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Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
4Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe nach dem Bebauungsplan der Beigeladenen in der Gestalt der 2. Änderung aus dem Jahr 2008 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO wegen einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung zur Aufteilung des Betriebswohnhauses auf dem streitgegenständlichen Grundstück in eine Betriebsinhaberwohnung im Erdgeschoss und eine Betriebsleiterwohnung im Dachgeschoss.
5Soweit der Beklagte dem entgegen hält, die Betriebsleiterwohnung erscheine nicht notwendig, da erste provisorische Sicherungs- und Reparaturmaßnahmen an Türen und Fenstern außerhalb der Geschäftszeiten wohl eher durch die zuständigen Hausmeister der Wohnungsgesellschaft vorgenommen würden, und die Folgearbeiten regelmäßig während der Geschäftszeiten erfolgen könnten, weckt dies keine ernstlichen Zweifel. Für Betriebsleiter können wegen ihrer engen Bindungen an ihren Betrieb Wohnungen auf oder nahe dem Betriebsgrundstück auch dann zulässig sein, wenn der Betrieb ihre ständige Einsatzbereitschaft nicht zwingend erfordert, ihr Wohnen auf dem Betriebsgrundstück mit Rücksicht auf Art und Größe des Betriebes aus betrieblichen Gründen aber objektiv sinnvoll erscheint.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.6.1999 - 4 B 46.99 ‑, BRS 62 Nr. 78 = BauR 1999, 1136.
7Hier hat das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung nicht nur darauf abgestellt, dass es die Bedenken des Beklagten hinsichtlich der Notwendigkeit des Bereitschaftsdienstes nicht teile, sondern auch weiter ausgeführt, dass es für den (normalen) Betriebsablauf objektiv sinnvoll sei, dass der Sohn der Klägerin als Betriebsleiter in oder nahe bei den Betriebs- und Lagerräumen wohne, da dies ein sofortiges und effektives Reagieren auf Reparaturaufträge erlaube, und zeitaufwendige Fahrten entfielen. Dem ist der Beklagte nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten.
8Der Einwand des Beklagten, bei den planbaren Instandsetzungen und den wenigen Notfallsituationen mache die Erreichbarkeit durch mobile Kommunikationsmittel eine ständige Anwesenheit des Sohnes der Klägerin auf dem Betriebsgelände entbehrlich, weckt ebenso wenig ernstliche Zweifel. Dass die Erreichbarkeit auch durch Mobiltelefon oder Anrufumleitung hergestellt werden könnte, bedeutet nicht, dass die Erforderlichkeit der Wohnung auf dem Betriebsgrundstück verneint werden müsste.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.6.1999 - 4 B 46.99 ‑, BRS 62 Nr. 78 = BauR 1999, 1136.
10Im Falle einer bloßen „Rufbereitschaft“ müsste der Sohn der Klägerin zunächst zum Betriebsgrundstück fahren, um Material und Werkzeuge auf dem Betriebsgrundstück zu laden und ggf. notwendige Zuschnitte zu fertigen. Dies erscheint aus betrieblicher Hinsicht objektiv nicht sinnvoll.
11Entgegen dem Vorbringen des Beklagten ist die Zulässigkeit von zwei betriebsbezogenen Wohnungen auch nicht unverhältnismäßig und hat das Verwaltungsgericht die Größe des Betriebes nicht „völlig ausgeblendet“. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht bei der Prüfung, ob die Anwesenheit des Sohnes der Klägerin als Betriebsleiter auf dem Betriebsgrundstück objektiv sinnvoll und eine zweite betriebsbezogene Wohnung erforderlich ist , davon ausgegangen, dass die Größe des Betriebes und die Zahl der Beschäftigten aus den dort genannten Gründen nicht entscheidend sein könnten.
12Die Argumentation des Beklagten, die Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts führe - im Extremfall weitergedacht - dazu, dass auch für einen aus wenigen Personen bestehenden Kleinbetrieb für jede dieser Personen bei entsprechend geschickter Aufteilung der betrieblichen Verantwortlichkeiten eine Mehrzahl an Wohnungen entstehen würden, was mit dem Zweck der Ausnahmevorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nicht vereinbar sei, weckt ebenfalls keine ernstlichen Zweifel. § 8 Abs. 3 Nr.1 BauNVO enthält keine Beschränkung der Zahl der Wohnungen, die für einen Betrieb zugelassen werden können.
13Vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 8 BauNVO Rn. 37.
14Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO eine Unterordnung in Grundfläche und Baumasse fordere, und geltend macht, es sei weniger eine quantitative denn eine wertende Gesamtbetrachtung des Verhältnisses von Betrieb und Wohnung vorzunehmen, führt auch dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Weder die Grundfläche noch die Baumasse des als Betriebswohnhaus genehmigten Gebäudes werden durch das Vorhaben verändert.
15Aus diesem Grund weckt auch das Vorbringen des Beklagten, der Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null stehe der städtebaulich relevante Aspekt entgegen, dass in Gewerbegebieten der Entwicklung immissionsträchtiger Betriebe nicht durch ausufernde Wohnnutzungen entgegengewirkt werden solle, keine ernstlichen Zweifel. Das Vorhaben hat keine „ausufernde Wohnnutzung“ zur Konsequenz. Das streitgegenständliche Gebäude ist bereits als Betriebsleiterwohnhaus genehmigt und eine bauliche Erweiterung oder Veränderung an der Kubatur des Gebäudes ist nicht beabsichtigt und auch nicht Streitgegenstand. Der Sohn der Klägerin wohnt auch bereits in dem Betriebswohnhaus. Die tatsächliche Situation wird für die umliegenden Gewerbebetriebe durch die beantragte Aufteilung nicht verändert.
16Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
17Die aufgeworfene Frage,
18„ob in Betrieben mit relativ geringer Größe mehr als eine Betriebsinhaber- bzw. Betriebsleiterwohnung genehmigungsfähig ist“,
19ist eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt; sie hat keinen Antrag gestellt und sich somit nicht in das Kostenrisiko begeben (§ 154 Abs. 3 VwGO).
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar.