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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der am 9.12.1964 in T. geborene Beklagte trat nach Erwerb der Fachoberschulreife am 1.10.1981 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Am 31.3.1984 bestand er die Prüfung zum mittleren Polizeivollzugsdienst. Mit Wirkung zum 1.4.1984 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeihauptwachtmeister ernannt und in der Einsatzhundertschaft in C. verwandt. Zum 1.10.1984 wurde er zur Kreispolizeibehörde in H. versetzt. Ab 1985 beantragte er wiederholt, zur Kreispolizeibehörde T. versetzt zu werden. Die Ernennung zum Polizeimeister erfolgte am 23.4.1986. Mit Wirkung vom 9.12.1991 erhielt er die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. 1992 wurde er zum Polizeiobermeister befördert. Mit Wirkung vom 28.3.1994 wurde er zur Kreispolizeibehörde T. versetzt, wo er im Streifendienst tätig war. In der dienstlichen Beurteilung anlässlich der Versetzung wurde angemerkt, dass bei einem insgesamt größeren Engagement ein besseres Leistungsprädikat zu erreichen gewesen wäre, zumal zeitweise die privaten Interessen gegenüber den dienstlichen überwogen hätten. Am 17.1.2002 wurde der Beklagte zum Polizeihauptmeister ernannt.
3Ab dem 4.10.2002 war der Beklagte im Rahmen eines Disziplinarverfahrens, das mit einer seit dem 5.12.2008 rechtskräftigen Zurückstufung in das Amt eines Polizeiobermeisters endete, vom Dienst suspendiert. Anschließend trat er seinen aktiven Dienst als Polizeibeamter nicht an. Zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zufolge war er vom 20.1.2009 bis zum 3.2.2009 arbeitsunfähig. Die ärztliche Beurteilung der Kraftfahrtauglichkeit des Beklagten erfolgte am 26.5.2009.
4Die dienstlichen Leistungen des Beklagten wurden in den ersten Jahren als „durchschnittlich“ bewertet. In der Regelbeurteilung zum 1.6.2001 wurden seine Leistung und Befähigung mit „voll den Anforderungen entsprechend" beurteilt. An den Regelbeurteilungsverfahren für die Jahre 2005, 2008 und 2011 nahm er jeweils wegen anhängiger Disziplinarverfahren nicht teil.
5Der Beklagte ist unverheiratet und Vater einer am 8.2.1996 geborenen Tochter. Er ist straf- und disziplinarrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
6Mit seit dem 19.8.2003 rechtskräftigem Strafbefehl wurde der Beklagte wegen einer versuchten und einer vollendeten Strafvereitelung und wegen Verwahrungsbruchs zu einer Gesamtfreiheitstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit Urteil vom 27.10.2008 stufte die erste Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Münster in dem Verfahren 13 K 1429/06.O den Beklagten wegen Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters zurück.
7Mit Schreiben vom 18.3.2009 erstattete die „N. C1. “ Holzhandlung GmbH & Co. KG Strafanzeige gegen den Beklagten wegen der Entwendung zweier Sparlampen im Wert von insgesamt 51,98 Euro. In einem kurzfristig mit dem Leiter der Abteilung Gefahrenabwehr und Strafverfolgung (GS) anberaumten Gespräch am 23.3.2009 teilte der Beklagte diesem nach dessen Angaben in einem Vermerk vom selben Tag mit, dass er sich nicht dienstfähig fühle, weil seine Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt sei. Es komme etwa gelegentlich vor, dass er in Geschäfte gehe und sich dort Sachen in die Tasche stecke, dies vergesse und dann hinausgehe, ohne zu bezahlen. Wenn er das dann feststelle, gehe er anschließend wieder zurück und bezahle. Auf die Frage, wie er sich während der Phase der Suspendierung beschäftigt habe, gab er an, überwiegend zu Hause und im Übrigen als Aushilfe für eine Firma im Rahmen eines sogenannten 400 Euro Jobs tätig gewesen zu sein. Ansonsten gehe es ihm nicht besonders gut. Beim Hinausgehen habe er angegeben, dass noch etwas Schriftliches kommen werde, was sein Verhalten in Geschäften angehe. Auf Nachfrage habe er erklärt, dass er sich in einem Baumarkt Leuchten in die Tasche gesteckt und vergessen habe. Dies sei bei Verlassen des Geschäfts aufgefallen, woraufhin er die Leuchtmittel bezahlt habe. Dennoch gehe er davon aus, dass eine Anzeige gefertigt worden sei.
8Mit Verfügung vom 3.7.2009 leitete der Landrat als Kreispolizeibehörde T. (im Folgenden: Landrat) ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und übersandte ihm am 6.7.2009 ein Doppel der Einleitungsverfügung, setzte das eingeleitete Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens aus und hörte den Beklagten mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag zu der beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung an. Mit Strafbefehl vom 26.8.2009 wurde der Beklagte beschuldigt, am 18.3.2009 einen Diebstahl begangen zu haben. Im Einzelnen wurde ihm zur Last gelegt:
9„Kurz vor 20.00 Uhr begaben Sie sich in den Baumarkt N. C1. in T. -H1. , F. Höhe 12-18. In der Elektroabteilung nahmen Sie zwei Sparleuchten, deren Verkaufswert insgesamt 51,98 € beträgt, an sich. Eine dieser Leuchten steckten Sie in der Elektroabteilung in Ihre rechte Jackentasche. Die zweite Leuchte steckten Sie zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls in Ihre Jacke. Nachdem Sie an dem Kassenbereich vorbeigegangen waren und den Baumarkt verlassen wollten, wurden Sie durch den Detektiv B. C2. gestellt.“
10Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde gegen den Beklagten eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro festgesetzt. Mit Verfügung vom 29.9.2009 enthob der Kläger den Beklagten unter Anordnung der sofortigen Vollziehung vorläufig des Dienstes und ordnete die vorläufige Einbehaltung von 50 % seiner Dienstbezüge an. Den gegen den Strafbefehl gerichteten Einspruch nahm der Beklagte am 12.10.2009 zurück. Mit Verfügung vom 9.11.2009 setzte der Kläger das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten fort, teilte ihm dies mit und übersandte den Vorgang dem Ermittlungsführer. Dieser gab dem Beklagten mit Schreiben vom 10.12.2009 die Möglichkeit, sich zu den geschilderten Vorwürfen ‑ Diebstahl und Erwerbstätigkeit ohne erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung ‑ zu äußern. Unter dem 9.12.2010 übersandte der Ermittlungsführer dem Beklagten das Ergebnis der Ermittlungen und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Davon machte der Beklagte keinen Gebrauch.
11Unter dem 24.5.2012 beteiligte der Kläger den örtlichen Personalrat unter Bezugnahme auf die als Anlage beigefügte Durchschrift der Klageschrift. Dieser stimmte der vorgesehenen Maßnahme mit Schreiben vom 20.6.2012 zu.
12Der Kläger hat am 23.7.2012 Disziplinarklage erhoben und dem Beklagten vorgeworfen, am 18.3.2009 gegen 20.00 Uhr aus dem Baumarkt „N. C1. “ in T. -H1. zwei Sparlampen im Wert von 51,98 Euro entwendet und den Kassenbereich des Baumarkts verlassen zu haben, ohne diese zu bezahlen. Hierdurch habe er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten zu achtungswürdigem Verhalten verletzt. Darüber hinaus habe er sich während der langen Phase seiner Suspendierung überwiegend zu Hause aufgehalten und eine Aushilfstätigkeit auf 400 Euro-Basis u. a. als Auslieferungsfahrer bei einer Firma wahrgenommen, die Hilfsgeräte für den medizinischen bzw. den Sanitätsbereich herstelle. Hierfür habe er nicht die erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung gehabt. Außerdem habe er die Nebentätigkeit unter dem Einfluss des laufenden Disziplinarverfahrens und einer damit verbundenen erheblichen Disziplinarmaßnahme ausgeübt. Dadurch habe er gegen seine Gehorsamspflicht und gegen seine Wohlverhaltenspflicht verstoßen. Den Beklagten belaste besonders, dass er die nicht genehmigte Nebentätigkeit über einen Zeitraum von einem Jahr und fünf Monaten während seiner Suspendierung wahrgenommen habe. Dadurch habe insbesondere das Ansehen des Dienstherrn gegenüber den anderen Beamtinnen und Beamten sowie der Allgemeinheit und das Vertrauen des Dienstherrn in den Beklagten erheblichen und unwiderruflichen Schaden genommen. Der Beklagte habe sich auch nicht durch das seinerzeit laufende Disziplinarverfahren, das zur Herabstufung geführt habe, von weiteren Dienstpflichtverletzungen abhalten lassen. Ihm könne nicht mehr das uneingeschränkte Vertrauen entgegengebracht werden. Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Klägers sei nicht zuzumuten, mit dem Beklagten direkt zusammenzuarbeiten. Das Vertrauen, welches die Polizeivollzugsbeamten in der täglichen Arbeit zueinander haben müssten, könne von den Kolleginnen und Kollegen dem Beklagten gegenüber nicht erwartet werden.
13Der Kläger hat beantragt,
14den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
15Der Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen,
17hilfsweise, eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst festzusetzen.
18Die Klage sei mit einem erheblichen Mangel behaftet, weil der Personalrat nicht gemäß § 73 Nr. 6 LPVG NRW beteiligt worden sei. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge sei dem Beklagten nicht Gelegenheit gegeben worden, den Personalrat einzuschalten. Ob der Personalrat ohne dessen vorherige Beteiligung der Maßnahme zugestimmt habe, sei unerheblich, weil ihm lediglich die Auffassung des Klägers bekannt gewesen sei. Zu dem Diebstahl sei es gekommen, weil er psychisch stark erkrankt und aufgrund dessen zur Tatzeit schuldunfähig gewesen sei. Dem Entlassungsbericht des Krankenhauses M. zufolge leide er an schweren Depressionen, Panikstörungen, an einer Depersonalisations- und Derealisationssyndromproblematik sowie an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Während der Tat habe er sozusagen völlig neben sich gestanden und sein Verhalten nicht steuern können. Das belege auch sein Verhalten in dem Gespräch mit dem damaligen Leiter GS kurz nach der Tat. Er sei zu diesem Zeitpunkt völlig ratlos gewesen, wie er mit seiner Verhaltensweise umgehen solle, und habe sich auch durch den Hinweis, dass er nicht mehr dienstfähig sei, Unterstützung holen wollen. Dem sei der Vorgesetzte aber nicht nachgegangen und habe ihn auch nicht zum Polizeiarzt geschickt. Die Erkrankung habe auch dazu geführt, dass er seine dienstliche Post in der Vergangenheit nicht mehr geöffnet und sich deshalb bislang auch nicht eingelassen habe. Dafür spreche die ärztliche Bescheinigung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie I. vom 16.10.2012. Die Nebentätigkeit trotz fehlender Genehmigung stelle lediglich einen Formalverstoß dar, der eine Entfernung aus dem Dienst nicht rechtfertigen könne. Da es sich nur um eine Tätigkeit auf 400 Euro- Basis gehandelt habe, sei es nicht zu einer Ablösung vom Berufsbeamtentum gekommen. Deshalb komme es darauf an, ob die Nebentätigkeit genehmigungsfähig gewesen wäre, wovon auszugehen sei.
19Das Verwaltungsgericht hat zu der Frage, ob der Beklagte zur Tatzeit des von ihm am 23.3.2009 begangenen Diebstahls schuldunfähig oder vermindert schuldfähig im Sinne der §§ 20 bzw. 21 StGB gewesen ist, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie erhoben. Auf den Inhalt des Gutachtens vom 20.1.2014 wird Bezug genommen.
20In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger erläutert, dass er gegen den Beklagten im vorliegenden Verfahren nur die Vorwürfe Nr. 1 und 2 auf den Seiten 1 und 2 der Klageschrift erhebe. Durch das angefochtene Urteil vom 14.4.2014, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten in das Amt eines Polizeimeisters zurückgestuft.
21Der Kläger hat gegen das ihm am 22.4.2014 zugestellte Urteil am 14.5.2014 Berufung eingelegt und diese begründet. Er macht geltend, dass die verhängte Disziplinarmaßnahme der Schwere des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens nicht gerecht werde. Es gehe massiv zulasten des Beklagten, dass gegen ihn bereits durch ein im November 2008 zugestelltes Urteil des Verwaltungsgerichts Münster wegen verschiedener schwerwiegender und teilweise auch strafrechtlich relevanter Dienstpflichtverletzungen die Disziplinarmaßnahme der Degradierung ausgesprochen worden sei. Dies habe den Beklagten offensichtlich nicht beeindruckt, denn er habe bereits am 18.3.2009 erneut eine strafbare Handlung begangen. Außerdem habe er sowohl während als auch nach Abschluss des Disziplinarklageverfahrens ungenehmigt eine Nebentätigkeit wahrgenommen. Unmittelbar nach Abschluss des Disziplinarverfahrens habe er zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht und während der angeblichen Erkrankung an zwei Tagen seine Nebentätigkeit ausgeübt. Dies zeige, dass er durch die bereits verhängte Degradierung nicht dazu veranlasst worden sei, sein Verhalten kritisch zu überdenken oder zu ändern. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, dass eine nochmalige Degradierung zu einer Verhaltensänderung führen werde. Die psychische Erkrankung des Beklagten könne zwar zu seinen Gunsten gewürdigt werden, sein gesamtes Verhalten bei dem Diebstahl und in unmittelbarem Anschluss an die Tat zeige aber ein durchaus planvolles Vorgehen. Das belege auch sein Verhalten gegenüber dem Vorgesetzten, dem er den Sachverhalt in wesentlichen Punkten falsch wiedergegeben habe. Bereits der Umstand, dass der Beklagte während der laufenden Disziplinarklage und noch gesteigert in unmittelbarem Anschluss an das gegen ihn ergangene Urteil erneut erhebliche Dienstpflichtverletzungen begangen habe, rechtfertige die Entfernung aus dem Dienst. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen habe, sei der Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht nicht lediglich formaler Natur. Denn die Nebentätigkeit sei sowohl gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 LBG NRW a. F. als auch gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW a. F. nicht genehmigungsfähig gewesen. Die Überschreitung von einem Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch die Nebentätigkeit sei auch nicht unbeachtlich, weil der Beklagte ohnehin suspendiert gewesen sei. Der Beamte solle durch die Suspendierung nicht die Möglichkeit haben, Nebentätigkeiten in größerem Umfang auszuüben, als er dies im Falle seiner Dienstverrichtung tun könne. Andernfalls würden Beamte aufgrund der Suspendierung privilegiert. Aus diesem Grund sei die Nebentätigkeit auch dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich. Wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 15.11.2007 festgestellt habe, würde es in der Öffentlichkeit auf Unverständnis und Ablehnung stoßen, wenn ein im Rahmen eines Disziplinarverfahrens suspendierter Beamter die ihm zur Verfügung stehende Zeit dazu nutze, sich neben seinen verbleibenden Dienstbezügen zusätzliche Einnahmequellen zu verschaffen. Da der Beklagte als Fahrer für eine Firma tätig gewesen sei, habe er auch in der Öffentlichkeit erkennbar diese Tätigkeit ausgeübt. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht zu Gunsten des Beklagten gewürdigt, dass die Verfehlungen bereits fünf Jahre zurücklägen und er seit mehr als vier Jahren eine in dieser Höhe nicht gerechtfertigte Kürzung seiner Dienstbezüge habe. Der Zeitablauf sei nicht geeignet, bei einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses von der disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen. Gegen eine der Höhe nach nicht gerechtfertigte Kürzung der Dienstbezüge hätte der Beklagte mit einem Antrag nach § 63 LBG NRW vorgehen können. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass sich Dienstpflichtverletzungen nach einer erfolgreichen Behandlung des Beklagten voraussichtlich nicht wiederholen würden, basiere auf der nicht nachvollziehbaren Annahme, alleiniger Grund für die Dienstvergehen sei dessen Erkrankung gewesen. Darüber hinaus habe der Beklagte eine nach Auffassung des Verwaltungsgerichts erforderliche langfristige psychiatrische Behandlung weder begonnen noch erfolgreich abgeschlossen. Er habe es nicht für notwendig gehalten, durch eine solche Therapie seine Dienstfähigkeit wiederherstellen, um das Restvertrauen, von dem das Verwaltungsgericht ausgegangen sei, aufzubauen.
22Der Kläger beantragt,
23das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass er hinsichtlich der Ängste und der Depression medikamentös im Wesentlichen gut eingestellt sei. Was den Antrieb betreffe, schlage das derzeitige Medikament nicht an. Er habe weiterhin Schwierigkeiten mit der Strukturierung seines Alltags und könne sich oft nicht motivieren, aufzustehen. Zu einer längerfristigen therapeutischen Behandlung sei es zwischenzeitlich nicht gekommen. Das laufende Disziplinarverfahren stelle eine Art Trigger dar, der ihn an einer nachhaltigen therapeutischen Behandlung gehindert habe. Nach Abschluss des Verfahrens sei ein drei- bis vierwöchiger Aufenthalt in einer therapeutischen Einrichtung geplant. Rückblickend sei es ihm am besten gegangen, als er sich in der Klinik M. aufgehalten habe.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung im einzelnen bezeichneten Beiakten, wie sie dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts hat zu Recht gegen den Beklagten nur eine Degradierung ausgesprochen und ihn in das Amt eines Polizeiobermeisters zurückgestuft.
30I. Das Disziplinarverfahren leidet nicht an einem wesentlichen Mangel. Das Gericht schließt sich den überzeugenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts an, dass die fehlende Belehrung des Beklagten über das personalvertretungsrechtliche Antragsrecht nicht wesentlich i. S. v. § 54 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW gewesen ist, weil sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass sich dieser Fehler auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt hat. Das gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Personalrat ohne vorherigen Antrag des Beklagten am Verfahren beteiligt worden ist. Das hat der Beklagte selbst nicht beanstandet und gibt auch insofern keinen Anlass zu Bedenken, als der Personalrat mit seinem Schreiben vom 20.6.2012 lediglich ohne weitere Erläuterung der beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage zugestimmt hat.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - 2 C 15.09 -, juris, Rn. 19 f.
32II. Anhand des Akteninhalts trifft das Gericht dieselben, vom Beklagten nicht bestrittenen Feststellungen, die das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Feststellungen in dem Strafbefehls vom 26.8.2009 (Az. 420 Cs 25 Js 275/09 - 844/09) einerseits und auf der Grundlage der zur Tätigkeit des Beklagten als Aushilfsfahrer vorliegenden Unterlagen andererseits zu Grunde gelegt hat.
331. Ein Strafbefehl entfaltet zwar nicht die einem Strafurteil innewohnende Bindungswirkung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.2012 - 2 A 11.10 -, juris, Rn. 37 zu § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG.
35Die darin enthaltenen Feststellungen können gemäß § 56 Abs. 2 LDG NRW der Entscheidung des Gerichts aber ohne erneute Prüfung zu Grunde gelegt werden, da es sich bei dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren um ein gesetzlich geordnetes Verfahren handelt. Diese Vorschrift rechtfertigt es jedenfalls dann, von einer gerichtlichen Beweisaufnahme abzusehen, wenn die anderweitig festgestellten Tatsachen im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht mehr substantiiert bestritten werden.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.2012 - 2 A 11.10 -, juris, Rn. 39 und Beschluss vom 4.9.2008 - 2 B 61.07 -, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 11.1.2017 - 3d A 204/16.O -, juris, Rn. 34 f.
37Aufgrund des seit dem 12.10.2009 rechtskräftigen Strafbefehls steht fest, dass der Beklagte am 18.3.2009 kurz vor Ladenschluss den Baumarkt „N. C1. “ in T. -H1. besucht hat. In der Elektroabteilung nahm er zwei Sparlampen im Wert von insgesamt 51,98 Euro an sich, von denen er die eine sofort und die andere zu einem späteren Zeitpunkt in seine Jackentasche steckte. Er passierte den Kassenbereich, ohne etwas zu bezahlen, und wurde beim Verlassen des Baumarktes von einem Detektiv gestellt.
38Es besteht auch im Hinblick auf die erst im Disziplinarklageverfahren erfolgte Begutachtung des Gesundheitszustands des Beklagten zur Tatzeit kein Anlass, sich von den Feststellungen in dem Strafbefehl, insbesondere was die Schuldfähigkeit anbelangt, zu lösen. Denn auch nach der Einschätzung des Dr. S. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in seinem Gutachten vom 20.1.2014 ist der Beklagte zur Tatzeit nicht schuldunfähig gewesen.
392. Der Beklagte war von Ende September 2007 bis zum 30.1.2009 als Auslieferungs- und Rückholfahrer bei dem Unternehmen N1. -Technik GmbH auf der Basis eines monatlichen Verdienstes in Höhe von regelmäßig 399,50 Euro tätig. Er arbeitete dort monatlich in sehr unterschiedlichem Umfang, im September 2008 wurde er gar nicht eingesetzt, im Januar und März 2008 arbeitete er monatlich nur 5 Stunden, im November und Dezember 2007 demgegenüber rund 33 und 26 Stunden, im Februar, April und Juni 2008 zwischen 23 und 26 Stunden, im Juli, August und Dezember 2008 zwischen knapp 45 und 54 Stunden und im Oktober 2007, im April, Mai, Oktober und November 2008 zwischen 70 und 89 Stunden. Abgerechnet wurden monatlich 47 Stunden. Seine täglichen Arbeitszeiten umfassten in der Regel zwischen 8 und 12 Stunden. Für die vier Quartale des Jahres 2008 erhielt der Beklagte als Dank für seinen Einsatz bei der Betreuung der Kunden und sonstige erbrachte Leistungen eine Prämie in Höhe von insgesamt 200 Euro.
40Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der dem Gericht vorliegenden Stundenzettel, der Abrechnungen der Bezüge und der Schreiben der N1. -Technik GmbH an den Beklagten, die von dieser im disziplinarischen Ermittlungsverfahren vorgelegt worden sind.
41III. Durch das festgestellte Handeln hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft ein einheitliches teils außer- teils innerdienstliches Dienstvergehen begangen.
42Maßgeblich ist dabei die Rechtslage zum Zeitpunkt des jeweiligen Pflichtverstoßes, weil sich insoweit für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes am 1.4.2009 durch dessen Inkrafttreten kein materiell-rechtlich günstigeres Recht ergibt.
43Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.3.2010 - 2 C 83.08 ‑, juris, Rn. 17, und vom 19.8.2010 - 2 C 5.10 -, juris, Rn. 8.
44Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG bzw. § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW in der vor dem 1.4.2009 geltenden Fassung (LBG NRW [1981]) begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt.
451. Durch das Verhalten in dem Baumarkt „N. C1. “ hat der Beklagte einen Diebstahl gemäß § 242 StGB begangen, der mit einer Geldstrafe von 40 Tages- sätzen zu je 50,00 Euro geahndet worden ist. Der Senat folgt insoweit der strafrechtlichen Würdigung des Geschehens in dem Strafbefehl, von der abzuweichen, kein Anlass besteht.
46Das Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war.
47Vgl. BVerwG, Urteile vom 18.6.2015 - 2 C 9.14 -, juris, Rn. 10, und vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, juris, Rn. 29.
48Es erfüllt indes die Voraussetzungen, unter denen außerdienstliches Handeln eines Beamten eine Dienstpflichtverletzung darstellt. Dies war nach § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a. F. der Fall, wenn das Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet war, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
49Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab. Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten eine besondere Bedeutung zu. Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.
50Vgl. BVerwG, Urteile vom 18.6.2015 - 2 C 9.14 -, juris, Rn. 8 ff., insb. Rn. 15.
51Das dem Beklagten vorgeworfene Verhalten war zwar angesichts des Strafrahmens des § 242 Abs. 1 StGB - Geldstrafe oder Freiheitstrafe bis zu fünf Jahren - geeignet, Achtung und Vertrauen in das Statusamt des Beklagten bzw. in das Berufsbeamtentum zu beeinträchtigen. Der Unrechtsgehalt der konkreten Tat war aber als gering einzustufen. Denn der Schaden in Höhe von nur rund 52 Euro überschritt die vom OLG Hamm bereits im Jahr 2003 bei 50 Euro angesetzte Geringwertigkeitsgrenze nur knapp.
52Vgl. Beschluss vom 28.7.2003 - 2 Ss 427/03 -, juris, Rn. 4; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 9.5.2008 - 1 Ss 67/08 -, juris, Rn. 6.
53Ein außerdienstlicher Diebstahl weist jedoch einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf. Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - 2 C 9.14 -, juris, Rn. 19.
55Außerdienstlich begangene Straftaten haben einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung.
56BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, juris, Rn. 35, und Beschluss vom 2.5.2017 ‑ 2 B 21.16 ‑, juris, Rn. 10, m. w. N.
572. Durch die Tätigkeit als Auslieferungs- und Rückholfahrer über einen Zeitraum von 16 Monaten hat der Beklagte gegen das aus §§ 57 Satz 2, 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 LBG NRW a. F. folgende Verbot verstoßen, genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten ohne Genehmigung auszuüben.
58Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.1.2007 - 1 D 16.05 -, juris, Rn. 31 (zum BBG a. F.).
59Der Beklagte hat durch die entgeltliche Tätigkeit für die N1. -Technik GmbH eine Nebentätigkeit i. S. d. § 68 Abs. 1 Nr. 3 LBG NRW a. F. ausgeübt. Hiernach bedarf ein Beamter der vorherigen Genehmigung zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung gegen Vergütung, zu einer gewerblichen Tätigkeit, zur Mitarbeit in einem Gewerbebetrieb oder zur Ausübung eines freien Berufes. Über eine Nebentätigkeitsgenehmigung für die vergütete Nebenbeschäftigung verfügte der Beklagte nicht. Er handelte auch zumindest fahrlässig, denn ihm war als Beamter bekannt, dass er seinem Dienstherrn die Aufnahme von Nebentätigkeiten anzeigen und - bei einer entgeltlichen Tätigkeit - eine Genehmigung einholen muss. Sollte er gemeint haben, einer solchen Genehmigung während einer Suspendierung nicht zu bedürfen, weil in dieser Zeit von ihm keine Dienstleistung verlangt werde, handelt es sich um einen vermeidbaren Verbotsirrtum. Denn die Anzeige- und Genehmigungspflicht einer Nebentätigkeit bezieht sich nicht nur auf die Belastung durch eine zusätzliche Erwerbstätigkeit, sondern auch auf nicht unerhebliche Einkünfte neben den vom Dienstherrn gewährten Bezügen. Dass der Beklagte seinen Dienstherrn, der die Suspendierung mit einer Kürzung der Dienstbezüge um 20 % verbunden hatte, über anderweitige erhebliche Einkünfte informieren musste, war für ihn auch aus diesem Grund ohne weiteres erkennbar.
60Das Gericht ist in Bezug auf die ungenehmigte Tätigkeit des Beklagten für die N1. -Technik GmbH ferner davon überzeugt, dass er in dem fraglichen Zeitraum von Ende September 2007 bis Ende Januar 2009 schuldfähig gewesen ist. Das ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. S. vom 20.1.2014. Danach litt der Beklagte zwar seit längerem an einer strukturellen Persönlichkeitsstörung und an einer an Intensität im Verlauf wechselnden depressiven Störung. Dass er aufgrund der seelischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, seine Verpflichtung zu erkennen, die Nebentätigkeit anzuzeigen und eine Genehmigung zu beantragen, ist den Feststellungen des Gutachters nicht zu entnehmen. Diese beziehen sich zwar unmittelbar auf die Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Begehung des Diebstahls. Der Gutachter hat die Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten des Beklagten aber gerade auch deshalb als an Intensität wechselnd und nur partiell angesehen, weil es diesem über mehr als ein Jahr möglich war, beruflich als Aushilfsfahrer tätig zu sein, ohne dass es aufgrund krankheitsbedingter Defizite zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen gekommen wäre. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte in dem Zeitraum von über 15 Monaten in der Lage war, seine Pflichten in Bezug auf die Nebentätigkeit zu erkennen und entsprechend zu handeln. Dafür spricht auch, dass er gegenüber dem Gutachter geäußert hat, er sei davon ausgegangen, dass sein Dienstherr anlässlich eines Unfalls mit dem Lieferwagen, den er von Kollegen habe aufnehmen lassen, von der Nebentätigkeit erfahren habe. Diese Aussage macht deutlich, dass er sich offenbar sogar mit der Frage, ob der Dienstherr von seiner Tätigkeit als Aushilfsfahrer Kenntnis hatte, beschäftigt hat.
61Die Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit stellt eine innerdienstliche Dienstpflichtverletzung dar. Dafür muss das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden gewesen sein.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, juris, Rn. 11.
63Das ist der Fall bei der Ausübung einer Nebentätigkeit, die sich allein deshalb als innerdienstlich darstellt, weil sie unmittelbar mit der dienstlichen Tätigkeit des Beklagten, zu der dieser als aktiver Beamter auch i. F. einer Suspendierung grundsätzlich verpflichtet ist, verknüpft war. Ihre Eigenschaft als Nebentätigkeit erlangte sie gerade aufgrund der Dienststellung des Beklagten.
64Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 8.9.2004 - 1 D 18.03 -, juris, Rn. 57, und vom 6.6.2007 - 1 D 8.06 -, juris, Rn. 19.
653. Der Diebstahl und die Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit bilden ein einheitliches Dienstvergehen. Das Disziplinarrecht wird durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geprägt. Soweit die Vorwürfe Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten eines Beamten danach einheitlich zu würdigen.
66Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.2.2014- 2 B 37.12 -, juris, Rn. 17.
67IV. Die Auswahl der erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.7.2013- 2 C 63.11 -, juris, Rn. 13.
69Hiervon ausgehend rechtfertigt das Dienstvergehen des Beklagten seine Entfernung aus dem Dienst noch nicht. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, es mit seiner Zurückstufung zu ahnden.
701. Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
71Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, juris, Rn. 29.
72Setzt sich - wie hier - das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.2.2005 - 1 D 1.04 -, juris, Rn. 113.
74Dem durch den Beklagten begangenen Diebstahl ist als strafbarer Handlung mit einem gesetzlichen Strafrahmen einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe hier das höchste Gewicht beizumessen.
75Die Schwere dieser Pflichtverletzung indiziert zunächst bei isolierter Betrachtung des Diebstahls seine Zurückstufung gemäß §§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 9 LDG NRW (a). Auch die Zusammenschau dieser Pflichtverletzung mit der ungenehmigten Nebentätigkeit rechtfertigt die Höchstmaßnahme nicht (b).
76a) Zur Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung ist bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen, das ein strafbares Verhalten zum Gegenstand hat, in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung des Unwerts eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Der Beklagte hat außerdienstlich einen Diebstahl begangen. Dabei handelt es sich um eine Straftat, die das Gesetz mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Die disziplinarrechtliche Ahndung bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme ist damit zumindest dann eröffnet, wenn– wie hier – Amtsbezug besteht.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 ‑, juris, Rn. 15 und 22.
78Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt aber nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Delikte, die - wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten - angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein.
79Vgl. BVerwG, Urteile vom 18.6.2015 - 2 C 9.14 -, juris, Rn. 36, und vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, juris, Rn. 17.
80aa) Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dies folgt zunächst aus § 51 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a. F. bzw. aus § 24 Abs. 1 Satz 1BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.
81Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.6.2015 - 2 C 9.14 -, juris, Rn. 37.
82Das Amtsgericht hat den Beklagten wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane damit nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen (vgl. § 153a Abs. 1 StPO), bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - 2 C 9.14 -, juris, Rn. 38; Beschluss vom 5.7.2016 - 2 B 24.16 ‑, juris, Rn. 13.
84bb) Die Abwägung der disziplinarrechtlich bedeutsamen Gesichtspunkte führt zu der Bewertung, dass der Diebstahl bei isolierter Betrachtung (lediglich) die Zurückstufung des Beklagten erfordert. Hierbei sind einerseits die Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, die Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und die Umstände der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale) und zum anderen Form und Gewicht der Schuld und die Beweggründe des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) zu beurteilen. Darüber hinaus sind die unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere auch die Höhe des entstandenen Schadens, maßgeblich.
85Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 ‑, juris, Rn. 19.
86Ein Polizeibeamter, der sich außerhalb des Dienstes eines Diebstahls schuldig macht, verletzt in schwerwiegender Weise die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten. Er beeinträchtigt damit sowohl sein Ansehen als auch das der Beamtenschaft, auf das der zur Durchsetzung seiner Ziele auf Zwangsmaßnahmen weitgehend verzichtende freiheitliche Rechtsstaat in besonderem Maße angewiesen ist, wenn er die ihm der Allgemeinheit gegenüber obliegenden Aufgaben zweckgerecht erfüllen will. Der stehlende Polizeibeamte setzt sich durch ein solches Fehlverhalten auch erheblichen Zweifeln in seine Vertrauenswürdigkeit gegenüber dem Dienstherrn aus. Die Verwaltung, die nicht jedes Verhalten ihrer Bediensteten kontrollieren kann, ist auf deren Ehrlichkeit und Redlichkeit angewiesen. Wer sich außerhalb des Dienstes einer schwerwiegenden Straftat, die sich gegen Eigentum und Vermögen anderer richtet, schuldig macht, erschüttert in der Regel das Vertrauen der Verwaltung in seine Integrität nachhaltig und stellt so die Grundlagen des Beamtenverhältnisses in Frage.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.3.2005 - 1 D 15.04 -, juris, Rn. 39.
88Bei einem außerdienstlich begangenen Diebstahl ist allerdings die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend. Der Beamte ist in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Diebstahlshandlungen und der Höhe des Gesamtschadens ergeben.
89Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.3.2017 - 2 B 19.16 -, juris, Rn.10.
90Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten - wie hier bei einem Polizeibeamten - einen Bezug zu seinem Amt aufweist.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 ‑, juris, Rn. 34, und Beschluss vom 7.3.2017 ‑ 2 B 19.16 ‑, juris, Rn. 12, m. w. N.
92In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass außerdienstlich begangene Vorsatztaten wegen der besonderen Stellung von Polizeibeamten angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen führen. Die mit § 83 LDG NRW (1981) bzw. § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für Beamte dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung gegenüber solchen Beamten Berücksichtigung finden.
93BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 ‑ 2 C 50.13 -, juris, Rn. 39.
94Hiervon ausgehend erreicht das durch den Diebstahl verwirklichte Dienstvergehen nicht ein zu der Bewertung führendes Gewicht, der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit vollständig verloren mit der Folge, dass er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen wäre. Denn dem Beklagten wird lediglich eine einzige Diebstahlshandlung vorgeworfen, die sich außerdem auf zwei Glühlampen bezogen hat, deren Wert nur knapp zwei Euro über der Geringfügigkeitsgrenze von 50 Euro gelegen hat. Die Einmaligkeit des Vorfalls und der geringe Schaden werden auch nicht durch erschwerende Umstände im Rahmen der Tatbegehung aufgewogen. Es ist zwar richtig, dass der Beklagte durch sein Verhalten gegenüber dem Detektiv die Aufmerksamkeit der bei Geschäftsschluss noch anwesenden Mitarbeiter des Baumarkts auf sich gezogen hat. Der Versuch, sich einer Entdeckung durch Flucht zu entziehen, kann aber unabhängig davon, ob ein solches intuitives Verhalten bei einem Polizeibeamten erschwerend zu berücksichtigen ist, im Streitfall nicht zulasten des Beklagten in Ansatz gebracht werden. Es spricht nämlich Einiges dafür, dass er in diesem Moment der Entdeckung durch die bei ihm diagnostizierte narzisstische Persönlichkeitsstörung nur eingeschränkt in der Lage war, in der Situation spontan auf die Ansprache durch den Detektiv adäquat zu reagieren.
95Ausweislich der insoweit nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. S. in seinem schriftlichen Gutachten vom 20.1.2014 litt der Beklagte bereits seit mehreren Jahren und zur Tatzeit an einer strukturellen Persönlichkeitsstörung mit Betonung der Störung auf der Achse der Fähigkeit zur emotionalen Regulation und mit einer Beteiligung der narzisstischen Ebene. Des Weiteren bestand eine an Intensität im Verlauf wechselnde depressive Störung. Der Beklagte konnte zur Tatzeit das Unrecht seiner Tat erkennen. Er war störungsbedingt aber nur eingeschränkt in der Lage, sein Handeln nach dieser Einsicht auszurichten. Dadurch war sein Hemmungsvermögen aber bei Begehung der Tat nicht in einem außergewöhnlichen Maße herabgesetzt.
96Diese Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des Beklagten kann sein Verhalten gegenüber dem Detektiv in einer Weise beeinflusst haben, die einer Berücksichtigung dieser Tatumstände als erschwerend entgegensteht. Weitere Aspekte, die im Hinblick auf den Diebstahl erschwerend in Ansatz zu bringen wären, sind nicht ersichtlich. Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung für das dem Beklagten zur Last fallende Dienstvergehen bleibt demgemäß die Zurückstufung.
97b) Die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten indiziert auch bei einer Betrachtung des Gesamtbildes der von ihm verwirklichten Dienstpflichtverletzungen unter Berücksichtigung des Ausübens einer ungenehmigten Nebentätigkeit die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht.
98Maßgeblich für die Beurteilung der Schwere der konkreten Dienstpflichtverletzung durch die Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit sind Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, d. h. ob die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt.
99BVerwG; Urteile vom 1.6.1999 - 1 D 49.97 -, juris, Rn. 54, und vom 11.1.2007 - 1 D 16.05 - , juris, Rn. 59, sowie Beschluss vom 17.7.2013 ‑ 2 B 27.12 -, juris, Rn. 7.
100Dies zugrunde gelegt rechtfertigt das Dienstvergehen auch mit Blick auf die Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit zwar eine einschneidende Disziplinarmaßnahme. Auch unter Berücksichtigung der Einheit des Dienstvergehens ist aber nicht angezeigt, den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen. Allerdings hätte die Nebentätigkeit jedenfalls bei einem nicht suspendierten Beamten nicht genehmigt werden können. Wie der Kläger mit seiner Berufung zu Recht geltend gemacht hat, lag zum fraglichen Zeitpunkt in den Jahren 2007 bis 2009 gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LBG NRW a. F. ein Versagungsgrund insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Diese Voraussetzung war gemäß § 68 Abs. 2 Satz 3 LBG NRW a. F. in der Regel erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschritt. Dies war der Fall. Den Nachweisen über die von ihm geleisteten Arbeitsstunden zufolge hat der Beklagte in vielen Wochen deutlich mehr als die wöchentlich zulässigen rund 8 Stunden (1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit) gearbeitet.
101Bei der Bewertung des Gewichts der Pflichtverletzung ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte seinerzeit vom Dienst suspendiert war. Der Beklagte macht zwar zu Recht geltend, dass das Nebentätigkeitenrecht der Beamten für diesen Fall keine Ausnahmeregelung enthält. Aus der Pflicht des Dienstherrn, auch den vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten weiterhin zu alimentieren, und der in § 38 Abs. 2 LDG NRW gemachten Einschränkung, die Bezüge unter Berücksichtigung der Bedürftigkeit des Beamten auf höchstens 50 % reduzieren zu dürfen, ergibt sich vielmehr der Wille des Gesetzgebers, dass auch der vorläufig vom Dienst suspendierte Beamte keine weitergehende Nebentätigkeit ausüben soll, als sie aktiven Beamten gestattet ist. Daher ist für die Beurteilung der Geringfügigkeit des Umfangs der Nebentätigkeit die Suspendierung des Beamten auszublenden.
102Vgl. OVG NRW, Urteile vom 26.11.2003 - 22d A 1534/01.O ‑, juris, Rn. 64 und vom 9.3.2005- 22d A 1567/03.O ‑.
103Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit mit einer wöchentlichen zeitlichen Beanspruchung von teilweise deutlich mehr als einem Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nähme nach Art und Umfang die Arbeitskraft eines Polizeibeamten so stark in Anspruch, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten dieses Beamten behindert würde (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG NRW a. F.).
104Bei einer disziplinarrechtlichen Bewertung der Pflichtverletzung durch die Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit muss jedoch in den Blick genommen werden, dass die Nebentätigkeit im konkreten Fall nicht zu einer derartigen Behinderung geführt hat, weil der Beklagte vom Dienst suspendiert war.
105Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte nach dem Ende seiner Suspendierung im Dezember 2008, als das Disziplinarklageverfahren (13 K 1429/06.0) rechtskräftig abgeschlossen war, an zwei Tagen Ende Januar 2009 seiner Nebentätigkeit nachgegangen ist, obwohl er dienstunfähig erkrankt war. Denn mit der vorliegenden Disziplinarklage wird ihm lediglich die ungenehmigte Ausübung einer Nebentätigkeit während seiner Suspendierung und damit nicht in einem späteren Zeitraum vorgeworfen.
106Auch in der Zusammenschau führt das einheitliche Dienstvergehen nicht zu der Bewertung, dass die Schwere des Dienstvergehens dessen Ahndung mit der Höchstmaßnahme erforderte. Die ungenehmigte Ausübung einer von ihrem Gegenstand her unbedenklichen Nebentätigkeit in Zeiten der Suspendierung und damit ohne Beeinträchtigung der dem Dienstherrn geschuldeten Dienstleistung ist nicht geeignet, das Gewicht der eine Zurückstufung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung durch den außerdienstlichen Diebstahl in erheblichem Umfang zulasten des Beklagten zu beeinflussen.
1072. Ist demzufolge die Zurückstufung Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung, so kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 2 Sätze 2 und 3 LDG NRW derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist. Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine mildere Maßnahme zu rechtfertigen. Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist.
108BVerwG, Urteil vom 25.7.2013 - 2 C 63.11 -, juris, Rn. 17.
109Derartige erschwerende Gesichtspunkte, die das Verhängen der vom Kläger mit seiner Berufung angestrebten Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
110a) Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.
111Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 - 2 B 35.13 -, Rn. 6, juris.
112aa) Zum Persönlichkeitsbild des Beamten i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW gehören insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, soweit deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Solche Verfehlungen sind bei der Würdigung sämtlicher Umstände belastend zu berücksichtigen.
113Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.6.2014 - 2 B 9.14 -, juris, Rn. 10.
114Zunächst ist festzustellen, dass die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Degradierung nicht dem Grundsatz der stufenweisen Steigerung der Disziplinarmaßnahmen widerspricht. Dieser Grundsatz besagt nicht, dass jede weitere Disziplinarmaßnahme gegen einen Beamten zwangsläufig und ohne die Möglichkeit einer Ausnahme höher ausfallen müsste als die zuvor gegen ihn verhängte. Stets kommt es auch hier - nur das entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit und der Pflicht zur Würdigung der Gesamtpersönlichkeit - auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, in erster Linie mithin auf das objektive Gewicht des Dienstvergehens und das der Schuld des Beamten an. Maßgebender Gesichtspunkt für die Steigerung der Disziplinarmaßnahme ist, dass eine frühere Disziplinarmaßnahme sich als - völlig oder weitgehend - wirkungslos erwiesen hat.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.2001 - 1 D 10.00 -, juris, Rn. 47.
116Die Berücksichtigung einer Vorbelastung als erschwerender Umstand bei der Maßnahmebemessung kommt grundsätzlich in Betracht, wenn es sich um eine einschlägige Vorbelastung handelt.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2001 - 1 D 2.01 -, juris, Rn. 31.
118Das ist bei dem Dienstvergehen, das zu der ersten Zurückstufung des Beklagten durch Urteil vom 27. Oktober 2008 geführt hat, nicht der Fall. In diesem Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht disziplinarisch bewertet, dass der Beklagte mehrfach verspätet zum Dienst erschienen ist, zwei Strafanzeigen verspätet weitergeleitet und sich in zwei weiteren Fällen wegen Strafvereitelung im Amt durch unterlassene Bearbeitung zweier Strafanträge strafbar gemacht hat. Dabei handelt es sich eindeutig um Pflichtverletzungen, die nichts mit dem im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Dienstvergehen gemein haben. Nicht einschlägige Vorbelastungen können allerdings erschwerend Berücksichtigung finden, wenn ein Beamter den Eindruck der Unbelehrbarkeit vermittelt. Hiervon ist bei dem Beklagten allerdings jedenfalls mit Rücksicht auf die festgestellte narzisstische Persönlichkeitsstörung nicht auszugehen. Eine krankheitsbedingte Unfähigkeit, angemessen auf ein Disziplinarverfahren zu reagieren, kann ihm nicht angelastet werden.
119bb) Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 LDG NRW erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.
120Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.5.2008 - 2 C 59.07 ‑, juris, Rn. 15, und vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, juris, Rn. 26.
121Die Würdigung aller Umstände unter Beachtung auch dieses Kriteriums führt bei prognostischer Beurteilung nicht zu der Bewertung, dass eine andere Maßnahme als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Zurückstufung zu verhängen wäre. Ein vollständiger Vertrauensverlust kann unter Berücksichtigung der Schwere der in Rede stehenden Pflichtverletzungen und der mildernd zu berücksichtigenden psychischen Erkrankung des Beklagten nicht angenommen werden. Der Beklagte hat durch außer- und innerdienstliches Fehlverhalten das Vertrauen in seine pflichtgemäße Diensterfüllung zwar deutlich erschüttert und das Ansehen des Berufsbeamtentums beschädigt. Unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände ist mit dem Verwaltungsgericht eine Zurückstufung des Beamten jedoch als die dem Schuld- und Unrechtsgehalt des Dienstvergehens ‑ noch - als angemessene und ausreichende Maßnahme zu erachten.
122Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO.
123Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
124Ein Grund, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.