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Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
G r ü n d e
2Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet entsprechend den §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 87 a Abs. 2 und 3 VwGO die Berichterstatterin anstelle des Senats.
3Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind bereits nicht hinreichend, d. h. den sich aus § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO ergebenden Anforderungen entsprechend, dargelegt bzw. liegen auf der Grundlage der maßgeblichen fristgerechten Darlegungen in der Zulassungsbegründungsschrift nicht vor.
41. Es bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Zulassungsvorbringen zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts auf, die vom Kläger geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen und Beschwerden seien keine ursächlichen Folgen des Dienstunfalls vom 15. November 1995.
5Zunächst ist klarzustellen, dass im Dienstunfallrecht nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich der (anspruchstellende) Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis des geforderten Kausalzusammenhangs trägt. Grundsätzlich bedarf es insoweit des vollen Beweises im Sinne "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit". Zweifel am Ursachenzusammenhang gehen daher zu Lasten des Beamten.
6Vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1981– 2 C 17.81 –, NJW 1982, 507 = juris, Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2014 – 1 A 1988/11 –, juris, Rn. 53 f.
7Daher ist es rechtlich irrelevant, wenn der Kläger geltend macht, es sei nicht auszuschließen, dass seine Beschwerden als Unfallfolgen zu werten seien.
8Aus den vorliegenden medizinischen Gutachten ergibt sich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass die vom Kläger geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen und Beschwerden ursächliche Folgen des Dienstunfalls vom 15. November 1995 sind. Der Kläger zitiert auf den Seiten 6 bis 8 seines Zulassungsantrags medizinische Stellungnahmen aus den Jahren 2002 bis 2010. Diesen ist zwar zu entnehmen, dass der Kläger dienstunfallbedingt an Tinnitus leidet. Auch sind psychische Beeinträchtigungen angeführt. Den medizinischen Stellungnahmen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass das Tinnitusleiden des Klägers die einzige oder wesentliche Ursache für seine psychischen Beschwerden ist. Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf den Seiten 8 und 9 ausführlich und überzeugend ausgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat darauf Bezug.
9Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. September 2004 – IV ZR 233/03 – begründet keine ernstlichen Zweifel am Urteil des Verwaltungsgerichts. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der dort entschiedene Fall mit dem des Klägers vollständig übereinstimmt; außerdem waren dort andere Rechtsgrundlagen maßgeblich. Im Übrigen ist es unstreitig, dass Tinnitus psychische Beschwerden verursachen kann. Es ist im Fall des Klägers allerdings nicht nachgewiesen, dass der Tinnitus tatsächlich die wesentliche Ursache im dienstunfallrechtlichen Sinne für dessen psychische Beschwerden ist.
102. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
11Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen seine Pflicht zur Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, indem es den Beweisantrag abgelehnt hat, zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger auch in den Jahren 2003, 2004 und den nachfolgenden Jahren aufgrund des Tinnitus in seiner Dienstfähigkeit derart eingeschränkt war, dass nur noch Bürotätigkeiten ausgeführt werden konnten, die Stundennachweise [gemeint war: des Arztes Dr. W. ] der Jahre 2003, 2004 sowie der Folgejahre beizuziehen.
12Dem Erfordernis hinreichender Darlegung (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) genügt die Rüge eines Aufklärungsmangels nur dann, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert angibt, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel bzw. Aufklärungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis die Beweisaufnahme bzw. die weitere Aufklärung voraussichtlich gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer ihm – dem Rechtsmittelführer – günstigeren Entscheidung hätte führen können. Ferner muss er substantiiert darlegen, dass er auf die Erhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht hingewirkt hat oder dass sich die unterbliebene Beweisaufnahme aufgrund bestimmter, zu benennender Anhaltspunkte dem Tatsachengericht hätte aufdrängen müssen.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 2 B 105.12 – juris, Rn. 26, zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO; ferner die Senatsbeschlüsse vom 23. Januar 2013 – 1 A 2588/10 –, juris, Rn. 3, und vom 24. Juli 2014 – 1 A 1645/13 –, sowie Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 220, Bamberger, in: Wysk, VwGO, 2011, § 86 Rn. 21, und Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2011, § 124 a Rn. 60 i. V. m. § 139 Rn. 22, jeweils m. w. N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
14Erfüllt das Zulassungsvorbringen die vorstehend dargestellten Darlegungsanforderungen, so kommt es für den Erfolg einer Aufklärungsrüge weiter darauf an, ob es auch inhaltlich durchgreift. Dementsprechend setzt ein im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu berücksichtigender Aufklärungsmangel sachlich u. a. voraus, dass die Vorinstanz in Bezug auf eine Tatsache, welche bei Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung entscheidungserheblich gewesen wäre, einem förmlich in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachgegangen ist oder sich die Beweiserhebung geradezu aufgedrängt hat.
15Vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2012 – 1 A 864/11 –, NVwZ-RR 2012, 952 = juris, Rn. 13 f., Rn. 15 f., m. w. N.
16Gemessen an diesen Vorgaben hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, inwiefern das Ergebnis der von ihm beantragten Beweiserhebung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für ihn günstigeren Entscheidung hätte führen können. Der Kläger meint, aus den Stundennachweisen des Dr. W. ergebe sich, dass dieser ihn bereits in den Jahren 2003 und 2004 als dienstunfähig angesehen habe und dies damals schon auf den Tinnitus und die dadurch bedingten psychischen Probleme zurückzuführen gewesen sei. Die Arbeitsplatzsituation sei damals noch nicht im Streit gewesen, so dass die damaligen psychischen Beschwerden auch nicht darauf beruhen könnten.
17Mit diesem Vortrag hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, wieso sich aus Stundennachweisen eines Betriebsarztes qualifizierte Stellungnahmen dazu ergeben sollten, aus welchem Grund der Kläger damals psychische Beschwerden hatte. Dies gilt umso mehr, als nicht einmal die Tauglichkeitsgutachten des Dr. W. von Februar und März 2004 (Blatt 301 f. der Beiakte 1) Anhaltspunkte für die konkreten Ursachen der damaligen eingeschränkten Tauglichkeit des Klägers anführen. Außerdem war die Arbeitsplatzsituation des Klägers bereits vor den Jahren 2007 und 2008 schwierig. Dies ergibt sich z. B. aus dem medizinischen Gutachten von Dr. P. vom 18. März 2002 (Blatt 44 f. der Beiakte 1): „Der Beamte klagte über Stress im Büro, Mobbing, Ungleichbehandlung und ‚Verheissen der Mitarbeiter‘ durch Vorgesetzte.“, aus dem Bericht der Tinnitus-Klinik Bad B. vom 7. Mai 2002 (Blatt 139 f. der Beiakte 1): „In der Vorgeschichte finden sich vor allem berufliche Probleme mit mangelnden Abgrenzungsmöglichkeiten von Arbeitsanforderungen, mangelnder Wahrnehmung der eigenen Belastungsgrenzen und Konflikte mit Vorgesetzten… Stressig sei jedoch, dass er den Außendienst nur mit sehr viel Aufwand ausüben müsse, mit Überstunden und langen Dienstzeiten, was bei ihm dazu führe, dass er ständig keine Freizeit habe und persönliche Angelegenheiten vernachlässige… Er erkannte, dass die von ihm kaum wahrgenommene Belastung durch die partnerschaftlichen Misserfolge zusammen mit dem Konflikt auf der Arbeitsstelle und alltäglichem Stress maßgeblich zu seiner Ruhelosigkeit und seinen Ängsten vor der Arbeitsunfähigkeit beigetragen haben.“ und aus dem Reha-Entlassungsbericht vom 2. Juli 2003 (Blatt 143 ff. der Beiakte 1, Ziffern 4.1 und 8): „Der Pat. erlebt sich im Beruf durch Mobbing beeinträchtigt. Herr Z. beklagt Benachteiligung… Es entstand der Eindruck, dass neben erschwerenden Veränderungen der Arbeitsbedingungen, der Pat. in seiner Funktion als ‚Einzelkämpfer‘ (Betriebsrat) Grenzen überschreitet und neben Anerkennung und Respekt auch die Missgunst der Vorgesetzten auf sich zieht. In der Konsequenz erlebt sich Herr Z. ‚gemobbt‘ und benachteiligt.“ Zumindest die letzten beiden Berichte lagen dem Gutachter Dr. W1. bei der Abfassung seines Gutachtens vom 2. August 2010 vor. Er hat sie auf der Seite 3 seines Gutachtens zitiert.
18Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zu Recht mit der Begründung abgelehnt, die unter Beweis gestellte Tatsache sei nicht geeignet, die Feststellungen des Gutachters Dr. W1. zu entkräften oder zu belegen, dass dieser von falschen Tatsachen ausgegangen sei, da sie seinen Ausführungen nicht entgegenstehe.
19Da das Verwaltungsgericht dem Beweisantrag aus den genannten Gründen nicht nachkommen musste, führt es nicht zu einem Verfahrensfehler nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, dass es den Beweisantrag zusätzlich mit der Begründung abgelehnt hat, es komme auf den Gesundheitszustand des Klägers seit Antragstellung im Juli 2009 an. Diese Begründung bezieht sich ersichtlich auf das ebenfalls anhängige Verfahren des Klägers wegen Gewährung eines Unfallausgleichs, den der Kläger im Juli 2009 beantragt hatte. Dieses Verfahren war ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung zusammen mit dem hier anhängigen Verfahren verhandelt worden. Der Beweisantrag hatte sich wohl auf beide Verfahren bezogen.
203. Aus den unter 2. genannten Gründen ergibt sich, dass die Aufklärungsrüge auch unter dem Blickwinkel von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keinen Erfolg hat.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 3 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG).
22Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).