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Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 30.4.2018 geändert.
Es wird festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid vom 29.6.2017 rechtswidrig war und die Beklagte vor Beginn der Dürener Annakirmes 2017 verpflichtet war, den Antrag der Klägerin auf Zulassung ihres Geschäfts „Breakdance No. 1“ neu zu bescheiden.
Die Beklagte und die Beigeladene tragen von den Kosten des Verfahrens beider Instanzen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und die Beigeladene dürfen die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin die Zulassung zur vom 29.7. bis 6.8.2017 veranstalteten Dürener Annakirmes 2017 versagen durfte.
3Die Klägerin ist Schaustellerin und betreibt das Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“. Entsprechend der Ausschreibung der Veranstaltung in der Fachzeitschrift „Der Komet“ bewarb sie sich im Herbst 2016 bei der Beklagten für die Zulassung zur Annakirmes 2017. Die Beigeladene bewarb sich mit ihrem Fahrgeschäft „Break Dancer No. 2“ ebenfalls um einen Standplatz auf der Annakirmes.
4In einer Sitzung im Dezember 2016 entschied der nach § 11 Nr. 1 Satz 2 der Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse des Rates der Stadt Düren zuständige Steuerausschuss des Rates der Beklagten über die Zulassungen für die Kirmes. Es wurde entschieden, insgesamt sieben Rundfahrgeschäfte zuzulassen und das Geschäft der Klägerin dabei nicht zu berücksichtigen, sondern stattdessen der Beigeladenen eine Zulassung zu erteilen. Die Beschlussvorlage der Verwaltung hatte vorgesehen, dem Geschäft der Klägerin den Vorzug zu geben, weil beide Fahrgeschäfte gleich attraktiv seien und die einwandfreie Betriebsführung und persönliche Zuverlässigkeit der Klägerin aufgrund ihrer langjährigen Teilnahme an der Annakirmes bekannt sei. Dies wurde mit den Stimmen der Vertreter der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linken und FDP mehrheitlich abgelehnt.
5Mit Bescheid vom 11.1.2017 lehnte die Beklagte die Zulassung der Klägerin ab. Dies begründete sie damit, dass mehr Bewerbungen eingegangen seien, als Stellplätze zur Verfügung stünden und deshalb einzelne Bewerber von der Teilnahme auszuschließen seien. Diese Entscheidung sei anhand der Richtlinien für die Zulassung zur Dürener Annakirmes vom 15.1.1988 in der Fassung vom 8.12.2012 (Zulassungsrichtlinien) getroffen worden. Die Geschäfte seien so über die gesamte Veranstaltungsfläche der Kirmes zu verteilen, dass ein attraktives und ausgewogenes Platzbild entstehe. Die Zulassung der Geschäfte orientiere sich maßgeblich an den Wünschen der Platzbesucher. Ziel sei es, möglichst viele Menschen für die Veranstaltung zu interessieren und ihnen ein nachhaltiges Kirmeserlebnis zu bieten, damit sie zu weiteren Besuchen der Veranstaltung animiert würden und in ihrem Bekanntenkreis Interesse für die Annakirmes weckten. Der für die Vergabe der Standplätze zuständige Steuerausschuss habe entschieden, dass ein Fahrgeschäft des Typs „Break Dance“ zugelassen werden solle, und sei mehrheitlich zu der Entscheidung gekommen, dass das baugleiche Geschäft eines Mitbewerbers attraktiver sei.
6Die Klägerin erhob dagegen die zwischenzeitlich erledigte Klage 3 K 830/17 (VG Aachen) und stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (3 L 437/17, VG Aachen). Mit Beschluss vom 6.6.2016 verpflichtete das Verwaltungsgericht Aachen die Beklagte, über den Zulassungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die zu ihren Lasten getroffene Auswahlentscheidung an einem rechtlich relevanten Begründungs- und Ermessensdefizit leide. Sie sei nicht hinreichend nachvollziehbar und transparent und damit gerichtlich nicht überprüfbar. Es sei versäumt worden, die Gesichtspunkte offen zu legen, die bei der Entscheidung über die Attraktivität der Geschäfte eine Rolle gespielt hätten.
7Daraufhin entschied der Steuerausschuss des Rates der Beklagten am 22.6.2017 erneut über die Zulassung der Klägerin zur Annakirmes 2017 und lehnte eine Zulassung wiederum mehrheitlich ab. Im Sitzungsprotokoll wird ausgeführt, dass das Fahrgeschäft der Beigeladenen unter Berücksichtigung aller Aspekte, insbesondere der besseren Beleuchtung und der anderen Gondelgestaltung, die erste Wahl sei. Der Breakdancer der Klägerin zeige sich seit Jahren unverändert. Es gebe definitiv zahlreiche modernere Breakdancer in Deutschland. In der Bewerbung würden unzählige Lampen in LED-Technik angeführt. Dies sei nicht ganz korrekt. Das Fahrgeschäft besitze nach wie vor an den Dekorationen alte Glühbirnen in den Kappenlampen. Ein modernes und zeitgemäßes Geschäft setze ausschließlich auf LED/RGB-Technik und die damit verbundenen Lichteffekte. Das Fahrgeschäft der Beigeladenen habe neueste LED/RGB-Technik. Es sei bereits durch die damit möglichen Lichteffekte eine Attraktion für die Annakirmes. Besonders betont und wiederholt wurde, die Klägerin sei auch deshalb nur zweite Wahl, weil sie sich nicht um einen Standplatz auf der Annakirmes bewerbe, wenn gleichzeitig die Düsseldorfer Rheinkirmes stattfinde. Ein Geschäft, für das die Annakirmes nur zweite Wahl sei, sollte auch bei der Auswahlentscheidung nur zweite Wahl sein. Der Umstand, dass eine Gondel der Beigeladenen die Form einer Kuh habe, sei sicherlich für viele Kirmesbesucher interessant, aber nicht ausschlaggebend für die Auswahlentscheidung.
8Die erneute Ablehnung wurde der Klägerin mit Bescheid vom 29.6.2017 mitgeteilt. In dem Bescheid wird die Ablehnung damit begründet, dass das Fahrgeschäft der Beigeladenen aufgrund der aktuelleren Optik und Beleuchtung sowie der außergewöhnlichen Gestaltung einer der Gondeln als attraktiver eingestuft worden sei.
9Daraufhin erklärte die Klägerin ihre ursprünglich erhobene Klage (3 K 830/17, VG Aachen) für erledigt und stellte einen neuen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (3 L 1056/17, VG Aachen).
10Am 11.7.2017 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
11Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18.7.2017 abgelehnt, der Beklagten jedoch die Kosten auferlegt. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfahrensfehler, die der Beklagten bei der Vergabe der Standplätze für die Annakirmes 2017 unterlaufen seien, sich durch eine weitere Bescheidung des Zulassungsbegehrens der Klägerin nicht mehr rechtzeitig vor Beginn der Kirmes beheben ließen. Es fehle zwar nach wie vor an einer Verteilungsentscheidung, die den rechtlichen Anforderungen an Transparenz und Nachvollziehbarkeit genüge. Angesichts der in wenigen Tagen beginnenden Veranstaltung könne die Auswahl aber nicht ein weiteres Mal wiederholt werden. Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde (4 B 849/17) mit dem Ziel, das Fahrgeschäft der Klägerin zuzulassen, hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 21.7.2017 zurückgewiesen und ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass das Fahrgeschäft der Klägerin dem Fahrgeschäft der Beigeladenen eindeutig vorzuziehen sei. Die Annakirmes 2017 hat nachfolgend ohne Beteiligung der Klägerin stattgefunden.
12Sodann hat die Klägerin ihre Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die ursprüngliche Verpflichtungsklage habe sich aufgrund des Zeitablaufs erledigt, sie habe aber ein Interesse an der Feststellung, dass die Ablehnungsentscheidung vom 29.6.2017 rechtswidrig gewesen sei. Sie beabsichtigte, sich auch in Zukunft um einen Standplatz auf der Annakirmes zu bewerben, und müsse befürchten, dass ihre Bewerbungen wiederum mit der gleichen Begründung abgelehnt würden. Zudem könne sie den entgangenen Gewinn als Schadensersatz geltend machen. Die Klage sei auch begründet. Bei unvoreingenommener Betrachtung sei das Fahrgeschäft der Klägerin deutlich attraktiver als dasjenige der Beigeladenen. Der Beklagten sei es zu keinem Zeitpunkt um einen echten Attraktivitätsvergleich gegangen, sondern nur darum, die nicht sachgerechten Wünsche des Vorsitzenden des Steuerausschusses umzusetzen. Dies zeige sich auch an der – vor dem Hintergrund ihrer eigenen Zulassungsrichtlinien unrechtmäßigen – Einschätzung der Beklagten, die Bewerbung der Klägerin könne auch deshalb abgelehnt werden, weil die Annakirmes für sie nur die „zweite Wahl“ sei.
13Die Klägerin hat ihre ursprünglichen Anträge, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 29.6.2017 zu verpflichten, ihr mit ihrem Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“ zur Annakirmes 2017 eine Zulassung zu erteilen, hilfsweise, ihre Bewerbung mit ihrem Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“ um einen Standplatz auf der Annakirmes 2017 gem. § 70 Abs. 3 GewO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bis zu einem vom Gericht festzusetzenden Zeitpunkt erneut zu bescheiden, umgestellt und beantragt,
14festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 29.6.2017 rechtswidrig ist.
15Die Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass eine unzulässige Klageänderung vorliege. Der Feststellungsantrag beziehe sich nicht auf den Zugangsanspruch, sondern auf die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides. Zwar hätte der Erfolg der ursprünglichen Klage der Feststellung bedurft, dass die Ablehnung der Zulassung der Klägerin rechtswidrig war, diese wäre jedoch nicht Bestandteil der gerichtlichen Entscheidung geworden. Darüber hinaus wichen die maßgeblichen Entscheidungszeitpunkte beider Klagebegehren voneinander ab. Außerdem sei die Klage mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Insbesondere bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil sie – die Beklagte – die in den zur Annakirmes geführten Eilverfahren dargelegte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts in den nächsten Jahren berücksichtigen und ihren Entscheidungen über die Platzvergabe zugrunde legen werde. Darüber hinaus seien auch die Vergabeentscheidungen in den vergangenen Jahren nicht zu beanstanden gewesen, so dass nicht zu befürchten sei, dass sich diese in Zukunft wiederholen würden. Weiter liege kein Präjudizinteresse vor. Ein solches sei nur gegeben, wenn die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ernstlich beabsichtigt und nicht völlig aussichtslos sei. Dies sei nicht der Fall, weil die Klägerin weder hinreichend dargelegt habe, dass ihr überhaupt ein Schaden entstanden sei, noch in welcher Höhe ein solcher bestehe. Selbst wenn die Entscheidung ermessensfehlerhaft getroffen worden sei, bleibe offen, ob die Klägerin bei einer ermessensgerechten Entscheidung hätte berücksichtigt werden müssen.
18Die Klage sei auch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 29.6.2017 sei rechtmäßig gewesen und habe die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Auswahlentscheidung sei auf Basis der Zulassungsrichtlinien erfolgt. Danach sei grundsätzlich anhand der Attraktivität zwischen konkurrierenden Bewerbungen zu entscheiden, Nr. 5.1.2 der Richtlinien. Die Bewertung der Attraktivität beinhalte subjektive Einschätzungen, die nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar seien. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 22.6.2017 habe die Mehrheit des Steuerausschusses die Beleuchtung und die Lichteffekte des Fahrgeschäfts der Beigeladenen als attraktiver eingestuft. Außerdem sei der humoristische Aspekt der Kuh-Gondel positiv gewertet worden. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Steuerausschuss angesichts der Vielzahl der Bewerber im Rahmen des Attraktivitätsvergleichs auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränke. Im Rahmen der Sitzung am 22.6.2017 seien die schon zuvor relevanten Punkte, die zur ersten Vergabeentscheidung geführt hätten, aufgearbeitet und in einer den rechtlichen Anforderungen entsprechenden Weise protokolliert worden.
19Die Beigeladene hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Während des erstinstanzlichen Verfahrens sind die Auswahlentscheidungen für die Annakirmes 2018 getroffen worden. Die Klägerin hat sich erneut um einen Standplatz beworben. Der Steuerausschuss der Beklagten hat in seiner Sitzung am 19.12.2017 mehrheitlich entschieden, der Klägerin auch für dieses Jahr keine Zusage zu erteilen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls ist die Ausschussmehrheit wiederum der Auffassung gewesen, dass dem Fahrgeschäft der Beigeladenen der Vorzug zu geben sei. Hervorgehoben wurden dabei die gute Ausstattung mit neuester LED-Technik sowie kirmestypischer Dekoration und Bemalung sowie die ausgefallene Gondel im Kuh-Design. Bezüglich der Hinweise der Verwaltung, dass das Personal der Beigeladenen bei der letzten Annakirmes mehrere weibliche Fahrgäste verbal sexuell belästigt habe und sich bei dem Fahrgeschäft der Beigeladenen ein Bauteil gelöst und einen Fahrgast verletzt habe, hat der Steuerausschuss keinen Aufklärungsbedarf gesehen. In dem Ablehnungsbescheid wird mitgeteilt, dass der Steuerausschuss den Breakdancer eines Mitbewerbers mehrheitlich als attraktiver angesehen habe.
22Mit Urteil vom 30.4.2018 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin fehle. Ein Rehabilitationsinteresse liege nicht vor, weil eine verweigerte Kirmeszulassung nicht zu einem stigmatisierenden Nachteil habe führen können, der allein durch gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit ausgeglichen werden könne. Eine Wiederholungsgefahr sei ebenfalls nicht gegeben, weil nicht ersichtlich sei, dass eine Auswahlentscheidung für die künftige Veranstaltung der Annakirmes zu denselben streiterheblichen Fragen bei der Herstellung eines Attraktivitätsvergleichs mit dem im Jahr 2017 zugelassenen Mitbewerber führen werde. Schließlich hat das Verwaltungsgericht ein Präjudizinteresse verneint und dazu ausgeführt, dass bereits bei überschlägiger Prüfung die Annahme gerechtfertigt sei, dass der gegen die Beklagte beabsichtigte Amtshaftungsprozess aussichtslos sei. Im Rahmen eines rechtmäßigen Alternativverhaltens sei es möglich gewesen, die Auswahlentscheidung zur Standplatzvergabe nach dem maßgeblichen Kriterium der Attraktivität rechtsfehlerfrei zulasten der Klägerin zu treffen. Deshalb sei der für einen Amtshaftungsanspruch erforderliche Verursachungszusammenhang zwischen Behördenhandeln und Schaden nicht erkennbar.
23Am 13.7.2018 hat die Beklagte die Richtlinien für die Zulassung zur Dürener Annakirmes novelliert. In Nr. 5.1.2 der Richtlinien findet sich weiterhin die Regelung, wonach besonders attraktive Geschäfte anderen Bewerbern der gleichen Branche bzw. Untergruppierung vorzuziehen sind.
24Mit Beschluss vom 18.7.2018 (3 L 823/18) hat das Verwaltungsgericht Aachen die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über den Antrag der Klägerin mit ihrem Geschäft zur Annakirmes 2018 zugelassen zu werden, erneut zu entscheiden. Die Beklagte habe bereits versäumt, alle für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte aufzuklären und zu bewerten. Den weitergehenden Antrag, die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Standplatz zu erteilen, hat das Verwaltungsgericht mangels Ermessensreduzierung auf Null abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin (4 B 1039/18) hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 25.7.2018 zurückgewiesen und darauf hingewiesen, es spreche viel dafür, dass die fehlerhafte Auswahlentscheidung nach erneuter Befassung des Steuerausschusses am 24.7.2018 nunmehr auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhe.
25Die Bewerbung der Klägerin um einen Standplatz auf der Annakirmes 2019 ist mit Bescheid vom 29.1.2019 erneut abgelehnt worden. Der Steuerausschuss der Beklagten hatte auf seiner Sitzung am 22.11.2018 wiederum mehrheitlich entschieden, dem Fahrgeschäft der Beigeladenen dem Vorzug zu geben und zur Begründung auf die bessere Ausstattung und Gestaltung verwiesen.
26Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie macht geltend, der Streitgegenstand sei nicht unzulässig ausgetauscht worden. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung der Beklagten entspreche dem ursprünglichen Begehren auf Neubescheidung. Die Wiederholungsgefahr könne nicht deshalb verneint werden, weil sich das Bewerberfeld ändern könne. Maßgeblich gehe es vorliegend um die Art und Weise der Entscheidungsfindung der Beklagten und erst in zweiter Linie um einen Vergleich zwischen zugelassener und zurückgewiesener Bewerberin. Sie habe auch 2018 und 2019 keine Zulassung zur Annakirmes erhalten. Entgegen der Behauptung der Beigeladenen habe sie ihr Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“ nicht zwischenzeitlich verkauft. Im Hinblick auf das Präjudizinteresse dürfe nicht pauschal unterstellt werden, dass ein Amtshaftungsprozess aussichtslos wäre, ohne die Attraktivitätsbewertungen inhaltlich zu überprüfen. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei außerdem schon deshalb zu bejahen, weil eine Überprüfung im Hauptsacheverfahren aufgrund der typischerweise kurzfristigen Erledigung der Streitsache anderenfalls nicht möglich wäre. Die Klage sei auch begründet. Die Bewertung der beiden Konkurrenten durch die Beklagte sei grob ermessensfehlerhaft erfolgt. Ihr Fahrgeschäft hätte zwingend als attraktiver eingestuft werden müssen. Indem die Auswahlentscheidung darauf gestützt worden sei, dass die Annakirmes für sie angeblich nur „zweite Wahl“ sei, habe ein sachfremdes Kriterium Eingang in die Auswahlentscheidung der Beklagten gefunden, das keine Grundlage in den Zulassungsrichtlinien finde. Dies stelle einen schwerwiegenden Ermessensfehlgebrauch dar und rechtfertige bereits für sich allein genommen die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 29.6.2017.
27Die Klägerin beantragt nach Anregung des Gerichts,
28unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Aachen vom 30.4.2018 festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 29.6.2017 rechtswidrig war und die Beklagte vor Beginn der Dürener Annakirmes 2017 verpflichtet war, den Antrag auf Zulassung des Geschäfts "Breakdance No. 1" neu zu bescheiden.
29Die Beklagte beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Sie widerspreche der aus ihrer Sicht im erstinstanzlichen Antrag liegenden Klageänderung. Der Klägerin fehle darüber hinaus das Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein Präjudizinteresse könne mangels Ermessensreduzierung auf Null nicht bestehen. Das Fehlen der Wiederholungsgefahr zeige sich daran, dass die Klägerin im Eilverfahren zur Annakirmes 2018 verloren habe und im Jahr 2019 nur ein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht habe. Die Klage sei auch unbegründet. Die Bewertung der Attraktivität der konkurrierenden Fahrgeschäfte beinhalte subjektive Elemente. Die für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte seien in dem Protokoll der Steuerausschusssitzung vom 22.6.2017 offengelegt worden.
32Die Beigeladene beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Sie macht geltend, der Klägerin fehle das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass eine Wiederholungsgefahr nicht anzunehmen sei, weil sich die für den Attraktivitätsvergleich maßgeblichen Umstände von Jahr zu Jahr änderten. Zum Beispiel nehme sie selbst ständig attraktivitätssteigernde Veränderungen an ihrem Fahrgeschäft vor. Außerdem seien die Zulassungsrichtlinien der Beklagten zwischenzeitlich geändert worden und habe sie erfahren, dass die Klägerin das Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“ nicht mehr betreibe. Ein Präjudizinteresse bestehe bereits deshalb nicht, weil das Geschäft der Klägerin keine derart herausragende Attraktivität aufweise, dass es sich gegenüber den Geschäften konkurrierender Bewerber zwingend als vorzugswürdig hätte erweisen müssen. Die Klägerin habe zudem nicht hinreichend dargelegt, dass und in welcher Höhe ihr ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei.
35Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (fünf Bände) und der beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts Aachen zu dem erledigten Hauptsacheverfahren (3 K 830/17) und den beiden Eilverfahren (3 L 437/17, 3 L 1056/17) sowie der auch zu diesem Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten zum Verfahren 4 A 2129/18 (fünf Hefter und drei Ordner) Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe
37Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu unten I.) und begründet (dazu unten II.).
38I. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft (dazu unten 1.) und auch im Übrigen zulässig (dazu unten 2.).
391. Nachdem sich das ursprüngliche auf die Zulassung zur Annakirmes 2017 gerichtete Verpflichtungsbegehren (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) erledigt hat, kann die Klägerin ihre Klage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterführen. In der Umstellung des Klageantrags liegt keine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO, sondern lediglich eine Einschränkung des Klageantrags gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO. Für die Zulässigkeit der Antragsumstellung genügt es, dass nach Klageerhebung spätestens mit der Durchführung der Annakirmes 2017 ein das Verpflichtungsbegehren erledigendes Ereignis eingetreten ist.
40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.1.2015 - 4 B 42.14 -, SächsVBl. 2015, 164 = juris, Rn. 8 f.
41Bestandteil des Streitgegenstands der umzustellenden Verpflichtungsklage ist die Feststellung, dass die Weigerung der Behörde in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, die Rechtsordnung verletzt, nicht aber die Feststellung, dass der Verwaltungsakt, in dem die Ablehnung nach außen Gestalt gefunden hat, rechtswidrig ist.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.2007 - 3 C 8.06 -, BVerwGE 129, 27 = juris, Rn. 18.
43Nach Erledigung wird die Umstellung auf ein statthaftes Fortsetzungsfeststellungsbegehren nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber auch dadurch zulässigerweise zum Ausdruck gebracht, dass der Antrag dahingehend umgestellt wird, es werde die Feststellung der Rechtswidrigkeit des ablehnenden Bescheids begehrt.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.1994 - 11 C 60.92 -, DVBl. 1994, 1192 = juris, Rn. 7 f.
45Maßgeblich für die Zulässigkeit der Weiterführung des Verfahrens mit dem Antrag, der ablehnende Bescheid sei rechtswidrig gewesen, ist grundsätzlich, dass sich der für eine solche Feststellung maßgebliche Zeitpunkt mit dem des bisherigen Verpflichtungsbegehrens im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses deckt und der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht über den ursprünglichen Streitgegenstand hinausgeht.
46Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.1.2015 - 4 B 42.14 -, SächsVBl. 2015, 164 = juris, Rn. 8, Urteile vom 24.1.1992 - 7 C 24.91 -, BVerwGE 89, 354 = juris, Rn. 8, und vom 16.5.2007 - 3 C 8.06 -, BVerwGE 129, 27 = juris, Rn. 13 ff.
47Sowohl der im Berufungsverfahren auf Anregung des Gerichts gestellte Antrag der Klägerin festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid rechtswidrig und die Beklagte vor Beginn der Annakirmes 2017 verpflichtet war, den Antrag auf Zulassung neu zu bescheiden, als auch die in der ersten Instanz formulierte Fassung des Klageantrags festzustellen, dass der Bescheid rechtswidrig ist, beinhalten keine Änderung des Streitgegenstands gegenüber der ursprünglichen Verpflichtungsklage. Nach dem für die Auslegung des Klageantrags jeweils maßgeblichen Begehren der Klägerin (§ 88 VwGO) ist und war der Antrag der Sache nach jeweils auf die Feststellung gerichtet, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Zulassungsantrag hatte. Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren bereits schriftsätzlich klargestellt, dass ihr Feststellungsbegehren dem ursprünglichen Begehren auf Neubescheidung entspricht.
48Selbst wenn in dem nach Anregung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Feststellungsantrag gegenüber dem erstinstanzlich gestellten Antrag eine Klageänderung liegen sollte, wäre diese jedenfalls sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO. Sie diente der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren und der Streitstoff bliebe bezogen auf die ursprüngliche Verpflichtungsklage im Wesentlichen derselbe.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.8.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 = juris, Rn. 22.
502. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in Gestalt einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
51Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie in dem für die Beurteilung der erledigten Maßnahme maßgeblichen Zeitpunkt.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.2013 - 3 C 6.12 -, NVwZ 2013, 1550 = juris Rn. 13, m. w. N.
53Ist gerichtlicher Eilrechtsschutz erlangt worden, bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass Behörden sich nicht an den in vorangegangenen Eilverfahren vorgenommenen gerichtlichen Bewertungen ausrichten werden, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn, die konkret betroffene Behörde hat eindeutig erkennen lassen, von einer Wiederholung der Verwendung der angegriffenen von ihr ursprünglich gegebenen Begründung der streitgegenständlichen Entscheidung in Zukunft absehen zu wollen.
54Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 = juris, Rn. 44.
55Die Klägerin beabsichtigt, sich auch in Zukunft um einen Standplatz auf der Annakirmes zu bewerben. Sie muss befürchten, erneut mit der Begründung abgelehnt zu werden, dass ihr Geschäft wegen der Bevorzugung der Düsseldorfer Rheinkirmes und der größeren Attraktivität des Fahrgeschäfts der Beigeladenen nur zweite Wahl sei. Die Beklagte verteidigt ihre entsprechende Auswahlentscheidung vom 29.6.2017 und hat die Bewerbungen der Klägerin für die Annakirmes 2018 und 2019 erneut mit der Begründung abgelehnt, dass das Geschäft der Beigeladenen attraktiver sei.
56Auch wenn sich das Bewerberfeld und die für den Attraktivitätsvergleich maßgeblichen Gesichtspunkte in den kommenden Jahren ändern können, besteht damit die konkrete Gefahr, dass künftige Zulassungsentscheidungen unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ergehen werden. Die Erwägung, dass die Klägerin nur zweite Wahl sei, weil sie sich nicht durchgängig für einen Standplatz auf der Annakirmes beworben habe, hat der Steuerausschuss in den Jahren 2018 und 2019 zwar nicht angeführt, aber sie könnte unabhängig von den möglichen Vorzügen eines Mitbewerbers stets herangezogen werden, um den Zulassungsantrag der Klägerin abzulehnen. Die Beklagte hat sich zu keinem Zeitpunkt von dieser Begründung distanziert, sondern die Entscheidung vom 29.6.2017 ausdrücklich verteidigt. Die Beklagte hat außerdem durchgängig an ihrer Bewertung festgehalten, dass ein großes Fahrgeschäft vom Typ „Breakdancer“ zur Kirmes zugelassen werden soll, weil es als besonders attraktiv im Sinne der Zulassungsrichtlinien anzusehen sei. Es ist daher zu erwarten, dass auch in den Folgejahren wieder eine gleichartige Auswahlentscheidung zwischen den Fahrgeschäften der Klägerin und der Beigeladenen getroffen werden wird. Den vorgelegten Sitzungsprotokollen des Steuerausschusses vom 19.12.2017 und 22.11.2018 lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte ihre Entscheidungsmaßstäbe insoweit geändert hätte. Der Steuerausschuss hat nicht dargelegt, welche Bewertungsmaßstäbe bestehen, sondern sich darauf beschränkt, einzelne Merkmale der Geschäfte der Klägerin und der Beigeladenen aufzuzählen. Eine nachvollziehbare und transparente Entscheidungspraxis lässt sich in diesem Fall daraus schon deshalb nicht ableiten, weil dabei nicht in nachvollziehbarer Weise begründet wird, aus welchem Grund den Hinweisen auf negative Vorfälle beim Geschäftsbetrieb der Beigeladenen ohne Inanspruchnahme der Gerichte zunächst nicht weiter nachgegangen wurde. Eben diese fehlende Nachvollziehbarkeit der Auswahlentscheidung wurde bereits in den Eilverfahren zur Annakirmes 2017 und 2018 sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom erkennenden Senat beanstandet.
57Die Neufassung der Zulassungsrichtlinien vom 13.7.2018 lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Die Regelung zum Attraktivitätsvergleich in Nr. 5.1.2 der Richtlinien, auf die die Beklagte die streitige Ablehnungsentscheidung gestützt hat, ist im Wesentlichen unverändert geblieben.
58Es kann daher an dieser Stelle dahinstehen, ob sich das Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin daneben auch auf ein Präjudizinteresse im Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche stützen lässt oder ob ein berechtigtes Feststellungsinteresse vorliegend schon deshalb anzunehmen ist, weil die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten.
59II. Die Klage ist auch begründet.
60Die mit dem Bescheid der Beklagten vom 29.6.2017 bekannt gegebene Ablehnung der Zulassung der Klägerin zur Annakirmes 2017 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte war vor Beginn der Annakirmes 2017 im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Zulassung mit dem Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“ zur am 29.7.2017 beginnenden Dürener Annakirmes neu zu entscheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Die Klägerin hatte nach § 70 Abs. 1 GewO einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Zulassungsantrag, dem die Auswahlentscheidung der Beklagten nicht gerecht geworden ist.
611. Nach § 70 Abs. 1 GewO ist jedermann, der dem Teilnehmerkreis der festgesetzten Veranstaltung angehört, nach Maßgabe der für alle Teilnehmer geltenden Bestimmungen zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt. Dieser Anspruch wird gemäß § 70 Abs. 3 GewO unter anderem dadurch eingeschränkt, dass der Veranstalter aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Aussteller, Anbieter oder Besucher von der Teilnahme ausschließen darf. Erfolgt der Ausschluss wegen Platzmangels, muss der zwischen den Bewerbern angelegte Verteilungsmaßstab sachlich gerechtfertigt sein. Was sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach dem allgemeinen Gleichheitssatz unter Berücksichtigung des Lebenssachverhalts, in dessen Rahmen das Ermessen ausgeübt wird. Danach ist ein Auswahlverfahren nicht zu beanstanden, das den in § 70 Abs. 1 GewO niedergelegten Grundsatz der Marktfreiheit beachtet und jedem Bewerber die gleiche Zulassungschance einräumt.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.1984 - 1 C 24.82 -, GewArch 1984, 265 = juris, Rn. 12, Beschluss vom 4.10.2005 - 6 B 63.05 -, GewArch 2006, 81 = juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 15.5.2017 - 4 A 1504/15 -, NWVBl. 2017, 392 = juris, Rn. 5.
63Das Veranstalterermessen bezieht sich zunächst auf die Festlegung des räumlichen Umfangs der Veranstaltung, die Aufteilung des insgesamt zur Verfügung stehenden Geländes, die Belegungsdichte und die Festlegung des gewünschten Gesamtbildes und umfasst unter anderem auch die Befugnis, die Art der zuzulassenden Betriebe (Branchen, Sparten) zu bestimmen und gleichzeitig die Anzahl der Geschäfte einer Branche zur Vermeidung eines einförmigen Erscheinungsbildes und im Interesse der Ausgewogenheit des Gesamtangebotes zu begrenzen. Die konkrete Entscheidung, welchem der Bewerber der Vorzug zu geben ist und welche Bewerber abzulehnen sind, steht ebenfalls im Ermessen des Veranstalters. Ist die Kapazität beschränkt und übersteigt die Zahl der Interessenten die der zur Verfügung stehenden Plätze, wandelt sich der Zulassungsanspruch des einzelnen Teilnehmers in einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Zulassungsantrag.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.7.2017 - 4 B 869/17 -, juris, Rn. 11.
65Die Kriterien, von denen sich eine Behörde bei ihren Entscheidungen nach § 70 Abs. 3 GewO leiten lässt, müssen transparent und nachvollziehbar sein, um allen Bewerbern eine hinreichende Chancengleichheit zu gewährleisten. Entscheidend ist dabei, dass durch die Verfahrensgestaltung eine sachwidrige Verengung des Bewerberkreises vermieden und damit gewährleistet wird, dass die Auswahl tatsächlich unter allen potentiellen Bewerbern erfolgen kann.
66Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15.5.2017 - 4 A 1504/15 -, NWVBl. 2017, 392 = juris, Rn. 16 ff., und vom 25.7.2018 - 4 B 1065/18 -, NWVBl. 2019, 83 = juris, Rn. 5 ff., sowie - 4 B 1068/18 -, StGR 2018, Nr. 11, 33 = juris, Rn. 5 ff., jeweils m. w. N.
67Bei Auswahlentscheidungen, an denen – wie hier zumindest aufgrund der Lage der Beklagten in der Nähe des Dreiländerecks zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden und Belgien und der überregionalen Ausrichtung der Annakirmes – ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht, ergibt sich die Pflicht transparenter und nachvollziehbarer Entscheidungen auch aus dem auf dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung beruhenden europarechtlichen Transparenzgebot. Dabei ist den Mitgliedstaaten allerdings ein gewisses Ermessen zuzuerkennen, um zur Einhaltung dieser Grundsätze bestimmte Maßnahmen zu erlassen. Die Verpflichtung zur Transparenz soll nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs insbesondere die Gefahr willkürlicher Entscheidungen ausschließen.
68Vgl. EuGH, Urteil vom 16.4.2015 - C-278/14 - EU:C:2015:228, VergabeR 2015, 555 = juris, Rn. 16 und 25 ff. m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 15.5.2017 - 4 A 1504/15 -, juris, Rn. 20, m. w. N., und vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 37 ff.
69Nach dem Transparenzgebot muss die öffentliche Stelle zugunsten der potenziellen Bewerber einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherstellen, der den Wettbewerb eröffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob das Auswahlverfahren unparteiisch durchgeführt worden ist.
70Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2005 - C-458/03 - EU:C:2005:605, GewArch 2005, 471 = juris, Rn. 49.
71Die Verpflichtung zur Transparenz bedeutet nach der Rechtsprechung des EuGH auch, dass sich die öffentliche Stelle während des gesamten Verfahrens an dieselbe Auslegung der Zuschlagskriterien halten muss. Erst recht dürfen diese Kriterien während des Verfahrens nicht geändert werden.
72Vgl. EuGH, Urteil vom 18.11.2010 - C-226/09 -EU:C:2010:697, VergabeR 2011, 194 = juris, Rn. 59 f.
73Außerhalb unionsrechtlich harmonisierter Vergabeverfahren reicht die Transparenzpflicht aber nicht so weit, dass auch die relative Gewichtung der vorab bekannten Kriterien sowie die Präzisierung der Modalitäten, nach denen die vorliegenden Anträge zu bewerten sind, vorab zu bestimmen und allgemein oder den potenziellen Interessenten mitzuteilen sind. Deshalb muss auch nicht bereits ein von den zuständigen Behörden auf der Grundlage objektiver Auswahlkriterien durch Präzisierung der Modalitäten, nach denen die vorliegenden Anträge zu bewerten sind, zu entwickelnder Verteilmechanismus vorab bekannt gegeben werden.
74Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 48 ff., m. w. N.
75Unter Beachtung dieser unionsrechtlichen Vorgaben ist es einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, nach dem Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen. Darüber hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Jeder Mitbewerber muss eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Insofern verfügt jeder Mitbewerber über ein subjektives Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
76Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006 - 1 BvR 1160/03 -, BVerfGE 116, 135 = juris, Rn. 64 f.
77Werden im Interesse einer transparenten und rechtssicheren Auswahl Ausschreibungsbedingungen öffentlich bekannt gemacht, führt dies über Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Verwaltung und vermittelt den einzelnen Bewerbern einen Anspruch auf Gleichbehandlung und Einhaltung der verlautbarten Bedingungen.
78Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.7.2016 - 4 B 691/16 -, juris, Rn. 7 f., m. w. N.
79Das von den Zulassungsrichtlinien der Antragsgegnerin (Nr. 3.1 und 5.1) in den Mittelpunkt gerückte Auswahlkriterium der größeren Attraktivität eines Betriebs stellt einen sachgerechten Gesichtspunkt für die Vergabe von Standplätzen auf einer Kirmes dar.
80Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15.5.2017 - 4 A 1504/15 -, NWVBl. 2017, 392 = juris, Rn. 7 ff., und vom 2.7.2010 - 4 B 643/10 -, juris, Rn. 3 f.; BVerwG, Beschluss vom 24.6.2011 - 8 B 31.11 -, HGZ 2012, 412 = juris, Rn. 5.
81Die Beurteilung der Attraktivität der einzelnen Betriebe kann naturgemäß nicht frei von subjektiven Elementen sein. Sie ist letztlich das Ergebnis von höchstpersönlichen Wertungen. Die Intensität gerichtlicher Überprüfung ist daher begrenzt. Das Gericht darf nicht seine eigenen – nicht notwendig richtigeren – Einschätzungen an die Stelle derjenigen des Veranstalters setzen. Vielmehr steht dem Veranstalter insoweit ein Freiraum zu, der gerichtlich nur darauf überprüft werden kann, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen worden ist, ob keine sachwidrigen Erwägungen angestellt worden sind und ob keine Verfahrensfehler gemacht wurden.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2.7.2010 - 4 B 643/10 -, juris, Rn. 5; und vom 24.7.2017 - 4 B 869/17 -, juris, Rn. 17.
832. Die angegriffene Auswahlentscheidung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
84Die aufgrund der Entscheidung des Steuerausschusses des Rates der Beklagten in seiner Sitzung vom 22.6.2017 erfolgte Ablehnung des von der Klägerin eingereichten Zulassungsantrags, über die sie durch Bescheid vom 29.6.2017 unterrichtet worden ist, verletzt den Grundsatz der Marktfreiheit und entspricht nicht den Zulassungsrichtlinien. Die vom Steuerausschuss angeführte Begründung, das Fahrgeschäft der Klägerin sei nur zweite Wahl, weil die Annakirmes für die Klägerin ebenfalls nur zweite Wahl sei, ist nicht tragfähig. Dieses Auswahlkriterium wird dem Grundsatz der Marktfreiheit nicht gerecht und ist auch nach den Zulassungsrichtlinien der Beklagten zu Recht nicht vorgesehen (dazu unten a). Zudem ist nicht nachvollziehbar begründet, warum das Fahrgeschäft der Beigeladenen im Vergleich zu demjenigen der Klägerin als besonders attraktiv eingestuft wurde (dazu unten b).
85a) Ob ein Bewerber in der Vergangenheit davon abgesehen hat, sich um einen Standplatz zu bewerben, weil zeitgleich eine andere Kirmes stattgefunden hat, ist kein dem Grundsatz der Marktfreiheit gerecht werdendes Auswahlkriterium und als solches zu Recht auch in den Zulassungsrichtlinien nicht vorgesehen.
86Der Grundsatz der Marktfreiheit setzt für das Verteilungsermessen des Veranstalters zwingende Schranken. Eine Auswahlentscheidung, der ein System zugrunde liegt, das Neubewerbern oder Wiederholungsbewerbern, die nicht kontinuierlich auf dem Markt vertreten waren, weder im Jahre der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräumt, liegt in jedem Falle außerhalb der Ermessensgrenzen des § 70 Abs. 3 GewO.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.1984 - 1 C 24.82 -, GewArch 1984, 265 = juris, Rn. 12 f.
88Die Ablehnung eines Bewerbers, weil er in der Vergangenheit davon abgesehen hat, sich um einen Standplatz zu bewerben, weil zeitgleich eine andere Kirmes stattgefunden hat, ist danach im Rahmen von § 70 GewO ebenso wenig ein tragfähiges Ablehnungskriterium, wie der Umstand, ob ein Bewerber bereits einmal Klage gegen den Veranstalter erhoben hat. Beide Ablehnungsgründe lassen für sich genommen in vergleichbarer Weise befürchten, dass dem abgelehnten Bewerber im Jahr der Antragstellung oder in einem erkennbaren zeitlichen Turnus schon deshalb keine realistische Zulassungschance eingeräumt wird, weil er auch legitime eigene Interessen verfolgt hat und gegebenenfalls weiterhin verfolgt. Zudem liegt darin eine Entscheidung, die zumindest auch durch eine unzulässige negative Bewertung für die Auswahl unerheblichen Verhaltens eines Bewerbers beeinflusst worden ist, und schon deshalb rechtswidrig ist.
89Vgl. zur Auswahl im Beamtenrecht BVerwG, Urteil vom 26.11.1987 - 2 C 41.87 -, ZBR 1988, 222 = juris, Rn. 25 f.
90Die negative Bewertung des früheren Bewerbungsverhaltens der Klägerin findet auch keine Grundlage in den Zulassungsrichtlinien.
91Die Richtlinien der Beklagten gaben für die Auswahlentscheidung den folgenden Rahmen vor: Gehen – wie hier – mehr Bewerbungen ein als Standplätze verfügbar sind, so orientiert sich die Auswahl der Bewerber ausschließlich am Veranstaltungszweck, ein attraktives und ausgewogenes Angebot der verschiedenen Geschäftsbranchen zur Unterhaltung der Besucher zu schaffen (Nr. 5.1 und Nr. 3.1 Satz 1 und 2). Dabei sind Neuheiten mit besonderer Anziehungskraft für die Besucher zu bevorzugen (Nr. 5.1.1). Wegen ihrer optischen Gestaltung, ihrer Betriebsweise, ihres Pflegezustandes oder ihres Warenangebots besonders attraktive Geschäfte sind anderen Bewerbern der gleichen Branche vorzuziehen (Nr. 5.1.2). Im Übrigen erhalten unter Geschäften gleicher Art und gleichen Umfangs Beschicker, deren einwandfreie Betriebsführung und persönliche Zuverlässigkeit auf der „Dürener Annakirmes“ bekannt sind, gegenüber Neubewerbern den Vorzug (Nr. 5.1.3).
92Ob ein Bewerber in der Vergangenheit davon abgesehen hat, sich um einen Standplatz zu bewerben, weil zeitgleich eine andere Kirmes stattgefunden hat, ist nach den Zulassungsrichtlinien kein Auswahlkriterium. Für den nach Nr. 5.1.2 der Zulassungsrichtlinien maßgeblichen Attraktivitätsvergleich ist dies ohne Bedeutung. Ein Fahrgeschäft kann nicht deshalb als weniger attraktiv für die Kirmesbesucher angesehen werden, weil es sich in der Vergangenheit nicht durchgängig um einen Standplatz auf der Annakirmes beworben hat.
93Der Vorwurf, die Klägerin bevorzuge die Düsseldorfer Rheinkirmes gegenüber der Dürener Annakirmes, war ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 22.6.2017 auch ausschlaggebend für die Auswahlentscheidung des Steuerausschusses. Im Sitzungsprotokoll ist besonders betont, dass die Klägerin gerade deshalb für die zweite Wahl gehalten werde, weil die Dürener Annakirmes für sie nur zweite Wahl sei. Umgekehrt wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gestaltung einer Gondel in Form einer Kuh gerade nicht ausschlaggebend für die Auswahlentscheidung gewesen sei.
94Die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung wird auch nicht dadurch behoben, dass die Begründung im Ablehnungsbescheid vom 29.6.2017 abweichend formuliert ist. Dort wird die außergewöhnliche Gestaltung einer der Gondeln des Fahrgeschäfts der Beigeladenen als relevantes Unterscheidungsmerkmal angeführt, dagegen wird der vom Steuerausschuss hervorgehobene Gesichtspunkt, wonach die Dürener Annakirmes für die Klägerin nur „zweite Wahl“ sei, nicht wiedergegeben. Die eigentliche Auswahlentscheidung wurde jedoch bereits am 22.6.2017 von dem nach § 3 Abs. 4 Satz 2, § 11 Nr. 1 Satz 2 der Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse des Rates der Stadt Düren zuständigen Steuerausschuss getroffen. Mit dem Bescheid vom 29.6.2017 wurde diese Entscheidung nur außenwirksam bekannt gegeben. Der Umstand, dass im Ablehnungsbescheid die Gründe, die für die Auswahlentscheidung des Steuerausschusses maßgeblich waren, nicht vollständig und unzutreffend wiedergegeben worden sind, ändert nichts daran, dass die Auswahlentscheidung des hierfür zuständen Ausschusses der Beklagten auf sachwidrigen Gesichtspunkten beruhte.
95b) Die Auswahlentscheidung ist auch bezogen auf die angenommene größere Attraktivität des Fahrgeschäfts der Beigeladenen nicht sachgerecht begründet.
96So ist nicht ersichtlich, welche Relevanz die Aussage, es gebe definitiv zahlreiche modernere „Breakdancer“ in Deutschland, für die Auswahlentscheidung zwischen den im Wesentlichen baugleichen Fahrgeschäften der Klägerin und der Beigeladenen hatte. Unter den Bewerbungen befanden sich keine anderen „Breakdancer“ dieser Größenordnung. Es ist auch nicht erkennbar, wodurch die negative Bewertung gerechtfertigt sein sollte, die in der Formulierung über die „angeblichen Dürener L. -Fans“ zu Ausdruck kommt. Soweit die Wortwahl nahelegt, dass es in Wahrheit keine „L. -Fans“ in Düren gebe, bleibt offen, auf welcher tatsächlichen Grundlage diese Einschätzung beruht.
97Auch die Korrektur der Angabe zur LED-Beleuchtung, die nicht ganz korrekt sei, weil die Klägerin an den Dekorationen noch alte Glühlampen in den Kappenlampen besitze, verbunden mit der kategorischen Feststellung, ein modernes und zeitgemäßes Geschäft setze ausschließlich auf LED-RGB-Technik, deutet darauf hin, dass die Ausschussmehrheit gezielt ‒ ohne signifikante Unterschiede gefunden zu haben ‒ Anlass für Negativbewertungen gesucht hat. Es ist auszuschließen, dass der Ausschuss nach diesem Kriterium alle sonstigen Bewerber schon deshalb als nicht mehr modern und zeitgemäß abgelehnt hat, bei denen einzelne Lichter noch nicht auf LED umgestellt sind. Nicht aktenkundig und nachvollziehbar ist im Übrigen, woher die dieser Bewertung offenbar zugrunde liegende Information stammt und ob sie zutrifft, die Klägerin habe nicht ausschließlich LED-Lampen, sondern noch alte Glühlampen in den Kappenlampen, und die Beigeladene nur noch neueste LED-/RGB-Beleuchtung. In dem Sitzungsprotokoll vom 22.6.2017 wird zwar eingangs ausgeführt, dass die Beurteilung der Bewerbungen nicht nur auf der Grundlage der eingereichten Prospekte, sondern auf der Grundlage von Internetrecherchen und Inaugenscheinnahmen der Geschäfte auf diversen Standplätzen erfolgt sei. Es verstößt auch nicht notwendig gegen den Gleichheitsgrundsatz, bei der Auswahlentscheidung auch nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingetretene Veränderungen zu berücksichtigen, wenn die Zulassungsrichtlinien dem nicht entgegenstehen.
98Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.7.2010 - 4 B 643/10 -, juris, Rn. 11 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.9.2018 - 2 B 244/18 -, NordÖR 2018, 564 = juris, Rn. 15 f.
99Eine nach den Zulassungsrichtlinien nicht ausdrücklich ausgeschlossene Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen oder Erkenntnisse muss aber transparent erfolgen und jedem Mitbewerber eine faire Chance belassen, nach Maßgabe der mitgeteilten wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden.
100Der allgemeine Hinweis im Ausschussprotokoll erlaubt es ‒ wie ausgeführt ‒ vorliegend nicht nachzuvollziehen, auf welcher Grundlage die Bewertung im konkreten Fall beruht und ob beide Bewerber bei der ergänzenden Sachverhaltsermittlung gleich behandelt worden sind.
101Die bezeichneten Ermessensfehler sind nicht deshalb unbeachtlich, weil der zuständige Steuerausschuss von seiner Arbeitsweise her zu der rechtlich gebotenen transparenten und nachvollziehbaren Auswahl unter Einbeziehung des ganzen hier mit 946 Bewerbungen sehr umfangreichen Bewerberfeldes nur eingeschränkt in der Lage sein oder eine fehlende oder unzureichende Begründung durch eine besonders demokratisch legitimierte Ausschussabstimmung ersetzt werden könnte. Die aus § 3 Abs. 4 Satz 2, § 11 Nr. 1 Satz 2 der Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse des Rates der Stadt Düren folgende Durchbrechung der auch bei der Beklagten grundsätzlich geltenden Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen dem Rat und seinen Ausschüssen einerseits, die regelmäßig auf Grundsatzentscheidungen beschränkt ist, und dem Bürgermeister andererseits, dem grundsätzlich Einzelfallentscheidungen und Vergabeentscheidungen als Geschäfte der laufenden Verwaltung übertragen sind (§ 41 Abs. 3 GO NRW, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und § 4 Satz 1 der Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse des Rates der Stadt Düren), befreit die Beklagte nicht von der Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze. Die verbindliche Subsumtion von Sachverhalten unter Rechtsbegriffe ist nach dem Gewaltenteilungsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht Sache des Gesetzgebers, sondern Sache der ausführenden und rechtsprechenden Gewalt. Hieran orientiert sich § 41 Abs. 3 GO NRW, wonach Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Rates als auf den Bürgermeister übertragen gelten, soweit nicht der Rat sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält. Sofern der Rat einer Gemeinde sich oder – wie hier – einem Ausschuss nach Gemeinderecht zulässigerweise die Entscheidung über bestimmte Einzelfallentscheidungen vorbehält, unterliegt die Gemeinde gleichwohl denselben Erfordernissen an die Nachvollziehbarkeit und Transparenz ihrer Entscheidungen wie bei einer Entscheidung durch den Bürgermeister. Vor diesem Hintergrund sind die Ausschussmitglieder gehalten, ihre Entscheidungen nachvollziehbar und transparent anhand der Zulassungsrichtlinien zu begründen.
102Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 25.7.2018 ‑ 4 B 1065/18 -, NWVBl. 2019, 83 = juris, Rn. 15 ff. m. w. N.
103Sie sind dabei nicht verpflichtet, die Bewerbungen hinsichtlich aller denkbaren Vergleichskriterien bis ins letzte Detail zu vergleichen. Sie dürfen sich auf aus ihrer Sicht wesentliche Vergleichskriterien beschränken, wenn sie diese einheitlich heranziehen und alle Bewerbungen gleichermaßen hiernach beurteilen. Gehen sie allerdings auf zahlreiche Details ein, müssen sie diese auch bei Konkurrenzbewerbungen vergleichbar präzise in den Blick nehmen.
104III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
105Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
106Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.