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Erfolgloser Antrag einer Fachlehrerin a.D. auf Zulassung der Berufung, deren Klage auf das Wiederaufgreifen ihres Zurruhesetzungsverfahrens mit dem Ziel gerichtet ist, rückwirkend wegen Dienstunfähigkeit infolge eines erlittenen Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt zu werden.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 45.000,00 festgesetzt.
G r ü n d e :
2Das vorliegende Zulassungsverfahren betrifft allein das Klagebegehren, „das beklagte Land zu verpflichten, das Verfahren wegen vorzeitiger Zurruhesetzung gemäß § 33 Abs. 3 Nr. 2 LBG NRW wieder aufzugreifen und unter Aufhebung der durch Urkunde vom 10. Juni 2010 mit Ablauf des 31. August 2010 erfolgten Zurruhesetzung festzustellen, dass die Klägerin aufgrund des am 23. April 2010 erlittenen Dienstunfalls dauerhaft dienstunfähig ist“. Insoweit ist am 4. April 2012 die Abtrennung vom Verfahren 3 A 59/12 beschlossen worden.
3Der das genannte Klagebegehren betreffende Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
51. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
6Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diese Anforderungen erfüllt die Klägerin mit der Antragsbegründung vom 9. Januar 2012 nicht.
7Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, die Klägerin könne nicht das Wiederaufgreifen des Zurruhesetzungsverfahrens mit dem Ziel verlangen, wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines erlittenen Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt zu werden. Dem stehe schon die Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LBG NRW entgegen, wonach eine Zurruhesetzungsverfügung nur bis zum Beginn des Ruhestandes zurückgenommen werden könne. Diese Bestimmung gehe sowohl den allgemeinen Vorschriften der §§ 48, 49 VwVfG zur Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten als auch dem in § 51 VwVfG geregelten Wiederaufgreifen des Verfahrens vor und schließe nach Eintritt des Beamten in den Ruhestand eine Rücknahme, einen Widerruf oder auch die im Rahmen des § 51 VwVfG geregelte Aufhebung oder Änderung der Zurruhesetzungsverfügung aus. Die Regelung diene zum einen dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten, zum anderen dem allgemeinen Interesse an der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Sie erweise sich als Gegenstück zum Grundsatz der Ämterstabilität, der aus ähnlichen Gründen den Widerruf und die Rücknahme der Ernennung von den allgemeinen Vorschriften ausnehme und an spezielle, im Beamtenrecht selbst geregelte Voraussetzungen anknüpfe. Die Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Juni 2010 sei der Klägerin am 17. Juni 2010 zugestellt worden und spätestens am 1. September 2010 wirksam geworden. Es könne daher dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 VwVfG für einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens überhaupt erfüllt seien.
8Mit diesen auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 47 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BBG a.F.,
9vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 2 C 22.06 -, juris,
10gestützten entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin sich nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO auseinandergesetzt.
11Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Diese Frist endete hier am 9. Februar 2012, nachdem den Prozessbevollmächtigten der Klägerin das angefochtene Urteil am 9. Dezember 2011 zugestellt worden war. Innerhalb dieser Frist ist lediglich die Antragsbegründung vom 9. Januar 2012 eingegangen, die sich nicht ansatzweise mit den vorstehenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt, sondern sich darin erschöpft, den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel zu benennen. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. März 2012 eingewendet hat, das Verwaltungsgericht habe unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Unrecht angenommen, dass dem beantragten Wiederaufgreifen des Zurruhesetzungsverfahrens die Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LBG NRW entgegenstehe, ist der Senat gehindert, dieses Vorbringen zu berücksichtigen. Erst nach Ablauf der Begründungsfrist eingereichter Vortrag ist allenfalls dann zu berücksichtigen, wenn damit die fristgemäß vorgelegte Begründung erläutert oder ergänzt wird. Dies setzt aber voraus, dass sich bereits die fristgemäß vorgelegte Begründung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt und somit ein taugliches Objekt weiterer Vertiefung darstellt. Daran mangelt es hier jedoch.
122. Ohne Erfolg macht die Klägerin ferner geltend, die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Das Vorbringen der Klägerin genügt auch insoweit schon nicht den Darlegungsanforderungen, da jede Erläuterung zum Vorliegen des Zulassungsgrundes ausbleibt.
133. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
14Ohne Erfolg rügt die Klägerin, die Entscheidung beruhe auf dem Verfahrensmangel der „unzureichenden…prozessualen Erledigung“ ihrer Anträge, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht über ihren als selbstständiges Klagebegehren gestellten Antrag auf Feststellung einer dauerhaften Dienstunfähigkeit aufgrund eines Dienstunfalls nicht entschieden habe.
15Bei verständiger Würdigung der Entscheidungsgründe umfasst die Klageabweisung auch das vorstehende Feststellungsbegehren. Weitere Ausführungen zu diesem Begehren waren nach den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts entbehrlich. Denn danach ist es dem beklagten Land bereits verwehrt, das Zurruhesetzungsverfahren der Klägerin mit dem Ziel wiederaufzugreifen, sie rückwirkend wegen Dienstunfähigkeit infolge des am 23. April 2010 erlittenen Dienstunfalls in den Ruhestand zu versetzen. Die Frage, ob die Klägerin infolge des Dienstunfalles dauerhaft dienstunfähig war, war nach der Argumentation des Verwaltungsgerichts somit nicht entscheidungserheblich.
16Im Übrigen geht die Klägerin fehl in der Annahme, sie habe dennoch ein Interesse an der Feststellung, dass sie durch den erlittenen Dienstunfall dauerhaft dienstunfähig geworden sei, weil es für den von ihr letztlich begehrten Anspruch auf Unfallruhegehalt nach dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung des § 36 Abs. 1 BeamtVG ausreiche, wenn eine durch einen Dienstunfall eingetretene Dienstunfähigkeit und eine Versetzung in den Ruhestand vorlägen, ohne dass ein Kausalzusammenhang erforderlich sei. Nach § 36 Abs. 1 BeamtVG erhält ein Beamter Unfallruhegehalt, wenn er infolge eines Dienstunfalls dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten ist. Dies erfordert schon nach dem eindeutigen Wortlaut einen ursächlichen Zusammenhang sowohl zwischen dem Dienstunfall und der Dienstunfähigkeit als auch zwischen dem Dienstunfall und der Zurruhesetzung.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 24.92 -, juris, Rn. 14, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 4. November 1999 - 12 A 2174/98 -, juris, Rn. 44, m.w.N.
18Auch die sinngemäß erhobene Aufklärungsrüge, das Verwaltungsgericht habe nicht von der Richtigkeit der amtsärztlichen Feststellungen zu den Folgen des erlittenen Dienstunfalls ausgehen dürfen, sondern eine erneute Untersuchung der Klägerin zu dem geltend gemachten Kausalzusammenhang zwischen den durch den Dienstunfall bedingten Folgen und der behaupteten Dienstunfähigkeit veranlassen müssen, greift nicht durch.
19Die Frage, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist von der materiellen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts abhängig. Die von der Klägerin vermisste Sachverhaltsaufklärung musste das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung nicht veranlassen. Hiernach war die Frage, welche der von der Klägerin behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den erlittenen Dienstunfall verursacht worden sind, und ob diese zur dauernden Dienstunfähigkeit geführt haben, nicht entscheidungserheblich.
204. Soweit die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen die ergänzenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 8 des angefochtenen Urteils angreift, genügt dies schon deshalb nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, weil es nicht hinreichend deutlich erkennen lässt, welchen Zulassungsgrund das Vorbringen stützen soll. Es ist indes nicht Aufgabe des Senats, aus der unspezifizierten Begründung eines Zulassungsantrags die erforderliche gesonderte Begründung für jeden der geltend gemachten Zulassungsgründe zu konstruieren. Ungeachtet dessen ist dieses Zulassungsvorbringen aber auch deshalb nicht geeignet, dem Zulassungsantrag zum Erfolg zu verhelfen, weil die mit dem Vorbringen angegriffenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungstragend sind. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der von der Klägerin geltend gemachten Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn sowie zur Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der amtsärztlichen Stellungnahme vom 1. September 2010 zu den Folgen des am 23. April 2010 erlittenen Dienstunfalls sind - worauf die Klägerin schon selbst hinweist - nur nebenbei bemerkt (obiter dictum), ohne dass es für die angefochtene Entscheidung auf diese Erwägungen ankäme.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG in der bis zum 1. August 2013 geltenden Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 GKG). Streitgegenstand ist die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand und nicht nur deren Zeitpunkt. Der Streitwert ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht auf die Höhe des in der ersten Instanz festgesetzten Streitwertes begrenzt. Der Sinn der Vorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG, nach der der Streitwert durch den Wert des Streitgegenstandes des ersten Rechtszuges begrenzt ist, besteht darin, den Streitwert für den Fall zu begrenzen, dass der Beklagte der Rechtsmittelführer ist und dessen für die Streitwertfestsetzung an sich maßgebliches Interesse als Rechtsmittelführer höher als das des Klägers zu bewerten wäre. Vertrauensschutz für den Kläger, wenn er selbst Rechtsmittelführer ist und deshalb sein Interesse unverändert die Höhe des Streitwerts bestimmt, lässt sich aus dieser Bestimmung jedoch nicht herleiten.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 7 KSt 5.13 - u.a., juris.
24Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil - bezogen auf den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens - rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).