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1. Niederschlagswasser aus getautem Schnee darf die Festsetzung der Jahres-schmutzwassermenge als Grundlage für die Bemessung der Abwasserabgabe nicht beeinflussen.
2. Die Anlegung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs zur Ermittlung der Jahres-schmutzwassermenge ist unbedenklich.
3. Die Ausklammerung von um mehr als einen Tag nach dem jeweiligen Schneefal-ler¬eignis zeitversetzten Abflüssen aus getautem Schnee beschränkt sich in Nord-rhein-Westfalen nicht auf Fälle in einer relativ geringen und als unbe¬deutend zu vernachlässigenden Größenordnung.
4. Angesichts dessen beinhaltet die vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landschaft NRW erlassene "Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Jahres¬schmutzwassermenge bei Einleitung von mit Niederschlagswasser vermischtem Schmutzwasser" (JSM-VwV) vom 4. Februar 1991 (MBl. NRW. S. 181) methodi¬sche Defizite.
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 25. Februar 2011 wird aufgehoben, soweit darin eine jährliche Jahresschmutzwassermenge von 4.034.384 m³ festgesetzt worden ist und soweit darin eine Gebühr in Höhe von 9.935,50 Euro festgesetzt worden sowie eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 1.092,52 Euro enthalten ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine Flächengemeinde mit mehreren Ortsteilen im Rothaargebirge, einem Mittelgebirge in Nordrhein-Westfalen. Sie ist abwasserbeseitigungspflichtig und betreibt zur Beseitigung des anfallenden Abwassers eine überwiegend als Mischwassersystem ausgeführte Kanalisationsanlage. Das in der Kanalisation gesammelte Abwasser wird in der Kläranlage G. behandelt und anschließend in die G1. , ein Nebengewässer der T. , eingeleitet. Für die Einleitung des Abwassers in die G1. wird die Klägerin vom Beklagten zur Abwasserabgabe herangezogen. Die Höhe der Abwasserabgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers, die unter anderem wird anhand der Jahresschmutzwassermenge berechnet. Die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge wird für Nordrhein-Westfalen geregelt durch die ministerielle "Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge bei Einleitung von mit Niederschlagswasser vermischtem Schmutzwasser" vom 4. Februar 1991 (MBl. NRW. S. 181) in der Fassung der Änderung durch den Runderlass vom 12. November 2001 (MBl. NRW. S. 1627) - im Folgenden: JSM-VwV -. Nach Nr. 2 JSM-VwV ergibt sich die Jahresschmutzwassermenge aus der Mittelwertbildung des Abwasserdurchflusses an Trockenwettertagen und einer anschließenden Hochrechnung auf das Jahr. Nr. 3 JSM-VwV betrifft die Ermittlung der Trockenwettertage.
3Mit Bescheid vom 9. Dezember 2002 setzte die Bezirksregierung B. die Jahresschmutzwassermenge auf 3.351.860 m³/Jahr fest. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte: Die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge anhand der JSM-VwV führe zur sachwidrigen Einbeziehung hoher Niederschlagsmengen. Sie sei ungeeignet, den maßgeblichen Trockenwetterabfluss unter den gegebenen örtlichen topografischen und klimatischen Verhältnissen richtig zu erfassen. Bei Anwendung der JSM-VwV korrespondiere die Jahresschmutzwassermenge stark mit der jährlichen Niederschlagsmenge. Das sei nicht mit dem Fremdwasseranteil im Abwasser zu erklären. Trotz hoher Investitionen in Maßnahmen zur Verminderung des Fremdwasseranteils sei die Jahresschmutzwassermenge erheblich gestiegen.
4Die Klägerin und die Bezirksregierung entwickelten alternative Methoden zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge. Die Bezirksregierung berichtete hierüber dem zuständigen Ministerium. Sie teilte ihm unter dem 4. Oktober 2007 mit, sie halte die Widerspruchsbegründung der Klägerin und ihre Berechnungsmodelle wegen der besonderen hydrologischen und topografischen Verhältnisse für nachvollziehbar, und befürwortete eine Fortentwicklung der JSM-VwV. Der Bericht blieb unbeantwortet. Eine Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin erging nicht. Der Beklagte hob den Bescheid vom 9. Dezember 2002 in der Folgezeit auf.
5Mit Schreiben vom 25. Januar 2010 bat die Bezirksregierung die Klägerin, die Jahresschmutzwassermenge der letzten fünf Jahre zu ermitteln und mit den zugrunde gelegten Messergebnissen und Daten mitzuteilen. Dabei wies sie zur Ermittlung der Trockenwettertage auf Nr. 3 JSM-VwV hin. Die Klägerin legte der Bezirksregierung daraufhin Aufstellungen und Berechnungen der Jahresschmutzwassermenge für die Jahre 2005 bis 2009 vor. Dabei wandte sie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im vorangegangenen Widerspruchsverfahren ein, die Berechnungen seien auf der Grundlage der JSM-VwV erstellt worden, würden aber den Gegebenheiten im Einzugsgebiet der Kläranlage nicht gerecht und führten im Ergebnis zu einer deutlich überhöhten Jahresschmutzwassermenge. Die Bezirksregierung errechnete anhand der vorgelegten Unterlagen als Mittelwert der Jahre 2005 bis 2009 eine Jahresschmutzwassermenge von 4.034.384 m³/Jahr. Bei einer Besprechung am 30. Juni 2010 waren sich die Vertreter der Klägerin und der Bezirksregierung ausweislich des hierüber gefertigten Aktenvermerks der Klägerin einig, dass die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge nach Nr. 3 JSM-VwV nicht geeignet sei, die von Niederschlag unbeeinflusste Jahresschmutzwassermenge zu berechnen. Die Bezirksregierung wandte sich erneut unter Hinweis auf von ihr als geeignet angesehene Ermittlungsmethoden an das Ministerium. Das vom Ministerium um fachliche Überprüfung der JSM-VwV gebetene Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen kam nach Auswertung unterschiedlicher Berechnungsmethoden der Bundesländer zu dem Ergebnis, es gebe keine Methode, die allen Belangen gerecht werde.
6Unter dem 21. Januar 2011 beantragte die Klägerin die Verlängerung der am 31. Januar 2011 auslaufenden Erlaubnis für das Einleiten des Abwassers in die G1. .
7Mit Bescheid vom 25. Februar 2011 erteilte die Bezirksregierung der Klägerin die wasserrechtliche Erlaubnis, das Abwasser aus der Kläranlage in die G1. einzuleiten. Gleichzeitig setzte sie die Jahresschmutzwassermenge auf 4.034.384 m³/Jahr fest. Zudem setzte sie für die Erteilung der Erlaubnis eine Gebühr in Höhe von 9.935,50 Euro fest und forderte die Klägerin unter Anrechnung der für den Bescheid vom 9. Dezember 2002 erhobenen Gebühr zur Zahlung von 1.092,52 Euro auf.
8Am 24. März 2011 hat die Klägerin Klage erhoben.
9Zur Begründung hat sie ergänzend zu ihrem früheren Vorbringen vorgetragen: Die Jahresschmutzwassermenge sei fehlerhaft festgesetzt worden. Bei der Jahresschmutzwassermenge handele es sich um den von Niederschlagswasser unbeeinflussten Trockenwetterabfluss eines Jahres. Das schließe das Fremdwasser ein. Trockenwettertage seien die Tage ohne nennenswerten Oberflächenabfluss aus Niederschlägen. Bei Anwendung der JSM-VwV werde der Trockenwetterabfluss für ihr, der Klägerin, Stadtgebiet aber nicht ermittelt. Nr. 3 JSM-VwV enthalte jedenfalls für Mittelgebirgsregionen keine zur Ermittlung des Trockenwetterabflusses geeignete Methode, sondern führe zu niederschlagsabhängigen Ergebnissen. Entgegen den gesetzlichen Vorgaben unberücksichtigt blieben vor allem die Siedlungsstruktur mit langen Nachlaufzeiten nach Niederschlagsereignissen und zeitlich verzögerte Abflüsse aus Niederschlägen in Gestalt von Schnee oder Hagel sowie aus dem Sickerwasser der Kreisdeponie Wintersbach. Hinzu komme Niederschlagswasser, das von unbefestigten Hangflächen in die Kanalisation gelange. Auch gebe es Niederschlagsereignisse lediglich in Teilen des Einzugsgebiets der Kläranlage, die unter Umständen von den Messstationen nicht registriert würden. Einzelnachweise hinsichtlich der Auswirkungen dieser besonderen Gegebenheiten auf den Abwasserabfluss könnten allenfalls mit sehr hohem und praktisch nicht zu leistendem Aufwand erbracht werden. Die Kriterien für die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge seien in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt. Einen einheitlichen und allgemein anerkannten Standard gebe es insofern nicht. Das verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Allerdings gebe es alternative Berechnungsmethoden, die plausiblere Ergebnisse als die JSM-VwV erwarten ließen. Diese Methoden seien von der Bezirksregierung wegen der angenommenen Bindung an die JSM-VwV fehlerhaft außer Acht gelassen worden. Die Konkretisierung der Jahresschmutzwassermenge sei Sache des Gesetzgebers.
10Die Erhebung der Verwaltungsgebühr sei ebenfalls rechtswidrig. Sie, die Klägerin, habe Anspruch auf Gebührenfreiheit. Sie benötige die Einleitungserlaubnis für die Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht. Ferner werde sie ohne sachlichen Grund gegenüber den sondergesetzlichen Abwasserverbänden, die persönlich von Verwaltungsgebühren befreit seien, benachteiligt. § 8 Abs. 2 GebG greife nicht ein. Für die Berechnung der Höhe der Verwaltungsgebühr gebe es keine ausreichende Rechtsgrundlage. Der vom Beklagten herangezogene Runderlass sei nicht anwendbar und nicht einschlägig.
11Die Klägerin hat beantragt,
12den Bescheid der Bezirksregierung B. vom 25. Februar 2011 aufzuheben, soweit darin eine jährliche Jahresschmutzwassermenge von 4.034.384 m³ festgesetzt worden ist und soweit darin eine Gebühr in Höhe von 9.935,50 Euro festgesetzt worden sowie eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 1.092,52 Euro enthalten ist.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er hat vorgetragen: Die Berechnung der Jahresschmutzwassermenge anhand von Nr. 3 JSM-VwV sei der Bezirksregierung verbindlich vorgegeben. Die Berechnungsmethode der Orientierung an Trockenwettertagen sei anerkannt und bewährt. Sie gewährleiste eine einheitliche Behandlung der Gemeinden. Lange Nachlaufzeiten beruhten regelmäßig auf einem erhöhten Anfall von Fremdwasser. Das von unbefestigten Flächen oberflächig abfließende Niederschlagswasser sei außerhalb der Kanalisation in ein Gewässer einzuleiten. Eine Berücksichtigung von zeitlich versetzten Abflüssen aus Schneefällen sei bislang unterblieben, aber dem Ministerium vorgeschlagen worden. Mögliche Unterschiede der Niederschlagsverhältnisse im Gemeindegebiet würden bei der Klägerin durch die Berücksichtigung von zwei Messstationen erfasst. Die Klägerin sei nicht von Verwaltungsgebühren befreit. Dem stehe § 8 Abs. 2 GebG entgegen. Die Berechnung der Verwaltungsgebühr werde durch die Tarifstelle 28.1.2.1 sowie den hierzu ergangenen ministeriellen Runderlass sachgerecht geregelt.
16Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: § 69 Abs. 1 und 2 LWG enthalte einen wirksamen Maßstab für die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge. Die Jahresschmutzwassermenge könne, weil ihre Messung im Ablauf der Kläranlage nicht möglich sei, nur geschätzt werden. Nr. 3 JSM-VwV regle eine taugliche Prognosemethode. Die Klägerin habe den für die Berücksichtigung weiterer Nachlauftage vorgesehenen Nachweis nicht erbracht. Sie habe nicht substantiiert dargetan, dass der Fremdwasseranteil nicht die eigentliche Ursache für die Höhe der Jahresschmutzwassermenge sei. Die Heranziehung zur Verwaltungsgebühr sei dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Die Festlegung der Gebührensätze durch ministeriellen Runderlass sei fehlerfrei.
17Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin.
18Zur Begründung ihrer Berufung vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen: Entscheidend für die Jahresschmutzwassermenge müsse das gesetzliche Kriterium der von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermenge sein. Die unmittelbar hieran ausgerichteten alternativen Berechnungsmethoden seien sachgerechter als die dem gesetzlichen Maßstab nicht entsprechenden Vorgaben von Nr. 3 JSM-VwV. Ein Nachlauftag reiche zur Erfassung der Fließzeiten im Kanalisationsnetz regelmäßig aus. Es gebe aber entscheidungserhebliche Besonderheiten, denen Nr. 3 JSM-VwV nicht Rechnung trage. Die Regelung sei nicht gesetzeskonform ausgestaltet, lasse nach Meinung der Bezirksregierung die Berücksichtigung der Besonderheiten nicht zu und kehre die gesetzlichen Ermittlungs- sowie Nachweispflichten um. Bei den Besonderheiten handele es sich insbesondere um Abflüsse aus der Schneeschmelze und von Hanglagen sowie um das Sickerwasser der Kreisdeponie. Das Sickerwasser werde im Deponiekörper und bei ergiebigen Niederschlagsereignissen in Deponierückhaltebecken zunächst zwischengespeichert und gelange erst nach Beendigung des Abflusses des Niederschlagswassers stoßweise in die Kanalisation. Der Abfluss des Sickerwassers an Trockenwettertagen belaufe sich mehrmals jährlich auf mehrere Tausend m³/Tag. Der von Niederschlägen unbeeinflusste Sickerwasserabfluss belaufe sich auf ca. 400 bis 600 m³/Tag, der nach Niederschlägen verzögerte Abfluss auf bis zu ca. 4.000 m³/Tag. Die jährliche Niederschlagsmenge im Gemeindegebiet sei im landesweiten Vergleich hoch; die Schneehöhe erreiche regelmäßig bis zu 0,8 m. Zu berücksichtigen sei auch Niederschlagswasser, das bei Überflutungen der Kanalisation in diese gelange und an Trockenwettertagen mit abfließe. Ferner erfassten die beiden Wetterstationen auf dem Gemeindegebiet nicht alle abflussrelevanten Niederschlagsereignisse, deren Auftreten unter anderem von den unterschiedlichen Höhenlagen des Gemeindegebiets beeinflusst werde. Die Möglichkeit der Anerkennung weiterer Nachlauftage auf Nachweis des Einleiters trage den Besonderheiten nicht genügend Rechnung. Im Übrigen habe sie, die Klägerin, alle erforderlichen Nachweise erbracht. Die zur Amtsermittlung verpflichtete Bezirksregierung habe weder weitere Nachweise gefordert noch die Anforderungen an Nachweise, die sich nicht auf die Fließzeiten oder Beckenentleerungszeiten bezögen, verdeutlicht. Die Bezirksregierung sei vielmehr davon ausgegangen, dass Nr. 3 JSM-VwV in Mittelgebirgslagen zu sachwidrigen Ergebnissen führe, habe sich aber durch die JSM-VwV an einer ordnungsgemäßen Lösung des Problems gehindert gesehen. Es sei auch nicht möglich, die Abflüsse etwa aus der Schneeschmelze zeitlich im Detail zu ermitteln. Zum Erfolg der Klage führe schon, dass die Bezirksregierung selbst angebe, sie habe die Abflüsse aus der Schneeschmelze als Schmutzwasser einbezogen. Plausibel sei eine Jahresschmutzwassermenge in Höhe des Frischwasserverbrauchs von ca. 950.000 m³/Jahr. Die Vorgehensweise des Beklagten benachteilige ohne sachlich tragfähigen Grund die Gemeinden in den Mittelgebirgsregionen des Landes gegenüber denjenigen im Flachland.
19Ihre, der Klägerin, Gebührenfreiheit folge auch aus dem verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip. Ferner seien die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 GebG nicht erfüllt und sei die Vorschrift verfassungskonform dahin auszulegen, dass Gemeinden wie die sondergesetzlichen Abwasserverbände gebührenbefreit seien. Die für die Erhebung der Verwaltungsgebühr herangezogenen Tarifstellen verstießen, soweit sie auf einen ministeriellen Runderlass verwiesen, gegen § 2 Abs. 2 GebG. Der vom Beklagten zugrunde gelegte Runderlass sei unanwendbar. Die Einleitungserlaubnis habe für sie, die Klägerin, keinen wirtschaftlichen Wert.
20Die Klägerin beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vertiefend vor: Die JSM-VwV enthalte eine taugliche Methode zur allein möglichen und gebotenen Schätzung des von Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwasserabflusses. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Anwendung der für sie günstigsten Berechnungsmethode. Die Berücksichtigung eines Nachlauftags führe, weil die Entleerung von Rückhaltevorrichtungen regelmäßig nach bis zu ca. 15 Stunden abgeschlossen sei, typischerweise zu korrekten Ergebnissen. Aus der Sicht einer beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen gebildeten Arbeitsgruppe bestehe Anlass zu einer Veränderung der JSM-VwV lediglich hinsichtlich des Einflusses der Schneeschmelze. Die in der JSM-VwV vorgesehene Nachweispflicht des Einleiters in Bezug auf atypische Besonderheiten sei sachgerecht, weil es sich um Umstände in dessen Sphäre handele. Die Klägerin habe atypische Besonderheiten nicht konkret nachgewiesen. Die Niederschlagsmenge führe nur in Verbindung mit abwassertechnisch nicht ordnungsgemäßen Ursachen für Fremdwasser zur Verlängerung des Nachlaufs. Fremdwasser sei bei der Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge als Schmutzwasser zu berücksichtigen. Nicht in Ansatz zu bringende Abflüsse aus Niederschlägen habe die Klägerin mengenmäßig nicht konkretisiert und nicht prüffähig belegt. Auch die Mengen des Trinkwassers und des Sickerwassers der Deponie habe sie nicht nachgewiesen. Die wesentlichen Kriterien für die Berechnung der Verwaltungsgebühr seien bereits in der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung festgelegt.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27Die Berufung hat Erfolg.
28Die zulässige Klage ist begründet.
29Der Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2011 ist, soweit er hinsichtlich der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge und der Festsetzung der Verwaltungsgebühr sowie der Zahlungsaufforderung Gegenstand der Klage ist, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
30Als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge kommt § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 AbwAG i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 1 LWG in Betracht.
31Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 AbwAG hat der die Abwassereinleitung zulassende Bescheid zur Ermittlung der Schadeinheiten, welche die Grundlage für die Bemessung der Abwasserabgabe für das Einleiten von Schmutzwasser - außer bei Kleineinleitungen - bilden, neben Überwachungswerten die Jahresschmutzwassermenge festzulegen. Übereinstimmend hiermit schreibt § 69 Abs. 1 Satz 1 LWG vor, dass die Behörde in dem die Abwassereinleitung zulassenden oder sie nachträglich beschränkenden Bescheid unter anderem die Jahresschmutzwassermenge zur Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten der Schmutzwassereinleitung festzusetzen hat. Die Verpflichtung der Behörde schließt die Einräumung der entsprechenden Regelungsbefugnis ein. Sie beinhaltet ungeachtet der sprachlichen Unterschiede, dass die Jahresschmutzwassermenge "festzulegen" bzw. "festzusetzen" ist, die Ermächtigung zur verbindlichen Bestimmung der Jahresschmutzwassermenge durch behördliche Regelung. Es soll erreicht werden, dass die Jahresschmutzwassermenge aufgrund der Regelungen des Bescheids über die Zulassung der Abwassereinleitung als Berechnungsfaktor der Abwasserabgabe feststeht.
32Die hiernach dem Grunde nach im Zusammenhang mit der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 25. Februar 2011 gerechtfertigte Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge ist fehlerhaft, weil die Jahresschmutzwassermenge der Höhe nach nicht richtig bestimmt worden ist. Das führt zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung insgesamt.
33Bei der Jahresschmutzwassermenge handelt es sich um die Menge an Schmutzwasser, die in einem Kalenderjahr in ein Gewässer eingeleitet wird. Das kommt im Begriff der Jahresschmutzwassermenge zum Ausdruck und ergibt sich auch aus ihrer abwasserabgabenrechtlichen Funktion. Die Abwasserabgabe wird für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer erhoben (§ 1 Satz 1 AbwAG), wobei die Veranlagung sich jeweils auf ein Kalenderjahr bezieht (§ 11 Abs. 1 AbwAG). Bei Abwasser handelt es sich entweder um Schmutzwasser oder um Niederschlagswasser (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 AbwAG). Entsprechend dieser Unterscheidung wird bei der Erhebung der Abwasserabgabe differenziert zwischen der Abgabe für das Einleiten von Schmutzwasser einerseits und von Niederschlagswasser andererseits. Während die Abgabe bei Einleitung von Niederschlagswasser und bei Kleineinleitungen von Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnlichem Schmutzwasser anhand pauschalisierter Berechnungsansätze ermittelt wird (§§ 7, 8 AbwAG), kommt es für die Berechnung der Abgabe bei Einleitung von sonstigem Schmutzwasser auf die Schadstofffracht als Ergebnis der Multiplikation von Schmutzwassermenge und bezeichneten Inhaltsstoffen bzw. Stoffgruppen an (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG). Aus der Trennung der Abwasserabgaben für das Einleiten zum einen von Schmutzwasser - außer bei Kleineinleitungen (§ 8 AbwAG) - und zum anderen von Niederschlagswasser sowie den unterschiedlichen Bemessungsfaktoren folgt, dass die Jahresschmutzwassermenge sich ausschließlich aus Schmutzwasser zusammensetzt. Niederschlagswasser ist bei der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge auszuscheiden.
34Schmutz- und Niederschlagswasser sind anhand der Begriffsbestimmungen von § 2 Abs. 1 AbwAG voneinander abzugrenzen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG ist Schmutzwasser das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser; Niederschlagswasser ist das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser. Bezogen auf das in die angefochtene Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge einbezogene Sickerwasser aus der Kreisdeponie X. , das zusammen mit dem sonstigen Abwasser über die Kläranlage in die G1. eingeleitet wird, ergibt sich nichts anderes aus § 2 Abs. 1 Satz 2 AbwAG. Nach dieser Vorschrift gelten als Schmutzwasser auch die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten. Das Wasser aus diesem Herkunftsbereich wird durch § 2 Abs. 1 Satz 2 AbwAG dem durch Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderten Wasser im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG zugeordnet.
35Vgl. Dahme in: Sieder/Dahme/Zeitler/Knopp, WHG/AbwAG, § 2 AbwAG Rn. 12; Köhler/Meyer, AbwAG, 2. Aufl., § 2 Rn. 40, 42.
36Die angefochtene Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge bezieht im Widerspruch hierzu Wassermengen ein, die kein Schmutzwasser im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG sind.
37Als Jahresschmutzwassermenge festgesetzt worden ist der rechnerische Mittelwert der für die Jahre 2005 bis 2009 nach Maßgabe der im Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 4. Februar 1991 - IV B 6-031 003 0101/IV B 5-676/5-28728 - ("Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge bei Einleitung von mit Niederschlagswasser vermischtem Schmutzwasser" - JSM-VwV) festgelegten Ermittlungsmethode berechneten jährlichen Schmutzwassermengen. Die in der JSM-VwV bezeichnete Ermittlungsmethode beruht auf dem gemessenen Abwasserdurchfluss an Trockenwettertagen, der gemittelt und auf das Jahr hochgerechnet wird. Hierzu werden Trockenwettertage von Tagen mit Niederschlagseinfluss unterschieden. Als Trockenwettertage berücksichtigt werden die Tage mit weniger oder gleich 0,3 mm Niederschlag am Tag sowie am Vortag. Durch die Einbeziehung der Niederschlagsbedingungen am Vortag werden die sich an Niederschlagsereignisse anschließenden Abflüsse, die sogenannten nachlaufenden Regenabflüsse, aus der Berechnung der Jahresschmutzwassermenge ausgeschlossen, soweit der zeitliche Abstand zwischen dem Niederschlagsereignis und dem Abfluss nicht mehr beträgt als höchstens den folgenden (Nachlauf-)Tag. Weitere Nachlauftage können unter bestimmten Voraussetzungen auf Nachweis des Einleiters berücksichtigt werden.
38Die Anwendung dieser Ermittlungsmethode führt bei einer Mischwasserkanalisation, wie sie von der Klägerin betrieben wird, vorbehaltlich der Anerkennung weiterer Nachlauftage dazu, dass Wasser aus Niederschlagsereignissen, das nicht durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändert ist, als Schmutzwasser in die Berechnung der Jahresschmutzwassermenge eingeht, wenn es die Messeinrichtung für den Abwasserdurchfluss an den definierten Trockenwettertagen durchfließt. Wasser aus Niederschlägen, das später als am Folgetag des Niederschlagsereignisses abfließt, wird bei der Berücksichtigung lediglich eines Nachlauftags dem Abfluss bei Trockenwetter zugeordnet. Entsprechendes gilt bei Anerkennung weiterer Nachlauftage für den Fall, dass das Wasser aus Niederschlägen noch später abfließt. "Bei Trockenwetter" im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG fließt Wasser aber lediglich in dem Zeitraum ab, in dem kein nennenswerter Oberflächenabfluss aus Niederschlägen im Einzugsgebiet der Einleitung stattfindet.
39Vgl. Zöllner/Dahme in: Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, a. a. O., § 2 AbwAG Rn. 11; Köhler/ Meyer, a. a. O., § 2 Rn. 31; Kotulla, WHG, 2. Aufl., § 54 Rn. 18.
40Das schließt das sogenannte Fremdwasser ein, das etwa aufgrund von Undichtigkeiten aus dem Grundwasser oder von Fehlanschlüssen aus Drainageleitungen in die Kanalisation gelangt und zusammen mit dem durch Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderten Wasser abfließt. Dagegen gehört der aus Niederschlägen herrührende Oberflächenabfluss nicht zum Abfluss bei Trockenwetter, und zwar unabhängig davon, mit welchem zeitlichen Abstand zum Niederschlagsereignis er stattfindet. Das bringt § 69 Abs. 2 Satz 1 LWG zum Ausdruck, wonach die Jahresschmutzwassermenge auf der Grundlage von durch Niederschlag unbeeinflussten Schmutzwassermengen bestimmt wird. Ein unter Einfluss von Niederschlagswetter stattfindender Abfluss ist mengenmäßig größer als die Menge des abfließenden Schmutzwassers.
41Zu einer solchen rechnerischen Beeinflussung der anhand von Trockenwettertagen berechneten Schmutzwassermenge durch Niederschlagswetter kommt es etwa bei Niederschlägen, die als Schnee fallen, zunächst bei Frost als Schnee auf der Oberfläche liegen bleiben und erst längere Zeit nach dem Schneefall mit dem Einsetzen von Tauwetter an Tagen abflusswirksam werden, an denen und dem jeweiligen Vortag sich Niederschläge nicht ereignen. Hiervon gehen die Beteiligten im Einklang mit Äußerungen im Schrifttum
42- vgl. Zöllner/Dahme in: Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, a. a. O., § 2 AbwAG Rn. 11; Köhler/ Meyer, a. a. O., § 2 Rn. 31, § 4 Rn. 57 -
43übereinstimmend aus. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird bestätigt durch die unter dem 2. April 2012 geäußerte Empfehlung einer beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen zur fachlichen Überprüfung der JSM-VwV gebildeten Arbeitsgruppe, bei der Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge bzw. der Trockenwettertage zusätzlich zu den Niederschlagsbedingungen an den einzelnen Tagen die Tage mit Schneeschmelze gesondert zu berücksichtigen. Die Empfehlung geht zurück auf die einvernehmliche Erkenntnis der Mitglieder der Arbeitsgruppe, bei denen es sich um Fachleute von Behörden und Ingenieurbüros mit abwassertechnischem Tätigkeitsbereich gehandelt hat, dass die Schneeschmelze an Trockenwettertagen im Sinne der JSM-VwV zu einer sachlich unrichtigen Erhöhung der Jahresschmutzwassermenge führt.
44Unstreitig zwischen den Beteiligten ist ferner, dass im Einzugsgebiet der Kläranlage der Klägerin regelmäßig wiederkehrend teils ergiebige Schneefälle auftreten, die über Tage hinweg erhebliche Schneehöhen ergeben und bei Tauwetter zu entsprechenden Schmelzwassermengen führen, die ebenso wie sonstiges Niederschlagswasser in die Kanalisation gelangen und von der Einrichtung zur Ermittlung der Abflussmengen als Abfluss miterfasst werden. Die Bezirksregierung hat im Verwaltungsverfahren ebenso wie im Widerspruchsverfahren zur vorangegangenen Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge durch Bescheid vom 9. Dezember 2002 das Anliegen der Klägerin, die bei ihr auftretenden Schnee- und Tauwetterverhältnisse - sowie weitere Umstände - mengenmindernd bei der Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge zu berücksichtigen, als im Ansatz berechtigt an das zuständige Ministerium herangetragen. Das Vorbringen der Bezirksregierung im gerichtlichen Verfahren stellt die Richtigkeit der früheren Einschätzung nicht in Frage. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Vertreter der Bezirksregierung angegeben, bei einer von ihr für zurückliegende Zeiträume erstellten Berechnung hätten sich - aus ihrer Sicht geringfügige - rechnerische Auswirkungen der um mehr als einen Tag nach dem Schneefall verzögerten Schneeschmelze auf die Jahresschmutzwassermenge ergeben.
45Die Zugrundelegung der nicht um das Niederschlagswasser aus der Schneeschmelze - und gegebenenfalls weiterer zeitverzögerter Abflüsse - gekürzten Abwasserdurchflussmengen ist nicht deswegen unbeachtlich, weil die Methode zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge gesetzlich nicht im Einzelnen bestimmt ist. § 2 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 AbwAG gibt das Ergebnis denkbarer Verfahrensweisen zur Bestimmung der Jahresschmutzwassermenge strikt dahin vor, dass die Jahresschmutzwassermenge ausschließlich Schmutzwasser umfasst. Lediglich die Methode, um dieses Ergebnis zu erzielen, ist gesetzlich nicht festgelegt. Als Methoden zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge geeignet sind ausschließlich diejenigen, mit deren Hilfe vermieden wird, dass Niederschlagswasser als Schmutzwasser erfasst wird.
46Eine exakte Messung der Schmutzwassermenge bei Einleitungen von Abwasser, das - wie bei der Klägerin - in einer Mischwasserkanalisation gesammelt und einheitlich in der Kläranlage behandelt wird, scheidet aus technischen Gründen aus, weil Schmutzwasser und sonstiges Wasser in der Kanalisation untrennbar miteinander vermischt werden. Die Messung des Abflusses des aus einer Kläranlage ablaufenden Abwassers erfasst bei einem vorgeschalteten Mischsystem notwendig das gesamte vermischte abfließende Wasser. Eine andere praktikable Methode zur mathematisch genauen Bestimmung des Schmutzwasseranteils am Gesamtabfluss gibt es ebenfalls nicht. Das macht es, sollen zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge von der gesamten Abflussmenge Teilmengen dem Niederschlagswasser zugeordnet werden und so als Schmutzwasser außer Acht bleiben, unumgänglich, anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabs einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen. Die Heranziehung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ist auch unbedenklich. Die Jahresschmutzwassermenge ist, obwohl sie mit dem wasserrechtlichen Bescheid über die Zulassung der Abwassereinleitung geregelt wird, lediglich abwasserabgabenrechtlich von Bedeutung. Im Abgabenrecht sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe allgemein als zulässig anerkannt, wenn die Anwendung des Wirklichkeitsmaßstabes auf besondere praktische Schwierigkeiten stoßen würde.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 -, NVwZ 2010, 784, und Beschluss vom 28. März 1995 - 8 N 3.93 -, NVwZ-RR 1995, 594.
48Das Abwasserabgabenrecht ist hiervon nicht ausgenommen.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 1988 - 8 C 48.86 -, BVerwGE 80, 83.
50§ 69 Abs. 2 Satz 1 LWG, wonach die Jahresschmutzwassermenge aus Schmutzwassermengen in kürzeren Zeiten hochgerechnet wird, trägt dem Rechnung. Eine Hochrechnung ist eine von der Annahme statistischer Wahrscheinlichkeiten getragene Annäherung an eine nicht bekannte Tatsache. Ihr Ergebnis beruht auf Datenmaterial, das nur einen Teil der Informationen enthält, die bei einer vollständigen Erhebung der zugrunde liegenden Tatsachen einzubeziehen wären. Für die Zulässigkeit eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs spricht zudem, dass die Jahresschmutzwassermenge typischerweise - wie auch hier - mit Wirkung für zukünftige Veranlagungszeiträume festgesetzt wird. Das geht mit prognostischen Einschätzungen und den mit einer solchen Vorausschau unvermeidbar verbundenen Unsicherheiten einher. Darüber hinaus ist die Jahresschmutzwassermenge, ist sie nicht durch Bescheid bestimmt, zu schätzen (§ 6 Abs. 1 Satz 4 AbwAG). Auch eine solche Schätzung ist eine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung im Sinne der Annäherung an die Realität.
51Jedoch ist die durch die Anwendung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs bewirkte Pauschalierung und Typisierung im Abgabenrecht nicht unbegrenzt zulässig. Gestattet ist, an die Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht zu lassen. Das Auftreten solcher Einzelfälle ist unbedenklich, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem Typ widersprechen, auf den der Maßstab zugeschnitten ist.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2008
53- 9 B 40.08 -, NVwZ 2009, 255; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2012 - 9 A 2646/11 -, NWVBl. 2013, 259.
54Das Ausklammern von um mehr als einen Tag nach dem jeweiligen Schneefallereignis zeitversetzten Abflüssen aus getautem Schnee beschränkt sich nicht auf Fälle in einer derart relativ geringen und als unbedeutend zu vernachlässigenden Größenordnung.
55Schneefälle und eine sich hieraus für mehrere Tage bildende Schneedecke sind in Nordrhein-Westfalen aller Erfahrung nach und allgemeinkundig keine vereinzelten Ereignisse. Sie beschränken sich räumlich auch nicht auf verhältnismäßig kleine Flächen des Landes. In den höheren Lagen des Landes, etwa in den Bereichen des Rothaargebirges und der Eifel, gibt es ausgedehnte Wintersportgebiete mit wiederkehrenden, wenn auch in ihrer Intensität und Dauer Schwankungen unterliegenden, Schneeperioden längerer Dauer, die auf ergiebige Schneefälle zurückgehen. Betroffen hiervon sind auch die Ortslagen, in denen Niederschlagswasser im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG anfällt. Allgemeinkundig ist auch, dass der Schnee witterungsbedingt auch an Tagen schmilzt, an denen kein Niederschlag fällt. Die Klägerin hat das für ihr im Rothaargebirge gelegenes Gemeindegebiet räumlich und zeitlich näher, wenngleich beispielhaft, dargestellt. Der Umstand, dass bei der Klägerin zum einen Schneeschmelze an Trockenwettertagen im Sinne der JSM-VwV auftritt und zu Abflüssen in die/der Kanalisation sowie nach Durchlaufen der Kläranlage in die G1. führt und zum anderen die Einzelheiten der Ausprägung dieses Ereignisses etwa hinsichtlich der konkreten Tage und Abflussmengen bezogen auf das spezifische Einzugsgebiet der Kläranlage nicht bekannt sind, führt nicht zur Typengerechtigkeit der Ausblendung der Schneeschmelze bei der Berechnung der Jahresschmutzwassermenge unter Einbeziehung des aus dem getauten Schnee sich ergebenden Abflusses. Die Ungewissheit über die genauen Abläufe der Schneeschmelze und der Auswirkungen der Schneeschmelze auf den an Trockenwettertagen im Sinne der JSM-VwV gemessenen Abfluss ändert nichts daran, dass bereits die Berechnungsmethodik der Trockenwettertage nach der JSM-VwV in solchen Fällen unschlüssig ist.
56Der Beklagte tritt dem nicht substantiiert entgegen. Er bezweifelt nicht, dass es (auch) im Gemeindegebiet der Klägerin zum Abfluss von Wasser aus der Schneeschmelze an Tagen kommt, die nach der JSM-VwV als Trockenwettertage anzusehen sind, und nimmt solche Geschehnisse nicht nur für den Bereich der Klägerin an. Ferner benennt er keinen substantiellen Anhaltspunkt dafür, dass es, wovon die ersichtlich auf Regen als Niederschlagsereignisse zugeschnittene Berechnungsmethode der JSM-VwV aber ausgeht, außergewöhnlich ist, wenn Schnee nicht spätestens am Tag nach dem Schneefall schmilzt und unter Einbeziehung der Fließzeit zur/in der Kanalisation am Folgetag abflusswirksam wird. Es fehlt an jeder Tatsachengrundlage dafür, dass es sich bei den Tagen mit Schneeschmelze, die nach dem Dafürhalten der beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen gebildeten Arbeitsgruppe im Rahmen der JSM-VwV mengenmindernd berücksichtigt werden sollen, um atypische Besonderheiten oder eher vereinzelte Einzelfälle handelt, die aufgrund zulässiger Verallgemeinerung außer Ansatz gelassen werden dürfen. Die Arbeitsgruppe hat die Anknüpfung der JSM-VwV an das Niederschlagsverhalten bezogen auf die Schneeschmelze als unzureichend zur Beurteilung der Abflusssituation erachtet, die Feststellung der Tage mit Schneeschmelze als unproblematisch bezeichnet und ausdrücklich eine Anpassung der JSM-VwV befürwortet. Dieser Empfehlung, die sich im Kern mit dem von der Bezirksregierung im Verwaltungsverfahren und dem Widerspruchsverfahren zum Bescheid vom 9. Dezember 2002 vertretenen Standpunkt deckt, kommt angesichts der personellen Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und ihrer Aufgabe, die sachliche Berechtigung des methodischen Vorgehens nach der JSM-VwV zu überprüfen, erhebliches Gewicht zu. Bestätigt wird das dadurch, dass die Empfehlung inhaltlich, wie die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen unter dem 30. September 2010 vorgelegte Zusammenstellung der in den Bundesländern angewandten Methoden zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge zeigt, mit anderweitig gebräuchlichen Differenzierungen bei der Ausgestaltung der Berechnungsmethode "Trockenwetterabfluss" übereinstimmt. Ohnehin hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen als Landesoberbehörde die Funktion, grundlegende fachliche Erkenntnisse unter anderem zur Abwasserentsorgung zusammenzutragen bzw. zu entwickeln, um hierdurch sowie durch seine darauf beruhende fachliche Einschätzung rechtlichen Entscheidungen eine fundierte Grundlage zu verschaffen. Warum es gleichwohl und trotz der offensichtlichen topografischen und klimatischen Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen sowie der diesbezüglich bestehenden erheblichen Unterschiede etwa aufgrund der variierenden Höhenlagen und Arten des Niederschlags realistisch sein könnte, Schnee und Schneeschmelze an Trockenwettertagen im Verständnis der JSM-VwV als außergewöhnliche Besonderheit einzuordnen und systematisch unberücksichtigt zu lassen, ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine Schätzung, die insoweit von landesweit im Wesentlichen gleichen Bedingungen, nämlich Regenereignissen mit einer Abflusszeit von bis zu einem Nachlauftag, ausgehen und die bei höher gelegenen Regionen des Landes auftretenden Abflüsse aus der Schneeschmelze übergehen würde, wäre von der gebotenen und möglichen Annäherung an die Realität weit entfernt.
57Die vom Beklagten aufgegriffene Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Einflüsse der Schneeschmelze auf den Abfluss des Abwassers könnten auf der Grundlage der in der JSM-VwV vorgesehenen Nachweise zur Berücksichtigung weiterer Nachlauftage ausreichend erfasst werden, stellt die notwendige Typengerechtigkeit der dort vorgegebenen Ermittlungsmethode nicht her. Die Beibringung von Nachweisen ist ein Mittel zur Berücksichtigung ungewöhnlicher und im Regelfall nicht entscheidungserheblicher Umstände. Die dem Einleiter auferlegte Verpflichtung, den Nachweis zu erbringen, stellt gegenüber dem Regelfall der Ermittlung der Grundlagen für die Jahresschmutzwassermenge einen deutlichen Nachteil dar. Dieser rechtfertigt sich im Einzelfall aus der individuell andersgelagerten Situation eines solchen Einleiters, nicht aber daraus, im Interesse einer groben Verallgemeinerung der für die Erhebung der Abwasserabgabe maßgeblichen Faktoren bei Einleitern vielfach auftretende Ereignisse generell außer Acht zu lassen. Der mit der Auferlegung der Nachweispflicht verbundene Nachteil fällt bezogen auf Abflüsse aus der Schneeschmelze umso mehr angesichts der beträchtlichen praktischen Schwierigkeiten ins Gewicht, die zu überwinden sind, um plausibel zu belegen, dass und inwieweit die Schneeschmelze in einem konkreten Einzugsgebiet an bestimmten Tagen zu zeitverzögerten Abflüssen im Sinne weiterer Nachlauftage führt. Der Beklagte hat die Anforderungen, die aus seiner Sicht an die Erbringung eines Nachweises zu stellen sind, trotz entsprechender Hinweise im erstinstanzlichen Urteil auch nicht so konkretisiert, dass für die Klägerin ernstlich Aussicht bestünde, ihnen mit überschaubarem Aufwand genügen zu können. Erst recht hat er der Klägerin derartige Anforderungen nicht im Verwaltungsverfahren genannt. Das erklärt sich daraus, dass die für den Beklagten handelnde Bezirksregierung jedenfalls auf der Ebene der technischen Sachbearbeitung ausweislich des Berichts an das Ministerium vom 12. August 2010 und des inhaltlich unwidersprochen gebliebenen Aktenvermerks der Klägerin vom 15. Dezember 2010 keine Möglichkeit gesehen hat, in Anwendung der JSM-VwV zu einem bezogen auf die Schneeschmelze sachlich zufriedenstellenden Ergebnis, also zu einer von Niederschlag unbeeinflussten Jahresschmutzwassermenge, zu gelangen.
58Darüber hinaus beruht das Verständnis des Verwaltungsgerichts von der Möglichkeit der Berücksichtigung weiterer Nachlauftage auf einer Auslegung der einschlägigen Regelung in der JSM-VwV, das nach den Grundsätzen, die für die Auslegung von Rechtsnormen gelten, zutreffen mag. Verwaltungsvorschriften sind aber grundsätzlich nicht wie Rechtsvorschriften auszulegen.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1995 - 2 C 19.94 -, NVwZ-RR 1996, 47.
60Sie sind vielmehr Ausdruck einer bestehenden oder beabsichtigten Verwaltungspraxis und damit wie Willenserklärungen zu behandeln.
61Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - , NVwZ 2012, 641, und vom 15. November 2011 - 1 C 21.10 -, BVerwGE 141, 151.
62Eine mit der Auslegung der JSM-VwV durch das Verwaltungsgericht übereinstimmende Verwaltungspraxis des Beklagten ist nicht festzustellen. Im Gegenteil hat die Bezirksregierung es, wie ausgeführt, im Verwaltungsverfahren nicht für möglich erachtet, dem sich aus der Schneeschmelze ergebenden Abfluss von Abwasser mit Hilfe der in der JSM-VwV angesprochenen Nachweise Rechnung zu tragen. Sie hat noch erstinstanzlich vorgetragen, dass von einer Berücksichtigung zeitlich verzögerter Abflüsse aus der Schneeschmelze bislang landesweit abgesehen worden sei und ein hiervon abweichendes Vorgehen von einer Änderung der JSM-VwV abhänge. Das steht im Einklang mit der vorerwähnten Empfehlung des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Die Möglichkeit, durch Nachweise im Einzelfall zur Berücksichtigung weiterer Nachlauftage zu gelangen, hat die Bezirksregierung in der Vergangenheit ausgehend vom Wortlaut der JSM-VwV allein auf die Fließzeiten oder Beckenentleerungszeiten bezogen. Die Einordnung von Zeitverzögerungen, mit denen als Schnee niedergegangene Niederschläge abflusswirksam werden, als Fließzeiten im Sinne der JSM-VwV drängt sich auch nicht gleichsam als selbstverständlich auf. Fließzeiten sind dem Wortlaut nach Tage, an denen eine Flüssigkeit fließt, nicht Tage, an denen eine Flüssigkeit wie Wasser wegen des bei Schnee bestehenden Aggregatzustands (Eis) noch nicht fließen kann. Sollte die Bezirksregierung aufgrund des erstinstanzlichen Urteils zu einer anderen Rechtsauffassung gelangt sein, wirkt die sich daraus ergebende Verwaltungspraxis jedenfalls nicht auf die Jahre 2005 bis 2009 zurück, deren Verhältnisse die Grundlage für die streitige Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge bilden. Die Klägerin hat die Daten, die nach Meinung des Verwaltungsgerichts als Nachweis anerkannt werden können, in der Vergangenheit in dem Wissen nicht erhoben, dass die Bezirksregierung derartigen Daten keine Bedeutung beigemessen hat.
63Die unterbliebene Ausklammerung zeitlich verzögerter Abflüsse aus der Schneeschmelze bei der Berechnung der Jahresschmutzwassermenge ist nicht deshalb ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge, weil sich diese Abflüsse auf die Höhe der Jahresschmutzwassermenge nur in geringem Maß auswirken. Zwar ist bei der in der JSM-VwV festgelegten Ermittlungsmethode der mathematische Einfluss der Abflüsse einzelner Tage wegen der durch die Bildung von Mittelwerten für ein Jahr eintretenden statistischen Relativierung begrenzt, und wird diese Folge verstärkt, wenn - wie hier - die festgesetzte Jahresschmutzwassermenge als Durchschnittswert aus den Mittelwerten für fünf Jahre gebildet wird. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auswirkungen der Schneeschmelze auf die für die Einleitung aus der Kläranlage der Klägerin anzusetzende Jahresschmutzwassermenge für einen früheren Zeitraum mit ca. 2 % beziffert. Die Klägerin kann aber beanspruchen, dass die Jahresschmutzwassermenge nicht höher festgesetzt wird, als dies mit der gesetzlichen Definition des Schmutzwassers vereinbar ist. Anderenfalls wird sie als Folge der zu hohen Jahresschmutzwassermenge mit einer der Höhe nach nicht berechtigten Abwasserabgabe für das Einleiten von Schmutzwasser belastet. Es mag sein, dass der von der korrekten Berücksichtigung der Schneeschmelze abhängige Unterschiedsbetrag bei der Bemessung der Abwasserabgabe von untergeordneter Bedeutung für die wirtschaftliche Belastung der Klägerin durch die Abwasserabgabe ist. Das bedeutet aber nicht, dass sie deshalb von der Klägerin als mit ihren Rechten vereinbar hinzunehmen oder gar als rechtmäßig einzustufen wäre. Von daher muss nicht weiter geprüft werden, ob die zuvor erwähnte Bezifferung des Beklagten auf einer validen Grundlage beruht und auch für ähnlich gelagerte Fälle als repräsentativ angesehen werden kann.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die mangelnde Berücksichtigung der zeitlichen Verzögerung des Abflusses bei Schnee nicht deshalb unbeachtlich, weil der Einleiter nach § 69 Abs. 1 Satz 5 LWG auf Anforderung die Jahresschmutzwassermenge entsprechend § 69 Abs. 2 LWG zu ermitteln und der Behörde zusammen mit den dabei zugrunde gelegten Messergebnissen und Daten mitzuteilen hat sowie die Klägerin entsprechend vorgegangen ist.
65Allerdings hat die Klägerin dem Beklagten eine Berechnung vorgelegt, wonach sich die Jahresschmutzwassermenge als Mittelwert der Jahre 2005 bis 2009 auf 4.053.568 m³/Jahr, also auf einen die festgesetzte Jahresschmutzwassermenge (gering) übersteigenden Wert, beläuft. Die Berechnung beruht auch auf der Grundlage der JSM-VwV. Das ist der Klägerin jedoch nicht vorzuwerfen und bindet sie nicht. Die Vorlage der Berechnung erfolgte zur turnusmäßigen Überprüfung der festgesetzten Jahresschmutzwassermenge auf Anforderung der Bezirksregierung vom 25. Januar 2010. Dabei war der Klägerin durch den der Anforderung beigefügten Hinweis auf die Ermittlungsmethode nach Nr. 3 JSM-VwV deren Anwendung vorgegeben. Auf den sich daraus ergebenden Widerspruch zu ihrem Standpunkt, in die Berechnung der Jahresschmutzwassermenge seien richtigerweise weitere Faktoren - unter anderem die Zeitverzögerung der Abflüsse aus der Schneeschmelze - mengenmindernd einzustellen, hat sie bei der Vorlage der Ermittlung sowie der zugehörigen Messergebnisse und Daten hingewiesen.
66Bei der dem Einleiter durch § 69 Abs. 1 Satz 5 LWG aufgegebenen Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge handelt es sich auch nicht um eine für die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge verbindliche Erklärung. Die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge durch den Einleiter stellt eine verfahrensrechtliche Mitwirkungshandlung dar, die als Hilfsmittel der behördlichen Aufklärung des Sachverhalts der Vorbereitung und Erleichterung der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge durch die Behörde dient. Sie ist dagegen keine Erklärung des Einleiters im Sinne einer potentiell rechtsverbindlichen Selbstveranlagung oder eines Antrags. Die Behörde soll durch die Ermittlung seitens des Einleiters sowie die Mitteilung der Messergebnisse und Daten zur vom Einleiter erstellten Berechnung in die Lage versetzt werden, auf der Grundlage dieser Vorarbeiten die dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge behördenintern vorgelagerte, eigenverantwortlich ihr obliegende Berechnung der Jahresschmutzwassermenge vorzunehmen.
67Eine lediglich teilweise Aufhebung der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge durch deren Herabsetzung im Umfang der in die Berechnung als Schmutzwasser eingeflossenen zeitverzögerten Abflüsse aus der Schneeschmelze kommt nicht in Betracht. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach der Verwaltungsakt aufzuheben ist, "soweit" er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, trägt eine solche Entscheidung nicht. Eine Stattgabe der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der festgesetzten Jahresschmutzwassermenge scheitert jedenfalls daran, dass der Behörde bei der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge ein von ihr eigenverantwortlich wahrzunehmender Spielraum zusteht. Ein solcher Spielraum ist in der Rechtsprechung anerkannt für die Schätzungsbefugnis der Behörde nach § 6 Abs. 1 Satz 3 AbwAG.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 1988 - 8 C 47.86 -, BVerwGE 80, 73; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2002 - 9 A 4564/99 -, ZfW 2003, 170.
69Entsprechendes muss gelten für die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge. Auch die Jahresschmutzwassermenge muss erforderlichenfalls von der Behörde geschätzt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 4 AbwAG). Ferner liegt der Festsetzung, wie ausgeführt, zwangsläufig ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde, bei dem unter anderem eine Hochrechnung vorzunehmen ist. Ein solcher Wahrscheinlichkeitsmaßstab beinhaltet unumgänglich Elemente der Annäherung an Tatsachen, wie sie auch für Schätzungen kennzeichnend sind. Weiter weist die - wie hier - zukunftsgerichtete Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge prognostische Elemente mit wertendem Einschlag auf. Prognosen unterliegen ebenfalls anerkanntermaßen in bestimmten Bereichen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2004 - 3 C 23.03 -, NVwZ 2004, 991; Wolff in: Sodan/
71Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 114 Rn. 320 ff.
72Von besonderer Bedeutung ist dabei neben der Komplexität der zu beurteilenden Tatsachen, ob das Gericht die entscheidungsrelevanten Umstände gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe im Sinne von "richtig oder falsch" feststellen und rechtlich bewerten kann.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11-, NVwZ 2014, 300.
74Diesbezüglich ist im vorliegenden Zusammenhang wesentlich, dass die richtige Berücksichtigung der Abflüsse aus der Schneeschmelze eng zusammenhängt mit der Wahl der Methode zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge, die ihrerseits wegen der gebotenen Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des Fehlens eines allgemein anerkannten Standards bei der Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge abstrakte Maßstäbe für eine Vielzahl von Sachverhalten bieten muss. Die Bestimmung der Ermittlungsmethode ist innerhalb des durch die Beschränkung auf die Erfassung des Schmutzwassers und die Hochrechnung nach § 69 Abs. 2 Satz 1 LWG gebildeten Rahmens der Verwaltung überlassen. Als sachgerecht zur Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge werden verschiedene Methoden in Erwägung gezogen
75- vgl. Köhler/Meyer, a. a. O., § 4 Rn. 53 ff. -
76und in den einzelnen Bundesländern mit voneinander abweichenden Modifikationen praktiziert. Das führt in Abhängigkeit von den jeweils maßgeblichen Daten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen hat in dem erwähnten Bericht vom 30. September 2010 die angewandten Methoden zusammengestellt und unter Bezeichnung von jeweils auftretenden Vor- bzw. Nachteilen bewertet. Es spricht nichts dafür, dass die von der JSM-VwV abweichenden Ermittlungsmethoden anderer Bundesländer sämtlich unvertretbar sein könnten. Die Sachgerechtigkeit anderer Ermittlungsmethoden als derjenigen, die in der JSM-VwV festgelegt ist, schließt es aus, die Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge gerichtlich unter den Blickwinkel von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO lediglich punktuell dadurch zu ändern, dass die methodisch zu Unrecht berücksichtigten, d. h. in die Jahresschmutzwassermenge einbezogenen Abflüsse aus der Schneeschmelze isoliert für sich betrachtet und unter Aufrechterhaltung der Berechnung im Übrigen außer Acht gelassen werden. Bei Anwendung einer anderen Methodik stellt sich auch die Frage der Berücksichtigung der Schneeschmelze anders.
77Eine mit der Abflussverzögerung bei Schnee vergleichbare Situation tritt ein, wenn Wasser aus Niederschlägen etwa bei Frost oder aufgrund der Bodenstruktur zunächst oberflächennah im Boden gespeichert wird und später als am Tag nach dem Niederschlagsereignis oberflächig austritt und der Kanalisation zufließt. Das kann aber vorliegend angesichts der Auswirkungen bereits jedenfalls der Schneeschmelze auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Festsetzung letztlich dahinstehen. Entsprechendes gilt hinsichtlich der weiteren Gesichtspunkte, die von der Klägerin als bei der Festsetzung der Jahresschmutzwassermenge zusätzlich berücksichtigungsbedürftig bezeichnet werden. Es ist nicht Aufgabe des Senats, eine insgesamt fehlerfreie Ermittlungsmethode für die Jahresschmutzwassermenge zu bestimmen oder trotz des fehlerhaften Umgangs der Bezirksregierung mit der Schneeschmelze der Frage nachzugehen, wie ein Nachweis im Sinne der JSM-VwV etwa für außergewöhnlich lange Fließzeiten zu erbringen ist.
78Für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr fehlt es ebenfalls an einer Rechtsgrundlage. Mangels rechtmäßiger Festsetzung scheidet danach auch die Zahlungsaufforderung in Höhe des nach Abzug der für den Bescheid vom 9. Dezember 2002 festgesetzten Verwaltungsgebühr verbleibenden Betrags aus.
79Als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Verwaltungsgebühr kommt allein die Tarifstelle 28.1.2.1 des Allgemeinen Gebührentarifs i. V. m. § 1 Abs. 1 AVerwGebO NRW und § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW in Betracht. Entscheidungserheblich ist diese Tarifstelle, nach der eine Gebühr für die Entscheidung über die Erlaubnis der Gewässerbenutzung erhoben wird, in der Fassung der Verordnung vom 3. Juli 2001 (GV. NRW. S. 262), die im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 21. Januar 2011 und der Erteilung der Erlaubnis durch den angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 2011 galt. Die Änderung der Tarifstelle 28.1.1.1, auf die die Tarifstelle 28.1.2.1 Bezug nimmt, und die Einfügung der Anlage 6 zum Allgemeinen Gebührentarif durch Art. 1 Nrn. 157 und 170 der 22. Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung vom 26. Juni 2012 (GV. NRW. S. 264) finden keine Anwendung, weil sie nach Art. 2 dieser Verordnung am Tag nach ihrer Verkündung und damit nach der Erteilung der Erlaubnis in Kraft getreten sind. Maßgeblich für das Entstehen der Gebührenschuld dem Grunde und der Höhe nach ist spätestens der Zeitpunkt der Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 GebG NRW).
80Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. September 2012 - 9 A 1565/09 -, NWVBl. 2013, 60, und vom 9. April 2008 - 9 A 111/05 -, NWVBl. 2008, 466.
81Die Tarifstelle 28.1.2.1 in der Fassung der Verordnung vom 3. Juli 2001 ist mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam.
82Das Gebot hinreichender Bestimmtheit verlangt bei allen Abgaben, dass die abgabebestimmenden Voraussetzungen so konkret gefasst sind, dass der Abgabenschuldner die auf ihn entfallenden Abgaben in gewissem Umfang vorausberechnen kann und eine willkürliche Handhabung durch die Behörde ausgeschlossen ist.
83Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 - 8 B 170.97 -, BVerwGE 105, 144,
84Dem wird die Tarifstelle 28.1.2.1 in der maßgeblichen Fassung nicht gerecht. Danach betrug die Gebühr für die Entscheidung über die Erlaubnis der Gewässerbenutzung 0,1 v.H. des Wertes der Benutzung, mindestens jedoch 100,-- Euro. Bei Angelegenheiten, die mit besonderer Mühewaltung verbunden waren, konnte die Gebühr bis auf das Doppelte und die Mindestgebühr auf das Zehnfache erhöht werden. Im Übrigen galt für die Berechnung des Wertes der Benutzung das zu Tarifstelle 28.1.1 Gesagte entsprechend. Das zu Tarifstelle 28.1.1 Gesagte ergab sich aus Tarifstelle 28.1.1.1, die die Gebühren für die Entscheidung über die Zulassung einer Gewässerbenutzung durch Bewilligung betraf. Nach dieser Tarifstelle war der Berechnung des Wertes der Benutzung die Frist zugrunde zu legen, für die die Bewilligung erteilt wurde, und war bei der Ermittlung des Wertes alsdann, ausgehend von dem jeweiligen Benutzungstatbestand, auf den Zweck der Benutzung und die Bedeutung abzustellen, die derartige Gewässerbenutzungen allgemein für den Wasserhaushalt hatten. Die hiernach für die Gewässerbenutzung jeweils einzusetzende Wertzahl wurde der Bestimmung durch einen Erlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW überantwortet, bei dem die allgemeine Preisentwicklung zu berücksichtigen war. Die sonstigen Regelungen der Tarifstelle 28.1.1 ergaben nichts Weiterführendes. Die Tarifstelle 28.1.1.2, die sich über die Gebühr für die Entscheidung über die Zulassung der Gewässerbenutzung durch eine gehobene Erlaubnis verhielt, erklärte, insoweit übereinstimmend mit Tarifstelle 28.1.2.1, das zu Tarifstelle 28.1.1.1 Gesagte für entsprechend anwendbar. Die weiteren Tarifstellen unter 28.1.1 betrafen Gebühren für andere Sachverhalte als für Entscheidungen über die Zulassung von Gewässerbenutzungen.
85Die Tarifstelle 28.1.2.1 versetzte den Gebührenschuldner auch im Zusammenwirken mit der Tarifstelle 28.1.1.1 nicht in die Lage, die auf ihn entfallende Gebühr zumindest in gewissem Umfang vorauszuberechnen. Die wertbestimmenden Faktoren nach der Tarifstelle 28.1.1.1, denen allenfalls ein die Höhe der Gebühr wirksam steuernder Maßstab entnommen werden könnte, schließen eine willkürliche Handhabung durch die Behörde nicht hinreichend aus. Die in der Tarifstelle 28.1.1.1 aufgeführten Bemessungsfaktoren stecken angesichts der ganz beträchtlichen Bandbreite der in Frage kommenden Tatbestände (Arten) und Fristen von Gewässerbenutzungen, ihrer Zwecke sowie ihrer allgemeinen Bedeutung für den Wasserhaushalt lediglich einen sehr weitgespannten und durch zusätzliche Regelungen auszufüllenden Rahmen ab, innerhalb dessen ihre Anwendung durch die Behörde nicht annähernd vorhergesehen werden konnte. Während die Frist der Benutzung immerhin exakt messbar ist und der Benutzungstatbestand wie auch der Benutzungszweck sicher festgestellt werden können, greift die allgemeine Bedeutung derartiger Benutzungen für den Wasserhaushalt in unbestimmter Richtung über die jeweilige, vom Gebührenschuldner überschaubare Benutzung hinaus. Wie sodann die Frist der Benutzung, ihre Art, ihr Zweck und ihre Bedeutung jeweils für sich sowie in ihrem Zusammenwirken zu bewerten waren, blieb ohne greifbare Konturen.
86Die anderslautende Auffassung des Beklagten entnimmt den angeführten Bewertungsfaktoren einen Grad an Konkretheit, der sich in Wirklichkeit weder in den einzelnen Begriffen noch in ihrem Zusammenspiel findet. Das setzte die Tarifstelle 28.1.1.1 ersichtlich selbst voraus, indem sie zur weiteren Konkretisierung der jeweils einzusetzenden Wertzahl Bestimmungen in einem ministeriellen Erlass vorsah.
87Die Ausfüllungsbedürftigkeit der Tarifstelle 28.1.1.1 zeigt sich dementsprechend auch an dem - mit Runderlass vom 13. Juli 2012 (MBl. NRW. S. 562) aufgehobenen - Runderlass des - seinerzeitigen - Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 17. März 1994 - IV B 1 - 1990 - 33038 (MBl. NRW. S. 534), der für eine Reihe katalogartig aufgelisteter Tatbestände (Arten) von Gewässerbenutzungen detaillierte Staffelungen der anzusetzenden Wertzahlen enthielt. Nach Nr. 1 des Runderlasses in seiner bis zur Änderung durch den Runderlass vom 20. November 2008 (MBl. NRW. S. 595) geltenden Fassung mögen die Wertzahlen zwar dem entsprochen haben, was nach der Lebenserfahrung bei einer Gewässerbenutzung der angegebenen Art und des vorgesehenen Umfanges gemeinhin als Wert, d. h. an Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen in die Waagschale fällt. Diese Einschätzung, die in der geänderten Fassung des Runderlasses vom 20. November 2008 ohnehin nicht mehr geäußert worden ist, ändert aber nichts daran, dass die Festsetzung der Wertzahlen in ihrer konkreten Bezifferung und Abstufung aus den Bemessungsfaktoren nach Tarifstelle 28.1.1.1 nicht ohne Berücksichtigung weiterer und in dieser Tarifstelle unbenannt gebliebener Gesichtspunkte der Bewertung abgeleitet werden konnte.
88Der Konkretisierungsbedarf hinsichtlich der aus den Angaben in der Tarifstelle 28.1.1.1 zu ziehenden Rückschlüsse wird ferner durch die genannte Verordnung vom 26. Juni 2012 bestätigt, mit der der Runderlass vom 17. März 1994 durch die Streichung des in der Tarifstelle 28.1.1.1 enthalten gewesenen Verweises auf den ministeriellen Erlass und die Einfügung von Anlage 6 zum Allgemeinen Gebührentarif funktional ersetzt worden ist. In die Anlage 6 zum Gebührentarif sind die Regelungen des Runderlasses zur Differenzierung anhand von Wertzahlen jedenfalls im Wesentlichen übernommen worden, sodass dessen Aussagegehalt der Sache nach auf die Ebene einer verordnungsrechtlichen Regelung überführt worden ist. Die Bezirksregierung hat die Berechnung der erhobenen Verwaltungsgebühr denn auch nicht auf die abstrakten Kriterien der Tarifstellen 28.1.1.1 und 28.1.2.1 gestützt, sondern sich unmissverständlich an Nr. 2.1.4 Buchstabe a des Runderlasses vom 17. März 1994 orientiert.
89Die Konkretisierung der Tarifstelle 28.1.1.1 durch den Runderlass vom 17. März 1994 ist bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit der Tarifstelle 28.1.2.1 außer Acht zu lassen. Allerdings steht der Runderlass im Einklang damit, dass die Tarifstelle Nr. 28.1.1.1, wie ausgeführt, vorsah, dass die einzelnen Wertzahlen durch ministeriellen Erlass bestimmt wurden. Dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit abgabebestimmender Voraussetzungen ist jedoch durch die gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung der Abgaben zu genügen. Durch Verwaltungsvorschriften können Abgabepflichten weder dem Grunde noch der Höhe nach begründet werden. Verwaltungsvorschriften sind grundsätzlich nur im Verhältnis zu den mit den geregelten Sachverhalten befassten Verwaltungsbehörden rechtsverbindlich. Sie dienen so dem gleichmäßigen Vollzug gesetzlicher und/oder verordnungsrechtlicher Vorschriften. § 2 Abs. 1 GebG NRW, wonach die einzelnen gebührenpflichtigen Amtshandlungen und die Gebührensätze durch Gebührenordnungen zu bestimmen sind, ermächtigt angesichts dessen zur Regelung durch Rechtsverordnungen.
90Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. April 2008 - 9 A 111/05 -, a. a. O.; Lenders in: Weißauer/Lenders, Verwaltungsgesetze NRW, § 2 GebG NRW, Anm. 1.
91Die der Landesregierung durch § 2 Abs. 2 Satz 2 GebG NRW eröffnete Möglichkeit, die Befugnis zum Erlass der Gebührenordnungen für bestimmte Bereiche der Verwaltung auf das hierfür zuständige Ministerium zu übertragen, betrifft damit den Übergang der Zuständigkeit für Regelungen durch Rechtsverordnung im Sinne von § 2 Abs. 1 GebG NRW. Im Fall der Übertragung der Befugnis ist das zuständige Ministerium anstelle der Landesregierung berufen, als Verordnungsgeber tätig zu werden. § 2 Abs. 2 Satz 2 GebG NRW ermächtigt die Landesregierung dagegen nicht, dem zuständigen Ministerium die Befugnis einzuräumen, durch Verwaltungsvorschriften Regelungen zu erlassen, die zum notwendigen verordnungsrechtlichen Inhalt der Gebührenordnungen gehören.
92Auf die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene persönliche Gebührenfreiheit kommt es danach für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung nicht an.
93Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
94Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.