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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 443/13

Datum:
02.06.2014
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 A 443/13
ECLI:
ECLI:DE:OVGNRW:2014:0602.15A443.13.00
 
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 12 K 1930/11
Schlagworte:
Straßenausbaubeitrag Erschließungsbeitrag Abschnittsbildung Kostenspaltung Anliegeranteil Entstehung der Beitragspflicht endgültige Herstellung erstmalige endgültige Herstellung Erschließungsanlagenbegriff Umdeutung
Normen:
AO § 128 Abs. 1; BauGB § 125 Abs. 2; BauGB § 127 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 4
Leitsätze:

1. Nach § 8 Abs. 7 KAG NRW entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Anlage beziehungsweise, wenn der Beitrag nur für einen Abschnitt der Straße erhoben wird, mit dessen Herstellung. Die Anlage in diesem Sinne ist hergestellt, wenn das von der Gemeinde beschlossene Bauprogramm verwirklicht ist. Nach dem Datum der (technischen) Fertigstellung der Maßnahme bestimmt sich dann die Entstehung der Beitragspflicht und damit die anzuwendende Satzung.

2. Kraft ausdrücklicher Bestimmung der Satzung kann der Begriff „Anlage“ auch mit einer Erschließungsanlage identisch sein. In diesem Fall wird allerdings die räumliche Ausdehnung der Anlage nicht mehr durch das konkrete Bauprogramm, sondern kraft der allgemeinen Bestimmung des Ortsgesetzgebers auf die Begrenzung der Erschließungsanlage festgelegt. Der Tatbestand, von dessen Verwirklichung die Entstehung der Beitragspflicht abhängt, besteht dann in der Herstellung oder Verbesserung der – in räumlicher Hinsicht – ganzen Erschließungsanlage.

3. Er kann aber auch (nur) in der Herstellung oder Verbesserung des Abschnitts einer Erschließungsanlage bestehen, wenn sich die Baumaßnahme nur auf den Teil einer Erschließungsanlage erstreckt. In diesem Fall bedarf es aber einer gemeindlichen Willensäußerung, durch die der räumliche Bereich der Maßnahme konkretisiert und damit festgelegt wird, dass der Tatbestand in der Verwirklichung des Bauprogramms in dem betreffenden Abschnitt besteht. Solange es an einer in dem genannten Sinn notwendigen Abschnittsbildung fehlt, ist der Beitragstatbestand noch nicht verwirklicht.

4. Das gilt auch dann, wenn der technische Ausbau in dem Abschnitt bereits abgeschlossen ist. Folgt in diesem Fall die Abschnittsbildung dem technischen Ausbau nach, so wird der Tatbestand mit ihrem Wirksamwerden verwirklicht, so dass die Beitragspflicht erst zu diesem Zeitpunkt entstehen kann

5. Wird die Straßenbaubeitragssatzung so gefasst, dass als öffentliche Anlage „öffentliche Straßen, Wege und Plätze“ (mit oder ohne Klammerzusatz „Erschließungsanlage“) als Gegenstand der straßenbaulichen Maßnahmen bezeichnet werden, gilt der Erschließungsanlagenbegriff des § 127 BauGB.

6. Die räumliche Begrenzung der Anlage richtet sich in diesen Fällen nach den für Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB geltenden Kriterien. Hiernach kommt es für die Antwort auf die Frage, was die maßgebliche Erschließungsanlage ist, nicht auf eine einheitliche Straßenbezeichnung an. Ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise ist vielmehr entscheidend auf das Erscheinungsbild (wie Straßenführung, Straßenlänge, Straßenbreite und Straßenausstattung) abzustellen, so dass Unterschiede, welche jeden der Straßenteile zu einem augenfällig abgegrenzten Element des öffentlichen Straßennetzes machen, jeden dieser Straßenteile als eigenständige Erschließungsanlage kennzeichnen.

7. Soll ein fehlerhafter Straßenbaubeitragsbescheid als Erschließungsbeitragsbescheid aufrechterhalten werden, bedarf es nach dem insoweit maßbeglichen nordrhein-westfälischem Landesrecht der Umdeutung (§ 12 Abs. 1 Nr. 3b KAG NRW i. V. m. § 128 Abs. 1 AO).

8. Dies setzt u. a. voraus, dass der der umgedeutete Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit des umgedeuteten Verwaltungsakts ist die Sach- und Rechtslage im Moment der Umdeutung.

9. Bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen dürfen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW Beiträge nur dann erhoben werden, wenn nicht das Baugesetzbuch anzuwenden ist. Dieser Vorbehalt berücksichtigt den Vorrang des Bundesrechts, soweit es dieselbe Materie regelt. Gemeint ist das Erschließungsbeitragsrecht, das in den §§ 127 bis 135 sowie in § 242 BauGB enthalten ist.

10. Dagegen können straßenbauliche Maßnahmen an Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauGB nach deren erstmaliger Herstellung oder Übernahme zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen führen, wenn sie von § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW erfasst werden. So kann insbesondere eine Teileinrichtung, die bereits erstmalig endgültig hergestellt worden ist, im Falle ihrer nachfolgenden Erneuerung oder Verbesserung nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen abgerechnet werden, und zwar unabhängig davon, ob der Erstausbau nach dem Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet worden ist oder abgerechnet werden konnte.

 
Tenor:

Das Urteil wird geändert: Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Kläger.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 587,78 Euro festgesetzt.

 
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