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1. Zu den Anforderungen an einen Spaltenboden für die Kälbermast.
2. Eine tierschutzrechtliche Anordnung auf der Grundlage einer rechtlichen Neubewertung der verordnungsrechtlichen Anforderungen an einen Spaltenboden für die Kälbermast muss mit einer angemessenen Übergangsfrist versehen sein.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Der Kläger ist Landwirt. Er betreibt auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 13. Juni 2006 als Lohnmäster des Unternehmens E. die Kälbermast. Zwei seiner Ställe sind mit Spaltenboden oberhalb von Güllekanälen ausgestattet. Der Spaltenboden besteht aus parallel im Abstand von wenigen Zentimetern zueinander angeordneten Balken aus Bongossiholz, einer Hartholzart. Quer zu den Spalten sind im Abstand von etwa einem Meter zueinander Metallleisten angebracht. Die Kälber werden im Alter von etwa zwei Wochen beim Kläger eingestallt und bis zum Alter von sechs Monaten gemästet. Anschließend werden sie geschlachtet. Zu einem Mastdurchgang gehören ca. 600 Kälber.
3Nach einer örtlichen Überprüfung am 5. März 2010 gelangte der Beklagte zu dem Ergebnis, der Spaltenboden sei unvereinbar mit den Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. In dem über die Überprüfung gefertigten Aktenvermerk heißt es: Die Spaltenweite betrage bis zu 3,0 cm, die Breite der Balken zum Teil weniger als 8,0 cm. Die Balken seien durch die Ausscheidungen der Kälber rutschig und feucht. Trotz der Querleisten seien die Kälber bei Bewegungsaktivitäten oft ausgegrätscht oder auf die Vorderfußwurzelgelenke gefallen. Beim Laufen seien die Kälber mit ihren Klauenspitzen häufig in die Spalten gerutscht, wobei sie unphysiologische Beinstellungen eingenommen hätten.
4Mit Ordnungsverfügung vom 1. April 2010 ordnete der Beklagte unter anderem an, Kälber ab sofort nur noch auf solchen Böden zu halten, die im gesamten Aufenthaltsbereich der Tiere rutschfest und trittsicher sowie so beschaffen sind, dass von ihnen keine Gefahr der Verletzung von Klauen und Gelenken ausgeht, und allen Kälbern eine trockene und überwiegend saubere Liegefläche zur Verfügung zu stellen. Gegen diese Ordnungsverfügung hat der Kläger keine Klage erhoben.
5Bei einer weiteren Überprüfung der Ställe am 3. Mai 2010 beobachteten Mitarbeiter des Beklagten erneut, dass die Kälber bei schnelleren Bewegungen rutschten und mit den Klauen in die Spalten gelangten.
6Unter dem 18. August 2010 wandte sich der Beklagte im Rahmen der Überwachung der Einhaltung prämienrelevanter Vorschriften an das dafür zuständige Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (im Folgenden: MKULNV). Er berichtete: Er halte die Spaltenböden für nicht ausreichend, um die Anforderungen an die Rutschfestigkeit und Trittsicherheit sowie eine bequeme Liegefläche zu erfüllen. Er beabsichtige jedoch, von Sanktionen aus Gründen der Gleichbehandlung abzusehen, weil das Unternehmen E. plausibel angegeben habe, dass Kälber in vielen Mastbetrieben auf Hartholzböden gehalten würden.
7Das MKULNV teilte unter dem 7. Oktober 2010 mit: Bei einer Besprechung der Tierschutzreferenten sei es übereinstimmende Meinung gewesen, dass Hartholz-Spaltenböden nicht das Kriterium der Rutsch- und Trittsicherheit erfüllten sowie keine bequeme Fläche zum Liegen seien. Die Böden seien durch geeignete Maßnahmen, zum Beispiel durch Einfräsen von Rillen oder Gummibelag, tiergerechter zu gestalten.
8Nach vorheriger Anhörung ordnete der Beklagte mit Ordnungsverfügung vom 8. Dezember 2010 in Ergänzung der Ordnungsverfügung vom 1. April 2010 Folgendes an:
9"1. Ab sofort dürfen Sie Kälber nur noch dann in Ihren Betrieb bzw. Ihre Haltung aufnehmen, wenn gewährleistet ist, dass allen Kälbern gleichzeitig eine bequeme, also verformbare, sich den Körperkonturen anpassende Liegefläche ständig zur Verfügung steht.
102. Ab sofort dürfen Sie Kälber nur noch dann in Ihren Betrieb bzw. Ihre Haltung aufnehmen, wenn gewährleistet ist, dass von dem bisher verwendeten Bongossihartholz-Spaltenboden durch Austausch oder geeignete Maßnahmen im Sinne zusätzlicher Vorrichtungen keine Gefahr der Verletzung von Klauen und Gelenken der dort gehaltenen Kälber ausgeht, d. h. bei der Verwendung von Spaltenboden im Laufbereich ist zu gewährleisten, dass bis auf seltene Ausnahmen beim Fußen der Tiere in Richtung des Spaltenverlaufes jeweils beide Klauen eines Fußes auf den Balken fußen und beim Fußen quer zum Spaltenverlauf die Klauen nicht in die Spalten abkippen können. Ferner müssen die Böden trittsicher und rutschfest sein; das heißt, dass verhaltensgerechte Bewegung einschließlich Sprüngen und Laufen möglich sein muss, ohne dass die Tiere mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Auftreten rutschen.
113. Abweichend von der Untersagung der Aufstallung von Kälbern unter Punkt Nr. 1 und 2 gestatte ich Ihnen das Aufstallen von Kälbern in einem ihrer beiden Ställe bis zum 01.04.2011, sofern mir der geplante Umbau des anderen Stalles zur Schaffung kälbergerechter Lauf- und Liegeflächen von Ihnen zuvor glaubhaft nachgewiesen wurde und mir von Ihnen ebenfalls zuvor dargelegt wurde, dass auf die Haltung von Kälbern während der Umbaumaßnahmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht vollständig verzichtet werden kann."
12Gleichzeitig drohte er dem Kläger für den Fall von Zuwiderhandlungen Zwangsgelder an. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Der Spaltenboden erfülle nicht die Anforderungen von § 2 TierSchG i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV. Er werde sehr glatt und stelle, wenn er rutschig sei, eine hohe Verletzungsgefahr dar. Die dauerhafte Haltung auf einem solchen Boden unterbinde in erheblichem Maß das natürliche Bewegungsverhalten der Tiere. Bei Überprüfungen seien die Kälber häufig ausgerutscht. Sie hätten ihren Stand dadurch gesichert, dass sie mit den Klauenspitzen in die Spalten abgekippt seien. Die Kälber hätten sich deutlich vorsichtig bewegt, um Stürze und Ausrutschen zu vermeiden. Sie hätten nicht entsprechend ihrem Normalverhalten laufen und stehen können. Stürze seien ebenso schmerzhaft wie mögliche Verletzungen als Folge des Ausrutschens. Der Boden genüge, weil er extrem hart und mit Querleisten aus Metall versehen sei, auch nicht den Anforderungen an das Liegen von Kälbern. Hierzu zähle nach europarechtlichen Richtlinien, die zur Auslegung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung heranzuziehen seien, das Merkmal bequem. Die Mängel seien geeignet, während der ganzen Mastperiode bis zur Schlachtung andauernde und erhebliche Leiden zu bereiten und Schmerzen sowie Schäden zu verursachen. Die Anordnungen seien auch mit Blick auf die Auswirkungen auf die Berufsausübung des Klägers sowie die Wirtschaftlichkeit der Kälbermast erforderlich. Die rechtlichen Vorgaben existierten seit Jahren und seien hinreichend bekannt.
13Am 17. Dezember 2010 fand im MKULNV eine Besprechung statt, an der Vertreter von Behörden, des Verbandes der Kälberzüchter und des Unternehmens E. teilnahmen. In der Ergebnisniederschrift heißt es: Vertreter der Wirtschaft hätten darauf hingewiesen, das Problem der Rutschigkeit des Bodens stelle sich bei modernem Fütterungsmanagement nicht, weil der Kot der Kälber in diesem Fall eher fest und trocken sei. Es sei dem einzelnen Mäster überlassen, ob er die Trittsicherheit des Bodens durch Veränderungen der Oberflächenstruktur oder der Beschaffenheit des Kots der Kälber gewährleiste. Hinsichtlich der Bequemlichkeit des Bodens bestehe perspektivisch Optimierungsbedarf. Hierzu sollten die Ergebnisse einer Vergleichsstudie unterschiedlicher Böden abgewartet werden.
14Daraufhin kündigte ein Vertreter des Unternehmens E. dem Beklagten an, der Kläger werde die Rutsch- und Trittfestigkeit des Spaltenbodens durch eine Erhöhung des Rauhfutteranteils am Futter der Kälber entscheidend verbessern; hinsichtlich der Bequemlichkeit der Liegeflächen sollten die Ergebnisse einer Studie zur Praxistauglichkeit verschiedener Böden abgewartet werden. Der Beklagte hielt an der Ordnungsverfügung fest und entgegnete: Nr. 1 der Ordnungsverfügung könne ohne größere Umbaumaßnahmen unter anderem durch Gummiauflagen erfüllt werden. Bezogen auf Nr. 2 der Ordnungsverfügung könne unter bestimmten Voraussetzungen von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden.
15Der Kläger hat am 3. Januar 2011 Klage erhoben.
16Während des Klageverfahrens hat er im Jahr 2011 mehrere Buchten eines Stalls mit geschlitzten Gummimatten auslegen lassen. Diese Maßnahme hat der Beklagte als anforderungsgerecht betrachtet. Von einer weitergehenden Verwendung der Gummimatten hat der Kläger abgesehen, nachdem in den so ausgestatteten Buchten die Verunreinigung des Bodens und der Kälber durch Ausscheidungen zugenommen hatte. Er hat um Einräumung einer mehrjährigen Übergangsfrist gebeten, um bei einer dann anstehenden Erneuerung des Spaltenbodens die beste Lösung realisieren zu können. Letzteres hat der Beklagte abgelehnt. Bei einer Überprüfung am 30. September 2011 sind 60 Kälber auf Stroh, 43 Kälber auf Gummimatten und weitere 520 Kälber auf Bongossi-Holzspaltenböden ohne Auflage untergebracht gewesen.
17Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen: Das Halten von Kälbern auf Spaltenböden aus Hartholz, vor allem Bongossiholz, sei seit Jahrzehnten allgemein üblich und in der Vergangenheit als rechtmäßig anerkannt gewesen. Es gebe keinen brauchbaren anderen Boden. Die sonstigen Veterinärbehörden in Nordrhein-Westfalen verlangten keine Umstellung. Ställe für die Kälbermast mit Spaltenböden aus Bongossiholz würden nach wie vor auch in Nordrhein-Westfalen genehmigt. Er, der Kläger, wolle an dem vorhandenen Spaltenboden nicht festhalten. Die eingesetzten Gummimatten erhöhten aber das Risiko von Erkrankungen und die Verunreinigung der Kälber. Sogar die Abnahme der Kälber im Schlachthof werde gefährdet. Der Spaltenboden müsse technisch erst in einigen Jahren ausgetauscht werden. Bis dahin könne abgewartet werden. Der Hersteller der Gummimatten gehe nach eigenen Angaben davon aus, dass die Entwicklung hinsichtlich der Kombination von tragenden Bodenelementen und Gummiauflagen noch andauere. Besonders schwierig sei die Umrüstung vorhandener Spaltenböden wegen des erforderlichen Spaltenanteils an der Gesamtfläche. Die Ordnungsverfügung rufe das Risiko von Fehlinvestitionen bis hin zum wirtschaftlichen Ruin hervor. Der Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Er stelle das Risiko des Ausrutschens der Kälber übertrieben dar. Bei den örtlichen Überprüfungen habe er übermäßige Unruhe in die Ställe gebracht, um die Kälber zu schnellen Bewegungen zu veranlassen. Die Anforderungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV kollidierten mit denjenigen zur Sauberhaltung der Haltungseinrichtungen und der Kälber. Die Normstruktur der Vorschriften lasse eine einseitige Betonung einer einzelnen Anforderung nicht zu. Sie seien wegen unzureichender Bestimmtheit unwirksam. Die Anforderungen des Beklagten an die Liegefläche ließen sich auch aus den einschlägigen europarechtlichen Richtlinien nicht herleiten. Das Merkmal "weich" gelte insofern nicht. Die vom Beklagten angeordneten Merkmale für den Boden seien unbestimmt. Es sei gerade unklar, wie ein tierschutzgerechter Boden beschaffen sein müsse. Auch Gummimatten seien nicht völlig trittsicher.
18Der Kläger hat beantragt,
19die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 8. Dezember 2010 aufzuheben.
20Der Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er hat vorgetragen: Der Spaltenboden genüge auch aus ministerieller Sicht nicht den Erfordernissen. Diese seien seit Jahren bekannt. Die Liegefläche von Kälbern müsse nach gefestigter Auffassung weich sein. Es gebe lediglich ein Vollzugsdefizit, auf welches sich der Kläger aber nicht berufen könne. Er, der Beklagte, wahre das Gebot der Gleichbehandlung bei seinen Maßnahmen. Die geforderten Eigenschaften des Bodens seien in der Ordnungsverfügung zielförmig mit hinreichender Bestimmtheit beschrieben. Sie könnten durch Gummiauflagen erfüllt werden, die ausreichend gereinigt werden könnten und müssten. Die für Umbaumaßnahmen eingeräumte Übergangsfrist sei ausreichend und im Übrigen wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs überholt. Eine Einstreu mit Stroh sei jederzeit möglich. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittle dem Kläger keinen Vertrauensschutz.
23Das Verwaltungsgericht hat zur Frage der Anforderungen an die Bodenausstattung in einem Kälbermastbetrieb nach dem derzeitigen Stand der Technik ein mündliches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. A. eingeholt und der Klage durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, stattgegeben. Es hat ausgeführt: Der vorhandene Spaltenboden genüge unter Berücksichtigung des Stands der Technik den Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Die an die Liegefläche gestellte Anforderung finde in der Verordnung keine Stütze.
24Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten.
25In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte die Regelungen unter Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung vom 8. Dezember 2010 geändert sowie unter Nr. 3 aufgehoben. Dabei hat er als Zeitpunkt, ab dem Kälber nur noch unter den genannten Voraussetzungen aufgenommen werden dürfen, den 1. Januar 2017 bestimmt und die Anforderungen an die Liegefläche neu gefasst.
26Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte ergänzend und vertiefend zu seinem bisherigen Vorbringen vor: Das vom Verwaltungsgericht eingeholte Gutachten trage nicht den Schluss, dass ein Hartholzspaltenboden rutschfest und trittsicher sei. Die Kälber passten vielmehr ihr Verhalten an den Boden an, indem sie artgerechte Bewegungen unterließen. Mindestens Gummiauflagen seien ein fortschrittliches Verfahren, das mit zumutbarem Aufwand die Verletzungsgefahr gegenüber einem Hartholz-Spaltenboden deutlich verringere und den aktuellen Stand der Technik darstelle. Eine Selbstreinigung des Bodens sei nicht erforderlich, sondern werde von Tierhaltern lediglich aus wirtschaftlichen Gründen gewünscht. § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe d TierSchNutztV sei dahin auszulegen, dass der Boden verformbar sein müsse. Das beruhe auf den Grundbedürfnissen von Rindern hinsichtlich des Liegens. Das Anforderungsmerkmal "weich" für den Liegebereich sei in einer früheren Fassung der Verordnung enthalten gewesen. Seine Streichung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung der Tierschutzkommission und Verstoßes gegen die Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig sowie nichtig. Jedenfalls greife insoweit § 2 TierSchG ein. Eine Umrüstung der Ställe sei verhältnismäßig, weil das Interesse der Allgemeinheit an ethischem Tierschutz die wirtschaftlichen Interessen des Klägers überwiege.
27Der Beklagte beantragt,
28das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
29Der Kläger beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend und vertiefend zu seinem bisherigen Vorbringen vor: Angesichts der wirtschaftlichen Tragweite der Ordnungsverfügung setze die hinreichende Bestimmtheit der Anordnungen voraus, dass positiv festgelegt werde, welcher Boden tierschutzgerecht sei. Daran fehle es. Ebenso fehle es an einer überzeugenden Begründung dafür, warum der Spaltenboden, der dem Standard in der Bundesrepublik wie im benachbarten Ausland genüge, gerade bei ihm, dem Kläger, beanstandet werde. Es sei sachgerecht, sich zunächst in der Veterinärverwaltung eine einheitliche Meinung zu bilden. Dabei seien die Rahmenbedingungen des Haltens von Nutzvieh zu berücksichtigen. Die Umstellung auf einen Spaltenboden mit Gummiauflagen könne bei der nächsten Erneuerung des Bodens vorgenommen werden. Die Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung seien innerhalb ihres Anwendungsbereichs abschließend gegenüber § 2 TierSchG. Ein gelegentliches Ausrutschen von Tieren sei kein Indiz für Tierschutzwidrigkeit. Als Folge einer inzwischen vorgenommenen Veränderung der Fütterung der Kälber sei deren Kot gegenwärtig fester und seien die Holzbalken in der Regel trocken. Die Kälber rutschten praktisch nicht mehr und seien sauberer.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte VG Minden 2 L 47/12 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die Berufung hat keinen Erfolg.
35Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 8. Dezember 2010 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung erklärten Änderungen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36Als Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung kommen § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2182 - TierSchG n. F.), die während des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle der wortgleichen § 16a Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG in der zuvor geltenden Fassung (TierSchG a. F.) getreten sind, in Betracht. § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 TierSchG n. F. sind maßgeblich, weil die Anordnungen der Ordnungsverfügung auf Dauer angelegt sind. Die Regelungen, nach denen der Kläger Kälber nur noch dann in seinen Betrieb bzw. seine Haltung aufnehmen darf, wenn die bezeichneten Voraussetzungen gegeben sind, erschöpfen sich nicht in einer einmaligen Verpflichtung des Klägers, sondern begründen ein auf Dauer gerichtetes Verbot für den Fall, dass der Boden der Haltungseinrichtungen die geforderten Eigenschaften und Merkmale nicht aufweist. Für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines solchen Dauerverwaltungsakts kommt es regelmäßig und so auch hier auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung an.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Oktober 2014 - 9 B 32.14 -, juris, und vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
38Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG n. F. trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG n. F.).
39Es ist zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, was die Veranlassung zum behördlichen Einschreiten durch die ergangenen Anordnungen angeht.
40Hinsichtlich des vom Beklagten wegen der Härte des Spaltenbodens und der Querleisten bezogen auf Nr. 1 der Ordnungsverfügung angenommenen Verstoßes gegen ein Erfordernis, Kälbern eine durch das Körpergewicht verformbare Liegefläche zur Verfügung zu stellen, ist zu bedenken, dass die Verformbarkeit der Liegefläche nicht zu den ausdrücklich normierten zwingenden Eigenschaften des Liegebereichs von Kälber gehört. Nach § 5 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 TierSchNutztV in der geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043) muss Kälbern im Stall ein trockener Liegebereich zur Verfügung stehen. Der Boden des Stalls muss im ganzen Liegebereich so beschaffen sein, dass er die Erfordernisse für das Liegen erfüllt, insbesondere dass eine nachteilige Beeinflussung der Gesundheit der Kälber durch Wärmeableitung vermieden wird (§ 6 Abs. 2 Buchstabe d TierSchNutztV). Das durch § 5 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 TierSchNutztV in der ursprünglichen Fassung vom 25. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2758) als weitere Eigenschaft des Liegebereichs vorgegebene Merkmal "weich", das als "verformbar" verstanden werden kann, ist durch Art. 1 Nr. 3a der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 (BGBl. I S. 1804) gestrichen worden. Als Grund hierfür wurde genannt, dass die in der Praxis der Spaltenböden verwendeten Balken naturgemäß nicht weich sein könnten und für die Kälberhaltung geeignete Gummiauflagen fehlten, weshalb die Vorschrift ins Leere laufe.
41Vgl. BR-Drucks. 119/06 (Beschluss), S. 14.
42Ausgehend hiervon und mit Blick darauf, dass § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c TierSchNutztV Spaltenboden ohne elastische Ummantelung oder Auflage ersichtlich als praktisch verwendungsfähig voraussetzt, ohne dabei zwischen Liege- und Laufbereich zu differenzieren, ist im Hinblick auf die Zweifel des Beklagten an der Wirksamkeit der Streichung des Merkmals "weich" zu berücksichtigen, dass es sich bei der Streichung um die Ausräumung eines inneren Widerspruchs zwischen gegenläufigen Vorschriften gehandelt haben kann, die dazu gedient hat, die sonst gegebene Unwirksamkeit der widersprüchlichen Regelungen zugunsten der Wirksamkeit einer der betroffenen Regelungen zu beheben. Hierfür spricht auch, dass Spaltenböden aus Hartholz, das offensichtlich nicht "weich" in dem Sinne ist, dass es durch das Körpergewicht der Kälber beim Liegen verformt würde, in der Praxis der Kälbermast seit Jahren weit verbreitet sind oder zumindest waren, ohne dass dies behördlich beanstandet worden wäre und ohne dass Anhaltspunkte für ein insoweit maßgebliches behördliches Fehlverständnis oder Fehlverhalten bestünden. Nach dem Ergebnisbericht über die am 17. Dezember 2010 beim MKULNV stattgefundene Besprechung waren sich die Teilnehmer einig, dass bezogen auf die Bodeneigenschaften "weich" und "bequem" "perspektivisch Optimierungsbedarf" bestand und abhängig von den Ergebnissen eines praktischen Vergleichs verschiedener Böden über mittelfristig zu ergreifende bauliche Maßnahmen entschieden werden sollte.
43Soweit sich der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass seit einiger Zeit Gummimatten als Auflagen für Spaltenböden erhältlich sind, deren Einsatz einen "weichen", also durch das Körpergewicht verformbaren, Liegebereich schafft, ändert die technische Fortentwicklung nichts an dem durch die Streichung des Merkmals "weich" festgelegten derzeitigen Regelungsgehalt von § 5 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 TierSchNutztV.
44Die vom Beklagten vertretene Ableitung des Erfordernisses der Verformbarkeit des Liegebereichs aus den durch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umgesetzten europarechtlichen Richtlinien erschließt sich nicht ohne Weiteres.
45Zum einen besagt das allenfalls einschlägige Erfordernis, dass die Fläche zum Liegen "bequem" sein muss (Nr. 10 des Anhangs 1 der Richtlinie 2008/119/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern), nicht ohne Weiteres, dass hiermit auch die Verformbarkeit der Liegefläche gemeint ist. Immerhin ist in engem Zusammenhang mit diesem Erfordernis nur für Kälber unter zwei Wochen eine Einstreu, also ein verformbares Material, vorgeschrieben worden. Dementsprechend könnte daran zu denken sein, dass mit "bequem" die Körperhaltung beim Liegen bzw. beim Hinlegen und Aufstehen beschrieben wird. In diesem Sinne ist das Merkmal, das bereits in Nr. 10 des Anhangs der Richtlinie des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern (91/629/EWG), der Vorgängerregelung zur Richtlinie vom 18. Dezember 2008, enthalten war, bei deren Umsetzung durch die Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 (BGBl. I S. 1977) verstanden worden. Die Erfordernisse für das Liegen wurden durch die Kälberhaltungsverordnung unter anderem dahingehend konkretisiert, dass die Kälber ungehindert liegen, aufstehen, sich hinlegen und eine natürliche Körperhaltung einnehmen können mussten (§ 3 Nr. 1). Im Blick stand das arttypische Bewegungs- und Ruheverhalten.
46Vgl. BR-Drucks. 612/92, S. 14.
47Zum anderen setzt die Einbeziehung des Merkmals "bequem" in den Regelungsgehalt der §§ 5 f. TierSchNutztV voraus, dass diese Regelungen trotz ihres Wortlauts und der Streichung des früheren Merkmals "weich" einer entsprechenden Auslegung zugänglich sind. Das ist keineswegs selbstverständlich. Die vom Beklagten insoweit erwogene richtlinienkonforme Auslegung der Regelungen ist ein Mittel, um einen nach nationalem Recht bestehenden Auslegungsspielraum auszuschöpfen, aber keine zulässige Methode, um eine unterbliebene oder fehlerhaft vorgenommene Umsetzung in nationales Recht entgegen dessen Wortlaut der Sache nach zu ersetzen bzw. zu korrigieren.
48Was schließlich den Rückgriff des Beklagten auf die Anforderungen nach § 2 TierSchG anbelangt, um eine seiner Meinung nach für den Fall der fehlenden verordnungsrechtlichen Vorgabe des Erfordernisses der Verformbarkeit bestehende Lücke bei den durch die §§ 5 f. TierSchNutztV vorgeschriebenen Merkmalen des Liegebereichs zu schließen, ist zu berücksichtigen, dass dies der Funktion der zuletzt genannten Vorschriften zuwiderlaufen könnte. § 2a TierSchG, der zu den Ermächtigungsgrundlagen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gehört, dient dazu, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 TierSchG durch eine Verordnung näher bestimmen zu können. Einer solchen näheren Bestimmung ist immanent, dass die Anforderungen durch die Verordnung verbindlich konkretisiert werden, was bei der vorliegend betroffenen Nutztierhaltung unter Einbeziehung des Gesichtspunkts des notwendigen Ausgleichs zwischen den Belangen des Tierschutzes sowie der Halter zu geschehen hat. Das Verfahren zum Zustandekommen der Verordnung bietet zugleich Raum für die sorgfältige fachliche Fundierung der Konkretisierung der Anforderungen über den Einzelfall und vereinzelte fachliche Meinungen hinaus. Hiervon ausgehend ist zudem jedenfalls fraglich, ob die durch die §§ 5 f. TierSchNutztV vorgenommene Konkretisierung gerade hinsichtlich des dort nicht normierten Anforderungsmerkmals "verformbar" einen Rückgriff auf § 2 TierSchG erfordert, zumal auch diese Vorschrift diesbezüglich nichts Ausdrückliches regelt.
49Zweifel am Bestehen eines tierschutzwidrigen Zustands sind auch hinsichtlich des vom Beklagten bezogen auf Nr. 2 der Ordnungsverfügung angenommenen Verstoßes gegen die sich aus § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a und b, § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV ergebenden Anforderungen an den Aufenthaltsbereich der Kälber angebracht. Nr. 2 Satz 1 der Ordnungsverfügung liegt ein vermeintlicher Verstoß gegen die Anforderungen an die gesundheitliche Gefahrlosigkeit des Bodens zugrunde; Nr. 2 Satz 2 der Ordnungsverfügung beruht auf der Annahme eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Rutschfestigkeit und Trittsicherheit des Bodens. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a TierSchNutztV müssen Ställe mit einem Boden ausgestattet sein, der im ganzen Aufenthaltsbereich der Kälber und in den Treibgängen rutschfest und trittsicher ist. Sofern der Boden Löcher, Spalten oder sonstige Aussparungen aufweist, muss er so beschaffen sein, dass von diesen keine Gefahr der Verletzung von Klauen oder Gelenken ausgeht (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b TierSchNutztV). Dadurch werden für Kälber in Ställen die allgemeinen Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Nutztiere konkretisiert, zu denen gehört, dass Haltungseinrichtungen nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sein müssen, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV).
50Vorliegend sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Spaltenboden aus Bongossiholz, auf dem der Kläger die ganz überwiegende Anzahl der Kälber hält, im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung derart rutschig gewesen sein dürfte, dass die Kälber bei Bewegungen keinen annähernd sicheren Stand hatten, so dass sie mit den Klauen in die Spalten rutschen und sich hierbei an Klauen oder Gelenken oder bei Stürzen auch an anderen Körperteilen verletzen konnten. Der Beklagte hat das bei mehreren örtlichen Überprüfungen, unter anderem am 5. März 2010, anhand der Bewegungen der Kälber festgestellt. Seine Feststellungen zur Rutschigkeit des Bodens und die von ihm hierzu aus dem Verhalten der Kälber gezogenen Rückschlüsse decken sich mit den Ergebnissen der Untersuchung der Auswirkungen unterschiedlicher Böden bei der Kälberhaltung, die dem mündlich erstatteten Gutachten des vom Verwaltungsgericht herangezogenen Sachverständigen Prof. Dr. A. zugrunde liegen. Danach waren Kälber auf einem Bongossi-Spaltenboden kaum aktiv, wenn der Boden verschmutzt war, und rutschten sie dennoch häufig aus; selbst bei sauberem Boden rutschten die Kälber doppelt so häufig aus, wie sie spielten.
51Vgl. A. , Vier Kälber-Böden im Praxistest, top agrar 2012, R 28.
52Das trägt den Schluss, dass ein Spaltenboden aus Bongossiholz das Bewegungsverhalten der Kälber beeinflusst und er sogar dann, wenn sich die Kälber bei ihren Bewegungen auf den Boden einstellen, ausgesprochen rutschig ist, wenn er als Folge der Ausscheidungen der Kälber verunreinigt und feucht bzw. nass ist. Die Darstellung des Beklagten, dass die Kälber, geraten sie ins Rutschen, mit ihren Klauen in den Spalten Halt suchen und sich hierbei oder dann, wenn sie den Stand verlieren und stürzen, an den Klauen oder den Gelenken oder sonstigen Körperteilen mit einem für die Annahme einer Gefahr zureichenden Grad an Wahrscheinlichkeit verletzen können, ist plausibel und nachvollziehbar.
53Der Kläger räumt die seinerzeitige Rutschigkeit des Spaltenbodens auch ein, indem er darauf verweist, die hierfür wesentliche Ursache sei durch eine inzwischen vorgenommene Veränderung der Fütterung der Kälber, durch die der hohe Feuchtigkeitsgrad und der Fettgehalt des Kots vermindert sowie der Faseranteil erhöht worden seien, weggefallen. Auch bei der erwähnten Besprechung beim MKULNV war die Rutschigkeit von Spaltenböden aus Bongossiholz bei der herkömmlichen Fütterung und in Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Kots der Kälber nicht streitig. Uneinigkeit bestand zwischen den Teilnehmern an der Besprechung lediglich dahingehend, ob das Problem der Rutschigkeit dieser Spaltenböden mittels hieran angepasster Fütterung der Kälber bewältigt werden kann.
54Nicht ausgeschlossen ist aber, dass die Kälber der Rutschigkeit des Spaltenbodens durch hieran angepasstes Bewegungsverhalten soweit Rechnung tragen konnten und getragen haben, dass es im Normalbetrieb ohne situationsbedingte vorübergehende Unruhe in den Ställen zumindest nicht in größerer Häufigkeit tatsächlich zum Ausrutschen und dem Verlust der Standsicherheit sowie zu Verletzungen gekommen ist. Angesichts der generell mit der Haltung von Kälbern in Ställen nach Maßgabe der §§ 5 ff. TierSchNutztV verbundenen Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten dürfte es nicht von vornherein ausgeschlossen sein, die Rutschfestigkeit und Trittsicherheit des Bodens sowie die gegebenenfalls durch ihn verursachten Gefahren für die Gesundheit der Kälber unter Einbeziehung dieser Anpassung zu beurteilen. Dafür spricht wiederum, dass ein Spaltenboden, wie er in den Ställen des Klägers vorhanden ist, in der Kälbermast seit langem ohne behördliche Beanstandungen üblich ist bzw. war. Sollte ein solcher Spaltenboden nicht in einem Maße rutschfest und trittsicher sein, welches notwendig ist, damit die Kälber nicht von nach Art und/oder Häufigkeit auffälligen gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen werden, wäre es unverständlich, dass sich diese Haltungsform in der Vergangenheit trotz der seit der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 inhaltlich im Wesentlichen unverändert gebliebenen Anforderungen hat durchsetzen und halten können. Daran ändert nichts, dass Gummiauflagen auf Spaltenböden, die nach dem Dafürhalten des Beklagten für die Kälbermast geeignet sind, weil sie rutschfester und trittsicherer sowie wegen der Nachgiebigkeit des Materials vorteilhaft in Bezug auf die Abwehr von Gesundheitsgefahren beim Ausrutschen sind, erst seit der jüngeren Vergangenheit erhältlich sind. Spaltenböden sind eine mögliche Haltungsform, die seit der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 - auch hinsichtlich elastisch ummantelter Balken (§ 2 Nr. 4 Satz 1) - geregelt wird. Darüber hinaus hat der erstinstanzliche Sachverständige Prof. Dr. A. einen Spaltenboden aus Bongossiholz nach der von ihm durchgeführten vergleichenden Untersuchung des Verhaltens von Kälbern (auch) unter dem Blickwinkel des Ausrutschens als "geeignet" eingestuft.
55Ferner hat der Kläger nach seinen Angaben die Fütterung der Kälber derart umgestellt, dass als Folge eines höheren Rauhfutteranteils und dessen Auswirkungen auf die Beschaffenheit der Ausscheidungen der Tiere die Rutschigkeit des vorhandenen Spaltenbodens so stark abgenommen hat, dass die vom Beklagten vor Erlass der Ordnungsverfügung getroffenen Feststellungen überholt sind. Eine solche Änderung der Fütterung war in der erwähnten Besprechung beim MKULNV als Lösungsmöglichkeit zur Gewährleistung der Rutschfestigkeit und Trittsicherheit erwogen und von den Vertretern der Veterinärbehörden nicht als aussichtslos verworfen worden. Der Beklagte hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass die neue Fütterungsmethode entgegen dem Vorbringen des Klägers, der Spaltenboden sei überwiegend trocken und nicht (mehr) rutschig, nicht greift.
56Bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht danach ebenfalls nicht fest, dass von dem Spaltenboden eine Gefahr der Verletzung von Klauen und Gelenken der Kälber ausgeht. Angesichts der grundsätzlichen Anerkennung der Eignung auch von nicht elastisch ummantelten oder nicht mit elastischen Auflagen versehenen Spaltenböden durch § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c TierSchNutztV trägt der Umstand, dass die Klauen der Kälber auch bei einem rutschfesten und trittsicheren Boden ganz oder teilweise in die Spalten geraten können, als solcher schwerlich den Schluss, dass ein den in dieser Vorschrift genannten Abmessungen genügender sowie rutschfester und trittsicherer Spaltenboden eine Gefahrenquelle im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b TierSchNutztV bildet. Nichts anderes folgt daraus, dass die Gummiauflagen nach Meinung des Beklagten ein Mittel darstellen, um den Stand der Technik zum Ausschluss von Verletzungen oder sonstigen Gefährdungen der Gesundheit zu verwirklichen. Die Orientierung des Beklagten an dem nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV als allgemeine Anforderung an die Bauweise, die Materialien und den Zustand von Haltungseinrichtungen einzuhaltenden Stand der Technik kann dem Einwand begegnen, dass § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV die spezielle Vorschrift ist und durch die zwingend vorgeschriebenen Ausstattungsmerkmale ("müssen … ausgestattet sein") den Stand der Technik abbildet.
57Das bedarf insgesamt aber keiner abschließenden Entscheidung. Genügt der Spaltenboden im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den mit den streitigen Anordnungen der Ordnungsfügung aufgegriffenen Anforderungen, ohne dass für die Zukunft Verstöße hinreichend wahrscheinlich sind, ist die Ordnungsverfügung schon deshalb rechtswidrig. Besteht dagegen für den Beklagte ausreichende Veranlassung zum Einschreiten, hat er von seiner Befugnis zum Erlass von Anordnungen jedenfalls nicht fehlerfrei Gebrauch gemacht.
58Dabei kann zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass die Anordnungen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW) wahren. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsakts verlangt, dass der Adressat in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Ferner muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können.
59Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Juli 2008 - 7 C 38.07 -, BVerwGE 131, 259, und vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, NVwZ 2005, 933.
60An einem derart klaren Aussagegehalt der Anordnungen bestehen deshalb Zweifel, weil der Beklagte die Bedingungen, unter denen der Kläger Kälber aufnehmen und halten darf, lediglich in Gestalt von herbeizuführenden Eigenschaften und Merkmalen des Bodens bezeichnet hat, ohne die Mittel anzugeben, mit denen der Boden in einen solchen Zustand zu versetzen ist, und auch der zielförmig beschriebene Zustand des Bodens deutliche Unschärfen aufweist. Zwar ist anerkannt, dass das Bestimmtheitsgebot bei einer Ordnungsverfügung nicht stets die Benennung der zum Erreichen des geforderten Erfolgs zu ergreifenden Mittel verlangt, sondern durch die Bezeichnung bestimmt gefasster Ziele gewahrt werden kann.
61Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Beschluss vom 22. April 1996 - 11 B 123.95 -, NVwZ-RR 1997, 278; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rn. 33; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 37 Rn. 5.
62Das setzt aber voraus, dass das Ziel so eindeutig und unmissverständlich beschrieben ist, dass sich aus ihm die einzusetzenden Mittel entwickeln lassen. Insoweit bestehen trotz der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärten Änderungen der Ordnungsverfügung Bedenken.
63Die geforderten Eigenschaften und Merkmale des Bodens sind mit Begriffen umschrieben, die erheblichen Raum für unterschiedliche subjektive Vorstellungen von dem lassen, was als Ergebnis von Änderungen an dem Spaltenboden notwendig ist, um die Festsetzung der angedrohten Zwangsgelder zu vermeiden. Das gilt auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Erläuterungen zu den abstrakt gefassten Begriffen. Es ist durchaus verschiedenen Meinungen zugänglich, was eine vom Gewicht des Kalbes verformbare Liegefläche im Detail ausmacht, bei welchem Spaltenboden bzw. bei welcher Vorrichtung auf dem Boden die Klauen der Kälber auf den Balken fußen und nicht in die Spalten abkippen können und wann verhaltensgerechte Bewegungen möglich sind, ohne beim Auftreten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rutschen. Ins Gewicht fällt dabei, dass die einzelnen Eigenschaften und Merkmale in ihrer Gesamtheit und Kombination auch mit den sonstigen Faktoren für die ordnungsgemäße Beschaffenheit des Bodens gleichzeitig erreicht werden müssen und dass es sich insgesamt um Einzelheiten bei der genauen Umsetzung von in den Umrissen vorgegebenen Faktoren im Sinne einer trennscharfen Bezeichnung der jeweiligen Schwelle zum Verstoß handelt. Ein einschlägiges technisches Regelwerk, das näheren Aufschluss geben würde, oder eine anerkannte fachliche Zusammenstellung von zielführenden Maßnahmen hat der Beklagte nicht benannt. Die Ordnungsverfügung soll gerade eine Änderung eines in der Praxis der Kälbermast gebräuchlichen Standards bewirken, ohne dass in den betroffenen Fachkreisen Einvernehmen darüber besteht, mit welchen baulichen, technischen oder betrieblichen Maßnahmen Abhilfe unter Berücksichtigung möglichst aller Anforderungen geschaffen werden kann bzw. soll. Es ist nicht erkennbar, dass bei denjenigen, die mit der landwirtschaftlichen Kälberhaltung, vor allem der Kälbermast in Gestalt der Intensivmast, fachlich und/oder praktisch befasst sind, Übereinstimmung darüber besteht, welches Maß an Festigkeit oder Nachgiebigkeit ein Boden aufweisen muss, um als durch das Körpergewicht verformbar gekennzeichnet zu werden, bei welcher technischen Gestaltung eines Spaltenbodens sich die geforderte Stellung der Klauen ergibt und wann ein Boden trittsicher und rutschfest ist. Die unterschiedlichen Standpunkte, die bei der bereits angesprochenen Besprechung im MKULNV vertreten worden sind, sprechen dagegen.
64Die Unschärfe der bezeichneten Eigenschaften und Merkmale des Bodens wird zwar dadurch abgemildert, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Nr. 1 der Ordnungsverfügung dahingehend ergänzt hat, die Anordnung zur Verfügbarkeit einer verformbaren Liegefläche sei im Fall der Aufbringung einer Gummiauflage oder der Einstreu erfüllt. Als Gummiauflage gemeint ist das Produkt, das der Kläger auf einer Teilfläche des Spaltenbodens verlegt hat und dementsprechend bekannt ist. Die Produkteigenschaften dieser Gummiauflage engen den Rahmen der möglichen Mittel zur Zielerreichung und damit auch das Ziel selbst beispielhaft konkretisierend ein. Ob angesichts des Vorverständnisses eines tierhaltenden Landwirts Entsprechendes für die Einstreu gilt, deren Material und Schichtdicke offen bleibt, ist ungewiss. Auch dann, wenn man die erklärte Ergänzung über ihren Wortlaut hinaus auf die Trittsicherheit und Rutschfestigkeit im Sinne von Nr. 2 Satz 2 der Ordnungsverfügung bezieht, bleibt aber offen, ob bzw. wie sich die Gummiauflage zu der in Nr. 2 Satz 1 der Ordnungsverfügung vorgeschriebenen Stellung der Klauen verhält. Die vom Kläger verwendeten Gummiauflagen weisen wie der Spaltenboden Schlitze auf, in die die Klauen abkippen können mit der möglichen Folge von Verletzungen der Klauen und Gelenke. Erwägenswert ist angesichts der Präzisierung der geforderten Gefahrlosigkeit im Sinne von Nr. 2 Satz 1 der Ordnungsverfügung durch die allein Spaltenböden betreffende Erläuterung ("d. h. bei der Verwendung von Spaltenboden") ferner, dass diese Anforderung nur zum Tragen kommen soll, wenn ein harter Spaltenboden ohne Auflagen eingesetzt wird.
65Auch das kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn die Anordnungen genügen unabhängig davon, ob sie hinreichend bestimmt gefasst sind, jedenfalls nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der das Ermessen, das dem Beklagten hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung von Anordnungen zur Verhinderung von Verstößen zukommt, begrenzt.
66Dabei kann entsprechend dem Vorstehenden zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass die geforderten Eigenschaften und Merkmale des Bodens in dem Sinne erforderlich sind, dass ein tierschutzgerechter Zustand nicht mit für den Kläger milderen Mitteln erreicht werden kann, vor allem nicht bezogen auf Nr. 2 der Ordnungsverfügung mit der Umstellung der Fütterung geschaffen worden ist. Auch ist der angeordnete Zustand des Bodens geeignet, den vom Beklagten mit der Ordnungsverfügung verfolgten Zweck zu fördern.
67Jedoch wahren die Anordnungen nicht die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Verpflichtung, Kälber ausschließlich unter den in der Ordnungsverfügung genannten Voraussetzungen aufzunehmen, führt beim Kläger zu einem Nachteil, der erkennbar außer Verhältnis zu dem erstrebten Erfolg steht (§ 15 Abs. 2 OBG).
68Die Verpflichtung ist, wenn es sich bei den streitigen Anforderungen um zwingende Voraussetzungen der Kälberhaltung handeln sollte, unangemessen und unzumutbar, was ihre zeitliche Geltung anbelangt. Die Anforderungen sind vom Kläger nach der ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gesetzten Frist spätestens ab dem 1. Januar 2017 zu befolgen. Die ihm in der Ordnungsverfügung ursprünglich durch deren Nr. 3 zugestandene gestufte Übergangsfrist ist weggefallen, so dass er nunmehr zum 1. Januar 2017 sämtliche Stallflächen in den geforderten Zustand versetzt haben muss, will er die Kälbermast im derzeitigen Umfang weiter betreiben. Nimmt er die Umrüstung nicht vor, kommt die Kälbermast mit Ausnahme der verhältnismäßig wenigen Stallplätze, die mit Gummiauflagen versehen oder auf Stroh eingerichtet sind, zum Erliegen. In diesem Fall fällt der Betriebszweig Kälbermast als zumindest wesentlicher Teil der wirtschaftlichen Lebensgrundlage des Klägers weg. Die Anpassung der Ställe an die Anforderungen des Beklagten erfordert neben finanziellen Investitionen entsprechende Planungen, Entscheidungsprozesse und bauliche Maßnahmen.
69Die dem Kläger zugestandene Übergangsfrist ist auch in der Fassung, die sie in der mündlichen Verhandlung erhalten hat, nicht der Tragweite angemessen, die die in der Ordnungsverfügung genannten Anforderungen für seine Kälbermast haben.
70Der Kläger betreibt die Kälbermast beruflich in eigenen Ställen. Er wird in dieser Tätigkeit und der Nutzung seines Eigentums geschützt durch die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG. Neue Anforderungen müssen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes mit ausreichend schonenden Übergangsregelungen versehen sein, die es dem Tierhalter ermöglichen, sich auf die Neuerungen einzustellen.
71Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 -, NVwZ 2009, 650, und vom 9. Dezember 2004 - 3 C 7.04 -, NVwZ-RR 2005, 399.
72Bei der Bemessung von Übergangsfristen sind sowohl die Rechte der betroffenen Tierhalter als auch die Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zwar nicht zu einer Übergangsregelung, die jedem Betroffenen die Fortsetzung der Tätigkeit ohne Rücksicht auf deren Umfang oder bis zur vollständigen Amortisation getätigter Investitionen ermöglichen.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 -, a. a. O.
74Jedoch rechtfertigen auch die Belange des Tierschutzes keine plötzliche Veränderung wesentlicher rechtlicher Rahmenbedingungen für die Nutztierhaltung. Belange des Tierschutzes und die Grundrechte der Tierhalter sind miteinander in einen verträglichen Ausgleich zu bringen. Im Einklang hiermit sieht die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bei neuen Anforderungen an das Halten von Nutztieren regelmäßig mehrjährige Übergangsfristen vor.
75Vgl. zu Kälbern etwa § 13 TierSchNutztV in der Fassung vom 25. Oktober 2001.
76Diese Fristen sind, weil sie abstrakt für eine Vielzahl von Tierhaltungen gelten sollen, auf als typisch oder repräsentativ betrachtete Sachverhalte zugeschnitten. Im Hinblick auf Böden für Kälberställe betrug nach der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 die Übergangsfrist für die nach wie vor geltenden Anforderungen an die Rutschfestigkeit und Trittsicherheit zwei Jahre (§ 2 Nr. 2, § 14 Satz 2 Nr. 1), diejenige für die ebenfalls unverändert gebliebenen Anforderungen an die Auftrittsbreite der Balken und die Spaltenweite bei Spaltenböden, die in engem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Einsatz elastischen Bodenmaterials stehen, sechs Jahre (§ 2 Nr. 4, § 14 Satz 2 Nr. 3). Diesen Fristen liegt ersichtlich nicht zuletzt die Erwägung zugrunde, dass die Haltung von Nutztieren, zu denen Kälber gehören, in der gegebenen Gesamtsituation der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung notwendig (betriebs-)wirtschaftlich ausgerichtet ist und unvermeidbar mit Einschränkungen der artgemäßen Bedürfnisse der Tiere einhergeht. Auch zählt der Boden von Ställen typischerweise zu den auf eine mehrjährige Nutzungsdauer ausgerichteten erheblichen Investitionen. § 1 Satz 2 TierSchG n. F. schützt Tiere nicht schlechthin vor Beeinträchtigungen, sondern verbietet das Zufügen von Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund. Die Produktion von Lebensmitteln durch die Mast von Kälbern ist jedenfalls im Ansatz ein vernünftiger Grund in diesem Sinn.
77Die Erwägungen des Beklagten zur zeitlichen Ausgestaltung der Anforderungen rechtfertigen die verfügte Dauer der Übergangsfrist nicht. Sie blenden zugunsten des Klägers erheblich ins Gewicht fallende Gesichtspunkte aus und überbetonen die mit der Ordnungsverfügung abzuwehrenden Beeinträchtigungen der Kälber.
78Der vom Beklagten hervorgehobene Umstand, dass die Regelungen vor allem von § 5 Satz 1 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a, b und d TierSchNutztV inhaltlich seit Jahren, abgesehen von der Streichung des früher in § 5 Satz 1 Nr. 1 TierSchNutztV genannten Anforderungsmerkmals "weich", unverändert geblieben sind, übergeht, dass die Regelungen, was ihre Anwendung auf Spaltenböden aus Hartholz anbelangt, in der Verwaltungspraxis und der Praxis der Kälberhaltung in der Vergangenheit anders gehandhabt worden sind. Das führt dazu, dass der Ablauf der diesbezüglich verordnungsrechtlich geregelten Übergangsfristen nicht zuungunsten des Klägers durchschlägt und der Beklagte sich nicht auf die vom Verordnungsgeber vorgenommene Typisierung der Übergangsfristen berufen kann, sondern dass es mangels sonstigen einheitlichen/standardisierten Vorgehens auf die konkreten Umstände im Einzelfall und die individuellen Dispositionen des Klägers ankommt. Die Ordnungsverfügung beruht maßgeblich auf einer vom Beklagten vertretenen Änderung der für die Rechtsanwendung bei der Kälbermast letztlich entscheidenden behördlichen Auffassung zur (Un-)Vereinbarkeit der Spaltenböden mit dem seit langem geltenden Regelwerk und damit auf einer rechtlichen Neubewertung der Spaltenböden, die in ihren Auswirkungen auf den Kläger einer Änderung der Regelungen selbst gleichkommt. Von einer geänderten rechtlichen Ausgangssituation geht der Sache nach auch der Beklagte aus, indem er sich darauf stützt, dass der Stand der Technik bei Spaltenböden durch die Verfügbarkeit und zunehmende Anwendung von Gummiauflagen fortgeschritten sei. Dem Kläger wird durch die Anwendung der Regelungen mit dem Aussagegehalt, den sie nach Auffassung des Beklagten haben, ein Standard abverlangt, der früher unter Geltung genau dieser Regelungen auch im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten nicht üblich war und außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereichs des Beklagten weiterhin nicht üblich ist. Spaltenböden aus Hartholz, vor allem aus Bongossiholz, sind, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, in der Kälbermast seit langem weit verbreitet. Die Ausstattung der Ställe des Klägers mit einem solchen Boden ist im Zuge der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur wesentlichen Änderung und zum geänderten Betrieb der Kälbermast-Anlage vom 13. Juni 2006 nicht beanstandet worden, obwohl tierschutzrechtliche Erfordernisse der Tierhaltung zu den Genehmigungsvoraussetzungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) zählen. Hinsichtlich der geforderten Liegefläche kommt, wie ausgeführt, hinzu, dass noch mit der Zweiten Änderungsverordnung vom 1. August 2006 das früher angeführte Merkmal "weich" gestrichen worden ist. Die Streichung mag, was der Beklagte geltend macht, mit Blick auf höherrangiges Recht rechtlichen Bedenken begegnen. Der Kläger muss sich aber grundsätzlich darauf verlassen können, dass das geschriebene Recht in Gestalt der jeweils aktuell bekannt gemachten Fassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für ihn verbindlich ist. Das gilt umso mehr deshalb, weil das Merkmal "weich" bei Spaltenböden aus Hartholz auch früher in der Verwaltungspraxis überhaupt nicht als zwingendes Erfordernis gesehen und umgesetzt worden ist.
79Zudem besteht in Fachkreisen der Kälbermast Ungewissheit darüber, ob bzw. in welchen Zeiträumen bestehende Kälbermastanlagen mit Spaltenböden aus Hartholz im Sinne der Anforderungen des Beklagten zu verändern sind, so dass die Ordnungsverfügung die Stellung des Klägers im wirtschaftlichen Wettbewerb verschlechtert. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass derartige Anlagen aufgrund behördlichen Einschreitens auch nur landesweit in Nordrhein-Westfalen mit Gummiauflagen ausgerüstet werden (müssen). Der vom Beklagten angesprochene behördliche Umgang mit Neuanlagen gibt hierüber keinen Aufschluss, zumal nach Angaben des Klägers Ställe mit Spaltenboden ohne Gummiauflagen bzw. sonstiges elastisches Material bis in die Gegenwart oder die jüngste Vergangenheit hinein genehmigt worden sind. In der mehrfach erwähnten Besprechung beim MKULNV am 17. Dezember 2010 ist bezogen auf die Bequemlichkeit der Spaltenböden aus Hartholz lediglich "perspektivisch" ein Optimierungsbedarf angenommen worden, wobei eine Entscheidung über mittelfristig vorzunehmende bauliche Maßnahmen für den Zeitraum nach Vorlage einer Studie ins Auge gefasst war, deren Ergebnisse bis 2013 erwartet worden waren und bislang nicht bekannt geworden sind. Ein alsbaldiger Handlungsbedarf, wie er den Anordnungen der Ordnungsverfügung auch nach deren Änderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugrunde liegt, wurde nicht erkannt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, das nach derzeitiger Rechtslage in Fällen der gegebenen Art wieder als Widerspruchsbehörde tätig wird und damit als landesweites Steuerungsinstrument mit fachaufsichtlichem Charakter vereinheitlichend fungieren kann, hat sich unter dem 4. Februar 2011 für eine landeseinheitliche Vorgehensweise ausgesprochen und dabei angeführt, dass es bislang keine Untersuchungen zur Verwendung von gummierten und auf Bongossiholz aufzubringenden Bodenbelägen bei Kälbern gebe. Eine anderslautende Einschätzung des Landesamts aus jüngerer Zeit ist nicht erkennbar. Auch in einer Stellungnahme zu einer möglichen Aufhebung der streitigen Ordnungsverfügung hat das Landesamt keine Anhaltspunkte angeführt, die dafür sprechen würden, dass die vom Beklagten festgesetzten Voraussetzungen für die Aufnahme von Mastkälbern zur Vermeidung tierschutzwidriger Beeinträchtigungen der Kälber ab dem verfügten Zeitpunkt gelten sollen oder müssen.
80Die Anforderungen nach Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung hängen ferner inhaltlich derart eng zusammen, dass dem Kläger nicht zugemutet werden kann, jedenfalls einer der beiden Regelungen innerhalb der ihm gesetzten Frist nachzukommen. Beide Regelungen beziehen sich auf die materialmäßige Beschaffenheit des Bodens. Gesonderte Liegeflächen, die eine unterschiedliche Gestaltung von Liege- und Laufbereichen als praktisch realisierbar erscheinen lassen könnten, sind in den Ställen des Klägers nicht eingerichtet. Eine lediglich teilweise Umsetzung der Ordnungsverfügung geht, zumal nach dem Vorstehenden landesweit einheitlich geltende Vorgaben zur Konkretisierung der Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bei Spaltenböden für die Kälbermast entwickelt werden (sollen), mit dem Risiko des Fehlschlagens von erheblichen Investitionen in die technische Ausstattung der Ställe einher.
81Der Aufwand für die Befolgung der Anordnungen ist beträchtlich. Auch wenn man dem Beklagten in seiner Meinung folgt, die Anordnungen könnten durch Aufbringen der Gummiauflagen insgesamt innerhalb überschaubarer Zeit erfüllt werden, bleibt es dabei, dass angesichts ihrer finanziellen Folgen und der Unwägbarkeiten der zukünftigen Entwicklung der rechtlichen Vorgaben für die Planung, Entscheidungsfindung und Umsetzung billigerweise ein mehrjähriger Zeitraum anzusetzen ist. Die Kosten für eine Auslegung des gesamten Spaltenbodens der Ställe mit den vom Kläger auf einer Teilfläche verwendeten Gummimatten belaufen sich nach dessen Angaben auf 100.000,- € und mehr. Das ist beträchtlich. Der Betrag entspricht bei etwa 600 Mastplätzen einer Verteuerung jedes Mastplatzes um etwa 170,- €, und zwar lediglich etwa 10 Jahre nach dem Einrichten der Ställe. Bei Verwendung der Gummimatten besteht das Risiko einer gegebenenfalls auch wirtschaftlich erheblich bedeutsamen Mehrarbeit für die Reinigung der Ställe und/oder der Kälber, weil die Gummimatten den flächenmäßigen Anteil der zur Beseitigung der Ausscheidungen in die Güllekanäle dienenden Spalten am Boden verringern. Im Zeitraum vor der Umstellung der Fütterung waren die vom Kläger eingebrachten Gummimatten unwidersprochen so verschmutzt, dass der Spaltenboden nicht mehr funktionierte, was das selbsttätige Abfließen/Abgleiten der Ausscheidungen während der Mastperiode angeht. Ein vollständiger Austausch des Spaltenbodens, der die Möglichkeit zur Ausschöpfung der Spaltenweite bei elastischem Material bieten würde, steht beim Kläger noch nicht an. Beim Einrichten der Ställe aufgrund der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 13. Juni 2006 hat der Kläger nach eigenen Angaben mit einer Haltbarkeit und Nutzbarkeit des Spaltenbodens von ca. 15 Jahren gerechnet. Dieser Zeitraum ist bei Ablauf der Frist zum 1. Januar 2017 lediglich zu etwa zwei Dritteln verstrichen. Durch die Änderung der Fütterung und deren Folgen für die Beschaffenheit der Ausscheidungen der Kälber sowie den Zustand der Holzbalken hat sich die technische Lebensdauer des Spaltenbodens nach Angaben des Klägers weiter verlängert. Die Erfüllung der Anforderungen durch die vom Beklagten erwogene Einstreu der Ställe verursacht neben den Kosten des hierfür benötigten Materials jedenfalls einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand zur Wahrung der hygienischen Erfordernisse, der ebenfalls zusätzlich zu bewältigen und zu finanzieren wäre.
82Die mit der Erfüllung der Anordnungen verbundenen finanziellen und arbeitsmäßigen Auswirkungen sind dem Kläger nicht deswegen innerhalb der gesetzten Frist zuzumuten, weil bei einem Fortbestehen der gegebenen Verhältnisse die abzuwehrenden Beeinträchtigungen der Kälber andauern. Auch insoweit ist von Bedeutung, dass Spaltenböden aus Hartholz und damit deren Folgen für die Kälber über Jahre hinweg behördlich als rechtlich hinnehmbar eingeordnet worden sind. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Bewertung der mit Spaltenböden verbundenen Auswirkungen für die Kälber fachlich völlig unvertretbar ist bzw. war und die Beeinträchtigungen der Kälber deshalb in kürzerer Zeit wirkungsvoller Korrektur bedürfen. Art und Ausmaß der mit den Anordnungen beanstandeten Auswirkungen werden nicht dadurch verstärkt, dass mit den Gummiauflagen nach Meinung des Beklagten ein Mittel eingesetzt werden kann, welches den Bedürfnissen der Kälber besser genügt. Gegen die Annahme einer gesteigerten Dringlichkeit der mit der Ordnungsverfügung angeordneten Abhilfe, um schwerwiegenden Nachteilen für die Gesundheit oder das Wohlbefinden der Kälber möglichst kurzfristig zu begegnen, spricht zudem, dass die Vorgehensweise des Beklagten nicht flächendeckend zumindest in Nordrhein-Westfalen praktiziert wird. Ohnehin stuft § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c TierSchNutztV nicht mit elastischem Material versehene Spaltenböden nach wie vor als zumindest grundsätzlich zulässig ein.
83Die Unangemessenheit der dem Kläger gesetzten Frist ist entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch nicht deswegen unerheblich, weil seit dem Erlass der Ordnungsverfügung mehrere Jahre verstrichen sind. Zwar hat sich durch den Zeitablauf der Zeitrahmen verlängert, innerhalb dessen der Kläger sich auf betriebliche Anpassungen an die in der Ordnungsverfügung genannten Anforderungen einstellen und vorbereiten konnte. Auch hat er in dieser Zeit den von ihm beabsichtigten Nutzen aus der Investition in den Einbau des vorhandenen Spaltenbodens gezogen. Der Zeitablauf lässt aber den Regelungsgehalt der Ordnungsverfügung unberührt, der den Ausschlag hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit gibt. Die aufschiebende Wirkung der Klage wirkt sich auch nicht mittelbar zum Nachteil des Klägers dahingehend aus, dass er sich die Dauer des Klageverfahrens als zusätzliche Übergangsfrist anrechnen lassen müsste. Die zu kurz bemessene Frist wird durch den Zeitablauf weder verlängert noch in sonstiger Hinsicht angemessen.
84Die Zwangsgeldandrohung teilt das rechtliche Schicksal der Anordnungen unter Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung.
85Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
86Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.