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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Fragen 3 und 5 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das erstinstanzliche Urteil ist insoweit wirkungslos.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um einen presserechtlichen Auskunftsanspruch.
3Der Kläger ist Journalist. Mit E-Mail vom 20. August 2014 richtete er an die Beklagte mehrere Fragen zur früheren Tätigkeit des Beigeladenen beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Der Beigeladene war zwischen 2004 und 2006 vom Bundesministerium des Innern an das BfV abgeordnet gewesen und dort Leiter der Stabstelle. Im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens war er Richter am Bundesverwaltungsgericht.
4Nachdem die Beklagte innerhalb einer vom Kläger gesetzten Frist nicht reagiert hatte, hat der Kläger am 2. September 2014 erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorgetragen hat: Sein Anspruch ergebe sich aus Art. 5 GG. Materielle Geheimhaltungsinteressen stünden dem Anspruch nicht entgegen. Die erbetene Auskunft verletze auch keine schutzwürdigen privaten Interessen des Beigeladenen. Selbst wenn in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen werde, überwögen die Interessen der Öffentlichkeit an der Offenlegung. Es gehe um einen Richter am Bundesverwaltungsgericht, der zum Zeitpunkt der blutigsten NSU-Terroranschläge in Stabsfunktion für das BfV gearbeitet habe, welches sich in dieser Zeit geweigert habe, NSU-Anschläge als fremdenfeindliche Terroranschläge zu erkennen. Der Auskunftsanspruch ergebe sich auch aus Art. 10 EMRK.
5Der Kläger hat beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen:
7Nach Auskunft des Beklagten war der Beigeladene von 2004-2006 vom Bundesministerium des Inneren an das Bundesamt für Verfassungsschutz abgeordnet und dort als Leiter des Stabsbereichs tätig.
81. War der Beigeladene in dieser Zeit mit dem Komplex NSU beschäftigt?
92. Falls ja, hat der Beigeladene in dieser Zeit Expertisen, Gutachten, Stellungnahmen zu Fragen im Bereich NSU geliefert, wenn ja welche?
103. Hat der Beigeladene sich in dieser Zeit mit dem Komplex V- Leute beschäftigt?
114. Falls ja, hat der Beigeladene in dieser Zeit Expertisen, Gutachten, Stellungnahmen zu Fragen im Bereich V-Leute geliefert, wenn ja, welche?
125. War der Beigeladene in dieser Zeit mit dem Komplex Terrorismus beschäftigt?
136. Falls ja, hat der Beigeladene in dieser Zeit Expertisen, Gutachten, Stellungnahmen zu Fragen im Bereich Terrorismus geliefert, wenn ja, welche?
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie hat vorgetragen: Dem Auskunftsanspruch stünden überwiegende Geheimhaltungsinteressen entgegen. Arbeitsweisen, Organisationsstruktur und Namen von Beschäftigten der Nachrichtendienste seien in besonderem Maße schutzbedürftig. Durch die beantragten Auskünfte werde der Beigeladene möglicherweise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Die Frage nach den „Komplexen“ (NSU, V-Leute, Terrorismus) sei nicht hinreichend konkret formuliert. Der Beigeladene sei als Leiter der Stabsstelle tätig gewesen, die typische Aufgaben einer spezialisierten Leitungshilfestelle erfüllt habe. Einer Auskunftserteilung darüber, welche Aufgaben dem Leiter der Stabsstelle im Einzelnen oblägen, stünden schutzwürdige öffentliche Interessen entgegen. Soweit der Kläger Auskunft darüber begehre, ob und gegebenenfalls welche „Expertisen, Gutachten und Stellungnahmen“ der Beigeladene in den bezeichneten „Komplexen“ abgegeben habe, müsse dies erst mit erheblichem Aufwand unter Auswertung der in den angefragten Organisations- und Phänomenbereichen vorhandenen Unterlagen generiert werden.
17Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
18Mit angegriffenem Urteil vom 5. November 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Fragen seien nicht hinreichend konkret und eingrenzbar; zudem stünden jedenfalls teilweise Geheimhaltungsinteressen der Beantwortung der Fragen entgegen.
19Zur Begründung seiner durch Beschluss des Senats vom 20. März 2018 zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor:
20Frage 1 sei ausreichend bestimmt. Er wolle ersichtlich erfahren, ob der Beigeladene in irgendeiner Weise mit Ermittlungen zum NSU und dessen Straftaten in Berührung gekommen sei. Zudem seien die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Konkretisierung eines Auskunftsbegehrens verfassungswidriges Richterrecht und mit dem verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu vereinbaren. Das von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasste Recht auf Recherche schütze auch das Recht, wenig konkrete Fragen zu stellen. Davon abgesehen handle es sich um eine konkrete Frage. Unter Komplex werde allgemein ein Themenbereich verstanden; dies sei hinreichend konkret. Spätestens seit dem Buch „Baader Meinhof Komplex“ sei der Begriff seit 1985 mit der zweifelhaften Rolle des deutschen Staates zwischen Förderung und Bekämpfung des Terrorismus verbunden. Die Übertragung des Begriffs auf den Fall des NSU sei ohne weiteres verständlich. Laut Duden sei ein Komplex definiert als ein geschlossenes Ganzes, dessen Teile vielfältig verknüpft seien. Synonyme seien „Einheit“, „Gefüge“, „Gebilde“, „Ganzes“ usw. Der Begriff NSU sei der Beklagten in den Jahren 2004 bis 2006 auch bereits bekannt gewesen. So sei etwa in einem sogenannten Neo-Nazi-Fanzine ein Dank an den „NSU“ erwähnt gewesen. Des weiteren habe das BfV seit dem Jahr 2005 eine CD mit der Aufschrift „NSU/NSDAP“ besessen. Die durch § 24 VwVfG und § 86 VwGO gebotene Auslegung der Frage 1 ergebe, dass er, der Kläger, offensichtlich wissen wolle, ob der Beigeladene mit Ermittlungen oder Erkenntnissen rund um die NSU-Terrorzelle in Berührung gekommen sei. Da es nur eine NSU-Terrorzelle gegeben habe, sei die Bezeichnung „Komplex NSU“ sowohl eindeutig als auch hinreichend bestimmt. Die Beklagte verwende zudem selbst den Begriff „Tatsachenkomplex“. Es sei davon auszugehen, dass es zum Rechtsterrorismus bzw. zum NSU eine Sachakte bzw. zu dessen Mitgliedern jeweils eine P-Akte gebe. Auch Frage 3 sei hinreichend konkret; das Verwaltungsgericht selbst habe eingegrenzt, dass der „Komplex V-Leute“ den Einsatz, die Anwerbung und den Schutz von V-Leuten betreffe. Jedenfalls hätte das Verwaltungsgericht bei Zweifeln auf eine sinnvolle Stellung des Antrags hinwirken müssen. Übersetzt wolle er, der Kläger, wissen, ob der Beigeladene mit V-Leuten zu tun gehabt habe, unabhängig von der Art und Weise. Darunter fielen auch, unter anderem, Einsatz, Anwerbung und Schutz. Diese Ausführungen gälten auch für Frage 5. Terrorismus umfasse rechten, linken und religiösen Terrorismus. Auch seien die Informationen bei der Beklagten vorhanden und müssten nicht erst durch Untersuchungen generiert werden. Es sei anzunehmen, dass die Beklagte sich mittels Computersystemen organisiere. Daher sei es ein Leichtes für sie, herauszufinden, ob der Beigeladene mit den gegenständlichen Themenkomplexen in Berührung gekommen sei. Dies dürfte sich bereits aus dem elektronischen Posteingangsbuch des BfV ergeben. Die Suche nach einer Information sei nicht gleichbedeutend mit einer Untersuchung. Auch die Fragen 2, 4 und 6 seien hinreichend bestimmt. Der Begriff „Expertise“ bezeichne laut Duden ein Expertengutachten, „Gutachten“ sei eine „in bestimmter Weise auszuwertende schriftliche Aussage eines Sachverständigen zu einem bestimmten Vorhaben“ und Stellungnahme „das Äußern einer Meinung zu etwas“, also eine „Beurteilung, Bewertung, Einschätzung“. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei damit nicht jede schriftliche Äußerung erfasst. Ihm, dem Kläger, sei die interne Terminologie der Vermerke der Beklagten nicht bekannt. Die mit den Fragen 2, 4 und 6 begehrte Auskunftserteilung übersteige auch nicht das zumutbare Maß. In jeder Behörde würden Gutachten und Vermerke aufbewahrt. Die Ausnahme der Unzumutbarkeit der Auskunftserteilung gebe es im Presserecht nicht und sei auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen abzuleiten. Jedenfalls sei diese Ausnahme äußerst restriktiv auszulegen und als allgemeiner Missbrauchstatbestand zu verstehen. Diese Schwelle werde hier aber nicht erreicht. Die Beklagte trage noch nicht einmal vor, dass sie ihre EDV-Systeme bemüht habe. Hierzu gehörten etwa das elektronische Vorgangsbearbeitungssystem DOMUS oder OCR-Analysesysteme wie ZYLab, wie sie die Beklagte verwende. Diese Systeme erübrigten eine händische Durchsicht. Die Beklagte sei insoweit verpflichtet, sich ausreichend zu organisieren. Auch die Voraussetzungen für eine abwägungsfeste Bereichsausnahme lägen nicht vor. Persönlichkeitsrechte des Beigeladenen würden durch eine Beantwortung der Fragen ebenfalls nicht verletzt. Ein Anspruch auf die begehrte Auskunftserteilung ergebe sich zudem aus Art. 10 EMRK.
21Der Kläger hat in der Berufungsinstanz ursprünglich seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29. August 2018 haben der Kläger und die Beklagte den Rechtsstreit im Hinblick auf Fragen 3 und 5 übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 31. August 2018 hat der Kläger einen Hilfsantrag zu Frage 1 gestellt.
22Er beantragt nunmehr,
23das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen zu den Fragen:
24Nach Auskunft des Beklagten war der Beigeladene von 2004-2006 vom Bundesministerium des Inneren an das Bundesamt für Verfassungsschutz abgeordnet und dort als Leiter des Stabsbereichs tätig.
251. War der Beigeladene in dieser Zeit mit dem Komplex NSU beschäftigt?
26hilfsweise,
27war der Beigeladene mit einer Sachakte zum Thema NSU oder NSU/NSDAP oder Der Weisse Wolf oder Nationalsozialistischer Untergrund oder Rechtsextremismus in Thüringen oder Rechtsextremismus in Hessen oder Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern oder Anschlag vom 9. Juni 2004 oder Terroranschlag vom 9. Juni 2004 oder anderer Sachakte zum Anschlag vom 9. Juni 2004 in der L. -N L.---straße oder einer P-Akte zu den Personen V. N. oder V. C. oder C1. A. oder U. S. oder V-Mann D. oder anderslautender P-Akte zu einem oder einigen der vier vorgenannten Personen beschäftigt oder war er mit dem Dokument „Gefahr eines bewaffneten Kampfes deutscher Rechtsextremisten – Entwicklungen von 1997 bis 2004“ beschäftigt? Falls ja, bitte spezifizieren Sie, womit er genau beschäftigt war.
282. Falls ja, hat der Beigeladene in dieser Zeit Expertisen, Gutachten, Stellungnahmen zu Fragen im Bereich NSU geliefert, wenn ja welche?
294. Hat der Beigeladene in dieser Zeit Expertisen, Gutachten, Stellungnahmen zu Fragen im Bereich V-Leute geliefert, wenn ja, welche?
306. Hat der Beigeladene in dieser Zeit Expertisen, Gutachten, Stellungnahmen zu Fragen im Bereich Terrorismus geliefert, wenn ja, welche?
31Die Beklagte beantragt,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Sie hat schriftsätzlich und ergänzend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen: Keine der sechs Fragen sei konkret und tatsachenbezogen formuliert. Der Begriff „Komplex NSU“ sei unbestimmt. Es sei nicht zu erkennen, inwieweit die Bezugnahme auf den Buchtitel „Baader Meinhof Komplex“ eine Konkretisierung des Begriffs des Komplexes bewirke. Auch die Umschreibung als „geschlossenes Ganzes, dessen Teile vielfältig verknüpft sind“, sei diffus. Zudem sei der NSU in den Jahren 2004 bis 2006 noch nicht bekannt gewesen und daher in den Akten dieser Jahre nicht als solcher erfasst. Der Kläger selbst lege in seien Erklärungen und Schriftsätzen ein wechselndes Begriffsverständnis zugrunde. Eine spezifischere Fragestellung sei dem Kläger möglich und zumutbar gewesen. Was zum „Komplex NSU“ gehöre, müsste die Beklagte zudem selbst erst etwa unter Auswertung der Abschlussberichte verschiedener Untersuchungsausschüsse aufbereiten, diese Informationsbeschaffung könne von ihr im Rahmen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs nicht verlangt werden. Die Fragen 2, 4 und 6 seien bereits mit den Formulierungen „Bereich NSU“, „Bereich V-Leute“ bzw. „Bereich Terrorismus“ unbestimmt. Zudem seien die Begriffe „Expertisen, Gutachten und Stellungnahmen“ ohne Kontur, weil sie letztlich jede Form der schriftlichen Äußerung umfassen könnten. Sie gehe aber davon aus, dass es dem Kläger um eigenständige schriftliche Ausarbeitungen des Beigeladenen zu den in den Fragen benannten „Bereichen“ gehe. Hierunter seien damit nicht bloße Paraphen oder Annotationen auf Vorlagen zu verstehen, die über den Beigeladenen der Amtsleitung vorgelegt worden seien. Dabei sei zudem zu beachten, dass es erfahrungsgemäß selten vorkomme, dass der Leiter des Stabsbereichs selbst eine Vorlage mit einer Annotation versehe, dies sei eher Aufgabe der Mitarbeiter der Stabstelle. Zu den von den Fragen 2, 4 und 6 erfassten Schriftstücken dürften aber Vermerke im Auftrag der Amtsleitung gehören. In äußerst seltenen Fällen könne es dazu kommen, dass auf entsprechenden Auftrag der Amtsleitung Vermerke zu hausweiten Entwicklungen und Problemlagen erstellt würden. Sie seien deshalb so selten, weil die Prüfung tatsächlicher, rechtlicher oder fachlicher Fragen in den Aufgabenbereich der insoweit jeweils zuständigen (Fach-) Abteilung falle. Selbst wenn in diesen Fällen ein Vermerk nicht unmittelbar durch die (Fach-)Abteilung erstellt würde, würde dessen Erstellung und Bearbeitung nicht durch den Leiter des Stabsbereichs, sondern durch dessen Mitarbeiter erfolgen. Die insoweit hausintern angestellten Recherchen (Befragung ehemaliger Mitarbeiter) hätten ergeben, dass der Beigeladene entsprechende Vermerke wohl nicht erstellt habe. Konkret hätten sich ehemalige Mitarbeiter des Stabsbereichs ausschließlich an die Erstellung eines konzeptionellen Neuentwurfs zur Organisationsstruktur des Stabsbereichs erinnern können. Solche konzeptionellen Ausarbeitungen seien nicht aktenmäßig erfasst worden. Einschlägige Vorlagen könnten sich in den Akten (nahezu) sämtlicher (Fach‑)Abteilungen des BfV finden. Im Übrigen gebe es beim BfV keine Tätigkeitsregister betreffend die Tätigkeiten des Beigeladenen während seiner Abordnungszeit. Auch lasse sich nicht anhand elektronischer Daten, etwa eines elektronischen Posteingangsbuchs ermitteln, mit welchen „Themenkomplexen“ der Beigeladene während seiner Abordnung „in Berührung gekommen“ sei. Zur Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen sei es daher insgesamt erforderlich, sämtliche Tätigkeiten des Beigeladenen während seiner Abordnungszeit zu ermitteln, eine Liste aller thematisch einschlägigen schriftlichen Äußerungen des Beigeladenen zu erstellen und diese sodann den fraglichen, indes ihrerseits unbestimmten „Komplexen" bzw. „Bereichen" zuzuordnen. Dies würde die händische Durchsicht aller Akten der infrage kommenden Abteilungen aus den Jahren 2004 bis 2006 erfordern. Ein „Computersystem", welches diese Suche erleichtern könnte, existiere nicht. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt sei die Bearbeitung in der Stabsstelle in Papierform erfolgt. Zudem stehe der Beantwortung der Fragen 2, 4 und 6 der Schutz der operativen Tätigkeit des BfV entgegen. Aus Art. 10 EMRK folge nichts anderes. Schließlich sprächen persönlichkeitsrechtliche Aspekte des Beigeladenen gegen die Beantwortung der Fragen.
34Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
35Der Senat hat am 29. August 2018 über die Berufung des Klägers mündlich verhandelt und die Sache zur weiteren Sachaufklärung vertagt.
36Mit Schriftsatz vom 7. September 2018 trägt die Beklagte zu den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Recherchemöglichketen weiter vor: Die elektronische Akte werde seit dem Jahr 2004 sukzessive in den Arbeitsbereichen des BfV eingeführt. Eine Auswertung der entsprechenden Datenbank habe ergeben, dass die elektronische Akte in dem Zeitraum der Abordnung des Beigeladenen im Stabsbereich nicht eingeführt gewesen sei. In der Datenbank seien weder Aktenstücke recherchierbar, die während dieses Zeitraums in diesem Arbeitsbereich gebucht und bearbeitet worden seien, noch eine Benutzerkennung, die dem Beigeladenen zugeordnet werden könne. In dem Arbeitsbereich des Beigeladenen seien in dem in Rede stehenden Zeitraum die Akten in Papierform geführt worden. Das Schriftgut der Papierakten werde in einem reinen Registratursystem verwaltet, nur bestimmte Metadaten (z.B. Einsender bzw. Empfänger, Datum und Betreff des Aktenstücks), nicht aber der Inhalt des Aktenstücks würden bei der Aktenbuchung elektronisch erfasst. Die Buchung der Aktenstücke werde – anders als in der elektronischen Akte – auch nicht von den Benutzern selbst, sondern von Mitarbeitern der Registraturen vorgenommen. Hierzu würden in der Buchungsmaske die vorgesehenen Metadaten eingegeben, die Eingabe einer Benutzerkennung erfolge hierbei nicht. Über die so registrierten Aktenstücke werde allerdings zum Zwecke der Schriftgutverwaltung ein suchfähiges Aktivitätenprotokoll erstellt, das den jeweiligen Verbleib des Aktenstücks dokumentiere. Werde das Aktenstück nach der Buchung auf einen Benutzer zur Bearbeitung ausgetragen und dieser dadurch mit dem betreffenden Aktenstück registraturmäßig „belastet“, werde dieser Benutzer im System entsprechend ausgewiesen. Eine Auswertung dieser Datenbank auf Metadatenebene habe ergeben, dass in dem Registratursystem eine Benutzerkennung für den Beigeladenen nicht angelegt worden sei. Damit könnten die Aktivitätenprotokolle auch nicht anhand einer dem Beigeladenen zugeordneten Benutzerkennung durchsucht werden. Zudem habe sie, die Beklagte, noch weitere Suchen durchgeführt. Für den gesamten Stabsbereich hätten in dem Registratursystem 7006 gebuchte Aktenstücke für den Zeitraum 2004 bis 2006 ermittelt werden können. Diese Aktenstücke seien betreffsbezogen nach den Suchbegriffen „Terrorismus“ und „V-Leute“ durchsucht worden. Der Suchbegriff „V-Leute“ habe keine Ergebnisse erzielt. Es hätten aber Aktenstücke ermittelt werden können, die in dem Betreff das Wort „Terrorismus“ enthielten. Gemäß den obigen Ausführungen sei der Beigeladene nach den Aktivitätenprotokollen mit keinem dieser Stücke registraturmäßig „belastet“ gewesen. Soweit diese Aktenstücke in den Registraturen vorhanden seien waren und eingesehen werden konnten, sei der Beigeladene nicht Autor dieser Stücke.
37Mit Schriftsatz vom 17. September 2018 hat der Kläger hierzu Stellung genommen. Er bestreitet, dass eine elektronische Akte erst seit 2004 im BfV eingeführt worden und in der Abordnungszeit des Beigeladenen nicht im Stabsbereich vorhanden gewesen sei. Es stelle sich zudem die Frage, was ein reines Registratursystem sei und ob jedes Schriftstück einer Papierakte einzeln in der von der Beklagten beschriebenen Art und Weise registriert werde. Wer „Einsender" und „Empfänger" des „Aktenstücks" sei, bleibe unklar. Die Beklagte sei dem Vortrag des Klägers zu den Möglichkeiten der Texterkennung im BfV nicht entgegengetreten. Er, der Kläger, gehe davon aus, dass das BfV mit modernen Programmen zur Texterfassung arbeite; alles andere sei sie nicht vorstellbar. Eine betreffsbezogene Suche nach den Begriffen „V-Leute“ und „Terrorismus“, wie von der Beklagten beschrieben, sei nicht ausreichend.
38Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 29. August 2018 bzw. mit Schriftsatz vom 4. September 2018 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
39Wegen der weiteren Einzelheiten Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
41Nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, entscheidet der Senat über die Berufung des Klägers gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. Der anwaltlich nicht vertretene Beigeladene hat auf die (weitere) Durchführung der mündlichen Verhandlung ebenfalls wirksam verzichtet, denn die Einverständniserklärung nach § 101 Abs. 2 VwGO kann im Anwaltsprozess auch durch einen nicht vertretenen Beteiligten, wirksam abgegeben werden.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2013 - 8 B 91.12 -, juris Rn. 5 mit weiteren Nachweisen.
43A. Soweit Kläger und Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren das Verfahren einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts zur Klarstellung für gegenstandslos zu erklären. Der Beigeladene musste den Rechtsstreit insoweit nicht für erledigt erklären; Erklärungen der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache werden nur von den Hauptbeteiligten gefordert.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 1991 - 4 C 27.90 -, juris Rn. 25.
45B. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Beantwortung der noch streitgegenständlichen Fragen zu Recht verneint.
46I. Rechtsgrundlage für die Beurteilung des Auskunftsersuchens des Klägers ist der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
47Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Sinn und Zweck der daraus prinzipiell folgenden Auskunftspflichten ist es, der Presse zu ermöglichen, umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu erhalten, und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten. Auf diese Weise können die Bürgerinnen und Bürger zutreffende und umfassende Informationen über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse, Missstände, Meinungen und Gefahren erhalten, die ihnen sonst verborgen bleiben würden, aber Bedeutung für eine abgewogene Beurteilung der für die Meinungsbildung essenziellen Fragen haben könnten.
48Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13 -, juris Rn. 14.
49Das Grundrecht der Pressefreiheit verleiht Presseangehörigen daher einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung des Bundesgesetzgebers, soweit auf sie die Landespressegesetze wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes keine Anwendung finden können.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 2018 - 6 VR 1.18 -, juris Rn. 14; Urteile vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 62 ff., vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 - juris Rn. 13 ff., vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris Rn. 24, und 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 17 ff.
51Dies ist hier der Fall. Dem Bund steht gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b) GG die ausschließliche Kompetenz für die Gesetzgebung über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) sowie nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG für die Einrichtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu. Die Kompetenz zur Regelung der Sachmaterie "Bundesverfassungsschutz" schließt als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 15; zum Bundesnachrichtendienst etwa BVerwG, Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 -, juris Rn. 11.
53II. Im Hinblick auf die verbliebenen Fragen 1, 2, 4 und 6 sind die Voraussetzungen des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs nicht gegeben.
541. Frage 1 ist nicht hinreichend bestimmt.
55a) Presserechtliche Auskunftsansprüche müssen sich grundsätzlich auf die Beantwortung konkreter Fragen beziehen. Wesentlich für ein Auskunftsbegehren ist die Benennung eines konkreten Sachkomplexes, hinsichtlich dessen bestimmte Informationen gewünscht werden.
56Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 20, vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 46, und vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 62; siehe auch für das jeweilige Landespresserecht VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 1. Juli 2015 - 1 S 802/15 -, juris Rn. 39; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 7. März 2014 - OVG 6 S 48.13 -, juris Rn. 9; VG Potsdam, Beschluss vom 30. Mai 2013 - 9 L 34/13 -, juris Rn. 10 ff; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Januar 2003 - 1 L 269/03 -, juris Rn. 8; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, § 4 LPG Rn. 2, 85; Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22.
57Ein Auskunftsantrag ist ausreichend bestimmt, wenn nach interessengerechtem Verständnis aus der Perspektive des Empfängerhorizonts klar erkennbar ist, welche Informationen der Antragsteller begehrt.
58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 2018 - 6 VR 1.18 -, juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 28. Oktober 2011 - OVG 10 S 33.11 - juris Rn. 34; VG Ansbach, Urteil vom 1. November 2009 - AN 11 K 08.00677 -, juris Rn. 73 (zum UIG).
59Der Umstand, dass einem Begriff unterschiedliche Bedeutungen beigemessen werden können, führt nicht zur Unbestimmtheit, solange klar erkennbar ist, auf welche Informationen es dem Antragsteller ankommt.
60Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 23. März 2018 ‑ 27 L 587.18 -, juris Rn. 33
61Dabei kann auch berücksichtigt werden, inwieweit der Auskunftsuchende zu einer Konkretisierung seines Anliegens in der Lage und ihm diese zumutbar ist.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, juris Rn. 16 (zum UIG); VG Berlin, Beschluss vom 13. März 2017 - 27 L 502.16 -, juris Rn. 80; VG Ansbach, Urteil vom 1. November 2009 - AN 11 K 08.00677 -, juris Rn. 73 (zum UIG).
63Ein Auskunftsantrag ist jedenfalls dann zu unbestimmt, wenn im Falle seiner Tenorierung wesentliche Streitfragen zwischen den Beteiligten nicht entschieden, sondern in den Bereich der Vollstreckung verlagert würden.
64Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. September 2017 - OVG 11 S 49.17 -, juris Rn. 10; Hess. VGH, Beschluss vom 30. November 2006 ‑ 10 TG 2531/06 -, juris Rn. 2; VG Berlin, Beschluss vom 23. März 2018 - 27 L 587.18 -, juris Rn. 31.
65Dies ist etwa der Fall, wenn sich die Frage, was vom Auskunftsanspruch erfasst sein soll, nur aufgrund einer rechtlichen Würdigung beantworten lässt, deren Ergebnis im Einzelfall zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig ist.
66Vgl. OVG Berlin-Bbg. Beschluss vom 8. September 2017 - OVG 11 S 49.17 -, juris Rn. 10.
67Dies zugrunde gelegt ist Frage 1 mit der Verwendung des Begriffs „Komplex NSU“ nicht hinreichend bestimmt. Es ist bei Auslegung unter Berücksichtigung Empfängerhorizonts (§ 133 BGB) nicht eindeutig erkennbar, um welche Informationen es dem Antragsteller geht.
68Zwar gab es, wie der Kläger anführt, nur eine Terrorzelle mit dieser Bezeichnung, es ist aber dennoch nicht eindeutig, was zum „Komplex NSU“ gehören soll. Der vom Kläger benutzte Begriff „Komplex NSU“ ist objektiv mehrdeutig, und es ist selbst im Berufungsverfahren nicht hinreichend klar erkennbar, was der Kläger wissen möchte.
69Dabei liegt es zunächst nahe, den Begriff „Komplex“ lediglich als Synonym für den in Frage 2 benutzten Begriff „Bereich“ zu verstehen. Der Kläger selbst erklärt hierzu in der Berufungsbegründung, unter Komplex sei ein „Themenbereich“ zu verstehen. Ob der Kläger darüber hinaus mit seiner Begriffswahl zusätzliche inhaltliche Bedeutungen verbunden hat und die Beklagte dies erkennen konnte, kann offen bleiben. Selbst wenn der Begriff „Komplex NSU“ in Frage 1 allein als „Themenbereich“ verstanden wird, bleibt die Frage nach einer Beschäftigung des Beigeladenen mit dem „Themenbereich NSU“ unbestimmt. Dabei ist zunächst zu beachten, dass – selbst wenn der Begriff „NSU“ im BfV bereits im Zeitraum zwischen 2004 und 2006 bekannt gewesen sein sollte – der NSU noch nicht mit den nunmehr seinen Mitgliedern nachgewiesenen Verbrechen in Verbindung gebracht wurde. Hiervon ausgehend könnte die Frage nach dem Themenbereich/Komplex NSU so verstanden werden, dass damit die seinerzeit noch unaufgeklärten Straftaten des NSU gemeint sein sollen. Damit würde die Frage darauf abzielen, ob der Beigeladene mit Ermittlungen zu den Straftaten in Berührung gekommen ist, deren Begehung durch den NSU später festgestellt wurde. In Richtung dieses eher engen Verständnisses deutet auch die Erklärung des Klägers in der Berufungsbegründungsschrift vom 24. März 2018, es gehe ihm darum zu erfahren, ob der Beigeladenen in irgendeiner Weise mit Ermittlungen, die die entsprechende Terrorzeile beträfen, insbesondere deren Straftaten, in Kontakt gekommen sei (Seite 2 des Schriftsatzes). Bereits bei dieser Konkretisierung durch den Kläger bleibt allerdings offen, was mit „Ermittlungen, die die Terrorzelle …. betreffen“, gemeint ist, wenn die Straftaten der Gruppe lediglich „insbesondere“ erwähnt werden. Gegen dieses eher enge Verständnis der vom Kläger gewählten Formulierung spricht zudem, dass der Begriff des Komplexes – wie auch der des Bereichs – nach dem allgemeinen Sprachverständnis verschiedene zusammenhängende Gegebenheiten – in den Worten des Klägers: ein Gefüge – mit Haupt- und Nebenaspekten beschreibt. In Richtung einer tendenziell weiteren Auslegung des Begriffs deutet auch die Erklärung des Klägers auf Seite 3 der Berufungsschrift, er wolle wissen, ob der Beigeladene mit Ermittlungen oder Erkenntnissen „rund um die NSU Terrorzelle“ in Berührung gekommen sei. Gerade durch die Formulierung „rund um die NSU Terrorzelle“ wird deutlich, dass der Kläger offenbar nicht nur Ermittlungen zu den Straftaten des NSU selbst meint. Worauf er genau abzielt, bleibt aber offen; „rund um“ bezeichnet keine hinreichend konkreten Tatsachen. Dies gilt erst recht, wenn man in Rechnung stellt, dass die Aufdeckung der Verbrechen des NSU zu einer breiten Diskussion geführt hat, die sich nicht auf die Straftaten der Terroristen C. , N. und A. beschränkt, sondern auch die Existenz eines Unterstützermilieus, dessen Verbindungen – über V-Leute – zum BfV und das Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Aufdeckung und Verhinderung der Straftaten thematisiert werden. Welche dieser vielfältigen und heterogenen – in den Medien unter dem Begriff „NSU-Komplex“ diskutierten – Themen der Kläger ansprechen möchte, ergibt sich aus der Berufungsbegründung und dem erstinstanzlichen Vorbringen nicht eindeutig.
70Bei einem Vergleich der Berufungsbegründung mit dem Vortrag des Klägers in der ersten Instanz wird deutlich, dass der Kläger selbst dem Komplex/Themenbereich NSU ebenfalls einen wechselnden bzw. mehrdeutigen Begriffsinhalt beimisst. Trägt er in der Berufungsinstanz – wie dargestellt – vor, es gehe um Ermittlungen und Erkenntnisse, hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch erklärt, es gehe um alles, was Gegenstand der NSU-Untersuchungsausschüsse gewesen sei. Hierzu zählten aber nicht nur die Ermittlungen und die Erkenntnisse um die Terroristen selbst. Die Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern befassten bzw. befassen sich nämlich mit weit darüber hinausgehenden Fragestellungen. Der Abschlussbericht des ersten NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages (Drucksache 17/14600) befasst sich im Abschnitt „Feststellungen zum Sachverhalt“ etwa mit den dem NSU zugerechneten Straftaten, dem Werdegang von C. , N. und A. und ihrer Verankerung in der rechtsextremistischen Szene, dem Rechtsextremismus in Deutschland seit den 90er Jahren und der Rolle der Sicherheitsbehörden in Bezug auf Rechtsextremismus, V-Leute und Gewährspersonen, der Suche nach der Terrorzelle, dem Umgang mit Opfern extremistischer Straftaten und deren Angehörigen, Verdachtsmomenten der Verschleierung von Sachverhalten sowie den legislativen, administrativen und organisatorischen Maßnahmen nach dem 4. November 2011. In den Gemeinsamen Bewertungen befasst sich der Bericht mit dem Scheitern der Ermittlungen zu der Serie schwerer Straftaten, dem Eindruck staatlicher Gleichgültigkeit, dem Scheitern der Suche nach C. , N. und A. , der mangelnden Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes, der V-Personen-Problematik und dem Umgang mit Akten nach dem 4. November 2011. Legt demnach selbst der Kläger den Begriff „Komplex NSU“ derart unterschiedlich aus, kann nicht festgestellt werden, dass sich für die Beklagte – und den Senat – eindeutig ergibt, welche Informationen der Kläger begehrt.
71Selbst wenn man annähme, die Beklagte könnte und müsste den Begriff „Komplex NSU“ eindeutig im Sinne des in erster Instanz vom Kläger benannten sehr weiten Verständnisses begreifen, wäre die Anfrage damit aber nicht hinreichend bestimmt. Zum einen würde damit unter Umständen dem Vollstreckungsverfahren die Aufgabe überbürdet festzustellen, was genau Gegenstand der Untersuchungsausschüsse des Bundes und der Länder (gewesen) ist. Zum anderen müsste dort auch festgestellt werden, ob eine bestimmte Tätigkeit noch zum Komplex/Themenbereich NSU gerechnet werden kann. Gerade weil Gegenstand der Untersuchungsausschüsse nicht nur die Straftaten als solche waren bzw. sind, sondern auch die Geschichte des Rechtsextremismus in Deutschland, die Organisation und Kommunikation der verschiedenen Sicherheitsbehörden und das institutionelle und gesellschaftliche Klima, in dem diese Straftaten geschehen sind, kann nicht eindeutig festgestellt werden, inwieweit ein Thema oder Arbeitsbereich noch zum „Komplex NSU“ gehört.
72b) Der Einwand des Klägers, das von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasste Recht auf Recherche müsse auch das Recht umfassen, wenig konkrete Fragen zu stellen, weil die Presse in der Regel nicht über die für eine gezielte Fragestellung erforderlichen Vorinformationen verfüge, verfängt nicht. Die von der Rechtsprechung und Literatur aufgestellten Anforderungen an ein presserechtliches Auskunftsbegehren tragen dem grundrechtlich gebotenen Mindeststandard Rechnung und führen nicht dazu, dass eine funktionsgemäße Betätigung der Presse und namentlich die Informationsgewinnung angesichts komplexer Sachverhalte regelmäßig nicht ausreichend möglich wären. Warum die journalistische Erschließung komplexer Sachverhalte in der Regel mittels spezifisch gestellter Fragen nicht möglich oder zumindest nicht hinlänglich praktikabel sein sollte, ist nicht ersichtlich. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Nach den obigen Ausführungen hätte der Kläger seine Frage 1 ohne Weiteres präzisieren können.
73Das Erfordernis der ausreichenden Bestimmtheit eines Auskunftsbegehrens folgt bereits daraus, dass für den Fall der gerichtlichen Entscheidung ein vollstreckungsfähiger Tenor möglich sein muss. Ist die vom Auskunftssuchenden gestellte Frage unbestimmt, so weiß im Fall der Verurteilung weder die auskunftspflichtige Stelle, welche Antwort von ihr verlangt wird, noch kann dies im Vollstreckungsverfahren hinreichend sicher festgestellt werden.
74Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. September 2017 - OVG 11 S 49.17 -, juris Rn. 10; Hess. VGH, Beschluss vom 30. November 2006 - 10 TG 2531/06 -, juris Rn. 2; VG Berlin, Beschluss vom 23. März 2018 - 27 L 587.18 -, juris Rn. 31.
75Auch aus den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die als Ausdruck der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen sind,
76vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 -, juris Rn. 16 mit weiteren Nachweisen,
77ergibt sich insoweit nichts anderes. Hiernach begründet Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK zwar ebenfalls einen Auskunftsanspruch,
78vgl. EGMR, Entscheidung vom 25. Juni 2013, Youth Initiative for Human Rights v. Serbien, Application no. 48135/06,
79der Gerichtshof sieht aber weder eine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Akten oder deren Bestandteile zu veröffentlichen oder in Kopie zu übermitteln noch einen Anspruch auf eine bestimmte Art der Gewährung eines Informationszugangs.
80Vgl. EGMR, Entscheidung vom 28. November 2013, Österreichische Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes v. Österreich, Application no. 39534/07, Rn. 42 und 47.
81Davon ausgehend ist nicht ersichtlich, dass die prinzipielle Beschränkung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs auf die Beantwortung konkreter Fragen gegen Art. 10 EMRK verstieße.
82Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2017 ‑ 15 B 1112/15 -, juris Rn. 78.
83c) Auch der in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag zu Frage 1 bleibt ohne Erfolg.
84Die Einführung des Hilfsantrags ist eine unzulässige Klageänderung.
85Da ein Fall des § 173 VwGO in Verbindung mit § 264 ZPO nicht gegeben ist, richtet sich die Zulässigkeit der Einführung eines neuen Antrags nach § 91 VwGO.
86Hiernach ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält (Abs. 1). Die Einwilligung der Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat (Abs. 2).
87Vorliegend hat die Beklagte weder ausdrücklich eingewilligt noch sich auf den Hilfsantrag eingelassen. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Zum einen würde sie den Abschluss des Verfahrens verzögern.
88Vgl. zu diesem Aspekt Nds. OVG, Urteil vom 28. November 2007 - 12 LC 70/07 -, juris Rn. 44.
89Zum anderen fehlt es an der Sachdienlichkeit, weil der Hilfsantrag mangels vorheriger Antragstellung bei der Beklagten unzulässig wäre. Die gerichtliche Geltendmachung von Auskunftsansprüchen setzt nämlich grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller sein Auskunftsbegehren zuvor bei der auskunftspflichtigen Stelle geltend gemacht hat. Die gebotene behördliche Vorbefassung als Ausprägung des Grundsatzes der Gewaltenteilung und Voraussetzung des Bedürfnisses, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, verlangt dabei über die vorprozessuale Einschaltung der Behörde hinaus, dass ein bei der Verwaltung ohne Erfolg angebrachtes und das anschließend gerichtlich geltend gemachte Auskunftsbegehren auf inhaltlich kongruente Fragestellungen zielen. Zwar sind Auskunftsanträge als Willenserklärungen auslegungsfähig und gegebenenfalls auch auslegungsbedürftig, aber es ist den Pressevertretern zumutbar, eine Anfrage bereits gegenüber der Behörde präzise zu fassen. Umformulierungen einer im gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung gestellten Frage dürfen deshalb den thematischen Kern der zuvor gegenüber der Verwaltung gestellten Anfrage nicht modifizieren.
90Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2017 - 6 VR 1.17 -, juris Rn. 9.
91Sein hilfsweise erhobenes Auskunftsbegehren hat der Kläger nicht zuerst bei der Beklagten anhängig gemacht. Eine ausdrückliche Antragstellung liegt nicht vor. Die hilfsweise gestellte Frage ist auch nicht dem BfV gegenüber bereits als Teil von Frage 1 geltend gemacht worden. Frage 1 und das hilfsweise geltend gemachte Auskunftsbegehren sind nämlich nicht kongruent. Das hilfsweise geltend gemachte Begehren des Klägers schränkt die unbestimmte Frage 1 nicht lediglich ein, sondern ist eine neue eigenständige Fragestellung, mit der die Beklagte bisher noch nicht befasst war. Es handelt sich nicht um ein in Frage 1 bereits enthaltenes minus, sondern um ein aliud.
922. Das oben zu Frage 1 Ausgeführte gilt auch für die Formulierung „Bereich NSU“ in Frage 2; auch diese ist damit nicht hinreichend bestimmt.
933. Im Hinblick auf Frage 4 ist das Auskunftsersuchen ebenfalls unbegründet. Zwar ist das Auskunftsersuchen ausreichend bestimmt (a) und erfordert keine von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht umfasste Informationsbeschaffung durch die Beklagte (b). Die Beantwortung der Frage würde aber einen unzumutbaren Aufwand erfordern (c).
94a) Frage 4 ist ausreichend bestimmt. Es lässt sich unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts hinreichend sicher ermitteln, welche Informationen der Kläger begehrt.
95Zunächst ist der Begriff „Bereich V-Leute“ hinreichend bestimmt. Es ist deutlich, dass der Kläger damit den Bereich der Zusammenarbeit des BfV mit V-Leuten meint. Was V-Leute sind, ergibt sich aus § 9b Abs. 1 BVerfSchG, nämlich Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem BfV Dritten nicht bekannt ist. Dieser Bereich dürfte, wie der Kläger und auch das Verwaltungsgericht annehmen, in erster Linie die Anwerbung, den Einsatz und den Schutz der V-Leute betreffen. Der Umstand, dass der „Bereich V-Leute“ weitere Sachverhalte betreffen kann, führt noch nicht zur Unbestimmtheit des Begriffs, solange – wovon hier (anders als bei Frage 1) auszugehen ist – die fraglichen Sachverhalte dem Bereich eindeutig zugeordnet werden können.
96Auch die Begriffe „Expertisen, Gutachten und Stellungnahmen“ sind hinreichend bestimmt. Es ist deutlich erkennbar, dass der Kläger nicht jede schriftliche Äußerung des Beigeladenen meint, sondern Schriftstücke, deren Inhalt durch eine Wertung oder Beurteilung einer Frage gekennzeichnet sind. Dementsprechend haben Beklagte und Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt, dass die Fragen 4 und 6 sich nur auf schriftliche Ausarbeitungen beziehen, die der Beigeladene selbst verfasst hat. Dokumente, die lediglich seine Paraphe oder eine von ihm verfasste Annotation tragen, sind von den Fragen nicht erfasst.
97b) Frage 4 erfordert nicht eine Informationsbeschaffung durch die Beklagte bzw. das BfV.
98Von der Informationsbeschaffung, die im Rahmen des auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gestützten presserechtlichen Auskunftsanspruchs nicht begehrt werden kann,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 30, OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 85; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13 -, juris Rn. 15,
100ist die notwendige Aufbereitung von Informationen, die bei der Behörde vorliegen, zu trennen.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 87; VG Berlin, Beschluss vom 22. Dezember 2016 - 27 L 369.16 -, juris Rn. 57; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Auflage 2015, § 4 LPG Rn. 130.
102Allein die Notwendigkeit mehrerer Arbeitsschritte, um die gewünschte Information aus einer größeren Datenmenge "herauszufiltern", bedeutet nicht, dass die Information nicht "vorhanden" ist.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 89; insoweit zum IFG und zum UIG: OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2017 - 15 E 146/17 -, juris Rn. 15, und Urteil vom 1. März 2011 - 8 A 3357/08 -, juris Rn. 106 ff.
104Die Beklagte trägt im Hinblick auf Frage 4 nicht vor, dass die begehrten Informationen nicht beim BfV vorhanden sind. Vielmehr handelt es sich auch nach ihrer Darstellung um Informationen, über die das BfV verfügt und die nicht etwa von anderen Stellen beschafft werden müssten. Zwar hat die Befragung von Mitarbeitern lediglich einen als maßgebliches Schriftstück in Betracht kommenden Vermerk betreffend Organisationsfragen zutage gefördert, weitere Ausarbeitungen konnten auch durch die Suche in Datenbanken nicht ermittelt werden. Dass der Beigeladene dessen ungeachtet Stellungnahmen, Gutachten oder Expertisen im Sinne von Frage 4 erstellt haben könnte, ist nach Angaben der Beklagten zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Diese Informationen wären durch eine Suche in den Akten des BfV auch zu erhalten. Ob eine derartige Suche einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt, (dazu sogleich) ist eine getrennt zu beurteilende Frage.
105So auch OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 91.
106c) Die Beantwortung der Frage 4 würde aber einen unverhältnismäßigen Aufwand für die Beklagte und das BfV bedeuten würde.
107Vgl. zu diesem Auskunftsverweigerungsgrund beim presserechtlichen Auskunftsanspruch Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Auflage 2015, § 4 LPG Rn. 130; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Auflage 2005, 20. Kapitel Rn. 12 f.; Soehring, in: Soehring/Hoehne, § 4 Rn. 39; zum unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand bei der Erfüllung von Teilauskünften nach dem IFG vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 23 ff.; zum unverhältnismäßigen Aufwand bei Ansprüchen nach dem BArchG siehe OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2018 - 15 A 25/17 -, juris Rn. 42 ff.
108Angesichts der Bedeutung der Pressefreiheit ist dieser Ausschlussgrund restriktiv auszulegen.
109Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2018 - 15 A 25/17 -, juris Rn. 47, und Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 94; VG Oldenburg, Urteil vom 26. Juni 2012 - 7 A 1405/11 -, BeckRS 2012, 53119; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Auflage 2015, § 4 LPG Rn. 130; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Auflage 2005, 20. Kapitel Rn. 13.
110Maßstäbe zum Verständnis dieses Ausschlussgrundes lassen sich im Zuge einer Parallelwertung aus der Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG gewinnen, die ebenfalls den Begriff des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands verwendet. Diese Regelung zielt darauf ab, die informationspflichtige Stelle vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit zu schützen. Sie schließt einen (teilweisen) Informationszugang wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands aus, wenn die Erfüllung des (Teil-)Anspruchs einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordern würde oder aber auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindern würde. Dabei ist der mit der Aufbereitung der Akten verbundene Verwaltungsaufwand, der sich in erster Linie im Personalaufwand niederschlägt, nicht nach den faktischen Verhältnissen, sondern normativ zu bestimmen. Die informationspflichtigen Behörden müssen Vorsorge dafür treffen, dass durch die Aufbereitung und Sichtung der Akten sowie die Zusammenstellung der Unterlagen aus Anlass von Informationszugangsbegehren die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer sonstigen Aufgaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Sie sind daher grundsätzlich gehalten, sich in ihrer Arbeitsorganisation und Aktenführung auf die mit der Erfüllung von Informationsanträgen verbundenen (Zusatz-)Aufgaben einzustellen.
111Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 24; OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2018 ‑ 15 A 25/17 -, juris Rn. 46.
112Dies zugrunde gelegt würde die Beantwortung der Frage 4 einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern. Die Beklagte hat dargelegt, dass eine Befragung der ehemaligen Mitarbeiter des Beigeladenen nur einen – Organisationsfragen betreffenden – Vermerk des Beigeladenen während seiner Abordnungszeit zutage gefördert habe. Die elektronische Akte sei seinerzeit im Stabsbereich noch nicht eingeführt gewesen. Dementsprechend seien in der Datenbank für elektronische Akten weder Aktenstücke recherchierbar, die während dieses Zeitraums in diesem Arbeitsbereich gebucht und bearbeitet worden seien, noch eine Benutzerkennung, die dem Beigeladenen zugeordnet werden könne. Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Die Beklagte hat sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch im Schriftsatz vom 7. September 2018 übereinstimmend vorgetragen, dass die elektronische Akte im BfV ab 2004 eingeführt worden sei. Dies deckt sich auch mit den Darstellungen im Bericht des ersten NSU-Untersuchungsausschusses.
113Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 17/14600, S. 746.
114Der Vortrag der Beklagten, die elektronische Akte sei nur sukzessive eingeführt worden, ist ebenfalls plausibel. Dies entspricht gängiger Verwaltungspraxis. Die Beklagte hat weiter dargelegt, dass auch eine Suche im Registratursystem für Papierakten keine Ausarbeitungen des Beigeladenen ergeben habe. Eine Benutzerkennung des Beigeladenen sei in diesem System nicht angelegt. Dementsprechend habe eine Suche nach dem Beigeladenen keine Ergebnisse erbracht. Bei einer Suche – eingeschränkt auf die 7006 Aktenstücke, die für den Stabsbereich im Abordnungszeitraum des Beigeladenen gebucht worden seien – mit den Begriffen „V-Leute“ und „Terrorismus“ als Betreff seien nur Treffer für den Betreff „Terrorismus“ erzielt worden. Soweit diese Aktenstücke in den Registraturen vorhanden gewesen seien und eingesehen hätten werden können, sei der Beigeladene nicht Autor dieser Stücke gewesen.
115Angesichts dieser Ausführungen käme allein noch die händische Durchsicht aller 7006 für den Stabsbereich im Zeitraum 2004-2006 gebuchten Aktenstücke in Betracht. Diese Suche kann aber – ungeachtet der Frage, ob nicht auch außerhalb dieser Aktenstücke Ausarbeitungen des Beigeladenen vorhanden sein könnten, die nicht für den Stabsbereich „gebucht“ wurden, – von der Beklagten nicht verlangt werden. Eine händische Durchsicht einer derartigen Vielzahl von Aktenstücken erwiese sich, verglichen mit dem Erkenntnisgewinn des Klägers, als unverhältnismäßig. Dies gilt erst recht, weil nach den bisherigen Ermittlungsversuchen der Beklagten die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ausarbeitung des Beigeladenen zu den Themen „V-Leute“ und „Terrorismus“ vorhanden ist, gering erscheint. Zudem sind nach den Ausführungen der Beklagten offenbar auch nicht alle dieser Aktenstücke in den Registraturen vorhanden.
116Die Überlegung des Klägers, es müsse der Beklagten möglich sein, per Volltextsuche nach dem Beigeladenen bzw. den in Rede stehenden Themen zu suchen, führt ebenfalls nicht weiter. Die Beklagte hat vorgetragen, dass bei der Registrierung eines Aktenstücks in einer Papierakte nicht der gesamte Text erfasst wird, sondern lediglich die Daten „Einsender/Empfänger“, Datum und Betreff des Aktenstücks. Eine Volltextsuche in den Dokumenten ist damit nicht möglich. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, diese Angaben anzuzweifeln, liegen dem Senat nicht vor. Die Darstellung der Beklagten deckt sich mit Erkenntnissen zur Aktenvernichtung im BfV im November 2011 des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses. Im Bericht des Untersuchungsausschusses wird die Aussage eines früheren Mitarbeiters des BfV wiedergegeben, dass die Akten, die bei einer Suche nach den Betreffen „THS“ oder „Thüringer Heimatschutz“ u.ä. ermittelt worden waren, händisch auf die Namen der Haupttäter des NSU und Hinweise auf terroristische Planungen durchgesehen worden seien.
117Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 18/12950, S. 329 f.
118Eine solche händische Durchsicht insbesondere nach den Klarnamen wäre jedoch nicht erforderlich gewesen, wenn die Papierakten auch per Volltextsuche durchsucht werden könnten.
1194. Der Kläger kann auch nicht die Beantwortung der Frage 6 verlangen.
120a) Allerdings ist Frage 6 ausreichend bestimmt. Insbesondere ist der Begriff des Terrorismus hinreichend eingrenzbar. Nach dem Begriffsverständnis der Beklagten ist Terrorismus der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, vor allem durch schwere Straftaten, wie sie in § 129a Abs. 1 StGB genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen.
121Vgl. BfV, Glossar „Terrorismus“ unter https://www.verfassungsschutz.de/de/service/glossar/_lT#terrorismus, abgerufen am 1. August 2018.
122Zwar mag es sein, dass die Übergänge zwischen gewaltorientiertem Extremismus und Terrorismus fließend sind,
123vgl. BfV, Verfassungsschutzbericht 2017, S. 54 zum Rechtsterrorismus,
124solche letztlich immer auftretenden Unsicherheiten, was in Randbereichen noch einem bestimmten Begriff zugeordnet werden kann, führen aber nicht dazu, dass die Verwendung des etablierten Begriffs „Terrorismus“, hinsichtlich dessen definitorischer Grundelemente weitgehend Einigkeit besteht,
125vgl. Brunst, Terrorismusaufklärung, in: Dietrich/Eiffler, Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, S. 583 ff, Rn. 5,
126die Anfrage unbestimmt macht.
127Ebenso wenig führt der Umstand, dass Rechts- und Linksterrorismus sowie religiös motivierter Terrorismus unterschieden werden können und die Anfrage sich mangels Eingrenzung offenbar auf alle diese Phänomenbereiche bezieht, zu ihrer Unbestimmtheit. Allein der Umstand, dass von einer Anfrage viele Sachverhalte erfasst werden, macht diese nicht unbestimmt.
128b) Die Beantwortung der Frage 6 erfordert nach den oben zu Frage 4 dargelegten Gründen keine vom presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht mehr umfasste Informationsbeschaffung durch die Beklagte. Auch hier ist aber festzustellen, dass die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert (s.o.). Insoweit gilt das oben zu Frage 4 Dargelegte auch hier.
129C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 2 sowie §§ 162 Abs.3, 154 Abs. 3 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits entspricht es billigem Ermessen, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, weil sie die Erledigung durch die Erteilung der begehrten Auskünfte – spätestens mit Schriftsatz vom 15. August 2018 – herbeigeführt hat. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), sind seine außergerichtlichen Kosten nicht erstattungsfähig. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.