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Der Antrag wird verworfen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Antragstellerin wendet sich gegen die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde T. vom 17. Dezember 1998, bekannt gemacht am 25. Juni 1999, mit der die Antragsgegnerin eine ca. 2,5 ha große Fläche als Vorrangfläche für die Nutzung der Windenergie dargestellt hat.
3Die Antragstellerin plant die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin auf Flächen, die außerhalb der genannten Vorrangzone liegen, und hat hierfür Nutzungsverträge mit den jeweiligen Grundstückseigentümern abgeschlossen. Hierzu sind entsprechende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsanträge beim zuständigen Kreis M. anhängig.
4Die angefochtene 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin stellt eine etwa 2,5 ha große Fläche im südöstlichen Gemeindegebiet an der Grenze zur Stadt I. -C. N. als Vorrangzone für die Nutzung von Windenergie dar. Die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes soll die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nach der Planbegründung erzielen.
5Ausweislich der Planbegründung dient die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Durchführung eines Ratsbeschlusses, wonach eine geeignete Teilfläche des Außenbereiches der Gemeinde T. als Fläche darzustellen sei, auf der die Errichtung von Windkraftanlagen als zusätzliche Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht werde. Aufgrund der Vorüberlegungen der Gemeinde zum Änderungsverfahren seien die gesamten Gemarkungsflächen auf ihre Eignung hin untersucht worden. Als Ausschlussflächen bzw. –kriterien seien angesetzt die Wohnsiedlungsbereiche sowie die zugeordneten notwendigen Abstandsflächen des vorbeugenden Immissionsschutzes, Waldflächen, Naturschutzgebiete nebst Abstandsflächen, Flächen, die im Biotopkataster geführt werden, das Gelände des Truppenübungsplatzes und nicht windhöffige Bereiche. Bereits aufgrund dieser Kriterien sei das Gemeindegebiet fast vollständig bis auf einen schmalen Korridor entlang der südlichen Grenze des Gemeindegebietes nach Osten hin auszuscheiden. In diesem Bereich befänden sich in den Nachbarkommunen I. -C. N. und C. M1.----- bereits Windparks bzw. seien dort geplant. Wegen der optischen Wirkung von Windkraftanlagen solle der Abstand zwischen Windparks jedoch mindestens 3 km betragen. Damit schieden die Flächen des genannten Korridors zwischen den Bereichen „N1. “ im Westen und „C1. “ im Osten als Eignungsflächen ebenfalls aus. Es sei daher nur die Möglichkeit verblieben, Vorrangflächen zur Windenergienutzung in Erweiterung der benachbarten Windparks einzurichten. Wegen der Nähe zum Siedlungsrand und ungünstiger Windverhältnisse sei der Bereich am N2. gestrichen worden und lediglich noch das Untersuchungsgebiet zwischen C1. und dem Windpark in I. -C. N. als konfliktarme Eignungsfläche verblieben. Diese werde mit der 6. Änderung ausgewiesen.
6Das Planungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
7In seiner Sitzung vom 19. Dezember 1996 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung der 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde für Vorrangflächen Windkraft. Zur Begründung ist ausgeführt, dass zum 1. Januar 1997 die Änderung des Baugesetzbuches in Kraft trete, mit der Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert würden. Gleichzeitig räume das Gesetz Gemeinden eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1998 ein, Bauanträge im Außenbereich abzulehnen, wenn Vorrangflächen für Windenergieanlagen in der gemeindlichen Bauleitplanung dargestellt würden. Der Beschluss zur entsprechenden Änderung des Flächennutzungsplanes müsse allerdings bis zum 31. Dezember 1996 gefasst werden.
8Am 15. Mai 1997 fasste der Rat der Antragsgegnerin nach Durchführung der aus seiner Sicht entscheidungsrelevanten Voruntersuchungen zur Standortfindung des Ingenieurbüros C2. einen Standortbeschluss, mit dem eine ca. 50 ha große im östlichen Gemeindegebiet gelegene Fläche als geeignet eingestuft wurde. Der Abgrenzungsbeschluss wurde am 5. Juni 1997 ortsüblich bekanntgemacht.
9In der Folge beschloss der Rat am 6. November 1997, zu dem Entwurf der 6. Änderung die Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange durchzuführen. Diese fand in der Zeit vom 12. Januar 1998 bis 13. Februar 1998 statt.
10Nachdem Teile der Öffentlichkeit sowie insbesondere der Landschaftsbeirat des Kreises M. Bedenken gegen die vorgesehene Vorrangzone erhoben hatten, beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 18. Juni 1998 in Abwägung dieser Einwände die Änderung der Umgrenzung der vorgesehenen Vorrangzone auf den dann letztlich beschlossenen Bereich unter Aufhebung der bisher gefassten Beschlüsse und zugleich die Offenlage des neuen Entwurfes. Diese Offenlage fand in der Zeit vom 14. August 1998 bis 25. September 1998 statt. Im Zuge dieser Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gingen keine Einwendungen oder Anregungen aus der Öffentlichkeit und seitens der Behörden lediglich Hinweise ein. Einer dieser Hinweise bezog sich darauf, dass die mit der Änderung des Flächennutzungsplanes verbundene planerische Absicht, Windenergieanlagen außerhalb der Konzentrationszone auszuschließen, unter Bezug auf § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im Erläuterungsbericht ausdrücklich erklärt werden solle. Dem kam die Antragsgegnerin mit dem Bemerken nach, dass der Hinweis auf die Unzulässigkeit der Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb der Konzentrationszone bereits auf Seite 15 des Erläuterungsberichts ausdrücklich enthalten sei. Weder bei der ersten noch bei der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung wurde von Seiten der interessierten Öffentlichkeit der Wunsch geäußert, andere oder zusätzliche Flächen für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung zu stellen. Die Antragstellerin oder einer ihrer Gesellschafter haben im Verfahren keinerlei Stellungnahmen abgegeben.
11In seiner Sitzung vom 17. Dezember 1998 beschloss der Rat aufgrund der Sitzungsvorlage 590/1998 die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes und bewilligte den Erläuterungsbericht. Die am 26. Mai 1999 durch die Bezirksregierung E. erteilte Genehmigung der 6. Änderung des Flächennutzungsplanes wurde aufgrund einer Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom 2. Juni 1999 im Amtsblatt des Kreises M. vom 25. Juni 1999 bekanntgemacht. Die Bekanntmachung hatte folgenden Wortlaut:
12„Die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde T. ist der Bezirksregierung E. mit Bericht vom 23. Februar 1999 zur Genehmigung vorgelegt worden. Die Bezirksregierung E. hat mit Verfügung vom 26.5.1999 – Az.: 35.21.10-516/S. 99 – gemäß § 6 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.8.1997 (BGBl. I S. 2141) die Änderung des Flächennutzungsplanes genehmigt.
13Lage und Umfang des Änderungsbereichs ist aus dem in dieser Bekanntmachung abgedruckten Übersichtsplan ersichtlich.“
14Der Übersichtsplan enthält als Überschrift den Zusatz „Vorrangflächen für die Windkraftnutzung“ und umfasst das Plangebiet und die nähere Umgebung, nicht jedoch das gesamte Gemeindegebiet der Antragsgegnerin.
15Am 8. Mai 2018 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Der Antrag sei statthaft, da die 6. Änderung die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB haben solle. Er sei auch im Übrigen zulässig, insbesondere sei die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht abgelaufen. Es fehle an einer wirksamen Bekanntmachung, so dass die Frist nicht zu laufen begonnen habe. Der Bekanntmachung der 6. Änderung des Flächennutzungsplanes habe bereits der notwendige Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich der Darstellung gefehlt; es sei nicht erkennbar gewesen, dass die Ausschlusswirkung den gesamten Außenbereich des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin abdecken solle. Auch sei in der Bekanntmachung nicht darauf hingewiesen worden, dass die 6. Änderung die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB haben solle. Die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Rechtsprechung zum Lauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO, wonach es für den Fristbeginn ausreiche, wenn der Plan als Rechtsnorm mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden sei, und es nicht darauf ankomme, ob die Bekanntmachung im Übrigen ordnungsgemäß erfolgt sei, sei auf den hier vorliegenden Fall einer Flächennutzungsplanung nicht übertragbar. Ein Flächennutzungsplan sei keine „Norm“ in diesem Sinne. Gerade bei älteren Plänen wie dem Vorliegenden sei vielmehr davon auszugehen, dass sie nicht mit einem Geltungsanspruch als Norm bekanntgemacht worden seien. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach auch ein Normenkontrollantrag unmittelbar gegen einen Flächennutzungsplan zulässig sei, datiere erst aus dem Jahre 2007. Der Flächennutzungsplan stelle grundsätzlich keine Satzung dar und habe nur ausnahmsweise erhebliche unmittelbare Rechtswirkungen. Schon deshalb bedürfe es eines entsprechenden Hinweises darauf in der Bekanntmachung. Hier sei es jedoch so, dass der Text der Bekanntmachung die beabsichtigte Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht einmal angedeutet habe. Allein der Hinweis in der Überschrift des beigefügten Übersichtsplans auf eine Vorrangzone genüge nicht. Zum einen sei er kaum lesbar, zum anderen sei der Begriff „Vorrangzone“ nicht in dem Sinne determiniert, dass daraus zwangsläufig auf eine Ausschlusswirkung im übrigen Gemeindegebiet geschlossen werden könne. Näher liege es vielmehr, den Begriff im Sinne des § 7 ROG zu verstehen und ihm eine entsprechende Ausschlusswirkung nicht beizumessen. Insofern sei der Begriff der Bekanntmachung hier nicht nur im Rahmen von § 215 Abs. 1 BauGB, sondern auch im Rahmen des § 47 Abs. 2 VwGO so auszulegen, dass ohne Hinweis auf die rechtlichen Wirkungen keine Bekanntmachung vorliege, mit der die Frist zu laufen beginne. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Zulassung einer unmittelbaren Anfechtung von Flächennutzungsplänen, soweit sie Ausschlusswirkung für die nicht als Vorrangzone ausgewiesenen Teile des Gemeindegebietes hätten. Der Vorteil einer prinzipalen Normenkontrolle werde durch eine verengte Auslegung der Antragsfrist konterkariert. Im Hinblick auf diese Fragen sei zumindest die Revision zuzulassen. Im Übrigen sei der Normenkontrollantrag auch begründet.
16Die Antragstellerin beantragt,
17die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin, bekanntgemacht im Amtsblatt des Kreises M. vom 25. Juni 1999, insoweit für unwirksam zu erklären, als mit dieser Änderung die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen.
18Die Antragsgegnerin beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20Der Normenkontrollantrag sei wegen Versäumung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Diese Frist sei im Hinblick auf die im Jahre 1999 in Kraft getretene 6. Änderung seit langem abgelaufen. Insoweit sei hier auf die förmliche Verkündung bzw. Bekanntmachung der Genehmigung des Flächennutzungsplanes abzustellen, nicht jedoch auf etwaige Bekanntmachungsfehler. Die Frist des § 47 Abs. 2 VwGO beginne lediglich dann nicht zu laufen, wenn eine Bekanntmachung überhaupt nicht erfolgt bzw. nicht nachweisbar sei. Hier liege jedoch eine Bekanntmachung vor.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge zur 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Der Senat entscheidet über den Normenkontrollantrag ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten auf ihre Durchführung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
24Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist wegen Versäumung der Antragsfrist bereits unzulässig.
25Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO - hier ist nach § 195 VwGO noch die durch das 6. VwGOÄndG eingeführte Zweijahresfrist einschlägig - gegen die am 25. Juni 1999 bekannt gemachte 6. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde T. ist - offensichtlich - abgelaufen. Nach gefestigter höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung sowie der - soweit ersichtlich - einhelligen Auffassung in der Kommentarliteratur,
26Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. August 2015 - 4 CN 10.14 -, BVerwGE 152, 379 = juris Rn. 7, und vom 19. Februar 2004 - 7 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1122 = juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 2. März 2007 - 7 D 53/06.NE -, BRS 71 Nr. 46 = juris Rn. 18; Bay. VGH, Urteil vom 17. November 2009 - 1 N 08.2796 -, BRS 76 Nr. 59 = juris Rn. 36; Schmidt, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 74; Wysk, VwGO - Kommentar, 2011, § 47 Rn. 23; Ziekow, in: Sodan/ Ziekow, VwGO - Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 289; Kopp/Schenke, VwGO - Kommentar, 24. Aufl. 2018, § 47 Rn. 83; für Flächennutzungspläne konkret auch Decker, VBlBW 2018, 441, 445,
27wird die Antragsfrist (schon) dann in Lauf gesetzt, wenn die zur Überprüfung gestellte Vorschrift mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden ist, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nach dem Willen des Normgebers als Rechtsnorm mit der ihr zukommenden Verbindlichkeit entstehen soll. Ob die Bekanntmachung ordnungsgemäß ist, ist dabei ohne Belang. Ausreichend ist eine Handlung des Plangebers, die potentiell Antragsbefugten die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Geltungsanspruch des Plans verschafft.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 - 4 CN 10.14 -, BVerwGE 152, 379 = juris Rn. 7.
29Nicht entscheidend ist namentlich, ob der Vorgang der Bekanntmachung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung entspricht,
30vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 2007 - 7 D 53/06.NE -, BRS 71 Nr. 46 = juris Rn. 18,
31bzw. in welchem Ausmaß er sich hiervon entfernt. Denn die Möglichkeit, vom Geltungsanspruch eines Bauleitplanes Kenntnis zu nehmen, eröffnet auch eine fehlerhafte Bekanntmachung. Anderes gilt nur dann, wenn eine Bekanntmachung der Vorschrift überhaupt nicht erfolgt ist oder sie sich jedenfalls nicht feststellen lässt,
32vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 7 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1122 = juris Rn. 16,
33oder in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 93 Abs. 3 BVerfGG möglicherweise auch dann, wenn die angegriffene Norm die möglichen Beeinträchtigungen der Rechte des Betroffenen in keiner Weise erkennen lässt und Durchführungsmaßnahmen nicht mit Aussicht auf Erfolg vor deutschen Gerichten angegriffen werden können.
34BVerfG, Beschluss vom 29. September 1987 - 2 BvR 624/83 u. a. -, BVerfGE 77, 170 = juris Rn. 117; für § 47 Abs. 2 VwGO offengelassen in Bay. VGH, Urteil vom 17. November 2009 - 1 N 08.2796 -, BRS 76 Nr. 59 = juris Rn. 35; OVG Sachs.-A., Urteil vom 26. Oktober 2011 - 2 K 10/10 -, juris Rn. 62; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO - Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 289.
35Hiervon ausgehend reicht bereits die Tatsache der ortsüblichen und von § 6 Abs. 5 Satz 1 BauGB vorgesehenen Bekanntmachung der Genehmigung der 6. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin, die die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht und die durch den vorliegenden Auszug aus dem Amtlichen Kreisblatt des Kreises M. vom 25. Juni 1999 auch hinreichend belegt ist, als solche aus, um den Lauf der Antragsfrist in Gang zu setzen.
36Allgemein auch Decker, VBlBW 2018, 441, 445.
37Denn damit hat die Antragsgegnerin zu erkennen gegeben, dass die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes mit ihrem formalen Geltungsanspruch in Kraft treten sollte. Zugleich hat sie damit eine Handhabe gewählt, die potentiell Antragsbefugten ermöglichte, vom Geltungsanspruch des Bauleitplans Kenntnis zu nehmen oder zu verschaffen. Dies reicht nach vorstehenden Ausführungen aus, ohne dass es in diesem Kontext auf die umstrittene rechtliche Kategorisierung eines Flächennutzungsplanes und seiner Darstellungen im Einzelnen ankäme.
38Vgl. in diesem Zusammenhang nur Schrödter/ Otto, in: Schrödter, BauGB - Kommentar -, 9. Aufl. 2019, § 5 Rn. 23, 94 ff.
39Demgegenüber ist für eine wirksame, fristauslösende (formale) Bekanntmachung nicht erforderlich, dass sich die Antragsgegnerin (bereits) zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Umstands hätte bewusst sein müssen, dass ihre Flächennutzungsplanung damit - genauer mit der von ihr gerade beabsichtigten Ausschlusswirkung - Gegenstand einer prinzipalen Normenkontrolle werden kann. Dies ist gerade die Folge der beabsichtigten materiellen Wirkung der Planung, nicht Voraussetzung für deren Eintritt bzw. des Geltungsanspruchs des Flächennutzungsplanes überhaupt. Dementsprechend ist unerheblich – und im Übrigen regelmäßig auch spekulativ –, ob und inwieweit die Antragsgegnerin die an die konkrete Art und Weise ihrer Flächennutzungsplanung, die gerade die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielen soll, anknüpfende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
40vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 ‑ 4 CN 1.12 -, juris Rn. 10 ff., und vom 26. April 2007 - 4 CN 3.06 -, BRS 71 Nr. 33 = juris Rn. 13 ff.,
41vorhergesehen hat oder vorhersehen konnte.
42a. A. Raschke, ZNER 2018, 218, 221 f.
43Entscheidend bleibt, dass es der Antragstellerin – hypothetisch – aufgrund der § 6 Abs. 5 Satz 1 BauGB entsprechenden ortsüblichen Bekanntmachung ohne weiteres möglich war, den formalen Geltungsanspruch der 6. Änderung zu erkennen. Aufgrund der konkreten Ausgestaltung der in Rede stehenden Bekanntmachung konnte sie sogar - unbeschadet des Umstandes, dass sie den an die Bekanntmachung aus rechtsstaatlichen Gründen zu stellenden inhaltlichen Anforderungen,
44vgl. OVG NRW, Urteile vom 6. Dezember 2017 ‑ 7 D 100/15.NE ‑, juris Rn. 35 ff., m. w. N., und vom 21. Januar 2019 - 10 D 23/17.NE -,
45nicht genügt - ihre potentielle Betroffenheit zumindest erkennen. Denn in dem zur Bekanntmachung gehörenden Übersichtsplan ist in der Überschrift ausdrücklich und auch mit bloßem Auge lesbar von der Ausweisung einer Vorrangzone gesprochen worden. Selbst wenn diese Begriffswahl nicht eindeutig eine Ausschlusswirkung i. S. v. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB impliziert, worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist, hätte sie ihr vor dem Hintergrund der allgemeinen Gebräuchlichkeit des Begriffes zur schlagwortartigen (kurz-)Charakterisierung des Regelungsgefüges des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aber zumindest hinreichend Anlass geben müssen, sich mit der Möglichkeit einer Ausschlussplanung zu befassen und etwa durch Einsichtnahme in den insoweit klaren Erläuterungsbericht zur 6. Änderung den zumindest satzungsähnlichen Charakter der Ausweisung festzustellen. Vorstehende Ausführungen sind allerdings wohl schon deshalb rein hypothetisch, weil nichts dafür spricht, dass die Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt schon rechtlich existent gewesen wäre.
46Demgegenüber kommt es von vornherein nicht darauf an, ob die Antragstellerin aus der Bekanntmachung den Schluss auf die Statthaftigkeit eines Normenkontrollantrags hätte ziehen können. Die Bekanntmachung dient nicht dem Zweck, hierüber Aufschluss zu geben – eine „Rechtsmittelbelehrung“ ist für die Bekanntmachung ebenso wenig vorgeschrieben wie von § 47 Abs. 2 VwGO verlangt. Allerdings war es der Antragstellerin nach vorstehenden Ausführungen aber aufgrund der Bekanntmachung zumindest möglich, auf die 6. Änderung im Sinne der später festgestellten objektiven Rechtslage zu reagieren.
47Unbeschadet dessen wäre jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation eine mangelhafte Bekanntmachung für die Verfristung des Normenkontrollantrages unbeachtlich.
48Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 8. April 2003 - 4 B 23.03 -, juris.
49Denn es kann im konkreten Zusammenhang ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin - oder auch ein sonstiger Betroffener - einen fristgerechten Normenkontrollantrag gestellt hätte, wenn eine in jeder Hinsicht vollständige und materiell fehlerfreie Bekanntmachung erfolgt wäre. Hierfür spricht nicht nur, dass die Antragstellerin zum damaligen Zeitpunkt - soweit ersichtlich - noch nicht rechtlich existierte und - wie sie selbst hervorhebt - die im Jahr 2007 etablierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit eines Normenkontrollantrages auch gegen einen Flächennutzungsplan nicht vorhersehbar war, sondern insbesondere die Tatsache, dass im gesamten Planungsverlauf weder seitens der betroffenen Öffentlichkeit noch der Fachbehörden auch nur angeregt worden wäre, weitere oder größere Vorrangzonen einzurichten. Dies bestätigt im Übrigen, dass es hier auf die - zu Recht angeführten - Bekanntmachungsmängel für die Frage der Antragsfrist nicht ankommen kann.
50In diesem Zusammenhang können auch die von der Antragstellerin geäußerten rechtspolitischen Bedenken gegen die Anwendung der Frist des § 47 Abs. 2 VwGO a. F. - der Vorteil der Eröffnung einer prinzipalen Normenkontrolle werde konterkariert - ein anderes Ergebnis nicht tragen. Dieses Spannungsverhältnis ist schon in der Norm selbst allgemein angelegt.
51Vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO - Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 292.
52Dem Gesetzgeber steht es aber frei, auch den Aspekt der Rechtssicherheit hinsichtlich der Geltung der Norm zu berücksichtigen und ihm nach einer gewissen Zeit Vorrang einzuräumen, zumal er ohnehin nicht aus rechtsstaatlichen Gründen zur Einführung einer prinzipalen Normenkontrolle durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit verpflichtet ist.
53Vgl. Kopp/Schenke, VwGO - Kommentar, 24. Aufl. 2018, § 47 Rn. 8.
54Schließlich führt auch die vom Bundesverfassungsgericht zu § 93 Abs. 3 BVerfGG angenommene Möglichkeit, von der Antragsfrist im Verfassungsbeschwerdeverfahren abzusehen, wenn die angegriffene Norm die mögliche Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen in keiner Weise erkennen lässt und Umsetzungsmaßnahmen nicht vor Gericht angegriffen werden können, hier nicht zur Zulässigkeit des Normenkontrollantrags. Unabhängig davon, ob sich diese Rechtsprechung überhaupt auf § 47 Abs. 2 VwGO übertragen lässt, sind die Voraussetzungen hier nicht gegeben. Selbst wenn man mit der Antragstellerin unterstellte, sie habe die Rechtswirkungen der 6. Änderung überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in ihren Dimensionen erkennen können, fehlt es zumindest an dem weiteren Erfordernis, dass sie auch den „Durchführungsmaßnahmen“ rechtsschutzlos ausgesetzt wäre. Ihr bleibt es vielmehr unbenommen, die Unwirksamkeit der 6. Änderung im Rahmen einer Inzidentkontrolle im Verfahren auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung geltend zu machen. Angesichts des Umstandes, dass diese 6. Änderung wegen der von der Antragstellerin nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zutreffend geltend gemachten Bekanntmachungsmängel,
55vgl. OVG NRW, Urteile vom 6. Dezember 2017 - 7 D 100/15.NE -, juris Rn. 35 ff., m. w. N., und vom 21. Januar 2019 - 10 D 23/17.NE -,
56formell und wegen offensichtlicher Verfehlung der Anforderungen an eine schlüssige gesamträumliche Planung
57vgl. zu den Anforderungen zuletzt BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 4 CN 3.18 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 6. März 2018 - 2 D 95/15.NE -, DVBl. 2018, 950, vom 17. Januar 2019 - 2 D 63/17.NE -, juris, und vom 21. Januar 2019 - 10 D 23/17.NE -.
58sowie wegen der Größe der einzig ausgewiesenen Vorrangfläche von nur 2,5 ha, die kaum eine Windenergieanlage heutiger Bauart aufnehmen kann, offensichtlich rechtswidrig und damit unwirksam ist, dürfte die Antragsgegnerin jedenfalls gehalten sein, den von ihr gesetzten Rechtsschein eines gültigen Flächennutzungsplans - durch Aufhebung der 6. Änderung oder rechtmäßige Neuplanung - zu beseitigen. Zudem könnte diese offensichtliche Rechtswidrigkeit möglicherweise sogar – ausnahmsweise – bereits im Genehmigungsverfahren selbst von der zuständigen Behörde berücksichtigt werden.
59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 2005 - 20 A 3988/03 -, UPR 2006, 199; Reidt, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB - Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 10 Rn. 11; Külpmann, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB - Kommentar, Stand Februar 2018, § 10 Rn. 381 ff, 396 ff.; grundsätzlich ablehnend Schrödter/ Kuck, in: Schrödter, BauGB - Kommentar -, 9. Aufl. 2019, § 10 Rn. 16 f.
60Spätestens in einem etwaigen gerichtlichen Verfahren im Anschluss an eine behördliche (Ablehnungs-)Entscheidung wäre dies aber der Fall.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
62Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
63Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt, insbesondere vermag der Senat in Anbetracht der vorliegenden Rechtsprechung auch unter Würdigung des Vortrags der Antragstellerin eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu erkennen.
64Ferner ergeht folgender
Der Streitwert wird auf 20.000,- € festgesetzt.
66G r ü n d e :
67Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 8 a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (zur Veröffentlichung in der Zeitschrift Baurecht vorgesehen). Danach gilt als Orientierung für Normenkontrollanträge ein Rahmen von 10.000 – 100.000 Euro in Abhängigkeit des Gewichts der jeweils geltend gemachten Interessenlage. Vorliegend ist die Interessenlage der Antragstellerin nach der ständigen Streitwertpraxis des erkennenden Gerichts,
68vgl. Beschlüsse vom 1. Juli 2013 ‑ 2 D 46/12.NE ‑, 22. September 2015 ‑ 10 D 82/13.NE ‑, vom 5. Juli 2017- 7 D 105/14.NE -, vom 6. März 2018 - 2 D 95/15.NE - und vom 17. Januar 2019 - 2 D 63/17.NE -,
69mit 20.000,-- Euro zu bewerten.
70Dieser Beschluss ist unanfechtbar.