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Ein Informationszugangsanspruch ist wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands ausgeschlossen, wenn die Erfüllung des Anspruchs einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordern würde oder bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindern würde (wie BVerwG, Urteil vom 27. März 2016 – 7 C 2.15 -, juris Rn. 24).
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsver-fahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Journalistin. Sie arbeitet als Auslandskorrespondentin aus Argentinien für verschiedene Medien.
3Am 21./23. Juli 2014 beantragte die Klägerin beim Bundesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: BfV) Akteneinsicht in sämtliche Unterlagen, die das BfV in der Zeit von 1975 bis 1983 (Ende der Militärdiktatur) aus Argentinien erhalten habe, vor allem in Berichte, Memos etc. der Mitarbeiter des BfV, die an der Deutschen Botschaft in Buenos Aires tätig gewesen seien.
4Mit Bescheid vom 8. September 2014 lehnte das BfV den Antrag der Klägerin ab. Zu ihrer Anfrage hätten in den Altaktenbeständen keine Akten ermittelt werden können. Sollte die Klägerin Hinweise auf Aktenzeichen oder konkrete Unterlagen erhalten, könne sie sich erneut an das BfV wenden.
5Die Klägerin erhob am 13. Oktober 2014 Widerspruch. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Ihr stehe ein Anspruch auf Akteneinsicht aus § 1 IFG zu. Es sei zu vermuten, dass es beim BfV Akten zu dem betreffenden Zeitgeschehen gebe. Die Ablehnung sei rechtswidrig, weil die Beklagte keinen Ausschlusstatbestand genannt habe. Der Antrag sei hinreichend konkretisiert. Zeitraum und Umfang seien klar umrissen. Ferner habe sie ein Recht darauf, die Findmittel des BfV einzusehen. Um dem Akteneinsichtsanspruch umfassend Rechnung zu tragen, müsse es möglich sein, die interne Kategorisierung der Aktenbestände nachvollziehen zu können und darauf aufbauend den Antrag zu konkretisieren bzw. selbst zu recherchieren. Überdies stehe ihr aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Journalistin ein Akteneinsichtsanspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu.
6Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2014, abgesandt am 30. Oktober 2014, wies das BfV den Widerspruch zurück. Der Aktennutzungsanspruch aus § 5 Abs. 1, Abs. 8 BArchG a. F. gehe ins Leere. Weder durch IT-Mittel noch unter Zuhilfenahme einer verschlagworteten Aufstellung der Altakten des BfV hätten Unterlagen zum fraglichen Themenkomplex ermittelt werden können. Die Recherchemöglichkeiten des BfV seien ausgeschöpft. Der geltend gemachte Anspruch könne aus diesen tatsächlichen Gründen auch nicht aus § 1 IFG hergeleitet werden. Darüber hinaus greife insoweit die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG ein. Da die begehrten Informationen nicht vorlägen, sei auch ein Auskunftsanspruch gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gegeben.
7Die Klägerin hat am 3. Dezember 2014 Klage erhoben.
8Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Ihr Anspruch aus § 5 Abs. 1, Abs. 8 BArchG a. F. sei auf Nutzung des Archivguts gerichtet. Er könne erfüllt werden, indem ihr Akteneinsicht in die begehrten Unterlagen gewährt werde. Der Anspruch umfasse auch den Zugang zu den Findmitteln des BfV. Dies entspreche der Handhabung anderer Behörden wie zum Beispiel des Auswärtigen Amts. Ferner bestehe ein Anspruch nach § 1 IFG; die Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG sei verfassungswidrig, weswegen das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen sei. Schließlich sei ein presserechtlicher Auskunftsanspruch gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG anzunehmen, da sich das Auskunftsersuchen auf ein bestimmtes Thema richte, das keine Sachverhaltserforschung oder Informationsbeschaffung durch das BfV erfordere. Aufgrund von öffentlich zugänglichen Informationen und der geschichtlich bedeutsamen Ereignisse in Argentinien im Zeitraum von 1975 bis 1983 erscheine es als äußerst unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen, dass beim BfV keinerlei Unterlagen existierten. Das BfV habe bereits in den 1950er Jahren regelmäßig Nachrichten zu Argentinien gesammelt. Dies ergebe sich aus der Akte des BfV zu Adolf Eichmann, die ihr zur Verfügung gestellt worden sei. Des Weiteren sei allgemein bekannt, dass zwischen 1975 und 1983 linksgerichtete Gruppen in Argentinien deutsche Manager entführt hätten, darunter den Mercedes-Manager I. N. . Deutsche Behörden seien an den Bemühungen um seine Freilassung beteiligt gewesen. Das Auswärtige Amt habe ihr zu diesem Sachverhalt eine abgestufte Akte überlassen. Mit dem Militärputsch von 1976 hätten argentinische Regimegegner über die Botschaften ins Ausland fliehen wollen. Der ehemalige Generalsekretär von Amnesty International in der Bundesrepublik Deutschland, I1. G. , habe ihr berichtet, BfV-Mitarbeiter hätten beim Militärputsch in Chile in der Botschaft Informationen über mögliche Flüchtlinge in die Bundesrepublik Deutschland gesammelt. Es bestünden daher Anhaltspunkte, dass dies in Argentinien ebenfalls der Fall gewesen sei. Darüber hinaus sei allgemein bekannt, dass die RAF sich als strategischer Bündnispartner der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt betrachtet habe, vor allem auch der lateinamerikanischen Guerillagruppen. Ab 1976 seien bekannte westdeutsche linksgerichtete Personen nach Argentinien gekommen und hätten illegale Gruppen unterstützt, darunter F. L. und L1. A. . Das Bundeskanzleramt habe eigene Akten zum Fall des in Argentinien ermordeten L1. A. freigegeben. Diese Akten enthielten unter anderem ein Memo des seinerzeitigen deutschen Botschafters in Argentinien K. L2. , der empfehle, einen Kassiber des inhaftierten A. dem BfV zugänglich zu machen. In einem Schreiben des Botschafters L2. vom 18. August 1976 werde von einem Schriftstück des A. vom 3. Mai 1976 berichtet, das von seinem Gewahrsam im „Kommando 128“ berichte. Aus einem Archivdokument des Bundesnachrichtendienstes aus dem Jahr 1977 gehe weiterhin eindeutig hervor, dass über den Verteiler auch das BfV über die Vorgänge der argentinischen Guerillaorganisation ERP informiert worden sei. Angesichts dessen sei es für sie nicht nachvollziehbar, dass zu ihrem Gesuch keinerlei Unterlagen beim BfV existieren sollten. Die Beklagte müsse substantiiert darlegen, welche Bemühungen sie zur Bearbeitung ihrer Anfrage unternommen habe. Dazu genüge es nicht, sich auf die erfolglose Durchführung einer Schlagwortsuche zu berufen. Jedenfalls müsse ihr, der Klägerin, ermöglicht werden, die Unterlagen durch Zugänglichmachung der beim BfV gebräuchlichen Findmittel selbst zu suchen. Möglicherweise seien die vergebenen Schlagworte ungeeignet bzw. nicht nachvollziehbar. Dieser Anspruch sei davon unabhängig, dass das BfV kein Archiv sei. Es sei dem BfV unbenommen, die Unterlagen dem Bundesarchiv zu überlassen. Bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Anspruchsgrundlagen seien außerdem die Wissenschaftsfreiheit und der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen. Hilfsweise sei bezüglich der im Klageantrag bezeichneten Unterlagen ein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO durchzuführen.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 11. September 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2014 zu verpflichten, sie sämtliche Unterlagen nutzen zu lassen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz in der Zeit von 1975 bis 1983 im Zusammenhang mit Argentinien erhalten hat, insbesondere Berichte und Memos der Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, die an der Deutschen Botschaft in Buenos Aires tätig waren, indem ihr Akteneinsicht in diese Unterlagen gewährt wird und ihr Zugang zu den Findmitteln des Bundesamts für Verfassungsschutz, in Form von Einsichtnahme oder durch digitale Bereitstellung ermöglicht wird.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie hat im Wesentlichen vorgetragen: Die Klägerin habe keinen Nutzungsanspruch nach § 5 Abs. 1, Abs. 8 BArchG a. F. Dieser Anspruch gehe ins Leere, weil entsprechende Unterlagen beim BfV nicht hätten ermittelt werden können. Das BfV habe seine historisch bedeutsamen Akten in einer elektronischen Datei derart zusammengestellt, dass der Gegenstand der Akten diesen über Betreffe zugeordnet sei. Unter Zuhilfenahme dieser Datei recherchiere das BfV die angefragten Nutzungsthemen. Das BfV komme seiner Beratungspflicht gegenüber dem Bundesarchiv durch Kennzeichnung seiner Akten als „zeitgeschichtlich bedeutsam“ nach. Dieses Einordnungsverfahren werde zwischen dem BfV und dem Bundesarchiv in einem regelmäßigen Austausch und im Rahmen der bestehenden Zusammenarbeit eng abgestimmt. Habe das BfV Akten als „zeitgeschichtlich bedeutsam“ gekennzeichnet, würden diese sämtlich in einer Übersicht tabellarisch erfasst. Darunter befänden sich auch Akten, die noch nicht älter als 30 Jahre seien, sowie Akten zu noch lebenden Personen, also Akten, auf die sich der archivrechtliche Nutzungsanspruch nicht erstrecke. Sinn und Zweck dieser Übersicht sei das Nachhalten und Verwalten der als „zeitgeschichtlich bedeutsam“ gekennzeichneten Akten vor der Übergabe an das Bundesarchiv. Die Erfassung erfolge dabei grundsätzlich nach dem Aktenzeichen und dem Aktenbetreff. Dieser Betreff sei die bei der Anlage der Akte festgelegte Bezeichnung der Akte. Über ihn sei der Zugang zu den Unterlagen möglich. Das BfV nutze die Übersicht, um anlässlich von Nutzungsanträgen nach dem Bundesarchivgesetz nach Akten recherchieren zu können, die nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes freigegeben werden könnten. Zu einer weitergehenden archivarischen Erschließung sei das BfV nicht verpflichtet. Der Anspruch aus § 5 Abs. 1, Abs. 8 BArchG a. F. erfasse die vom BfV erstellte und zur Ermittlung von Altakten vorgehaltene Datei nicht. Diese sei kein Findmittel, welches das BfV unter archivarischen Gesichtspunkten erstellt habe. Vielmehr handle es sich um eine bloße Auflistung der Betreffe bestimmter historisch bedeutsamer Akten. Zudem handele es sich um eine interne Arbeitsdatei des BfV, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sei. Im Übrigen habe das BfV zum streitgegenständlichen Themenkomplex auf die Anfrage der Klägerin unter den Schlagworten „Argentinien“, „argent“, „Buenos Aires“ und „Botschaft“ anhand der Datei in ihrem Aktenbestand erfolglos nach einschlägigen Unterlagen gesucht. Auch die Namen I. N. , F. L. und L1. A. seien erfolglos abgefragt worden. Damit seien die Möglichkeiten der Aktenfindung ausgeschöpft. Es könne zwar nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass sich einzelne Unterlagen mit Bezug zum streitbefangenen Themenkomplex in den Akten des BfV finden lassen könnten, deren Betreffe in keinem offensichtlichen Zusammenhang mit „Argentinien 1975 bis 1983“ stünden. Hierfür müssten allerdings die Altaktenbestände des BfV mindestens der Jahrgänge 1975 bis 1983 händisch durchgesehen werden. Selbst bei einem hohen und kostenintensiven Personaleinsatz sei dies nicht innerhalb eines Jahres leistbar. Dem BfV könne nicht aufgegeben werden, in jedem Einzelfall seinen gesamten Altaktenbestand auf mögliche Treffer Stück für Stück durchzusehen. Der von der Klägerin überreichte Kassiber von L1. A. lasse - unabhängig von der Frage der tatsächlichen Urheberschaft - nicht auf eine Zusammenarbeit deutscher und argentinischer Dienste schließen. Dasselbe gelte für das von der Klägerin beigebrachte angebliche Memo des deutschen Botschafters sowie die übrigen von ihr vorgelegten Unterlagen. A. nenne in dem Kassiber keinen konkreten Nachrichtendienst. Auch stelle sich die Frage, woher er ein derartiges Wissen gehabt haben solle. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch gemäß § 1 IFG. Für die Nachrichtendienste des Bundes - und damit auch das BfV - gelte die - verfassungsgemäße - Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG. Schließlich stehe der Klägerin der verfassungsunmittelbare presserechtliche Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu. Auch dieser sei auf tatsächlich vorhandene Informationen beschränkt. Er müsse sich zudem auf einen konkreten Sachverhalt richten.
14Mit Urteil vom 15. Dezember 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch nach § 1 IFG scheitere an § 3 Nr. 8 IFG. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestünden nicht. Der Nutzungsanspruch aus § 5 Abs. 1, Abs. 8 BArchG a. F. gehe ins Leere, weil sich streitgegenständliches Archivgut nicht ‑ mehr ‑ beim BfV befinde. Dies habe das BfV im schriftlichen Verfahren vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Vorgehens des BfV hinsichtlich der Akte zu Adolf Eichmann, die es der Klägerin zur Verfügung gestellt habe, gebe es keinen Anlass, an den Angaben des BfV zu zweifeln. Die derzeitigen Recherchemöglichkeiten des BfV in seiner Datei seien nach dessen glaubhaften Bekundungen ausgeschöpft. Im Übrigen greife der Nutzungsversagungsgrund des § 5 Abs. 6 Nr. 4 BArchG a. F. Er stehe einer Verpflichtung des BfV zur händischen Durchsicht seiner Altaktenbestände entgegen. Ebenso wenig habe die Klägerin einen Anspruch auf Zugang zu den Findmitteln des BfV. Für einen etwaigen Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gälten diese Erwägungen sinngemäß.
15Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.
16Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin ergänzend und vertiefend vor: Jedenfalls stehe ihr ein Nutzungsanspruch im Hinblick auf die Findmittel zu. Es sei nicht völlig auszuschließen, dass sich einzelne Stücke mit Bezug zum streitgegenständlichen Themenkomplex in den Akten des BfV finden ließen. So etwa habe das BfV als Inlandsnachrichtendienst auch über Informationen über die argentinische Guerillaorganisation ERP aus dem Jahr 1977 verfügt. Das BfV sei seinen Archivierungsobliegenheiten schon im Vorfeld nicht nachgekommen, wodurch es zum aktuellen Zeitpunkt vor einem erhöhten Verwaltungsaufwand stehe und in der Konsequenz die Anfrage nicht hinreichend beantworten könne. An den Nutzungsversagungsgrund des § 5 Abs. 6 Nr. 4 BArchG a. F./§ 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. seien ebenso wie an den parallelen Ablehnungsgrund des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG strenge Anforderungen zu stellen. § 5 Abs. 8 BArchG a. F./§ 11 Abs. 6 BArchG n. F. gewähre den gleichen Benutzungsanspruch wie er gegenüber dem Bundesarchiv bestünde, wenn sich die Akten schon dort befänden. Daher gebe es keinen Ansatzpunkt, die Anforderungen insoweit herabzusetzen. Die Versagung der Aktennutzung wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands komme nur als ultima ratio im Ausnahmefall in Betracht. Das BfV habe insofern keine hinreichenden organisatorischen und personellen Vorkehrungen getroffen. Das BfV hätte ihr beratend zur Seite stehen und Rücksprache nehmen sollen, um die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten konstruktiv auszuloten. Aus der Excel-Arbeitsdatei des BfV könnten technisch leicht in kurzer Zeit alle Einträge, die nach einem bestimmten Datum erfolgt seien oder die sich auf einen noch den Schutzfristen unterliegenden Aktenteil bezögen, herausgefiltert werden. Die Behauptung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, es würde „mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen“, die einschlägigen Bestände zu sichten und es gebe „kilometerlange Regalreihen“, sei unsubstantiiert. Sie sei bereit, selbst in den Unterlagen zu recherchieren. Im Übrigen bestehe ein Aufbereitungsinteresse der Allgemeinheit an den Unterlagen des BfV. Der Versagungsgrund nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. gelte nicht für den Nutzungsanspruch aus § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 BArchG n. F. Dieser beinhalte - wie sich aus der Gesetzessystematik und der Gesetzgebungsgeschichte ergebe - keine Teilbereichsausnahme für Nachrichtendienste. Ein anderslautendes Verständnis von § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. sei verfassungswidrig, weil es das Grundrecht der Informationsfreiheit verletze. Ohnehin greife § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. nicht, wenn der von ihm bezweckte erhöhte Geheimschutz nicht mehr erreicht werden könne. Daher werde das BfV den Nachweis zu erbringen haben, dass die streitgegenständlichen Unterlagen bisher niemandem zugänglich gemacht worden seien. Aus entsprechenden Erwägungen bestünden Ansprüche aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sowie aus § 1 IFG. Die Bereichsausnahme in § 3 Nr. 8 IFG sei verfassungswidrig. Unabhängig davon sei gemäß § 99 Abs. 2 VwGO vom Bundesverwaltungsrecht festzustellen, dass die Nichtherausgabe der Arbeitsdatei (hilfsweise der aufgearbeiteten Arbeitsdatei) unrechtmäßig sei.
17Die Klägerin beantragt,
18das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 11. September 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2014 zu verpflichten, sie sämtliche Unterlagen nutzen zu lassen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz in der Zeit von 1975 bis 1983 im Zusammenhang mit Argentinien erhalten hat, insbesondere Berichte und Memos der Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, die an der Deutschen Botschaft in Buenos Aires tätig waren, indem ihr Akteneinsicht in diese Unterlagen gewährt wird und ihr Zugang zu den Findmitteln des Bundesamts für Verfassungsschutz, in Form von Einsichtnahme oder durch digitale Bereitstellung ermöglicht wird.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie trägt ergänzend und vertiefend vor: Aus dem besonderen Fall Eichmann könnten keine Rückschlüsse auf die sonstige damalige Beobachtungspraxis des BfV gezogen werden. Es seien insofern spezifisch Informationen über die Person Eichmann und nicht über Argentinien im Allgemeinen gesammelt worden. Die Akte Eichmann stehe in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Themenkomplex. Wie vorgetragen, sei die Suche nach den von der Klägerin genannten Personen und Suchbegriffen ergebnislos verlaufen. Zwar habe das BfV zur ERP über Unterlagen verfügt. Die Sachakte ERP Argentinien sei jedoch in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften vernichtet worden. Überhaupt entspreche es der derzeitigen Praxis des Bundesarchivs, dass 80 bis 90 % der Akten des BfV als zeitgeschichtlich nicht bedeutsam und damit als kassabel bewertet würden. Seit dem Jahr 2015 biete das BfV dem Bundesarchiv alle Akten an, soweit diese für seine Aufgabenwahrnehmung nicht weiter benötigt würden. In der Vergangenheit habe das BfV zahlreiche Akten an das Bundesarchiv abgegeben und in mehreren Fällen Dritten - unter anderem der Klägerin - die Nutzung von Altakten ermöglicht. Im Weiteren lägen die Voraussetzungen für eine Nutzungsversagung gemäß § 5 Abs. 6 Nr. 4 BArchG a. F./§ 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. vor. Wenn die angefragten Unterlagen nicht beim Bundesarchiv lägen, fielen die diesbezüglichen Anforderungen weniger streng aus. Abgesehen davon sehe § 5 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. nunmehr eine Frist für die Anbietung vor. Die Aufgabenbeschreibung des Bundesarchivs in § 1 BArchG a. F./§ 3 Abs. 1 BArchG n. F. könne nicht auf andere Bundesbehörden, insbesondere nicht auf Nachrichtendienste, übertragen werden. Es fehle ein entsprechender Verweis in § 5 Abs. 8 BArchG a. F./§ 11 Abs. 6 BArchG n. F. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass das BfV ein Archiv betreibe, hätte er die Möglichkeit gehabt, dies gesetzlich festzulegen. Aber auch bei Heranziehung von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG sei ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand anzunehmen. Der Antrag der Klägerin könne nur dadurch bearbeitet werden, dass der relevante Altaktenbestand des BfV händisch Seite für Seite nach den gewünschten Unterlagen durchsucht werde. Denn eine Akte, deren Betreff die relevanten Schlagworte bzw. Teile von diesen enthalte, habe nicht ermittelt werden können. Allein für das Jahr 2016 seien beim BfV Unterlagen (nicht: einzelne Seiten) im sechsstelligen Bereich entstanden. Die händische Durchsicht aller - ausschließlich in Papierform bzw. auf Mikrofilm vorhandenen - Akten aus dem Zeitraum von 1975 bis 1983 würde die Durchsicht kilometerlanger Regalreihen erfordern. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass das BfV in den Jahren 1975 bis 1983 einzelne Unterlagen zu Argentinien erhalten habe, die (auch) in später entstandene Akten Eingang gefunden hätten, etwa als Kopie oder ausgewertetes Material. Eine vollständige Recherche müsse sich wegen der Frist des § 11 Abs. 6 BArchG n. F. daher auch auf Unterlagen erstrecken, die zuletzt im Jahr 1987 inhaltlich bearbeitet worden seien. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass ein Nutzungsantrag im Vergleich zu einem Auskunftsantrag einen erheblich höheren technisch-organisatorischen Aufwand zur Folge habe, weil die behördlichen Unterlagen blattweise nach geheimhaltungsbedürftigen Informationen durchzusehen und für jede Information von Fall zu Fall zu prüfen und zu entscheiden sei, ob Ausnahmetatbestände einschlägig seien. Im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG komme es auch auf den zu erwartenden Erkenntnisgewinn an. Wie dargelegt, sei das BfV für den streitgegenständlichen Themenkomplex nicht zuständig, so dass - das Vorhandensein von Unterlagen unterstellt - der zu erwartende Erkenntnisgewinn gering sein dürfe, zumal die Klägerin eingeräumt habe, bereits vom Auswärtigen Amt bzw. dem Bundesnachrichtendienst diesbezügliche Materialien erhalten zu haben. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Nutzung der aufbereiteten internen Arbeitsdatei des BfV. In dieser seien der Aktenbetreff und das Aktenzeichen der jeweiligen Akte aufgeführt. Eine darüber hinausgehende archivarische Aufbereitung, etwa bezüglich der Inhalte einzelner Aktenbestandteile oder einer historischen Einordnung, finde nicht statt. Die Zahl der in dieser Tabelle aufgelisteten Akten liege im fünfstelligen Bereich. Enthalten seien nicht nur Akten über ehemalige oder derzeitige Beobachtungsobjekte (Organisationen und Personen), sondern auch Akten über die interne Organisation und Mitarbeiter des BfV. Da in der Arbeitsdatei auch Akten aufgelistet seien, bezüglich derer die Frist des § 5 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. noch nicht abgelaufen sei, befänden sich zahlreiche der Akten noch in laufender Bearbeitung. Darüber hinaus stünden der Nutzung der internen Arbeitsdatei des BfV - in der der von der Klägerin angefragte Themenkomplex nicht, auch nicht sinngemäß - enthalten sei, zwingende Gründe im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. entgegen, gegen dessen Verfassungsmäßigkeit im Übrigen keine durchgreifenden Bedenken bestünden. Die interne Arbeitsdatei bilde den potentiell historisch bedeutsamen Aktenbestand des BfV ab. Aus ihr ließen sich Rückschlüsse auf (aktuelle) Beobachtungsobjekte, Quellen, Mitarbeiter und interne Organisationsstrukturen sowie Methodik und Arbeitsweise des BfV ziehen. Dazu gehörten insbesondere Informationen in der jeweiligen Akte über Programm, Struktur, Entwicklung, Methodenaktivitäten der so genannten Beobachtungsobjekte sowie deren Mitglieder von exponierter Bedeutung. Schließlich habe das Verwaltungsgericht einen Informationsanspruch der Klägerin aus § 1 IFG, der ohnehin gemäß § 1 Abs. 3 IFG durch das Bundesarchivgesetz gesperrt sei, sowie einen Auskunftsanspruch nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zutreffend verneint.
22Im Erörterungstermin am 27. November 2017 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15. Mai 2018 haben Vertreter des BfV die Aktenorganisation sowie die Schriftgutverwaltung des BfV weiter im Einzelnen erläutert.
23Wegen der weiteren Einzelheiten Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs verwiesen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
26Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
27Der Bescheid des BfV vom 11. September 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
28Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch, sie sämtliche Unterlagen nutzen zu lassen, die das BfV in der Zeit von 1975 bis 1983 im Zusammenhang mit Argentinien erhalten hat, insbesondere Berichte und Memos der Mitarbeiter des BfV, die an der Deutschen Botschaft in Buenos Aires tätig waren, indem ihr Akteneinsicht in diese Unterlagen gewährt und ihr Zugang zu den Findmitteln des BfV, in Form von Einsichtnahme oder durch digitale Bereitstellung ermöglicht wird, besteht nicht.
291. Der streitbefangene Aktennutzungsanspruch in Form der Akteneinsicht ergibt sich nicht aus § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG in der im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung anzuwendenden (neuen) Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Archivrechts vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 410).
30Vgl. dazu auch BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2017 - 6 A 4.15 -, juris Rn. 2, und vom 12. September 2017 - 6 A 1.15 -, juris Rn. 2.
31Auf die Nutzung von Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und noch der Verfügungsgewalt der öffentlichen Stellen des Bundes unterliegen, sind gemäß § 11 Abs. 6 BArchG n. F. die Absätze 1 bis 5 und die § 10, § 12 und § 13 entsprechend anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. steht jeder Person nach Maßgabe dieses Gesetzes auf Antrag das Recht zu, Archivgut des Bundes zu nutzen. Öffentliche Stellen des Bundes sind dabei die Verfassungsorgane des Bundes, die Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes (§ 1 Nr. 8 BArchG n. F.), mithin auch das BfV. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG unterhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern. Es untersteht dem Bundesministerium des Innern (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG).
32Im Hinblick auf eigenständige, abgeschlossene Dossiers des BfV zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien zwischen 1975 und 1983 scheidet der in Rede stehende archivrechtliche Aktennutzungsanspruch bereits deshalb aus, weil sich nicht feststellen lässt, dass derartige Akten beim BfV vorhanden sind (dazu a). Soweit die Klägerin darüber hinaus Einsicht in einzelne Aktenstücke/Unterlagen mit Bezug zum streitgegenständlichen Themenkomplex begehrt, die sich womöglich in anderen Akten des BfV finden lassen könnten, steht ihrem Nutzungsanspruch der Ausschlussgrund des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands gemäß § 11 Abs. 6, § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. entgegen (dazu b). Im Weiteren kann die Klägerin auch die Nutzung der vom BfV zu Recherchezwecken im Hinblick auf als potentiell „zeitgeschichtlich bedeutsam“ qualifizierte Akten benutzten internen Arbeits(excel)datei nicht beanspruchen (dazu c). Bei dieser Arbeitsdatei handelt es sich zum einen nicht um ein vom archivrechtlichen Nutzungsanspruch umfasstes Findmittel. Zum anderen greift insofern der Versagungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F.
33a) Der Nutzungsanspruch gemäß § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. kommt von vornherein nur in Betracht, wenn die betreffenden Akten bei der in Anspruch genommenen öffentlichen Stelle des Bundes auch tatsächlich vorhanden sind. Dieses Erfordernis wohnt dem Begriff des Archivguts bzw. dem Terminus der von § 11 Abs. 6 BArchG n. F. bezeichneten Unterlagen, die sich noch in der Verfügungsgewalt der betreffenden öffentlichen Stelle befinden, inne.
34Ausgehend davon steht der Klägerin der streitgegenständliche Akteneinsichtsanspruch nicht zu, weil sich nicht feststellen lässt, dass das BfV über Akten der in Rede stehenden Art - das heißt über als abgeschlossenes Konvolut einsichtsfähige und nutzbare Akten, in denen Informationen über Argentinien während der Zeit der Militärdiktatur von 1975 und 1983 gezielt gesammelt, aufbereitet und zusammengestellt worden sind - verfügt.
35Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass das BfV - als Inlandsgeheimdienst, der für die Informationsbeschaffung im Ausland nicht zuständig ist (vgl. § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG) - in seinem (Alt-)Aktenbestand kein Dossier oder anderweitiges Aktenkonvolut betreffend die Zeit der Militärdiktatur in Argentinien von 1975 bis 1983 hat; solche Unterlagen hätten seitens des BfV nicht ermittelt werden können. Dazu habe die Beklagte eine Recherche mit Hilfe der internen elektronischen Arbeits(excel-)datei des BfV, in der als „zeitgeschichtlich bedeutsam“ gekennzeichnete Vorgänge tabellarisch aufgeführt seien, durchgeführt. Diese Dokumentensuche, die unter Verwendung der in Frage kommenden - und von der Klägerin genannten - Betreffe „Argentinien“, „argent“, „Buenos Aires“ und „Botschaft“, „I. N. “, „F. L. “, „L1. A. “ abgelaufen sei, sei erfolglos geblieben. Auch die übrigen dem BfV zur Verfügung stehenden Rechercheoptionen führten insofern nicht weiter. Die EDV-Systemeinführung im Jahr 1984 - auf die weiter unten unter 1. b) noch näher einzugehen sein wird - habe keine Rückerfassung von zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Altakten beinhaltet, sondern lediglich die neu angelegten Akten ‑ das heißt die Neueingänge - aufgenommen. Überdies würden die Akten bzw. der dazu entstandene Datensatz im Fachbereich gelöscht, wenn der betreffende Vorgang abgeschlossen worden sei. Auch die vergebenen Betreffe seien in diesen Fällen digital nicht mehr verfügbar bzw. recherchierbar.
36Es besteht weder aufgrund des Vorbringens der Klägerin noch anderweitig Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln.
37Die von der Klägerin angeführte Akte zu Adolf Eichmann, die das BfV ihr zur Einsicht überlassen hat, ist mit dem Gegenstand ihres jetzigen Nutzungsantrags nicht vergleichbar. Die Beklagte hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es sich bei der Akte Eichmann um einen Sonderfall gehandelt habe. In dieser Akte seien spezifisch gezielte Informationen zur Person Eichmann gesammelt worden, nicht aber über die politischen Verhältnisse in Argentinien im Allgemeinen. Aus dem Vorhandensein der Akte Eichmann kann daher nicht geschlussfolgert werden, das BfV habe auch hinsichtlich der Militärdiktatur in Argentinien zwischen 1975 und 1983 Informationen gesammelt und diese unter einem einschlägigen Aktenzeichen und Betreff zu eigenständigen Akten kompiliert.
38Auch im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte für die Existenz von Sammelakten beim BfV zu dem in Rede stehenden Zeitgeschehen.
39Die beim BfV seinerzeit geführte Akte ERP Argentinien, die aus dem Jahr 1977 datiert und eine argentinische Guerillaorganisation betraf, wurde laut der Beklagten im Jahr 1990 vernichtet, nachdem sie als kassabel eingestuft worden sei. Die Unterlage zur ERP ist im Übrigen nach Lage der Dinge nur deswegen an das BfV gelangt, weil deren Ersteller, der Bundesnachrichtendienst, das BfV in den Verteiler für diese Unterlage aufgenommen hatte. Sie ist damit keine vom BfV infolge eigener operativer Tätigkeit im Argentinien des Jahres 1977 gewonnene und aktenkundig gemachte Erkenntnis, die die Vermutung der Klägerin erhärten könnte, das BfV habe auch anderweitig Material zu Argentinien zur Zeit der Militärdiktatur erhoben und aktenmäßig gespeichert.
40Der von der Klägerin weiterhin beigebrachte mutmaßliche Kassiber des inhaftierten L1. A. vom 3. Mai 1976 gibt ebenfalls keinen Aufschluss darüber, dass das BfV im Argentinien der Militärdiktatur - in dieser oder in einer anderen Angelegenheit - operativ tätig war und darüber Akten angelegt hat. Soweit in dem Kassiber ein „deutscher Nachrichtendienst“ erwähnt wird, der „mit ihnen zusammen“ arbeite, bleibt sowohl offen, welcher Nachrichtendienst damit gemeint ist, als auch, ob diese Aussage zutrifft.
41Entsprechendes gilt für das klägerseits in diesem Zusammenhang überreichte Schreiben des damaligen deutschen Botschafters in Buenos Aires L2. vom 18. August 1976 betreffend den „Fall A. “, in dem von dessen Kassiber aus der Gefangenschaft beim „Kommando 128“ gesprochen wird. Dieses Schreiben ist an das Auswärtige Amt als der Deutschen Botschaft vorgesetzten Stelle adressiert, so dass unklar bleibt, ob es überhaupt in den Verfügungsbereich des BfV gelangt ist. Jedenfalls ist auch hieraus nicht zu schließen, dass eine einschlägige Sammelakte beim BfV geführt würde:
42Einen belastbaren Beleg dafür, dass das BfV über Akten verfügt, die sich zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien von 1975 bis 1983 verhalten, stellt ferner nicht dar, dass nach dem Vortrag der Klägerin deutsche Behörden an der Freilassung des in Argentinien im November 1975 entführten Mercedes-Managers I. N. beteiligt gewesen seien und im Jahr 1975 argentinische Regimegegner über die Botschaften ins Ausland fliehen wollten, wobei BfV-Mitarbeiter in Chile Informationen über mögliche Flüchtlinge gesammelt hätten. Auch daraus lässt sich ebenso wenig wie aus dem Umstand, dass dem linken Spektrum zuzurechnende Personen wie F. L. oder L1. A. etwa im Jahr 1976 nach Argentinien gereist sein sollen, ableiten, dass das BfV Akten zum streitbefangenen Themenkomplex angelegt hat.
43b) Auch soweit die Beklagte nicht mit Gewissheit ausschließen kann, dass sich einzelne Aktenstücke/Unterlagen mit Bezug zum streitgegenständlichen Themenkomplex in Akten des BfV befinden, deren Betreffe in keinem offensichtlichen Zusammenhang mit „Argentinien 1975 bis 1983“ stünden, dringt der Anspruch der Klägerin aus § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. nicht durch.
44Das Vorhandensein derartiger verstreuter, nicht gezielt zu einer Akte zu Argentinien zur Zeit der Militärdiktatur zwischen 1975 und 1983 gebündelter Aktenstücke/Unterlagen unterstellt, kann die Beklagte der Klägerin den Nutzungsversagungsgrund des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. entgegenhalten. Nach dieser Vorschrift kann die in Anspruch genommene öffentliche Stelle die Nutzung einschränken oder versagen, wenn durch die Nutzung ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde.
45Ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. ist nach der - auf das Bundesarchiv selbst bezogenen - Vorstellung des Gesetzgebers beispielsweise in der Forderung zu sehen, Nachforschungen nach dem Inhalt von Archivgut auch dann anzustellen, wenn diese dem Nutzer billigerweise selbst zuzumuten ist. Dies gilt insbesondere für aufwendige Personalrecherchen in Sachakten.
46Vgl. die Begründung der Bundesregierung für den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 15. September 2016, Bundestags-Drucksache 18/9633, S. 75; siehe außerdem zu § 5 Abs. 6 Nr. 4 BArchG a. F.: Becker/Oldenhage, BArchG, 2006, § 5 Rn. 112.
47Darüber hinausgehende Maßstäbe zum Verständnis von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. lassen sich im Zuge einer Parallelwertung aus der Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG gewinnen, die ebenfalls den Begriff des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands verwendet. Diese Regelung zielt darauf ab, die informationspflichtige Stelle vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit zu schützen. Sie schließt einen (teilweisen) Informationszugang wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands aus, wenn die Erfüllung des (Teil-)Anspruchs einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordern würde oder aber auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindern würde. Dabei ist der mit der Aufbereitung der Akten verbundene Verwaltungsaufwand, der sich in erster Linie im Personalaufwand niederschlägt, nicht nach den faktischen Verhältnissen, sondern normativ zu bestimmen. Die informationspflichtigen Behörden müssen Vorsorge dafür treffen, dass durch die Aufbereitung und Sichtung der Akten sowie Zusammenstellung der Unterlagen aus Anlass von Informationszugangsbegehren die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer sonstigen Aufgaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Sie sind daher grundsätzlich gehalten, sich in ihrer Arbeitsorganisation und Aktenführung auf die mit der Erfüllung von Informationsanträgen verbundenen (Zusatz-)Aufgaben einzustellen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 24.
49Überträgt man diese - im Ausgangspunkt zu Lasten der informationspflichtigen Stelle restriktiv auszulegenden - Maßstäbe auf den zugrunde liegenden Fall, ist die Situation des Nutzungsversagungsgrunds des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. nach den Umständen des Einzelfalls gegeben.
50Die Beklagte hat - insbesondere auch im Erörterungstermin im Berufungsverfahren am 27. November 2017 sowie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15. Mai 2018 - überzeugend geschildert, dass der Antrag der Klägerin nur dadurch vollständig bearbeitet werden kann, dass der relevante Altaktenbestand des BfV bzw. der dazugehörige karteikartenförmige Verbleibindex händisch Seite für Seite bzw. Karte für Karte nach den begehrten Unterlagen durchgesehen wird. Dies würde das Durcharbeiten von Aktenbeständen im fünfstelligen Bereich bzw. von bis zu 1.000.000 Karteikarten erfordern, was den Begriff des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. für den zu entscheidenden Fall ausfüllt.
51Das BfV hat seine (Alt-)Aktenorganisation und Schriftgutverwaltung im Wesentlichen wie folgt beschrieben:
52Seit dem Jahr 1984 verwalte das BfV - wie bereits oben unter 1. a) angesprochen - seine Akten im Wege der elektronischen Datenverarbeitung, die in den Jahren 1996 und 2004 durch Systemumstellungen jeweils aktualisiert worden sei. Das sich daraus ergebende Vorgangsnachweissystem funktioniere als Aktenverbleibsnachweis über die Eingabe von Metadaten, Aktenzeichen und Betreffen, die von dem jeweiligen Fachbereich nach Maßgabe des Rahmenaktenplans für die dort vorgesehenen einzelnen Sachgebiete/Phänomenbereiche vergeben würden. Die EDV-Systemeinführung im Jahr 1984 habe allerdings keine Rückerfassung von zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Altakten beinhaltet, sondern lediglich die neu angelegten Akten - das heißt die Neueingänge - aufgenommen. Im Übrigen existiere ein so genanntes Verbleibindexverfahren über Karteikarten, die bis ins Jahr 1991 fortgeführt worden seien. Auf diese Weisen seien die beim BfV geführten Akten von der Schriftgutverwaltung mit Hilfe der Parameter Sachgebiete, Aktenzeichen, Betreffe und Einsender recherchierbar, soweit sie nicht - etwa auch aus datenschutzrechtlichen Gründen - bereits gelöscht worden seien. Abgesehen davon würden die Akten bzw. der dazu entstandene Datensatz im Fachbereich gelöscht, wenn der betreffende Vorgang abgeschlossen worden sei. Anschließend beginne der Archivierungsvorgang im seitens der Schriftgutverwaltung betreuten Altaktenwesen. Dieser laufe so ab, dass im Prinzip jeder Vorgang, der beim BfV entstehe, dem Bundesarchiv angeboten werde. Das Bundesarchiv entscheide dann in einem so genannten Listenverfahren, welcher ihm angebotene Vorgang übernommen werde. Werde ein bestimmter Vorgang vom Bundesarchiv nicht übernommen, werde er zunächst beim BfV weiter vorgehalten oder aber, soweit er sich nicht als vorhaltungswürdig erweise, vernichtet. Bei Akten, die unter einem Vorbehalt vorgehalten würden, weil das Bundesarchiv anhand des Listenverfahrens keine abschließende Bewertung habe vornehmen können, werde ein Kennzeichen „B“ vergeben, um dem Bundesarchiv eine spätere Bewertung dieses Vorgangs unter archivarischen Gesichtspunkten zu ermöglichen. Im Übrigen vergebe das BfV im Hinblick auf potentiell „zeitgeschichtlich bedeutsame“ Vorgänge gegebenenfalls schon beginnend ab deren Entstehung ein Kennzeichen „Z“. Dieses Merkzeichen diene der Herausfilterung solcher Akten, die sich gegebenenfalls als archivwürdig erweisen könnten. Derartige Akten ließen sich über eine interne Arbeits(excel)datei, die das BfV vorhalte, auffinden. Diese digitale Arbeitsdatei fungiere als eine Art - untechnisch, das heißt nicht archivarisch zu verstehendes - „Findmittel“. Sobald insoweit ein Betreff mit einem zugehörigen Aktenzeichen vergeben sei, lasse sich über dieses digitale Suchsystem ein Treffer erzielen, falls ein passendes Schlagwort in Bezug auf einen Vorgang eingegeben werde. Die Aktenerfassung über die digitale Arbeitsdatei reiche grundsätzlich nur bis ins Jahr 2000 zurück. Die Recherche früher entstandener Akten lasse sie indes nicht bzw. nur insoweit zu, als diese bereits nachträglich eingepflegt worden seien, was für den hier in Rede stehenden Zeitraum (noch) nicht der Fall sei. Daher sei die Aktensuche im Hinblick auf weiter zurückliegende Zeiträume - neben einem die jeweiligen Einsender von Unterlagen katalogisierenden so genannten (ebenfalls karteikartenförmigen) Einsenderindex - auf das Verbleibindexsystem der Karteikarten angewiesen. Der Gesamtbestand dieser Karteikarten betrage für alle rund 400 Sachgebiete/Phänomenbereiche des BfV ungefähr 1.000.000 Stück. Die DIN-A-6-formatigen Karteikarten, von denen die Vertreter des BfV in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15. Mai 2018 einige zur exemplarischen Inaugenscheinnahme vorgelegt haben, verzeichnen Sachgebietsnummern, Aktenzeichen und Betreffe, aber auch Löschungen oder andere - teils hand-, teils maschinenschriftliche - Eintragungen; sie seien - so die Beklagte dazu - chronologisch nach Jahrgängen geordnet. Dabei bilde eine Karteikarte nicht jeweils nur eine Akte ab. Sie diene vielmehr als Einzeldokumentennachweis, weswegen es sein könne, dass eine einzige Akte durch eine Vielzahl von Karteikarten im Verbleibindexsystem abgebildet werde. Eine weitergehende verzeichnismäßige Erschließung dieses Aktenbestands habe bislang von Seiten des BfV nicht stattgefunden.
53Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. im vorliegenden Fall erfüllt.
54Das BfV hat die ihm zur Verfügung stehenden digitalen Recherchemöglichkeiten ausgeschöpft. Wie ausgeführt, erfasst sein elektronisches Aktenverwaltungssystem erst ab dem Jahr 1984 entstandene Akten. Die für die Zusammenstellung und Recherche als potentiell „zeitgeschichtlich bedeutsam“ eingestufter Vorgänge vom BfV verwendete interne Arbeits(excel)datei reicht lediglich bis ins Jahr 2000 zurück; es erfasst den in Rede stehenden Zeitraum auch über eine nachträgliche Aufbereitung von Altakten (noch) nicht. Mittels der internen Arbeits(excel)datei hat das BfV - wie erwähnt - unter Verwendung der von der Klägerin ins Verfahren eingeführten Schlagworte bzw. Teile von diesen keine Suchergebnisse erzielt. Im Übrigen sind diese Rechercheinstrumente somit für die Jahre 1975 bis 1983, um die es der Klägerin geht, unergiebig. Infolgedessen müssten Mitarbeiter des BfV, um den Akteneinsichtsantrag der Klägerin weiter vollständig und umfassend zu bearbeiten, bis zu 1.000.000 Karteikarten des Verbleibindexsystems sowie alle - ausschließlich in Papierform bzw. auf Mikrofilm vorhandenen - Akten aus dem Zeitraum von 1975 bis 1983, die nach dem Vorbringen der Beklagten kilometerlange Regalreihen einnehmen, Blatt für Blatt und Karte für Karte händisch durchsehen. Zu berücksichtigen ist dabei für den zu leistenden Rechercheaufwand nach dem Vortrag der Beklagten außerdem, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das BfV in den Jahren 1975 bis 1983 einzelne Unterlagen zu Argentinien erhalten hat, die (auch) in nach dieser Zeitspanne entstandene Akten Eingang gefunden haben, sei es als Kopie oder als ausgewertetes Material. Genauso können derartige Materialien in Vorgängen enthalten sein, die bereits früher angelegt, aber in den Jahren 1975ff. fortgeführt wurden, so dass es auch deswegen nicht ausreichen würde, lediglich die zwischen 1975 und 1983 (neu) angelegten Akten durchzusehen. Aufwanderhöhend tritt hinzu, dass in Frage kommende Akten/Karteikarten zusätzlich blatt- bzw. kartenweise nach geheimhaltungsbedürftigen Informationen durchzusehen und für jede einschlägige Information von Fall zu Fall zu prüfen und zu entscheiden wäre, ob nicht aus Geheimhaltungsgesichtspunkten Ausschlussgründe gegeben sind.
55Bei dieser Sachlage entsteht für das BfV ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F., den die weitere vollständige und umfassende Bearbeitung des Nutzungs- bzw. Akteneinsichtsantrags der Klägerin verursachen würde. Wegen des - aufgrund der dargestellten analogen Recherchebedingungen - absehbar entstehenden enormen Rechercheaufwands würden über einen langen Zeitraum erhebliche personelle Ressourcen des BfV gebunden. Dies gilt gerade auch mit Blick auf die von den Vertretern der Beklagten zur Berufungsverhandlung am 15. Mai 2018 mitgebrachten und vom Senat sowie den Beteiligten in Augenschein genommenen exemplarischen Karteikarten des Verbleibindexsystems. Deren Konsistenz aus dünner Pappe bzw. in Papierstärke erschwert die Handhabbarkeit ihrer händischen Durchsicht, zumal wenn dazu - wie hier - sehr große Mengen an Karteikarten nacheinander durchgearbeitet werden müssten. Zudem lässt sich der Inhalt dieser Karteikarten - wie die Inaugenscheinnahme ergeben hat - nicht schnell und auf einen Blick erfassen. Die verschiedenen, durchaus zahlreichen hand- sowie maschinenschriftlichen Eintragungen sowie auch Streichungen auf jeder Karteikarte würden eine konzentrierte Durchsicht Zeile für Zeile notwendig machen, um sicherzustellen, dass nicht etwa im Hinblick auf das Klagebegehren einschlägige Schlagworte oder Betreffe übersehen werden.
56Eingrenzungen der nach alledem erforderlichen Ermittlungsintensität, die diese unter die Schwelle der Verhältnismäßigkeit herabsinken ließen, haben sich auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15. Mai 2018 nicht ergeben. Konkrete Rechercheansätze oder Limitierungen der in die Suche einzubeziehenden Sachgebiete oder Phänomenbereiche des BfV hat weder die Klägerin genannt noch liegen sie anderweitig nahe. Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung dagegen ausgesprochen, die Aktensuche auf ein Sachgebiet wie „Ausländischer Extremismus“, „Extremismus im Ausland“ oder ein vergleichbares Sachgebiet/einen vergleichbaren Phänomenbereich zu beschränken. Auch dem Senat hat sich nicht erschlossen, wie das BfV seine Recherche beschränken könnte, ohne sich dem Vorhalt auszusetzen, der streitgegenständliche Akteneinsichtsantrag werde durch eine solche - wie auch immer geartete - Beschränkung nur unzureichend bearbeitet.
57Soweit die Klägerin in diesem Kontext zur weiteren Sachverhaltsaufklärung in der Berufungsverhandlung vor dem Senat die Anträge gestellt hat auf
58„a) die Vorlage der auf Seite 4 der Klageerwiderung vom 24. Februar 2015 erwähnten Arbeitsdatei (Excel), hilfsweise der aufgearbeiteten Arbeitsdatei (Excel),
59b) die Vorlage des Rahmenaktenplans/der Rahmenaktenpläne 1975 bis 1983, hilfsweise einer Liste aller Sachgebiete, aller Rahmenaktenpläne aus diesem Zeitraum,
60c) Vorlage einer Liste der Einsender, die im Einsenderindex geführt werden,
61gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO vom Bundesverwaltungsgericht feststellen zu lassen, dass die Nichtvorlage der Arbeitsdatei, Rahmenaktenpläne und Einsender gemäß dem vorausgehenden Antrag unrechtmäßig ist,
62d) Auskunft zu erteilen, ob es in dem Zeitraum 1975 bis 1983 an der Deutschen Botschaft in Buenos Aires Mitarbeiter der Beklagten gegeben hat“
63waren diese Anträge abzulehnen, wie es der Senat durch in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss getan hat.
64Die Anträge zu a) bis c) hat der Senat als Beweisanträge verstanden mit der konkludenten Behauptung, dass die besagten Dateien, Pläne und Listen Hilfstatsachen enthalten, die auf einen Aktenbestand des BfV zu dem die Klägerin interessierenden Themenkreis führen.
65Der Antrag zu a) war abzulehnen, weil die Vorlage der auf Seite 4 der Klageerwiderung vom 24. Februar 2015 erwähnten Arbeitsdatei (Excel), hilfsweise der aufgearbeiteten Arbeitsdatei (Excel), nicht entscheidungserheblich ist. Wie ausgeführt, reicht die interne Arbeitsdatei des BfV für als zeitgeschichtlich bedeutsam qualifizierte Vorgänge lediglich bis ins Jahr 2000 zurück; den Zeitraum zwischen 1975 und 1983 erfasst sie nicht. Sie ist daher zum Auffinden der streitbefangenen Akten, welche die Militärdiktatur in Argentinien in der Zeit von 1975 bis 1983 betreffen, von vornherein ungeeignet.
66Die Anträge zu b) und c) waren abzulehnen, weil sie auf eine unzulässige Ausforschung bzw. Beweisermittlung gerichtet sind.
67Ein als unzulässig ablehnbarer Ausforschungsbeweis liegt vor in Bezug auf Tatsachenbehauptungen, für deren Wahrheitsgehalt nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen. Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken könnte, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen.
68Vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - 4 BN 6.07 -, juris Rn. 10, vom 27. März 2000 - 9 B 518.99 -, juris Rn. 10, und vom 29. März 1995 - 11 B 21.95 -, juris Rn. 4.
69Eine solche Situation ist vorliegend im Hinblick auf die Anträge zu b) und c) gegeben. Dies gilt auch losgelöst davon, dass die Klägerin mit den Anträgen zu b) und c) bereits keine konkrete Tatsachenbehauptung benennt, die es zu beweisen gälte. Vielmehr sind diese Anträge auf eine weitergehende Beweisermittlung gerichtet, durch die entscheidungserhebliche Tatsachen erst womöglich aufgedeckt werden könnten. Jedenfalls entbehren die Anträge zu b) und c) einer greifbaren Tatsachengrundlage, für die eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht. Was die in den Anträgen zu b) und c) genannten „Rahmenaktenpläne 1975 bis 1983, hilfsweise eine Liste aller Sachgebiete, aller Rahmenaktenpläne aus diesem Zeitraum“ und die „Liste der Einsender, die im Einsenderindex geführt werden“ anbelangt, handelt es sich um eine Vermutung „ins Blaue hinein“, dass sich daraus Erkenntnisse ergeben könnten, die für die Bescheidung des Akteneinsichtsantrags der Klägerin erheblich sind. Mangels - wie dargelegt - konkreten, eingrenzenden Ermittlungsansatzes für die streitige erforderliche extrem umfangreiche Aktenrecherche ist nicht im Ansatz zu erkennen, inwiefern die in Rede stehenden Rahmenaktenpläne oder der Einsenderindex insofern in entscheidungserheblicher Weise von Nutzen sein könnten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15. Mai 2018 haben die Vertreter des BfV erklärt, dass es Phänomenbereiche wie „Ausländischer Extremismus“, „Extremismus im Ausland“ oder ähnliche gebe, die für die Recherche - wenn auch mit im Hinblick auf den Streitgegenstand dieses Verfahrens vollkommen ungewisser Erfolgsaussicht - leitend sein könnten. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Rahmenaktenpläne der Jahre 1975 bis 1983 bzw. eine Übersicht der in dieser Zeitspanne im BfV vergebenen Sachgebiete über diese Aussage hinaus, welche die Klägerin - wie erwähnt - nicht zu einer Einschränkung ihres Antragsbegehrens veranlasst hat, weiterführende entscheidungserhebliche tatsächliche Hinweise enthalten könnten. Entsprechendes gilt für den Einsenderindex. Die Vertreter des BfV haben in der Berufungsverhandlung überzeugend erläutert, dass Korrespondenzpartner des BfV üblicherweise Bundesbehörden - insbesondere das ihm vorgesetzte Bundesinnenministerium - sind. Daher ist es äußerst naheliegend, dass Einsendungen von Deutschen Botschaften, die das BfV erhalten soll, nicht unmittelbar an das BfV adressiert werden, sondern gegebenenfalls über den Dienstweg und das Auswärtige Amt sowie eben das Bundesinnenministerium an das BfV gelangen. So ist im Übrigen auch das von der Klägerin vorgelegte Schreiben des damaligen deutschen Botschafters in Buenos Aires, L2. , vom 18. August 1976 an das Auswärtige Amt - und nicht direkt an das BfV oder einen anderen Nachrichtendienst - gerichtet. Daraus folgt, dass es sich nach Lage der Dinge im Bereich der bloßen Spekulation bewegt, dass der Einsenderindex des BfV etwa die Deutsche Botschaft in Buenos Aires als Einsender von Unterlagen an das BfV in den Jahren zwischen 1975 und 1983 verzeichnet und sich von daher aus dem Einsenderindex Erkenntnisse herleiten lassen könnten, die hinsichtlich der Bearbeitung des klägerischen Akteneinsichtsbegehrens entscheidungsrelevant erscheinen.
70Da mithin durch eine Beziehung der in den Anträgen zu a) bis c) genannten Dateien/Rahmenaktenpläne/Einsenderindizes keine weitergehenden entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind, geht der von der Klägerin gestellte Antrag auf Einleitung eines in-camera-Verfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO ins Leere.
71Der Antrag zu d) stellte der Sache nach schon keinen Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO dar. Es handelt sich bei ihm sinngemäß um einen zusätzlichen Sachantrag, der jedoch als gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 91 Abs. 1 VwGO unzulässige - da nicht sachdienliche - Klageänderung zu bewerten ist. Durch ihn wird der Streitgegenstand des klägerischen Akteneinsichtsbegehrens inhaltlich um ein neues Auskunftsbegehren erweitert. Die Früchte des bisherigen Prozessverlaufs können insofern nicht verwertet werden. Vielmehr ist die Klägerin darauf zu verweisen, ein solches Antragsbegehren erneut erst beim BfV anhängig zu machen und bescheiden zu lassen.
72Schließlich steht dem vom BfV im streitgegenständlichen Umfang absehbar zu leistenden erheblichen Verwaltungsaufwand im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. bei der insofern im Weiteren vorzunehmenden normativer Betrachtung kein überwiegendes Erkenntnisinteresse der Klägerin selbst oder der Allgemeinheit gegenüber, das diesen Verwaltungsaufwand rechtfertigt. Die Klägerin legt nicht dar und es ist auch nicht anderweitig zu erkennen, warum sie gerade auf beim BfV vorhandene Unterlagen zu „Argentinien 1975 bis 1983“ angewiesen ist, um ein bestimmtes, konkretisiertes journalistisches Projekt substantiell bearbeiten zu können. Die Klägerin hat - jenseits eines ohne Weiteres verständlichen und nachvollziehbaren allgemeinen zeithistorischen Interesses an einer Aufarbeitung der Vorgänge zur Zeit der Militärdiktatur in Argentinien und einer eventuellen Verstrickung bundesdeutscher Behörden in diese Vorgänge - nicht erklärt, für welche Pressearbeit konkret sie die vom BfV herausverlangten Akten benötigt. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin nach ihrem Vortrag bereits vom Auswärtigen Amt bzw. vom Bundesnachrichtendienst einschlägige Materialien erhalten hat.
73Im Zuge der im Rahmen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. mitanzustellenden normativen Wertung kann dem BfV auch nicht vorgehalten werden, es habe seine (Alt-)Aktenverwaltung unzureichend organisiert, so dass es den nunmehr durch den Antrag der Klägerin entstehenden unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand selbst zu verantworten und ihn solchermaßen nicht gegen den Nutzungsanspruch der Klägerin einwenden könne. Aus den obigen Darlegungen geht hervor, dass das BfV seine (Alt-)Aktenverwaltung dergestalt strukturiert hat, dass ein Auffinden insbesondere auch von als zeitgeschichtlich bedeutsam eingestuften Vorgängen im Grundsatz möglich ist. Aktuell existiert lediglich keine umfassende digital gestützte Rechercheoption für länger zurückliegende Vorgänge, wie die Klägerin sie zu nutzen beabsichtigt. Aber auch diese Vorgänge sind über das Verbleibeindexsystem prinzipiell recherchefähig. Dieses (Alt‑)Aktenverwaltungssystem lässt, weil es ein Erschließen von zeitgeschichtlich bedeutsamen (Alt-)Akten - auch in ständiger Kooperation mit dem Bundesarchiv - generell ermöglicht, keine Defizite erkennen, die innerhalb der Prüfung von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG n. F. zulasten der Beklagten ins Gewicht fallen.
74c) Im Anschluss an das vorstehend Gesagte hat die Klägerin - auch ungeachtet der bereits oben beantworteten Frage mangelnder Entscheidungserheblichkeit - keinen Anspruch auf Nutzung der vom BfV zu Recherchezwecken im Hinblick auf als potentiell „zeitgeschichtlich bedeutsam“ qualifizierte Akten benutzten internen Arbeits(excel)datei gemäß § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F.
75Auch wenn Findmittel wie Findbücher oder Suchdateien, die zwar nicht zum eigentlichen Archivgut gehören - wie es § 1 Nr. 2 BArchG n. F. definiert -, archivrechtlich gesehen aber gleichwohl vom Archivbenutzungsanspruch als dessen notwendige Voraussetzung und zu dessen Effektivierung grundsätzlich mitumfasst sein mögen,
76vgl. insofern Nds. OVG, Urteil vom 17. September 2002 - 11 LB 123/02 -, juris Rn. 64 (zum niedersächsischen Archivgesetz),
77greift dieser Gedanke für die zu Aktenrecherchezwecken verwendete in Rede stehende interne Arbeitsdatei des BfV nicht.
78Das BfV ist kein Archiv, das wie das Bundesarchiv (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F.) als „Gedächtnis des Staates“,
79vgl. zu dieser Begrifflichkeit BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2017 - 6 A 4.15 -, juris Rn. 3, und vom 12. September 2017 - 6 A 1.15 -, juris Rn. 3; sowie die Begründung der Bundesregierung für den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 15. September 2016, Bundestags-Drucksache 18/9633, S. 47.
80selbst die Aufgabe hätte, Archivgut nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. Das BfV hält daher auch keine allgemein zugänglichen „Findmittel“ im archivrechtlichen Sinn bereit, die Dritte mit dem Ziel der (freien) Aktenrecherche beim BfV nutzen könnten.
81Unbeschadet dessen ist der Zugang zu der internen Arbeitsdatei des BfV aber auch durch § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. versperrt.
82Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. haben die öffentlichen Stellen des Bundes dem Bundesarchiv oder, im Fall des § 7 BArchG n. F., dem zuständigen Landes- oder Kommunalarchiv auch Unterlagen zur Übernahme anzubieten, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung oder § 30 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Art. 19 Abs. 12 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, unterliegen. Unterlagen der Nachrichtendienste sind anzubieten, wenn sie deren Verfügungsberechtigung unterliegen und zwingende Gründe des nachrichtendienstlichen Quellen- und Methodenschutzes sowie der Schutz der Identität der bei ihnen beschäftigten Personen einer Abgabe nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F.).
83§ 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. ist an § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGrG) angelehnt. Er bezweckt über die allgemeine Vorgabe des § 5 Abs. 1 BArchG n. F. hinaus die Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste des Bundes. Informationen in geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten, zu nachrichtendienstlichen Quellen und Methoden, müssen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste längerfristig unter Verschluss bleiben. Die Nachrichtendienste können insoweit die Aktenanbietung und Abgabe im Wege der Verwaltungsvereinbarung mit dem Bundesarchiv regeln. Eigene Bedienstete dürfen auch 30 Jahre nach ihrer Einstellung grundsätzlich nicht durch Archivanfragen recherchierbar sein, um nachrichtendienstlich einsetzbar zu bleiben. Das Bekanntwerden der Zugehörigkeit zu einem Nachrichtendienst tangiert bei diesen Bediensteten auch stets den schutzwürdigen privaten Lebensbereich. Für den notwendigen Schutz dieser Daten kommt es darauf an, dass sie auch bei den Dienst- und Fachaufsichtsbehörden längerfristig öffentlichem Zugriff entzogen bleiben. Eine Anbietung an das Bundesarchiv kommt bei diesen Informationen erst nach dem Tod der betroffenen Person bzw. der Einstellung der Methodik und Einzelfallprüfung in Betracht.
84Vgl. die Begründung der Bundesregierung für den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 15. September 2016, Bundestags-Drucksache 18/9633, S. 59.
85Der Wirkbereich des Nutzungsanspruch aus § 11 Abs. 6 BArchG n. F. ist damit im Vergleich mit demjenigen auf § 5 Abs. 8 BArchG a. F. durch § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. eingeschränkt.
86Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2017 - 6 A 4.15 -, juris Rn. 3 und 6, und vom 12. September 2017 - 6 A 1.15 -, juris Rn. 3 und 6, jeweils unter Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zum Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/9633 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts - vom 11. Januar 2017, Bundestags-Drucksache 18/10813, S. 10.
87Demnach können § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. unterfallende Unterlagen nicht zum Gegenstand eines Nutzungsanspruchs aus § 10 Abs. 1 BArchG n. F. werden, weswegen sie auch einer Nutzung auf der Grundlage von § 11 Abs. 6 BArchG n. F. entzogen sind. In einem Rechtsstreit über einen geltend gemachten Nutzungsanspruch aus § 11 Abs. 6 BArchG n. F. sind die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands des § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. inzident zu prüfen.
88Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2017 - 6 A 4.15 -, juris Rn. 3, und vom 12. September 2017 - 6 A 1.15 -, juris Rn. 3.
89Dies zugrunde gelegt, kann die Beklagte der Klägerin die Zugänglichmachung der internen Arbeitsdatei des BfV, der gemäß § 1 Abs. 1 PKGrG zu den Nachrichtendiensten zählt, auch unter Verweis auf § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. verweigern.
90Die Voraussetzungen dieses Ablehnungsgrunds liegen vor. Die Beklagte hat plausibel dargelegt, dass die Zahl der in dieser Arbeitsdatei tabellarisch aufgelisteten Akten im fünfstelligen Bereich angesiedelt ist. Es seien nicht nur Akten über ehemalige oder derzeitige Beobachtungsobjekte (Organisationen und Personen), sondern auch Akten über die interne Organisation und Mitarbeiter des BfV enthalten. Zahlreiche Akten befänden sich noch in laufender Bearbeitung. Die interne Arbeitsdatei enthalte damit - so die Beklagte - ein Abbild des potentiell historisch bedeutsamen Aktenbestands des BfV. Aus ihr ließen sich damit auch Rückschlüsse auf (aktuelle) Beobachtungsobjekte, Quellen, Mitarbeiter und interne Organisationsstrukturen sowie Methodik und Arbeitsweise des BfV ziehen. Dazu gehörten insbesondere Informationen in der jeweiligen Akte über Programm, Struktur, Entwicklung, Methodenaktivitäten der so genannten Beobachtungsobjekte sowie deren Mitglieder von exponierter Bedeutung.
91Mit Blick darauf stehen zwingende Gründe des nachrichtendienstlichen Quellen- und Methodenschutzes sowie der Schutz der Identität der beim BfV beschäftigten Personen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. einer Nutzung der internen Arbeitsdatei des BfV durch die Klägerin entgegen. Durch eine solche Nutzung würde die Klägerin in die Lage versetzt, über die Eingabe von Betreffen eine Übersicht über das komplette dort verzeichnete Aktenmaterial des BfV - einschließlich noch nicht abgeschlossener Vorgänge - zu erlangen. Die Klägerin ‑ und potentiell jeder weitere Dritte, der einen Akteneinsichtsanspruch gegen das BfV anhängig macht - erhielte auf diese Weise Einblick in die operative nachrichtendienstliche Tätigkeit des BfV. Dies würde den nachrichtendienstlichen Quellen- und Methodenschutz und somit zugleich die Funktionsfähigkeit des BfV erheblich beeinträchtigen. Der Quellen- und Methodenschutz des § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. ist auch nicht bereits allgemein aufgehoben, weil die interne Arbeitsdatei des BfV nach Lage der Dinge nicht bereits anderweitig veröffentlicht ist und der Geheimnisschutz deswegen nicht mehr erreichbar wäre.
92§ 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, weshalb die von der Klägerin angeregte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in Betracht kommt. Namentlich scheidet die Annahme des von der Klägerin gerügten Verstoßes gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG aus.
93Die Informationsfreiheit ist in der vorliegenden Fallgestaltung schon deswegen nicht betroffen, weil Behördenakten keine allgemein zugänglichen Quellen im Sinne dieses Grundrechts sind. Eine Informationsquelle ist in der Regel dann allgemein zugänglich, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, das heißt einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen, mit anderen Worten, wenn sie öffentlich im Sinne der hergebrachten juristischen Terminologie ist. Die Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG, die den Zugang zu aus allgemein zugänglichen Quellen stammenden Informationen schützt, gibt keinen verfassungsunmittelbaren Zugang zu amtlichen Informationen. Vielmehr kann der Staat im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse Art und Umfang, in dem er Informationsquellen allgemein zugänglich macht, festlegen. Einen Anspruch darauf, amtliche Informationen allgemein zugänglich zu machen, verleiht Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG in der Regel nicht.
94Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017 ‑ 1 BvR 1978/13 -, juris Rn. 20 f.; BVerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 A 5/13 -, juris Rn. 20, mit weiteren Nachweisen
95Da § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. nur den Zugang zu nicht allgemein zugänglichen behördlichen Akten teilbereichsweise sperrt, tangiert er das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG nicht.
962. Die Klägerin hat aus parallelen Gründen wie unter 1. hat auch keinen Informationsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG.
97Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.
98a) Dieser Anspruch ist vorliegend nicht schon durch § 1 Abs. 3 IFG verschlossen.
99§ 1 Abs. 3 IFG normiert, dass Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 SGB X vorgehen.
100Eine Sperrwirkung kann demnach nur eine Norm entfalten, die einen mit dem Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz identischen sachlichen Regelungsgegenstand hat. Damit sind die Voraussetzungen für den Nachrang des Informationsfreiheitsgesetzes allerdings nicht abschließend umschrieben. Wenn und soweit die Bestimmung des § 1 Abs. 3 IFG dem Fachrecht Geltung verschaffen will, bedarf es des Weiteren der Prüfung, ob sich die spezialgesetzliche Bestimmung als abschließend versteht.
101Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, juris Rn. 46, und vom 3. November 2011 - 7 C 4.11 -, juris Rn. 9, Beschluss vom 9. November 2010 - 7 B 43.10 -, juris Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 5. Mai 2017 - 15 A 1578/15 -, juris Rn. 57.
102Dies trifft auf den archivrechtlichen Nutzungsanspruch aus § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu. § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. geht - wie bereits unter 1. ausgeführt - allen übrigen Informationsgesetzen als Spezialgesetz nur vor, sofern er diesen gegenüber im Hinblick auf Archivgut einen erleichterten Zugang ermöglicht. Außerhalb der dort geregelten Tatbestände gilt das Informationsfreiheitsgesetz jedoch ergänzend.
103Vgl. nochmals die Begründung der Bundesregierung für den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 15. September 2016, Bundestags-Drucksache 18/9633, S. 71; außerdem BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2017 - 6 A 4.15 -, juris Rn. 3, und vom 12. September 2017 - 6 A 1.15 -, juris Rn. 3, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 42.
104Da der Anspruch aus § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F aber - wie gezeigt - zu verneinen ist, weil das BfV nicht über die begehrten Akten verfügt bzw. diese gegebenenfalls nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand in seinem Altaktenbestand auffinden könnte, räumen diese Bestimmungen vorliegend keinen erleichterten Informationszugang ein. §§ 1 ff. IFG kommen deshalb neben diesem Nutzungsanspruch zur Anwendung.
105b) Jedoch kommt der Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG aus entsprechenden Erwägungen wie denjenigen zu § 11 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG n. F. angestellten nicht zum Tragen.
106Wie unter 1. a) und b) ausgeführt, sind die von der Klägerin begehrten Akten/Informationen beim BfV tatsächlich nicht vorhanden,
107vgl. zum tatsächlichen Vorhandensein der Information als immanenter Voraussetzung des Informationszugangsanspruchs: BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 -, juris Rn. 37; OVG NRW, Beschlüsse vom 18. August 2017 - 15 A 930/16 -, juris Rn. 11, und vom 13. Juli 2017 - 15 E 146/17 -, Urteil vom 24. November 2015 - 8 A 1032/14 -, juris Rn. 39, Beschluss vom 1. Juli 2011 - 6 A 1492/10 -, juris Rn. 18,
108bzw. würde die Erfüllung ihres Nutzungs-/Akteneinsichtsgesuchs beim BfV - das Vorhandensein verstreuter, insoweit nicht gesondert gekennzeichneter bzw. erfasster Unterlagen betreffend Argentinien während der Zeit der Militärdiktatur zwischen 1975 und 1983 in den (Alt-)Aktenbeständen des BfV unterstellt - einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand auch im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG verursachen.
109Was die von der Klägerin beanspruchte Nutzung der internen Arbeits(excel)datei des BfV anbelangt, ist auf die Gedankenführung unter oben 1. c) zu verweisen.
110Diese Datei ist nicht die anspruchsgegenständliche Information selbst. Der Informationsanspruch des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG bezieht sich aber nicht auf die behördeninternen Möglichkeiten zum etwaigen Ausfindigmachen der geforderten Informationen. Die (objektiv-rechtliche) Pflicht, Verzeichnisse zu führen, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke der informationspflichtigen Stelle erkennen lassen, kennt zudem allein § 11 Abs. 1 IFG im Kontext mit Veröffentlichungspflichten.
111Im Übrigen kann die Beklagte sich auf den Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 8 IFG stützen.
112Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.
113Mit dieser Vorschrift normiert das Informationsfreiheitsgesetz die einzige ausdrückliche Bereichsausnahme. Danach kommt es bei der Entscheidung über den Informationszugang nicht auf eine Bewertung der begehrten Informationen und die Prognose eines mit deren Offenlegung verbundenen Nachteils für gesetzlich anerkannte Schutzgüter an. Vielmehr sind die Nachrichtendienste in Gänze und die anderen Behörden und Stellen bezogen auf bestimmte Aufgabenbereiche von einer grundsätzlich nach § 1 IFG gegebenen Informationspflicht ausgenommen. Danach kann der auf Informationszugang angegangene Nachrichtendienst auf diesen Versagungsgrund verweisen.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 - 7 C 18.14 -, juris Rn. 12 und 17; OVG NRW, Urteil vom 5. Mai 2017 - 15 A 1578/15 -, juris Rn. 75 ff.
115Danach ist das BfV von dem geltend gemachten Informationsanspruch durch § 3 Nr. 8 IFG ausgenommen.
116Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Bereichsausnahme - etwa mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG - bestehen hier ebensowenig wie bei § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. Infolgedessen liegen die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auch insoweit nicht vor.
1173. Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein presserechtlicher Auskunftsanspruch nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu.
118Aus der aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Pflicht der Behörde, die Pressetätigkeit ausschließlich durch Offenlegung bestimmter Fakten und Tatsachen aufgrund konkreter und bestimmter Fragen zu unterstützen, folgt eine Begrenzung des Auskunftsrechts der Presse; denn diesem Recht auf Auskunft korrespondiert die Pflicht der Behörde zur Auskunftserteilung. Die Frage darf nicht so allgemein gehalten sein und ohne Bezug zu einem konkreten Tatsachenkomplex, dass zu ihrer Beantwortung eine Sachverhaltserforschung und Untersuchung seitens der Behörde erforderlich wird.
119Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2016 - 6 A 3.15 -, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 46, und vom 17. März 2017- 15 B 1112/15 -, juris Rn. 62.
120Der Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zielt auf die Erteilung einer Auskunft. Aktennutzung einerseits und Auskunftserteilung andererseits stellen prinzipiell unterschiedliche Arten von Informationszugängen dar. Das Grundrecht der Pressefreiheit gewährt grundsätzlich nicht eine Aktennutzung durch Einsichtnahme in Behördenakten oder einer Kopie von Behördenakten.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 A 5.13 -, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 50, und vom 17. März 2017- 15 B 1112/15 -, juris Rn. 19 und 67.
122Lediglich ausnahmsweise mag allein die Zurverfügungstellung von Akten oder ähnliches die allein ermessensgerechte Form der behördlichen Beantwortung des Ersuchens sein.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 52; VG Cottbus, Beschluss vom 19. September 2013 - 1 L 219/13 ‑, juris Rn. 25; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, § 4 LPG Rn. 87; Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b; siehe insoweit auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. September 2015 - 1 BvR 857/15 -, juris Rn. 18 f.
124Voraussetzung hierfür ist aber zunächst, dass es sich nach Lage der Dinge noch um ein zulässiges Auskunftsbegehren handelt.
125Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Mai 2018 ‑ 15 A 2080/15 -, vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 59, und vom 17. März 2017 ‑ 15 B 1112/15 -, juris Rn. 72.
126Gemessen daran liegen die Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs schon deswegen nicht vor, weil die Klägerin kein konkretes Auskunftsersuchen an das BfV gerichtet hat. Sie strebt eine Akteneinsicht an, die indessen über den presserechtlichen Auskunftsanspruch nur ausnahmsweise erreichbar ist. Dass ein solcher Ausnahmefall anzunehmen ist, legt die Klägerin dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
127Abgesehen davon gilt allerdings auch hinsichtlich des presserechtlichen Auskunftsanspruchs, dass das Begehren der Klägerin auf eine beim BfV nicht vorhandene bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand generierbare Information gerichtet ist, zu deren Erteilung des BfV nicht verpflichtet werden kann.
128Vgl. insoweit mit Blick auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch: BVerwG, Beschlüsse vom 17. November 2016 - 6 A 3.15 -, juris Rn. 11 f., und vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 -, juris Rn. 21, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 30.
1294. Die Ergebnisse der Anspruchsprüfung zu 1. bis 3. kann die Klägerin nicht mit dem Hinweis auf die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG korrigieren.
130a) Die Klägerin kann aus der Wissenschaftsfreiheit keinen Anspruch auf Aktennutzung herleiten. Ihr geht es weder um die Abwehr eines Eingriffs in die Wissenschaftsfreiheit noch um die Teilhabe am staatlichen Wissenschaftsbetrieb. Aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG lässt sich kein Anspruch auf Unterstützung journalistischer Recherchearbeiten durch Gewährung von Akteneinsicht ableiten.
131Vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 1986 - 1 BvR 1352/85 -, juris Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 A 5/13 -, juris Rn. 26.
132b) Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verhilft dem Nutzungs-/Akteneinsichtsbegehren der Klägerin nicht zum Erfolg.
133Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.
134Vgl. zu alledem etwa BVerfG, Urteil vom 19. Juni 2014 - 10 C 1/14 -, juris Rn. 50 ff., mit weiteren Nachweisen.
135Nach diesen Grundsätzen liegt ein Gleichheitsverstoß nicht vor. Das BfV hat den Antrag der Klägerin im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen abgelehnt. Dass das BfV oder andere öffentliche Stellen des Bundes wie das Auswärtige Amt, das Bundeskanzleramt oder der Bundesnachrichtendienst der Klägerin in der Vergangenheit Unterlagen aus ihren Aktenbeständen zur Verfügung gestellt haben, sagt über die Beurteilung des zu entscheidenden Falles mangels Vergleichbarkeit der jeweiligen Sachverhalte nichts aus.
1365. Zuletzt ist auch mit Blick auf den streitgegenständlichen Zugang zu der internen Arbeits(excel)datei des BfV kein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO einzuleiten.
137Auf der nach §§ 86 Abs. 1, Abs. 2, 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beurteilenden Ebene der informationsfreiheitsrechtlichen Sachverhaltsfeststellung und ‑würdigung ist zu prüfen, ob anhand des konkreten Inhalts der zur Verfügung stehenden Akten bzw. mittels der dazu gemachten behördlichen Angaben verifiziert werden kann, dass ein Ablehnungsgrund (auch) hinsichtlich der nicht zur Verfügung stehenden (Teile der) Information vorliegt.
138Vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 -, juris Rn. 8, Urteil vom 27. Juni 2013 - 7 A 15.10 -, juris Rn. 20; OVG NRW, Urteile vom 5. Mai 2017 - 15 A 1578/15 -, juris Rn. 186, vom 18. August 2015 - 15 A 2856/12 -, juris Rn. 56, und vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 89.
139Allein aus dem Umstand, dass Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten ist, folgt nicht, dass es zwingend der Einsicht in die zurückgehaltenen Akten bedarf. Streitigkeiten um Informationszugangsrechte führen nicht gleichsam automatisch zur Verlagerung in das in-camera-Verfahren des § 99 Abs. 2 VwGO. Dies gilt sowohl mit Blick auf prozedurale als auch hinsichtlich materieller Geheimhaltungsgründe. Auch für deren Feststellung muss der konkrete Akteninhalt nicht zwingend rechtserheblich sein. Das Hauptsachegericht muss zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären. Je nach Fallkonstellation muss es vor Erlass eines Beweisbeschlusses die aktenverweigernde Stelle ggf. auffordern, weitere Angaben mit abstrakter Umschreibung zur Kategorisierung der einzelnen in den zurückgehaltenen Akten befindlichen Schriftstücke einschließlich der Anlagen etwa in Form eines mit (paginierten) Blattzahlen spezifizierten Inhaltsverzeichnisses zu machen. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines Erörterungstermins kann hinreichende Grundlage für die Feststellung sein, dass eine Einsicht in die zurückgehaltenen Unterlagen entscheidungserheblich ist, weil die Angaben der Behörde - unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Erörterung der Sach- und Rechtslage - nicht ausreichen, um zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten fachgesetzlichen Ausnahmegründe vorliegen.
140Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 -, juris Rn. 8, vom 6. April 2011 - 20 F 20.10 -, juris Rn. 8, vom 2. November 2010 - 20 F 2.10 -, juris Rn. 12 f., vom 25. Juni 2010 - 20 F 1.10 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteile vom 5. Mai 2017 - 15 A 1578/15 -, juris Rn. 188, vom 18. August 2015 - 15 A 2856/12 -, juris Rn. 58, und vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 91.
141An diesen Maßstäben gemessen ist ein in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht veranlasst. Bereits mit Hilfe des Akteninhalts und des oben ausgewerteten substantiierten Vortrags der Vertreter des BfV gerade auch im Erörterungstermin am 27. November 2017 und in der Berufungsverhandlung am 15. Mai 2018 lässt sich hinreichend sicher beurteilen, dass der geltend gemachte Anspruch im Hinblick auf die internen Arbeits(excel)datei des BfV namentlich wegen § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG n. F. nicht gegeben ist. Auf die entsprechenden obigen Ausführungen, aus denen sich diese Prüfung im Einzelnen ergibt, wird Bezug genommen.
142Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
143Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
144Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, weil keiner der dort genannten Zulassungsgründe vorliegt.