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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 3.480 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung VwGO - nicht vorliegt oder bereits nicht hinreichend dargelegt im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist.
3Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen aus den in der Antragsbegründung aufgeführten Gründen nicht. Kein tragender Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils ist mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden.
4Die Beklagte hat zur Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht: Das Verwaltungsgericht habe in unzutreffender Weise verneint, dass der Kläger die streitbefangene Wohnung i. S. d. § 1 der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten - ZwStS - innegehabt habe. Zwar sei mit dem Verwaltungsgericht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen, wonach das in Ansehung der Zweitwohnung erforderliche Innehaben einer Wohnung für die persönliche Lebensführung vor dem Hintergrund der Aufwandsbesteuerung i. S. d. Art. 105 Abs. 2a GG eine rechtliche Absicherung für eine gewisse Dauer voraussetze. Eine rechtliche Absicherung habe das Verwaltungsgericht aber zu Unrecht verneint. Durch die Einräumung des berechtigten Besitzes auf der Grundlage eines Leihvertrages nach § 598 BGB sei der Kläger nämlich rechtlich hinreichend abgesichert gewesen. Durch einen Leihvertrag erwerbe der Entleiher ein Recht zum Besitz ohne Gegenleistung. Die Rechtsstellung des Entleihers sei, wenn man von der leichteren Kündbarkeit des Leihvertrages absehe, der eines Mieters vergleichbar. Sein Recht zum Besitz ende ungeachtet der besonderen Kündigungsmöglichkeiten des § 605 BGB erst nach der für die Leihe bestimmten Zeit (§ 604 Abs. 1 BGB), hilfsweise nachdem der vertragsgemäße Gebrauch gemacht worden sei (§ 604 Abs. 2 BGB), und nur, wenn die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus deren Zweck zu entnehmen sei, ende es mit der jederzeit möglichen Rückforderung (§ 604 Abs. 3 BGB).
5Hier habe in der Zurverfügungstellung der Wohnung durch den Vater eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an den Kläger unter Einräumung unmittelbaren Besitzes gelegen. Wenn der Vater unter dem 2. März 2010 erklärt habe, er habe den "Verbleib in der Wohnung ohne vertragliche Abrede lediglich geduldet und in kurzen zeitlichen Abschnitten ex post vom Fortgang der Studiums abhängig gemacht", so habe dies bedeutet, dass der Kläger die Wohnung zumindest stets für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum bis zur nächsten Überprüfung zur Verfügung gehabt habe. "Ex post" könne nicht heißen, dass der Kläger rechtlos dort gewohnt habe und die Rechtlosigkeit immer nur nachträglich durch eine Art von Genehmigung beseitigt worden wäre.
6In der im Verwaltungsverfahren beigebrachten Erklärung des Vaters vom 14. Dezember 2008, die kein geringeres Gewicht habe als die Erklärung vom 2. März 2010, sei noch von einer Zurverfügungstellung der Wohnung für die Dauer des Studiums die Rede gewesen. Wegen des Zwecks der Gebrauchsüberlassung sei von einer gesicherten Überlassung aber zumindest für die Dauer des jeweiligen Semesters auszugehen gewesen; denn nur die Sicherheit, wenigstens immer bis zum Ende des Semesters in der Wohnung bleiben zu dürfen, ermögliche es nach der Lebenserfahrung einem Studenten, sich auf das Studium zu konzentrieren. Ein Semester sei deshalb jeweils die für die Leihe bestimmte Zeit i. S. d. § 604 Abs. 1 BGB bzw. die Dauer des vertragsgemäßen Gebrauchs i. S. d. § 604 Abs. 2 BGB gewesen.
7Dem Kläger sei auch unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses unmittelbarer Besitz eingeräumt worden. Bewohne ein volljähriges Kind in räumlicher Entfernung zum Wohnort des Vaters eine Wohnung, die dem Vater gehöre, wolle das Kind nicht lediglich für diesen gemäß § 855 BGB die tatsächliche Gewalt ausüben. Von einer bloßen Besitzdienerschaft könne insoweit nicht die Rede sein.
8Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung werden durch diesen Vortrag nicht geweckt. Die Beklagte hat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe die L. Wohnung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht innegehabt, nicht schlüssig in Frage gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in verschiedenen Entscheidungen das Wesen der Zweitwohnungsteuer wie folgt beschrieben:
9"Die Zweitwohnungsteuer ist als Aufwandsteuer i.S.v. Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt ... In dem Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf liegt ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die gerade keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG erfordert ... Das nach dem Aufwandsbegriff i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahin gehende Bestimmung des Verwendungszweckes der Zweitwohnung voraus... Eine solche Festlegung kann nur derjenige treffen, der für eine gewisse Dauer rechtlich gesichert über die Nutzung der Wohnung verfügen kann. Er muss also entsprechend seinen Vorstellungen zur persönlichen Lebensführung selbst bestimmen können, ob, wann und wie er diese nutzt, ob und wann er sich selbst darin aufhalten oder sie anderen zur Verfügung stellen will. Das Bundesverfassungsgericht stellt deshalb ausdrücklich darauf ab, dass Inhaber einer steuerpflichtigen Zweitwohnung nur der Eigentümer, Mieter oder sonst Nutzungsberechtigte sein kann (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 349, 353). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Übrigen und der des Bundesverwaltungsgerichts wird ein Innehaben der Zweitwohnung in diesem Sinne stets vorausgesetzt.
10Diese - dem Wesen der Aufwandsteuer geschuldete - Entscheidungsfreiheit besteht nicht bei einer rein tatsächlichen, rechtlich nicht abgesicherten Möglichkeit der Nutzung. Vielmehr muss der Nutzer dann damit rechnen, dass die Nutzung ihm jederzeit entzogen werden kann, er es jedenfalls nicht in der Hand hat, die Wohnung seinem Willen entsprechend tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Die verschiedenen Möglichkeiten des Wohnens ohne Nutzungsrecht (etwa Wohngelegenheit in Form vorübergehender Überlassung einer Wohnung oder Teilen davon) stellen im Übrigen auch keinen fest umrissenen Konsumtatbestand dar, der die Feststellung erlaubt, dass hierfür gewöhnlich nennenswerte finanzielle Mittel aufgewandt werden müssen."
11So BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 - 9 C 8.08 -, juris (dort Rn. 16 und 17).
12Legt man dies zugrunde, konnte der Kläger hier nicht zur Zweitwohnungssteuer veranlagt werden. Dabei kann offen bleiben, ob ein Leihvertrag als Anknüpfungspunkt für die Veranlagung des aus dem Leihvertrag Berechtigten zur Zweitwohnungssteuer schon deshalb ausscheidet, weil er im Sinne des soeben zitierten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts nicht "die Feststellung erlaubt, dass hierfür gewöhnlich nennenswerte finanzielle Mittel aufgewandt werden müssen".
13Vgl. allerdings BVerwG, Urteil vom 17. September 2008 - 9 C 17.07 -, juris, dort Rn. 15 und 18, wonach ausschlaggebendes Merkmal der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes ist, für den finanzielle Mittel verwendet werden, ohne dass es darauf ankäme, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, und von wem und mit welchen Mitteln dieser letztlich finanziert wird, sowie insbesondere auch BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, - 2 BvR 1275/79 -, juris (dort Rn. 77), wonach auch "derjenige, dem die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, ... zu versteuernden Aufwand betreiben" kann.
14Nach den vom Verwaltungsgericht festgestellten Umständen kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass der Kläger für eine hinreichende Dauer rechtlich gesichert über die Nutzung der Wohnung verfügen konnte. Maßgebend dafür, ob ein Leihvertrag geschlossen wurde, ist der Rechtsbindungswille hinsichtlich der Verpflichtung zur Überlassung der Sache.
15Vgl. C. Wagner, in: Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., Bd. 1, § 598 Rn. 14.
16Ein solcher Rechtsbindungswille des Vaters ergibt sich nicht aus den von der Beklagten vorgetragenen Umständen. Mit der Erklärung des Vaters des Klägers, er habe den Verbleib in der Wohnung "ohne vertragliche Abrede lediglich geduldet", wird ausdrücklich ein Rechtsbindungswillen in Abrede gestellt. Wenn der Vater bestätigt hat, er habe den Verbleib in der Wohnung "in kurzen zeitlichen Abschnitten" ex post vom Fortgang der Studiums abhängig gemacht, fehlte es an der rechtlichen Sicherheit von gewisser Dauer. Dass von einer Überlassung zumindest für die Dauer des jeweiligen Semesters auszugehen gewesen wäre, kann - anders als nach Auffassung der Beklagten - nicht festgestellt werden. Zwar trifft es zu, dass es im Schreiben des Vaters des Klägers vom 14. Dezember 2008 heißt, er "habe die Wohnung im Rahmen des ihm obliegenden Ausbildungsunterhalts für die Dauer des Studiums (s)einem Sohn mangels dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zur Verfügung gestellt". Dies beschreibt aber lediglich die Tatsache der Zurverfügungstellens und die vom Vater ins Auge gefasste Dauer. Eine Wille, sich überhaupt rechtlich zur Überlassung zu verpflichten und sogar für die genannte Dauer, folgt daraus nicht. Diese Angabe ist noch vor der Spezifizierung der Rechtsprechung durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2009 mit Schreiben des bevollmächtigten Vaters des Klägers vom 29. Januar 2009 dahin erläutert worden, dass die Nutzungsmacht des Klägers "vom Belieben (s)eines Vaters als Eigentümer abhäng(e), (ihm) je nach Ernsthaftigkeit des Betreibens (s)eines Studiums die Sachleistung "vollmöblierte Wohnung" von heute auf morgen zu entziehen, (er) damit bestenfalls Besitzdiener auf fristlosen Widerruf" sei, was sich inhaltlich mit der späteren Erklärung vom 2. März 2010 deckt und für die Annahme nicht ausreicht, der Kläger habe die L. Wohnung "innegehabt".
17Es spricht auch alles dagegen, dass der Kläger insbesondere etwa in der Zeit seines in den Besteuerungszeitraum fallenden längerfristigen Australien-Aufenthalts z. B. sich über eine Willensentscheidung seiner Eltern hinwegsetzend den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts entsprechend hätte "bestimmen können, ob ... er ... (die Wohnung) anderen zur Verfügung stellen will".
18Vgl. zur Besteuerbarkeit einer einem Dritten unentgeltlich überlassenen Wohnung als Zweitwohnung des Überlassenden: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 9 B 25.12 -, juris.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
20Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO und - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung - §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).