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1. Mit der telefonischen Bekanntgabe der Beschlussformel durch das Gericht wird ein Beschluss nach § 123 VwGO existent, für das Gericht bindend und beschwerdefähig.
2. Aus Art. 19 Abs. 4 GG kann ausnahmsweise die Wirksamkeit lediglich mündlich gefasster und bekannt gegebener Eilentscheidungen folgen, wenn bereits der mit der schriftlichen Formulierung der Beschlussformel und deren Zustellung verbundene Zeitverlust die Gefahr mit sich bringt, dass effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet werden kann (hier: Flugabschiebung).
3. Eine Abschiebung auf dem Luftweg ist erst dann vollzogen, wenn der Ausländer die Transitzone des Zielflughafens verlassen hat und sich wieder im Hoheitsgebiet des Abschiebezielstaats befindet.
4. Eine Erledigungserklärung, die sich auf ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als Ganzes erstreckt, bezieht sich nicht als Minus auf das Beschwerdeverfahren.
Die Beschwerde wird verworfen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung für beide Instanzen auf 1.250 Euro festgesetzt.
Gründe:
2I. Die nach erfolglosen Asylanträgen ausreisepflichtigen Antragsteller, gegen die eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung ergangen war, sind am 5. Oktober 2016 im Rahmen eines Sammelfluges nach Serbien abgeschoben worden. Nachdem die Chartermaschine um 12.00 Uhr in Düsseldorf gestartet war (planmäßige Landung in Belgrad 16.15 Uhr), stellten die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten um 15.05 Uhr beim Verwaltungsgericht einen Abschiebungsschutzantrag. Ausweislich seines Aktenvermerks holte der Kammervorsitzende nach Vorberatung innerhalb der Kammer und in Anwesenheit der Kammermitglieder gegen 15.59 Uhr im Rahmen eines Telefongesprächs bei einem Mitarbeiter des Antragsgegners weitere Informationen ein. Nach Kontakt mit den Kammermitgliedern erklärte der Vorsitzende dem Mitarbeiter des Antragsgegners, er habe die Antragsteller mittels eines Telefonates mit der Bundespolizei mit der Maschine wieder nach Deutschland zurückzuführen. Eine Ausfertigung der schriftlichen Beschlussformel („Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die heute laufende Abschiebung abzubrechen und die Antragsteller mit dem Flugzeug wieder nach Deutschland zu transportieren“) ist dem Antragsgegner um 16.09 Uhr zugestellt worden und bei diesem um 16.19 Uhr eingegangen. Die Abschiebung ist jedoch nicht abgebrochen, sondern vollzogen worden. Der Beschluss mit zugehöriger Begründung und Rechtsmittelbelehrung ist dem Antragsgegner am 6. Oktober gegen 16.20 Uhr zugestellt worden.
3Am 6. Oktober 2016 hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen: Es sei keine Erledigung eingetreten, weil er ohne zeitliche Befristung zum Rücktransport der Antragsteller nach Deutschland verpflichtet worden sei. Der Beschluss sei inhaltlich falsch und er – der Antragsgegner – habe die Anordnung nicht umsetzen können, da die Abschiebung spätestens mit der Landung des Flugzeugs vollzogen sein dürfte. Außerdem könne er nach dem Start des Flugzeugs keinen Einfluss mehr auf die Abschiebung nehmen. Es komme hinzu, dass der offenbar zunächst nur mündlich gefasste und sodann telefonisch bekannt gegebene Beschluss noch unwirksam gewesen sei, da einstweilige Anordnungen der Schriftform bedürften. Im Zeitpunkt der Zustellung der schriftlichen Beschlussformel gegen 16.20 Uhr habe die Landung des Flugzeugs bereits stattgefunden. Auf einen entsprechenden Hinweis des Berichterstatters hat der Antragsgegner sich zunächst einer etwaigen Hauptsacheerledigungserklärung der Antragsteller angeschlossen. Nachdem diese daraufhin lediglich das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt hatten, hat der Antragsgegner seine Erklärung widerrufen.
4II.
5I. Die Beschwerde des Antragsgegners ist unzulässig, weil hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Der Antragsgegner wird durch den angegriffenen Beschluss, mit welchem das Verwaltungsgericht dem Abschiebungsschutzbegehren stattgegeben hatte, nur noch im Kostenpunkt und deshalb mit Blick auf § 158 Abs. 1 VwGO nicht mehr in rechtserheblicher Weise beschwert, nachdem sich das Abschiebungsschutzbegehren der Antragsteller durch deren Abschiebung am 5. Oktober 2016 erledigt hat. Auf die Kritik des Antragsgegners an der formellen und inhaltlichen Richtigkeit des Beschlusses kommt es danach im vorliegenden Fall nicht an.
6Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde wird entgegen der Annahme des Antragsgegners nicht durch den Umstand begründet, dass diesem neben dem Abbruch der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits begonnenen Abschiebung aufgegeben worden war, „…die Antragsteller mit dem Flugzeug wieder nach Deutschland zu transportieren.“ Der angeordnete Transport der Antragsteller nach Deutschland knüpfte an einen Abbruch der an jenem Tage durchgeführten Abschiebung an. Nachdem die Abschiebung nicht abgebrochen worden ist, fehlt es damit an der wesentlichen Voraussetzung für die ausgesprochene Verpflichtung zum Rücktransport.
7Ein Rechtsschutzbedürfnis lässt sich mit Blick auf die hier eingetretene Erledigung zwischen den Instanzen (1.) auch nicht aus der darauf bezogenen Rechtsprechung (2.) ableiten.
81. Die Hauptsache hat sich zwischen den Instanzen erledigt, nämlich nach Ergehen des angegriffenen Beschlusses und vor Einlegung der Beschwerde vom 6. Oktober 2016. Die erstinstanzliche Entscheidung ist ergangen am 5. Oktober 2016 um 15.59 Uhr (a) und die Erledigung ist am selben Tage jedenfalls erst nach 16.15 Uhr eingetreten (b).
9a) Das Verwaltungsgericht hat am 5. Oktober um 15.59 Uhr den mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss gefasst, der mit der telefonischen sinngemäßen Bekanntgabe des Entscheidungsausspruchs existent und bindend geworden ist. Dies gilt auch dann, wenn – wovon nach Lage der Akten auszugehen ist – der Beschluss um 15.59 Uhr zunächst nur mündlich gefasst, das Entscheidungsergebnis sodann telefonisch mitgeteilt und der Beschluss erst danach verschriftlicht worden ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Nach §§ 56 Abs. 1, 122, 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 329 ZPO sind Beschlüsse, die – wie hier die Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 VwGO – eine Frist in Lauf setzen, den Beteiligten zuzustellen und grundsätzlich auch schriftlich zu fassen. Es besteht in Rechtsprechung und Literatur aber Einvernehmen darüber, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Beschluss bereits mit der telefonischen Bekanntgabe der schriftlich gefassten und von den an der Entscheidung beteiligten Richtern unterschriebenen Beschlussformel existent, für das Gericht bindend und beschwerdefähig wird.
10Vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 1999 – XII ZB 18.99 –, juris Rn. 16, vom 28. November 1973 ‑ VIII ZB 23.73 -, juris Rn. 5 ff. und Urteil vom 27. Juni 1957 – III ZR 51.56 –, BGHZ 25, 60; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 25. Februar 1992 – 3 S 309/92 –, juris Rn. 1 und vom 9. März 1984 – 5 S 571/84 –, NVwZ 1984, 528; OVG Bremen, Beschlüsse vom 18. September 1991 - 1 B 53/91 –, juris Rn. 2 und vom 16. Februar 1987 – 2 B 3/87 –, NVwZ 1987, 518; Thüringer OVG, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 EO 6/97 –, juris Rn. 15.
11Treten diese Folgen ohne Zustellung der Beschlussformel ein, so setzen sie jedenfalls in der hier gegebenen und durch eine außergewöhnliche Eilbedürftigkeit gekennzeichneten Ausnahmekonstellation auch nicht zwingend voraus, dass die dementsprechend bekanntgegebene Beschlussformel bereits schriftlich gefasst worden ist. Vielmehr wird in derartigen Fallkonstellationen ein – wie hier – lediglich mündlich gefasster und bekanntgegebener Beschluss sogar in der Weise wirksam, dass der Antragsgegner dem Beschluss Folge zu leisten hat.
12A.A. zur Wirksamkeit mündlich bekanntgegebener Beschlüsse VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. März 1984 – 5 S 571/84 –, NVwZ 1984, 528.
13Dies folgt aus einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen Vorschriften des Verwaltungsprozessrechts über die Fassung und Bekanntgabe von Beschlüssen. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, die ausdrücklich regeln, wann ein Beschluss für die Beteiligten wirksam wird.
14Vgl. Grunsky, Anm. zu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. Juni 1974 – I 800/74 –, DVBl.1975, 382.
15Zwar regelt § 56 Abs. 1 VwGO, dass Entscheidungen zuzustellen und dementsprechend schriftlich zu fassen sind, wenn durch sie – wie hier die Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 VwGO – eine Frist in Lauf gesetzt wird. Dies hat gemäß § 57 Abs. 1 VwGO aber unmittelbar nur zur Folge, dass der Lauf der Beschwerdefrist erst mit der förmlichen Zustellung beginnt. Grundsätzlich spricht allerdings der Sinn und Zweck der Zustellungsvorschriften dafür, dass eine zuzustellende Entscheidung erst mit der Zustellung Wirksamkeit erlangt. Denn die formalisierte Bekanntgabe der Entscheidung verschafft Klarheit darüber, dass und zu welchem Zeitpunkt die Entscheidung wirksam geworden ist. Die Zustellung dient damit dem im Rechtsstaatsprinzip enthaltenen Gebot der Rechtssicherheit, dem auch bei der Bekanntgabe gerichtlicher Entscheidungen besondere Bedeutung zukommt.
16Vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO 4. Auflage 2014, § 56 Rn. 2 und 19.
17Prozessuale Vorschriften sind aber auch unter Berücksichtigung des ebenfalls Verfassungsrang besitzenden Gebotes effektiven Rechtsschutzes auszulegen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte öffentlicher Gewalt. Die in dieser Norm verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gewährleistet. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat.
18Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 1 BvR 1705/15 –, juris Rn. 8.
19Das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist auch bei der Bekanntgabe einstweiliger Anordnungen zu beachten. Der von Verfassungs wegen gebotene vorläufige Rechtsschutz darf im Einzelfall nicht leerlaufen, weil die wirksame Bekanntgabe einstweiliger Anordnungen von formalen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die im Einzelfall zu einem irreparablen Rechtsverlust führen könnten.
20Vgl. zu entsprechenden Erwägungen bei der Vollstreckung einstweiliger Anordnungen: BVerfG, Beschluss vom 9. August 1999 – 1 BvR 2245/98 –, juris Rn. 6. Vgl. auch Korber, Die vorläufige und formlose (vor allem telefonische) Mitteilung besonders eilbedürftiger verwaltungsgerichtlicher Beschlüsse nach §§ 80 V, 123 VwGO, NVwZ 1983, 85.
21Dies zugrunde gelegt kann das Gericht jedenfalls in besonderen Ausnahmesituationen – hinsichtlich deren Vorliegen es eine Einschätzungsprärogative hat – den Beteiligten eine einstweilige Anordnung verbindlich und wirksam telefonisch bekanntgeben, wobei das Gericht diese Rechtsfolge in Abgrenzung zur lediglich informatorischen Vorabmitteilung des Verfahrensausgangs klarzustellen hat. Diese Konstellationen sind dadurch gekennzeichnet, dass bereits der durch die Zustellung der Beschlussformel entstehende Zeitverlust die Gefahr mit sich bringt, dass effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet werden kann.
22Eine dementsprechende Konstellation lag hier – für den Antragsgegner erkennbar – zweifellos vor. Angesichts des Umstands, dass das Verwaltungsgericht um 15.59 Uhr beschlossen hatte, Abschiebungsschutz zu gewähren, die Landung des die Antragsteller transportierenden Flugzeugs planmäßig um 16.15 Uhr erfolgen sollte und der Antragsgegner umgehend Vorkehrungen zu treffen hatte, um dem Beschluss Folge leisten zu können, ging es buchstäblich um jede Sekunde. Das Gericht war deshalb nicht nur berechtigt, sondern zur Erfüllung seines Rechtsschutzauftrags sogar verpflichtet, das mit dem Antragsgegner geführte Telefongespräch zur Bekanntgabe des Beschlusses zu nutzen, dessen anschließende schriftliche Übermittlung – wie der weitere Verlauf gezeigt hat – noch einige Minuten in Anspruch genommen hat. Der Vorsitzende hat nach seinem Aktenvermerk vom 5. Oktober 2016 gegenüber dem Antragsgegner auch keinen Zweifel daran gelassen, dass dem Beschluss umgehend Folge zu leisten war.
23In einer derartigen Situation wäre es mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren, wenn der telefonischen Bekanntgabe der Beschlussformel lediglich der Wert einer Information über eine für das Gericht zwar bindende und unabänderliche, aber für die Beteiligten derzeit noch unverbindliche Entscheidung zukäme, die diese nicht zu befolgen brauchten. Wegen der überragenden Bedeutung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes ist es in der beschriebenen besonderen Ausnahmesituation auch zulässig, einen Beschluss durch die an der Entscheidung beteiligten Richter zunächst mündlich zu fassen, das Entscheidungsergebnis sodann telefonisch mitzuteilen und den Beschluss erst danach zu verschriftlichen.
24Im Interesse möglichst weitgehender Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit hat das Gericht in den genannten Fällen einer telefonischen Bekanntgabe des Entscheidungsausspruchs eines mündlich gefassten Beschlusses aber besondere Dokumentationspflichten: In einem Aktenvermerk sind die Gesprächsteilnehmer, der wesentliche Gesprächsinhalt und der Zeitpunkt der Mitteilung der Beschlussformel festzuhalten. Ferner ist die schriftliche Fassung und Zustellung der Beschlussformel umgehend nachzuholen. Diesen Pflichten hat das Verwaltungsgericht durch den Vermerk vom 5. Oktober 2016 und die um 16.09 Uhr bzw. 16.19 Uhr erfolgte Zustellung der um 15.59 Uhr mündlich bekanntgegebenen Beschlussformel an den Antragsgegner genügt. Es sei klargestellt, dass die Wirksamkeit eines unter entsprechenden Umständen telefonisch bekanntgegebenen Beschlusses unabhängig von der vorgenannten Dokumentation eintritt. Diese hat aber – als Ausgleich für eine noch fehlende förmliche Zustellung – eine Nachweisfunktion für den Zeitpunkt und Inhalt der telefonischen Mitteilung. Die im Einzelfall gegebene Möglichkeit einer wirksamen telefonischen Mitteilung enthebt das Gericht auch nicht der Verpflichtung, im Nachgang zu der telefonischen Mitteilung ggf. zunächst die Beschlussformel und nachfolgend den mit Gründen versehenen Beschluss unverzüglich zuzustellen, wie dies hier auch geschehen ist.
25b) War der Beschluss nach den vorstehenden Ausführungen am 5. Oktober um 15.59 Uhr ergangen, so ist das erledigende Ereignis, der Vollzug der Abschiebung, erst später eingetreten. Eine Abschiebung auf dem Luftwege ist erst dann abschließend vollzogen, wenn der Ausländer die Transitzone des Zielflughafens verlassen hat und sich wieder im Hoheitsgebiet des Abschiebezielstaats befindet. Insoweit ist es unerheblich, ob es sich um eine begleitete oder unbegleitete Abschiebung handelt, dieser Umstand kann allerdings im Einzelfall Bedeutung haben für die Frage, ob ein Abbruch der Abschiebung und ein Rücktransport nach Deutschland tatsächlich möglich ist. Mit Blick auf die für 16.15 Uhr terminierte Landung des Flugzeugs in Belgrad ist in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Abschiebung jedenfalls erst nach 16.15 Uhr vollzogen war.
26Im Hinblick auf die Regelung in § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG, wonach der Termin der Abschiebung dem Ausländer nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise nicht mehr bekanntgegeben werden darf, dürften Ausländerbehörden – wie anlässlich des vorliegenden Falles hervorzuheben ist – gehalten sein, bereits im Vorfeld einer Flugabschiebung sicherzustellen, dass einer ggf. erst während des Fluges getroffenen Abschiebungsschutzanordnung noch Folge geleistet werden kann.
272. Soweit überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde nach einer Hauptsacheerledigung zwischen den Instanzen trotz der Regelung in § 158 Abs. 1 VwGO bejaht wird,
28vgl. zum Überblick über den Meinungsstand OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. August 2016 – OVG 12 S 37.16, OVG 12 L 40.16 –, juris Rn. 2 m.w.N.; ablehnend Senatsbeschluss vom 6. März 2003 – 18 B 37/03 –, juris Rn. 3,
29betrifft dies Konstellationen, in denen die Beschwerde mit dem Ziel eingelegt wird, das Verfahren für erledigt zu erklären und dadurch eine günstigere Kostenentscheidung herbeizuführen,
30vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 6. Januar 2011 – 4 B 79/10 –, juris Rn. 13; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. April 2006 - 2 M 112/06 -, juris Rn. 4.
31Der Antragsgegner hat den Rechtsstreit nach Einlegung der Beschwerde im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats aber gerade nicht für erledigt erklärt, sondern eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung beantragt. Es kann auf sich beruhen, ob ein Rechtsschutzbedürfnis auch gegeben sein kann, wenn – wie hier – der durch die erstinstanzliche Entscheidung Begünstigte den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt und der Beschwerdeführer dann die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Beschwerdegegners an der Aufrechterhaltung der Entscheidung begehrt.
32Vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. Juni 2015 – 5 B 132/15 –, juris Rn. 5.
33In diese Richtung zielen die für das Aufhebungsbegehren dargelegten und nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für den Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründe des Antragsgegners nämlich nicht. Dieser meint vielmehr, der Beschluss sei aufzuheben, weil er Formfehler aufweise, inhaltlich zu Unrecht ergangen sei und die Abschiebung aus Zeitgründen nicht mehr habe abgebrochen werden können. Für die letztgenannte Behauptung fehlt es aber schon an der nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO gebotenen Darlegung, zumal der Antragsgegner nicht einmal vorgetragen hat, den Abbruch der Abschiebung versucht zu haben. Im Übrigen begründen die hier maßgeblichen Motive des Antragsgegners in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Erledigung der Hauptsache kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung.
343. Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass sich die Entscheidung über die Beschwerde nicht etwa erübrigte, weil der Rechtsstreit als ganzer oder das Beschwerdeverfahren aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen für in der Hauptsache erledigt erklärt worden wären oder deren Erledigung aufgrund einer einseitigen Erledigungserklärung festzustellen wäre.
35Zwar hat sich der Antragsgegner am 16. November 2016 zunächst vorab einer „Erledigungserklärung der Gegenseite in der Hauptsache“ angeschlossen und diese Erklärung des Antragsgegners bezog sich in der gebotenen Zusammenschau mit der Anregung des Berichterstatters vom 15. November 2016 auf eine Erledigungserklärung hinsichtlich des (gesamten) Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes. Die Antragsteller haben aber keine dahingehende Erledigungserklärung abgegeben, sondern lediglich „die Beschwerde…für erledigt“ erklärt.
36Zur grundsätzlichen Möglichkeit auf das Beschwerdeverfahren beschränkter Erledigungserklärungen vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. September 2006 – NC 9 S 90/06 -, juris Rn. 3 m.w.N.
37Damit fallen die Erledigungserklärungen auseinander. Sie decken sich auch nicht hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens, denn in der auf das gesamte Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bezogenen Erledigungserklärung des Antragsgegners ist als Minus nicht die Erklärung enthalten, (zumindest) das Beschwerdeverfahren habe sich erledigt.
38Eine Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich auch nicht etwa aufgrund der einseitigen Erledigungserklärung der Antragsteller als Rechtsmittelgegner bezüglich des Beschwerdeverfahrens. Diese Erklärung hat – ebenso wie eine einseitige Erledigungserklärung eines Beklagten oder Antragsgegners (hinsichtlich des Rechtsstreits als ganzen) – keine selbständige prozessuale Wirkung und ist lediglich als Hinweis auf ein erledigendes Ereignis zu werten.
39Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. Juni 2010 – 4 BN 62.09 -, juris Rn. 3 und vom 20. Oktober 2008 – 5 B 86.08 –, juris Rn. 7; OVG Bremen, Beschluss vom 6. Dezember 2002 – 1 A 363/02 –, juris Rn. 7.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
41Dieser Beschluss ist unanfechtbar.