Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Das Votum des Berichterstatters einer Beschlussabteilung des Bundeskartellamts unterliegt auch nach Ergehen der Entscheidung der Beschlussabteilung dem Vertraulichkeitsschutz des § 3 Nr. 3 b) IFG, wenn die Herausgabe des Votums geeignet ist, die notwendige Vertraulichkeit der Beratungen der Beschlussabteilung zu beeinträchtigen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm Einsicht in den internen Beratungsvermerk des Berichterstatters der Beschlussabteilung zur Vorbereitung der Entscheidung über das Zusammenschlussvorhaben der Beigeladenen zu gewähren. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Am 31. Januar 2012 wandte sich der Kläger mit einem Auskunftsersuchen an das Bundeskartellamt. Dieses betraf die geplante Kontrollübernahme der Beigeladenen zu 2. - der Herausgeberin einer regionalen Tageszeitung - durch die Beigeladene zu 1., die ebenfalls eine regionale Tageszeitung verlegt. Unter Berufung auf § 1 IFG beantragte der Kläger
3a) Einsicht in den internen Beratungsvermerk zur Vorbereitung der Entscheidung
4b) Einsicht in die Antragsunterlagen, soweit sie Informationen dazu enthalten, ob, ggf. in welcher Form und für welchen Zeitpunkt eine Kontrollübernahme stattfinden soll.
5Die 6. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts hatte das Fusionsvorhaben der Beigeladenen am 30. September 2011 in der sog. ersten Phase innerhalb der Monatsfrist freigegeben. Dies gab das Bundeskartellamt in einem auf seiner Internetseite veröffentlichten Fallbericht bekannt. Dort führte es aus, die Beigeladene zu 1. plane den Erwerb der alleinigen Kontrolle über die Beigeladene zu 2. in zwei Schritten. Das Zusammenschlussvorhaben erfülle nicht die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB. Insbesondere lasse der geplante Zusammenschluss keine Verstärkung der in einigen räumlichen Märkten bestehenden marktbeherrschenden Stellungen der Verlage erwarten.
6Mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 teilte die Beigeladene zu 1. dem Bundeskartellamt mit, dass der angemeldete Erwerb eines Geschäftsanteils von 24,9 % wie angemeldet vollzogen worden sei.
7Mit Bescheid vom 10. Mai 2012 gab das Bundeskartellamt dem Informationsantrag des Klägers zu b) insoweit statt, als dadurch keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen betroffen würden. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die schriftlichen Entscheidungsvoten des Berichterstatters einer Beschlussabteilung zur Vorbereitung der Entscheidung seien gemäß § 3 Nr. 3 b) IFG geschützt. Sie seien Teil des Beratungsprozesses im engeren Sinn. Die Beschlussabteilungen entschieden justizähnlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzenden. Der Berichterstatter bereite für die Abstimmung sein Votum weisungsfrei in Form eines Vermerks vor, über den anschließend im Gremium beraten werde. Eine offene, unabhängige und unbefangene Abfassung des Votums und Beratung hierüber wäre bei einer später drohenden Veröffentlichung bzw. der damit einhergehenden drohenden öffentlichen Diskussion erheblich erschwert. Insofern würde durch das Bekanntwerden des Votums - auch nach Abschluss der konkreten Beratung - die notwendige Vertraulichkeit der Beratung beeinträchtigt. Darüber hinaus sei der Anspruch auf Einsicht in den internen Beratungsvermerk gemäß § 3 Nr. 1 d) IFG ausgeschlossen, weil das Bekanntwerden der betreffenden Information nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben des Bundeskartellamts als Wettbewerbsbehörde haben könne. Ein Anspruch auf Informationszugang zu den mit dem Antrag zu b) begehrten Antragsunterlagen bestehe gemäß § 6 Satz 2 IFG insofern nicht, als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen seien und die Beigeladenen nicht eingewilligt hätten. Die Beschlussabteilung gewähre daher Einsicht in die von den Beigeladenen geschwärzten Antragsunterlagen. Die geschwärzten Passagen enthielten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
8Das Bundeskartellamt übersandte dem Kläger eine teilweise geschwärzte Abschrift der Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens der Beigeladenen vom 31. August 2011.
9Der Kläger erhob am 23. Mai 2012 Widerspruch, soweit sein Informationsantrag mit Bescheid vom 10. Mai 2012 abgelehnt worden war. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: § 3 Nr. 3 b) IFG schütze nicht Beratungsgegenstände. Der interne Beratungsvermerk, der mit dem Votum des Berichterstatters identisch sei, sei ein Beratungsgegenstand. Der Umstand, dass die Beschlussabteilungen als Kollegium entschieden, trage die Ablehnung des Informationszugangs nicht. Andernfalls wäre jede Verwaltungsvorlage für ein Gremium dem informationsfreiheitsrechtlichen Zugriff entzogen. Derartige formelle Schranken seien dem Informationsfreiheitsgesetz bei systematischer Betrachtung nicht zu entnehmen. Darüber hinaus sei das Verfahren der Beschlussabteilungen nicht justizförmig. Deren Mitglieder genössen - anders etwa als die Mitglieder des Bundesrechnungshofs - keine richterliche Unabhängigkeit. Auch agierten sie mit einem größeren Maß an Öffentlichkeit. Das Bundeskartellamt habe zudem nicht konkret dargelegt, dass die Beratung durch eine nachträgliche Zugänglichmachung des internen Beratungsvermerks beeinträchtigt werde. § 3 Nr. 1 d) IFG sei nicht einschlägig. Die herausverlangten Modalitäten der Kontrollübernahme seien nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gemäß § 6 Satz 2 IFG geheimhaltungsbedürftig. Nachdem der Zusammenschluss der Beigeladenen als solcher genehmigt und die Genehmigung veröffentlicht worden sei, bestehe an der Geheimhaltung der Restinformation kein berechtigtes Interesse. Mithin liege kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vor.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2013, dem Kläger zugestellt am 16. Juli 2013, wies das Bundeskartellamt den Widerspruch zurück.
11Der Kläger hat am 15. August 2013 Klage erhoben.
12Zur Begründung hat er unter Wiederholung und Vertiefung seines Widerspruchsvorbringens im Wesentlichen vorgetragen: Das Votum des Berichterstatters der Beschlussabteilung sei ein von § 3 Nr. 3 b) IFG nicht geschützter Beratungsgegenstand. Es betreffe nicht den Beratungsprozess. Es sei eine Beschlussvorlage, bei der davon auszugehen sei, dass sie einem Sachbericht im gerichtlichen Verfahren vergleichbar sei. Im Übrigen könne der Informationszugang nicht für jede Verwaltungsvorlage für die Beratung und Entscheidung eines Gremiums gesperrt sein. § 3 Nr. 3 b) IFG sei keine Bereichsausnahme für kollegiale Entscheidungen. Er sei restriktiv auszulegen. Die Beschlussabteilungen seien auch nicht justizförmig. Sie genössen keine richterliche Unabhängigkeit. Ferner agierten sie mit einem erheblichen Maß an Öffentlichkeit. Überdies sei der Schutz der besonderen öffentlichen Belange nach § 3 Nr. 3 IFG inhaltlich und zeitlich beschränkt. Dass die nachträgliche Zugänglichmachung des internen Beratungsvermerks die Vertraulichkeit der Beratung prognostisch beeinträchtige, habe die Beklagte nicht dargelegt. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 1 d) IFG greife nicht ein. Im Hinblick auf die streitgegenständlichen Modalitäten der Kontrollübernahme lägen die Voraussetzungen des § 6 Satz 2 IFG nicht vor. Es gebe kein berechtigtes Interesse der Beigeladenen an der Geheimhaltung der begehrten Informationen.
13Der Kläger hat beantragt,
14die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundeskartellamts vom 10. Mai 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2013 zu verpflichten, ihm Einsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz in den internen Beratungsvermerk zur Vorbereitung der Entscheidung sowie Einsicht in die Antragsunterlagen, soweit sie Informationen dazu enthalten, ob, ggf. in welcher Form und für welchen Zeitpunkt eine Kontrollübernahme stattfinden soll, d. h. die Offenlegung der geschwärzten Passagen unter I., Blatt 1 bis 5 der Anmeldung des Zusammenschlusses vom 31. August 2011, zu gewähren,
15sowie
16die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung hat sie ergänzend vorgetragen: Das Begehren auf Einsicht in das Votum des Berichterstatters der Beschlussabteilung sei gemäß § 3 Nr. 3 b) IFG abzulehnen. Diese Voten seien integraler und wesentlicher Teil des Beratungsprozesses der Beschlussabteilung. Sie enthielten neben Informationen zum Sachverhalt insbesondere rechtliche und ökonomische Bewertungen bzw. Bewertungsalternativen sowie Handlungsvorschläge. Sie seien vom restlichen Beratungsprozess nicht abtrennbar und auch kein bloßer Beratungsgegenstand. Dies werde besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtige, dass der Berichterstatter seine Ausführungen und Vorschläge anstatt in der Form eines schriftlichen Votums inhaltsgleich auch mündlich einbringen könnte. Eine Veröffentlichung der Voten würde den Beratungsprozess erheblich beeinträchtigen. Der für die Beurteilung der an der schwierigen Schnittstelle von Recht und Ökonomie liegenden kartellrechtlichen Fälle besonders wichtige offene, unbefangene und sachliche Meinungsaustausch wäre akut gefährdet, wenn immer damit gerechnet werden müsse, dass (ggf. auch nur vorläufige) Positionen einzelner Mitglieder des entscheidenden Kollegialorgans später für die öffentliche Diskussion über die Entscheidung benutzt würden. Im Übrigen sei der beantragte Informationszugang gemäß § 6 Satz 2 IFG abzulehnen. Die näheren Modalitäten der Kontrollübernahme stellten ein Geschäftsgeheimnis der Beigeladenen dar.
20Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
21Die Beigeladene zu 1. hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Des Weiteren hat sie vorgetragen, die weiteren Erwerbspläne der Beigeladenen sowie ein etwaiger Kontrollerwerb an der Beigeladenen zu 2. stellten unternehmensbezogene Informationen dar, die Gegenstand interner Unternehmensentscheidungen und nur einem sehr begrenzten Personenkreis bekannt und zugänglich seien. An deren Geheimhaltung bestehe schon allein aus marktstrategischen Gründen ein nach außen erkennbarer Geheimhaltungswille. Eine Offenlegung gerade dieser Modalitäten hätte spürbare Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation der Beigeladenen zu 1. Durch die Offenlegung seien Rückschlüsse auf die Betriebsführung, auf die Wirtschafts- und Marktstrategie sowie andere betriebsinterne Umstände möglich, auf die sich die Wettbewerber einstellen könnten.
22Mit Urteil vom 28. Januar 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Informationszugang betreffend das Votum des Berichterstatters der Beschlussabteilung stehe § 3 Nr. 3 b) IFG entgegen. Insoweit gehe es um den Beratungsprozess im engeren Sinn. Das Votum sei essentieller Bestandteil der Beratungen. Es beginne mit einem Sachbericht, gefolgt von einer Beweiswürdigung und dem eigentlichen Entscheidungsvorschlag. Aus seinen Teilen, auch soweit sie feststehende Tatsachen oder eine Darstellung von ggf. streitigen Rechtsfragen und dem dazu vorhandenen Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur beträfen, lasse sich ablesen, welchen Ausgangspunkt die Beratung und spätere Entscheidung der Beschlussabteilung genommen habe. Darüber hinaus enthalte das Votum rechtliche und tatsächliche Einschätzungen und Prognosen. Damit bilde das Votum den Vorgang der behördlichen Willensbildung und Abwägung ab. Es lasse in allen seinen Teilen gesicherte Rückschlüsse auf die Meinungsbildung zu. Eine offene, unabhängige und unbefangene Abfassung des Votums und Beratung wäre bei einer später drohenden Veröffentlichung bzw. der damit einhergehenden drohenden öffentlichen Diskussion erheblich erschwert. Insofern würde durch das Bekanntwerden des Votums auch nach Abschluss der konkreten Beratung die notwendige Vertraulichkeit der Beratung beeinträchtigt. Im vorliegenden Fall sei die vollständige Übernahme der Beigeladenen zu 2. durch die Beigeladene zu 1. zudem noch nicht abgeschlossen. Soweit der Kläger im streitgegenständlichen Umfang Einsicht in die Antragsunterlagen begehre, stehe dem Begehren § 6 Satz 2 IFG - der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - entgegen. Beim Zeitpunkt der Übernahme handele es sich um eine taktisch-marktstrategische Entscheidung, bei der neben den Auswirkungen auf den Zeitungs- und Anzeigemarkt und die darin agierenden Mitbewerber auch die Auswirkungen auf die Beschäftigten im übernehmenden wie im übernommenen Unternehmen in den Blick zu nehmen seien. Nichts anderes gelte hinsichtlich der genaueren Modalitäten der Übernahme, insbesondere ihrer gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung. Im Übrigen sei die Information über das „Ob“ und die Form der Übernahme bereits bekannt bzw. allgemein zugänglich, so dass dem Informationsbegehren insoweit auch § 9 Abs. 3 IFG entgegenstehe.
23Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.
24Zu deren Begründung wiederholt und vertieft der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Der Ausschlussgrund des § 3Nr. 3 b) IFG greife nicht ein. Aufgrund des Kollegialprinzips komme der Beschlussabteilung keine Justizähnlichkeit zu. Diese zeige auch der Vergleich mit den Vergabekammern, die nach § 157 Abs. 1 GWB ausdrücklich unabhängig seien. Demgegenüber habe der Vorsitzende der Beschlussabteilung ein Weisungsrecht. Das Votum des Berichterstatters sei kein essentieller Teil der Beratungen. Es sei eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich. Die Form der Erstattung des Votums sei unerheblich, zumal ein Votum in komplexen Fällen ohnehin nicht mündlich erstattet werde. Ggf. komme eine ausgesonderte Zurverfügungstellung der Sachinformationen in Betracht, da der Sachbericht von vornherein nicht Bestandteil der Beratung im engeren Sinn sein könne. Das Votum sei nur Entscheidungsgrundlage, nicht Beratungsgegenstand. Es trage nur Quellen und Tatsachen zusammen, die als Entscheidungsgrundlage dienten. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Berichterstatter als einer von drei erfahrenen Mitgliedern des Kollegiums lediglich einen Impuls, d. h. einen Anstoß zum Nachdenken formuliere. Vielmehr gehe es um einen fachlich dezidiert begründeten Entscheidungsvorschlag. Dass ein Votum eine Prognose auf der Basis von § 36 Abs. 1 GWB beinhalte, mache es noch nicht zu einem Bestandteil des Beratungsprozesses im engeren Sinn. Das Votum diene namentlich dazu, den übrigen Kollegiumsmitgliedern die Detailarbeit abzunehmen und dies typischerweise in einer Form, die den Begründungsweg nachvollziehbar mache. Deshalb bedeute die Aufnahme sowohl von rechtfertigenden Überlegungen als auch von Tatsachen nicht, dass der mit dem streitbefangenen Informationsbegehren beanspruchte Text zum Bestandteil des eigentlichen Beratungsprozesses werde. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass keine Beeinträchtigung der notwendigen Vertraulichkeit zu befürchten sei. Es bestehe kein Anlass, dies für spätere Verfahren zu befürchten. Die Mitglieder der Beschlussabteilungen handelten allein im öffentlichen Interesse. Sie seien nicht auf besondere Kompromissbereitschaft angewiesen. Das Votum lasse keine gesicherten Rückschlüsse auf die Meinungsbildung in der Beschlussabteilung zu. Aus dem Verhältnis des Beratungsgegenstands zum Beratungsergebnis könne in gewissen Grenzen immer auf den Beratungsverlauf geschlossen werden. Die Einzelheiten der in der Beratung vertretenen Meinungen ließen sich hieraus aber nicht erschließen. Das Selbstbewusstsein der Mitglieder der Beschlussabteilung sei nicht so gering ausgeprägt, dass bei einem Informationszugang eine Flucht ins Mündliche oder ins Nichtgesagte folgen würde. Die Kollegiumsmitglieder müssten eine etwaige spätere Veröffentlichung hinnehmen. Auf die Frage eines zeitlich nachlaufenden Schutzes komme es nicht an, weil das Zusammenschlussverfahren der Beigeladenen abgeschlossen sei. Jedenfalls sei ein teilweiser Informationszugang zu gewähren. Dies sei im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG zulässig. Im Übrigen könne dem Informationsbegehren nicht der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des § 6 Satz 2 IFG entgegengehalten werden. Die Geheimhaltungsbedürftigkeit liege insoweit nicht auf der Hand. Es gebe kein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltungsbedürftigkeit. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger als Journalistenorganisation und insoweit als Vertreter Drittbetroffener ein berechtigtes Interesse an der Auskunft habe. Auch sei der maßgebliche Zeitraum des zweiten Schritts der Übernahme mit einem Prognosehorizont von drei bis fünf Jahren zwischenzeitlich abgelaufen. Ein potentieller Wettbewerb würde laut dem Fallbericht auch nicht entfallen. Durch den zweiten Schritt der Übernahme könne kein negativer Einfluss auf den Wettbewerb entstehen. Auch sei die gesellschaftsrechtliche Gestaltung aufgrund verschiedener gesellschaftsrechtlicher Veröffentlichungspflichten, namentlich des Handelsregisters, öffentlich zugänglich zu machen.
25Der Kläger beantragt sinngemäß,
26das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundeskartellamts vom 10. Mai 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2013 zu verpflichten, ihm nach dem Informationsfreiheitsgesetz
27- Zugang zum internen Beratungsvermerk zur Vorbereitung der Entscheidung der 6. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes über das Fusionsvorhaben der Beigeladenen vom 30. September 2011 sowie
28- Einsicht in die Antragsunterlagen, soweit sie Informationen dazu enthalten, ob und gegebenenfalls in welcher Form und für welchen Zeitpunkt eine Kontrollübernahme stattfinden soll, d. h. die Offenlegung der geschwärzten Passagen unter I., Blatt 1 bis 5 der Anmeldung des Zusammenschlusses vom 31. August 2011
29zu gewähren, und
30die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
31Die Beklagte beantragt,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Sie trägt ergänzend vor: Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 b) IFG lägen hinsichtlich des Votum des Berichterstatters der Beschlussabteilung vor. Dieses sei essentieller Bestandteil des Beratungsprozesses in engeren Sinn. Der Berichterstatter erstelle das Votum und verantworte es. Es sei keine bloße Vorlage, über die die anderen beiden Mitglieder der Beschlussabteilung entschieden, sondern erster Impuls der nachfolgenden gemeinsamen Diskussion über die wettbewerbliche Beurteilung eines Zusammenschlussvorhabens. Daher könnte das Votum auch mündlich erstattet werden. Regelmäßig enthielten Voten eine Darstellung von Sachverhaltselementen wie Angaben zu den Zusammenschlussbeteiligten, Umsatzzahlen und Informationen zu den betroffenen Wirtschaftsbereichen sowie eine rechtliche Würdigung. Alle diese Teile enthielten durchweg eine subjektive Auswahl der nach Ansicht des Berichterstatters maßgeblichen Aspekte. Im vorliegenden Fall handele es sich um ein Votum im Rahmen der Prüfung gemäߧ 36 Abs. 1 GWB. Eine solche Prüfung erfordere eine Prognose der künftigen Entwicklung der Wettbewerbsverhältnisse. Überlegungen des Berichterstatters hierzu seien von den sie rechtfertigenden Tatsachen im Votum nicht strikt getrennt. Der Prognose über tatsächliche Entwicklungen sei stets ein gewisses Element der Unsicherheit eigen, das gewertet werden müsse. Das Votum sei daher in seiner Gesamtheit stets eine fundierte Meinungsäußerung des Berichterstatters im Prozess der Besprechung, Beratschlagung und Abwägung eines Zusammenschlussvorhabens. Das Votum lasse gesicherte Rückschlüsse auf die Meinungsbildung der Beschlussabteilung zu. Die Vertraulichkeit des Votums sei gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GWB in Verbindung mit der Geschäftsordnung des Bundeskartellamts notwendig. Das Kollegialorgan der Beschlussabteilung solle die gemeinsame und alleinige Verantwortung für die Entscheidung des Bundeskartellamts tragen. Eine individualisierte Offenlegung der Meinung eines einzelnen Mitglieds widerspräche dem Sinn und Zweck von § 51 Abs. 2 Satz 1 GWB. Besonders im Fall der Ergebnis- und/oder Begründungsdivergenz würde ein Keil in die gemeinsame Verantwortung des Kollegialorgans getrieben. Die Meinung des Berichterstatters könnte dann öffentlich gegen die Entscheidungsgründe der Beschlussabteilung in dem betreffenden Fusionskontrollverfahrens in Ansatz gebracht werden. Ebenso müsste sich die Beschlussabteilung bei jeder neuen Fusionsanmeldung auf eine Auslegung der öffentlich gewordenen Meinungen einzelner ihrer Mitglieder einlassen. Sowohl das Gleichgewicht der Stimmen als auch die Unabhängigkeit der Stimmabgabe würden durch eine später drohende Veröffentlichung des Votums beeinträchtigt. Die Mitglieder der Beschlussabteilungen seien nicht durch eine Veröffentlichung des Fallberichts oder durch eine verminderte Erforderlichkeit von Kompromissbereitschaft gegen eine solche Beeinträchtigung immunisiert. Bei den Beschlussabteilungen bestünden reduzierte Anforderungen an die Darlegung der Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung ihrer Arbeit, weil die Beeinträchtigung besonders folgenschwer wäre. Das öffentliche Interesse an einem ungestörten Verlauf des Willensbildungsprozesses des Bundeskartellamts sei besonders groß. Die Entscheidungen der Beschlussabteilungen seien oft von enormer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Gerade die Fusionskontrolle erfasse gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 GWB nur Vorhaben von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht, weil die beteiligten Unternehmen für die Anmeldepflicht gemeinsam weltweite Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen € erzielen müssten. Insofern sei die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Beratung der Beschlussabteilung aus denselben Gründen gegeben, die auch für die Notwendigkeit ihrer Vertraulichkeit sprächen. Auch beim Bundesverfassungsgericht sei die Veröffentlichung abweichender Meinungen gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nur fakultativ ausgestaltet. Dass die Mitglieder der Beschlussabteilungen nach gesetzlichen Kriterien entschieden, ändere daran nichts. Die Beeinträchtigung der Beratungen sei auch jetzt noch möglich. Das Zusammenschlussverfahren sei vorliegend zwar beendet. Es sei aber mangels vollständigen Vollzugs des Zusammenschlusses noch nicht abgeschlossen. Es sei gut möglich, dass die Beigeladenen mittlerweile den Prognosezeitraum der Freigabe ihres Zusammenschlusses überschritten hätten. Dies wäre mit einer erneuten Anmeldepflicht verbunden. Diese würde ein zweites Kontrollverfahren auslösen. In diesem Fall stünde das zweite Votum eines Berichterstatters bei einer Offenlegung unter dem Eindruck einer laufenden öffentlichen Debatte über das erste Votum. Außerdem reiche der Vertraulichkeitsschutz über den Abschluss eines Fusionskontrollverfahrens hinaus. Im Kartellrecht kehrten viele Teilfragen, die Gegenstand einer Beratung gewesen seien, in zukünftigen Fällen wieder. Eine teilweise Offenlegung des Votums sei nicht möglich. Was die Antragsunterlagen angehe, stehe einem Informationsanspruch betreffend das „Ob“ des Zusammenschlusses § 9 Abs. 3 IFG entgegen. Im Übrigen seien die begehrten Informationen Geschäftsgeheimnisse i.S.v. § 6 Satz 2 IFG, in deren Weitergabe die Beigeladenen nicht eingewilligt hätten. Die Informationen seien unternehmensbezogen und nicht offenkundig. Es bestehe ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen. Die Beklagte habe die Modalitäten bzw. die Bedingungen der Übernahme nicht selbst veröffentlicht. Aus der Freigabe eines ordnungsgemäß angemeldeten Zusammenschlusses ergebe sich lediglich, dass das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot entfalle und die Beteiligten ihren Zusammenschluss aus fusionskontrollrechtlicher Sicht durchführen dürften. Die Informationen seien auch wettbewerbsrelevant. Der Beigeladene zu 2. stehe im C. Raum aktuell im Wettbewerb insbesondere mit einem anderen Zeitungsverlag. Gesellschaftsrechtliche Veröffentlichungspflichten nach Durchführung des Zusammenschlusses ließen das berechtigte Interesse der Beigeladenen an der Geheimhaltung der Informationen nicht entfallen. Die diesbezüglichen Pflichten bedeuteten zum einen nicht, dass sämtliche Details der vertraglichen Ausgestaltung zum Handelsregister anzumelden wären. Zum anderen sei der hier fragliche Zusammenschluss bzw. dessen zweiter Schritt noch nicht durchgeführt. Es bestehe die Möglichkeit, dass er gar nicht durchgeführt werde. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass bereits sichere Veröffentlichungspflichten bestünden. Dies gelte entsprechend für das „Wann“ des Vollzugs, dessen Zeitpunkt bisher öffentlich nicht bekannt, aber zugleich wettbewerblich von Interesse sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem mehr oder weniger abgelaufenen fusionskontrollrechtlichen Prognosezeitraum. Daraus folge nicht, dass der Zusammenschluss obsolet wäre. Die Folge des Ablaufs des Prognosezeitraums sei, dass die Freigabe ihre Wirkung verliere. Die Beigeladenen wären jedoch nicht gehindert, exakt denselben Zusammenschluss wieder anzumelden, worauf ggf. eine neue Freigabe erfolgte. Schließlich enthalte § 6 Satz 2 IFG keine Abwägungsklausel.
34Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
35Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats am 24. August 2017 hat der Vertreter der Beigeladenen zu 1. erklärt, der zweite Schritt des Zusammenschlussvorhabens der Beigeladenen sei bislang nicht vollzogen worden. Der Vollzug sei derzeit auch nicht konkret absehbar. Es würden aber diesbezügliche Gespräche zwischen den Beigeladenen weitergeführt. Die Vertreter der Beklagten haben in diesem Zusammenhang erklärt, wegen des bisherigen Nichtvollzugs des zweiten Schritts des Zusammenschlussvorhabens der Beigeladenen innerhalb einer Frist von mehr als fünf Jahren dürfte der üblicherweise anzulegende Prognosezeitraum überschritten sein. Daher sei - sollten die Beigeladenen ihr Zusammenschlussvorhaben weiterverfolgen - wohl ein erneutes Freigabeverfahren einzuleiten.
36Der Kläger, die Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben im Erörterungstermin am 24. August 2017 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Beigeladene zu 2. hat mit Schriftsatz vom 31. August 2017 ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
39Nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, entscheidet der Senat über die Berufung des Klägers gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. Dabei sind auch die Verzichtserklärungen der anwaltlich nicht vertretenen Beigeladenen wirksam. Der Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO gilt in der gegebenen Fallgestaltung nicht, in der die Beigeladenen nicht Berufungsführer sind.
40Vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1961 - IV C 327.60 -, DVBl. 1961, 518; OVG NRW, Urteil vom 24. Mai 2016 - 15 A 2051/14 -, juris Rn. 21.
41Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Bundeskartellamts vom 10. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2013 ist im streitgegenständlichen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
421. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG auf Zugang zu dem internen Beratungsvermerk - das Votum - des Berichterstatters zur Vorbereitung der Entscheidung der 6. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts über das Zusammenschlussvorhaben der Beigeladenen.
43Zwar ist das Votum - wie die Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin am24. August 2017 nochmals bestätigt haben - Bestandteil der Verwaltungsakte der Beklagten und daher als eine vorhandene amtliche Information i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Nr. 1 IFG tauglicher Anspruchsgegenstand.
44Vgl. zum Begriff der vorhandenen amtlichen Information auch OVG NRW, Urteile vom 24. Mai 2016 - 15 A 2051/14 -, juris Rn. 30 ff., und vom 16. Juni 2015 - 8 A 2429/14 -, juris Rn. 45 ff.
45Allerdings steht dem beantragten Informationszugang der Ausschlussgrund des§ 3 Nr. 3 b) IFG entgegen. Ob daneben auch § 3 Nr. 1 d) IFG eingreift, der dem Schutz der Kontroll- und Aufsichtsaufgaben u. a. der Wettbewerbsbehörden dient, kann somit dahinstehen. Da der Anspruchsausschluss nach § 3 Nr. 3 b) IFG umfassend wirkt, besteht auch kein Anspruch auf teilweisen Informationszugang aufgrund von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG.
46Der Anspruch auf Informationszugang besteht nach § 3 Nr. 3 b) IFG nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden.
47Die Norm schützt innerbehördliche Beratungen, die auf eine offene Meinungsbildung und einen freien Meinungsaustausch angelegt sind. Derartige Beratungen sollen wegen des Wissens um eine Offenlegung etwa der einzelnen Beiträge und Meinungsbekundungen im Beratungsprozess - ggf. auch nach Verfahrensabschluss - nicht beeinträchtigt werden. § 3 Nr. 3 b) IFG erfasst nur den eigentlichen Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung, d. h. die Besprechung, Beratschlagung und Abwägung - den Beratungsprozess im engeren Sinn -, nicht die hiervon zu unterscheidenden Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung (Beratungsgegenstand) sowie das Ergebnis der Willensbildung (Beratungsergebnis). Die amtlichen Informationen sind nur dann geschützt, wenn sie den Vorgang der behördlichen Willensbildung und Abwägung abbilden oder jedenfalls gesicherte Rückschlüsse auf die Meinungsbildung zulassen. Dies trifft zwar auf viele Informationen zu, die in einem Verwaltungsverfahren anfallen. Das gesamte Verwaltungsverfahren als solches fällt damit aber nicht unter den Begriff der Beratung.
48Vgl. zu alledem BVerwG, Urteile vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 -, juris Rn. 10, vom 2. August 2012 - 7 C 7.12 -, juris Rn. 26 (zu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG), Beschluss vom 18. Juli 2011- 7 B 14.11 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2016 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 46, Beschluss vom 15. Juni 2015 - 15 A 1529/13 -, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 91; OVG LSA, Urteil vom 24. März 2017 - 3 L 115/15 -, juris Rn. 76; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 175 ff.
49Der Versagungsgrund des § 3 Nr. 3 b) IFG bezieht sich - wie derjenige des § 3 Nr. 3 a) IFG - nur auf die aus tragfähigen Gründen „notwendige Vertraulichkeit“ behördlicher Beratungen. Er erstreckt sich nicht auf jeglichen behördlichen Entscheidungsfindungsprozess. Sein Schutzzweck ist die Gewährleistung eines unbefangenen und freien Meinungsaustauschs sowie einer offenen Meinungsbildung.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 4.11 -, juris Rn. 31, Beschluss vom 18. Juli 2011 - 7 B 14.11 -, juris Rn. 5, unter Hinweis auf BT-Drs. 15/4493, S. 10; OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2015 - 15 A 1529/13 -, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 86; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 21. April 2015 - OVG 12 N 88.13 -, juris Rn. 8; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 180 ff.
51Nicht geschützt ist hingegen die Anonymität der Beratenden.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2015- 15 A 1529/13 -, Urteil vom 15. Januar 2014- 8 A 467/11 -, juris Rn. 90 ff.
53Ob durch das Bekanntwerden der fraglichen Informationen die notwendige Vertraulichkeit der behördlichen Beratungen beeinträchtigt wird, muss im jeweiligen Einzelfall prognostiziert werden. Insoweit genügt die konkrete Gefahr, also die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung. An die Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer die möglicherweise eintretende Beeinträchtigung ist. Dies wiederum bemisst sich insbesondere nach dem Gewicht des öffentlichen Interesses an einem ungestörten Verlauf des in Frage stehenden behördlichen Willensbildungsprozesses. Da die Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsgesetzes eng auszulegen sind, um den materiell-rechtlich voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen zur größtmöglichen Wirksamkeit gelangen zu lassen, genügt auch im Rahmen des § 3 Nr. 3 b) IFG nicht jede allgemein in Betracht zu ziehende nachteilige Auswirkung, sondern nur eine ernsthafte konkrete Gefährdung der geschützten Belange.
54Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2015 - 15 A 1529/13 -, Urteile vom 15. Januar 2014 - 8 A 467/11 -, juris Rn. 101, und vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 96 ff.; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 184 ff.
55§ 3 Nr. 3 IFG stellt ausdrücklich klar, dass der durch ihn aufgestellte Vertraulichkeitsschutz zeitlich beschränkt sein kann („wenn und solange“). Sind die Verhandlungen oder Beratungen insgesamt abgeschlossen, kann auch der Schutz von § 3 Nr. 3 IFG enden. Je nach Fallkonstellation kann es allerdings notwendig sein, Beratungsprotokolle und -unterlagen auch noch zu einem späteren Zeitpunkt zu schützen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - aufgrund einer Einsichtsmöglichkeit in Unterlagen vertraulicher Beratungen - zukünftige Beratungen absehbar dadurch belastet würden, dass ihnen die Atmosphäre der Offenheit und Unbefangenheit fehlt.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Urteile vom 2. Juni 2016 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 46, und vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 103; OVG LSA, Urteil vom 24. März 2017 - 3 L 115/15 -, juris Rn. 77.
57Die Darlegungslast für das Vorliegen des Ausschlussgrundes des § 3 Nr. 3 b) IFG liegt bei der informationspflichtigen Behörde. Sie muss Tatsachen vorbringen, aus denen sich nachvollziehbar eine Beeinträchtigung des Schutzguts ergeben kann. Sie muss demnach darlegen, dass die nachteiligen Auswirkungen auf den (künftigen) behördlichen Entscheidungsprozess zu erwarten sind.
58Vgl. BVerwG, Urteile vom 30. März 2017- 7 C 19.15 -, juris Rn. 12, vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 -, juris Rn. 19, und vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, juris Rn. 31.
59Gemessen an diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 b) IFG im Hinblick auf das vom Kläger herausverlangte Votum des Berichterstatters der 6. Beschlussabteilung bezüglich des Zusammenschlussvorhabens der Beigeladenen vor.
60a) Das Votum des Berichterstatters der Beschlussabteilung fällt in den Schutzbereich des § 3 Nr. 3 b) IFG. Es gehört unmittelbar zum Beratungsprozess im engeren Sinn, dem eigentlichen Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung.
61Dafür ist unerheblich, ob die Beschlussabteilungen des Bundeskartellamts als gerichts- bzw. justizähnlich zu qualifizieren sind oder ob es sich bei ihnen um Ausschüsse i.S.v. §§ 88 ff. VwVfG handelt.
62Vgl. zu dieser Einordnung BGH, Beschluss vom 25. Januar 1983 - KVZ 1/82 -, juris Rn. 12; Cappellari, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/ Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 88. Lieferung 04.2017, § 51 GWB Rn. 9.
63Entscheidend ist insofern vielmehr die Organisation der Beschlussabteilungen als kollegial zusammengesetzte Entscheidungsgremien, durch die zugleich eine spezifische Struktur der Entscheidungsvorbereitung und -findung vorgegeben ist. Gemäß § 51 Abs. 3 GWB entscheiden die Beschlussabteilungen in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzenden. Der Entscheidungsablauf einer Beschlussabteilung ist aufgrund dessen dadurch geprägt, dass die jeweils zu treffende Entscheidung durch den jeweiligen Berichterstatter regelmäßig in Gestalt eines schriftlichen Entscheidungsentwurfs - eines Votums - vorbereitet wird. Dieses Votum hat nach den plausiblen Darlegungen der Beklagten zwar keine förmlich vorgeschriebene Form, es kann je nach Fallgestaltung und dem Zeitdruck, unter dem es in einer bestimmten Entscheidungssituation abgefasst werden muss, ein unterschiedliches Äußeres annehmen. Typischerweise setzt es sich jedoch aus einer Sachverhaltsschilderung, einer rechtlichen Würdigung, einem Entscheidungsvorschlag sowie Zweckmäßigkeitsüberlegungen zusammen, die je nach Lage der Dinge auch Erwägungen zum weiteren kartellrechtlichen Vorgehen enthalten können. Der Sachbericht eines Votums enthält zudem üblicherweise Beweiswürdigungselemente, in denen die Plausibilität bestimmter Angaben des Fusionsantragstellers bewertet wird. Es ist - so die Beklagte - gängig, die diesbezüglichen Ermittlungsschritte in den Sachbericht des Votums einzubauen.
64Durch diese Charakteristika eines Votums - die nach dem Vorbringen der Beklagten auch im zu entscheidenden Fall gegeben sind, in dem das Votum 54 Seiten umfasst - wird der Beratungs- und Entscheidungsvorgang der Beschlussabteilung strukturiert und gelenkt. Der mit der Erstellung des Votums befasste Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand des zugrunde liegenden fusionsrechtlichen Verfahrens für die übrigen Mitglieder der Beschlussabteilung geordnet und aufbereitet. Mit seinem Entscheidungsvorschlag und den Rechts- sowie Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen dieser basiert, gibt der Berichterstatter der Beratung und Abstimmung über die Sache eine konkrete Richtung. Ohne eine derartige Aufbereitung wäre eine gleichermaßen zielführende Beratung und Abstimmung, wie sie von § 76 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Bundeskartellamts (GO-BKartA) für die Beschlussfassung in den Beschlussabteilungen als deren Elemente vorgesehen wird, nicht möglich.
65Daraus folgt, dass das Votum gleichsam den Kern bzw. den Dreh- und Angelpunkt des Beratungsprozesses der Beschlussabteilungen ausmacht. Es stellt mit Blick auf die in ihm enthaltenen Wertungen tatsächlicher und rechtlicher Art weder die bloße Tatsachengrundlage der Willensbildung der Beschlussabteilung dar noch handelt es sich bei dem Votum um den Beratungsgegenstand als solchen ‑ dieser liegt etwa in der Frage der (Nicht-)Freigabe des Zusammenschlusses - oder das Beratungsergebnis selbst. Dieses ist mit Hilfe des Votums im Zuge des Beratungs- und Abstimmungsprozesses von den Mitgliedern der Beschlussabteilung in kollegialem Zusammenwirken erst noch zu finden.
66b) Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass das Votum des Berichterstatters der Beschlussabteilung grundsätzlich der von § 3 Nr. 3 b) IFG vorausgesetzten notwendigen Vertraulichkeit unterliegt. Die Beratungen und Abstimmungen der Beschlussabteilung sind nichtöffentlich. Eine sachgerechte und möglichst qualitätsvolle kartellrechtliche Entscheidung der Beschlussabteilung hat zur Vorbedingung, dass sie in ihrer Entstehung rein intern - d. h. nur im Rahmen der Beschlussabteilung selbst - getroffen wird. Ohne die Gewährleistung von Vertraulichkeit innerhalb des Beratungsprozesses der Beschlussabteilung wären ein unbefangener und - von (potentiellen) äußerlichen Einflussnahmen - freier Meinungsaustausch sowie eine offene Meinungsbildung nicht oder nur erheblich eingeschränkt möglich. Publizität wird erst mit der Veröffentlichung des Beschlusses der Beschlussabteilung im Fallbericht hergestellt.
67Überdies liegt es im Wesen des von § 51 Abs. 3 GWB, § 76 Abs. 3 Satz 1 GO-BKartA statuierten Kollegialprinzips, dass die von der Beschlussabteilung getroffene Entscheidung von dieser in ihrer Gesamtheit - als Kollegium - getragen und verantwortet wird. Dieses Grundprinzip ist nur dann funktionsfähig, wenn es in eine Vertraulichkeit des Beratungsprozesses eingebettet ist. Nach außen tritt das Kollegialgremium als Einheit auf. Dies schließt - selbstredend - nicht aus, dass es bei der Entscheidung Dissens zwischen seinen Mitgliedern geben kann. Derlei Meinungsverschiedenheiten sollen jedoch nach der Idee des Kollegialprinzips nicht aus dem Gremium herausgetragen und solchermaßen im Nachhinein den einzelnen Mitgliedern der Beschlussabteilung persönlich zurechenbar werden.
68Gestützt wird dieser Befund durch den vergleichenden Blick auf die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG. Dieser sieht vor, dass der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden soll für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG, der wie § 3 Nr. 3 b) IFG dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses dient,
69vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2011 - 7 B 14.11 -, juris Rn. 5; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 4 Rn. 3,
70bringt die gesetzgeberische Grundwertung zum Ausdruck, dass prinzipiell ein geschützter Raum ungestörter behördlicher Entscheidungsfindung anzuerkennen ist, der auch vor den Transparenzgeboten des Informationsfreiheitsgesetzes Bestand hat. Dieser abgeschirmte Raum schließt gerade auch entscheidungsvorbereitende Maßnahmen wie Voten einer Beschlussabteilung des Bundeskartellamts ein. § 4 Abs. 1 Satz 1 IFG unterscheidet sich von § 3 Nr. 3 b) IFG lediglich in der Reichweite dadurch, dass er nur bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens greift. Ist das Verfahren beendet, kann er - anders als § 3 Nr. 3 b) IFG - nicht mehr angewendet werden.
71Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2011- 7 B 14.11 -, juris Rn. 5; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 4 Rn. 25.
72c) Die im Streit stehende Einsichtnahme in das Votum des Berichterstatters würde prognostisch auch die notwendige Vertraulichkeit der Beratungen der Beschlussabteilung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit konkret beeinträchtigen.
73Es kann offenbleiben, ob - zumal mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der kartellrechtlichen Entscheidungen des Bundeskartellamts - Voten des Berichterstatters der Beschlussabteilung nicht schon typischerweise in der Regel sowohl während als auch nach Abschluss eines fusionsrechtlichen Kontrollverfahrens dem Ausschlussgrund des § 3 Nr. 3 b) IFG unterfallen, weil andernfalls - bis auf besonders gelagerte Ausnahmefälle - das dargestellte Grund- und Funktionsschema der vertraulichen Beratung und Abstimmung im Kollegialorgan Beschlussabteilung ausgehebelt würde.
74Vgl. zur Zulässigkeit typisierender Betrachtungsweisen im Bereich des Ausschlussgrunds des § 3 Nr. 3 b) IFG, solange dieser nicht entgegen der gesetzlichen Konzeption in eine Bereichsausnahme umgedeutet wird: BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 -, juris Rn. 17; zum Grundbedarf an Vertraulichkeit in nichtöffentlichen Beratungsprozessen kollegial zusammengesetzter Gremien siehe OVG NRW, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 105 ff.
75Jedenfalls trifft dies im vorliegenden Fall zu.
76Das Zusammenschlussvorhaben der Beigeladenen ist noch nicht in Gänze abgeschlossen. Bislang hat die Beigeladene zu 1. erst in einem ersten Schritt der von Beginn an auf zwei Abschnitte angelegten Fusion einen Geschäftsanteil von24,9 % an der Beigeladenen zu 2. erworben. Die Beigeladenen halten nach der Erklärung des Vertreters der Beigeladenen zu 1. im Erörterungstermin am 24. August 2017 weiter an dem Zusammenschlussvorhaben fest, auch wenn dessen Abschluss sich derzeit nicht konkret abzeichnet. Sie befinden sich dennoch in diesbezüglichen Gesprächen.
77Da der im Rahmen der Prüfung des Eintritts einer erheblichen Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs durch den beabsichtigten Zusammenschluss durch die Beschlussabteilung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB maßgebliche Prognosezeitraum von etwa drei bis fünf Jahren,
78vgl. insofern OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2010 - VI Kart 4/09 -, WuW 2011, 291, 313, und vom 6. September 2006 - VI-KartA 13/05 -, juris Rn. 17 ff.; Paschke, in: Jaeger/ Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 88. Lieferung 04.2017, § 39 GWB Rn. 5,
79nach der gleichfalls im Erörterungstermin geäußerten Einschätzung der Vertreter der Beklagten mit der Rechtsfolge des Erlöschens der Freigabe wegen Nichtvollzugs mittlerweile abgelaufen ist - die Freigabe datiert vom 30. September 2011 - , müssten die Beigeladenen ihr Zusammenschlussvorhaben erneut nach § 39Abs. 1 Satz 1 GWB beim Bundeskartellamt anmelden. Die im Fall einer neuerlichen Anmeldung des Zusammenschlusses durch die Beigeladenen erforderlich werdende Untersuchung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB wäre jedoch in ihrer notwendigen Vertraulichkeit absehbar konkret beeinträchtigt, wenn zwischenzeitlich das Votum über die Fusionsanmeldung vom 31. August 2011, das zu der Freigabe vom 30. September 2011 geführt hat, bekannt gemacht worden wäre. Denn dann ließe sich über einen Abgleich dieses Votums mit der Entscheidung der Beschlussabteilung rückschließen, ob die Beschlussabteilung dem Vorschlag des Berichterstatters gefolgt ist, welche tatsächlichen und rechtlichen Einschätzungen der Berichterstatter getroffen hat, die nicht in die Entscheidung der Beschlussabteilung eingeflossen sind und/oder ob der Vorschlag des Berichterstatters nur teilweise von den übrigen Mitgliedern der Beschlussabteilung geteilt wurde. Ferner ließe sich erkennen, ob der Berichterstatter der Beschlussabteilung nunmehr seine Auffassung gegenüber dem ursprünglichen, im Jahr 2011 erstellten Votum geändert hat oder ob der jetzige Berichterstatter, sollte insoweit ein Wechsel stattgefunden haben, womöglich eine abweichende Auffassung vertritt. Derartige Einblicke würden den Beratungsprozess seine Offenheit, Unbefangenheit und damit gleichzeitig seine inhaltliche Effektivität zumindest in Teilen nehmen können. Der Berichterstatter sähe sich ebenso wie die anderen Mitglieder der Beschlussabteilung potentiell Fragen Dritter ausgesetzt, warum vor dem Hintergrund des Votums abschließend so und nicht anders entschieden worden ist. Der dadurch erzeugbare öffentliche Druck brächte greifbar die Gefahr mit sich, dass die einzelnen Beratungs- und Abstimmungsbeiträge der Mitglieder der Beschlussabteilung ständiger Beobachtung, Kritik und Beeinflussung von außen ausgesetzt wären.
80Vgl. insoweit wiederum OVG NRW, Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 107.
81Dies wäre mit der effektiven Aufrechterhaltung des im Kollegialprinzip organisierten und von diesem getragenen Beratungsprozesses der Beschlussabteilung unvereinbar.
82Dagegen spricht nicht, dass jedenfalls bei abgeschlossenen gesetzesvorbereitenden Tätigkeiten von Regierungsbehörden nicht mit Erfolg unter Verweis auf§ 3 Nr. 3 b) IFG gegen den Informationszugang eingewandt werden kann, dieser würde negative Vorwirkungen auf die zukünftige ministerielle Vorbereitungsarbeit und Beratungspraxis - im Sinne einer „Flucht in die Mündlichkeit“ - zeitigen.
83Vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 30. März 2017- 7 C 19.15 -, juris Rn. 17 ff., und vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, juris Rn. 31; OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 55 ff.
84Damit ist die zugrunde liegende Fallgestaltung - in der der Zusammenschluss der Beigeladenen im Übrigen noch nicht abgeschlossen ist - nicht vergleichbar. Anders als eine Beschlussabteilung des Bundeskartellamts trifft die in die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage eingebundene Ministerialverwaltung die abschließende Sachentscheidung nicht selbst. Sie ist daher auch nicht das Verantwortungssubjekt - der Träger - dieser Entscheidung. Einzelnen Mitarbeitern der Ministerialverwaltung können nur Vorbereitungs-, nicht aber Entscheidungsbeiträge zugerechnet werden. Darüber hinaus bezieht sich die Entscheidung der Beschlussabteilung auf einen kartellrechtlichen Einzelfall mit konkret-individuellen Beteiligten und ebenso konkreten wettbewerblichen Auswirkungen. Aufgrund dieser Umstände stünden die einzelnen Mitglieder der Beschlussabteilungen unter einem deutlich stärkeren - weil an einem Einzelfall festzumachenden - Rechtfertigungsdruck, würde ein entscheidungsvorbereitendes Votum einem Dritten zugänglich gemacht.
85Dass die Mitglieder der Beschlussabteilung rechtsgebunden entscheiden und auf das öffentliche Interesse verpflichtet sind, ändert daran nichts. Dies gilt mit Blick auf Art. 20 Abs. 3 GG für jede öffentliche (informationspflichtige) Stelle. Dennoch kann sie sich gegenüber Informationsansprüchen etwa auf § 3 Nr. 3 b) IFG berufen, um ihren internen Beratungs- und Entscheidungsprozess von unzulässigen Beeinflussungen freizuhalten.
862. Die vom Kläger begehrte Einsicht in die Antragsunterlagen, soweit sie Informationen dazu enthalten, ob, ggf. in welcher Form und für welchen Zeitpunkt eine Kontrollübernahme der Beigeladenen zu 2. durch die Beigeladene zu 1. stattfinden soll, d. h. die Offenlegung der geschwärzten Passagen unter I., Blatt 1 bis 5 der Anmeldung des Zusammenschlusses vom 31. August 2011 ist - soweit nicht bereits § 9 Abs. 3 IFG eingreift - gemäß § 6 Satz 2 IFG zu versagen.
87a) Nach § 9 Abs. 3 IFG kann der Informationsantrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Dies ist isoliert betrachtet im Hinblick auf das „Ob“ der Übernahme und deren äußeren Ablauf der Fall. Die 6. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts hatte das Fusionsvorhaben der Beigeladenen am 30. September 2011 in der sog. ersten Phase innerhalb der Monatsfrist freigegeben. Dies war in einem auf der Internetseite des Bundeskartellamts veröffentlichten Fallbericht bekannt gegeben worden. Des Weiteren lässt sich dem Fallbericht entnehmen, dass die Beigeladene zu 1. den Erwerb der alleinigen Kontrolle über die Beigeladene zu 2. in zwei Schritten plant.
88b) Im Übrigen scheidet der zur Entscheidung gestellte Informationsanspruch wegen § 6 Satz 2 IFG aus.
89Nach dieser Bestimmung darf Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.
90Die Beigeladenen haben in den Informationszugang nicht eingewilligt. Die geschwärzten Passagen unter I., Blatt 1 bis 5 der Anmeldung des Zusammenschlusses vom 31. August 2011 sind als Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen für den Informationszugang gesperrt.
91Der Begriff der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse ist im Informationsfreiheitsgesetz im Ansatz kein anderer als in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden danach allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Allerdings kann anders als im Umweltinformationsrecht der Schutz eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nicht im Wege der Abwägung überwunden werden. Der Schutz ist durch § 8 IFG auch verfahrensrechtlich gesichert. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse i.S.v. § 6 Satz 2 IFG ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz). Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Information nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden. Der erforderliche Wettbewerbsbezug kann fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen.
92Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 64 f. (zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG), vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 35, und vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 -, juris Rn. 28 und 30, Beschluss vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, juris Rn. 58 f. (zu § 9Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG); OVG NRW, Urteile vom 2. Juni 2015 - 15 A 2062/12 -, juris Rn. 81, und vom 19. März 2013 - 8 A 1172/11 -, juris Rn. 125.
93Die Schutzwürdigkeit vertraulicher Informationen nimmt dabei in der Regel mit der Zeit ab. So hängt es vom jeweils aktuellen geschäftlichen Umfeld ab, ob der Informationszugang mit wirtschaftlichen Nachteilen für das Unternehmen verbunden ist. Folglich können Angaben, wenn sie als veraltet anzusehen sind, schon vor Einstellung des Geschäftsbetriebs ihre Bedeutung verlieren.
94Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 4. November 2015 - 7 C 4.14 -, juris Rn. 31.
95Nach diesen Grundsätzen fallen die streitgegenständlichen geschwärzten Passagen unter I., Blatt 1 bis 5 der Anmeldung des Zusammenschlusses vom 31. August 2011 unter § 6 Satz 2 IFG. Dies ergibt sich aus den hinreichend substantiierten und plausiblen Darlegungen der Vertreter der Beklagten insbesondere zuletzt im Erörterungstermin am 24. August 2017.
96Zum Punkt „I. Das Zusammenschlussvorhaben“ im Anmeldungsschreiben vom 31. August 2011 haben die Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin am 24. August 2017 ausgeführt, hier werde die Transaktionsstruktur sowie die Vertragsgestaltung beschrieben. Diese Beschreibung enthalte sowohl Text als auch eine Grafik. Die Grafik sei eine Art Organigramm. Ferner beinhalte dieser Abschnitt eine Darstellung der Ausgangsstruktur der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen sowie die Struktur der Unternehmen, die am Ende des Zusammenschlusses entstehen solle. Auch die Verträge, die die Umsetzungs-schritte für den Zusammenschluss darstellen sollten, würden in dem Abschnitt genannt. Die Verträge würden bezeichnet und charakterisiert. Insgesamt werde ‑ so die Vertreter der Beklagten zusammenfassend - das „Vorher“ und das „Nachher“ des Zusammenschlusses skizziert.
97Diesen Darlegungen lässt sich hinreichend konkret und nachvollziehbar entnehmen, dass der vorgenannte Punkt „I. Das Zusammenschlussvorhaben“ Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen enthält. Die Transaktionsstruktur sowie die Vertragsgestaltung des Zusammenschlusses stellen exklusives kaufmännisches Wissen dar, das nur den Zusammenschlussbeteiligten zur Verfügung steht. Eine Offenlegung dieses Wissens ist geeignet, die Wettbewerbsposition der Beigeladenen nachteilig zu beeinflussen. (Potentielle) Wettbewerber der Beigeladenen im regionalen Zeitungsmarkt - etwa im C. Raum - würden im Einzelnen Einblick in den Fusionsvorgang und die durch ihn geschaffene bzw. angestrebte Unternehmensstruktur erhalten. Auf diese Weise könnten die Wettbewerber sich bei zukünftigen Fusionsvorhaben, in die die Beigeladenen involviert wären, auf diese Pläne einstellen und das Fusionsvorhaben der Beigeladenen äußerstenfalls erschweren oder sogar verhindern. Auch könnten die Wettbewerber mittels der Kenntnis der entstehenden neuen Unternehmensstruktur der Beigeladenen ggf. Marktstrategien und auch Marktstärken der Beigeladenen erkennen, um so ihre eigene Marktposition darauf einrichten zu können. Wettbewerber der Beigeladenen erlangten mithin durch den beantragten Informationszugang einen einseitigen Wissensvorsprung gegenüber den Beigeladenen, den sie potentiell im Marktgeschehen strategisch zu deren Nachteil ausnutzen können.
98Entsprechendes gilt für den weiterhin von den Vertretern der Beklagten im Erörterungstermin erläuterten Punkt „I. 1. Erwerb von 24,9 %“. Dieser beschreibe die vertragliche Ausgestaltung des Anteilserwerbs näher. Die einzelnen Elemente der Transaktionen kämen an diesem Ort zur Sprache. Auch finde man in dieser Passage eine kurze rechtliche Würdigung mit Rückschlüssen auf die tatsächliche Ebene der Vertragsgestaltung. Die dabei genannten Aspekte enthielten weitere Einzelheiten zu den Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen, die über die zuvor gemachten allgemeinen Angaben hinausgingen. Auch werde die weitere wirtschaftliche Verbindung zwischen den Beigeladenen aufgeschlüsselt, soweit daraus als sog. Plusfaktoren,
99vgl. zum wettbewerbsrechtlichen Begriff des Plusfaktors etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Juli 2005 - VI-Kart 26/04 (V) -, juris Rn. 14,
100wettbewerbsrechtliche Schlüsse gezogen werden könnten. So gehe es in dem Text insgesamt um die Darlegung, warum überhaupt ein Zusammenschluss im Rechtssinne gegeben sei, was gerade bei einem mehrschrittigen Komplex - wie hier - vom (Fusions-)Antragsteller darzustellen sei. Auch hierüber könnten Wettbewerber der Beigeladenen überlegenes Wissen über Marktstrategien der Beigeladenen gewinnen, das sie dazu verwenden könnten, ihre eigene Marktstellung gegenüber derjenigen der Beigeladenen zu stärken und auszubauen.
101Im Anschluss daran wird auch der verbleibende Punkt „I. 2. Erwerb von 75,1 %“ vom Begriff des Geschäftsgeheimnisses umfasst, an dessen Nichtverbreitung die Beigeladenen ein berechtigtes Interesse haben. Zu ihm haben die Vertreter der Beklagten vorgetragen, insoweit werde nicht mehr ein sog. Plusfaktor thematisiert, sondern ein einzelnes weiteres Element des geplanten Zusammenschlusses. Damit gemeint sei der Zusammenschluss in seinem zweiten Schritt. Je detaillierter die Kenntnis eines Wettbewerbers hinsichtlich der Modalitäten des geplanten Zusammenschlusses der Beigeladenen danach ausfiele, desto eher wäre er in der Lage, sich am (Zeitungs-)Markt dergestalt gegenüber den Beigeladenen zu positionieren. Dies betrifft auch noch den ausstehenden zweiten Schritt der Übernahme der Beigeladenen zu 2. durch die Beigeladene zu 1. Wie erwähnt, verfolgen die Beigeladenen ihr Fusionsvorhaben nach wie vor, so dass die diesbezüglichen Angaben im Anmeldungsschreiben vom 31. August 2011 nicht durch Zeitablauf überholt und deswegen nicht mehr geheimhaltungsbedürftig sind. Die eventuelle weitergehene materielle Prüfung am Maßstab des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB wäre einem neuem Anmeldeverfahren vorbehalten.
102Gesellschaftsrechtliche Publizitätspflichten, denen zufolge die Beigeladenen die beanspruchten Informationen - namentlich die in der Anmeldung vom 31. August 2011 enthaltenen Einzelheiten zu Vertrags- und Unternehmensstrukturen - von (Spezial-)Gesetzes wegen zu veröffentlichen hätten, so dass ein Geheimhaltungsschutz schon daher wegen der daraus resultierenden Offenkundigkeit der Informationen auszuscheiden hätte,
103vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2011 - 7 C 6.10 -, juris Rn. 16; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016,§ 6 Rn. 86,
104bestehen nicht.
105Da der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus § 6 Satz 2 IFG nicht im Wege der Abwägung überwindbar ist, kommt es nicht darauf an, dass der Kläger einen Journalistenverband ist, der sein Informationsbegehren als Vertreter der Interessen Dritter verfolgt, die von dem Zusammenschluss der Beigeladenen betroffen werden.
106Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären. Sie haben keinen Sachantrag gestellt und sich damit nicht dem sich aus § 154 Abs. 3 VwGO ergebenden Kostenrisiko ausgesetzt.
107Mangels positiver Kostengrundentscheidung ist kein Raum dafür vorhanden, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Kläger gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
108Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, Nr. 11, 711 ZPO.
109Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diese grundsätzliche Bedeutung besteht im Hinblick auf Inhalt und Reichweite von § 3 Nr. 3 b) IFG für den Beratungsprozess der im Kollegialprinzip organisierten Beschlussabteilungen des Bundeskartellamts.