Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 50.000,-- Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016, mit welchem diese die Antragstellerin unter Androhung eines Zwangsgeldes dazu aufforderte, alle Teilleistungsverträge vorzulegen, welche sie bereits mit ihren Kunden geschlossen hat und ab Zugang des Bescheids mit ihren Kunden schließen wird.
4Die Antragstellerin erbringt gewerbsmäßig Briefdienstleistungen bis 1.000 Gramm. Als Konsolidiererin bietet sie ihren Kunden die Abholung, Frankierung, Sortierung und Einlieferung von Briefsendungen in Briefzentren der Deutsche Post AG (DPAG) oder Dienstleistungszentren der Deutsche Post InHaus Services GmbH (Deutsche Post IHS), einer einhundertprozentigen Tochtergesellschaft der DPAG an.
5Die DPAG erwarb über die in ihrem Alleinbesitz stehende Tochtergesellschaft Deutsche Post Beteiligungen Holding GmbH (DP Hold) auf der Grundlage eines Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrags (GAKV) vom 19. Dezember 2012 26 Pro-zent der Unternehmensanteile der Antragstellerin. Die übrigen 74 Prozent hielt die Max Ventures Management GmbH (Max Ventures GmbH - MVG).
6Am 19. Dezember 2012 wurde auch der Gesellschaftsvertrag (GV) neu gefasst. Unter anderem wurde vereinbart, dass die Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des Stammkapitals festlegt, welche Rechtsgeschäfte nur mit ihrer vorherigen Zustimmung vorgenommen werden dürfen (Ziffer 5.4 GV), und dass die Gesellschafterversammlung ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst, soweit nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschreiben (Ziffer 7.2 GV). In Anwendung von Ziffer 5.4 und 7.2 des Gesellschaftvertrages beschloss die Gesellschafterversammlung am selben Tag eine Liste von Geschäften und Maßnahmen, die eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen bedurften (Anlage B I 4). Seit dem Anteilskauf gewährte die DPAG der Antragstellerin Darlehen, die sich auf ca. 22 Millionen Euro belaufen.
7Mit Anhörungsschreiben vom 5. September 2016 legte die Antragsgegnerin der Antragstellerin dar, weshalb diese die Antragstellerin als marktbeherrschendes Unternehmen einstufe, welches nach § 30 Abs. 1 PostG zur Vorlage von Teilleistungsverträgen verpflichtet sei.
8Unter dem 20. Oktober 2016 erließ die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Bescheid. Gegen diesen erhob die Antragstellerin am 17. November 2016 Widerspruch und suchte zugleich beim Verwaltungsgericht Köln um vorläufigen Rechtsschutz nach. Zur Begründung ihres Antrags machte sie geltend, sie sei kein markbeherrschendes Unternehmen. Sie bilde im maßgeblichen Zeitpunkt des Verfügungserlasses kein mit der DPAG verbundenes Unternehmen im Sinne des § 36 Abs. 2 GWB i. V. m. § 17 AktG.
9Mit Beschluss vom 23. Februar 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin abgelehnt. Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragstellerin aus, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestünden. Die Antragstellerin sei ihrer Verpflichtung nach § 30 Abs. 1 PostG bislang nicht nachgekommen. Danach seien Verträge über Teilleistungen nach § 28 PostG innerhalb eines Monats nach Vertragsabschluss von dem marktbeherrschenden Anbieter vorzulegen. Die mitbeherrschende Stellung der DPAG gegenüber der Antragstellerin im Sinne von § 36 Abs. 2 GWB ergebe sich aus der konkreten gesellschaftsvertragsrechtlichen Ausgestaltung der gemeinsamen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Antragstellerin durch die DPAG und die MVG. Diese ließen in der Gesamtschau nur den Schluss zu, dass die DPAG (mit-) herrschendes Unternehmen über die abhängige Antragstellerin sei und deshalb beide Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen seien.
10Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin rechtzeitig am 10. April 2018 Beschwerde erhoben und diese mit Schriftsatz vom 26. April 2018 begründet. Mit weiterem Schriftsatz vom 7. Juni 2018 hat die Antragstellerin Änderungen des Gesellschaftsvertrages und des Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrages angezeigt. Sie ist der Auffassung, die Änderungen seien aus prozessökonomischen Gründen im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Zu keinem Zeitpunkt habe eine mitbeherrschende Stellung der DPAG bzw. DP Hold bestanden. Dies gelte erst recht nach den erfolgten Vertragsänderungen. Es bestünden keine zwischen den Gesellschaftern und der Antragstellerin - bei Minderheitsgesellschaftern üblichen - gemeinsamen Interessen und gegenseitigen Abhängigkeiten. Die DP Hold verfüge nicht über ein „massives Druck- und Drohpotential", das eine Mitbeherrschung begründen könne. Sämtliche Geschäfte und Maßnahmen unterlägen nunmehr der einfachen Mehrheit, so dass die MVG allein über diese beschließen könne. Auch das Exit-Recht nach Ziffer 16.2 GAKV existiere nicht mehr; zudem seien die Gewinnverteilungsregelungen geändert worden. Für die Frage, ob die Vorlagepflicht fortbestehe, sei auf die gegenwärtigen Beherrschungsverhältnisse abzustellen.
11Die Antragstellerin beantragt,
12unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Februar 2018 die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 17. November 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016 anzuordnen.
13Die Antragsgegnerin beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Sie ist der Auffassung, die vorgenommenen gesellschaftsvertraglichen Änderungen blieben ohne Auswirkung für die Vergangenheit. Der Antragstellerin sei zwar zuzugestehen, dass die Änderungen der Verträge zu einer wesentlichen Veränderung der (gesellschafts-)vertraglichen Ausgestaltung der Einwirkungsmöglichkeiten auf die Antragstellerin durch die DPAG und die MVG führten. Eine mitbeherrschende Stellung der DPAG sei aber weiterhin gegeben. Es sei eine kartellrechtsspezifische Betrachtung des § 36 Abs. 2 GWB erforderlich. Es verblieben wirtschaftliche und tatsächliche Umstände, die einen mitbeherrschenden Einfluss der DPAG begründeten. Die Antragstellerin habe sich durch den Abschluss der Darlehensverträge mit der DPAG in eine wirtschaftliche Abhängigkeit zu dieser begeben. Es sei anzunehmen, dass sich die Gesellschafter der Mehrheitsgesellschafterin MVG ohne Weiteres
16gewillt zeigten, die Weisungen und Wünsche der DPAG im Rahmen der Mehrheits-beteiligung an der Antragstellerin einzubringen und umzusetzen. Sollte in Zukunft weiterer Liquiditätsbedarf bestehen, dürfte die DPAG die Hauptansprechpartnerin sein, wenn es um das Einwerben weiterer finanzieller Mittel gehe. Zudem sei das Geschäftsmodell der Antragstellerin abhängig von der DPAG, weil es vollständig auf den Teilleistungszugang der DPAG angewiesen sei. Dies gelte für Sendungen, die unmittelbar von der Antragstellerin in die Briefzentren der DPAG eingeliefert würden und erst recht für solche Sendungen, die zunächst an die Deutsche Post IHS über-geben würden. Die DPAG könne zudem durch die Deutsche Post IHS ganz erheb-lichen Einfluss auf den Geschäftserfolg der Antragstellerin ausüben. Die DPAG sei mit der Deutschen Post IHS selbst mit Konsolidierungsleistungen am Markt vertreten; beide Unternehmen hätten gegenüber der Antragstellerin deutlich stärkere Marktpo-sitionen inne. Die Antragstellerin sei deshalb auch insoweit von der DPAG abhängig, als diese frei entscheiden könne, ob, wo und in welchem Maße die Deutsche Post IHS in den Gebieten oder gegenüber den Kunden, welche die Antragstellerin be-diene, selbst tätig werde. Mittels dieses Drohpotentials könne die DPAG die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin auch außerhalb der gesellschaftlichen Struk-turen maßgeblich beeinflussen und das Handeln der Antragstellerin im eigenen Sinne lenken.
17II.
18Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016 anzuordnen.
19A. Der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gerichtete Antrag ist zulässig. Es fehlt nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragstellerin während des Beschwerdeverfahrens eine am 6. Juni 2018 erfolgte Änderungen des Gesellschafts- und des Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrages angezeigt hat. Dadurch hat sich das Verfahren in der Hauptsache nicht erledigt. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016 entfaltet weiterhin Wirkung. Dies gilt sowohl, soweit die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Vorlage der bis zum Zugang des Bescheids bereits geschlossenen Teilleistungsverträge (Ziffer 1 des Bescheids) als auch der zukünftig noch zu schließenden Teilleistungsverträge (Ziffer 3 des Bescheids) aufgefordert hat. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung enthält Ziffer 3 des Bescheids eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht und deren Rechtmäßigkeit sich nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt beurteilt.
20Unabhängig davon, dass dies nicht zur Erledigung des angegriffenen Bescheides und zum Wegfall des Rechtsschutzes führen würde, ist der Antragstellerin die Vorlage der Teilleistungsverträge ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Vertragsänderungen faktisch auch weiterhin möglich. Auch kann der mit Vorlageverpflichtung einhergehende Zweck des § 30 PostG, der Antragsgegnerin einen Überblick über das Marktgeschehen im Hinblick auf Teilleistungsverträge zu verschaffen,
21vgl. BT-Drs. 13/7774, S. 28; Gerstner, in: Beck´scher PostG-Kommentar, 2. Aufl. 2004, § 30 Rn. 1,
22weiterhin erreicht werden. Die DPAG ist als marktbeherrschender Briefdienstleister verpflichtet, Wettbewerbern den Zugang zum Netz anbieten. Diesem Zugang kommt eine besondere Bedeutung zu, da bislang kein Postdienstleister ein bundesweit flächendeckendes Alternativnetz anbietet. Die Marktbeobachtung ermöglicht der Antragsgegnerin die Feststellung, ob und inwieweit das marktbeherrschende Unternehmen die Entstehung bzw. Entwicklung wettbewerblicher Strukturen zu verhindern oder zu erschweren versucht.
23B. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Beschwerdevorbringen stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin sei nach Maßgabe des GV und des GAKV in der Fassung vom 19. Dezember 2012 marktbeherrschend und deshalb verpflichtet, die unter der Geltung dieses Gesellschaftsvertrages mit ihren Kunden geschlossenen Teilleistungsverträge vorzulegen, nicht durchgreifend in Frage (I.). Ob die Vorlageverpflichtung auch nach Maßgabe der geänderten Verträge Geltung beansprucht, ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Hierüber hat auch das Verwaltungsgericht nicht entschieden (II.).
24I. Die Einwendungen der Antragstellerin gegen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Februar 2018 greifen nicht durch.
251. Die Antragstellerin rügt eine Verletzung ihres Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und führt dazu im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe die von ihr vorgetragenen Überlegungen unberücksichtigt gelassen bzw. sich nicht mit diesen auseinandergesetzt. Dieser Vortrag lässt unberücksichtigt, dass eine Beschwerde innerhalb der von §146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO gezogenen Grenzen zu einer umfassenden und nicht von erfolgreich gerügten Verfahrensfehlern abhängigen Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung als zweite Tatsacheninstanz führt. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör auch nicht verletzt. Das verfassungsrechtlich aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Gebot des rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können, und verpflichtet das Gericht, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in seine Entscheidungserwägungen einzustellen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings grundsätzlich erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat. Das Gericht ist hingegen nicht gehalten, den Ausführungen eines Beteiligten in der Sache zu folgen. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist auch nicht geeignet, eine - vermeintlich - fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung oder eine ‑ vermeintlich - fehlerhafte Rechtsauffassung zu beanstanden.
26Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2005 - 2 BvR 1090/05 -, juris, Rn. 26; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Januar 2017 - 13 A 1801/16.A -, juris, Rn. 3, vom 8. Mai 2015 - 13 A 949/15.A -, juris, Rn. 3 f., und vom 18. September 2014 - 13 A 1019/14.A -, juris, Rn. 7 f., jeweils m.w.N.
27Ausgehend hiervon bietet das Beschwerdevorbringen keinen Anlass für die Annahme, das Verwaltungsgericht habe den Vortrag der Antragstellerin nicht zur Kenntnis genommen. Die Antragstellerin beanstandet in der Sache vielmehr, dass das Verwaltungsgericht ihrer Rechtsauffassung nicht gefolgt ist. Dies begründet, wie ausgeführt, aber keinen Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.
282. Erfolglos macht die Antragstellerin weiter geltend, die Feststellung ihrer marktbeherrschenden Stellung sei fehlerhaft erfolgt.
29a) Fehlerhaft sei sie schon deshalb, weil das Verwaltungsgericht einen fehlerhaften rechtlichen Maßstab angewandt habe. Die von ihr mit der Beschwerde vorgebrachten Argumente tragen diese Einschätzung aber nicht.
30aa) Marktbeherrschend ist nach § 4 Nr. 6 PostG jedes Unternehmen, dass nach § 19 GWB a.F. (§ 18 Abs. 1 GWB n.F.) als marktbeherrschend anzusehen ist. Dies trifft auf die DPAG unstreitig zu. Nach § 36 Abs. 2 GWB gilt dies auch für die Antragstellerin. Zwar verweist § 4 Nr. 6 PostG nicht auf § 36 Abs. 2 GWB. In der Senatsrechtsprechung,
31vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2011 - 13 B 1082/11 -, N & R 2012, 51 = juris, Rn. 5,
32ist aber anerkannt, dass die Verbundklausel des § 36 Abs. 2 GWB nach Sinn und Zweck der Regelung zur Anwendung kommt.
33Vgl. auch Schreiber, in: Groebel/Katzschmann/ Koenig/Lehmberg (Hrsg) Postrecht, 2014, Kapitel D, Rn. 50, vgl. auch § 3 Nr. 29 TKG: Im Sinne des TKG sind „Unternehmen“ das Unternehmen selbst oder mit ihm im Sinne des § 36 Abs. 2 und § 37 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verbundene Unternehmen.
34Nach dieser Vorschrift werden Unternehmen, die so miteinander verbunden sind, dass sie trotz rechtlicher Selbstständigkeit infolge gegenseitiger Verflechtungen oder einseitig bestehender Einflussmöglichkeiten unter wettbewerblichen Gesichtspunkten als Einheit anzusehen sind, aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch für Zwecke der Fusionskontrolle als Einheit behandelt. Würden nach § 36 Abs. 2 GWB verbundene Unternehmen im Postrecht nicht als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden, eröffnete dies dem marktbeherrschenden Unternehmen DPAG Möglichkeiten, regulierungsrechtliche Verpflichtungen durch eine Aufteilung ihrer Tätigkeiten auf verschiedene Tochtergesellschaften zu umgehen. Dass dem Postgesetz das Konzept der Verbundklausel nach § 36 Abs. 2 GWB nicht fremd ist, ergibt sich im Übrigen auch aus den in § 12 Abs. 2 sowie § 13 Abs. 4 PostG enthaltenen Regelungen, die die Gewährleistung des Universaldienstes betreffen. In diesem Rahmen darf die Regulierungsbehörde unter anderem einem Lizenznehmer, der auf dem räumlich relevanten oder einem räumlich angrenzenden Markt lizenzpflichtige Postdienstleistungen erbringt und auf diesem Markt marktbeherrschend ist, die Erbringung von Universaldienstleistungen auferlegen. Gemäß § 13 Abs. 4 PostG gilt dies entsprechend für ein Unternehmen, das auf einem in Abs. 2 genannten Markt tätig ist und das mit einem Lizenznehmer nach Abs. 2 oder 3 ein einheitliches Unternehmen bildet. Als einheitliches Unternehmen wird durch das Gesetz danach jede Verbindung von Unternehmen im Sinne des früheren § 23 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 GWB a. F. (heute: § 36 Abs. 2 GWB) eingestuft. Letztlich macht auch dies deutlich, dass im Rahmen der Beurteilung der marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens auch im Postrecht an das Konzept der Verbundklausel anzuschließen ist.
35Vgl. VG Köln, Urteil vom 1. Dezember 2015 - 22 K 3555/14 -, juris, Rn. 30 ff.; Schreiber, a.a.O., Kapitel D, Rn. 50.
36bb) Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB sind verbundene Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen, wenn ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG (sog. Verbundklausel) oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG (sog. Konzernklausel) ist. Wirken mehrere Unternehmen derart zusammen, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können, gilt jedes von ihnen als herrschendes (Satz 2). Gemäß § 17 Abs. 1 AktG sind abhängige Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Nach § 17 Abs. 2 AktG wird von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist.
37Der Senat hat bislang nicht entscheiden, ob die zu § 17 Abs. 1 AktG entwickelten Voraussetzungen für die Annahme eines beherrschenden Einflusses im Anwendungsbereich des Postrechts unmodifiziert zu Grunde zu legen sind. Insoweit ist nicht zu verkennen, dass bereits die Regelungen über verbundene Unternehmen im Aktiengesetz und die Regelungen über die Fusionskontrolle in den §§ 35 ff. GWB unterschiedliche Ziele verfolgen. So dient die aktienrechtliche Verbundklausel dem Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger.
38Vgl. zum Aktienrecht: BGH, Urteil vom 4. März 1974
39II ZR 89/72 -, juris, Rn. 12.
40Das GWB dient hingegen der Wahrung wettbewerblicher Marktstrukturen. Erreicht werden soll die Absicherung eines durchgängigen Schutzes des Wettbewerbs und der Handlungsfreiheit der Wirtschaftsteilnehmer vor Behinderungen durch private Unternehmen auf den jeweiligen Märkten. Das Wettbewerbsrecht soll eine staatliche Garantie für das Funktionieren des bestehenden Wettbewerbs - die Institution Wettbewerb per se - und der geöffneten Märkte bieten.
41Vgl. Tewes, Netze im Postdienstsektor, 2017, S. 35; Paschke, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 92. Lief. 11.2018, § 36 GWB Rn. 95.
42Die regulierungsrechtlichen Vorschriften im Postrecht verfolgen demgegenüber neben anderen gemeinwohlorientierten Belangen der öffentlichen Daseinsvorsorge u.a. das Ziel, einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb auf den Märkten erst herzustellen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 PostG). Durch regulatorische Maßnahmen soll potentiellen Wettbewerbern zu einem tatsächlichen Marktzugang verholfen und Marktversagen infolge einer langjährigen Monopolsituation korrigiert werden.
43Vgl. Tewes, a.a.O., S. 36 f.
44Zur Durchsetzung dieses Ziels regelt das Postgesetz Zugangsansprüche und verbindet diese mit an marktbeherrschende Unternehmen gerichteten Verpflichtungen, wie der hier in Rede stehenden Pflicht zur Vorlage von Teilleistungsverträgen nach § 30 Abs. 1 PostG. Die gesetzlich auferlegten Zugangs- und Transparenzverpflichtungen sollen missbräuchliches Verhalten dadurch verhindern, dass der Regulierungsbehörde ein umfassender Einblick in die vereinbarten Vertragsbedingungen und Entgelte gewährt wird. Dementsprechend kommt dem Regulierungsrecht eine weitergehende Funktion zu als dem allgemeinen Wettbewerbsrecht.
45Ob angesichts der unterschiedlichen Zielsetzung im Anwendungsbereich des Postgesetzes ein weniger starker Einfluss als in § 17 Abs. 1 AktG vorgesehen genügen kann, um eine Abhängigkeit zu begründen, und ob es - wie die Antragsgegnerin wohl meint – deshalb ausreicht, dass das marktbeherrschende Unternehmen das Marktverhalten ein anderes Unternehmen im wettbewerblichen Kontext „irgendwie“ steuern kann, ist ungeklärt (vgl. dazu auch II. 2).
46Hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages vom 19. Dezember 2012 ist eine Klärung nicht erforderlich, weil Überwiegendes dafür spricht, dass zwischen der Antragstellerin und der DPAG - über die DPHold als Tochter der DPAG - ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG besteht.
47cc) Eine Abhängigkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG liegt vor, wenn das herrschende Unternehmen über Mittel verfügt, die ihm eine gesicherte Einflussmöglichkeit auf das abhängige Unternehmen verschaffen.
48Vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1974 - II ZR 89/72 -, juris, Rn. 15; OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2003 -19 W 6/00 AktE -, AG 2003, 688 (689); Paschke, a.a.O., § 36 GWB Rn. 92, unter Verweis auf die nach wie vor Geltung beanspruchende Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie auf Rechtsprechung des BGH; vgl im Einzelnen auch Vetter in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 17 AktG Rn. 5 ff.
49Die gesicherte Einflussmöglichkeit muss gesellschaftsrechtlich bedingt oder vermittelt sein.
50Vgl. BHG, Beschluss vom 19. Januar 1993 - KVR 32/91 -, juris, Rn. 38.
51Dabei kann nach der Rechtsprechung des BGH,
52vgl. Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 129/10 - juris, Rn. 16,
53auch eine unter 50 Prozent liegende Beteiligung in Verbindung mit weiteren verlässlichen Umständen rechtlicher oder tatsächlicher Art eine Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG begründen, wenn die abstrakte Möglichkeit einer beständigen und umfassenden nicht ausschließlich tatsächlich, sondern auch gesellschaftsrechtlich vermittelten Möglichkeit zur Einflussnahme besteht.
54Vgl. dazu Vetter, a.a.O., § 17 AktG, Rn. 15: Gesellschaftsrechtliche vs. schuldrechtlich vermittelte Einflussnahmemöglichkeiten; zur Erforderlichkeit einer gesellschaftsrechtlich geprägten Abhängigkeit: Windbichler in: Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Aufl. 2017, § 17 Rn. 11 ff.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-Konzernrecht, 8. Aufl. 2016, AktG § 17 Rn. 14.
55Bei einer Minderheitsbeteiligung können die gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflussmöglichkeiten durch außergesellschaftsrechtliche Mittel wie umfangreiche Liefer-, Leistungs- oder Kreditbeziehungen zu einem beherrschenden Einfluss verstärkt werden. Maßgeblich ist eine umfassende Würdigung der gesamten rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen.
56Vgl. Vetter, a.a.O., § 17 AktG Rn. 16; Paschke, a.a.O., § 36 GWB Rn. 98 f.
57dd) Dies zu Grunde gelegt, lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht einen unzutreffenden Maßstab angewandt hat, indem es davon ausgegangen ist, dass jedenfalls eine auf dem Zusammenwirken der Hauptgesellschafter beruhende gesicherte gemeinsame Beherrschungsmöglichkeit erforderlich ist, die es anhand der im Gesellschaftsvertrag angelegten Einflussnahmemöglichkeiten der DPAG auf die Antragstellerin bejaht hat (vgl. Beschlussabdruck Bl. 14 f). Im Übrigen hat es weder eine - hier nicht gegebene - paritätische Beteiligung noch gemeinsame Interessen der Antragstellerin bzw. der MVG und der DPAG genügen lassen, um eine Beherrschung zu bejahen.
58b) Das Vorbringen der Antragstellerin führt weiter nicht zur Annahme, die für die Annahme einer beherrschenden Stellung erforderlichen Voraussetzungen hätten nicht vorgelegen. Zwar greift die Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 AktG nicht ein, weil die DPAG über die DP Hold lediglich über 26 % der Kapital- und Stimmanteile verfügt. Dies steht im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau der Annahme einer gesellschaftsrechtlich vermittelten gesicherten Einflussmöglichkeit der DPAG auf die Geschäftsführung der Antragstellerin aber nicht entgegen.
59Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin in der Fassung vom 19. Dezember 2012 zahlreiche und strategisch bedeutsame Geschäfte und Maßnahmen aufzählt, die einer Drei-Viertel-Mehrheit bedürfen. Anders als die Antragstellerin geltend macht, dienen diese nicht lediglich dem Minderheitenschutz. Die Mehrheitserfordernisse wie auch die Vetorechte vermitteln der DPAG in der Gesamtschau erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung der Antragstellerin:
60Gemäß Ziffer 7.1 GV ist die Gesellschafterversammlung beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen und mindestens 75 Prozent des Stammkapitals vertreten sind. Ist der Anteil des vertretenen Stammkapitals geringer, so ist eine zweite Gesellschaftsversammlung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf den Anteil des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist. Gemäß Ziffer 5.4 GV legt die Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des Stammkapitals fest, welche Rechtsgeschäfte nur mit ihrer vorherigen Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Am 19. Dezember 2012 hat die Gesellschafterversammlung - parallel zur Änderung des Gesellschaftsvertrags und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Anteilserwerb durch die DPAG - eine Liste zustimmungspflichtiger Geschäfte und Maßnahmen im Sinne von Ziffer 5.4 des Gesellschaftsvertrags beschlossen (Anlage B I 4), mit der der Einfluss des Minderheitsanteils von 26 Prozent dadurch gesichert wird, dass nicht nur die Aufhebung oder Änderung der Liste zustimmungspflichtiger Rechtsgeschäfte einer Mehrheit von 75 Prozent bedürfen, sondern auch die in der Liste aufgeführten Geschäfte. Zu den zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäften, deren Abschluss nicht ohne Zustimmung der DPAG erfolgen kann, gehören neben Rechtsgeschäften, die sich auf die Beteiligung an der Antragstellerin bzw. auf Beteiligung der Antragstellerin an anderen Unternehmen beziehen (vgl. Ziffern 1 und 2 der Liste zustimmungspflichtiger Geschäfte und Maßnahmen) auch die Aufnahme oder Gewährung von Krediten und Sicherheiten, soweit deren Umfang mehr als 500.000 Euro beträgt (Ziffern 3 und 4). Durch das Zustimmungserfordernis bei der Aufnahme von Krediten von mehr als 500.000 Euro hat die DPAG erheblichen Einfluss auf die wesentlichen finanziellen Entscheidungen des Unternehmens, denn ohne Zustimmung der DPAG ist im Bedarfsfall eine frische Liquiditätszufuhr nicht möglich. Die Schwelle von 500.000 Euro ist angesichts des Finanzierungsbedarfs der Antragstellerin, der sich daran erkennen lässt, dass die DPAG seit ihrem Anteilskauf Darlehen in Höhe von 22 Millionen Euro gewährt hat, nicht als besonders hoch anzusehen. Hinzu kommt, dass Ziffer 5 der Liste zustimmungspflichtiger Rechtsgeschäfte den Abschluss, die Aufhebung, die Änderung oder die Beendigung von Verträgen mit Geschäftsführern, deren Angehörigen im Sinne des § 16 AO oder verbundenen Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG als zustimmungspflichte Maßnahmen benennt. Dadurch dass auch Anstellungsverträge der Geschäftsführer erfasst sein dürften, wird der DPAG ein erheblicher Einfluss auf die Personalentscheidungsgewalt verliehen werden. Nach Ziffer 6 der Liste zustimmungspflichtiger Rechtsgeschäfte kann sie zudem mit ihrer Beteiligung verhindern, dass Änderungen hinsichtlich der gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsregelungen vorgenommen werden. Diese Regelung räumt der DPAG ein Vetorecht hinsichtlich der Gewinnverteilung ein, mit dem sie sicherstellen kann, dass sie bis zum Ablauf des Jahres 2032 50 Prozent des ausschüttungsfähigen Gewinns bei nur 26 Prozent der Geschäftsanteile erhält (vgl. Ziff. 8.2 GV).
61Aus dem Vertrag vom 19. Dezember 2012 erwachsen der DPAG zudem besondere Einflussrechte auf den Bestand der Gesellschaft und damit mittelbar auch auf die geschäftlichen Entscheidungen der Gesellschaft. Nach Ziffern 16.1 und 16.2 GAKV kann die DPAG binnen drei Monaten verlangen, dass die MVG der Liquidation der Gesellschaft zustimmt, wenn ein aktualisierter Liquiditätsplan ergibt, dass der Finanzierungsbedarf der Gesellschaft im Zeitraum zwischen Januar 2013 und Dezember 2014 mehr als 50 Prozent größer ist als in dem bei Anteilserwerb aktuellen Liquiditätsplan. Ab Januar 2015 kann die DPAG bereits bei einem im Vergleich zur aktuellen Liquiditätsplanung nur 10 Prozent höheren Liquiditätsbedarf die Zustimmung zur Liquidierung der Gesellschaft verlangen. Durch diese Exit-Regelungen und das Zustimmungserfordernis bei Krediten über 500.000 Euro hat die DPAG einen ganz erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft. Als wesentlichem Kreditgeber der Antragstellerin steht ihr regelmäßig die Möglichkeit zu, die Gesellschaft zu liquidieren oder aber neue finanzielle Mittel in die Gesellschaft zu investieren. Wann immer der DPAG damit die Möglichkeit zusteht, die Gesellschaft zu liquidieren, kann sie in der Folge dessen auch die gewährten Darlehen fällig stellen. Hinzu kommt, dass es der Antragstellerin ohne eine Mehrheit von drei Vierteln des Stammkapitals verwehrt ist, Gewinne in Rücklagen einzustellen (Ziffer 8.3. GV), um auf diese notfalls zuzugreifen. Auch kann sie ohne Zustimmung der DPAG nicht über ihre Geschäftsanteile verfügen (Ziffer 9 GV). Aufgrund dieses ganz erheblichen Drohpotentials ist nicht davon auszugehen, dass die Geschäftsführung der Antragstellerin frei und unabhängig vom Willen der Minderheitsgesellschafterin agieren kann.
623. Ist nach alldem davon auszugehen, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016 bestehen, soweit die Antragstellerin darin zur Vorlage von Teilleistungsverträgen aufgefordert wird, die sie während der Geltungsdauer des GAKV und des GV vom 19. Dezember 2012 abgeschlossen hat, zeigt das Beschwerdevorbringen auch im Übrigen keine hinreichenden Gründe auf, die insoweit eine Abweichung von der nach § 44 Satz 2 PostG i. V. m. § 80 Abs. 2 TKG 1996 bzw. § 137 Abs. 1 TKG 2004 vorgesehene sofortigen Vollziehung rechtfertigen.
63II. Die von der Antragstellerin angezeigten Änderungen des Gesellschaftsvertrags und des Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrages vom 7. Juni 2018 sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen (1.). Nicht abschließend zu klären ist deshalb, ob die Antragstellerin weiterhin als marktbeherrschendes Unternehmen zur Vorlage der nach Inkrafttreten dieser Änderungen abgeschlossenen Teilleistungsverträge verpflichtet ist (2.).
641. Die angezeigten Vertragsänderungen sind aus prozessualen Gründen nicht berücksichtigungsfähig. Materiell-rechtlich bestimmt sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Dauerverwaltungsakts (Ziffer 3 des Bescheids) im Entscheidungszeitpunkt des Senats zwar nach der aktuellen Sach- und Rechtslage. Prozessual sind zwischenzeitlich erfolgte Änderungen der Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren aber lediglich in den Grenzen des § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass die für einen Erfolg der Beschwerde möglicherweise relevanten Gründe jedenfalls bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorliegen müssen. Erstmals nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgetragene neue Umstände sind nicht berücksichtigungsfähig.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 15 B 524/09 -, juris, Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 - 2 S 8.16 -, juris, Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Juni 2006 - 11 S 2135/05 -, juris, Rn. 20; Kaufmann, in: BeckOK VwGO, 48. Ed. 1.1.2019, § 146 Rn. 11; Rudsile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. EL September 2018, § 146 Rn. 13a; Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, Rn. 27.
66Hiervon ist auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie, des effektiven Rechtsschutzes oder der Waffengleichheit eine Ausnahme für nach Ablauf der Begründungsfrist eingetretene Umstände, die daher auch nicht fristgemäß geltend gemacht werden konnten, zu machen.
67So aber VGH Baden -Württemberg., Beschluss vom 27. Januar 2006 - 6 S 1860/05 -, NVwZ-RR 2006, 395 = juris, Rn. 3; vgl. auch Eyermann/Happ, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 29; vgl. zum Streitstand Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 81 ff.
68Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und dem darin zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers wird aus prozessökonomischen Gründen der Zugriff des Beschwerdegerichts auf den Streitgegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung nur beschränkt eröffnet.
69Vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 - 2 S 8.16 -, juris, Rn. 14.
70Dies stellt einen Antragsteller auch nicht rechtsschutzlos, denn diesem bleibt die Möglichkeit (zeitnah) ein Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO durchzuführen.
71Vgl. Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, Rn. 27.
722. Ausgehend hiervon ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu klären, ob die Antragstellerin nach Inkrafttreten der Änderung des Gesellschaftsvertrages weiterhin nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 GWB als mit der DPAG verbundenes Unternehmen anzusehen und deshalb zur weiteren Vorlage von Teilleistungsverträgen verpflichtet ist.
73Insoweit wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass dies zweifelhaft sein könnte, weil selbst die Antragsgegnerin davon ausgeht, dass es jedenfalls an einem im Wesentlichen gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluss fehlen dürfte (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 2. August 2018). Hierauf hindeuten könnten u.a. die folgenden Umstände:
74Ziffer 5.4 des Gesellschaftsvertrages wurde dahingehend abgeändert, dass die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit zustimmungspflichtige Geschäfte festlegen kann. Das Erfordernis einer Zustimmung durch eine Mehrheit von drei Vierteln des Stammkapitels ist damit aufgehoben worden. Die Mehrheitsgesellschafterin ‑ MVG - mit einem Anteil am Stammkapital von 74 Prozent kann folglich ohne Mitwirkung der DP Hold (Anteil am Stammkapital von 26 Prozent) die zustimmungsbedürftigen Geschäfte alleine festlegen. Unter Aufhebung der bisherigen Liste der zustimmungspflichtigen Geschäfte ist eine verkürzte Liste zustimmungspflichtiger Geschäfte festgelegt worden. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung wird mit einfacher Mehrheit beschlossen (zuvor Drei-Viertel-Mehrheit). Die Gesellschafterversammlung ist nunmehr bereits bei der ersten Einberufung beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen ist und mindestens die Hälfte (zuvor drei Viertel) des vorhandenen Stammkapitals vertreten ist. Der Beschluss über die Rücklage eines Teils des Gewinns erfolgt nunmehr mit einfacher Mehrheit. Die Regelungen zur Gewinnverteilung wurden geändert. Die DP Hold erhält nicht mehr 50 Prozent des ausschüttungsfähigen Gewinns, sondern die Verteilung des Gewinns richtet sich ausschließlich nach dem Anteil am Stammkapital. Die Verfügung über den Geschäftsanteil der Antragstellerin erfordert nicht mehr eine Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen. Auch gilt die sog. „Exit-Regelung" gilt nicht mehr.
75Ob der DPAG danach eine im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG noch genügende gesellschaftsrechtlich gesicherte Einflussmöglichkeit verbleibt, könnte infolgedessen fraglich sein. Sollte dies zu verneinen sein, ist zu berücksichtigen, dass in der Rechtsprechung nicht geklärt ist, ob § 36 Abs. 2 GWB im Anwendungsbereich des Postgesetzes spezifisch postrechtlich in der Weise auszulegen ist, dass unterhalb der Schwelle des § 17 Abs. 1 AktG anzusiedelnde (bloße) wirtschaftliche und/oder tatsächliche Abhängigkeiten genügen. Insoweit ist weiter in Rechnung zu stellen, dass § 36 GWB explizit auf § 17 AktG verweist und auch in der kartellrechtlichen Rechtsprechung und Literatur streitig ist, ob die Vorgaben zu § 17 AktG im Anwendungsbereich der Fusionskontrolle unmodifiziert zu übertragen sind.
76Vgl. diese Frage ausdrücklich offen lassend, BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 - KVR 32/91 -, juris, Rn. 39; BKartA, Beschluss vom 22. Januar 2015 – VK1-122/14 -, juris, Rn. 52 ff: zum Erfordernis bei der Auslegung jedenfalls Rechtsprechung des EuGH zu Art. 101, 102 AEUV berücksichtigen; Paschke, a.a.O, § 36 GWB Rn. 95: es gelten die zu § 17 AktG entwickelten Grundsätze; Becker/Knebel/ Christiansen, Münchener Kommentar zum Kartellrecht, 2. Aufl. 2015, GWB § 36 Rn. 316: die Bezugnahme auf § 17 AktG hat die Funktion eines Ausgangspunktes; demgegenüber: Bechtold/Bosch, GWB (Kartellgesetz) 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 64: die aktienrechtlichen Grundsätze gelten, so wohl auch Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 36 Rn. 782; Kallfaß, in: Lange/Bunte, Kartellrecht, 13. Aufl. 2018, § 36 GWB Rn.143: Die Übernahme des aktienrechtlichen Beherrschungsbegriffs ist gerechtfertigt, dies schließt eine speziell kartellrechtliche Betrachtung des Verbundbegriffs aber nicht aus, wenn eine konkrete wettbewerbliche Wertung notwendig und angebracht ist,
77Der Gesetzgeber hat es trotz zahlreicher Novellen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht als notwendig erachtet eine Änderung des Wortlauts des § 36 Abs. 2 GWB vorzunehmen. Auch hat er sich bislang nicht zur Änderung des Postgesetzes veranlasst gesehen.
78Selbst wenn all dies einer postspezifischen Auslegung der Verbundklausel des § 36 Abs. 2 GWB nicht entgegenstünde und zudem unberücksichtigt bleibt, dass das Postgesetz selbst keine gesetzliche Grundlage für eine Zurechnung enthält, wäre jedenfalls im Einzelnen zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine Zurechnung anzuerkennen ist und welche Rechtsfolgen hieraus folgen müssten.
79Vgl. etwa zu dem auf § 36 Abs. 2 GWB verweisenden § 23 Nr. 29 TKG BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008 - 6 B 14.08 -, juris (Zurechnung der Zustellung).
80Dass über § 36 Abs. 2 GWB im Postrecht jede für den Wettbewerb bedenkliche Unternehmenskoordination erfasst werden müsste, dürfte wohl nicht anzunehmen sein. All dies dürfte dafür sprechen, dass eine Klärung dieser Fragen einem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist und insoweit eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung - möglicherweise durch die Antragsgegnerin selbst - naheliegt.
81Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
82Dieser Beschluss ist unanfechtbar.