langen Verfahrenslaufzeiten vor den Verwaltungsgerichten instrumentalisiert habe und deshalb ein Bedürfnis für die Anerkennung eines Feststellungsinteresses unterhalb der Schwelle der Rehabilitationsinteresses bestehe. Es ist schon nicht zu erkennen, dass der Beklagte das Verfahren gezielt verzögert hat. Er hat im Verwaltungsverfahren die Anfragen und Anträge des Klägers zeitnah beantwortet und beschieden. Dass er sich im Gerichtsverfahren erst spät bereit erklärt hat, die streitgegenständlichen Entscheidungen an NRWE zu übermitteln, bietet keinen Hinweis darauf, dass er Verfahrenslaufzeiten instrumentalisieren wollte, zumal die Klage in erster Instanz als unzulässig abgewiesen worden war.
76Auf das aus Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitete Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit kann der Kläger sich zur Begründung der von ihm geltend gemachten Fallgruppe ebenfalls nicht stützen. Der Kläger wünscht letztlich eine Kompensation für die eingetretenen Verzögerungen in Form einer materiellen Überprüfung des erledigten Sachverhalts. Diese ist weder einfachgesetzlich vorgesehen noch wird eine Kompensation in dieser Form in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gefordert.
77Vgl. EGMR, Urteil vom 8.6.2006 – 75529/01 (Sürmeli ./. Deutschland) –, NJW 2006, 2389, Rn. 98 f.; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu §§ 198 ff. GVG, BT-Drs. 17/3802, S. 15 f.
78Für die von ihm geltend gemachte Fallgruppe des Feststellungsinteresses kann der Kläger sich auch nicht auf das Recht auf effektiven Rechtsschutz stützen. Der Kläger hat sein Klageziel letztlich voll erreicht und ist durch die bisherige Ablehnung nicht fortwährend belastet. Angesichts dessen, dass ihm die Entscheidungen bekannt waren, deren Einstellung er in die Rechtsprechungsdatenbank des Landes erstreiten wollte, ging es auch nicht um einen Fall eines gewichtigen Grundrechtseingriffs.
79Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 –, BVerfGE 110, 77 = juris, Rn. 27 f.
80III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
81Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
82Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter der
83B e s c h l u s s :
84Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG.
85Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).