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Vor einem Fraktionsausschluss ist das betroffene Fraktionsmitglied anzuhören. Ferner müssen zu der Sitzung, in der über den Ausschluss entschieden werden soll, alle Fraktionsmitglieder unter Benennung des Tagesordnungspunktes eingeladen werden.
Ein unter der Voraussetzung grundsätzlicher Übereinstimmung der Beteiligten und mit dem Ziel ihrer persönlichen Zusammenarbeit auf längere Dauer eingegangenes Rechtsverhältnis kann aus wichtigem Grund beendet werden. Die mit der Bildung einer Fraktion verfolgten politischen Zwecke lassen sich nur solange erreichen, wie die Mitglieder der Fraktion zumindest in den Grundsatzfragen einig und in Randfragen zu Kompromissen bereit sind.
Nicht jeder Dissens stellt einen die Ausschließung eines Fraktionsmitglieds rechtfertigenden Grund dar, sondern nur solche Umstände, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig und derart stören, dass eine weitere Zusammenarbeit den übrigen Fraktionsmitgliedern nicht zugemutet werden kann.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
4Das Verwaltungsgericht hat den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag,
5die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit in der T. -Fraktion im Rat der Stadt I. - der Antragsgegnerin - zuzulassen,
6im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt: Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der in der Fraktionssitzung am 10. Oktober 2017 beschlossene Ausschluss des Antragstellers weise bei summarischer Prüfung keine offenkundigen Fehler auf. Es fehle auch an einem Anordnungsgrund. Ein solcher sei gegeben, wenn das vom Ausschluss betroffene Fraktionsmitglied ohne die einstweilige Anordnung einer bloßen Verdächtigung schutzlos ausgesetzt wäre. Ein derartiger Ausnahmefall liege nicht vor.
7Die dagegen von der Beschwerde erhobenen Einwände greifen nicht durch.
81. Auch die Beschwerde macht keinen Anordnungsanspruch des Antragstellers auf fortgesetzte uneingeschränkte Partizipation an der Fraktionsarbeit der Antragsgegnerin im Sinne von § 123 Abs. 1 und 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft. Vielmehr stellt sich der streitige Fraktionsausschluss vom 10. Oktober 2017 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nach Lage der Akten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig dar.
9a) Der Fraktionsausschluss weist voraussichtlich keine formellen Fehler auf.
10Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Mitglied einer Ratsfraktion aus dieser ausgeschlossen werden kann, richtet sich in erster Linie nach den bei der Errichtung der Fraktion getroffenen Absprachen. Da die Gründung der Fraktion frei ist, steht auch die Regelung der fraktionsinternen Rechtsbeziehungen - etwa in Gestalt einer Geschäftsordnung oder eines Statuts – vorbehaltlich des Willkürverbots zur im Grundsatz uneingeschränkten Disposition ihrer Mitglieder.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juli 1992- 15 B 1643/92 -, juris Rn. 20, und vom 21. November 1988 - 15 B 2380/88 -, juris Rn. 16.
12In formeller Hinsicht muss dem Ausschluss eine Anhörung des betroffenen Fraktionsmitglieds vorausgehen. Ferner müssen zu der Sitzung, in der über den Ausschluss entschieden werden soll, sämtliche Fraktionsmitglieder eine Ladung unter Benennung dieses Punkts der Tagesordnung erhalten.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 1992 - 15 B 1643/92 -, juris Rn. 17.
14Dies zugrunde gelegt, ist dem Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens darin zuzustimmen, dass das Ausschlussverfahren wohl nicht an Verfahrensfehlern leidet.
15Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 des Statuts der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2014 (im Folgenden: Statut) ist ein Fraktionsausschluss nur zulässig, wenn alle Fraktionsmitglieder, einschließlich des/der Auszuschließenden, schriftlich mit einer Frist von sieben Tagen zu der Sitzung geladen worden sind, der Punkt auf der Tagesordnung gestanden hat und dem/der Auszuschließenden zuvor die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs eingeräumt worden ist. Dem/der Auszuschließenden ist eine ausreichende Vorbereitungszeit zu seiner/ihrer Verteidigung zu gewähren (§ 10 Abs. 2 Satz 2 des Statuts).
16Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin diese Verfahrensregeln beachtet hat. Sie hat ihre Mitglieder mit Schreiben vom 28. September 2017 zu einer Fraktionssitzung am 10. Oktober 2017 eingeladen. In diesem Schreiben wurde als Tagesordnungspunkt der Antrag auf sowie die Entscheidung über den Ausschluss des Antragstellers genannt. Damit hat die Antragsgegnerin bei summarischer Prüfung zum einen die Sieben-Tages-Frist des § 10 Abs. 2 Satz 1 des Statuts gewahrt. Zum anderen hat sie die Entscheidung über den Fraktionsausschluss im Einklang mit ihrem Statut auf die Tagesordnung gesetzt und dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern bzw. sich gegen einen etwaigen Fraktionsausschluss zu verteidigen.
17Die Antragsgegnerin musste keinen gesonderten Beschluss darüber fassen, ob der Fraktionsausschluss überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt wird. Dies sieht § 10 Abs. 2 des Statuts nicht vor und ist auch sonst nicht aus Gründen des rechtlichen Gehörs geboten. Der Fraktionsausschluss muss nach § 10 Abs. 2 Satz 1 des Statuts auch erst als Tagesordnungspunkt für die Sitzung benannt werden, in der über ihn beschlossen werden soll. Eine entsprechende Förmlichkeit gilt nicht schon für vorhergehende Fraktionssitzungen, in denen - wie hier am 19. September 2017 - eine Aussprache über ein mögliches Fehlverhalten eines Fraktionsmitglieds stattfindet, ohne dass an diese Aussprache die rechtliche Konsequenz eines Fraktionsausschlusses geknüpft werden soll.
18Dafür, dass dem Antragsteller eine ausreichende Vorbereitungszeit zur Wahrnehmung rechtlichen Gehörs zur Verfügung stand, spricht das Protokoll der Sitzung der Antragsgegnerin vom 19. September 2017. Diesem Protokoll zufolge haben Mitglieder der Antragsgegnerin dem Antragsteller „vertrauensschädigendes Verhalten“ vorgeworfen. Es wurde in diesem Zusammenhang gerügt, der Antragsteller stelle Beschlüsse der Fraktion im Nachhinein in Frage. Ferner dürfe „die geschaffene Vertrauensbasis mit dem Bürgermeister … nicht durch öffentliche Angriffe und unangemessenes Verhalten vor anderen geschädigt werden“. Ausweislich des Protokolls hat der Antragsteller diese Kritik nicht geteilt und „so gut wie keine Veranlassung zur Verhaltensänderung“ gesehen. Daraufhin hat der Vorsitzende der Antragsgegnerin angeregt, den Ausschluss des Antragstellers auf die Tagesordnung der folgenden Fraktionssitzung zu setzen. Dem lässt sich entnehmen, dass der Antragsteller ab dem 19. September 2017 über die seitens der Antragsgegnerin gegen ihn erhobenen Vorwürfe sowie über die daraus möglicherweise resultierende Folge eines Fraktionsausschlusses informiert war. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Antragsteller sich damit auseinandersetzen und sich dagegen zur Wehr setzen.
19Mit Blick auf die danach ausreichende Vorbereitungszeit war der Antragsteller in der Sitzung der Antragsgegnerin am 10. Oktober 2017 nach dem diesbezüglichen Sitzungsprotokoll zu urteilen auch in der Lage, zu einzelnen Themenkomplexen, die zu dem Ausschlussantrag geführt hatten, dezidiert Stellung zu beziehen. Die Vorhaltungen, mit denen die Antragsgegnerin den Antragsteller konfrontierte, können vor diesem Hintergrund nicht als pauschal oder oberflächlich bezeichnet werden. Die im Protokoll vom 10. Oktober 2017 festgehaltenen Ausschlussgründe schließen in präzisierter Form an die am 19. September 2017 besprochenen Rügen der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller an. Der Antragsteller war in seiner Verteidigungsmöglichkeit nicht eingeschränkt.
20Die Fragen, ob die von der Antragsgegnerin gegen das Verhalten des Antragstellers angeführten Kritikpunkte zutreffen und rechtlich als unangemessen, die Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit in der Fraktion zerstörend zu bewerten sind, betreffen nicht die Einhaltung der Verfahrensregeln, sondern die materielle Rechtmäßigkeit des Fraktionsausschlusses.
21b) Die Beschwerde macht auch nicht glaubhaft, dass der Fraktionsausschluss materiell rechtswidrig ist.
22In materieller Hinsicht gilt das Grundprinzip, dass ein unter der Voraussetzung grundsätzlicher Übereinstimmung der Beteiligten und mit dem Ziel ihrer persönlichen Zusammenarbeit auf längere Dauer eingegangenes Rechtsverhältnis aus wichtigem Grund beendet werden können muss. Die mit der Bildung einer Fraktion verfolgten politischen Zwecke lassen sich nur solange erreichen, wie die Mitglieder der Fraktion zumindest in den Grundsatzfragen einig und in Randfragen zu Kompromissen bereit sind.
23Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juli 1992- 15 B 1643/92 -, juris Rn. 30, und vom 21. November 1988 - 15 B 2380/88 -, juris Rn. 21.
24Der danach notwendige Grundkonsens wird weder durch jede Meinungsverschiedenheit der Fraktionsmitglieder noch durch jedes abweichende Verhalten einzelner bei Abstimmungen im Rat oder in dessen Ausschüssen in Frage gestellt. Der Sinn der fraktionsinternen Meinungsbildung besteht gerade darin, unterschiedliche Auffassungen nach Möglichkeit miteinander in Einklang zu bringen, setzt aber nicht voraus, dass dies immer und ausnahmslos gelingt. Hieraus folgt, dass nicht jeder Dissens einen die Ausschließung einzelner Fraktionsmitglieder rechtfertigenden Grund darstellt, sondern nur solche Umstände, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig und derart stören, dass eine weitere Zusammenarbeit den übrigen Fraktionsmitgliedern nicht zugemutet werden kann.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. November 1988 - 15 B 2380/88 -, juris Rn. 22.
26Ob dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Wege der Abwägung zwischen dem Status des Ratsmitglieds und dem Zweck der praktischen, politischen Arbeitsfähigkeit der Fraktion festzustellen.
27Vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 19. August 1997- 8 SN 295.97 -, juris Rn. 24 f.
28Die materielle Beweislast für einen wichtigen, den Fraktionsausschluss rechtfertigenden Grund liegt im Hauptsacheverfahren bei der Fraktion. Dies kann sich bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugunsten des jeweiligen Antragstellers auswirken, wenn die Fraktion schon ihrer Darlegungslast nicht genügt. In einer derartigen Situation muss vorläufig - bis zum eventuellen Beweis des Gegenteils im Hauptsacheverfahren - von der Unwirksamkeit des Fraktionsausschlusses ausgegangen werden. Andernfalls müsste das von der Ausschließung betroffene Fraktionsmitglied gewissermaßen auf eine bloße, unter Umständen nicht weiter zu erhärtende Verdächtigung hin die Folgen des Fraktionsausschlusses schutzlos hinnehmen.
29Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juli 1992- 15 B 1643/92 -, juris Rn. 32, und vom 21. November 1988 - 15 B 2380/88 -, juris Rn. 31.
30Erfüllt die Fraktion ihre Darlegungslast, indem sie gewichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grunds für den Ausschluss beibringt, ist jedoch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache von der Wirksamkeit des Fraktionsausschlusses auszugehen. Ansonsten hätte es das von dem Ausschluss betroffene Fraktionsmitglied in der Hand, den Eintritt der an den Fraktionsausschluss geknüpften Folgen durch bloßes Bestreiten des ihm in substantiierter Form zu Last gelegten Fehlverhaltens für die oftmals erhebliche Dauer des Hauptsacheverfahrens hinauszuschieben oder sogar zu vereiteln.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 1992 - 15 B 1643/92 -, juris Rn. 34 ff.
32Nach diesen Grundsätzen stellt die Beschwerde die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage, dass bei summarischer Prüfung ein wichtiger Grund im Sinne von § 10 Abs. 1 des Statuts gegeben ist, der den Fraktionsausschluss rechtfertigt.
33Gemäß § 10 Abs. 1 des Statuts kann die Fraktion ein Mitglied, welches in grober, ordnungswidriger Weise die Fraktion geschädigt hat, mit den Stimmen der Mehrheit ihrer uneingeschränkt stimmberechtigten Mitglieder ausschließen, wenn eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist.
34Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Antragsgegnerin nach Lage der Akten hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür dargetan, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die von der Antragsgegnerin für den Fraktionsausschluss angeführten Gründe gehen über eine bloße nicht weiter erhärtete bzw. zu erhärtende Verdächtigung des Antragstellers deutlich hinaus. Aus dem Protokoll der Sitzung der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2017 und der Anlage zu diesem Protokoll, in der der Antrag auf Ausschluss des Antragstellers begründet ist, ergeben sich konkret greifbare Anhaltspunkte für eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin in einem Grad, der erwarten lässt, dass den übrigen Fraktionsmitgliedern eine weitere Zusammenarbeit mit dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann.
35In der Anlage zum Protokoll der Sitzung vom 10. Oktober 2017 wird dargelegt, der Antragsteller habe mehrfach entgegen der vorherigen Abstimmung in der Fraktion während einer Rats- oder Ausschusssitzung mit anderen Fraktionen gegen das Fraktionsergebnis der Antragsgegnerin gestimmt. Darüber hinaus habe er Telefonate hinter dem Rücken der Antragsgegnerin mit dem Ziel geführt, die in der Fraktion diskutierten und beschlossenen Ergebnisse erneut zu hinterfragen. Ein Beispiel dafür seien die Thematiken „C. Straße“ und „Wohnungsbaugesellschaft“. Kritik anderer Fraktionen begleite er zustimmend durch lautes Pochen auf den Tisch. Ihm fehle aus Sicht der Antragsgegnerin der nötige Respekt gegenüber der Position des T. -Bürgermeisters, mit dem die Antragsgegnerin erklärtermaßen vertrauensvoll zusammenarbeiten wolle. Der Antragsteller zeige ein ständiges Misstrauen gegenüber den Vorlagen und Aussagen der Verwaltung und damit auch ein deutliches Misstrauen gegenüber dem Verwaltungschef.
36Die Fälle, in denen der Antragsteller nicht mit der Antragsgegnerin gestimmt habe, hat diese mit Schriftsatz vom 29. November 2017 konkretisiert. Es habe sich dabei um die Abstimmunsvorgänge „Verkauf der städtischen Objekte T1.------straße und I1. I2. “, „Öffnungszeiten N. “, „Bebauungsplan Nr.. Straße Teilbereich I“, „Sanierungsbegutachtung und Machbarkeitsstudie für die Grundschule N1. , hier: Kriterien und Gewichtungen in der Entscheidungsmatrix“, „Veräußerung eines Grundstücks in S. zur Errichtung einer Kindertagesstätte“ und „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Freigabe von Tagen und die Festsetzung von Öffnungszeiten in Kur-, Ausflugs-, Erholungs- und Wallfahrtorten an Sonn- und Feiertagen“ gehandelt.
37Die von der Antragsgegnerin für den Fraktionsausschluss ins Feld geführten Gründe sind angesichts dessen jenseits von Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall angesiedelt. In ihnen kommt ein politisch-inhaltlicher Dissens zwischen dem Antragsteller auf der einen und der Antragsgegnerin auf der anderen Seite zum Ausdruck, der bei summarischer Betrachtung einen für eine gedeihliche und substantielle Fraktions-(zusammen)arbeit notwendigen Grundkonsens als nicht mehr vorhanden erscheinen lässt. Von lediglich unterschiedlichen Auffassungen von der Ratsarbeit kann nicht mehr gesprochen werden. Auch wenn das abweichende Abstimmungsverhalten des Antragstellers teilweise aus dem Jahr 2016 datiert, gibt es dennoch Aufschluss über auch aktuell nicht ausgeräumte Divergenzen. Es erstreckt sich bis in den September 2017 hinein.
38Die Beschwerde legt auch im Weiteren nicht dar und es ist auch sonst nicht erkennbar, dass die Umstände, auf die der Fraktionsausschluss gestützt ist, einer Grundlage entbehren und deswegen als auch vorläufig vom Antragsteller nicht hinzunehmende haltlose Verdächtigungen zu qualifizieren sind, die allein dazu dienen, den Antragsteller „loszuwerden“, wie die Beschwerde geltend macht. Der Antragsteller bestreitet die von der Antragsgegnerin aufgelisteten abweichenden Stimmabgaben nicht. Gegen seine Einschätzung, diese hätten sich auf vereinzelte, zahlenmäßig begrenzte Vorgänge bezogen, spricht neben deren thematischer Bandbreite der Umstand, dass die Antragsgegnerin diese - neben den anderen in Rede stehenden Vorfällen - überhaupt zum Anlass für ein Fraktionsausschlussverfahren genommen hat. Auch da nach seinem Vorbringen bis auf den Antragsteller alle Mitglieder der Antragsgegnerin für dessen Ausschluss gestimmt haben, kann von einem bloß peripheren und temporären Auseinanderdriften von Auffassungen zu Einzel- bzw. Detailfragen nicht mehr ausgegangen werden. Die im Protokoll der Fraktionssitzung vom 10. Oktober 2017 erwähnte Befürchtung, zwei oder drei andere Ratsmitglieder würden die Antragsgegnerin verlassen, sollte der Antragsteller in ihr verbleiben, kam während des Austauschs über den beantragten Ausschluss zur Sprache. Sie ist für sich genommen keine den Ausschluss tragende Erwägung.
39Die Klärung der Fragen, ob und inwieweit der Antragsteller den Bürgermeister (etwa im Hinblick auf den Verkauf der städtischen Immobilien T1.------straße /I1. I2. und die Veräußerung des Sportplatzes an der C1. Straße) angegangen und Beschlüsse der Antragsgegnerin im Nachhinein in Frage gestellt hat, ist gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dass der Antragsteller dies bestreitet bzw. anders bewertet, ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin die insofern erhobenen Vorwürfe im Sitzungsprotokoll vom 10. Oktober 2017 und in dessen Anlage für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend substantiiert hat. So räumt auch die Beschwerde ein, dass der Antragsteller mehrere Projekte des Bürgermeisters hinterfragt habe, zu denen die T. - das heißt die Antragsgegnerin - „stramm stand“. Gleichfalls im Hauptsacheverfahren bliebe zu klären, ob die Anfragen des Antragstellers zu den Themen „Grundschule N1. “ und „Wohnungsbaugesellschaft/Angelegenheit C. Straße“ fraktionsintern abgestimmt waren bzw. im Interesse der Antragsgegnerin lagen.
402. Im Anschluss daran macht die Beschwerde nicht glaubhaft, dass ein Anordnungsgrund vorliegt.
41Das Begehren, den Antragsteller vorläufig mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds an der Fraktionsarbeit zu beteiligen, läuft faktisch auf eine jedenfalls zeitweise Vorwegnahme der Hauptsache hinaus. Solche den Rahmen einer vorläufigen Regelung überschreitende Anordnungen sind allein dann zulässig, wenn eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes den Antragsteller schwer und unzumutbar belasten würde.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 1992 - 15 B 1643/92 -, juris Rn. 38.
43In einem Organstreit wie dem vorliegenden kann bei dieser Ausgangslage eine Vorwegnahme der Hauptsache nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt werden. Dort ist im Gegensatz zum Außenrechtsstreit nicht über Individualrechte, sondern über innerorganisatorische Kompetenzen zu entscheiden. Diese sind dem Antragsteller nicht um seiner selbst willen, sondern im Interesse der Gemeinde zugewiesen und daher weder aus den Grundrechten herzuleiten noch im Schutzbereich der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) angesiedelt. Gemessen daran kommt es für den Anordnungsgrund in einem Organstreit nicht auf die subjektive Betroffenheit des jeweiligen Antragstellers, sondern darauf an, ob die einstweilige Anordnung im Interesse der Körperschaft objektiv notwendig bzw. - bei einer Vorwegnahme der Hauptsache - unabweisbar erscheint. Entscheidend für die Vorwegnahme der Hauptsache ist neben der Bedeutung der konkreten Angelegenheit für die Gemeinde vor allem der Rang des Rechtssatzes, dessen Verletzung durch die einstweilige Anordnung abgewendet werden soll. Ausgehend davon kommt auch beim Streit um einen Fraktionsausschluss die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine einstweilige Anordnung nur ausnahmsweise in Betracht.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 1992 - 15 B 1643/92 -, juris Rn. 40 ff.
45Danach hat das Verwaltungsgericht auch einen Anordnungsgrund zu Recht verneint. Es liegt kein Ausnahmefall vor, in dem der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers geboten ist. Wie unter 1. b) dargestellt, ist der Antragsteller nicht einer bloßen Verdächtigung der Antragsgegnerin ausgesetzt, vor der er im Wege des Erlasses einer einstweilen Anordnung geschützt werden müsste. Vielmehr kann die Antragsgegnerin den streitbefangenen Fraktionsausschluss - wie ausgeführt - voraussichtlich auf hinreichend gewichtige Anhaltspunkte stützen, die die notwendige Vertrauensbasis für eine Fortsetzung der gemeinsamen Fraktionsarbeit nachhaltig in Frage stellen. Auch aus anderen, im Gesamtinteresse der Gemeinde liegenden Gesichtspunkten kommt der Erlass einer einstweilen Anordnung, wie der Antragsteller sie beantragt, nicht in Betracht.
463. Soweit der Antragsteller pauschal auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, genügt dies den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
48Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Der Streitwert ist mit 10.000,- € nicht übersetzt. Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der Jahre 2012/2013 empfiehlt für Kommunalverfassungsstreitigkeiten einen Streitwert von 10.000,- €. An dieser Empfehlung hat sich auch der Streitwert bei einem Streit um die Rechtmäßigkeit eines Fraktionsausschlusses zu orientieren.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Februar 2011- 15 E 94/11 -, juris Rn. 3 ff.
50Da der Antragsteller der Sache nach eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt,
51vgl. dazu nochmals OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 1992 - 15 B 1643/92 -, juris Rn. 38,
52ist von einer Halbierung dieses Betrags gemäß Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs abzusehen.
53Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).