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Ein Antrag mit dem Inhalt, Zugang zu allen Umweltinformationen in näher bezeichneten Verwaltungsvorgängen zu erhalten, ist grundsätzlich hinreichend bestimmt.
Der Begriff der Umweltinformation ist grundsätzlich weit auszulegen. Die Genehmigung und der Betrieb einer Tierhaltungsanlage sind umweltrelevante Maßnahmen bzw. Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 a) UIG. Die damit im Zusammenhang stehenden Daten stellen Umweltinformationen dar.
Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG setzt ein gewisses Gewicht des Geheimhaltungsinteresses voraus. Dafür sind sowohl das konkrete Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung als auch die Intensität der Beeinträchtigung, also Art und Umfang der Informationspreisgabe, von Bedeutung.
Die Darlegung einer erheblichen Beeinträchtigung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 UIG obliegt der informationspflichtigen Stelle.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.). Sie ergeben auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.). Ein der Beurteilung des beschließenden Gerichts unterliegender Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, liegt ebenfalls nicht vor (4.).
41. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
5Ernstliche Zweifel sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
6Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Januar 2017 ‑ 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19, und vom 9. Juni 2016 ‑ 1 BvR 2453/12 -, juris Rn. 16, jeweils mit weiteren Nachweisen.
7Dies ist nicht der Fall.
8Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die in den Genehmigungsunterlagen für die im Antrag vom 7. Dezember 2014 aufgeführten 49 Tierhaltungsanlagen enthaltenen Emissionsschutzgutachten, Genehmigungsbescheide, Tierplatzzahlen sowie Unterlagen über die bauliche Gestaltung der jeweiligen Ställe und gegebenenfalls vorzuhaltende Abluftanlagen zur Verfügung zu stellen. Den insoweit entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht aufgehoben.
9Dagegen wendet sich der Beklagte ohne Erfolg.
101.1 Der Informationsantrag des Klägers ist hinreichend bestimmt.
11Gemäß § 2 Satz 3 UIG NRW, § 4 Abs. 2 Satz 1 UIG muss der Antrag erkennen lassen, zu welchen Umweltinformationen der Zugang gewünscht wird.
12Wird die Einsicht in bislang unbekannte Unterlagen begehrt, kann, wenn ein gesetzlich vorgesehener Informationszugangsanspruch nicht vollständig leer laufen soll, von dem Antragsteller nicht stets verlangt werden, dass er die Unterlagen, auf die sich sein Informationszugangsbegehren bezieht, im Einzelnen genau bezeichnet. Eine solche Bezeichnung ist ihm regelmäßig ohne nähere Kenntnis des Akteninhalts nicht möglich. In derartigen Fallgestaltungen reicht es für die Bestimmtheit eines Informationsantrags in der Regel aus, wenn der Antragsteller sein Zugangsbegehren im Rahmen des ihm Möglichen umschreibt.
13Vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 26, vom 18. Oktober 2005- 7 C 5.04 -, juris Rn. 17, und vom 25. März 1999- 7 C 21.98 -, juris Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 8 B 920/07 -, juris Rn. 8.
14Vor diesem Hintergrund ist ein Antrag mit dem Inhalt, Zugang zu allen Umweltinformationen in näher bezeichneten Verwaltungsvorgängen zu erhalten, grundsätzlich hinreichend bestimmt.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 8 B 920/07 -, juris Rn. 9.
16Dies trifft auch auf den streitgegenständlichen Informationsantrag in der Fassung zu, die er durch die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 6. Dezember 2017 erhalten hat. Aufgrund dessen ist inhaltlich eingegrenzt, dass der Kläger die Einsichtnahme in bestimmte Genehmigungsunterlagen für die in seinem Antrag aufgeführten 49 Tierhaltungsanlagen begehrt. In diesem Zusammenhang ist auch der Begriff „Genehmigungsbescheid“ hinreichend bestimmt. Er umfasst bei objektivem Verständnis die Genehmigungsurkunde selbst, also den Bescheid einschließlich der zugehörigen Nebenbestimmungen. Weiterhin ist der Terminus „Emissionsgutachten“ seinem Wortsinn nach - das heißt nicht als „Immissionsgutachten“ - zu verstehen. So hat ihn der Kläger - ebenso wie das Verwaltungsgericht - durchgängig verwendet. Sollten in den Genehmigungsakten keine „Emissionsgutachten“ enthalten sein, ginge der Ausspruch des Verwaltungsgerichts insofern ins Leere.
171.2 Der Informationsantrag des Klägers richtet sich auf Umweltinformationen im Sinne von § 2 Sätze 1 und 3 UIG NRW, § 2 Abs. 3 UIG.
18Umweltinformationen sind nach § 2 Abs. 3 UIG unabhängig von der Art ihrer Speicherung unter anderem alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen (Nr. 1); Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken (Nr. 2); Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken (Nr. 3a) oder den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme (Nr. 3b).
19Der Begriff der Umweltinformation ist grundsätzlich weit auszulegen. Ausreichend ist ein gewisser Umweltbezug der Information. Erfasst ist jede Tätigkeit einer Behörde, die dem Schutz der Umwelt dient.
20Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, juris Rn. 11 ff., und vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Urteile vom 30. August 2016 - 15 A 2024/13 -, juris Rn. 40, und vom 1. August 2011 - 8 A 2861/07 -, juris Rn. 35 und 52, Beschluss vom 10. März 2016 - 15 A 2350/14 -; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 14. Mai 2012- OVG 12 S 12.12 - , juris Rn. 8, Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand März 2010, § 2 Rn. 31 und 43.
21Allerdings will das Umweltinformationsgesetz kein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen. Vielmehr fallen Informationen nur dann unter das Zugangsrecht, wenn sie zu einer oder mehreren der in § 2 Abs. 3 UIG angegebenen Kategorien gehören.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2011- 8 A 2861/07 -, juris Rn. 60, unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 12. Juni 2003 - C- 316/01 (Glawischnig) -, juris Rn. 25.
23Dies zugrunde gelegt, ist für den Informationsantrag des Klägers jedenfalls § 2Abs. 3 Nr. 3a) UIG einschlägig. Dessen Begriffspaar „Maßnahmen oder Tätigkeiten“ ist seinerseits weit zu verstehen. Entscheidend ist, dass sich die Maßnahme bzw. das Vorhaben auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken kann.
24Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 54, und vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, juris 13; OVG NRW, Urteil vom 1. August 2011 - 8 A 2861/07 -, juris Rn. 56.
25Liegt eine Maßnahme oder Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG vor, stellen alle damit im Zusammenhang stehenden Daten Umweltinformationen dar. Dies ist dann nicht gesondert für jede einzelne Angabe festzustellen.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 1. März 2011 - 8 A 2861/07 -, juris Rn. 62.
27Danach unterfallen die vom Kläger begehrten Informationen zumindest § 2 Abs. 3Nr. 3a) UIG. Die Genehmigung und der Betrieb einer Tierhaltungsanlage stellen umweltrelevante Maßnahmen bzw. Tätigkeiten dar. Infolgedessen sind auch die in Rede stehenden Informationen aus den Genehmigungsunterlagen Umweltinformationen. Die bauliche Gestaltung der Ställe weist dabei ebenfalls einen Umweltbezug auf. Auch sie kann Auswirkungen auf das Emissionsverhalten der Anlage haben.
281.3 Das Verwaltungsgericht hat den Ablehnungsgrund des § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG zutreffend verneint.
29Soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, ist der Antrag nach dieser Vorschrift abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
30Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG setzt ein gewisses Gewicht des Geheimhaltungsinteresses voraus. Dafür sind sowohl das konkrete Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung als auch die Intensität der Beeinträchtigung, also Art und Umfang der Informationspreisgabe, von Bedeutung.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. März 2011 - 8 A 2861/07 -, juris Rn. 110.
32Umstände aus dem datenschutzrechtlich besonders schutzbedürftigen engeren privaten Lebensbereich sind im Umweltinformationsrecht typischerweise nicht betroffen, sondern nur Informationen über ein Heraustreten des Betroffenen in die Außenwelt, das mit Einwirkungen auf die Umwelt verbunden ist.
33Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2016 - 2 LB 69/15 -, juris Rn. 10.
34Die Darlegung einer erheblichen Beeinträchtigung obliegt mit Blick auf das gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen freiem Informationszugang und Versagungsgründen der informationspflichtigen Stelle. Erforderlich ist eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung, dass dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen ein erhebliches Gewicht zukommt.
35Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 12. Februar 2015- OVG 12 B 13.12 -, juris Rn. 29.
36Gemessen daran legt der Beklagte eine erhebliche Beeinträchtigung im Verständnis des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG, deren Vorliegen gerichtlich voll überprüfbar ist, nicht hinreichend konkret dar. Der Umfang des Aktenmaterials für sich genommen sagt nichts über das Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen und die Beeinträchtigungsintensität aus. Auch wenn der Kläger die - wie ausgeführt eingegrenzten - Genehmigungsunterlagen für alle 49 Tierhaltungsanlagen im Landschaftsschutzgebiet der E. einsieht, heißt dies noch nicht, dass schon hierdurch die Interessen jedes einzelnen Betroffenen erheblich beeinträchtigt werden. Dies hängt von der inhaltlichen Qualität und Sensibilität der im Einzelfall offenbarten Informationen ab. Deren Schutzbedürftigkeit gerade im konkreten Fall substantiiert der Beklagte allerdings nicht. Die Besorgnis des Beklagten, der Informationszugang könne zur Folge haben, dass die betroffenen Landwirte und deren Familien mit ungerechtfertigten Beschuldigungen und „nicht belegten Beeinträchtigungen des Umfeldes“ konfrontiert würden, ist in dieser Allgemeinheit nicht geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung – zumal in jedem Einzelfall – der jeweiligen Betriebsinhaber nahezulegen. Dasselbe gilt für das Vorbringen des Beklagten, der Informationszugang ermögliche Rückschlüsse auf wirtschaftliche Eigentums- und Ertragsverhältnisse der einzelnen Genehmigungsinhaber. Der Beklagte lässt offen, konkret aus welchen der streitigen Genehmigungsunterlagen derartige Rückschlüsse gezogen werden könnten. Für eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Landwirte infolge einer Fehlinterpretation der herausverlangten Daten durch den Kläger fehlt es ebenfalls an einem greifbaren tatsächlichen Anknüpfungspunkt. Dass der Kläger nach einer Auswertung der Informationen beim Beklagten oder anderen zuständigen Behörden eventuell auf nachträgliche beschränkende Anordnungen für einzelne Betriebe hinwirkt, ist unerheblich. Das Interesse des einzelnen Landwirts, von einem entsprechenden Verwaltungsverfahren verschont zu bleiben, ist nicht schutzwürdig. Dies zu prüfen wäre erst Aufgabe der zuständigen Behörden. Dabei wäre auch die Bestandskraft erteilter Baugenehmigungen zu berücksichtigen.
37Mangels Darlegung einer erheblichen Beeinträchtigung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG durch den Beklagten ist nicht mehr relevant, ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt oder ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG erfüllt sind.
381.4 Der Informationszugang des Klägers ist nicht gemäß § 2 Satz 3 UIG NRW, § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG ausgeschlossen. Er hat seinen Antrag nicht offensichtlich missbräuchlich gestellt.
39Die Missbräuchlichkeit einer Antragstellung kann sich auch daraus ergeben, dass der Antragsteller über die begehrte Information bereits verfügt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ablehnungsgründe eng auszulegen sind. Missbräuchlich ist ein Antrag, der die Arbeitsfähigkeit und -effektivität der Behörde beeinträchtigt („behördenbezogener Missbrauch“). Die Arbeitskraft der Behörde wird auch dann missbräuchlich in Anspruch genommen, wenn ein Antrag zu Zwecken gestellt wird, die vom Gesetz nicht gedeckt sind. Der „verwendungsbezogene Missbrauch“ kann sich deshalb zugleich als „behördenbezogener Missbrauch“ darstellen. Die Darlegungslast für den Ausschlussgrund liegt bei der informationspflichtigen Stelle.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 70, und vom 24. September 2009- 7 C 2.09 -, juris Rn. 35 f.
41Legt man dies zugrunde, gibt es für einen offensichtlichen Missbrauch im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG keine Anhaltspunkte. Auch wenn der Kläger im Jahr 2015 eine Struktur- und Betroffenheitsanalyse in Auftrag gegeben hat, im Rahmen derer die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe auch nach ihrer bewirtschafteten Hektarzahl sowie ihrem Tierbestand befragt hat, liegen dem Kläger die nunmehr in Rede stehenden Genehmigungsunterlagen mit den Tierplatzzahlen noch nicht vor. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es für den Beklagten mit einer Beeinträchtigung seiner Arbeitseffektivität bzw. mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, wenn er den Informationsantrag des Klägers auch im Hinblick auf die erfragten Tierplatzzahlen bescheidet. Diese sind Teil der zur Verfügung zu stellenden Unterlagen. Auch die Sichtung, Prüfung und Sortierung von 49 umfangreichen Genehmigungsakten als solche erscheint noch nicht als unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand. Dazu wäre ein deutlich größeres zu bewältigendes Aktenvolumen notwendig.
42Vgl. insoweit mit Blick auf § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG auch BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 18 ff.
431.5 Der Verpflichtungsausspruch des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht musste sich nicht auf einen Neubescheidungsausspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschränken. Der Verpflichtungsausspruch des Verwaltungsgerichts, dem Kläger die näher beschriebenen Unterlagen „zur Verfügung zu stellen“, trägt der Regelung des § 2 Satz 2 UIG NRW hinreichend Rechnung, wonach der Informationszugang grundsätzlich in der beantragten Art gewährt wird, es sei denn, es ist für die informationspflichtige Stelle angemessen, die Informationen auf andere Art zu eröffnen. Zu einer bestimmten Art des Informationszugangs wird der Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht gewählten Formulierung nicht verpflichtet. Im Übrigen gehen die Ausführungen des Beklagten zu § 3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UIG ins Leere, weil diese Vorschriften durch § 2 Satz 3 UIG NRW von der Anwendbarkeit im nordrhein-westfälischen Umweltinformationsrecht ausgenommen sind.
442. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.
45Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Beklagten gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens aus den unter 1. genannten Gründen nicht feststellen. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten wirft die Rechtssache auch sonst nicht auf.
463. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
47Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrunds die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie klärungsbedürftig und entscheidungserheblich ist und aus welchen Gründen sie Bedeutung über den Einzelfall hinaus hat.
48Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
49Die vom Beklagten formulierten Fragen:
50„ob Emissionsschutzgutachten, Angaben über Tierplatzzahlen, die bauliche Gestaltung von Ställen und vorzuhaltenden Abluftanlagen sowie Genehmigungsbescheide den Begriff der Umweltinformation im Sinne des Umweltinformationsgesetzes erfüllen,
51ob für die Auslegung des Begriffs der Umweltinformationen auch jeder bloß potentielle Wirkungszusammenhang genügt oder ob dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur für die Umweltinformationen nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG (Bund) gilt,
52ob eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von§ 9 Abs. 1 Nr. 1 UIG (Bund) bereits dann zu verneinen ist, wenn die begehrten Informationen nicht den Kernbereich der Privatsphäre betreffen,
53ob die Beurteilung einer erheblichen Beeinträchtigung von Interessen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 UIG (Bund) eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung des Betroffenen erfordert,
54ob Emissionsschutzgutachten oder Immissionsschutzgutachten, die in Genehmigungsunterlagen enthalten sind, „Emissionen“ im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG (Bund) darstellen,
55ob die Definition in § 3 Abs. 3 BlmSchG zur Auslegung des Begriffs Umweltinformationen über Emissionen in § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG (Bund) herangezogen werden darf,
56ob es sich bei den Informationen über Tierplatzzahlen, über die Gestaltung und konkrete Ausstattung baulicher Anlagen sowie die in Genehmigungsbescheiden zu Tierhaltungsanlagen sonstigen enthaltenen Informationen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG (Bund) handelt, an dessen Nichtverbreitung die betroffenen Genehmigungsinhaber und Betriebe ein schutzwürdiges kaufmännisches oder technisches Interesse haben.“
57führen nicht auf einen grundsätzlichen Klärungsbedarf im Sinne von § 124 Abs. 2Nr. 3 VwGO.
58Der Begriff der Umweltinformation des § 2 UIG ist in der unter 1.2 zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts geklärt. Dies gilt auch für Inhalt und Reichweite von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG. Alles Weitere ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, die einer verallgemeinernden Klärung nicht zugänglich ist.
59Wie unter 1.3 wiedergegeben, liegt auch zum Verständnis des § 9 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 UIG und zu den von ihm an die informationspflichtige Stelle gerichteten Darlegungsanforderungen eine gefestigte Rechtsprechung vor. Abgesehen davon würde sich die Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG bereits dann zu verneinen ist, wenn die begehrten Informationen nicht den Kernbereich der Privatsphäre betreffen, in einem Berufungsverfahren so nicht stellen. Dies kann nach Lage der Dinge offen bleiben, weil es jedenfalls an einer erheblichen Beeinträchtigung im Sinne dieser Bestimmung fehlt. Aus entsprechenden Gründen würde die zu § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG gestellte Frage dahinstehen können.
60Was § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG anbelangt, ist der Begriff des (schützenswerten) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 87 ff., Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 -, juris Rn. 10 ff., Urteile vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, juris Rn. 49 ff., und vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 -, juris Rn. 12 ff.
62Ob es sich bei bestimmten Informationen, wie sie der Beklagte beispielhaft in seiner Frage nennt, um nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG (schützenswerte) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses handelt, ist dann abhängig von den Umständen des Einzelfalls, der sich einer verallgemeinernden Klärung entzieht.
634. Es liegt kein der Beurteilung des beschließenden Gerichts unterliegender Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann, weil die Beiladung der betroffenen Genehmigungsinhaber unterblieben ist.
64Nicht jeder Verfahrensfehler begründet einen Anspruch auf Durchführung eines Berufungsverfahrens. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO sind nur erfüllt, wenn das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann. Dies setzt voraus, dass sich die Verletzung des Verfahrensfehlers auf das Urteil auswirken konnte. Hinzukommen muss, dass der Rechtsmittelführer durch den Verfahrensmangel in eigenen Rechten betroffen und damit materiell beschwert ist.
65Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. September 2009 - 8 B 75/09 -, juris Rn. 3; Hess. VGH, Beschluss vom 19. Februar 2018 - 4 A 712/16.Z -, juris Rn. 35; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 10 ZB 12.1968 ‑, juris Rn. 7.
66Dies ist im Hinblick auf den Beklagten nicht der Fall.
67Die notwendige Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO bezweckt nicht, die Verfahrensposition eines Verfahrensbeteiligten zu stärken, sondern soll die Rechte des Beizuladenden schützen und dient darüber hinaus der Prozessökonomie, indem sie die Rechtskraft des Urteils auf alle am Rechtsstreit Beteiligten erstreckt. Dient danach die Beiladung aber gerade nicht dem Schutz der Klägerin oder des Beklagten, so gibt ihnen § 65 Abs. 2 VwGO auch kein subjektives Recht auf fehlerfreie Anwendung dieser Regelung. Wer - wie der Beklagte - ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt gewesen ist und deshalb auf das Prozessergebnis einwirken konnte, wird daher durch das Unterbleiben der notwendigen Beiladung eines anderen nicht in eigenen Rechten berührt.
68Vgl. insofern BVerwG, Beschluss vom 16. September 2009 - 8 B 75.09 -, juris Rn. 3, Urteil vom 7. Februar 1986 - 4 C 30.84 -, juris Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 19. Februar 2018 - 4 A 712/16.Z -, juris Rn. 36; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 10 ZB 12.1968 -, juris Rn. 8.
69Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
70Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
71Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
72Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).