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Die Einreichung von Fachgutachten im Rahmen eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 19 BImSchG ist grundsätzlich keine (Erst-)Veröffentlichung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG, § 12 Abs. 1 UrhG.
Bereits die Gewährung von Akteneinsicht in urheberrechtlich geschützte Antragsunterlagen eines Genehmigungsverfahrens kann einen Eingriff in das
(Erst-)Veröffentlichungsrecht aus § 12 Abs. 1 UrhG darstellen.
Soweit die Klägerinnen und der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Minden vom10. Februar 2016 ist insoweit wirkungslos.
Im Übrigen wird das angefochtene Teilurteil geändert.
Ziffer 1 des Bescheids des Beklagten vom27. März 2014 wird aufgehoben, soweit der Beklagte dem Beigeladenen den Zugang zu folgenden Gutachtenteilen eröffnet hat:
a) Seiten 14 bis 32 des Landschaftspflegerischen Begleitplans des Büros für Stadt- und Landschaftsplanung von Frau Dipl.-Ing. C. M. vom 5. November 2012,
b) Seiten 20 bis 52 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Brutvogel- sowie Groß- und Greifvogelbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Mai 2012,
c) Seiten 36 bis 38 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Januar 2013.
Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und der Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in entsprechender Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Am 13. Januar 2014 beantragte der Beigeladene beim Beklagten unter Hinweis auf § 2 UIG NRW den Zugang zu Umweltinformationen; der Informationsantrag bezog sich auf die „Antragsunterlagen zum baurechtlichen/immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren“ für drei im Einzelnen bezeichnete Windenergieanlagen, die der Beklagte genehmigt hatte.
3Die entsprechende immissionsschutzrechtliche Genehmigung hatte der Beklagte der Klägerin zu 1. am 9. August 2013 erteilt. Die Klägerin zu 1. war als Vorhabenträgerin Antragstellerin des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens.
4Mit Schreiben an den Beklagten vom 22. Januar 2014 stellte der Beigeladene klar, dass sich sein Informationsbegehren insbesondere auf zu den Antragsunterlagen gehörende faunistische Kartierungen wie die Erfassung von Vögeln und Fledermäusen sowie auf landschaftspflegerische Fachgutachten (zum Beispiel einen landschaftspflegerischen Begleitplan) richte.
5Unter dem 6. Februar 2014 unterrichtete der Beklagte die Klägerin zu 1., die Klägerin zu 2. sowie das Büro für Stadt- und Landschaftsplanung, Frau Dipl.-Ing. C. M. , von dem Informationsantrag des Beigeladenen. Die Klägerin zu 2. hatte für das betreffende Genehmigungsverfahren Gutachten zur „Erfassung und Bewertung des Brutvogel- sowie Groß- und Greifvogelbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ (im Folgenden: Vogelbestandsgutachten) und zur „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ (im Folgenden: Fledermausbestandsgutachten) erstellt. Das Büro von Frau Dipl.-Ing. M. hatte insofern einen Landschaftspflegerischen Begleitplan gefertigt. Der Beklagte bat um Mitteilung, ob der vom Beigeladenen beantragten Einsichtnahme zugestimmt werde.
6Am 8. Februar 2014 teilte Frau Dipl.-Ing. M. dem Beklagten mit, sie habe die von ihr erstellen Unterlagen an ihre Auftraggeberin - die Klägerinzu 1. - „verkauft“. Dementsprechend solle ihres Erachtens diese das letzte Wort in dieser Angelegenheit haben. Am 4. März 2014 machte Frau Dipl.-Ing. M. gegenüber dem Beklagten urheberrechtliche Schutzansprüche geltend. Sie bat darum, ihre Daten nicht zur Einsicht freizugeben.
7Unter dem 26. Februar 2014 beantragte die Klägerin zu 1. beim Beklagten, den Informationsantrag des Beigeladenen abzulehnen. Diesem stünden gemäß § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, entgegen. Die vom Antrag des Beigeladenen umfassten Fachgutachten seien urheberrechtlich geschützt.
8Die Klägerin zu 2. widersprach der Weitergabe der Inhalte ihrer Gutachten an den Beigeladenen mit Schreiben vom 21./24. März 2014 unter Verweis auf den Urheberrechtsschutz.
9Mit Bescheid vom 27. März 2014, den Klägerinnen zugestellt am 28. März 2014, eröffnete der Beklagte dem Beigeladenen den beantragten Umweltinformationszugang wie folgt:
10„1. Der Zugang zu den Umweltinformationen wird in Form von Einsichtnahme in die folgenden antragsgegenständlichen Gutachten eröffnet:
11a) Landschaftspflegerischer Begleitplan des Büro für Stadt- und Landschaftsplanung, Dipl.-Ing. C. M. vom 05.11.2012,
12b) Gutachten „Erfassung und Bewertung des Brutvogel- sowie Groß- und Greifvogelbestandes im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büro für Umweltplanung, T. + S. , in der Version aus Mai 2012,
13c) Gutachten „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestandes im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büro für Umweltplanung, T. + S. , in der Version aus Januar 2013
142. Das Anfertigen von Vervielfältigungen wird wie folgt nicht gestattet:
15a) zu Nr. 1 a): Seiten 14 bis 32,
16b) zu Nr. 1 b): Seiten 20 bis 52,
17d) zu Nr. 1 c): Seiten 36 bis 38.
183. Der Zugang zu den Umweltinformationen wird in meiner Dienststelle im Kreishaus in Detmold nach Bestandskraft dieses Bescheides gewährt.“
19Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus: Versagungsgründe aus § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG ergäben sich nur in dem aus dem Bescheidtenor ersichtlichen Umfang hinsichtlich einer Vervielfältigung der Antragsunterlagen. Diese genössen grundsätzlich Urheberrechtsschutz. Der Landschaftspflegerische Begleitplan setze sich mit den örtlichen Verhältnissen auseinander. Hier sei insbesondere die Eingriffsregelung - die Ermittlung des Eingriffs in den Naturhaushalt und in das Landschaftsbild - sowie die Minimierung und Kompensation als eine überdurchschnittliche individuelle Eigenart als Ergebnis einer eigenen geistigen Leistung zu betrachten. Dies gelte vor allem für die Kapitel 5 bis 9. Charakteristisch sei hierbei, dass die ermittelten Daten aus naturschutzfachlicher Sicht durchaus auch zu anderen Ergebnissen, Beurteilungen und Lösungen führen könnten. Entsprechendes treffe sowohl auf das Vogelbestandsgutachten insbesondere in den Kapiteln 8 und 9 (Prognose möglicher Auswirkungen und naturschutzfachliche Bewertung) als auch auf das Fledermausbestandsgutachten namentlich in den Kapiteln 7 und 8 (Prognose möglicher Konflikte und naturschutzfachliche Bewertung) zu. Urheberrechtsschutz könne sich aus dem Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht gemäß §§ 16, 17 UrhG ergeben. Es stelle sich dabei nicht die Frage einer möglichen Einsichtnahme in die Unterlagen, sondern es sei lediglich die Vervielfältigung und Verbreitung zu prüfen. Im Fall des Beigeladenen sei die Vervielfältigung entscheidend, weil er eine Verbreitung nicht beabsichtige. Eine Einschränkung der Versagungsgründe liege nicht vor. Die Betroffenen hätten nicht zugestimmt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an einem vollumfänglichen Informationszugang sei nicht gegeben. Der Beigeladene trete nicht als Repräsentant der Öffentlichkeit und des öffentlichen Interesses auf. Bei Windkraftanlagen handele es sich auch nicht um gefährliche Industrieanlagen oder vergleichbare Vorhaben, die ein öffentliches Interesse an den Antragsunterlagen rechtfertigen könnten. Antragsgemäß werde der beantragte Umweltinformationszugang durch Akteneinsicht gewährt.
20Die Klägerinnen haben am 28. April 2014 Klage erhoben.
21Zur Begründung haben sie im Wesentlichen vorgetragen: Die Klage sei zulässig. Insbesondere seien sie im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Das von § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG erfasste Urheberrecht sei ein drittschützendes subjektiv-öffentliches Recht. Die Klägerin zu 2. könne in ihrem Urheberrecht verletzt sein, weil sie Schöpferin der Gutachten unter Ziffer 1. b) und c) des Bescheids vom 27. März 2014 sei. Die Klägerin zu 1. sei Inhaberin des Veröffentlichungsrechts aus § 12 UrhG, weil sie alle Gutachten in Auftrag gegeben und dadurch das Recht erworben habe, sie im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu verwenden. Die Klägerin zu 2. habe der Klägerin zu 1. im Hinblick auf die von ihr erstellten Gutachten Nutzungsrechte gemäß §§ 29 Abs. 2, 31 Abs. 1 UrhG eingeräumt. Trotz Einräumung dieser Nutzungsrechte bestehe das Urheberrecht der Klägerin zu 2. an den von ihr erstellten Gutachten fort, weil das Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG als Teil des sog. Urheberpersönlichkeitsrechts gemäß § 29 Abs. 1 UrhG nur unter ganz bestimmten, vorliegend nicht gegebenen Umständen gänzlich übertragbar sei. Festzuhalten sei demnach, dass die Klägerinnen hinsichtlich der von der Klägerin zu 2. erstellten Gutachten das Veröffentlichungsrecht gemeinsam ausübten. Eine Verletzung des Veröffentlichungsrechts sei nicht von vornherein ausgeschlossen. Ein Werk sei nach § 6 Abs. 1 UrhG erst dann veröffentlicht, wenn es - anders als hier - mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagte hätte den Antrag des Beigeladenen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG, § 12 UrhG ablehnen müssen. Die streitgegenständlichen Fachgutachten seien urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Der urheberrechtliche Schutz beschränke sich nicht nur auf Vervielfältigungen. Eine Zustimmung zur Weitergabe der Gutachten liege nicht vor. Diese sei auch nicht konkludent durch Einreichung der Gutachten im Genehmigungsverfahren ausgesprochen worden. Für ein solches stillschweigendes Einverständnis seien weitergehende eindeutige Anhaltspunkte erforderlich. Diese fehlten. Der Beklagte habe das Genehmigungsverfahren, in dem die streitbefangenen Gutachten vorgelegt worden seien, als vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG durchgeführt. In einem vereinfachten Genehmigungsverfahren sei eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgesehen. Allein die Klägerin zu 1. habe als Genehmigungsantragstellerin nach § 19 Abs. 3 BImSchG die Möglichkeit gehabt, von sich aus die Durchführung eines förmlichen Verfahrens mit zwingender Öffentlichkeitsbeteiligung zu beantragen. Angesichts dessen hätten die Klägerinnen nicht damit rechnen müssen, dass die Gutachten vom Beklagten im Wege des Umweltinformationsgesetzes an Dritte weitergereicht würden. Ein Sonderfall des Überwiegens öffentlicher Belange sei nicht anzunehmen.
22Die Klägerinnen haben beantragt,
23den Bescheid des Beklagten vom 27. März 2014 (Az.: 4.0.1/De), mit dem dem Beigeladenen Zugang zu Umweltinformationen gemäß § 2 UIG NRW gewährt wird, aufzuheben; hinsichtlich der Klägerin zu 2. nur insoweit, als er sich auf von der Klägerin zu 2. verfasste Gutachten bezieht.
24Der Beklagte hat beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Er hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.
27Der Beigeladene hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Die Klage sei unzulässig. Den Klägerinnen fehle die Klagebefugnis. Eine Klagebefugnis aus dem Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG könne allenfalls einer Klägerin, nicht aber den Klägerinnen gemeinsam zustehen. Darüber hinaus sei vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerinnen mit dem Verweis auf § 12 UrhG durchdringen könnten. In der Preisgabe von Informationen im Rahmen eines Akteneinsichtsrechts sowie des Informationsrechts nach dem Informationsfreiheits- oder dem Umweltinformationsgesetz liege keine Veröffentlichung im Sinne des Urheberrechts. Auch andere Gesichtspunkte des Urheberrechts seien von der beabsichtigten Informationsweitergabe nicht betroffen. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsrechts - und damit auch des Umweltinformationsrechts - seien grundsätzlich restriktiv zu verstehen. Dies gelte auch für § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG. Ob die betroffenen Gutachten urheberrechtlich geschützt seien, sei ohne Einsichtnahme in die Gutachten nicht zu beurteilen. Aber auch ungeachtet dessen sei ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG zu verneinen. Eine Verletzung von § 12 UrhG sei nicht gegeben. Das Veröffentlichungsrecht werde durch eine Informationserteilung nach dem Umweltinformationsgesetz nicht betroffen. Außerdem scheide ein Rechtsverstoß aus, weil die Klägerinnen durch die Einreichung der Gutachten im Genehmigungsverfahren konkludent ihre Einwilligung zur Information der Öffentlichkeit erteilt hätten.
30Mit Teilurteil vom 10. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage gegen Ziffer 1 des Bescheids des Beklagten vom 27. März 2014 abgewiesen. Ziffer 1 verletze die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Der einzig in Betracht kommende Ablehnungsgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG stehe der Einsichtnahme durch den Beigeladenen nicht entgegen. Durch diese werde das Veröffentlichungsrecht aus § 12 Abs. 1 UrhG nicht verletzt. Die Gutachten seien bereits durch die Weitergabe an den Beklagten veröffentlicht worden. Mit der Einleitung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens hätten die Klägerinnen stillschweigend ihre Zustimmung zu einer Veröffentlichung erteilt.
31Durch Beschluss vom 17. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten aufgegeben, folgende Bestandteile der streitgegenständlichen Gutachten zu den Akten zu reichen:
32a) Seiten 1 bis 13 des Landschaftspflegerischen Begleitplans des Büros für Stadt- und Landschaftsplanung von Frau Dipl.-Ing. C. M. vom 5. November 2012,
33b) Seiten 1 bis 19 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Brutvogel- sowie Groß- und Greifvogelbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Mai 2012,
34c) Seiten 1 bis 35 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Januar 2013.
35Mit Schriftsatz vom 8. April 2016 hat der Beklagte die vorgenannten Unterlagen zu den Akten gereicht.
36Daraufhin hat das Verwaltungsgericht dem Beigeladenen mit Verfügung vom 25. April 2016 und den Klägerinnen unter dem 24. Mai 2016 Einsicht in diese Aktenteile gewährt.
37Durch Schlussurteil vom 24. August 2016 hat das Verwaltungsgericht das Klageverfahren im Hinblick auf die ursprünglich mitangefochtene Ziffer 2 des Bescheids des Beklagten vom 27. März 2014 eingestellt, nachdem die Klägerinnen die Klage insofern zurückgenommen hatten.
38Der Senat hat die Berufung der Klägerinnen gegen das Teilurteil des Verwaltungsgerichts vom 10. Februar 2016 mit Beschluss vom 10. August 2017 zugelassen.
39Mit Schriftsätzen vom 7. und vom 13. November 2017 haben der Beklagte und die Klägerinnen den Rechtsstreit hinsichtlich der zwischenzeitlich vom Beklagten vorgelegten Aktenbestandteile übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
40Zur Begründung ihrer im Hinblick auf die zurückgehaltenen Gutachtenteile noch anhängigen Berufung wiederholen und vertiefen die Klägerinnen im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und nehmen auf ihr Zulassungsvorbringen Bezug. Ergänzend tragen sie vor: § 15 Abs. 3 UrhG regele nicht, wann eine Veröffentlichung im Sinne von §§ 6 Abs. 1, 12 UrhG anzunehmen sei. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs der Öffentlichkeit sei § 15 Abs. 3 UrhG nicht zu entnehmen. Aus seiner systematischen Stellung folge, dass der dort genannte Öffentlichkeitsbegriff nur für Verwertungsrechte Anwendung finden könne. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Urheber ein großes Interesse daran habe, dass ihm das Erstveröffentlichungsrecht aus § 12 UrhG möglichst lange erhalten bleibe. Für den Schutzumfang dieses Urheberpersönlichkeitsrechts sei daher der Veröffentlichungsbegriff des § 6 UrhG zugrunde zu legen. Demnach sei zugunsten des Urhebers von einer Veröffentlichung erst dann auszugehen, wenn das Werk ohne Einschränkung grundsätzlich jedermann zugänglich gemacht worden sei. Damit sei die Herausgabe an die breite Öffentlichkeit gemeint. Dies bedeute, dass die Allgemeinheit und nicht nur einzelne interessierte Bürger Zugang zum Werk haben müssten. Des Weiteren würde die Annahme, jede Übergabe eines Werks an eine Behörde stelle wegen der gesetzlichen Informationszugangsansprüche eine Veröffentlichung dar, die ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände zum Urheberrechtsschutz im Umweltinformations- bzw. im Informationsfreiheitsgesetz leerlaufen lassen. Sähe man in jeder Weitergabe von Gutachten im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens an die Behörde eine konkludente Zustimmung zur Veröffentlichung aufgrund der allgemeinen Informationszugangsfreiheit, würde sich der Schutz des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG im Bereich des Veröffentlichungsrechts selbst aufheben. Hinzu komme, dass ohne hinreichend klare Willensbekundung nicht auf einen Verzicht des Berechtigten auf sein Erstveröffentlichungsrecht geschlossen werden könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Berechtigte zur Übermittlung des Werks rechtlich verpflichtet sei oder die Übermittlung - wie hier - erfolge, um Antragsunterlagen in einem Verwaltungsverfahren zu vervollständigen, um dieses zu fördern und zu beschleunigen. Unzutreffend sei auch, dass der Antragsteller in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren mit Gewissheit erwarten könne, es werde eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden. Aufgrund von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der 4. BImSchV in Verbindung mit Nr. 1.6.2 des Anhangs zur 4. BImSchV lasse sich eindeutig bestimmen, ob ein Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen im förmlichen Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder im vereinfachten Verfahren zu prüfen sei. Richtig sei zwar, dass ein vereinfachtes Verfahren zu einem förmlichen Verfahren werde, wenn im Rahmen der UVP-Vorprüfung festgestellt werde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Hieraus ergebe sich jedoch, dass ein Antragsteller im vereinfachten Verfahren jedenfalls so lange davon ausgehen dürfe, dass keine Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinde, bis die UVP-Vorprüfung verfahrensmäßig abgeschlossen sei. Dies sei aber regelmäßig bei der Einreichung der Antragsunterlagen bzw. Gutachten noch nicht der Fall, weil diese Unterlagen und Gutachten gerade Gegenstand der noch durchzuführenden UVP-Vorprüfung werden sollten. Ein Verlust von Einflussmöglichkeiten des Antragstellers könne im vereinfachten Genehmigungsverfahren demnach nur eintreten, wenn festgestellt werde, dass die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe und deshalb das förmliche Genehmigungsverfahren durchzuführen sei. Auch dann sei aber noch zu berücksichtigen, dass es der Antragsteller in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren jederzeit in der Hand habe, als „Herr des Verfahrens“ seinen Antrag zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren noch zurückzunehmen und dadurch eine Öffentlichkeitsbeteiligung zu verhindern.
41Die Klägerinnen beantragen nunmehr,
42das angefochtene Teilurteil zu ändern und Ziffer 1 des Bescheids des Beklagten vom 27. März 2014 aufzuheben, soweit der Beklagte dem Beigeladenen Zugang zu folgenden Gutachtenteilen eröffnet hat:
43a) Seiten 14 bis 32 des Landschaftspflegerischen Begleitplans des Büros für Stadt- und Landschaftsplanung von Frau Dipl.-Ing. C. M. vom 5. November 2012,
44b) Seiten 20 bis 52 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Brutvogel- sowie Groß- und Greifvogelbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Mai 2012,
45c) Seiten 36 bis 38 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Januar 2013.
46Der Beklagte stellt keinen Antrag.
47Der Beigeladene beantragt,
48die Berufung zurückzuweisen.
49Er verteidigt das angefochtene Teilurteil.
50Die Klägerinnen haben mit Schriftsätzen vom 22. September/13. November 2017, der Beklagte mit Schriftsätzen vom 26. September/7. November 2017 und der Beigeladene mit Schriftsätzen vom 20. September/9. November 2017 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
51Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
52E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
53I. Soweit die Klägerinnen und der Beklagte den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren aus Gründen der Klarstellung in entsprechender Anwendung der §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Da es für diese Rechtsfolge nur der Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten bedarf, ist unerheblich, dass nicht auch der Beigeladene den Rechtsstreit teilweise für in der Hauptsache erledigt erklärt hat.
54Vgl. insoweit etwa Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 161 Rn. 60 f., mit weiteren Nachweisen.
55Ebenfalls zur Klarstellung ist das angefochtene Teilurteil des Verwaltungsgerichts im Umfang der Erledigungserklärungen für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 ZPO).
56II. Im Übrigen entscheidet der Senat über die Berufung der Klägerinnen gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
57Die noch anhängige Berufung der Klägerinnen ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids des Beklagten vom 27. März 2014 zu Unrecht abgewiesen, soweit der Beklagte dem Beigeladenen Zugang zu folgenden Gutachtenteilen eröffnet hat:
58a) Seiten 14 bis 32 des Landschaftspflegerischen Begleitplans des Büros für Stadt- und Landschaftsplanung von Frau Dipl.-Ing. C. M. vom 5. November 2012,
59b) Seiten 20 bis 52 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Brutvogel- sowie Groß- und Greifvogelbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Mai 2012,
60c) Seiten 36 bis 38 des Gutachtens „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestands im Umfeld des geplanten Windparks L. “ des Büros für Umweltplanung, T. + S. , in der Version von Januar 2013.
61In diesem noch streitbefangenen Umfang ist die Klage zulässig (dazu 1.) und begründet (dazu 2.).
621. Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Klägerinnen gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die Klagebefugnis folgt aus § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG. Die Klägerinnen können geltend machen, durch die noch angegriffene Ziffer 1 des Bescheids des Beklagten vom 27. März 2014 in Urheberrechten verletzt zu sein.
63Gemäß § 2 Satz 3 UIG NRW richtet sich der - durch die Anspruchsgrundlage des § 2 Satz 1 UIG NRW grundsätzlich gewährleistete - freie Zugang zu Umweltinformationen in Nordrhein-Westfalen und die Verbreitung dieser Umweltinformationen nach den Vorschriften des Umweltinformationsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1643; - UIG -) mit Ausnahme von §§ 1, 2 Abs. 1 und 2, § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 6 Abs. 2 und 5 sowie der §§ 11 bis 14 UIG sowie nach den Vorschriften des Umweltinformationsgesetzes Nordrhein-Westfalen.
64Der demnach im Geltungsbereich des Umweltinformationsgesetzes Nordrhein-Westfalen anwendbare § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG sieht vor, dass der Informationsantrag abzulehnen ist, soweit Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
65Bei dem solchermaßen auch gegenüber Umweltinformationsansprüchen geschützten Urheberrecht handelt es sich prinzipiell um ein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO.
66Ebenso VG Darmstadt, Beschluss vom 26. Juni 2017 - 6 L 1478/17.DA -, juris Rn. 31; VG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2004 - 7 K 1422/03 -, juris Rn. 49 f. und 80.
67Denn das einfachgesetzlich nach Maßgabe von §§ 11 ff. UrhG ausgeformte Urheberrecht,
68vgl. zu § 6 Satz 1 IFG: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 24. Mai 2016 - 15 A 2051/14 -, juris Rn. 47,
69wurzelt im Eigentumsgrundrecht des 14 Abs. 1 GG.
70Vgl. zuletzt BVerfG, Urteil vom 31. Mai 2016 - 1 BvR 1585/13 -, juris Rn. 69; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 42,
71jeweils mit weiteren Nachweisen.
72Im Weiteren kann das subjektiv-öffentliche Recht aus § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls in Gestalt des (Erst-)Veröffentlichungsrechts nach § 12 Abs. 1 UrhG sowohl der Klägerin zu 1. - hinsichtlich aller berufungsgegenständlichen Gutachten als deren Auftraggeberin - als auch der Klägerin zu 2. - im Hinblick auf das von ihr im Auftrag der Klägerin zu 1. erstellte Vogelbestandsgutachten und Fledermausbestandsgutachten - zustehen.
73Dass es sich bei diesen Unterlagen um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Satz 3 UIG NRW, § 2 Abs. 3 UIG handelt, ist - dies sei vorweggeschickt - unzweifelhaft und bedarf zur Begründung keiner weitergehenden Ausführungen.
74Vgl. zum - grundsätzlich weit auszulegenden - Begriff der Umweltinformation: BVerwG, Urteile vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, juris Rn. 11 ff., und vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2016 - 15 A 2350/14 -; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand März 2010, § 2 Rn. 31 und 43.
75Urheber ist gemäß § 7 UrhG der Schöpfer des Werks (sog. Schöpferprinzip). Deshalb sind die Auftraggeber eines Werks oder - wenn das Werk im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses geschaffen wurde - der Arbeitgeber des Schöpfers in der Regel keine Urheber.
76Vgl. insofern BGH, Urteil vom 19. Oktober 1994 - I ZR 156/92 -, juris Rn. 41; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Mai 2000 - 20 U 4/99 -, juris Rn. 47; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 7 Rn. 4 und 8; siehe mit Blick auf § 6 Satz 1 IFG: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 40.
77Allerdings ist es - auch wenn etwa das (Erst-)Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts im Kern unübertragbar ist (vgl. § 29 Abs. 1 UrhG) - aufgrund von § 29 Abs. 2 UrhG zulässig, Dritten Nutzungsrechte (§ 31 UrhG) einzuräumen. Haben die Parteien eines Vertrags nicht ausdrücklich geregelt, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist. Nach dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Übertragungszweckgedanken räumt ein Nutzungsberechtigter im Zweifel nur in dem Umfang Nutzungsrechte ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert.
78Vgl. zu § 6 Satz 1 IFG: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 39 f., unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 209/07 -, juris Rn. 11.
79Bei gegen Entgelt erstellten (Sachverständigen-)Gutachten ist dabei in der Regel davon auszugehen, dass die Nutzungsrechte an diesen Gutachten ganz oder teilweise vom Gutachtenersteller auf den Auftraggeber übertragen werden.
80Vgl. zum Informationsfreiheitsrecht VG Köln, Urteil vom 22. November 2012 - 13 K 5281/11 -, juris Rn. 45; VG Berlin, Urteil vom 21. Oktober 2010 - 2 K 89.09 -, juris Rn. 38 f.; VG Frankfurt a. M., Urteil vom 12. März 2008 - 7 E 5426/06 -, juris Rn. 56; letztlich auch VG Darmstadt, Beschluss vom 26. Juni 2017 - 6 L 1478/17.DA -, juris Rn. 31, wobei die Gutachter in dem dort entschiedenen Fall erklärt hatten, dass die Daten bzw. Gutachten im eingeschränkten Eigentum der Urheber verbleiben sollten; zur isolierten Übertragbarkeit des (Erst-)Veröffentlichungs-rechts aus § 12 UrhG siehe auch Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 29 Rn. 19; Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 12 UrhG Rn. 2.
81Ausgehend davon können sich beide Klägerinnen gegenüber dem Informationsantrag des Beigeladenen auf § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG unter dem Aspekt des (Erst-)Veröffentlichungsrechts aus § 12 Abs. 1 UrhG berufen.
82Die Nutzungsrechte an dem Landschaftspflegerischen Begleitplan hat dessen Erstellerin, Frau Dipl.-Ing. M. , auf die Klägerin zu 1. übertragen. Frau Dipl.-Ing. M. hat am 8. Februar 2014 gegenüber dem Beklagten erklärt, sie habe die von ihr gefertigten Genehmigungsunterlagen an ihre Auftraggeberin - die Klägerin zu 1. - „verkauft“, so dass diese in der Angelegenheit von deren Weitergabe an Dritte das letzte Wort haben solle. Diese Erklärung ist dahingehend zu verstehen, dass eine umfassende Nutzungsrechteübertragung vereinbart worden ist, die das (Erst-)Veröffentlichungsrecht einschließt.
83Im Übrigen stehen, was das Vogelbestands- und das Fledermausbestandsgutachten anbelangt, die diesbezüglichen Nutzungsrechte (einschließlich des Erstveröffentlichungsrechts) den Klägerinnen nach deren unwidersprochenem und auch sonst nicht in Zweifel zu ziehendem Vortrag gemeinsam zu. Demnach hat die Klägerin zu 2. der Klägerin zu 1. im Hinblick auf die beiden von ihr erstellten Gutachten Nutzungsrechte gemäß §§ 29 Abs. 2, 31 Abs. 1 UrhG eingeräumt. Trotz Einräumung dieser Nutzungsrechte - so die von denselben Prozessbevollmächtigten vertretenen Klägerinnen übereinstimmend - bestehe parallel das Urheberrecht der Klägerin zu 2. an beiden von ihr erstellten Gutachten fort, weil das Veröffentlichungsrecht als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts gemäß § 29 Abs. 1 UrhG vorliegend nicht ganz übertragen worden sei.
84Weitere Urheberrechtsverstöße kommen nicht in Betracht. Ziffer 2 des Bescheids vom 27. März 2014 gestattet eine Vervielfältigung der streitigen Gutachtenteile nicht. Ziffer 2 ist gegenüber den Klägerinnen, die die Klage gegen sie zurückgenommen haben, und auch gegenüber dem Beigeladenen, der gegen sie nicht vorgegangen ist, bestandskräftig. Eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts aus § 16 UrhG scheidet damit aus. Da der Beigeladene die streitbefangenen Gutachtenpassagen nicht vervielfältigen darf, kommt auch ein Verstoß gegen das Verbreitungsrecht des § 17 UrhG offensichtlich nicht in Frage.
85Die sich weiterhin stellenden Fragen, ob die streitigen Gutachtenteile überhaupt urheberrechtlich geschützt sind und - bejahendenfalls - ob ihre Zugänglichmachung gegen § 12 Abs. 1 UrhG verstößt, reichen über den Prüfungsrahmen des § 42 Abs. 2 VwGO hinaus. Sie sind erst in der Begründetheit zu beantworten.
862. Die Klage, soweit sie noch anhängig ist, ist auch begründet.
87In Bezug auf die streitigen Gutachtenteile, die dem Beigeladenen noch nicht zugänglich gemacht worden sind, steht seinem Informationsantrag der Urheberrechtsschutz der § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG in Verbindung mit dem (Erst-)Veröffentlichungsrecht der Klägerinnen aus § 12 Abs. 1 UrhG entgegen (dazu a und b). Die Klägerinnen haben der Informationserteilung an den Beigeladenen auch weder zugestimmt noch überwiegt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a. E. UIG das öffentliche Interesse an dem Informationszugang (dazu c).
88a) Die noch in Rede stehenden Gutachteile unterfallen dem Urheberrechtsschutz der § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG. Sie sind urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG.
89Gemäß § 2 Abs. 2 UrhG sind Werke im Sinne dieses Gesetzes nur persönliche geistige Schöpfungen. Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG insbesondere Sprachwerke wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme. Zu den geschützten Werken zählen darüber hinaus auch Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG).
90Unter den Begriff des urheberrechtlich geschützten Werks fallen vom Menschen entwickelte Gedankenäußerungen, die von seiner Persönlichkeit geprägt sind und individuelle Züge aufweisen.
91Vgl. aus umweltinformationsfreiheitsrechtlicher Sicht Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand März 2010,§ 9 Rn. 17.
92Eine persönliche geistige Schöpfung kann einerseits in der Gedankenformung und -führung liegen, andererseits aber auch in der Form und Art der Sammlung, der Einteilung und Anordnung des Dargebotenen.
93Vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1981 - I ZR 95/79 -, juris Rn. 22; KG, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 24 U 28/11 -, juris Rn. 4.
94Die allgemeinen Antragsunterlagen eines behördlichen Genehmigungsverfahrens wie Anwaltsschriftsätze, behördliche Prüfungsvermerke und Ähnliches sind danach regelmäßig nicht urheberrechtlich geschützt. Etwas anderes gilt indes für(Sachverständigen-)Gutachten, Architektenpläne und sonstige genehmigungsrelevante Ausarbeitungen, die eine überdurchschnittliche individuelle Eigenart als Ergebnis einer eigenen geistigen Leistung aufweisen. Derartige Antragsunterlagen können Urheberrechtsschutz genießen.
95Vgl. Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Loseblatt, Stand März 2010,§ 9 Rn. 17; siehe zu diesem Themenkreis außerdem OVG Rh.-Pf., Urteil vom 28. September 2016 - 8 A 10342/16 -, juris Rn. 46; OVG LSA, Beschluss vom 29. Juli 2016 - 2 M 14/16 -, juris Rn. 45; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25. November 2008 - 10 S 2702/06 -, juris Rn. 30; VG Dresden, Urteil vom 21. April 2016 - 3 K 1371/12 -, juris Rn. 75 ff.; VG Aachen, Urteil vom 28. November 2012 - 8 K 2366/10 -, juris Rn. 58 ff.; VG Berlin, Urteile vom 11. Dezember 2011 - 2 K 91.11 -, juris Rn. 25, und vom 21. Oktober 2010 - 2 K 89.09 -, juris Rn. 36; VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 -, juris Rn. 21; KG, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 24 U 28/11 -, juris Rn. 5 ff.
96Gemessen an diesen Maßstäben sind die noch streitgegenständlichen Gutachtenteile urheberrechtlich geschützt. Sie sind als persönliche geistige Schöpfungen im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG zu qualifizieren, die aufgrund ihrer überdurchschnittlichen individuellen Eigenart eine eigene geistige Leistung enthalten.
97Die vom Beklagten bereits übersandten Passagen des Landschaftspflegerischen Begleitplans enthalten auch dessen Inhaltsverzeichnis. Daraus ist zu ersehen, welchen Inhalt die Seiten 14 bis 32 des Landschaftspflegerischen Begleitplans haben. Sie umfassen eine Landschaftsbildanalyse (Kapitel 5), Ausführungen zur Erholungseignung (Kapitel 6) sowie Darlegungen zur Eingriffsminimierung (Kapitel 7), zur notwendigen Kompensation (Kapitel 9) und zur monetären Kompensation (Kapitel 10). Wie auch schon der Beklagte in der Begründung seines Bescheids vom 27. März 2014 zutreffend ausgeführt hat, haben diese Kapitel des Landschaftspflegerischen Begleitplans naturschutzfachliche Bewertungen mit prognostischen Elementen zum Inhalt, die qualitativ über eine bloße Datensammlung oder Ähnliches deutlich hinausgehen. Der Landespflegerische Begleitplanung bildet daher insoweit eine eigene geistige Leistung des Gutachtenerstellers ab, die nach den dargestellten Maßstäben urheberrechtlichen Schutz genießt.
98Entsprechendes gilt für die Seiten 20 bis 52 des Vogelbestandsgutachtens und die Seiten 36 bis 38 des Fledermausbestandsgutachtens.
99Aufgrund der Unterlagenübersendung durch den Beklagten liegen auch die Inhaltsverzeichnisse dieser Gutachten vor.
100Danach beinhalten die Seiten 20 bis 52 des Vogelbestandsgutachtens eine Darstellung der Flächen- bzw. Raumnutzung (Kapitel 7), eine Prognose möglicher Auswirkungen des Vorhabens auf verschiedene, im Einzelnen aufgeführte Vogelarten (Kapitel 8) sowie eine naturschutzfachliche Bewertung (Kapitel 9). Auch auf diese Gutachtenteile trifft zu, dass sie eigene tatsächlich-prognostische Einschätzungen des Gutachters dokumentieren, in die naturschutzfachliche Ermittlungen und Bewertungen eingeflossen sind. Damit weist das Vogelbestandsgutachten seinerseits alle Merkmale eines urheberrechtlich geschützten Werks im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG auf.
101Dasselbe ist von den Seiten 36 bis 38 des Fledermausbestandsgutachtens zu sagen. Ausweislich des Inhaltsverzeichnisses dieses Gutachtens findet sich hier eine Prognose möglicher Konflikte (Kapitel 7) und eine naturschutzfachliche Bewertung (Kapitel 8), so dass das Fledermausbestandsgutachten aus denselben Gründen wie das Vogelbestandsgutachtens als urheberrechtlich geschützt einzuordnen ist.
102b) Die Gewährung des Informationszugangs für den Beigeladenen durch den Beklagten im Hinblick auf die Seiten 14 bis 32 des Landschaftspflegerischen Begleitplans, die Seiten 20 bis 52 des Vogelbestandsgutachtens und die Seiten 36 bis 38 des Fledermausbestandsgutachtens verstößt zum Nachteil der Klägerinnen gegen § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 UrhG. In der Offenlegung dieser Informationen gegenüber dem Beigeladenen durch den Beklagten im Wege der Akteneinsicht läge deren - ohne Zustimmung der Klägerinnen erfolgte - (Erst-)Veröffentlichung im Sinne von § 12 Abs. 1 UrhG.
103Gemäß § 12 Abs. 1 UrhG hat der Urheber das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. Dem Urheber ist es vorbehalten, den Inhalt seines Werks öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben, solange weder das Werk noch der wesentliche Inhalt oder eine Beschreibung des Werks mit seiner Zustimmung veröffentlicht ist (§ 12 Abs. 2 UrhG).
104Der für § 12 UrhG relevante Begriff des Veröffentlichens wird in § 6 Abs. 1 UrhG bestimmt.
105Vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2014 - I ZR 35/13 -, juris Rn. 57; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 12 Rn. 4; Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 12 UrhG Rn. 7.
106§ 6 Abs. 1 UrhG legt fest, dass ein Werk veröffentlicht ist, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Erschienen ist ein Werk, wenn mit Zustimmung des Berechtigten Vervielfältigungsstücke des Werks nach ihrer Herstellung in genügender Anzahl der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind (§ 6 Abs. 2 Satz 1 UrhG).
107Unter Öffentlichkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 UrhG ist ein nicht von vornherein bestimmt abgegrenzter Personenkreis möglicher Rezipienten des Werks zu verstehen, mit dem keine persönliche Verbundenheit des Urhebers oder Nutzungsberechtigten besteht und dem das Werk sinnlich wahrnehmbar gemacht wird.
108Vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - I ZR 139/15 -, juris Rn. 29, Urteile vom 19. März 2014 - I ZR 35/13 -, juris Rn. 23, und vom 22. Januar 2009 - I ZR 19/07 -, juris Rn. 28 und 34; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 32; Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 6 UrhG Rn. 6 und 10, Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 6 Rn. 7; Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 12 UrhG Rn. 7, wobei die beiden letztgenannten in Abgrenzung zu § 15 Abs. 3 UrhG in Bezug auf § 6 Abs. 1 UrhG aus teleologischen Gründen einen engeren Öffentlichkeitsbegriff vertreten.
109Die Zugänglichmachung eines Werks im Verständnis des § 6 Abs. 1 UrhG ist ein einmaliger, irreversibler Akt. Dieser ist dann vollzogen, wenn die Öffentlichkeit die tatsächliche Möglichkeit erhalten hat, den Inhalt des Werks gleich auf welche Weise durch die Sinne wahrzunehmen.
110Vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 6 Rn. 8.
111Die Zugänglichmachung muss mit Zustimmung des Berechtigten erfolgen. Die Zustimmung kann auch formlos erteilt werden oder sich aus den Umständen ergeben.
112Vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 6 Rn. 9; Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 12 UrhG Rn. 11.
113Dies zugrunde gelegt, sind die Klägerinnen nach wie vor Inhaber des (Erst‑)Veröffentlichungsrechts aus § 12 Abs. 1 UrhG. Sie haben dieses Recht nicht mit der Einreichung der im Streit stehenden Gutachteile als Antragsunterlagen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen gemäß § 10 Abs. 1 BImSchG, §§ 2 ff. der 9. BImSchV beim Beklagten verloren. Die Vorlage dieser Genehmigungsunterlagen beim Beklagten in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 Abs. 1 und 2 BImSchG stellte keine (Erst-)Veröffentlichung nach § 12 Abs. 1 UrhG dar.
114Ein immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsantrag richtet sich jedenfalls in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 Abs. 1 und 2 BImSchG nicht an die Öffentlichkeit als unbestimmten, nicht von vornherein abgrenzbaren Personenkreis. Er ist nur an die Genehmigungsbehörde und deren Bedienstete adressiert, die für die Prüfung dieses Genehmigungsantrags zuständig sind. Mit der Antragstellung willigt der Genehmigungsantragsteller nur darin ein, dass die Genehmigungsbehörde und ihre Mitarbeiter von dem Genehmigungsantrag und den mit diesem eingereichten Antragsunterlagen Kenntnis erlangen, um das Genehmigungsverfahren durchführen und die Voraussetzungen des Genehmigungsanspruchs untersuchen zu können. Die Zustimmung, dass mit der Antragstellung zugleich der Öffentlichkeit - also potentiell jedermann - der Zugang zu dem Genehmigungsantrag und zu den Antragsunterlagen eröffnet werden soll, wird mit dem Genehmigungsantrag als solchem weder ausdrücklich noch konkludent erteilt.
115Vgl. zu alledem VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 -, juris Rn. 24; Lenski, NordÖR 2006, 89, 94; Ramsauer, AnwBl. 2013, 410, 415; Wegener, Gutachten „Zum Verhältnis des Rechts auf freien Informationszugang zum Urheberrecht“, Mai 2010, S. 21 f. Rn. 42; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 45; Jastrow/Stratmann, IFG, 2006, § 6 Rn. 23; anderer Ansicht: Wiebe/Ahnefeld, CReport 2015, 127, 130; Raue, JZ 2013, 280, 285, der allerdings eine Ausnahme für die Fälle annimmt, in denen der Urheber verpflichtet ist, ein Werk bei einer Behörde zu Prüfzwecken einzureichen; Schnabel, R & W Online 2011, 626, 631.
116Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn eine Antragsunterlage bereits anderweitig mit dem Willen des Urhebers oder Nutzungsberechtigten veröffentlicht wurde oder sich aus dem Verhältnis zwischen der Behörde und dem Urheber oder Nutzungsberechtigten eindeutig ergibt, dass einer Veröffentlichung der Antragsunterlage durch die Behörde außerhalb des Genehmigungsverfahrens- ausdrücklich oder konkludent - zugestimmt wurde.
117Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 -, juris Rn. 24; Lenski, NordÖR 2006, 89, 94; Wegener, Gutachten „Zum Verhältnis des Rechts auf freien Informationszugang zum Urheberrecht“, Mai 2010, S. 22 Rn. 42.
118Ob die Frage der (Erst-)Veröffentlichung gemäß §§ 12 Abs. 1, 6 Abs. 1 UrhG abweichend zu beurteilen ist, wenn es sich bei dem betreffenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in dem die Antragsunterlagen vorgelegt wurden, um ein förmliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 3 BImSchG handelt, kann vorliegend dahinstehen.
119Vgl. in diesem Zusammenhang zur Funktion der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG etwa BVerwG, Beschluss vom 14. September 2010 - 7 B 15.10 -, juris Rn. 22; siehe zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Bauleitplanverfahren nach § 3 BauGB: BVerwG, Urteile vom 11. September 2014 - 4 CN 3.14 -, juris Rn. 12, vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 -, juris Rn. 19, vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 -, juris Rn. 34, und vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 2.87 -, juris Rn. 21; für eine Spezialität von §§ 3 ff. BauGB im Verhältnis zum Umweltinformationsgesetz während des Bauleitplanverfahrens: Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 3 Rn. 2.
120Jedenfalls haben die Klägerinnen im zu entscheidenden Fall ihr (Erst‑)Veröffentlichungsrecht aus § 12 Abs. 1 UrhG nicht verloren, als sie die streitgegenständlichen Gutachtenteile dem Beklagten vorlegten, um ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen durchzuführen. Sie haben die Antragsunterlagen damit weder ausdrücklich noch konkludent veröffentlicht und einer Veröffentlichung durch den Beklagten auch nicht ausdrücklich oder konkludent zugestimmt. Die Klägerinnen mussten im konkreten Genehmigungsverfahren nicht von vornherein mit einer Öffentlichkeitsbeteiligung rechnen. Sie durchliefen ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ohne obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 19 BImSchG (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der 4. BImSchV, Nr. 1.6.2 des Anhangs zur 4. BImSchV). Ein förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung haben sie auch nicht nach § 19 Abs. 3 BImSchG beantragt.
121Infolgedessen greift die Gewährung eines Informationszugangs zu den streitigen Antragsunterlagen durch den Beklagten nach wie vor in das (Erst‑)Veröffentlichungsrecht der Klägerinnen aus § 12 Abs. 1 UrhG ein. Urheberrechtlich geschützt ist gerade der Inhalt der Gutachten, nicht nur deren Form. Der Beigeladene würde von diesen inhaltlichen Informationen - anders als der Beklagte, dem diese als rechtsgebundene Genehmigungsbehörde nach den obigen Ausführungen eingeschränkt und zweckgebunden überlassen wurden - auch im Wege der Akteneinsicht als Teil der Öffentlichkeit Kenntnis erlangen. Mit der Informationseröffnung an den Beigeladenen durch Akteneinsicht wäre zugleich der Informationszugang eines nicht von vornherein abgegrenzten Personenkreises hergestellt, weil der Beklagte aufgrund von § 2 Satz 1 UIG NRW jedem potentiell Interessierten Einsicht in die in Rede stehenden Gutachtenteile gewähren würde bzw. müsste.
122Vgl. dazu VG Dresden, Urteil vom 21. April 2016 - 3 K 1371/12 -, juris Rn. 80; VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 -, juris Rn. 25; Ramsauer, AnwBl. 2013, 410, 415; Lenski, NordÖR 2006, 89, 94; Wegener, Gutachten „Zum Verhältnis des Rechts auf freien Informationszugang zum Urheberrecht“, Mai 2010, S. 22 Rn. 43; anders VG Aachen, Urteil vom 28. November 2012 - 8 K 2366/10 -, juris Rn. 74; VG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2011 -, juris Rn. 27 f.; VG Frankfurt a. M., Urteil vom 23. Januar 2008 - 7 E 3280/06 -, juris Rn. 103; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 46, denen zufolge die Gewährung von Akteneinsicht an einen Einzelnen noch keine Veröffentlichung darstellt; offen letztlich BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 37 und 43.
123Der Eingriff in das (Erst-)Veröffentlichungsrecht des § 12 Abs. 1 UrhG ist nicht urheberrechtlich gerechtfertigt.
124Der von den Klägerinnen mit ihrem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag beim Beklagten eingereichte Landschaftspflegerische Begleitplan, das Vogelbestandsgutachten und das Fledermausbestandsgutachten sind nicht nach § 5 UrhG gemeinfrei und deswegen vom Urheberrechtsschutz ausgenommen. Keinen urheberrechtlichen Schutz genießen gemäß § 5 Abs. 1 UrhG nur Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfasste Leitsätze. Das Gleiche gilt nach § 5 Abs. 2 UrhG lediglich für andere amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, was vorliegend nicht der Fall ist.
125Vgl. zum restriktiven Verständnis des § 5 UrhG etwa BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 -, juris Rn. 31; BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - I ZR 185/03 -, juris Rn. 12 ff.; Ramsauer, AnwBl. 2013, 410, 414; Wegener, Gutachten „Zum Verhältnis des Rechts auf freien Informationszugang zum Urheberrecht“, Mai 2010, S. 35 ff. Rn. 83 ff.
126§ 45 Abs. 1 UrhG kann nicht als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden.
127Nach dieser Bestimmung ist es zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen oder herstellen zu lassen.
128Sie greift im zugrunde liegenden Fall zum einen schon deswegen nicht ein, weil der Urheberrechtsverstoß in einer Verletzung des (Erst-)Veröffentlichungsrechts nach § 12 Abs. 1 UrhG zu sehen ist und nicht in einer - durch die bestandskräftige Ziffer 2 des Bescheids des Beklagten vom 27. März 2014 ohnehin nicht gestattete - Anfertigung von Vervielfältigungsstücken. Zum anderen geht es dem Beigeladenen aber auch nicht um den in § 45 Abs. 1 UrhG beschriebenen Verwendungszweck. Um eine durch § 45 Abs. 1 UrhG privilegierte Nutzung handelt es sich nicht, wenn für ein Verfahren angefertigte Werke - wie hier - außerhalb eines Verfahrens genutzt werden sollen.
129Vgl. insoweit BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08 -, juris Rn. 52; Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 45 Rn. 6; siehe insoweit außerdem VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 -, juris Rn. 26; Wegener, Gutachten „Zum Verhältnis des Rechts auf freien Informationszugang zum Urheberrecht“, Mai 2010, S. 29 Rn. 62.
130Schließlich ergibt sich eine Rechtfertigung nicht aus § 53 Abs. 1 und 2 UrhG.
131Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind einzelne Vervielfältigungen eines Werks durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, zulässig, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt (§ 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG). Zulässig ist es etwa, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und sie keinen gewerblichen Zwecken dient (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UrhG) oder zum sonstigen eigenen Gebrauch, wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werks oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 a) UrhG) oder wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 a) UrhG).
132Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie gesagt, steht vorliegend zum einen eine Werkvervielfältigung nicht in Rede. Zum anderen ist § 53 Abs. 1 und 2 UrhG nicht einschlägig, weil ein durch ihn eingeräumtes Vervielfältigungsrecht nur dann bestehen kann, wenn der Urheber oder Nutzungsberechtigte das betreffende Werk entweder schon veröffentlicht hat oder aber der Behörde die Befugnis zur Veröffentlichung erteilt. Die Norm setzt eine Veröffentlichung bzw. die Befugnis der Behörde dazu voraus. Sie kann nicht über ein - wie hier - noch entgegenstehendes (Erst-)Veröffentlichungsrecht hinweghelfen.
133Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 -, juris Rn. 26; Lenski, NordÖR 2006, 89, 95; Wegener, Gutachten „Zum Verhältnis des Rechts auf freien Informationszugang zum Urheberrecht“, Mai 2010, S. 28 Rn. 60.
134c) Die Klägerinnen haben der Informationserteilung an den Beigeladenen auch weder zugestimmt noch überwiegt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a. E. UIG das öffentliche Interesse an dem Informationszugang.
135Das öffentliche Interesse an dem Informationszugang überwiegt nur, wenn mit dem Antrag ein Interesse verfolgt wird, das über das allgemeine Interesse hinausgeht, das bereits jeden Antrag rechtfertigt. Es genügt nicht das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit, Zugang zu Informationen über die Umwelt zu erhalten. Andernfalls überwöge das öffentliche Interesse stets; die Abwägung im Einzelfall wäre entbehrlich.
136Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, juris Rn. 62.
137Vielmehr müssen die privaten Geheimhaltungsinteressen im Einzelnen mit den öffentlichen Informationsinteressen abgewogen werden. Nur soweit sich bei der Einzelabwägung ergibt, dass die öffentlichen Informationsinteressen ein größeres Gewicht als die privaten Geheimhaltungsinteressen haben, kann jenen Interessen der Vorzug gegeben werden.
138Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2008 - 20 F 2.07 -, juris Rn. 26.
139An diesen Maßstäben gemessen überwiegt das öffentliche Interesse am Informationszugang nicht. Der Beigeladene hat keine erheblichen, die Geheimhaltungsinteressen der Klägerinnen überwiegenden öffentlichen Interessen benannt, die für die Gewährung eines Informationszugangs an ihn sprechen. Auch ansonsten ist nicht ersichtlich, dass er den Informationszugang als Repräsentant der Öffentlichkeit begehrt und ein überwiegendes öffentliches Interesse für den Informationszugang streitet. Das in Rede stehende Vorhaben der Klägerinnen - die Errichtung und der Betrieb dreier Windenergieanlagen - ist auch nicht von einem derart erheblichen öffentlichen Interesse, dass der Informationszugang aus vorhabenbezogenen Gründen angezeigt ist.
140Die Kostenentscheidung folgt - da sich eine Kostenverteilung in diesem Verfahren bereits abschließend ersehen lässt - aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht der Billigkeit, den Beigeladenen an den Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu beteiligen, weil er in beiden Instanzen einen Sachantrag gestellt und sich damit dem sich aus § 154 Abs. 3 VwGO ergebenden Kostenrisiko ausgesetzt hat. Der übereinstimmend für erledigt erklärte Teil des Rechtsstreits erfordert keine abweichende Kostenentscheidung im Rahmen von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, weil nach Lage der Dinge auch insoweit kein Informationsanspruch des Beigeladenen bestand.
141Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, Nr. 11, 711 ZPO.
142Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung besteht im Hinblick auf Inhalt und Reichweite des Urheberrechtschutzes gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 UrhG für in immissionsschutzrechtlichen oder vergleichbaren Genehmigungsverfahren eingereichte (Sachverständigen-)Gutachten.