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1. Zur Zulässigkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, um die beabsichtigte Festsetzung eines Wochenmarkts und den begleitenden Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags an einen Mitbewerber zu verhindern.
2. Die Auswahl eines Bewerbers um die Festsetzung eines Wochenmarkts nach § 69 GewO verletzt den aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch eines Mitbewerbers, wenn der Antrag des Ausgewählten nicht den Mindestanforderungen entspricht, auf die sich die Behörde im Ausschreibungstext gegenüber allen Bewerbern verbindlich festgelegt hat.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8.6.2016 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet.
2Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, auf einen Antrag oder ein Angebot des Beigeladenen im Interessenbekundungs- und Vergabeverfahren für die Übertragung der Veranstaltung eines Wochenmarktes in W. -O. ab dem 1.4.2016 den Zuschlag zu erteilen und mit diesem einen entsprechenden Vertrag zu schließen, bis über das Angebot der Antragstellerin unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden und eine Frist von zwei Wochen nach Mitteilung der erneuten Entscheidung an die Antragstellerin abgelaufen ist. Es hat angenommen, der nach § 123 VwGO erforderliche Anordnungsanspruch sowie ein Anordnungsgrund lägen vor. Die Bewerbung des Beigeladenen entspreche nicht der Ausschreibung und hätte deshalb so nicht berücksichtigt werden dürfen. Auch bestehe die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 21 VwVfG NRW hinsichtlich der an der Auswahlentscheidung beteiligten Arbeitsgruppenmitglieder G. U. und V. N. . Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nötig, um den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin zu sichern. Die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wird durch das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, im Ergebnis nicht erschüttert.
31. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für zulässig gehalten. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht § 44a Satz 1 VwGO entgegen, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können. Auch wendet die Antragstellerin ohne Erfolg ein, § 123 VwGO gewähre keinen vorbeugenden Rechtsschutz mit dem Ziel, den Erlass eines Verwaltungsakts zu verhindern, gegen den der Betroffene nachträglich zumutbaren einstweiligen Rechtsschutz erlangen könne.
4Bei der Auslegung des § 44a VwGO ist die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG angemessen zu berücksichtigen. Der Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung von Verfahrenshandlungen darf für die Rechtsuchenden nicht zu unzumutbaren Nachteilen führen, die in einem späteren Prozess nicht mehr vollständig zu beseitigen sind.
5Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.10.1990 – 1 BvR 1028/90 –, NJW 1991, 415 = juris, Rn. 27.
6Ebenso ist höchstrichterlich geklärt, dass vorbeugender Rechtsschutz ausnahmsweise dann gewährt werden kann, wenn ein qualifiziertes, das heißt gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes, Rechtsschutzinteresse vorliegt und der Betroffene nicht zumutbarerweise auf den als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.9.1989 – 9 B 165.89 –, juris, Rn. 3, m. w. N.
8Ausgehend davon standen dem Erlass einer einstweiligen Anordnung weder entgegen, dass die der Antragstellerin am 16.3.2016 per E-Mail mitgeteilte interne Auswahlentscheidung der „Arbeitsgruppe Wochenmarkt“ der Antragsgegnerin eine behördliche Verfahrenshandlung ist, noch dass Rechtsschutz vor einer außenverbindlichen Marktfestsetzung gewährt worden ist, um den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin zeitnah zu sichern. Das Verwaltungsgericht hat insofern maßgeblich darauf abgestellt, dass ausweislich der Aufforderung der Antragsgegnerin zur Abgabe einer Interessenbekundung zur Durchführung der Wochenmärkte nicht lediglich eine Marktfestsetzung nach § 69 GewO geplant war, sondern ergänzend ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und dem erfolgreichen Bewerber geschlossen werden sollte, dessen Abschluss durch nachträglichen Rechtsschutz nicht verhindert werden könnte. Dieser Aspekt wird durch die Beschwerdebegründung nicht erschüttert, weil sie auf ihn nicht eingeht.
9Im Übrigen konnte die Antragstellerin auch unabhängig von dem geplanten Vertragsschluss wegen nicht zu beseitigender Nachteile nicht mehr zumutbarerweise auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden. Nach Erhalt der E-Mail am 16.3.2016 war die förmliche Marktfestsetzung erst für Ende März geplant und der Beginn des ausgeschriebenen Festsetzungszeitraums am 1.4.2016 stand bereits kurz bevor. Die verbleibende Zeit war für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes ohnehin sehr knapp. Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerin – auch zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes – das Auswahlergebnis bereits vorab mitgeteilt hatte,
10vgl. zur dieser Verfahrensweise OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 30.11.2010 – 1 S 107.10 –, NVwZ-RR 2011, 293 = juris, Rn. 7a. E.,
11war die Entscheidung bereits gefasst, so dass mit einem Abwarten der Marktfestsetzung unnötig weitere Zeit verstrichen wäre. Dies als Zulässigkeitsvoraussetzung zu verlangen, verstieße gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, das einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle gewährt. Irreparable Entscheidungen sind soweit wie möglich auszuschließen.
12Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004 – 1 BvR 506/03 –, DVBl. 2004, 431 = juris, Rn. 19.
13Das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht der Antragstellerin auf Teilnahme an einer korrekten Bewerberauswahl war aber für die Zeit nach dem 1.4.2016 mit einer über diesen Zeitpunkt hinaus verzögerten Sachentscheidung im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes ohnehin schon teilweise unwiederbringlich verloren, ohne dass insoweit eine nach Art. 19 Abs. 4 GG geforderte inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung durch ein Gericht stattgefunden hätte.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 –, NJW 2002, 3691 = juris, Rn. 16.
152. Die Auswahl des Beigeladenen als Veranstalter des Wochenmarkts in O. verletzt den aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin hat der Bewerbung des Beigeladenen zu Unrecht den Vorzug gegeben. Auf den Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung des Wochenmarkts in O. sind nach der Bewertung durch die „Arbeitsgruppe Wochenmarkt“ 108 Punkte (Zweiter Rang) entfallen, nur sechs Punkte weniger als auf den Antrag des Beigeladenen (Erster Rang). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, der Antrag des Beigeladenen entspreche nicht der Ausschreibung und hätte deshalb so nicht berücksichtigt werden dürfen.
16a) Die Antragsgegnerin hat zur Verfolgung des kommunalen Interesses an der weiteren möglichst attraktiven Durchführung von Wochenmärkten in ihrem Stadtgebiet ein vom Rat beschlossenes vergaberechtsähnliches Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. Hierdurch sollte sichergestellt werden, dass der Marktveranstalter nicht nur eigenwirtschaftliche Interessen, sondern zugleich auch kommunale Interessen wahrnimmt, die durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgesichert werden sollten. In der Ausschreibung hat die Antragsgegnerin auf die beabsichtigte Marktfestsetzung nach § 69 GewO für bestimmte Zeiten und genau abgegrenzte Flächen hingewiesen sowie darauf, dass entsprechenden Festsetzungsanträgen zwingend unter anderem ein Lageplan der Marktstände an dem jeweiligen Wochenmarktstandort beizufügen sei. Zur Darstellung der Marktstände werde darum gebeten, die als Anlagen beigefügten Kartenwerke zu benutzen. In der Ausschreibung war in Fettdruck ein ausdrücklicher Hinweis enthalten, dass unter anderem diese Unterlagen zwingend vorzulegen seien, um den jeweiligen Interessenten im weiteren Auswahlverfahren berücksichtigen zu können. Dass der Lageplan des Wochenmarkts zu den zwingend vorzulegenden Unterlagen zählt, entspricht den vom Rat der Antragsgegnerin am 8.12.2015 beschlossenen Vergabekriterien. Mit dieser Ausschreibung legte die Antragsgegnerin in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG die Bewerber zugleich auf die von ihr vorab festgelegten Marktflächen fest, deren genaue Bezeichnung für eine Marktfestsetzung nach § 69 GewO zwingend erforderlich ist.
17Der staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen. Darüber hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Jeder Mitbewerber muss eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Insofern verfügt jeder Mitbewerber über ein subjektives Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
18Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03 –, BVerfGE 116, 135 = juris, Rn. 64 f.
19Werden, wie hier, im Interesse einer transparenten und rechtssicheren Auswahl Ausschreibungsbedingungen öffentlich bekannt gemacht, führt dies über Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Verwaltung und vermittelt den einzelnen Bewerbern einen Anspruch auf Gleichbehandlung und Einhaltung der verlautbarten Bedingungen.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.2.2013 – 4 A 500/10 –, juris, Rn. 11 ff.; Summa, in: Heiermann/Zeiss, juris Praxiskommentar Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 97 GWB Rn. 60 f., m. w. N.; Saarl. OLG, Urteil vom 24.11.1999 – 5 Verg 1/99 –, ZVgR 2000, 181 = juris, Rn. 46, m. w. N.; Bay. VGH, Beschluss vom 12.8.2013 – 22 CE 13.970 –, GewArch 2013 = juris, Rn. 31, m. w. N.
21Dementsprechend gebietet das Gleichbehandlungsgebot bei öffentlichen Ausschreibungen für gewerberechtliche Marktfestsetzungen, nur diejenigen Angebote zu werten, die die zwingend geforderten Erklärungen enthalten und insoweit miteinander vergleichbar sind, sowie keinesfalls einem einzelnen Bieter die Möglichkeit zu geben, in seinem Angebot hiervon abzuweichen.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.2.2013 – 4 A 500/10 –, juris, Rn. 5 ff., unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 18.11.2010 – C-226/09 –, Slg. I-11807 = juris, Rn. 59; Summa, in: Heiermann/Zeiss, juris Praxiskommentar Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 97 GWB Rn. 77, m. w. N., zum Gleichbehandlungsgebot nach § 97 Abs. 2 GWB.
23Ausgehend davon durfte der Antrag des Beigeladenen schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil er nicht den Mindestanforderungen entsprach, auf die sich die Antragsgegnerin im Ausschreibungstext gegenüber allen Bewerbern verbindlich festgelegt hatte. Der Beigeladene hat abweichend vom Ausschreibungstext bereits die Marktstände nicht in den Lageplan eingezeichnet, sondern lediglich ganz grob einen Food-Bereich und einen Non-Food-Bereich farblich markiert. Auch wenn die Anzahl der Marktstände variieren kann und noch nicht abschließend feststeht, hätten nach dem Ausschreibungstext, der zwingend einen „Lageplan der Marktstände“ verlangt, zumindest die Bereiche angegeben werden müssen, an denen Marktstände angeordnet werden sollen. Hinsichtlich des Erweiterungsbereichs O1. Brunnen sowie von dort bis zur F. Straße 21 fehlt es gänzlich an einer nach § 69 GewO festsetzungsfähigen parzellenscharfen Festlegung der Marktfläche anhand eines Lageplans.
24Nach den oben angeführten Maßstäben hat die Antragsgegnerin den Anspruch der Antragstellerin auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG zudem dadurch verletzt, dass sie den Antrag des Beigeladenen berücksichtigte, nachdem sie ihm vor Ablauf der Bewerbungsfrist abweichend vom allgemeinen Ausschreibungstext zugestanden hatte, auch außerhalb der für den Wochenmarkt in O. vorgesehenen Fläche, wie sie im Lageplan in Anlage 5 zur Ausschreibung verzeichnet war, Verkaufsstände darzustellen.
25Die Gestattung bot dem Beigeladenen die anderen Bewerbern nicht eröffnete Möglichkeit, auf einer größeren Fläche im Vergleich zu den übrigen Mitbewerbern ein umfangreicheres, vielseitigeres und damit attraktiveres Angebot abzugeben. Dies nutzte der Beigeladene, indem er für den Platz am O1. Brunnen einen exklusiven Bereich für Bio-Produkte vorsah und die restliche Flächenerweiterung an der F. Straße für eine Vergrößerung des Non-Food-Bereichs nutzen wollte. Ob diese zusätzlichen Angebote auch auf der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Wochenmarktfläche hätten realisiert werden können, ist unerheblich. Nach § 69 GewO besteht ein Rechtsanspruch auf Festsetzung des Markts nur in der beantragten Ausgestaltung, sofern keine Versagungsgründe nach § 69a Abs. 1 GewO vorliegen. Aus der Einstandspflicht des § 69 Abs. 2 GewO folgt, dass eine Festsetzung, die nicht nach Maßgabe des Antrags erfolgen kann, versagt werden muss.
26Vgl. BT-Drs. 7/3859, S. 13; BVerwG, Urteil vom 3.3.1987 – 1 C 15.85 –, BVerwGE 77, 70 = juris, Rn. 17; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: Januar 2016, § 69 Rn. 2 sowie § 69a Rn. 1.
27Eine hypothetisch mögliche vom Antrag abweichende Aufteilung des Marktangebots innerhalb des im Lageplan dargestellten Bereichs bei der Marktfestsetzung kommt deshalb nicht in Betracht.
28b) Darüber hinaus gibt der Fall Anlass zu dem Hinweis, dass der Antrag des Beigeladenen auch deshalb nicht berücksichtigt werden durfte, weil sich der Beigeladene danach offensichtlich nicht auf den Kreis der Waren des täglichen Bedarfs beschränken wird, die nach § 67 GewO i. V. m. § 1 Abs. 1 Gewerberechtsverordnung – GewRV NRW – und der Zusatzwarenverordnung der Stadt W. auf einem Wochenmarkt angeboten werden dürfen und abschließend festgelegt sind.
29Vgl. BT-Drs. 7/3859, S. 12; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: Januar 2016, § 67 Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 27.5.1986 – 4 A 399/85 –, GewArch 1087, 59 f.
30In dem Non-Food-Bereich, den der Beigeladene ausweiten möchte, sollen außer Lebensmitteln alle übrigen Produkte, insbesondere Kurz- und Lederwaren, Gardinen, Bekleidung, Bettwäsche, Haushaltswaren, Blumen und Dekoration sowie andere Gegenstände des täglichen Bedarfs angeboten werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls auch nicht von § 67 GewO i. V. m. der Zusatzwarenverordnung erfasste Waren angeboten werden sollen. Scheidet auch aus diesem Grund nach geltendem Recht eine Festsetzung auf der Grundlage des Antrags des Beigeladenen aus, durfte neben der Erweiterung der Marktflächen auch die Ausweisung eines Non-Food-Bereichs erst recht nicht – wie tatsächlich erfolgt – zu einer Aufwertung dieses Antrags durch die Mitglieder der „Arbeitsgruppe Wochenmarkt“ führen. Die Antragsgegnerin darf bei der Ausübung ihres Auswahlermessens nicht auf Gesichtspunkte abstellen, die mit der zulässigerweise festzusetzenden Veranstaltung in keinem sachlichen Zusammenhang stehen.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.1984 – 1 C 26.82 –, GewArch 1984, 266 = juris, Rn. 18.
32c) Gleichfalls ohne Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, hinsichtlich der an der Auswahlentscheidung beteiligten Ausschussmitglieder G. U. und V. N. bestehe die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 21 VwVfG NRW. Die Regelung ist ebenso wie die Bestimmung über den gesetzlichen Ausschluss nach § 20 VwVfG NRW Ausdruck des Gebots der Unbefangenheit von Amtsträgern, das seine Grundlage im Rechtsstaatsgebot und den daraus abzuleitenden Prinzipien der Verfahrensgerechtigkeit sowie der Gewährleistung eines fairen Verfahrens findet.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.10.2015 – 5 P 11.14 –, Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 43 = juris, Rn. 19, zu § 20 Abs. 1 VwVfG.
34Auf sich beruhen kann, ob sich die Besorgnis der Befangenheit des Arbeitsgruppenmitglieds U. schon daraus ergibt, dass er Vorsitzender einer Wählergemeinschaft ist, die Mitglied des Beigeladenen ist. Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt schon deshalb vor, weil er ersichtlich nicht die vorliegenden teilweise sehr ausführlichen Anträge und Konzepte vertretbar gewürdigt, sondern bezogen auf den Markt in O. dem Beigeladenen die volle Punktzahl zugebilligt hat, während er an alle Mitbewerber in sämtlichen Rubriken Null Punkte vergeben hat. Ausgehend davon, dass Null Punkte nach den vom Rat beschlossenen Vorgaben nur vergeben werden dürfen, wenn „keine konzeptionellen Angaben“ in einem Antrag enthalten sind, und ein gewerberechtlich nicht berücksichtigungsfähiger Antrag nicht mehr sachlich vertretbar als „sehr gutes Konzept mit innovativen Ideen“ mit der Höchstpunktzahl bewertet werden kann, drängt sich auf, dass die Bewertung dieses Ausschussmitglieds nicht anhand der Antragsunterlagen nachvollziehbar unparteiisch, sondern unter erkennbarer Bevorzugung des Beigeladenen, in dem die von ihm geleitete Wählergemeinschaft Mitglied ist, erfolgt ist. Jedenfalls besteht, was für einen Ausschluss bereits genügt, die Besorgnis seiner Befangenheit. Denn mit dem Ausschluss soll bereits dem „bösen Schein“ einer Befangenheit vorgebeugt werden.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.10.2002 – 1 DB 10.02 –, ZBR 2003, 94 = juris, Rn. 49.
36Dass die Bewertung des Arbeitsgruppenmitglieds U. gleichwohl berücksichtigt worden ist, ist auch nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Es ist nicht offensichtlich, dass seine Mitwirkung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Bliebe seine Bewertung außer Betracht, hätte der Beigeladene nur 102 Punkte erhalten, während auf die Antragstellerin mit unverändert 108 Punkten die Höchstpunktzahl entfallen wäre.
37Das Verwaltungsgericht hat auch das weitere (stellvertretende) Ausschussmitglied N. wegen Besorgnis der Befangenheit für von der Mitwirkung ausgeschlossen gehalten, weil diese bis Ende Oktober 2013 Vorstandsmitglied des Beigeladenen gewesen ist. In einer derartigen Stellung zu einem Verfahrensbeteiligten kann wegen der besonderen Verbundenheit zu diesem ein Grund vorliegen, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, auch wenn die Vertretung des Beteiligten, die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW schon kraft Gesetzes zu ihrem Ausschluss geführt hätte, aktuell nicht mehr fortbesteht.
38Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 20 Rn. 17 a; Nds. OVG, Beschluss vom 15.10.1990 – 10 M 30/90 –, juris, Rn. 10 f.; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 24.10.2002 – 1 DB 10.02 –, ZBR 2003, 94 = juris, Rn. 49, bezogen auf verwandschaftliche Beziehungen, die nicht unter § 20 VwVfG fallen.
39Da schon die Berücksichtigung eines nicht genehmigungsfähigen Antrags und die Mitwirkung des Ausschussmitglieds U. eine stattgebende Entscheidung rechtfertigt, bedarf letztlich keiner abschließenden Klärung, ob auch Frau N. von einer Mitwirkung ausgeschlossen war. Allerdings spricht Vieles dafür. Der seit dem Austritt des stellvertretenden Ausschussmitglieds N. aus dem Vorstand des Beigeladenen verstrichene Zeitraum allein lässt die aus der früheren Tätigkeit erwachsene Besorgnis noch nicht entfallen. Für ein Fortbestehen dieser Besorgnis spricht immerhin Folgendes: Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass das Ausschussmitglied N. gemäß §§ 21 Abs. 2, 20 Abs. 4, 88 VwVfG NRW wegen bestehender Zweifel, ob sie wegen der Besorgnis der Befangenheit von der Mitwirkung ausgeschlossen ist, den Vorsitzenden des Ausschusses informiert und eine Entscheidung des Ausschusses herbeigeführt hat. Im Gegenteil hat Frau N. die Bewertungsbögen mit dem bloßen Hinweis übersandt, sie habe die Vertretung für Herrn I. übernommen. Ihre frühere Tätigkeit im Vorstand des Beigeladenen hat sie hingegen nicht erwähnt. Wäre aber – wofür danach Überwiegendes spricht – die für Zweifelsfälle vorgesehene Mitteilung an den Ausschussvorsitzenden nach Aktenlage ausgeblieben und hätte das betroffene Ausschussmitglied auf diesem Weg keine nachvollziehbaren Gründe mitgeteilt, aus denen die frühere Bestellung als Vorstandsmitglied eines Beteiligten mittlerweile kein Misstrauen mehr gegen ihre unparteiische Amtsführung rechtfertigt, läge gerade in der Missachtung dieser gesetzlichen Mitteilungspflicht ein hinreichender Anhaltspunkt für eine fortbestehende Besorgnis der Befangenheit.
40d) Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war wegen der Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs schon deshalb stattzugeben, weil die Aussichten, dass die Antragstellerin bei einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren – ohne Berücksichtigung des Antrags der Beigeladenen – zum Zuge kommen könnte, schon wegen ihres erheblichen Punktevorsprungs im Verhältnis zu den übrigen Mitbewerbern (108:60:52) jedenfalls offen sind.
41Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 –, DVBl. 2002, 1633 = juris, Rn. 13.
42Die im Antrag der Antragstellerin formulierte Bedingung, dass ihr Angebot den Zuschlag für den Wochenmarkt in O. erhält, weil die anderen Märkte allein nicht kostendeckend zu führen sind, steht einer Berücksichtigung des Antrags der Antragstellerin auf Festsetzung gerade dieses Markts jedenfalls nicht entgegen. Die Erteilung des Zuschlags für den Markt in O. kann sinnvoll nur als Bedingung der auf die übrigen W1. Wochenmärkte bezogenen Anträge verstanden werden und war ersichtlich so gemeint.
43Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), sind seine außergerichtlichen Kosten nicht erstattungsfähig.
44Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
45Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.