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Der Dienstherr muss in einer Untersuchungsanordnung i. S. v. § 44 Abs. 6 BBG auch in den Fällen der sog. "vermuteten Dienstunfähigkeit" (§ 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) erstens - in Ausschöpfung des vorliegenden Materials schlüssig darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen hinreichende Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten wecken, und - zweitens - dem Arzt Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung näher eingrenzend vorgeben. Kennt der Dienstherr das Krankheitsbild des Beamten nicht oder nicht hinreichend, so gebietet es die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragende Forderung nach hinreichender Bestimmtheit hoheitlicher Eingriffsmaßnahmen, die ärztliche Untersuchung auf Ermittlungsmaßnahmen zu beschränken, die eine spätere Untersuchungsanordnung vorbereiten und erst ermöglichen (Gespräch; ggf. auch schon orientierende Erstuntersuchung).
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Antragsteller auf der Grundlage der dienstlichen Weisung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit vom 23. Oktober 2017 zu einer ärztlichen Untersuchung zu laden.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Antrag des Antragstellers,
4im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass er vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht aufgrund der Untersuchungsanordnung vom 23. Oktober 2017 verpflichtet ist, sich einer ärztlichen Untersuchung nach § 48 BBG zu unterziehen,
5sei unbegründet. Der Antragsteller habe schon die tatsächlichen Voraussetzungen eines seinen Antrag stützenden Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Die streitbefangene, auf § 44 Abs. 6 BBG gestützte Untersuchungsanordnung vom 23. Oktober 2017 sei insbesondere auch materiell rechtmäßig. In der hier gegebenen Fallkonstellation gehe es um eine nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG durchzuführende Klärung der Dienst(un)fähigkeit des Beamten, in der der Dienstherr regelmäßig nur die Fehlzeiten des Beamten kenne, nicht aber auch die jeweils zugrunde liegende(n) Erkrankung(en). Es verstehe sich deshalb von selbst, dass dem Dienstherrn in einer solchen Situation nicht abverlangt werden könne, die ärztliche Untersuchung in der Aufforderung näher festzulegen. Hinreichender Anlass für die Untersuchungsaufforderung sei dann allein die Dauer der krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit des Beamten. Danach genüge hier der Hinweis auf die im Zeitpunkt der Untersuchungsanordnung zehnmonatige Fehlzeit des Antragstellers, zumal die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen Unklarheiten nicht ausräumten. Aus denselben Gründen sei auch die allgemeine Fassung der Untersuchungsanordnung nicht zu beanstanden.
6Das hiergegen gerichtete, fristgerecht vorgelegte Beschwerdevorbringen rechtfertigt nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO die Änderung der angefochtenen Entscheidung. Denn mit ihm hat der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen eines seinen zulässigen (dazu 1.) Antrag stützenden Anordnungsanspruchs (dazu 2.) und Anordnungsgrundes (dazu 3.) glaubhaft gemacht, § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO.
71. Der nach § 123 VwGO gestellte Eilantrag ist, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat, keinen Zulässigkeitsbedenken ausgesetzt.
8a) Er erweist sich zunächst als statthaft. Die Anordnung des Dienstherrn gegenüber dem Beamten, sich ärztlich untersuchen zu lassen, stellt keinen Verwaltungsakt dar, was für den Eilrechtsschutz zur Folge hat, dass das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht eröffnet und mithin die statthafte Rechtsschutzform ein Antrag nach § 123 VwGO ist (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO).
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2014– 2 B 80.13 –, juris, Rn. 8, sowie Urteile vom 30. Mai 2013 – 2 C 68.11 –, juris, Rn. 16, und vom 26. April 2012 – 2 C 17.10 –, juris, Rn. 14, sowie den Senatsbeschluss vom 19. April 2016 – 1 B 307/16 –, juris, Rn. 7 f., m. w. N.
10b) Der Zulässigkeit des Eilantrags steht auch nicht die Regelung des § 44a Satz 1 VwGO entgegen.
11Vgl. insoweit näher: Nds. OVG, Urteil vom 23. Februar 2010 – 5 LB 20/09 –, juris, Rn. 50; OVG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 2012– 1 B 550/12 –, juris, Rn. 17 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22. Juli 2014 – 4 S 1209/13 –, juris, Rn. 24 bis 26; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 3. Februar 2015– 2 A 10458/14 –, juris, Rn. 24 bis 33; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 3 CE 15.172 –, juris, Rn. 14.
12c) Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für sein Eilbegehren nicht etwa dadurch entfallen, dass der bislang festgesetzte Untersuchungstermin storniert worden ist. Denn dieser Umstand betrifft nur die „technische Abwicklung“ der Untersuchungsanordnung und hindert die Antragsgegnerin nicht, auf der Grundlage dieser Anordnung einen neuen Untersuchungstermin zu bestimmen.
13Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 6 B 1397/15 –, juris, Rn. 9 f., m. w. N.
142. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Untersuchungsanordnung erweist sich in Ansehung des Beschwerdevortrags bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach als nicht heilbar rechtswidrig; die Beschwerdeerwiderung vom 11. Dezember 2017 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung.
15Rechtsgrundlage der Untersuchungsanordnung ist § 44 Abs. 6 BBG. Nach dieser Regelung besteht, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit bestehen, u. a. die Verpflichtung (des Beamten), sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen. Mit dieser Verpflichtung korrespondiert, wie schon die Wendung „nach Weisung“ verdeutlicht, die Ermächtigung der für den Dienstherrn handelnden zuständigen Behörde zum Erlass einer Untersuchungsanordnung.
16Vgl. Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, BBG 2009 § 44 Rn. 82.
17Die Untersuchungsanordnung unterliegt, wie das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden hat, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmten formellen und inhaltlichen Anforderungen: Einer Untersuchungsanordnung müssen– erstens – tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen bzw. hinreichende Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten wecken (inhaltliche Anforderung). Der Dienstherr muss diese tatsächlichen Umstände auch in der Anordnung angeben, damit der Beamte die Auffassung des Dienstherrn nachvollziehen und die Tragfähigkeit der Gründe prüfen kann (formelle Anforderung), dazu nachfolgend a). Zweitens muss der Dienstherr dem Arzt Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung näher eingrenzend vorgeben, was entsprechende, dem Beamten eine Rechtmäßigkeitsprüfung ermöglichende Angaben in der Untersuchungsanordnung verlangt (inhaltliche und formelle Anforderung), dazu nachfolgend b). Namentlich wird es regelmäßig der Eingrenzung bedürfen, ob sich die Untersuchung nur auf den körperlich-physischen Zustand erstrecken oder sich auch mit etwaigen psychischen Beeinträchtigungen befassen soll und – wenn ja – ggf. mit welchen.
18Zum Ganzen zuletzt BVerwG, Beschluss vom 10. April 2014 – 2 B 80.13 –, juris, Rn. 8 bis 10, 13 und 21, m. w. N.
19Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch zu entnehmen, dass diese inhaltlichen und formellen Anforderungen nicht nur für die Fälle des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG bzw. landesrechtlicher Parallelvorschriften gelten, sondern auch für die Fälle der sog. „vermuteten Dienstunfähigkeit“ (§ 44 Abs. 1 Satz 2 BBG bzw. entsprechendes Landesrecht). Denn es hat in seinen einschlägigen Entscheidungen zu der Frage, ob die jeweils in Rede stehende Untersuchungsanordnung den erwähnten formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, wiederholt ausgeführt, dass Fehlzeiten zwar grundsätzlich Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten begründen könnten, dies aber schlüssig dargelegt werden müsse, da Fehlzeiten auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein könnten, die die Dienstfähigkeit eines Beamten tatsächlich nicht dauerhaft berühren.
20Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2014– 2 B 80/13 –, juris, Rn. 20, und Urteil vom 30. Mai 2013 – 2 C 68.11 –, juris, Rn. 27.
21Erforderlich ist insoweit mithin eine nähere Darlegung in Ausschöpfung des vorhandenen Materials, z. B. eine durch ärztliche Atteste unterlegte Beschreibung der Ursachen für die Fehlzeiten.
22Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, BBG 2009 § 44 Rn. 87; anders, aber nach dem Vorstehenden nicht überzeugend die unter Rn. 92 ohne weitere Begründung geäußerte Ansicht desselben Autors, wonach die in Rede stehenden inhaltlichen und formellen Anforderungen nicht für eine auf § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG gestützte Untersuchungsaufforderungen gelten sollen; ebenso OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2017 – 6 B 360/17 –, juris, Rn. 6, das aus der mangelnden Kenntnis des Dienstherrn, der die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten an die Fehlzeiten knüpfen will, von dem Krankheitsbild des Beamten darauf schließt, dass schon der schlichte Verweis auf die Dauer der Fehlzeiten dem Begründungserfordernis genüge.
23Keine abweichende Bewertung rechtfertigt (auch) die von der Antragsgegnerin insoweit ins Feld geführte Äußerung des Richters am Bundesverwaltungsgericht Dr. I. in dem Skript „Dienstunfähigkeit – aktuelle Fragen aus der Praxis“ vom 29. April 2016, nach der die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Anforderungen an die Begründung der Untersuchungsanordnung „naturgemäß nur für die Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstunfähigkeit nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG/§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG“ gelten sollen und nicht auch „in den Fällen des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG/§ 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG“. Denn der bislang vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich, wie dargelegt, explizit Gegenteiliges entnehmen.
24a) Den danach auch vorliegend geltenden Begründungsanforderungen genügt die Untersuchungsanordnung jedenfalls in formeller Hinsicht nicht, weil sie nicht in hinreichender Weise tragende tatsächliche Umstände benennt, die die Dienstunfähigkeit des Antragstellers als nahe liegend erscheinen lassen. In der Untersuchungsanordnung ist ausgeführt, die (seinerzeit) seit fast zehn Monaten andauernde Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers begründe die Besorgnis und lasse es als nachvollziehbar erscheinen, dass die volle Dienstfähigkeit des Antragstellers nicht gegeben sei. Nach der ärztlichen Bescheinigung vom 10. Oktober 2017 bestehe zwar prinzipiell die Möglichkeit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit; sie enthalte aber keine Aussage über den für die Wiederherstellung benötigten Zeitraum. Das verstärke die durch die lange Fehlzeit begründete Besorgnis.
25Das reicht nicht aus.
26In einem insoweit vergleichbaren Fall noch anders: OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2014– 1 B 1506/13 –, juris, Rn. 21.
27Zwar liegt hier mit Blick auf die beiden in den Akten greifbaren, keine Diagnose enthaltenden „Ärztlichen Berichte“ des Prof. Dr. med. T. vom 8. April 2017 und vom 10. Oktober 2017 die Vermutung nahe, dass die ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den gesamten Zeitraum der Erkrankung von ein- und demselben Arzt herrühren und ein einheitliches Krankheitsbild zur Grundlage haben, zumal da in dem älteren der beiden Berichte von einer „chronischen Erkrankung“ die Rede ist; sicher ist dies nach Aktenlage allerdings nicht. Aber auch dann, wenn diese Vermutung des Senats zutreffen und die Antragsgegnerin ihre Bewertung der Sache nach auf den entsprechenden Umstand gestützt haben sollte, wäre dem hier fraglichen formellen Erfordernis nicht genügt. Denn in der Untersuchungsanordnung ist nur von der langen Fehlzeit und dem unsicheren Zeitpunkt der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit die Rede. Die Behörde darf aber bei der formulierten Begründung nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, „worum es geht“.
28BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 – 2 C 68.11 –, juris, Rn. 20.
29Eine abweichende Bewertung rechtfertigt sich nicht aus der Behauptung in der Beschwerdeerwiderung, mit der auszugsweisen Wiedergabe des Inhalts der o. g. ärztlichen Bescheinigungen in der Untersuchungsanordnung sei, vergleiche man diese Inhalte miteinander, (sinngemäß) ausgeführt, „dass die Perspektive einer baldigen Wiederherstellung der Dienstfähigkeit offenbar nach der Beurteilung dieser Ärzte nicht mehr“ bestehe. Ausdrückliche, diese Schlussfolgerung ziehende Ausführungen enthält die Untersuchungsanordnung nicht.
30b) Jedenfalls aber genügen die Ausführungen in der Untersuchungsanordnung nicht dem weiteren Erfordernis, dem Arzt Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung näher eingrenzend vorzugeben. Die Anordnung enthält nämlich keine solche Vorgabe und stellt es damit in das Ermessen des mit der Untersuchung beauftragten Sozialmedizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, welche Untersuchungen im Einzelnen durch Ärzte welcher Fachrichtung durchgeführt werden sollen. Dass die Antragsgegnerin dem Sozialmedizinischen Dienst insoweit „freie Hand“ einräumen wollte, wird auch durch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 23. Oktober 2017 deutlich, mit welchem sie den Gutachtenauftrag erteilt hat. Denn dort heißt es u. a.:
31„Sofern Sie zusätzliche Fachuntersuchungen bzw. ein Fachgutachten für erforderlich halten, bitte ich das Weitere von dort zu veranlassen.“
32Damit sind nicht einmal psychiatrische Untersuchungen ausgeschlossen, denen indes eine besondere Eingriffsqualität zukommt. Schon vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen in der Beschwerdeerwiderung, man habe keine fachärztliche Untersuchung angeordnet, nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für den Vortrag, es stehe dem Antragsteller „frei, die Aufforderung, sich einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen, mit einem Widerspruch anzugreifen“. Die Antragsgegnerin hat gerade nicht vorgesehen, selbst eine solche (weitere) Aufforderung zu erlassen.
33Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass es der Antragsgegnerin bislang wohl an hinreichenden Erkenntnissen dazu fehlen dürfte, den Gegenstand der Untersuchung näher einzugrenzen und dabei ggf. auch Vorgaben zur Fachrichtung des begutachtenden Arztes zu machen. Der Mangel an solchen Erkenntnissen ergibt sich daraus, dass der Antragsteller – was sein gutes Recht ist – der Antragsgegnerin bislang nicht die Art seiner Erkrankung(en) mitgeteilt hat und dass auch den vorliegenden „Ärztlichen Berichten“ nur entnommen werden kann, dass der berichtende Arzt der kardiologischen Oberarzt-Ambulanz des Universitätsklinikums C. angehört und dort Leiter der Sektion Pneumologie ist. Der zuletzt genannte Umstand deutet zwar auf eine die Lunge und/oder das Herz betreffende Erkrankung hin; nicht ausgeschlossen ist aber auch, dass die „Krankschreibungen“ (auch) auf anderen, ggf. wechselnden Ursachen beruhen.
34Zwar trifft es – selbstverständlich – zu, dass entsprechend dem Rechtsgrundsatz „ultra posse nemo tenetur“ auch der Antragsgegnerin nichts ihr Unmögliches abverlangt werden darf. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, die Antragsgegnerin könne eine inhaltlich uneingeschränkte Untersuchung in Auftrag geben. Denn dies würde gegen die rechtsstaatliche, auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragende Forderung nach hinreichender Bestimmtheit hoheitlicher Eingriffsmaßnahmen verstoßen.
35Hinter diesem verfassungsrechtlichen Gebot muss der von der Antragsgegnerin hervorgehobene Zweck der einfachgesetzlichen Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG, das Zurruhesetzungsverfahren zu beschleunigen,
36zu den Zwecken dieser Norm vgl. etwa Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, BBG 2009 § 44 Rn. 42,
37zurückstehen. Abgesehen davon muss es bei der Bearbeitung entsprechender Fälle entgegen dem Vortrag in der Beschwerdeerwiderung durchaus nicht zu gravierenden, auf die Belastung der begutachtenden Stellen zurückzuführenden Verzögerungen kommen. So zeigt gerade der Fall des Antragstellers, dass die begutachtende Stelle zügig auf den Untersuchungsauftrag reagiert und die Untersuchung auf einen Zeitpunkt etwa einen Monat nach dem Ergehen der Untersuchungsanordnung terminiert hat.
38Auch in einer Situation, in der der Dienstherr nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG vorgehen will und noch keine (hinreichende) Kenntnis des den „Krankschreibungen“ zugrunde liegenden Krankheitsbildes hat, sind nach alledem nur solche Maßnahmen zulässig, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
39In Betracht zu ziehen sind insoweit zunächst Ermittlungsmaßnahmen, die eine spätere Untersuchungsanordnung vorbereiten und erst ermöglichen, dass diese den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrend erlassen werden kann. Danach bietet sich insoweit zunächst eine Aufforderung an den Beamten an, sich unter Vorlage aussagekräftiger ärztlicher Unterlagen bei einem Amtsarzt zu einem Gespräch vorzustellen, dass der Ermittlung des Krankheitsbildes dient und nicht auch schon zu konkreten körperbezogenen Eingriffen oder gar einer psychiatrischen Befundung führen darf.
40Vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Januar 2014 – 1 B 1506/13 –, juris, Rn. 23, vom 16. März 2015 – 6 B 150/15 –, juris, Rn. 9 bis 12, und vom 5. Oktober 2017 – 6 B 1042/17 –, juris, Rn. 4 bis 6; ebenso Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, BBG 2009 § 44 Rn. 82a.
41Zu denken sein mag ferner an eine (körperliche Untersuchungen ggf. schon einschließende) orientierende Erstuntersuchung im Sinne der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg
42– Beschluss vom 15. November 2017– OVG 4 S 26.17 –, juris, Rn. 13 –
43durch einen Amtsarzt bzw. Facharzt, wenn dem Dienstherrn aufgrund der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bereits die Fachrichtung bekannt sein sollte, der das Krankheitsbild insgesamt und nur zuzuordnen ist. In einem solchen Falle wird es aber ausdrücklicher eingrenzender Ausführungen zu Art und Umfang der Untersuchungen bedürfen. Sind diese dem Dienstherrn nicht möglich, so wird es mit der Ermittlungsmaßnahme eines Gesprächs im o. g. Sinne sein Bewenden haben müssen.
44Dass, wie die Antragsgegnerin geltend macht, die hier verfügte Untersuchungsanordnung dem Sinn und Zweck einer orientierenden Erstuntersuchung im vorstehenden Sinne entsprechen soll, erschließt sich angesichts des Fehlens jeglicher eingrenzender Vorgaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung nicht.
45c) Die aufgezeigten Mängel der Untersuchungsanordnung können nicht im weiteren behördlichen Verfahren – etwa gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG – geheilt werden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung kommt es bezogen auf die in Rede stehenden formellen und inhaltlichen Anforderungen mit Blick auf deren Schutzzweck und die stets gegebene Möglichkeit der Behörde, eine unzureichende Untersuchungsaufforderung durch eine hinreichende zu ersetzen, nur auf den Ausgangsbescheid an.
46Vgl. Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, BBG 2009 § 44 Rn. 95a, m. w. N. auch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
473. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin beabsichtigt ausweislich ihrer Beschwerdeerwiderung vom 11. Dezember 2017 weiterhin, den Antragsteller auf der Grundlage der Untersuchungsanordnung einer ärztlichen Untersuchung zuzuführen. Befolgt der Antragsteller dies, dann müsste er Eingriffe in sein Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht hinnehmen. Überdies würde er allein das Risiko der späteren gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung tragen. Hat der Beamte die Untersuchung verweigert, weil er die Anordnung als rechtswidrig angesehen hat, geht es bei der Würdigung aller Umstände nach dem Rechtsgedanken des § 444 ZPO regelmäßig zu seinen Lasten, wenn das Gericht nachträglich die Rechtmäßigkeit der Anordnung feststellt. Unterzieht sich der Beamte hingegen der angeordneten Untersuchung, so kann das Gutachten auch dann verwendet werden, wenn sich die Aufforderung als solche bei einer gerichtlichen Prüfung als nicht berechtigt erweisen sollte, da die Rechtswidrigkeit der Anordnung nach der Erstellung des Gutachtens ohne Bedeutung ist.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 – 2 C 17.10 – , juris, Rn. 18, OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2017 – 1 A 942/16 –, juris Rn. 68 f., OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 15. November 2017 – OVG 4 S 26.17 –, juris, Rn. 14, und Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2017, BBG 2009 § 44 Rn. 97b.
49Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
50Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach § 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.