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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten der Beklagten gegen die Beigeladenen wegen der Errichtung und Nutzung eines Edelstahlaußenkamins auf deren Grundstück.
3Der Kläger ist Eigentümer des mit seinem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung I. , Flur 22, Flurstück 58 (Q.---straße 10) in I. . Das Wohnhaus wurde aufgrund eines im Jahre 1953 erteilten Bauscheins des Landkreises J. errichtet und hält genehmigungsgemäß einen Grenzabstand von 2,50 m zum westlich angrenzenden Nachbargrundstück Gemarkung I. , Flur 22, Flurstück 59 (Q.---straße 12) ein, das im Eigentum der Beigeladenen steht. Für das dort errichtete Wohnhaus erteilte der Landkreis J. im Jahre 1954 einen Bauschein, demgemäß der Grenzabstand des Hauses zum Grundstück des Klägers ebenfalls 2,50 m beträgt. Ausweislich des katasteramtlichen Fortführungsrisses aus dem Jahre 1955 wird dieser Abstand auch exakt eingehalten. Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
4Anfang August 2009 errichteten die Beigeladenen auf der östlichen Giebelseite ihres Wohnhauses einen Edelstahlaußenkamin (Hersteller: Eka - Edelstahlkamine GmbH, Typ EKA Complex D25 Iso. 0,6 matt) mit einer Höhe von zunächst ca. 5 m, an den ein im Haus aufgestellter Kaminofen des Herstellers Droof, Typ Varese HF, mit einer Nennwärmeleistung von 7 kW angeschlossen ist. Die Wandkonsole, auf welcher der Außenkamin steht, hält einen Abstand von 1,94 m zum Grundstück des Klägers ein, der Außenkamin selbst ist 1,97 m von der Grenze entfernt.
5Unter dem 12. August 2009 erteilte der Bezirksschornsteinfegermeister N. G. dem Beigeladenen eine Bescheinigung gemäß § 43 Abs. 7 BauO NRW darüber, dass sich die Abgasanlage in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde und für die angeschlossene Feuerstätte geeignet sei. Unter "Mängelbeschreibung" führte er aus, die Schornsteinhöhe entspreche nicht der VDI-Richtlinie 3781 Bl. 4 Abs. 2.4 ff.; komme es zu Beeinträchtigungen oder Belästigungen, empfehle er, den Schornstein zu erhöhen.
6Mit seinem an die Beklagte adressierten Schreiben vom 12. August 2009 und zahlreichen weiteren Eingaben machte der Kläger Einwendungen gegen die Errichtung des Edelstahlaußenkamins geltend. Er trug vor, die Abgase von Feuerstätten müssten "über Dach" abgeleitet werden. Der Bezirksschornsteinfegermeister habe bestätigt, dass die Schornsteinhöhe nicht den VDI-Richtlinien entspreche. Außerdem sei der Kamin am falschen Ort errichtet worden. Er stehe mittig vor dem Fenster seines "Krankenzimmers". Den Beigeladenen seien seine Atembeschwerden bekannt. Die Rauch- und Staubbelastung im Grenzbereich könne er nicht widerspruchslos hinnehmen. Der Grenzabstand betrage weniger als 2 m. Es bestehe eine Brandgefahr durch Funkenflug.
7Unter dem 27. August 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Errichtung des Außenkamins sei nach § 66 Abs. 2 BauO NRW genehmigungsfrei. Eine Mängelanzeige des Bezirksschornsteinfegermeisters liege nicht vor. Es handele sich um eine Anlage, die nach § 6 Abs. 10 BauO NRW keine Abstandflächen auslöse, weil von ihr keine Wirkungen wie von einem Gebäude ausgingen. In einem weiteren Schreiben vom 3. September 2009 erklärte die Beklagte, Gründe für ein Einschreiten seien nach pflichtgemäßem Ermessen nicht erkennbar.
8Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 10. September 2009 bei der Beklagten, den Beigeladenen zu untersagen, den Kamin im gegenwärtigen Zustand in Betrieb zu nehmen und die Abgasanlage zu benutzen. Daraufhin teilte der Bürgermeister der Beklagten dem Kläger unter dem 11. September 2009 mit, er schließe sich der Auffassung seiner Fachabteilung an, dass Edelstahlkamine keine Abstandfläche auslösten.
9In der Folgezeit ließen die Beigeladenen den Edelstahlkamin auf eine Höhe von ca. 7,50 m verlängern. Aufgrund seiner Besichtigung vom 25. September 2009 bestätigte der Bezirksschornsteinfegermeister, dass sich die Abgasanlage in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde und die angeschlossene Feuerstätte geeignet sei; die Schornsteinhöhe entspreche den Anforderungen der VDI-Richtlinie 3781.
10Der Kläger hat am 21. September 2009 Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Edelstahlaußenkamin halte die erforderliche Abstandfläche zu seinem Grundstück nicht ein. § 6 Abs. 10 BauO NRW sei nicht anwendbar. Wenn der Kamin als untergeordnetes Bauteil im Sinne des § 6 Abs. 7 BauO NRW anzusehen sei, unterschreite er den hiernach erforderlichen Grenzabstand von 2 m. Eine Verkürzung des Grenzabstands nach § 6 Abs. 15 BauO NRW komme nicht in Betracht, weil Abs. 7 der Vorschrift von der Änderungsmöglichkeit ausgenommen sei. Der Kamin sei auch nicht störungsfrei "über Dach" geführt worden. Bei den vorherrschenden westlichen Winden träfen alle Immissionen sein Grundstück. Die Abgasanlage sei ihm gegenüber rücksichtslos und verschlimmere sein Krankheitsbild. Die Beigeladenen könnten den vorhandenen Innenkamin nutzen. Der Außenkamin sei ein Fremdkörper im Landschaftsbild.
11Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
12den Bürgermeister der Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 27. August 2009, 3. September 2009 und 11. September 2009 zu verpflichten, den Betrieb der von den Beigeladenen zwischen den Häusern Q.---straße 12 und 10 in I. errichteten Abgasanlage zu untersagen und den Beigeladenen aufzugeben, den Edelstahlaußenkamin zu entfernen.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat vorgetragen, der Außenkamin löse nach § 6 Abs. 10 BauO NRW keine Abstandfläche aus. § 6 Abs. 7 BauO NRW sei nicht anwendbar; jedenfalls komme eine Abweichung von dieser Vorschrift in Betracht. Gegebenenfalls sei auch eine Anwendung des § 6 Abs. 15 BauO NRW zu prüfen, zumal sich das Gebäude nicht verändert habe. Unzumutbare Belästigungen für die Nachbarschaft seien auszuschließen. Der Bezirksschornsteinfegermeister habe den ordnungsgemäßen Zustand der Anlage bescheinigt. Diese entspreche den Anforderungen der VDI-Richtlinie 3781.
16Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Sie haben vorgetragen, der Kaminofen und der Edelstahlkamin entsprächen allen maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen. Sogar die im Jahr 2024 in Kraft tretenden Immissions-Grenzwerte würden unterschritten. Nach der Erhöhung überrage der Kamin den Giebel des Nachbarhauses.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. Oktober 2010 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Außenkamin verstoße weder gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts noch gegen das Rücksichtnahmegebot. Abstandflächenrechtlich handele es sich um ein untergeordnetes Bauteil im Sinne des § 6 Abs. 7 Nr. 2 BauO NRW, das allerdings den Mindestabstand von 2 m zur Nachbargrenze des Klägergrundstücks unterschreite. Es greife indessen die Vorschrift des § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW. Die durch das Abstandflächenrecht geschützten Interessen des Klägers würden durch den Schornstein nicht verletzt. Maßgeblich dafür sei, dass der Kamin nicht näher an das Grundstück des Klägers heranrücke als der genehmigte Balkon im Obergeschoss des Hauses der Beigeladenen. Die abstandflächenrechtlichen Belange des Klägers würden daher durch den Kamin nicht stärker betroffen, als dies durch die bestandsgeschützte bauliche Situation auf dem Grundstück der Beigeladenen in der Vergangenheit ohnehin der Fall gewesen sei. Außerdem erfülle der Kamin die Voraussetzungen der bei der Bestimmung der Schornsteinhöhe im Einzelfall zu berücksichtigenden VDI-Richtlinie 3781 Blatt 4. Die Feuerungsanlage der Beigeladenen verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie entspreche den Vorgaben der 1. BImSchV in der hier maßgeblichen Fassung.
18Zur Begründung seiner mit Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2011 zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Über seinen Klageantrag, die Bescheide der Beklagten vom 27. August 2009, 3. September 2009 und 11. September 2009 aufzuheben, habe das Verwaltungsgericht nicht entschieden. Bei Fortbestand dieser Bescheide könne die Beklagte weiterhin ihren - unzutreffenden - Rechtsstandpunkt aufrechterhalten, dass für Außenkamine nach § 6 Abs. 10 BauO NRW keine Grenzabstände einzuhalten seien. Der streitige Kamin stelle ein untergeordnetes Bauteil im Sinne des § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW dar, halte aber nicht den hiernach geforderten Grenzabstand von mindestens 2 m ein. § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW könne nicht zur Anwendung kommen. Es fehle schon an einem entsprechenden Billigkeitsantrag der Beigeladenen. Außerdem sei der vorauszusetzende Härtefall hier nicht gegeben, weil die Beigeladenen die Abgasanlage ohne Weiteres etwa 30 cm bis an ihre Giebelwand zurücksetzen könnten. Auf den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Aspekt des bestandsgeschützten Balkons habe sich die Beklagte nicht berufen. Zwischen Balkon und Kamin bestehe kein Funktionszusammenhang. Der Balkon stelle ein Strömungshindernis für die Abgasverwehung in der Schneise zwischen beiden Häusern dar. Die Bescheinigungen des Bezirksschornsteinfegermeisters bezögen sich lediglich auf die Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Feuerungsanlage in technischer Hinsicht. Die Belange des Brandschutzes und des Nachbarschutzes seien untrennbar miteinander verbunden. Im vorliegenden Fall sei § 9 Abs. 3 FeuVO anzuwenden, wonach weitergehende Anforderungen an das Abführen von Gasen in Betracht kämen, wenn Gefahren oder andere unzumutbare Belästigungen zu befürchten seien. Der Ausstoß an Rauch und Abgasen sei hier unmittelbar auf sein - des Klägers - Anwesen gerichtet. Es bestehe eine Gefahr für Gesundheit und Leben. Durch die topographische Lage der Grundstücke und die Windverhältnisse erhöhe sich die Verweildauer der Abgase in Bodennähe. Der Außenkamin entfalte eine optisch bedrängende Wirkung. Er verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Duldung der Feuerungsanlage im Brandschutzbereich von 5 m widerspreche dem Gesetzeszweck von § 31 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW.
19Der Kläger beantragt,
20das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. Oktober 2010 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist ergänzend auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster (vom 15. Januar 2008 - 2 K 625/07 -), wonach Abgasleitungen keine Grenzabstände auslösten.
24Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
25Der Berichterstatter des Senats hat die Grundstücke der Beigeladenen und des Klägers am 13. Februar 2012 in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über den Ortstermin verwiesen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
28Die zulässige Berufung ist unbegründet.
29I. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags des Klägers auf bauordnungsbehördliches Einschreiten der Beklagten gegen die Beigeladenen ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf das begehrte Einschreiten und kann auch nicht - als minus zum Verpflichtungsbegehren - eine erneute Entscheidung der Beklagten über ein Einschreiten verlangen.
30Die Bauaufsichtsbehörde hat gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden.
31Der betroffene Nachbar hat nur dann einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, wenn er die streitige bauliche Anlage gegen Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Das der Bauaufsichtsbehörde durch § 61 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauO NRW eingeräumte Entschließungsermessen ist dann regelmäßig auf eine Verpflichtung zum Einschreiten reduziert.
32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. November 2009 7 A 146/08 -, BRS 74 Nr. 183 = juris Rn. 55 ff. m. w. N.; Beschluss vom 18. Oktober 2011 - 2 A 2731/10 -, BauR 2012, 468 = juris Rn. 23.
33Ausgehend hiervon steht dem Kläger weder ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten zu noch kann er eine Verpflichtung der Beklagten erreichen, über ein Einschreiten erneut zu entscheiden. Denn der streitige Außenkamin verstößt nicht zu seinen Lasten gegen nachbarschützende Bestimmungen des Baurechts. Unter dem Aspekt des Immissionsschutzes werden Nachbarrechte des Klägers nicht verletzt (dazu 1.). Der Kamin verstößt auch sonst nicht zu Lasten des Klägers gegen das Gebot der Rücksichtnahme (dazu 2.). Er widerspricht nicht den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zum Brandschutz (dazu 3.). Abstandflächenrechtlich erweist sich die Anlage ebenfalls als nachbarrechtskonform (dazu 4.).
341. a) Der Kamin entspricht den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen für die Ausführung von Feuerungsanlagen, die sich zunächst aus § 43 BauO NRW und der Feuerungsverordnung (FeuVO NRW) vom 11. März 2008 (GV. NRW. 2008, 338) ergeben. § 43 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW besagt unter anderem, dass Feuerungsanlagen nicht zu unzumutbaren Belästigungen führen können dürfen. Zur Vermeidung solcher Belästigungen trifft § 43 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW die Regelung, dass die Abgase der Feuerstätten durch Abgasanlagen "über Dach" abzuleiten sind. Die Anforderungen an Schornsteine und andere Abgasanlagen werden durch die §§ 7 bis 9 FeuVO NRW konkretisiert.
35Vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 43 Rn. 17; Czepuck, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/ Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 43 Rn. 48 ff.
36Dabei ist davon auszugehen, dass die Regelungen über die Abführung von Abgasen in § 9 FeuVO nicht allein dem Brandschutz dienen. Die Bestimmungen zur Höhe und Anordnung der Mündung von Abgasanlagen verfolgen - im Zusammenspiel mit § 43 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW - ersichtlich auch den Zweck, eine hinreichende Ableitung der Abgase in den freien Luftstrom zu gewährleisten und dadurch unzuträglichen Immissionen vorzubeugen; damit korrespondiert die in § 9 Abs. 3 FeuVO NRW vorgesehene Möglichkeit, weitergehende Anforderungen zu stellen, wenn Gefahren oder "andere unzumutbare Belästigungen" zu befürchten sind.
37Vgl. dazu, dass die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen über die Feuerungsanlagen auch dem Immissionsschutz dienen und insoweit nachbarschützend sind: Boeddinghaus/Hahn/ Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 43 Rn. 25, § 74 Rn. 335; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 74 Rn. 74; Moelle, in Buntenbroich/Voß, BauO NRW, Loseblatt, Stand: März 2010, § 43 Rn. 43.
38Der streitige Außenkamin erfüllt die - hier allein relevanten - Anforderungen des § 9 Abs. 1 Buchst. a Halbs. 1 FeuVO NRW. Hiernach müssen die Mündungen von Abgasanlagen den First um mindestens 40 cm überragen oder von der Dachfläche mindestens 1 m entfernt sein. Die Mündung des Außenkamins überragt zwar nicht den First des Wohnhauses der Beigeladenen (in dem geforderten Maß), ist aber von der Dachfläche des Hauses deutlich weiter als 1 m entfernt. Insofern ist auch der von § 43 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW geforderten Ableitung der Abgase "über Dach" genüge getan, die - in der Ausformung durch § 9 Abs. 1 Buchst. a Halbs. 1 FeuVO NRW - gerade nicht zwingend voraussetzt, dass die Mündung der Abgasanlage den First überragt.
39b) Der Betrieb des Kamins verursacht auch keine Immissionen, die der Kläger nach dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme nicht hinzunehmen hat.
40Bei der Bestimmung der Grenze der in einem bestimmten Gebiet zumutbaren Beeinträchtigungen ist - vorbehaltlich spezieller Vorgaben in den einschlägigen technischen Regelwerken - grundsätzlich die zwischen Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht bestehende Wechselwirkung zu berücksichtigen. § 3 Abs. 1 BImSchG kennzeichnet als schädliche Umwelteinwirkungen diejenigen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Damit konkretisiert das Bundes-Immissionsschutzgesetz einerseits die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Baurecht. Andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist. Denn als Maßstab dafür, ob eine Beeinträchtigung im Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich ist, dient ebenso wie im Bebauungsrecht grundsätzlich die Zumutbarkeit, die sich nach den jeweiligen planungsrechtlichen Anforderungen bestimmt. Immissionen, die nach den Vorschriften des Immissionsschutzrechts hinzunehmen sind, sind auch aus der Sicht des Städtebaurechts zumutbar.
41Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Februar 2000 - 4 B 87.99 -, BRS 63 Nr. 190 = juris Rn. 7, und vom 3. Mai 1996 - 4 B 50.96 -, BRS 58 Nr. 58 = juris Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2011 - 8 B 753/11 -, juris Rn. 26.
42Nach diesen Grundsätzen erweisen sich die Immissionen, die durch den Betrieb der streitigen Feuerungsanlage entstehen, in der gegebenen Situation als für den Kläger zumutbar.
43aa) Allgemeine Anforderungen an den Betrieb von Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe sind in § 4 f. der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen - 1. BImSchV) geregelt, die in ihrer aktuellen Fassung (BGBl. I 2010, 38) am 22. März 2010 in Kraft getreten ist. Die 1. BImschV regelt unter anderem die Anforderungen, die an den Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu stellen sind, und damit die maßgeblichen Voraussetzungen für den Betrieb der Feuerungsanlage der Beigeladenen. Als nicht - immissionsschutzrechtlich - genehmigungsbedürftige Anlage ist die Feuerungsanlage nach § 22 Abs. 1 BImSchG so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Diese Betreiberpflicht konkretisiert sich, wie das Verwaltungsgericht bereits unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts,
44vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Februar 2010 - 10 A 1013/08 -, BRS 76 Nr. 210 = juris Rn. 27,
45zutreffend dargelegt hat, durch die Gebote in §§ 3 und 4 der 1.BImSchV, wonach Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe unter anderem nur mit bestimmten Brennstoffen betrieben werden dürfen, für deren Einsatz sie nach den Angaben des Herstellers geeignet sind. Dass diese Vorschriften, soweit sie angesichts der dem Inkrafttreten vorangegangenen Errichtung der Feuerungsanlage gegenwärtig zu beachten sind, nicht eingehalten werden, ist vom Kläger nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Die Bestimmungen des § 19 der 1. BImSchV zu den "Ableitbedingungen für Abgase" gelten für die Feuerungsanlage der Beigeladenen nicht, da diese vor dem 22. März 2010 errichtet wurde (vgl. § 19 Abs. 1). Kann mithin nicht erkannt werden, dass der Betrieb dieser Feuerungsanlage den Bestimmungen der §§ 3 und 4 der 1. BImSchV widerspricht, ist die Annahme gerechtfertigt, dass - unter den darin geregelten betriebsbezogenen Aspekten - keine das Rücksichtnahmegebot verletzenden Immissionen entstehen.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 1996 - 11 B 3071/95 -, S. 3 d. amtl. Abdrucks m. w. N. (zur 1. BImSchV in der seinerzeit geltenden Fassung).
47bb) Zusätzliche bauliche Vorgaben, die in die Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Unbedenklichkeit der Ausführung des Außenkamins einzubeziehen sind, ergeben sich aus der VDI-Richtlinie 3781 Blatt 4 (Bestimmung der Schornsteinhöhe für kleinere Feuerungsanlagen).
48Technische Regelwerke (wie DIN-Normen oder VDI-Richtlinien) erzeugen für die Behörden und Gerichte keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber - auch bei der Bewertung der Zumutbarkeit von Immissionen - im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind.
49Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, BRS 76 Nr. 191 = juris Rn. 3, und vom 30. Juli 2003 - 4 B 16.03 -, BRS 66 Nr. 172 = juris Rn. 5.
50Die VDI-Richtlinie 3781 Blatt 4 stellt eine geeignete Orientierungshilfe für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Immissionen dar, die von kleineren Feuerungsanlagen ausgehen.
51Vgl. hierzu auch Hess. VGH, Beschluss vom 30. September 2004 - 3 ZU 1788/03 -, BRS 67 Nr. 134 = juris Rn. 13 f.; Czepuck, in: Gädtke/ Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 43 Rn. 41.
52Dieses Regelwerk gilt - vgl. Abschn. 1 Abs. 1 Satz 1 - für die Bestimmung der Schornsteinhöhe bei Feuerungen mit Heizöl EL sowie Steinkohle, Koks, Braunkohle und Holz mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als 4 GJ/h (1112 kW). Es erfasst damit auch die - wesentlich weniger leistungsfähige - Feuerungsanlage der Beigeladenen.
53Abschn. 2 der Richtlinie stellt aus Gründen des Immissionsschutzes Anforderungen an die Schornsteinausführung, die Schornsteinanordnung und die Schornsteinhöhe, die sowohl gebäudebedingt (Abschn. 2.3) als auch umgebungsbegingt (Abschn. 2.4) sind (Satz 1). Ergeben sich hiernach unterschiedliche Mündungshöhen des Schornsteins über Erdboden, so ist die größere Höhe maßgebend (Satz 2).
54Abschn. 2.2.1 der Richtlinie besagt, dass der Schornstein bei einer Dachneigung, die größer als 20 Grad ist - was für das Haus der Beigeladenen offensichtlich zutrifft -, am First oder in der Nähe des Firstes hochzuführen ist. Aus Abschn. 2.3.1.1 geht weiter hervor, dass die Mindesthöhe der Schornsteinmündung bei einer Feuerungswärmeleistung von weniger als 1 GJ/h - dies entspricht ungefähr 278 kW - 0,4 m über First betragen soll. Sind im Einwirkungsbereich der Quelle Gebäude vorhanden, werden die umgebungsbedingten Anforderungen nach Abschn. 2.4 erhoben. Gemäß Abschn. 2.4.1 wird der Einwirkungsbereich durch einen Kreisradius von mindestens 10 m umschrieben; er erfasst damit auch die Westfassade des Wohnhauses des Klägers. Die somit maßgeblichen umgebungsbedingten Anforderungen knüpfen an die "Höhe der Fensteroberkante(n) der höchsten zu schützenden und zum ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmten Räume im Einwirkungsbereich" an (Abschn. 2.4.2), die als Bezugsniveau zugrunde gelegt wird. Die Schornsteinhöhe wird gemäß Abschn. 2.4.3 dadurch ermittelt, dass diesem Bezugsniveau die aus Bild 1 abzulesende - von der Feuerungswärmeleistung und Brennstoffart anhängige - Höhe hinzugerechnet wird; bei einer Leistung bis zu 1 GJ/h beträgt diese Höhe in jedem Fall 1 m.
55Vgl. hierzu auch den früheren Rd.Erl. d. Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr vom 6. Juni 1986 - V A 4.200 - zur "Höhe und Anordnung der Schornsteine von Feuerungsanlagen", MBl. NRW. 1986, 977, der in ähnlicher Weise vorsah, dass "die Schornsteinmündung ... die Oberkante von Fenstern und Balkontüren ... benachbarter Gebäude um mindestens 1 m überragen" müsse (Nr. 1.1 Satz 1).
56Hiernach hält der streitige Außenkamin ohne Weiteres die umgebungsbedingten Anforderungen an die Schornsteinhöhe ein. Das maßgebliche Bezugsniveau wird durch die Oberkanten der Fenster im Obergeschoss des Wohnhauses des Klägers definiert. Die Schornsteinmündung liegt um deutlich mehr als 1 m über diesem Niveau. Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren noch geltend gemacht hat, das Verwaltungsgericht habe bei der Bemessung der erforderlichen Schornsteinhöhe unberücksichtigt gelassen, dass der höchstgelegene Aufenthaltsraum mit einem Fenster sich im Dachgeschoss seines Wohnhauses befinde (Schriftsatz vom 5. Januar 2011, S. 10), ist dieser Vortrag nach der im Ortstermin abgegebenen Erklärung des Klägers als hinfällig anzusehen. Im Übrigen würde eine Nutzung des Dachbodens als Aufenthaltsraum keine hier beachtlichen Rücksichtnahmepflichten auslösen, da sie ohne entsprechende bauaufsichtliche Genehmigung - mithin formell illegal - erfolgen würde und eine Genehmigungsfähigkeit in Anbetracht der zu prüfenden materiellen Anforderungen (insbesondere an das Vorhandensein eines zweiten Rettungswegs, §§ 17 Abs. 3 Satz 1, 40 Abs. 4 BauO NRW, und der notwendigen Fenster, § 48 Abs. 2 BauO NRW) auch nicht offensichtlich ist.
57Vgl. hierzu auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. Februar 2011 - 6 K 1773/09 -, juris Rn. 33 ff.
58Dass der Außenkamin andererseits die gebäudebedingten Anforderungen nach Abschn. 2.3.1.1 der Richtlinie nicht erfüllt, weil seine Schornsteinmündung nicht (in dem geforderten Maß) den First des Wohnhauses der Beigeladenen überragt, stellt die immissionsschutzrechtliche Unbedenklichkeit seiner Benutzung ebenso wenig durchgreifend in Frage wie der Umstand, dass er nicht am First oder in (unmittelbarer) Nähe hiervon hochgeführt worden ist (vgl. Abschn. 2.2.1 der Richtlinie). Denn auch insoweit ist aus der in § 9 Abs. 1 Buchst. a Halbs. 1 FeuVO NRW zum Ausdruck gebrachten normativen Wertung abzuleiten, dass es für eine ausreichende Ableitung der Abgase in den freien Luftstrom nicht entscheidend auf eine Anordnung der Schornsteinmündung "über First" ankommt, solange jedenfalls ein genügender Abstand der Mündung zur Dachfläche gegeben ist. Letzteres ist - wie dargelegt - hier der Fall. Hinzu kommt, dass die VDI-Richtlinie 3781 Blatt 4 einheitliche Anforderungen aufstellt für alle Feuerungen mit Heizöl EL, Steinkohle, Braunkohle oder Holz bis zu einer Feuerungswärmeleistung von 1 GJ/h, die - wie bereits erwähnt - etwa 278 kW entspricht; erst oberhalb dieser Wärmeleistung steigt die nach Abschn. 2.4.3, Bild 1, zu bemessende Schornsteinhöhe kontinuierlich an. Gelten mithin dieselben Anforderungen, denen die Feuerungsanlage der Beigeladenen mit ihrer Wärmeleistung von nur 7 kW unterworfen ist, auch für wesentlich leistungsstärkere Anlagen des gleichen Feuerungstyps, erscheint es gerechtfertigt, im Einzelfall Abweichungen von den - ohnehin nicht rechtssatzartig anzuwendenden - Bestimmungen der Richtlinie als unbedenklich anzusehen, zumal wenn deren Zweckbestimmung (hier zur Gewährleistung der Ableitung der Abgase in den freien Luftstrom) auf andere Weise Beachtung findet, wie ausgeführt wurde.
59Die vom Kläger thematisierten topographischen Gegebenheiten und Windverhältnisse ziehen die Aussagekraft der VDI-Richtlinie für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Immissionen nicht grundsätzlich in Zweifel. Denn die Richtlinie ist konzeptionell ohnehin auf eine umfassende Anwendung hin ausgelegt und deckt damit von vornherein ein breites Spektrum an unterschiedlichen Ausgangssituationen ab, somit auch solche Sachlagen, bei denen sich die lokalen Verhältnisse tendenziell eher immissionssteigernd auswirken. Davon abgesehen überzeichnet der Kläger die Immissionsrelevanz der örtlichen Gegebenheiten erkennbar, wenn er etwa hervorhebt, dass der Balkon an der östlichen Giebelseite des Wohnhauses der Beigeladenen "für die Abgasverwehung in der engen Schneise zwischen den beiden Nachbarhäusern ein Strömungshindernis" darstelle. Seinen Dimensionen nach ist offensichtlich auszuschließen, dass der - eher schmale - Balkon den Luftstrom zwischen den Häusern nennenswert behindert; erst recht nicht wirkt er sich in irgendeiner Weise negativ auf die Immissionssituation aus.
60Für die immissionsschutzrechtliche Unbedenklichkeit des Betriebs der Feuerungsanlage spricht im Übrigen die sachverständige Einschätzung des Bezirksschornsteinfegermeisters G. , die in seiner Bescheinigung gemäß § 43 Abs. 7 BauO NRW vom 25. September 2009 zum Ausdruck kommt. Darin hat der Bezirksschornsteinfegermeister bestätigt, dass die Abgasanlage sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet, Mängel nicht erkennbar waren und die Schornsteinhöhe nunmehr - nach der Erhöhung auf ca. 7,5 m - "den Anforderungen der VDI-Richtlinie 3781 Bl. 4 Abs. 2.4 ff." entspricht. Auch wenn eine solche Bescheinigung mangels Regelungswirkung kein Verwaltungsakt ist,
61so Nds. OVG, Urteil vom 5. August 2011 - 8 ME329/10 -, GewArch 2011, 410 = juris Rn. 20 ff., zu der Bescheinigung nach § 40 Abs. 8 der Niedersächsischen Bauordnung,
62bringt sie im vorliegenden Fall gleichwohl zum Ausdruck, dass der Bezirksschornsteinfegermeister die Vereinbarkeit der Feuerungsanlage mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften geprüft hat, und dies - gerade - auch in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht.
63Der Betrieb des Außenkamins erweist sich schließlich nicht deshalb dem Kläger gegenüber als rücksichtslos, weil dieser möglicherweise krankheitsbedingt besonders empfindlich auf die mit dem Betrieb einhergehenden Immissionen reagiert. Eine solche Empfindlichkeit löst keine gesteigerten Rücksichtnahmepflichten aus. Denn das Baurecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Dementsprechend ist auch das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht in einem Sinne "personenbezogen", dass es in seinen Anforderungen davon abhängt, wie sich die Eigentumsverhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellen oder wer die gegenwärtigen Nutzer eines Grundstücks. Damit geht einher, dass die persönlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer oder Nutzer, wie z. B. besondere Empfindlichkeiten oder gesundheitliche Voraussetzungen, bei der Zumutbarkeitsbewertung von Belästigungen oder Störungen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme keine Rolle spielen können und dürfen.
64Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Februar 1994 - 4 B 152.93 -, BRS 56 Nr. 165 = juris Rn. 21, und vom 5. März 1984 - 4 B 20.84 -, BRS 42 Nr. 75 = juris Rn. 3; vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Februar 2009 - 7 B 1647/08 -, BRS 74 Nr. 184 = juris Rn. 55; Urteil vom 15. März 2007 - 10 A 998/06 -, BRS 71 Nr. 70 = juris Rn. 82.
652. Ein Rücksichtnahmeverstoß liegt auch nicht unter dem vom Kläger geltend gemachten Aspekt einer optisch bedrängenden Wirkung vor.
66Eine bauliche Anlage hat erdrückende Wirkung, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe der "erdrückenden" Anlage auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird.
67Vgl. zum Beispiel OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 2011 - 2 D 31/10.NE -, S. 29 des amtlichen Umdrucks, Beschlüsse vom 31. August 2010 - 2 B 1086/10 -, S. 3 f. des amtlichen Umdrucks, vom 6. August 2010 - 2 B 902/10 -, S. 7 des amtlichen Umdrucks, vom 9. Juli 2010 - 2 A 1263/09 -, juris Rn. 24, und vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, NVwZ-RR 2009, 459 = juris Rn. 25.
68Hiervon ausgehend kommt eine erdrückende oder eine in ähnlicher Weise bedrängende Wirkung des streitigen Außenkamins offensichtlich nicht in Betracht. Angesichts der schmalen Bauform des Kamins kann keine Rede davon sein, dass dem Anwesen des Klägers in der beschriebenen Weise die baurechtliche Eigenständigkeit genommen wird.
693. Der im Streit stehende Außenkamin verletzt nicht die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zum Brandschutz.
70a) Der Kamin verstößt nicht gegen § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 BauO NRW. Hiernach sind unter anderem bei Gebäuden, die weniger als 2,50 m von der Nachbargrenze entfernt errichtet werden, Gebäudeabschlusswände herzustellen, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen Gebäuden öffentlich-rechtlich gesichert ist (Abs. 1 Nr. 1). Öffnungen in Gebäudeabschlusswänden sind unzulässig (Abs. 4). Diesen Vorschriften, die nachbarschützenden Charakter haben, soweit sie ein Übergreifen von Feuer auf angrenzende Grundstücke verhindern sollen,
71vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2009 - 7 B 91/09 -, BRS 74 Nr. 144 = juris Rn. 27; Urteil vom 18. Oktober 2007 - 7 A 2135/06 -, juris Rn. 36; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/ Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 74 Rn. 71; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 74 Rn. 328; Schalk, in: Buntenbroich/Voß, BauO NRW, Loseblatt, Stand: März 2010, §§ 29-35 Rn. 28,
72widerspricht die Feuerungsanlage der Beigeladenen nicht.
73Der Wanddurchbruch in der östlichen Giebelwand des Wohnhauses der Beigeladenen, durch den der Anschluss des Ofenrohres an den Außenkamin führt, ist schon deshalb keine nach § 31 Abs. 4 BauO NRW unzulässige Öffnung, weil die Außenwand einen Grenzabstand von 2,50 m einhält und somit keine Gebäudeabschlusswand im bauordnungsrechtlichen Sinne darstellt.
74Ist der Außenkamin selbst an den brandschutztechnischen Anforderungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 BauO NRW zu messen, weil er in einer Situation wie der hier vorliegenden Teil des brandschutzrechtlich zu betrachtenden "Gebäudes" und weniger als 2,50 m von der Nachbargrenze entfernt ist, kann auch insoweit ein Rechtsverstoß nicht festgestellt werden. Dass die doppelwandige Schale des Kamins der nach § 29 Abs. 1 Zeile 5 Spalte 2, Abs. 4 BauO NRW erforderlichen Feuerwiderstandsklasse für Gebäudeabschlusswände entspricht, unterliegt keinen Zweifeln. Die Mündung des Kamins wiederum ist keine Öffnung im Sinne des § 31 Abs. 4 BauO NRW. Unterwirft man die Schale des Kamins den Anforderungen an Gebäudeabschlusswände, stellt sie keine Öffnung "in" dieser Schale dar. Denn da Gebäudeabschlusswände nur diejenigen Wände sein können, die der Nachbargrenze zugewandt sind,
75vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 31 Rn. 8,
76fällt die nach oben weisende Mündung nicht unter den Anwendungsbereich des § 31 Abs. 4 BauO NRW.
77Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, dass der Außenkamin dem materiellen Zweck der Vorschriften über die Herstellung von Gebäudeabschlusswänden, die der "äußeren Brandabschottung" eines Gebäudes dienen und einen Brandüberschlag auf andere benachbarte Gebäude verhindern sollen,
78vgl. hierzu Plietz, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/ Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 31 Rn. 3; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 31 Rn. 3,
79zuwiderläuft. § 31 BauO NRW bezieht sich auf unkontrollierte Brandereignisse, denen der normale Betrieb einer nach § 43 Abs. 7 BauO NRW geprüften Feuerungsanlage nicht gleichzusetzen ist. Im Falle eines Brandes im Wohnhaus der Beigeladenen würde der Außenkamin kein erhöhtes Überschlagsrisiko begründen; hiergegen spricht schon der Umstand, dass im Wohnhaus keine offene Feuerstätte, sondern vielmehr ein geschlossener Kaminofen betrieben wird.
80b) Es liegt auch kein Verstoß gegen die Brandschutzbestimmungen in § 17 Abs. 1, § 43 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW vor. Nach der allgemeinen Vorschrift des § 17 Abs. 1 BauO NRW müssen bauliche Anlagen sowie andere Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW so beschaffen sein, dass unter anderem der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird. In ähnlicher Weise trifft § 43 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW für Feuerungsanlagen die spezielle Regelung, dass diese brandsicher sein müssen und auch sonst nicht zu Gefahren führen können dürfen.
81Mit diesen Bestimmungen, die ebenfalls nachbarschützend wirken, soweit sie der Verhinderung der Ausbreitung von Feuer auf andere Grundstücke dienen,
82vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 74 Rn. 322, 335; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/ Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 74 Rn. 67,
83steht der streitige Außenkamin im Einklang. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen mit ihrer Feuerungsanlage den - behördlich überwachten - Pflichten unterliegen, die sich aus der Verordnung über die Kehrung und Überprüfung von Anlagen vom 16. Juni 2009 (BGBl. I 2009, 1292) ergeben. Bei Einhaltung dieser Pflichten, die auch im eigenen Interesse der Beigeladenen liegt, erscheint insbesondere die Entstehung eines Kaminbrandes nahezu ausgeschlossen, zumal auch die Beschaffenheit des Außenkamins der Beigeladenen dazu beitragen dürfte, dass gefahrträchtige Rußablagerungen nicht entstehen.
844. Der Außenkamin verstößt schließlich nicht zu Lasten des Klägers gegen das nachbarschützende Abstandflächenrecht. Zwar unterschreitet er den nach § 6 BauO NRW an sich gebotenen Grenzabstand zum Grundstück des Klägers (dazu a). Gleichwohl resultiert hieraus kein Anspruch des Klägers auf Einschreiten bzw. erneute Entscheidung über ein Einschreiten, weil die Unterschreitung der Abstandfläche ohne Rechtsverletzung des Klägers nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW gestattet werden kann (dazu b).
85a) Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Diese Abstandflächen müssen im Allgemeinen, wie aus Abs. 2 der Vorschrift hervorgeht, auf dem Grundstück selbst liegen. Ihre Tiefe beträgt mindestens 3 m (Abs. 5 Satz 5).
86Der streitige Kamin ist in der gegebenen Situation Bestandteil des "Gebäudes" auf dem Grundstück der Beigeladenen und hat damit grundsätzlich eine Abstandfläche zum Grundstück des Klägers einzuhalten. Deren Mindesttiefe von 3 m reicht allerdings - entgegen § 6 Abs. 2 BauO NRW - auf das Grundstück des Klägers, da der Kamin weniger als 2 m von der Nachbargrenze entfernt ist.
87Die Abstandflächenunterschreitung ist nicht gemäß § 6 Abs. 7 BauO NRW unbeachtlich. Hiernach bleiben bestimmte, in Satz Nr. 1 bis 3 benannte Bauteile und Vorbauten eines Gebäudes bei der Bemessung der Abstandfläche außer Betracht, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vor die Außenwand vortreten und die weiteren Anforderungen der Nrn. 1 bis 3 vorliegen. Der Außenkamin ist kein untergeordnetes Bauteil im Sinne der Regelung des § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW, die hier allein in Betracht kommt. Abgesehen davon, dass er nicht den danach erforderlichen Mindestabstand von 2 m zur gegenüberliegenden Nachbargrenze einhält, ist die Privilegierung des § 6 Abs. 7 BauO NRW für die betreffende Giebelwand des Wohnhauses der Beigeladenen ohnehin nicht anwendbar, weil auch sie nicht den nach gegenwärtiger Rechtslage erforderlichen Grenzabstand von mindestens 3 m einhält. Denn die Privilegierung von Bauteilen und Vorbauten, die vor die Außenwand treten, rechtfertigt sich nach der in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers allein dadurch, dass diese Bauteile im Verhältnis zu dem Gebäude im Übrigen eine nur untergeordnete Bedeutung haben. Entspricht der Gebäudekörper im Übrigen den gesetzlichen Abstanderfordernissen, sollen die angesprochenen Bauteile und Vorbauten, um den hergebrachten Gestaltungs- und Nutzungswünschen Rechnung tragen zu können, bei der Bemessung der Abstandfläche für die Außenwand, an die sie anschließen, außer Betracht bleiben und keine eigenen Abstandflächen auslösen. Die Rechtfertigung dieser abstandrechtlichen Privilegierung untergeordneter Bauteile entfällt jedoch, wenn die maßgebliche Außenwand selbst die hierfür nach geltendem Recht bestimmten Abstandflächen nicht einhält. Daran ändert nichts, dass der Nachbar das vorhandene Gebäude und die sie ausmachenden Außenwände in ihrer bisherigen Gestalt in den Grenzen des insoweit gegebenen Bestandsschutzes hinzunehmen hat.
88Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 20. Juni 2000 - 10 B 853/00 -, BRS 63 Nr. 134 = juris Rn. 5; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 6 Rn. 269.
89Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der streitige Kamin - jedenfalls in seiner Gesamtheit - auch keine Anlage im Sinne von § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW. Diese Vorschrift regelt, dass für Anlagen, die nicht Gebäude sind, die Absätze 1 bis 7 entsprechend gelten (und mithin grundsätzlich Abstandflächen einzuhalten sind), wenn von diesen Anlagen - neben weiteren Anforderungen - "Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen". Das Verwaltungsgericht hat in seinem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, dass § 6 Abs. 10 BauO NRW nur selbständige bauliche Anlagen erfasst, die keine Gebäude sind. Nur bei solchen baulichen Anlagen lässt sich sinnvollerweise die Frage aufwerfen, ob von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Unter § 6 Abs. 10 BauO NRW fallen hingegen nicht Gebäude oder Teile von Gebäuden. Auf sie sind die Regelungen in § 6 Abs. 1 bis 9 BauO NW unmittelbar anwendbar, ohne dass zusätzlich und unabhängig von den einschlägigen gesetzlichen Regelungen die Frage zu beantworten wäre, ob von ihnen Wirkungen ausgehen, die ihre Einbeziehung in den Schutzbereich des § 6 BauO NW im Einzelfall rechtfertigen. Diese Bewertung hat vielmehr der Gesetzgeber in § 6 Abs.1 bis 9 BauO NW für Gebäude und ihre Teile selbst vorgenommen.
90Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 - 7 A 3199/08 -, BRS 76 Nr. 181 = juris Rn. 90; Beschluss vom 19. Januar 1999 -10 B 1/99 -, juris Rn. 32; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/ Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 6 Rn. 270.
91Dem Außenkamin der Beigeladenen fehlt die für eine Anwendung des § 6 Abs. 10 BauO NRW erforderliche Selbständigkeit. Der Kamin steht in unmittelbarem Funktionszusammenhang mit dem im Wohnhaus aufgestellten Ofen und ist damit Bestandteil einer Feuerungsanlage, die der zusätzlichen Beheizung des Wohnhauses dient. Er hat nach alledem keine eigenständige, hiervon ablösbare Bedeutung und ist durch die Abgasleitung baulich mit dem Wohnhaus verbunden. Dass es sich dabei um keine "untrennbare" Verbindung handelt und der Kamin auch kein konstruktiv notwendiges Bauteil des Hauses ist, steht seiner Unselbständigkeit nicht entgegen.
92Ob gleichwohl - nur - derjenige Teil des vorgebauten Schornsteins, der oberhalb der Dachkante "freisteht", nach § 6 Abs. 10 BauO NRW zu beurteilen ist,
93vgl. zu diesem Ansatz OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2001 - 7 B 1192/01 -, S. 9 d. amtl. Abdrucks; Urteil vom 18. Mai 1994 - 7 A 1445/93 -, S. 9 ff. d. amtl. Abdrucks,
94mag hier letztlich dahinstehen, da es auch bei dieser Betrachtung dabei bliebe, dass jedenfalls der untere Teil des Außenkamins eine bis auf das Grundstück des Klägers reichende Abstandfläche auslöste.
95b) Die Abstandflächenunterschreitung kann indessen, ohne dass Rechte des Klägers verletzt werden, nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW gestattet werden.
96Gemäß § 6 Abs. 15 Satz 1 BauO NRW sind bei Gebäuden, die ohne Einhaltung von Abstandflächen oder mit geringeren Tiefen der Abstandflächen als nach den Absätzen 5 und 6 bestehen, ohne weitere Gestattung zulässig (1.) Änderungen innerhalb des Gebäudes, (2.) Nutzungsänderungen, wenn der Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt, (3.) Änderungen, wenn der Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt, ohne Veränderung von Länge und Höhe der diesen Nachbargrenzen zugekehrten Wände und Dachflächen und ohne Einrichtung neuer Öffnungen oder Vergrößerung bestehender Öffnungen in diesen Wänden und Dachflächen. Darüber hinausgehende Änderungen und Nutzungsänderungen können nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW unter Würdigung nachbarlicher Belange und der Belange des Brandschutzes gestattet werden. Mit dieser Vorschrift, die - anders als die gebundene Bestimmung des Satz 1 - als bauaufsichtliche Ermessensnorm konzipiert ist,
97vgl. LT-Drs. 14/2433, S. 18; zu diesem Verständnis vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2011 - 2 A 262/11 -, juris Rn. 10, 15, 19, und vom 10. Mai 2011 - 10 B 433/11 -, S. 4 d. amtl. Abdrucks; Urteile vom 8. März 2007 - 7 A 3782/05 -, BRS 71 Nr. 125 = juris Rn. 44, und vom 24. Juni 2004 - 7 A 4529/02 -, BRS 67 Nr. 143 = juris Rn. 54 (letzteres zu § 6 Abs. 15 BauO NRW 1995),
98hat der Gesetzgeber weitergehende tatbestandliche Einschränkungen für die geforderte Ermessensentscheidung über die Gestattung nicht normiert. Die Vorschrift geht damit über den Anwendungsbereich der bis zur Neuregelung des Abstandflächenrechts durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Dezember 2006 (GV. NRW. S. 615) geltenden Regelung des § 6 Abs. 15 BauO NRW a. F. hinaus. Danach war eine Gestattung ausdrücklich nur "ohne Veränderung von Länge und Höhe der den Nachbargrenzen zugekehrten Wände" möglich. Gestattungsfähig sind demgegenüber nunmehr auch solche baulichen Änderungen, die das Maß der Geringfügigkeit überschreiten und bei denen Länge und Höhe der den Nachbargrenzen zugekehrten Seiten verändert wird.
99Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 A 262/11 -, juris Rn. 10; Urteil vom 8. März 2007 - 7 A 3782/05 -, BRS 71 Nr. 125 = juris Rn. 44.
100Hier ist der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW eröffnet. Die Errichtung des Außenkamins stellt eine "Änderung" im Sinne dieser Vorschrift dar. Dabei ist abzustellen auf das Wohnhaus als Gebäude, das insofern geändert wird, als ihm mit dem Außenkamin ein - wie dargelegt - unselbständiger Bauteil angefügt wird.
101Die Änderung geht auch über das schon nach § 6 Abs. 15 Satz 1 Nr. 3 BauO NRW Zulässige hinaus. Denn mit der in dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzung, dass "der Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt", hat der Gesetzgeber auf die Brandschutzbestimmung des § 31 BauO NRW Bezug genommen. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist er davon ausgegangen, es sei "in solchen Fällen" - also bei der Einhaltung des Mindestabstandes von 2,50 m - ungeachtet der konkreten örtlichen Situation "vertretbar, ... die Nachbarinteressen zurückzustellen".
102Vgl. LT-Drs. 14/2433, S. 18.
103Diese Erwägung greift jedoch ins Leere, wenn ein Gebäude dergestalt geändert wird, dass die der Nachbargrenze zugekehrte(Gebäude-)Außenwand, mag sie auch tatsächlich der Länge und Höhe nach unverändert bleiben, durch eine (partielle) Erweiterung des Gebäudes - wie hier - in abstandflächenrechtlich relevanter Weise näher an die Grenze "heranrückt". In diesem Fall entspricht es dem legislativen Willen, eine Legalisierung solcher Änderungen lediglich auf der Grundlage des § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW zu ermöglichen.
104Vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 8. März 2007 - 7 A 3782/05 -, BRS 71 Nr. 125 = juris Rn. 36.
105Die weiter geforderte Würdigung nachbarlicher Belange und der Belange des Brandschutzes führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Errichtung und Nutzung des Außenkamins Rechte des Klägers nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW nicht verletzt.
106Geboten ist eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte Abwägung der Interessen des Bauherrn an der (Nutzungs-)Änderung seines Gebäudes mit der Schutzbedürftigkeit der nachbarlichen Interessen. In diese Abwägung sind alle im konkreten Grenzverhältnis betroffenen - wechselseitigen - Belange einzubeziehen. Namentlich ist einerseits zu berücksichtigen, in welcher Weise Belange eines Nachbarn durch die Änderung beeinträchtigt werden, wie gewichtig sich die Beeinträchtigungen gegebenenfalls darstellen, ob der Nachbar mit der streitigen oder einer ähnlichen Änderung rechnen musste und wie berechtigt das nachbarliche Interesse an der Einhaltung der grundsätzlichen Anforderungen des Abstandflächenrechts ist. Auf der anderen Seite ist zu würdigen, welches beachtliche Interesse der Bauherr an der Realisierung der vorgestellten Baumaßnahme vorweisen kann, welche abstandflächenrechtlich unbedenklichen baulichen Alternativen sich ihm möglicherweise bieten und ob ihm in der gegebenen Situation hiernach zuzumuten ist, sein Vorhaben umzugestalten oder gar fallen zu lassen.
107Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2011 - 2 A 262/11 -, juris Rn. 19, vom 10. Mai 2011 - 10 B 433/11 -, S. 4 d. amtl. Abdrucks, vom 28. April 2010 - 7 A 2065/08 -, juris Rn. 4 ff., und vom 8. Mai 2009 - 7 B 91/09 -, BRS 74 Nr. 144 = juris Rn. 16 ff.; Urteile vom 8. März 2007 - 7 A 3782/05 -, BRS 71 Nr. 125 = juris Rn. 37 ff., vom 15. April 2005 - 7 A 19/03 -, BRS 69 Nr. 135 = juris Rn. 58 ff., und vom 24. Juni 2004 - 7 A 4529/02 -, BRS 67 Nr. 143 = juris Rn. 50.
108Diese Interessenabwägung setzt einen (ausdrücklichen) Gestattungsantrag des jeweiligen Bauherrn schon nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW nicht voraus. In der vorliegenden Konstellation, in der ein Nachbar bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine (hier nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW) genehmigungsfreie Anlage begehrt, hat die Bauaufsichtsbehörde gegebenenfalls von Amts wegen zu prüfen, ob eine Gestattung nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW in Betracht kommt.
109Unterbleibt eine solche Prüfung oder geht die Bauaufsichtsbehörde dabei von fehlerhaften tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten aus, folgt allein hieraus kein Abwehranspruch des Nachbarn gegen die in Rede stehende Änderung. Denn in gleicher Weise wie die bauplanungsrechtliche Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB, deren Anwendung eine vergleichbare "Würdigung nachbarlicher Interessen" erfordert,
110vgl. zur Reichweite des Nachbarschutzes bei der Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans: BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 - 4 B 64.98 -, BRS 60 Nr. 183 = juris Rn. 5 ff.; Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 8.84 -, BRS 46 Nr. 173 = juris Rn. 15 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 7 B 1803/10 -, NWVBl 2011, 388 = juris Rn. 11; Urteile vom 17. Dezember 2008 - 10 A 3002/07 -, juris Rn. 75, und vom 4. September 2008 - 7 A 2358/07 -, juris Rn. 87, 103 ff.,
111gewährt auch § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW dem Nachbarn kein eigenständiges Recht auf verfahrensmäßige Berücksichtigung seiner Belange. Die Vorschrift vermittelt Drittschutz gegenüber Änderungen und Nutzungsänderungen bestandsgeschützter Gebäude vielmehr nur insoweit, als die Vorschrift das Ermessen der zuständigen Behörde dahin bindet, dass solche Vorhaben nur unter Würdigung der nachbarlichen Belange gestattet werden können, d.h. nur dann, wenn bei der gebotenen Abwägung aller im konkreten Grenzverhältnis betroffenen wechselseitigen Belange dem Nachbarn die Nichteinhaltung der Abstandfläche bzw. die Unterschreitung erforderlicher Abstandflächen zuzumuten ist. Entsprechend kann in einem Nachbarprozess ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde wegen des Abstandflächenverstoßes mit Blick auf eine nicht bereits nach § 6 Abs. 15 Satz 1 BauO NRW zulässige Änderung oder Nutzungsänderung eines bestandsgeschützten Gebäudes nur dann durch den Nachbarn gefordert werden, wenn ihm deren Auswirkungen in der konkreten Grundstückssituation unter Einbeziehung der Zwecke der Abstandflächenvorgaben sowie des Interesses des Bauherrn an der Verwertung einer vorhandenen Bausubstanz objektiv unzumutbar sind; der Umstand, dass die zuständige Behörde zur Frage der Gestattung keine gesonderte (Ermessens-)Entscheidung getroffen hat oder ihre Erwägungen hierzu sich als unzureichend bzw. fehlerhaft erweisen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
112Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger die Errichtung und Nutzung des Außenkamins hinzunehmen.
113Der Außenkamin - so wie er sich darstellt - beeinträchtigt den Kläger in seinen durch das Abstandflächenrecht geschützten Belangen allenfalls marginal. Die Schutzzwecke des § 6 BauO NRW liegen darin, durch Mindestabstände der Gefahr der Brandübertragung, der Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung, der unangemessenen optischen Beengung oder der Störung des Wohnfriedens vorzubeugen und ganz allgemein zu vermeiden, dass die Lebensäußerungen der in der Nachbarschaft wohnenden und arbeitenden Menschen zu intensiv aufeinander einwirken (sog. Sozialabstand).
114Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 29. August 2011 - 2 A 547/11 -, BauR 2012, 81 = juris Rn. 34, und vom 17. Juni 2011 - 2 A 1276/10 -, NVwZ-RR 2011, 970 = juris Rn. 14, jeweils m. w. N.
115Dass der Außenkamin am bestehenden Standort brandschutzrechtlich unbedenklich ist, ist unter 3. bereits dargelegt worden.
116Relevante Auswirkungen hinsichtlich der Belichtung und - erst recht - hinsichtlich der Belüftung scheiden angesichts der schmalen Bauform des Kamins aus. Gleiches gilt für die optische Wirkung des Kamins, wobei es auf Fragen der Ästhetik im Bereich des Abstandflächenrechts nicht ankommt. Der auf menschliche Lebensäußerungen bezogene Aspekt des Sozialabstands greift hier nicht und die Störung des Wohnfriedens hält sich - nach objektiven Maßstäben betrachtet - ohne Weiteres im Rahmen des Erträglichen.
117Die Frage möglicher Rauchbelästigungen spielt im gegebenen Zusammenhang keine Rolle. Der durch einzuhaltende Abstandflächen geschützte nachbarliche Belang einer ausreichenden Belüftung hat nur die Wahrung einer durch den Baukörper an sich nicht gehinderten Frischluftzufuhr zum Ziel. Der Vermeidung unzumutbarer Belästigungen durch Qualm und Gerüche dient die spezielle Vorschrift des § 43 BauO NRW und die sie konkretisierenden Bestimmungen der Feuerungsverordnung.
118Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 1994 - 7 A 1445/93 -, S. 12 d. amtl. Abdrucks (zur Vorgängervorschrift des § 39 BauO NRW a. F.).
119Den daraus resultierenden Anforderungen wird der streitige Außenkamin - wie bereits aufgezeigt - gerecht.
120Einschränkungen in der baulichen Nutzung seines eigenen Hausgrundstücks, die bei der gebotenen Abwägung ins Gewicht fallen, hat der Kläger infolge des streitigen Außenkamins nicht zu gewärtigen. Etwaige Absichten, den Dachboden des Hauses zu Wohnzwecken auszubauen, sind vor dem Hintergrund zu würdigen, dass diese Nutzung, wie dargelegt, mit den gegebenen baulichen Verhältnissen nicht ohne Weiteres bauordnungsrechtlich harmoniert. Solche Ausbaupläne würden zudem durch die Existenz des streitigen Außenkamins nicht zwangsläufig vereitelt, da dieser ohnehin eine Höhe hat, bei der sich nicht aufdrängt, dass eine Wohnnutzung des Dachbodens unmöglich sein sollte.
121Dem Befund, dass der Außenkamin keine nennenswerte Auswirkungen auf abstandrelevante nachbarliche Belange des Klägers zeitigt, steht die Wertung des Gesetzgebers aus § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW nicht entgegen. Danach geht der Gesetzgeber davon aus, dass untergeordnete Bauteile, die nicht mehr als 1,50 m vor die jeweilige Außenwand hervortreten, zu denen auch der streitige Außenkamin im Grundsatz zu zählen wäre,
122vgl. zur Einordnung von Schornsteinen der hier in Rede stehenden Art als untergeordnete Bauteile: OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2001 - 7 B 1192/01 -, S. 9 d. amtl. Abdrucks; Urteil vom 18. Mai 1994 - 7 A 1445/93 -, S. 9 ff. d. amtl. Abdrucks; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/ Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 6 Rn. 265 (zu Abgasrohren); Boeddinghaus/Hahn/ Schulte, BauO NRW, Loseblatt, Stand: Januar 2012, § 6 Rn. 271 (zu an die Giebelwand angebauten Schornsteinen),
123aufgrund ihrer Unterordnung die durch § 6 BauO NRW geschützten Belange typischerweise nur geringfügig beeinträchtigen und daher bei der Bemessung der Abstandflächen vernachlässigt werden können, wenn sie einen Grenzabstand von mindestens 2 m einhalten.
124Vgl. Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/ Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 6 Rn. 257.
125Daraus mag die Vorstellung des Gesetzgebers erkennbar werden, dass bei Unterschreitung dieses Abstands regelmäßig relevante Störungen zu erwarten sind. Die Erteilung einer Gestattung nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW im Einzelfall ist danach aber weder ausgeschlossen noch besteht Anlass, die vorliegend auf der Grundlage der konkreten Grundstücksverhältnisse getroffenen Feststellungen, dass relevante Beeinträchtigungen der Belange des Klägers nicht zu erwarten stehen, zu relativieren. Im Gegenteil: Bei der gebotenen Gewichtung der nachbarlichen Belangen kann vielmehr eingestellt werden, dass nicht nur der Kamin sich an seinem konkreten Standort nicht weiter nachteilig auswirkt, sondern zugleich für das klägerische Grundstück keine konkreten nennenswerten Vorteile in Rede stehen, wenn der Kamin wenige Zentimeter weiter von der Grenze entfernt stünde, und damit bei der Frage der Einhaltung der Abstandflächen nach § 6 Abs. 7 Nr. 2 BauO NRW zu vernachlässigen wäre und als Abstandflächenverstoß letztlich allein der fehlende Abstand von 3 m durch das Gebäude im Übrigen bliebe. Unzuträglichkeiten insoweit macht aber auch der Kläger selbst nicht geltend.
126Werden somit Belange des Klägers durch die Änderung des bestandsgeschützten Gebäudes allenfalls ganz marginal betroffen, kann auf der anderen Seite berücksichtigt werden, dass die Beigeladenen das legitime Interesse verfolgen, die Wohnqualität ihres Hauses durch den Einbau eines Kaminofens - der zwangsläufig eine adäquate Abgasanlage erfordert - aufzuwerten. Unerheblich ist demgegenüber, ob und seit wann der Kläger konkret mit der Realisierung des streitigen Vorhabens rechnen musste. Jedenfalls hält sich das Vorhaben durchaus im Rahmen solcher baulicher (Erweiterungs-)Maßnahmen, die bei einer Wohnbebauung wie der hier in Rede stehenden nicht ungewöhnlich sind und wirkt sich - wie ausgeführt - nicht nennenswert auf die abstandrechtlich relevanten Belange des Klägers aus.
127Es spricht nichts dafür, dass die im Rahmen der Baufreiheit getroffene Entscheidung der Beigeladenen, den Außenkamin auf der dem Grundstück des Klägers zugewandten Seite ihres Hauses zu installieren, auf eine bewusste Beeinträchtigung des Klägers zielte oder sonstwie schikanös motiviert war. Der Kaminofen der Beigeladenen steht, wie aus den Bauakten hervorgeht, im größten Wohnraum des Hauses, der sich naturgemäß für die Aufstellung besonders anbietet. Ein Anschluss des Ofens an den zweizügigen Innenschornstein kam nach Lage der Dinge nicht als zumutbare Alternative in Betracht, da der Beigeladene mit seinem Schriftsatz vom 30. Oktober 2009 plausibel vorgetragen hat, dass ein bereits vorhandener Anschluss von Abluftanlagen dem entgegenstand. Die Beigeladenen waren im nachbarlichen Verhältnis auch nicht gehalten, den Außenkamin auf der südlichen Traufseite ihres Wohnhauses zu errichten. Abgesehen davon, dass eine solche Standortverschiebung "um die Ecke" des Hauses kaum spürbare tatsächliche Vorteile für den Kläger versprochen hätte, mussten die Beigeladenen auch diese Alternative nicht ernsthaft in Betracht ziehen, weil sie ungleich aufwendiger zu realisieren gewesen wäre. Denn da eine nahezu freistehende Aufstellung des Außenkamins vor der Außenwand des Vorbaus im Erdgeschoss offensichtlich ausscheidet, hätte die der Witterung ausgesetzte Decke des Vorbaus durchbrochen (und wieder abgedichtet) werden müssen, um den Kamin dichter an der Außenwand des Obergeschosses hochführen zu können. Im weiteren Verlauf wäre es unabdingbar gewesen, den Kamin durch den Dachüberstand zu führen, was weitere Anpassungsarbeiten notwendig gemacht hätte. Hinzu wäre gekommen, dass der obere Haltearm nicht mehr in der gleichen Höhe wie derzeit gegeben an der Außenwand hätte befestigt werden können, so dass die Frage einer hinreichenden Standsicherheit aufgeworfen wäre. Die Beigeladenen sind auch nicht darauf zu verweisen, den Kamin enger an die Giebelwand heranzusetzen. Damit ginge lediglich eine marginale Abstandsvergrößerung einher, bei der (erst recht) nicht ersichtlich wäre, dass sie sich mit Blick auf die abstandflächenrechtlich geschützten Belange vorteilhaft für den Kläger auswirken würde. In Anbetracht dessen stehen Aufwand und Nutzen auch insoweit außer Verhältnis. Dass ein Heransetzen des Kamins an die Wand die Abgasverwehung positiv beeinflussen würde, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, erscheint fernliegend. Hierauf kommt es aber auch nicht an, da dieser Aspekt im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung nach § 6 Abs. 15 Satz 2 BauO NRW - wie dargelegt - keine Berücksichtigung finden kann.
128II. Die vom Kläger - sinngemäß - begehrte isolierte Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 27. August 2009, 3. September 2009 und 11. September 2009 scheidet aus. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat, haben die Bescheide keine über die Ablehnung des Einschreitensantrags des Klägers hinausgehende Regelungswirkung (vgl. S. 7 f. des Urteilsabdrucks). Soweit in den Bescheiden eine fehlerhafte Rechtsauffassung der Beklagten - hier zur Anwendbarkeit des § 6 Abs. 10 BauO NRW auf den in Streit stehenden Außenkamin - zum Ausdruck kommt, begründet dies keinen von einer Rechtsverletzung unabhängigen Aufhebungsanspruch des Klägers.
129Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladenen ein eigenes Kostenrisiko nicht eingegangen sind (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es nicht der Billigkeit, ihre - etwaigen - außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
130Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
131Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.