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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine südöstlich des von der Beigeladenen betriebenen Flughafens L. /C. gelegene Gemeinde. Die Entfernung zwischen dem südlichsten Punkt der längsten zum Flughafen gehörenden Start-/Landebahn 14L/32R und der Grenze des Gemeindegebiets der Klägerin beträgt etwa fünf Kilometer, zum Stadtzentrum der Klägerin sind es etwa sieben Kilometer.
3Der Flughafen L. /C. verfügt insgesamt über drei Start-/Landebahnen, nämlich die parallel von Nordwest nach Südost verlaufenden Bahnen 14L/32R (Länge 3.800 m) und 14R/32L (Länge 1.866 m) sowie die 2.460 m lange Bahn 07/25, welche die beiden zuvor genannten Bahnen kreuzt und etwa von Ostnordost nach Westsüdwest verläuft. Die Bahnen 14R/32L und 07/25 wurden vor 1950 angelegt, der Bau der Bahn 14L/32R erfolgte im Anschluss an eine diesbezügliche Genehmigung vom 12. Dezember 1958.
4Die "endgültige Genehmigung" für den Betrieb des Flughafens erteilte der Beklagte mit Urkunde vom 3. Januar 1959, den Betrieb der Bahn 14L/32R genehmigte er unter dem 16. März 1961. Betriebsbeschränkungen hinsichtlich nächtlicher Flugbewegungen enthielten die Genehmigungen nicht.
5Nach Inkrafttreten des § 29b LuftVG im April 1971 beschränkte der Beklagte erstmals mit Bescheid vom 19. Juli 1972 "zur Verminderung der Lärmauswirkungen auf die westliche Umgebung des Flughafens L. /C. " die am 3. Januar 1959 erteilte Genehmigung befristet in der Weise, dass Luftfahrzeuge mit Strahltriebwerken grundsätzlich in der Zeit von 23.00 bis 6.00 Uhr auf bestimmten Bahnen nicht starten und landen durften. In der Folgezeit wurden die Nachtflugbeschränkungen modifiziert und ausgeweitet. Mit Bescheiden vom 27. März 1979 und vom 5. Oktober 1987 dehnte der Beklagte das Nachtstart- und -landeverbot für Strahlflugzeuge zeitlich und sachlich aus; der zuletzt genannte Bescheid war befristet bis 31. Oktober 1992.
6Mit Bescheid vom 19. August 1992 mit der Überschrift "Neuregelung der Nachtflugbeschränkungen auf dem Verkehrsflughafen L. /C. " änderte der Beklagte "zur Verminderung der Lärmauswirkungen auf die Umgebung des Verkehrsflughafens L. /C. " die Genehmigung vom 3. Januar 1959 erneut in dem Sinne ab, dass die Nachtflugbeschränkungen verschärft wurden. Die aktuell geltenden Nachtflugbeschränkungen ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 26. August 1997, befristet bis zum 31. Oktober 2015, an. Unter Nr. 11 des Bescheids ist unter anderem geregelt, dass zusätzliche aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen zwingend erforderlich werden, wenn der Nachtfluglärm sich nicht aufgrund der mit dem Bescheid verfügten Beschränkungen signifikant vermindert. Wegen der Einzelheiten der Beschränkungen wird auf den zuvor genannten Bescheid Bezug genommen. Das Ende der zuvor genannten Befristung änderte der Beklagte auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 7. Februar 2008 ab und setzte es auf den 31. Oktober 2030. Der zuletzt genannte Bescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens gleichen Rubrums 20 D 7/08.AK.
7Bereits im Dezember 2007 hatte die Klägerin bei dem Beklagten beantragt, den Nachtflugverkehr auf dem Flughafen L. /C. "im Wege eines Teilwiderrufs des (fingierten) Planfeststellungsbeschlusses" in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr zu untersagen, hilfsweise weniger weitgehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes anzuordnen. Zur Begründung führte die Klägerin im Wesentlichen aus:
8Ihr Stadtgebiet werde nach Maßgabe der Windverhältnisse von nahezu sämtlichen auf dem Flughafen L. /C. in der Nachtzeit jeweils startenden oder landenden Flugzeugen überflogen. Dabei hätten die landenden Flugzeuge eine Flughöhe von deutlich unter 900 m. Für die nördlichsten Stadtgebiete gelte dies auch für startende Flugzeuge. Sie werde durch den nächtlichen Fluglärm in ihrer Planungshoheit sowie in der Nutzung von gemeindlichen Einrichtungen und gemeindlichem Grundeigentum beeinträchtigt. Innerhalb der nach dem Landesentwicklungsplan Schutz vor Fluglärm für den Flughafen L. /C. eingerichteten Lärmschutzzonen B und C befänden sich lärmsensible öffentliche Einrichtungen. Ferner lägen in der Einflugschneise mehrere ihrer Grundstücke, die mit Wohnhäusern bebaut seien. Ihre Planungshoheit sei beeinträchtigt, weil auf bebaubaren Flächen innerhalb der Lärmschutzzone B nach dem zuvor genannten Landesentwicklungsplan aufgrund der Lärmvorbelastung keine Wohngebiete geplant werden könnten und für Flächen innerhalb der Lärmschutzzone C passive Schallschutzvorkehrungen vorgesehen werden müssten.
9Sie habe einen Anspruch auf Einschreiten, weil die Beeinträchtigungen durch nächtlichen Fluglärm in dem bisherigen Maß unzumutbar und passive Lärmschutzmaßnahmen insoweit nicht ausreichend seien. Sofern ein Teilwiderruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG den nachträglichen Eintritt von Tatsachen erfordere, lägen solche in Gestalt neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm vor. Während bisher angenommen worden sei, dass ein Maximalpegel von 55 dB(A) im Rauminneren bei geschlossenem Fenster die Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreite, werde nunmehr ein Wert von 50 bzw. 48 dB(A) für gerade noch zumutbar erachtet. Unabhängig davon komme es auf diese Werte ebenso wenig wie auf die in anderen gerichtlichen Entscheidungen vorgenommene Bewertung einer Lärmbelastung an, weil der Beklagte mangels einer gesetzlichen Regelung verpflichtet sei, die Grenzen der nachteiligen Auswirkungen des Fluglärms anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes zu bestimmen. Dabei habe der Beklagte zu berücksichtigen, dass nahezu sämtliche Nachtflüge über ihr Gebiet hinweg führten, so dass sich die Unzumutbarkeit nicht nur aus den Spitzenpegeln, sondern insbesondere aus der Anzahl der nächtlichen Lärmbeeinträchtigungen ergebe. Zudem sei in den letzten fünf Jahren trotz einer diesbezüglichen Verpflichtung der Beigeladenen keine Verbesserung der Lärmsituation eingetreten. In den letzten beiden Jahren habe die Anzahl der nächtlichen Flugbewegungen sogar noch zugenommen, der nächtliche äquivalente Dauerschallpegel sei im Jahr 2007 am Messpunkt T. -T1. deutlich gestiegen. Diese Umstände müsse sie angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Schutz der Nachtruhe der Flughafenangrenzer nicht mehr hinnehmen, zumal keine berechtigten Interessen der Beigeladenen an der Durchführung von Nachtflügen bestünden.
10Ihrem Anspruch stehe nicht entgegen, dass nach älterer Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ein Teilwiderruf eines fingierten Planfeststellungsbeschlusses nur in Fällen verlangt werden könne, in denen Lärmschutzvorkehrungen als Abhilfe nicht ausreichend seien. Der darin zum Ausdruck kommende absolute Vorrang passiver Schallschutzmaßnahmen vor aktiven Betriebsbeschränkungen könne keine Geltung mehr beanspruchen. Aus dem Gesetz ergebe sich ein solcher Vorrang nicht, weil zu den Schutzvorkehrungen im Sinne des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auch aktive Schallschutzmaßnahmen gehörten. Soweit die Rechtsprechung die Vorrangigkeit passiver Schallschutzmaßnahmen daraus herleite, dass Betriebsbeschränkungen als Eingriff in den Bestand des Flughafens einen Teilwiderruf des Plans darstellten, müsse dies im Falle einer Planfeststellungsfiktion abweichend bewertet werden, weil kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden sei und dementsprechend auch keine Abwägung der privaten und öffentlichen Belange stattgefunden habe. Vielmehr würden die Rechte betroffener Anwohner von vornherein auf die Geltendmachung nachträglicher Schutzanordnungen beschränkt. Im Falle eines Antrags auf nachträgliche Schutzanordnungen bzw. auf Teilwiderruf der Planfeststellungsfiktion sei zu berücksichtigen, dass die Betroffenen bisher ihre Belange noch nicht hätten geltend machen können. Sinn und Zweck des § 71 LuftVG, der Rechtssicherheit hinsichtlich des Bestandsschutzes schaffen solle, stünden der Anordnung aktiver Lärmschutzmaßnahmen ebenfalls nicht entgegen. Mit der Anordnung solcher Maßnahmen würde die genehmigungs- bzw. planungsrechtliche Situation des Flughafens nicht in Frage gestellt, sondern es würde den bisher nicht berücksichtigten Interessen der betroffenen Flughafenangrenzer Rechnung getragen. Im Übrigen sei von Relevanz, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Fall einer großen Anzahl von durch nächtlichen Fluglärm betroffenen Anwohnern passive Lärmschutzmaßnahmen nicht ausreichten, um die Einhaltung der Zumutbarkeitsschwelle sicherzustellen, und dass nächtlicher Passagierverkehr ebenso wenig wie nicht eiliger Frachtverkehr mit dem Gebot des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG vereinbar sei.
11Nach den vorstehenden Ausführungen seien auch die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 VwVfG erfüllt. Das dem Beklagten eingeräumte Ermessen zur Teilaufhebung des fingierten Planfeststellungsbeschlusses sei auf Null reduziert, weil die nachteiligen Wirkungen des Nachtflugverkehrs durch nachträgliche passive Schallschutzauflagen nicht effektiv verhindert werden könnten. Trotz der bisher erfolgten Schallisolierung bestünden weiterhin erhebliche Gesundheitsrisiken für die Bewohner.
12Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich ferner aus § 29b LuftVG in Verbindung mit den aktuell geltenden Nachtflugbeschränkungen. Sowohl die genannte Vorschrift als auch die Nachtflugbeschränkungen hätten drittschützende Wirkung. Die Vorschrift hebe in ihren beiden Absätzen die zu schützende Bevölkerung besonders hervor. Die Nachtflugbeschränkungen begründeten einen konkreten Anspruch der Betroffenen auf ein weitergehendes Einschreiten des Beklagten bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen. Dass ein subjektives Recht der Betroffenen begründet werde, ergebe sich daraus, dass die Beschränkungen auf einen Beschluss des Landtags zurückgingen, der eine messbare Reduzierung der Lärmbelastung für die Flughafenanwohner fordere und somit eindeutig auf den Schutz der privaten Belange der Fluglärmbetroffenen abziele. Die Voraussetzungen für ein weitergehendes Einschreiten des Beklagten lägen vor, weil sich die Lärmbelastung zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2005 nicht signifikant vermindert habe. Ein Einschreiten, insbesondere eine Einführung einer Kernruhezeit im Passagierflugbetrieb, könne der Beklagte nicht mit der Begründung verweigern, dass eine solche Regelung nur im Zusammenhang mit einem eventuellen Planfeststellungsverfahren getroffen werden könne. Auch im Fall einer Planfeststellungsfiktion und einer unbeschränkten Betriebsgenehmigung sei der Beklagte jederzeit berechtigt, im pflichtgemäßen Ermessen einen Teilwiderruf auszusprechen. Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen stünden dem nicht entgegen, weil mit den aktuell geltenden Nachtflugbeschränkungen Vertrauensschutz hinsichtlich der weiteren Durchführung nächtlicher Passagierflüge ausgeschlossen worden sei.
13Auf die Frage des Beklagten, welche Funktion die in dem zuvor genannten Antrag in Bezug genommenen lärmsensiblen öffentlichen Einrichtungen der Klägerin hätten, machte letztere geltend, dass es sich um Wohnhäuser, eine Asylbewerber- und eine Obdachlosenunterkunft handele. Für eines der Wohnhäuser hatte die Beigeladene die Kosten für Schallschutzmaßnahmen bezuschusst.
14Mit Bescheid vom 24. September 2008 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Da der Flughafen der Beigeladenen als planfestgestellt gelte, seien nachträgliche Beseitigungs- und Änderungsansprüche, auch im Hinblick auf nachträgliche Betriebseinschränkungen zur Nachtzeit, ausgeschlossen. Ein Fall einer wesentlichen Änderung des Flughafens, der gegebenenfalls eine neue Planungsentscheidung und damit eine neue Abwägung erforderlich machte, liege nicht vor. Der Antrag der Klägerin sei nicht nach planerischen Grundsätzen zu beurteilen. § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG komme nur im Rahmen einer planerischen Abwägungsentscheidung Bedeutung zu. Ein Widerruf bestandskräftiger Nachtflugregelungen komme nur bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Betracht. Darunter falle Fluglärm, der eine Gesundheitsgefahr begründe, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Diesbezüglich lägen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die für eine Gesundheitsgefahr durch Lärm oder aber für eine fachplanerische Unzumutbarkeit der Lärmbelastung sprächen. Darüber hinaus komme zum Schutz vor einem erheblichen Anstieg nächtlichen Fluglärms auch eine nachträgliche Genehmigungsergänzung entsprechend § 75 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 VwVfG in Betracht. Darunter fielen jedoch keine aktiven Schutzmaßnahmen in Form von Flugbetriebsregelungen. Eine Verletzung der Planungshoheit der Klägerin sei nicht ersichtlich, weil einigermaßen verfestigte Bauleitplanungen nicht vorgetragen worden seien. Ferner sei nicht erkennbar, dass passive Lärmschutzmaßnahmen gegen nächtlichen Fluglärm nicht ausreichend seien. Im Übrigen sei es im Vergleich der Jahre 2000 und 2007 zu einer deutlichen Abnahme hoher Einzelschallpegel zur Nachtzeit gekommen. Aktuell führe der Weggang von zwei Frachtfluggesellschaften zu einer Reduzierung von wöchentlich 100 Nachtflügen. Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus Nr. 11 der geltenden Nachtflugbeschränkungen, weil die dortige Regelung nicht drittschützend sei. Unabhängig davon sei die Lärmbelastung signifikant gesunken. Ein absolutes Nachtflugverbot könne zudem ohnehin nicht auf die genannte Regelung gestützt werden.
15Am 27. Oktober 2008 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft, den Ausführungen des Beklagten im Klageverfahren im Einzelnen entgegentritt und ergänzend im Wesentlichen geltend macht: Die von ihr gestellten Hilfsanträge, auch soweit sie die Erstellung eines Lärmminderungskonzepts, die Änderung der Entgeltordnung sowie die Vorgabe von Lärmkontingenten beträfen, seien bestimmt genug. Sie ließen sich im Hinblick auf das Ziel ihres Rechtsschutzbegehrens, die nächtliche Fluglärmbelastung zu reduzieren, auslegen und hinreichend konkretisieren. Eine weitere Konkretisierung komme im Hinblick auf den dem Beklagten zustehenden Entscheidungs- bzw. Ermessensspielraum nicht in Betracht. Ihre Klagebefugnis ergebe sich daraus, dass wesentliche Teile ihres Gebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzogen würden. In weiten Teilen ihres Gebiets komme aufgrund des nächtlichen Fluglärms eine Bebauung lediglich bei gleichzeitiger Errichtung von Schallschutzvorrichtungen in Betracht. Dies mache eine Wohnbebauung aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich. Soweit sie durch den Landesentwicklungsplan Schutz vor Fluglärm beeinträchtigt werde, sei auch dieser Plan auf den vom Flughafen ausgehenden Lärm zurückzuführen. Im Fall einer Planfeststellungsfiktion sei es mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar, Rechte Dritter hinsichtlich Betriebsregelungen zu beschränken. Dies gelte auch deshalb, weil die Betriebsgenehmigungen für den Flughafen L. /C. nach dem gemäß § 71 Abs. 2 LuftVG maßgeblichen Stichtag erteilt worden und deshalb getrennt von der Planfeststellungsfiktion zu betrachten seien. Zudem handele es sich bei den seit 1972 regelmäßig erlassenen Nachtflugbeschränkungen um Änderungsgenehmigungen und damit um neue planungsrechtliche Entscheidungen, die von der Planfeststellungsfiktion nicht umfasst sein könnten. Für eine Anwendbarkeit des § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG spreche zudem, dass sich aus der Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG ergebe, dass unabhängig von oder vor einem Planfeststellungsverfahren erteilte Genehmigungen nicht von der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses erfasst würden, d. h. Betriebsgenehmigung und Planfeststellungsbeschluss als rechtlich voneinander unabhängig zu betrachten seien. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG, weil die dort geregelte Duldungs- und Ausschlusswirkung nur solche Auswirkungen des Vorhabens erfasse, auf die sich die Planfeststellung beziehe. Dies gelte hier für die in den Jahren 1959 und 1961 erteilten Betriebsgenehmigungen nicht. Der danach mögliche Teilwiderruf der Genehmigung setze nach § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung voraus. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil die derzeitige Lärmbelastung nach aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung mit erheblichen Gesundheitsgefahren verbunden sei. Die Unzumutbarkeit der nächtlichen Lärmbelastung ergebe sich auch daraus, dass (gemittelt) bis zu 50 nächtliche Überflüge ihres Gemeindegebiets stattfänden und die Anzahl der besonders lauten Überflüge entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht zurückgegangen sei. Diese Umstände seien auch nachträglich, d. h. nach Erteilung der Betriebsgenehmigung in den Jahren 1959 und 1961 eingetreten, weil seinerzeit Nachtflugverkehr nicht oder nur in sehr geringem Umfang stattgefunden habe. Schutzwürdige Interessen der Beigeladenen und der Luftfahrtunternehmen seien nicht berührt, weil im Fall einer Einschränkung des Nachtflugbetriebs keine relevante Anzahl an Arbeitsplätzen betroffen sei und selbst der Frachtflugverkehr während der Tagesstunden abgewickelt werden könne. Die Annahme einer drittschützenden Wirkung von Nr. 11 der geltenden Nachtflugbeschränkungen ergebe sich daraus, dass nach deren Wortlaut der Vertrauensschutz der Beigeladenen hinsichtlich der Durchführung nächtlicher Passagierflüge ausgeschlossen bzw. die Bestandskraft der Nachtflugregelung zu Lasten der Beigeladenen durchbrochen werden solle. Dies begründe ein subjektives Recht der vom Fluglärm Betroffenen auf Durchführung zusätzlicher Lärmschutzmaßnahmen bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen. Für einen drittschützenden Charakter spreche ferner, dass die Regelung dem Schutz der Flughafenanwohner vor Nachtfluglärm diene und sich daraus ein hinreichend individualisierbarer, sich von der Allgemeinheit unterscheidender geschützter Personenkreis ergebe. Für eine Subjektivierung spreche zudem, dass es um einen Interessenausgleich zwischen Personen gehe, die in einer besonderen Beziehung zueinander stünden und insoweit eine Art rechtlicher Schicksalsgemeinschaft bildeten, weil die Fortführung und Erweiterung des nächtlichen Flugverkehrs die Flughafenanwohner beeinträchtige, während Einschränkungen des Nachtflugbetriebs die Beigeladene beeinträchtigten. Die Umstände, die der Beklagte für einen signifikanten Rückgang der Lärmbelastung angeführt habe, seien nicht tragfähig. Der an der Messstelle T. -T1. im Jahr 2007 festgestellte Dauerschallpegel habe sich im Vergleich zum Jahr 1997 sogar leicht erhöht. Da der Vertrauensschutz für die Durchführung nächtlichen Passagierflugverkehrs durch Nr. 11 der geltenden Nachtflugbestimmungen ausgeschlossen worden sei, habe der Beklagte insoweit eine gebundene Entscheidung zu treffen. Sofern hinsichtlich des Frachtverkehrs eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, überwiege das Interesse der Flughafenumgebung an der Durchführung aktiver Lärmschutzmaßnahmen. Im Übrigen habe der Beklagte auf die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung hingewiesen, eine solche aber nicht getroffen. Dabei habe er außer Acht gelassen, dass sie (die Klägerin) nicht allein ein absolutes Nachtflugverbot beantragt habe, sondern hilfsweise auch ein Verbot für den Passagierflugverkehr bzw. für den nicht eiligen Frachtverkehr.
16Die Klägerin beantragt,
17den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, Starts und Landungen von Luftfahrzeugen auf dem Flughafen L. /C. zwischen 22.00 und 6.00 Uhr mit Ausnahme von Flügen zur Hilfeleistung in Notfällen und Katastrophen, Landungen aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen und Flügen, die zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr erforderlich sind, zu untersagen,
18(1) hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, Starts und Landungen von Luftfahrzeugen auf dem Flughafen L. /C. zwischen 0.00 und 5.00 Uhr mit Ausnahme der im Hauptantrag genannten Flüge zu untersagen,
19(2) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, den Passagierflugverkehr und nicht eiligen Frachtverkehr auf dem Flughafen L. /C. zwischen 22.00 und 6.00 Uhr zu untersagen,
20(3) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, den Passagierflugverkehr und nicht eiligen Frachtverkehr auf dem Flughafen L. /C. zwischen 0.00 und 5.00 Uhr zu untersagen,
21(4) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, den Passagierflugverkehr auf dem Flughafen L. /C. zwischen 22.00 und 6.00 Uhr zu untersagen,
22(5) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, den Passagierflugverkehr auf dem Flughafen L. /C. zwischen 0.00 und 5.00 Uhr zu untersagen,
23(6) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, der Beigeladenen bestimmte Lärmkontingente unter Zugrundelegung der jeweils aktuellen Bonusliste vorzugeben,
24(7) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben, die Entgeltordnung dahingehend zu ändern, dass das Entgelt für lärmintensive Luftfahrzeuge und Nachtflüge deutlich angehoben und die Spreizung der lärmabhängigen und der zeitabhängigen Start- und Landeentgelte erheblich vergrößert wird,
25(8) weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. September 2008 zu verpflichten, der Beigeladenen ein Lärmminderungskonzept mit verbindlichen, sukzessiv sinkenden Lärmobergrenzen aufzuerlegen.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er trägt im Wesentlichen vor: Die Klage sei bereits unzulässig. Dies gelte für einige der Hilfsanträge bereits deshalb, weil diese nicht hinreichend bestimmt seien. Unabhängig davon fehle der Klägerin die Klagebefugnis, weil noch nicht einmal die Möglichkeit bestehe, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts habe. Ein solcher ergebe sich nicht aus der Verletzung der Planungshoheit der Klägerin, weil eine nachhaltige Störung einer hinreichend bestimmten Planung nicht ansatzweise dargetan sei. Die Erschwerung der Erfüllung kommunaler Aufgaben durch die Belastung von im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücken mit Fluglärm sei ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin habe selbst nicht geltend gemacht, dass die Asylbewerberunterkunft und die Obdachlosenunterkunft nicht mehr betrieben werden könnten. Auch habe sie insoweit keine Anträge bei der Beigeladenen auf Kostenerstattung für bauliche Schallschutzmaßnahmen gestellt. Auf die Verletzung von Eigentumsrechten könne sich die Klägerin nicht berufen; jedenfalls ergebe sich daraus kein Widerrufsanspruch hinsichtlich der Betriebsgenehmigung. Nr. 11 der geltenden Nachtflugbeschränkungen sei nicht drittschützend.
29Die Klage sei auch unbegründet. Einem Anspruch der Klägerin auf Teilwiderruf der Betriebsgenehmigung bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber stehe von vornherein entgegen, dass der Flughafen der Beigeladenen als planfestgestellt gelte und wegen der erhöhten Bestandskraft der Planfeststellung ein Teilwiderruf der Betriebsgenehmigung ausgeschlossen sei. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen der von der Klägerin herangezogenen Anspruchsgrundlagen nicht vor. § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG als eine die Genehmigung betreffende Regelung sei von vornherein nicht anwendbar, weil sich der Rechtsschutz auf die Planfeststellung konzentriere. Im Übrigen seien nachträglich keine Tatsachen eingetreten, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründeten. Es sei anerkannt, dass der Teilwiderruf einer Betriebsgenehmigung eines planfestgestellten Flughafens nur als ultima ratio in Betracht komme. Dazu müssten Gefahren für verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter bestehen, die nicht durch nachträgliche Schutzauflagen abgewendet werden könnten. In Bezug auf die Klägerin komme lediglich das aus Art. 28 Abs. 2 GG folgende kommunale Selbstverwaltungsrecht in Frage. Insoweit habe die Klägerin jedoch eine Verletzung nicht ansatzweise dargetan. Ihre Ausführungen zur fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle für Fluglärm seien unerheblich, weil diese Schwelle deutlich unterhalb derjenigen für die Annahme einer Gesundheitsgefahr liege. Im Übrigen existierten keine neuen, wissenschaftlich anerkannten Erkenntnisse, wonach Gesundheitsgefahren bereits bei einem nächtlichen Dauerschallpegel von über 45 db(A) anzunehmen seien. Ferner könne mit dem Aspekt des Fluglärms keine Gefahr im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG begründet werden, weil dieser Belang im Rahmen von § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG zu berücksichtigen sei. Es fehle weiterhin an nachträglich eingetretenen Gefahren, weil die Fiktion des § 71 Abs. 2 LuftVG spätestens am 1. März 1999 eingetreten sei, sich die Fluglärmsituation jedoch seit dem 1. November 1997 nicht verschlechtert habe. Schließlich könne unterstellten Gesundheitsgefahren durch Maßnahmen des passiven Schallschutzes begegnet werden. Halte man § 49 VwVfG für anwendbar, komme ein Teilwiderruf auf der Grundlage dieser Vorschrift, insbesondere gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VwVfG, ebenfalls nicht in Betracht, weil es an schweren Nachteilen für das Gemeinwohl fehle, solche Nachteile keinesfalls nachträglich eingetreten seien und ihnen gegebenenfalls durch Maßnahmen des passiven Schallschutzes begegnet werden könnte. Schließlich wäre der Antrag der Klägerin verfristet, weil die Frist des § 75 Abs. 3 Satz 2 VwVfG nicht eingehalten sei. Die Lärmsituation im Jahr 1997, die sich seitdem nicht verschlechtert habe, sei der Klägerin aus Sitzungen der Fluglärmkommission im November 2001 und April 2002, zu denen sie Mitglieder entsandt habe, bekannt gewesen. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG lägen nicht vor. Zudem ermächtige diese Vorschrift nicht zu einem Teilwiderruf der Betriebsgenehmigung. Ein solcher Widerruf falle nicht unter die in der Vorschrift genannten Schutzauflagen, was sich daraus ergebe, dass nach Satz 1 der Vorschrift die Betriebsgenehmigung unangetastet bleiben müsse. Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus Nr. 11 der geltenden Nachtflugbeschränkungen, weil die dortigen Regelungen keine subjektivrechtliche Dimension hätten. Zudem lägen die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf dieser Grundlage nicht vor, weil ausgehend von dem Jahr 1997 eine signifikante Verminderung der Lärmbelastung eingetreten sei. Ein unterstellter Anspruch der Klägerin wäre zudem verwirkt, weil sie trotz der ihr bekannten Überprüfung der Lärmsituation in den Jahren 2000 und 2005 ihren Anspruch nicht zeitnah geltend gemacht habe. Ein Anspruch könne auch nicht auf § 29b LuftVG gestützt werden, weil diese Vorschrift keinen Anspruch Einzelner auf konkrete Maßnahmen begründe. Lärmkontingente, Lärmobergrenzen oder eine Änderung der Entgeltordnung könnten der Beigeladenen von vornherein nicht aufgegeben werden.
30Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
31die Klage abzuweisen.
32Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig. Ein Eingriff in die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte kommunale Planungshoheit sei auch auf der Grundlage des diesbezüglichen Vortrags der Klägerin nicht zu erkennen. Im Übrigen gehe es nicht darum, ob die kommunale Planungshoheit als abwägungsrelevanter Belang im Rahmen einer Planungsentscheidung berücksichtigt worden sei, sondern um einen Anspruch der Klägerin auf die beantragten Maßnahmen. Auf Grundrechtspositionen könne sich die Klägerin mangels Grundrechtsfähigkeit nicht berufen. Eine Verletzung des einfach-gesetzlichen Eigentumsrechts sei nicht dargelegt. Dies gelte auch deshalb, weil die Anzahl nächtlicher Flugbewegungen seit dem Jahr 1997 bis zum Jahr 2011 um 16 % abgenommen habe. Auch die nächtlichen Spitzenpegel hätten sich deutlich reduziert. Der überwiegende Teil des Siedlungsbereichs der Klägerin werde von der Nachtschutzzone nach dem Fluglärmgesetz nicht erfasst. Im Übrigen seien Beseitigungs- oder Änderungsansprüche der Klägerin gegenüber bestandskräftig genehmigten bzw. planfestgestellten Anlagen gemäß § 9 Abs. 3 LuftVG ausgeschlossen. Nachträgliche Einschränkungen kämen nur im Fall von Grundrechtsverletzungen in Betracht, die hier jedoch nicht vorlägen. Auf Nr. 11 des Bescheids vom 26. August 1997 könne die Klägerin ihre Begehren nicht stützen, weil die dortigen Regelungen nicht drittschützend seien und keine Rechte Dritter begründeten.
33Die Klage sei ferner unbegründet. Nach der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Flughafen der Beigeladenen, die jeweils durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden sei, bestünden keine Ansprüche auf weitergehende, über die zuletzt mit Bescheid vom 26. August 1997 verfügten Nachtflugbeschränkungen hinausgehende Einschränkungen des Flugbetriebs zur Nachtzeit. Nach dieser Rechtsprechung kämen solche Einschränkungen allenfalls dann in Betracht, wenn Gesundheitsgefährdungen vorlägen, die sich nicht mit Maßnahmen abwenden ließen, die den Flughafenunternehmer weniger als ein Teilwiderruf des für den Flughafen L. /C. bestehenden fingierten Planfeststellungsbeschlusses belasteten. Unabhängig davon, dass sich die Klägerin nicht auf Gesundheitsgefährdungen berufen könne, habe sie (die Beigeladene) mit einem freiwilligen Schallschutzprogramm sichergestellt, dass im Nachtschutzgebiet gelegene Schlafzimmer, falls beantragt, so gedämmt worden seien, dass im Rauminnern in der Regel keine höheren Einzelpegel als 55 dB(A) aufträten. Nunmehr bestünden entsprechende gesetzliche Ansprüche gemäß § 9 FluglärmG. Die zuvor wiedergegebene Rechtsprechung sei durch eine neuere Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, die ebenfalls vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden sei, fortgeführt worden. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen der von der Klägerin zur Begründung eines Anspruchs auf nachträgliche Betriebsbeschränkungen herangezogenen Rechtsgrundlagen sämtlich nicht vor. Es bestünden keine nachträglichen Tatsachen, welche die Annahme einer vom Flughafen der Beigeladenen ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG rechtfertigten. Schwere Nachteile für das Gemeinwohl im Sinne von § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG seien ebenfalls nicht ersichtlich. Auch die Voraussetzungen des § 75 Abs. 2 Satz 2 ff. VwVfG seien nicht erfüllt. Insbesondere stehe den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen § 9 Abs. 3 LuftVG entgegen. Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich schließlich nicht aus Nr. 11 der mit dem Bescheid vom 26. August 1997 verfügten Nachtflugregelungen, weil der dort in Abs. 2 geregelte Vorbehalt ebenso wenig wie Abs. 4 mit Drittschutz zugunsten der Klägerin ausgestattet sei und im Übrigen die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage von Abs. 2 und 4 nicht gegeben seien.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der von den Beteiligten eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe
36Die Klage, die den Betrieb eines Verkehrsflughafens betrifft, was nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts begründet, hat insgesamt keinen Erfolg.
37A. Hinsichtlich des Hauptantrags und der Hilfsanträge (1) bis (5) ist sie zulässig, aber unbegründet.
38I. Der Hauptantrag und die Hilfsanträge (1) bis (5) sind zulässig.
39Sie sind als Verpflichtungsklage statthaft, weil das von der Klägerin begehrte Tätigwerden oder Einschreiten des Beklagten mit den in ihnen bezeichneten Inhalten jeweils im Erlass eines an die Beigeladene gerichteten Verwaltungsakts bestünde.
40Da jedenfalls Teile des Gemeindegebiets der Klägerin ohne Zweifel von nicht unerheblichem Fluglärm betroffen sind und die Klägerin unter anderem sinngemäß eine Verletzung ihrer Selbstverwaltungsautonomie dergestalt geltend macht, dass sie keine Wohnbebauung planen und öffentliche Einrichtungen wegen unzumutbarer Lärmbelastungen für die Bewohner nicht (mehr) betreiben könne, ist auch ihre Klagebefugnis zu bejahen.
41Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht für den Hauptantrag und die Hilfsanträge (1) bis (5) ebenfalls. Ein solches liegt selbst dann vor, wenn und soweit die Klägerin aus dem (ehemaligen) freiwilligen Schallschutzprogramm der Beigeladenen und nunmehr aus §§ 9 f. FluglärmG Ansprüche auf passive Schallschutzmaßnahmen hätte, welche die geltend gemachte unzumutbare nächtliche Lärmbelastung auf ein erträgliches Maß reduzierten und damit zugleich die von der Klägerin geltend gemachten (Rechts-)Beeinträchtigungen entfallen ließen. Zum einen decken sich diese Maßnahmen unabhängig von den dadurch bewirkten Rechtsfolgen nicht mit den andersartigen, auf die Anordnung aktiver Schallschutzmaßnahmen gerichteten Begehren, zum anderen stellt die Klägerin die Wirksamkeit passiver Schallschutzmaßnahmen gerade in Abrede.
42II. Der Hauptantrag und die Hilfsanträge (1) bis (5) sind aber unbegründet.
43Es gibt keine Anspruchsgrundlage, auf welche die Klägerin ihre Begehren mit Erfolg stützen kann. Demgemäß ist sie durch den angegriffenen Bescheid vom 24. September 2008 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).
441. Die mit dem Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen (1) bis (5) begehrten Maßnahmen zielen jeweils in erster Linie - wie von der Klägerin im Klageverfahren auch ausdrücklich betont - auf eine weitere Beschränkung der der Beigeladenen erteilten Betriebsgenehmigung ab. Mit den ursprünglichen Genehmigungen vom 3. Januar 1959 und 16. März 1961 wurde nächtlicher Flugverkehr/-betrieb uneingeschränkt zugelassen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. September 1994 - 20 D 16/93.AK -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.97 -, NVwZ-RR 1998, 22.
46Die von der Klägerin beantragten nächtlichen Betriebsbeschränkungen gehen zum einen inhaltlich über die Beschränkungen hinaus, die der Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 26. August 1997, verlängert durch den Bescheid vom 7. Februar 2008, angeordnet hat. Zum anderen sollen die beantragten Beschränkungen im Gegensatz zu den beiden zuvor genannten Bescheiden unbefristet, also dauerhaft erfolgen.
47Ansprüchen Drittbetroffener auf Einschränkung der flugbetrieblichen Benutzung des Verkehrsflughafens der Beigeladenen steht jedoch die Duldungspflicht aus § 9 Abs. 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW entgegen. Danach sind u. a. Ansprüche auf Unterlassung der Benutzung von rechtskräftig im Plan festgestellten Flughafenanlagen ausgeschlossen, gleichgültig auf welche Rechtsgrundlagen die Benutzungseinschränkung gestützt wird und auf welchen Wegen sie bewirkt werden soll. Dies gilt auch für die von der Klägerin beantragten nächtlichen Betriebsbeschränkungen, weil diese auf ein teilweises Unterlassen der Benutzung der Anlagen des Flughafens der Beigeladenen, insbesondere der Start- und Landebahnen, abzielen. Infolge dieser - einer möglichen Rechtsverletzung der Klägerin im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO entgegenstehenden - Duldungspflicht kann die Klägerin auch keine Neubescheidung ihrer Anträge betreffend nächtliche Betriebsbeschränkungen verlangen.
48Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 10. Juli 2003 - 20 D 78/00.AK -, juris; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 4 B 95.03 -, NVwZ 2004, 869.
49Die sich aus § 9 Abs. 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW ergebende Duldungspflicht greift für den Flughafen der Beigeladenen, weil dieser mit sämtlichen Start- und Landebahnen und mit den derzeit geltenden Betriebsregelungen nach § 71 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 LuftVG i. d. F. von Art. 1 Nr. 45 des Elften Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2432) als planfestgestellt gilt.
50Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 10. Juli 2003 - 20 D 78/00.AK -, a. a. O.; BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 4 B 95.03 -, a. a. O.
51Es besteht keine Notwendigkeit, im Fall der Klägerin unter Durchbrechung der "Sperrwirkung" von § 9 Abs. 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW aktive Lärmschutzmaßnahmen in Form von (weiter) beschränkenden nächtlichen Betriebsregelungen "zuzulassen". Insofern ist - insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - auch für den Fall eines gesetzlich fingierten Planfeststellungsbeschlusses geklärt, dass dessen Widerruf von Dritten erst dann verlangt werden kann, wenn nachträgliche Schutzauflagen im Sinne von § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW nicht ausreichen, um den geltend gemachten Gefahren zu begegnen. Das ist dann der Fall, wenn der Fluglärm die Schwelle des verfassungsrechtlich Zumutbaren überschreitet und der dann gebotene Schutz nicht mit Vorkehrungen im Sinne von § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW bewirkt werden kann. Die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, den (fiktiven) Planfeststellungsbeschluss nach § 49 Abs. 2 VwVfG NRW zu widerrufen, erweist sich demgemäß bis zur Erschöpfung passiver Schutzmaßnahmen als nachrangig. In dieser Modifikation der Widerrufsnorm zeigt sich die erhöhte Bestandskraft der Planfeststellung.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 11 B 2.97 -, Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 8, unter Bezug auf Urteil vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.96 -, BVerwGE 105, 6; siehe auch Beschlüsse vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 -, NVwZ 2004, 865, vom 26. Februar 2004 - 4 B 95.03 -, a. a. O., und vom 6. April 2004 - 4 B 2.04 -, Buchholz 310 § 137 Abs. 2 VwGO Nr. 12, jeweils m. w. N.
53Dementsprechend kommt zur Durchsetzung der von der Klägerin mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen (1) bis (5) beantragten Maßnahmen auch ein Teilwiderruf des fiktiven Planfeststellungsbeschlusses nicht in Betracht, weil davon auszugehen ist, dass die unterstellten Rechtsverletzungen der Klägerin, insbesondere betreffend ihre Selbstverwaltungsautonomie in Gestalt der Planungshoheit, durch passive Schallschutzmaßnahmen abgewendet werden können. Sämtliche von der Klägerin geltend gemachten, durch nächtlichen Fluglärm verursachten Beeinträchtigungen - Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Planung von Wohnbebauung, des Betriebs bestimmter öffentlicher Einrichtungen und der Vermietung von Wohnungen - gehen im Ergebnis darauf zurück, dass die Bewohner von Häusern in (unterstellt) von der Klägerin geplanten Baugebieten, in den von ihr bezeichneten öffentlichen Einrichtungen und in den von ihr vermieteten Wohnungen - (unterstellt) einer gesundheitsgefährdenden Belastung durch nächtlichen Fluglärm ausgesetzt sind oder wären. Diese Gefährdung lässt sich jedoch durch eine entsprechende Schalldämmung der Häuser einschließlich schallisolierter Belüftungsvorrichtungen ausschließen.
54Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 10. Juli 2003 - 20 D 78/00.AK -, a. a. O.; BVerwG, Beschlüsse vom 26. Februar 2004 - 4 B 95.03 -, a. a. O., und vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 -, a. a. O.
55Im Übrigen können derartige Maßnahmen (Schutzauflagen) unter Umständen zulasten und damit auf Kosten der Beigeladenen angeordnet werden, so dass die Planung und Realisierung von Wohnbebauung mit Blick auf erforderliche Schallschutzmaßnahmen auch nicht zwingend aus wirtschaftlichen (finanziellen) Erwägungen potenzieller Bauwilliger scheiterte.
56Der Verweis auf nachträgliche Schutzauflagen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
57Vgl. in diesem Sinne BVerfG, (Nichtannahme-) Beschluss vom 24. Oktober 2000 - 1 BvR 389/00 -, ZLW 2001, 253.
58Die von der Klägerin im Verwaltungs- und Klageverfahren angeführten Gründe stellen die Richtigkeit der zuvor zusammengefasst dargestellten Rechtsprechung nicht durchgreifend in Frage.
59Die Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Planfeststellung, wie sie § 9 Abs. 3 LuftVG anordnet, beziehen sich zwar vom Grundsatz her auf die (baulichen) Anlagen, werden jedoch durch § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW auf die Benutzung der Anlagen erweitert. Der Umstand, dass für den Flughafen der Beigeladenen kein Planfeststellungsverfahren und keine umfassende Abwägung der betroffenen privaten und öffentlichen Belange stattgefunden hat, resultiert aus der gesetzlich angeordneten Planfeststellungsfiktion. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 71 LuftVG eine Planfeststellungsfiktion im Blick hatte oder beabsichtigte, die in ihren Rechtsfolgen, insbesondere hinsichtlich der sich aus § 9 Abs. 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW ergebenden Pflicht zur Duldung der Anlagenbenutzung, hinter einem "normalen" rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss zurückbleibt, und dass die erwähnte Pflicht ausgeklammert ist.
60Die zuvor genannten Vorschriften bedürfen im Fall einer fiktiven Planfeststellung zudem keiner einschränkenden verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass die Pflicht zur Duldung der Anlagenbenutzung aus den Rechtsfolgen der Planfeststellung ausgeklammert wird. Selbst im Fall der Verletzung von verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern von Flughafenanwohnern und angrenzenden Kommunen reicht es aus, wenn die Verletzung mittels nachträglicher Schutzauflagen unterbunden oder abgestellt wird. Sollte dies nicht möglich oder nicht ausreichend sein, besteht nach dem Vorstehenden keine Duldungspflicht. Weitergehende verfassungsrechtliche Anforderungen ergeben sich insoweit auch aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht.
61Die beiden für den Flughafen der Beigeladenen erteilten, uneingeschränkten, bestandskräftigen Betriebsgenehmigungen vom 3. Januar 1959 und 16. März 1961 haben keinen Einfluss auf die Duldungspflicht, und zwar auch nicht in Ansehung dessen, dass sie nach dem in § 71 Abs. 2 Satz 1 LuftVG genannten Zeitpunkt, zu dem der Flughafen für ein Eingreifen der Planfeststellungsfiktion angelegt gewesen sein musste (31. Dezember 1958), erteilt wurden. Die Duldungspflicht hinsichtlich der Anlagenbenutzung ergibt sich, wie zuvor ausgeführt, aus § 9 Abs. 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW aufgrund des unanfechtbaren fiktiven Planfeststellungsbeschlusses. Dementsprechend wäre die Duldungspflicht nur dann eingeschränkt, wenn der fiktive Planfeststellungsbeschluss selbst die Anlagenbenutzung beschränkende Regelungen enthielte, was die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht hat und auch nicht ersichtlich ist. Ob daneben eine tatsächliche oder gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 LuftVG fiktive Betriebsgenehmigung mit oder ohne Betriebsbeschränkungen vorliegt, ist hinsichtlich der sich aus der (fiktiven) Planfeststellung ergebenden Duldungspflicht ohne Relevanz. Im Übrigen weist die Klägerin selbst darauf hin, dass § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG auf eine (gewisse) Eigenständigkeit der Betriebsgenehmigung hindeutet. Zwar käme die Duldungspflicht faktisch in dem Umfang nicht zum Tragen, in dem eine aufgrund eines (fiktiven) unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses uneingeschränkt zulässige Anlagenbenutzung durch Beschränkungen in der Betriebsgenehmigung unterbunden würde. Dies gilt hier hinsichtlich der Nachtflugbeschränkungen, die der Beklagte kontinuierlich seit 1972 in Bezug auf die Betriebsgenehmigung(en) verfügt hat. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die sich aus gesetzlichen Regelungen ergebende Duldungspflicht von der Betriebsgenehmigung abhängig ist oder sogar ein gewisser Vorrang der Betriebsgenehmigung in dem Sinne besteht, dass Drittbetroffene - unter Durchbrechung der Duldungspflicht - die Anlagenbenutzung beschränkende Regelungen über oder mittels Beschränkungen der Betriebsgenehmigung erreichen können. Daran anschließend verhilft es den Begehren der Klägerin auch nicht zum Erfolg, wenn ihrer Auffassung zu folgen wäre, bei den Bescheiden des Beklagten, mit denen er seit 1972 kontinuierlich Nachtflugbeschränkungen gegenüber der Beigeladenen verfügt hat, handele es sich um "Änderungsgenehmigungen" und damit um neue planungsrechtliche Entscheidungen, die nicht von der Planfeststellungsfiktion umfasst sein könnten. Es erschließt sich nicht, warum es Auswirkungen auf die (gesetzliche) Duldungspflicht haben sollte, wenn die - auch nach Auffassung der Klägerin - auf der Ebene der Betriebsgenehmigung vom Beklagten angeordneten nächtlichen Beschränkungen "Änderungsgenehmigungen" darstellen sollten, zumal diese sämtlich bestandskräftig sind und darüber hinaus den nächtlichen Flugverkehr einschließlich des dadurch verursachten Lärms nicht zulassen, sondern im Gegenteil die Genehmigungswirkungen der Bescheide vom 3. Januar 1959 und 16. März 1961 einschränken.
62Soweit die Klägerin der Auffassung, etwaige Gesundheitsbeeinträchtigungen oder -gefährdungen durch nächtlichen Fluglärm ließen sich mit Maßnahmen des passiven Schallschutzes abwenden, mit dem Argument entgegentritt, die Einhaltung der im Fluglärmschutzgesetz genannten Werte sei nicht geeignet, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Gesundheitsgefährdung zu verhindern, weil diese Werte nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht ausreichten, um den Schutz der Nachtruhe zu gewährleisten, kommt es darauf nicht an. Die Werte des Fluglärmschutzgesetzes konkretisieren lediglich die Grenze der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeit,
63vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.09 -, juris, Rn. 170,
64nicht jedoch die hier in Rede stehende Grenze der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeit. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass nach den von der Klägerin benannten wissenschaftlichen Untersuchungen in Sachen Fluglärm die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle sogar unterhalb der im Fluglärmschutzgesetz genannten Werte anzusiedeln wäre. Eine solche Annahme scheitert bereits daran, dass die von der Klägerin benannten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht als gesichert in dem Sinne angesehen werden können, dass sie sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt und allgemeine Anerkennung im Sinne eines Grundkonsenses gefunden haben.
65Vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2004 - 4 B 82.03 -, NVwZ 2004, 618, Urteile vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261 (285), und vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 (Rn. 308).
66Was die von der Klägerin in Bezug genommene Studie von Prof. Dr. H. et. al. anbelangt, ist diese bereits aus sich heraus Kritik ausgesetzt, was den angenommenen Ursachenzusammenhang zwischen Fluglärm und bestimmten "Volkskrankheiten" anbelangt,
67vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, BVerwGE 127, 95 (Rn. 98),
68und stellt schon deshalb keine der zuvor erläuterten Anforderung genügende Erkenntnis dar. Dass die wohl im Jahr 2007 in der Ausgabe Nr. 5 der Zeitschrift Journal of public health erschienene Endfassung der Studie die geäußerte Kritik ausgeräumt hat, macht nicht einmal die Klägerin geltend. Die von ihr ebenfalls in Bezug genommene "Übersichtsarbeit" (Prof. Dr. L1. et. al., Gesundheitliche Auswirkungen von Fluglärm, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 105, 4. August 2008, S. 548 ff.) rechtfertigt ebenfalls kein anderes Ergebnis. Soweit die Klägerin aus dieser Arbeit ableitet, ein nächtlicher Dauerschallpegel von über 45 dB(A) sei mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden, gibt die Arbeit dies jedenfalls nicht im Sinne eines allgemeine Anerkennung findenden Grundkonsenses her. Die Autoren der Arbeit haben selbst keine Untersuchungen angestellt, sondern ähnlich einer Metaanalyse andere Untersuchungen ausgewertet. Den von der Klägerin zitierten (kritischen) Nachtwert leiten die Autoren im Wesentlichen aus drei Untersuchungen ab, nämlich aus der zuvor bereits erwähnten Studie von Prof. Dr. H. et. al., der sog. HYENA-Studie (Jarup et. al., Hypertension and Exposure to Noise Near Airports, Environmental Health Perspecives, Volume 116, Number 3 (März 2008), S. 329 ff.) sowie einer Studie von Eriksson et. al. (Aircraft Noise and Incidence of Hypertension, Epidemiology, Volume 18, Number 6 (November 2007), S. 716 ff.). Während die zuerst genannte Studie der bereits oben erwähnten Kritik ausgesetzt ist, ist die wissenschaftliche Diskussion hinsichtlich der Ergebnisse der beiden anderen Studien noch nicht abgeschlossen.
69Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.09 -, a. a. O., Rn. 172.
70Im Übrigen kann passiver Schallschutz technisch über die Schutzwirkungen der Werte des Fluglärmschutzgesetzes hinaus gewährleistet werden. Sollte der Schutz durch das Fluglärmschutzgesetz unzureichend sein, folgt daraus nicht, dass mit Maßnahmen nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW nicht der notwendige Schutz zu erreichen ist.
712. Ein Einschreiten des Beklagten gegen die Beigeladene mittels eines Teilwiderrufs des (fiktiven) Planfeststellungsbeschlusses auf der Grundlage von § 49 Abs. 2 VwVfG NRW - wie von der Klägerin im Verwaltungsverfahren ausdrücklich beantragt - kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil die insoweit nach den vorstehenden Ausführungen erforderliche Voraussetzung einer Verletzung von verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern nicht erfüllt ist. Entsprechendes gilt für einen Widerruf der Betriebsgenehmigung(en) nach § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG.
72a) Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang zu Gesundheitsbeeinträchtigungen oder -gefährdungen durch Fluglärm vorträgt, kommt es darauf von vornherein nicht an, weil die Klägerin nicht grundrechtsfähig ist und sie dementsprechend eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht mit Erfolg geltend machen kann. Entsprechendes gilt für Art. 14 GG, soweit sich die Klägerin auf Eigentumsbeeinträchtigungen beruft. Im Übrigen ist sie auch nicht berechtigt, entsprechende Rechte ihrer Einwohner geltend zu machen.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 - 11 A 18.98 -, BVerwGE 111, 108 (115); siehe auch BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 14.95 -, NVwZ 1997, 904.
74b) Eine Verletzung der durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten und geschützten kommunalen Selbstverwaltungsautonomie, die Verfassungsrang hat und als Schutzgut der öffentlichen Sicherheit anzusehen ist, liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere ist keine Verletzung der unter die Selbstverwaltungsautonomie fallenden Planungshoheit der Klägerin gegeben. Eine Verletzung würde insoweit voraussetzen, dass eine hinreichend konkrete und verfestigte Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird, wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzogen werden oder gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt werden.
75Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 18. März 2008 - 9 VR 5.07 -, NuR 2008, 502, m. w. N.
76Unter keinem dieser Gesichtspunkte lässt sich aber eine Verletzung der Planungshoheit feststellen.
77aa) Es ist nicht ansatzweise vorgetragen oder ersichtlich, dass hinreichend konkrete Planungsabsichten der Klägerin bestanden haben oder bestehen, die nachhaltig gestört worden sein könnten oder werden.
78bb) Dass wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzogen worden sind oder werden, ist ebenfalls nicht ansatzweise dargetan oder ersichtlich. Selbst wenn man mit der Klägerin von einer Beeinträchtigung der Planung von Wohnbebauung in einigen Bereichen des Gemeindegebiets ausgeht, gibt das nichts dafür her, dass auch sämtliche anderen Planungen in diesen Bereichen nicht möglich und durchsetzbar wären.
79Darüber hinaus sind auch keine wesentlichen Teile des Gemeindegebiets betroffen. Soweit insbesondere aufgrund der Regelungen des Landesentwicklungsplanes "Schutz vor Fluglärm" vom 17. August 1998 innerhalb der für den Flughafen L. /C. gebildeten Zone B die Planung von Wohnbebauung unzulässig ist, betrifft dies nur einen sehr geringen Teil des Gemeindegebiets der Klägerin. Die Zone C des genannten Plans erfasst zwar einen größeren Teil des Gemeindegebiets, schließt jedoch die Planung von Wohnbebauung nicht aus, sondern macht diese lediglich von der Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen abhängig. Der bereits erwähnte sinngemäße Vortrag der Klägerin, die Planung von Wohnbebauung in von der Zone C erfassten Bereichen sei nicht durchsetzbar, weil Baumaßnahmen dort für potenziell Bauwillige aufgrund der Schallschutzmaßnahmen wirtschaftlich nicht tragbar seien, überzeugt nicht. Die Klägerin hat nichts dazu vorgetragen, dass von der Planung eines (bestimmten) Gebiets für Wohnbebauung gerade aus dem zuvor bezeichneten Grund Abstand genommen wurde oder aber ein geplantes und festgesetztes Gebiet nicht "vermarktet" werden konnte, weil potenziell Bauwillige gerade wegen der Kosten für Schallschutzmaßnahmen von einem Bauvorhaben Abstand genommen haben.
80Soweit die Klägerin weiter sinngemäß geltend macht, aufgrund neuer Erkenntnisse aus der Lärmwirkungsforschung zukünftig auch außerhalb der Zonen B und C keine Wohnbebauung mehr planen zu können, greift auch das nicht durch. Abgesehen davon, dass es nach den vorstehenden Ausführungen an gesicherten neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen fehlt, bezieht sich dieser Vortrag wiederum lediglich auf die Planung von Wohnbebauung, was nach den vorstehenden Ausführungen nicht ausreicht, um - unabhängig von der Betroffenheit wesentlicher Teile des Gemeindegebiets - von einem Ausschluss einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung auszugehen. Entsprechendes gilt, soweit nunmehr größere Bereiche des Gemeindegebiets der Klägerin nach der Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen L. /C. vom 7. Dezember 2011 (Fluglärmschutzverordnung L. /C. - FluLärmKölnV), GV. NRW. 2011 S. 609, von der Nacht-Schutzzone gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 FluglärmG erfasst werden, in der nach § 5 Abs. 2 FluglärmG ein Bauverbot für Wohnungen besteht.
81cc) Eine Verletzung der Selbstverwaltungsautonomie der Klägerin in Gestalt einer erheblichen Beeinträchtigung (der Funktionsfähigkeit) von ihr betriebener öffentlicher Einrichtungen durch nächtlichen Fluglärm ist ebenfalls nicht gegeben. Das pauschale Abstellen der Klägerin auf "lärmsensible öffentliche Einrichtungen", die durch nächtlichen Fluglärm "betroffen" seien, gibt für eine (Funktions-)Beeinträchtigung einer bestimmten öffentlichen Einrichtung gerade durch nächtlichen Fluglärm nichts her. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf eine von ihr betriebene Asylbewerberunterkunft sowie auf ein Obdachlosenwohnheim. Selbst wenn man insoweit eine Funktionsbeeinträchtigung unterstellt, reicht diese angesichts der erforderlichen Erheblichkeit für die Annahme einer Verletzung der Selbstverwaltungsautonomie der Klägerin nicht aus. Im Übrigen hat die Klägerin bezüglich der genannten Einrichtungen keine bestimmte Funktionsbeeinträchtigung dargetan noch ist eine solche erkennbar. Soweit die Klägerin auf einigen ihrer Grundstücke (normale) Wohnungen vermietet, ist nicht ersichtlich, dass es sich um öffentliche Einrichtungen handelt.
823. Die Klägerin kann ihre Ansprüche auf Betriebsbeschränkungen gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen (1) bis (5) ferner nicht auf § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW stützen. Die Vorschrift begründet keinen Anspruch auf aktive Lärmschutzmaßnahmen in Form von Flugbetriebsregelungen.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, a. a. O., S. 274.
84Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Juni 2004 - 12 A 1118/01, 12 A 1521/01 -. Das genannte Gericht stellt in seiner Entscheidung (Rn. 76 nach juris) ausdrücklich fest, dass sich ein Antrag auf Einschränkung des Flugbetriebs nicht auf § 75 Abs. 2 Satz 2 HVwVfG (inhaltsgleich mit § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW) stützen lässt, und begründet dies sinngemäß damit, dass eine solche Einschränkung keine Ergänzung des Plans darstellt, sondern einen Teilwiderruf bedeutet. Diese Auffassung erweist sich auch mit Blick auf § 75 Abs. 2 Satz 1 HVwVfG/VwVfG NRW als zutreffend. Denn Einschränkungen des Flugbetriebs stellen sich - wie oben bereits ausgeführt - als Unterlassung der Anlagenbenutzung dar, die nach der zuletzt genannten Norm gerade nicht beansprucht werden kann. Soweit in der zuvor genannten Entscheidung an der angegebenen Stelle ferner aktive Schallschutzmaßnahmen in Gestalt etwa von Schallschutzwänden als Schutzvorkehrungen im Sinne des § 75 Abs. 2 Satz 2 HVwVfG angesehen werden, widerspricht das den vorstehenden Ausführungen nicht, weil § 75 Abs. 2 Satz 1 HVwVfG/VwVfG NRW nicht tangiert ist, wenn und soweit aktive Schallschutzmaßnahmen wie die angesprochenen Schallschutzwände an Straßen die Benutzung der Anlage nicht hindern.
854. Unabhängig von der nach den vorstehenden Ausführungen bestehenden Duldungspflicht kann die Klägerin einen Anspruch auf Anordnung von Maßnahmen gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen (1) bis (5) weiterhin nicht auf § 29 Abs. 1, § 29b LuftVG stützen, auch wenn diese Vorschriften, soweit es im weiteren Sinne um Schutz vor Fluglärm geht, vom Grundsatz her drittschützend sind.
86Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 -, BVerwGE 121, 152 (164 f.).
87Dies allein vermittelt der Klägerin jedoch noch keinen Anspruch auf Einschreiten entsprechend den hier gestellten Anträgen. Eine Ermächtigungsgrundlage, aufgrund derer der Beklagte einschreiten, insbesondere in Rechte Dritter - hier der Beigeladenen - eingreifen könnte, stellt § 29b Abs. 2 LuftVG bereits angesichts des Wortlauts dieser Vorschrift nicht dar. Entsprechendes gilt für § 29b Abs. 1 LuftVG, der sich nicht an die Luftfahrtbehörden wendet. Auch § 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG stellt keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage dar, die es erlaubt, aus den dort genannten Gründen Maßnahmen zu treffen. Die Vorschrift ist durch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl. I S. 282) in das Luftverkehrsgesetz eingefügt worden. Nach den Gesetzesmaterialien soll mit ihr (lediglich) sichergestellt werden, dass "bei Maßnahmen des Immissionsschutzes der hierfür zuständige Landesminister beteiligt wird".
88Vgl. BT-Drucks. VI/1377, S. 4.
89Das entspricht dem Umstand, dass § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG eine umfassende Ermächtigung zu Verfügungen in Ausübung der Luftaufsicht enthält und schließt es aus, in § 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG eine (weitere) eigenständige Ermächtigungsgrundlage zu sehen, die es erlaubt, aus Lärmschutzgründen Maßnahmen zu treffen.
90Unklar insoweit BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 -, a. a. O., S. 165.
91Vielmehr geht die Vorschrift davon aus oder setzt voraus, dass nach anderen Vorschriften Maßnahmen zum Lärmschutz getroffen werden können. Insoweit kommt hier jedoch nur § 29 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 LuftVG in Betracht. Voraussetzung für ein Einschreiten auf der Grundlage dieser Vorschrift ist allerdings das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Dementsprechend kommt ein Einschreiten zugunsten und im Sinne der klägerischen Begehren nicht in Betracht, weil sich die Klägerin mangels drittschützender Wirkung nicht auf eine Gefahr für die öffentliche Ordnung berufen kann. Im Hinblick auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit fehlt es an einer eine solche Gefahr begründenden Verletzung von (Individiual-)Rechtsgütern der Klägerin. Ihre insoweit allein in Betracht kommende Selbstverwaltungsautonomie ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht verletzt.
92Unabhängig davon können Maßnahmen, die eine teilweise Aufhebung der Betriebsgenehmigung erfordern, wie es hier nach den vorstehenden Ausführungen der Fall ist, nicht allein auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 LuftVG getroffen werden.
93Vgl. in diesem Sinne Nds. OVG, Urteil vom 9. Juni 1997 - 12 K 325/96 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 11 B 37.97 -, NVwZ 1998, 850; siehe auch OVG Berlin, Urteil vom 2. Mai 1996 - 2 A 5.92 -, DVBl. 1997, 73, sowie Wysk, Ausgewählte Probleme zum Rechtsschutz gegen Fluglärm, Teil I, ZLW 1998, 18 (26 f.), m. w. N.
945. Wiederum unabhängig von der bestehenden Duldungspflicht begründet auch Nr. 11 der geltenden, mit dem Bescheid des Beklagten vom 26. August 1997 verfügten und mit dem Bescheid vom 7. Februar 2008 verlängerten Nachtflugregelungen, insbesondere deren Absatz 2 Satz 2, keinen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf ein Einschreiten gemäß ihrem Hauptantrag oder den Hilfsanträgen (1) bis (5).
95Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die mit dem Bescheid vom 26. August 1997 im Wesentlichen unter den Nrn. 1 bis 6, 8 und 9 verfügten Nachtflugbeschränkungen und darüber hinaus auch die Nr. 11 dem Schutz der Flughafenanwohner vor Fluglärm dienen und eine Reduzierung der Lärmbelastung bewirken sollen. Auch kann unterstellt werden, dass aufgrund des Hinweises in dem Bescheid vom 26. August 1997 auf die Umgebung des Verkehrsflughafens L. /C. ein hinreichend abgegrenzter Personenkreis bezeichnet wird, der von den Beschränkungen profitieren soll. Dies reicht jedoch nicht aus, um insbesondere Nr. 11 Abs. 2 Satz 2 bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen - keine signifikante Verminderung des Nachtfluglärms - als Anspruchsgrundlage anzusehen, die einzelnen lärmbetroffenen Anwohnern und Kommunen ein Recht einräumt, von dem Beklagten ein Einschreiten gegen die Beigeladene oder zumindest die ermessensfehlerfreie Bescheidung eines entsprechenden Antrags zu verlangen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
96Der Beklagte hat die zuvor genannten Beschränkungen mit dem Bescheid vom 26. August 1997 ungeachtet der späteren Veröffentlichung des Inhalts des Bescheids (vgl. MBl. NRW. 1997, S. 1125) allein gegenüber der Beigeladenen verfügt. Der Bescheid zielt auf eine (rechtserhebliche) Belastung der Beigeladenen ab, weil sich die verfügten Beschränkungen als teilweise (befristete) Aufhebung (Widerruf) der ursprünglichen Genehmigungen darstellen und sich daraus für die Beigeladene gegenüber dem ursprünglich unbeschränkt zugelassenen Nachtflugverkehr/-betrieb deutliche Einschränkungen ergeben, insbesondere die Start- und Landebahnen in bestimmten Zeiten - in Abhängigkeit von dem jeweiligen Luftfahrzeug - nicht mehr benutzt werden dürfen. Allein im Hinblick auf die verfügten Beschränkungen hat sich der Beklagte mit Nr. 11 Abs. 2 selbst eine die Wirksamkeit der Beschränkungen betreffende Überprüfungspflicht (Satz 1) und gegebenenfalls eine Handlungspflicht (Satz 2) auferlegt. Dabei ergibt sich aus der Erwähnung des Vertrauensschutzes in Nr. 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, dass die Überprüfungs- und Handlungspflicht ausschließlich im Verhältnis zur Beigeladenen angeordnet oder begründet werden sollte, weil die konkret angesprochenen Vertrauensschutzgesichtspunkte nur in diesem Verhältnis eine Rolle spielen, nicht jedoch die Flughafenanwohner betreffen. Schließlich hat im Rahmen des zu dem Bescheid vom 26. August 1997 führenden Verwaltungsverfahrens keine Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden und es ist auch nicht ersichtlich, dass eine solche unter Einbeziehung der Flughafenanlieger (Anwohner und Kommunen) hätte durchgeführt werden müssen. Diese Umstände stehen auch in Ansehung des politischen Hintergrunds und der Schutzrichtung der Beschränkungen der Annahme entgegen, mit Nr. 11 Abs. 2 Satz 2 habe jedem einzelnen lärmbetroffenen Flughafenanwohner und den fluglärmbetroffenen Gemeinden ein - gegebenenfalls klageweise durchsetzbares - subjektives Recht eingeräumt werden sollen, aufgrund dessen von dem Beklagten - bei Vorliegen der zuvor genannten Voraussetzungen - verlangt werden kann, gegen die Beigeladene einzuschreiten. Der Hinweis auf § 29b (Abs. 2) LuftVG hilft der Klägerin in diesem Zusammenhang nicht weiter, weil auch diese Vorschrift nach den vorstehenden Ausführungen keine Anspruchsqualität zu ihren Gunsten hat.
976. Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch darauf, dass die von ihr mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen (1) bis (5) begehrten nächtlichen Betriebsbeschränkungen mittels und im Rahmen eines Genehmigungsänderungsverfahrens gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, das eine nach planungsrechtlichen Grundsätzen zu treffende Abwägungsentscheidung bedingte, angeordnet werden.
98Dies scheitert bereits daran, dass ein Vorgehen des Beklagten auf der Grundlage der genannten Vorschrift einen Antrag der Beigeladenen voraussetzt, der hier aber fehlt. Selbst wenn insoweit auch der von der Beigeladenen im August 2007 gestellte Antrag auf Verlängerung der mit dem Bescheid vom 26. August 1997 angeordneten Nachtflugbeschränkungen zu berücksichtigen wäre, ergäbe sich daraus kein anderes Ergebnis, weil sich der Beklagte bei einer Entscheidung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG im Rahmen des Beantragten zu halten hätte (und auch gehalten hat). Die hier nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen (1) bis (5) streitgegenständlichen Maßnahmen (Betriebsbeschränkungen) gehen jedoch über diejenigen hinaus, welche die Beigeladene im August 2007 beantragt hatte.
99Unabhängig davon liegt keine wesentliche Änderung oder Erweiterung des Betriebs im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG vor, die ein Genehmigungsänderungsverfahren und eine Abwägungsentscheidung eröffnen könnte. Ausgehend von der durch den bestandskräftigen Bescheid vom 26. August 1997 geschaffenen Genehmigungslage macht selbst die Klägerin nicht substantiiert geltend, dass es danach zu einer wesentlichen Änderung oder Erweiterung des Betriebs oder zumindest einer wesentlichen Steigerung des Fluglärms gekommen ist. Selbst wenn auf die ursprünglichen Genehmigungen vom 3. Januar 1959 und 16. März 1961 abgestellt würde, läge in der Zunahme des Nachtflugverkehrs in den Jahren danach kein Umstand, der auf eine nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG genehmigungspflichtige Betriebserweiterung führt.
100Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 - 11 C 1.97 -, a. a. O.; siehe ferner Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 -, BVerwGE 127, 208 (Rn. 45).
101Ob der Beklagte anlässlich der seit 1972 vorgenommenen Beschränkungen der ursprünglichen Betriebsgenehmigungen jeweils gehalten war, nach planungsrechtlichen Grundsätzen unter umfassender Berücksichtigung der Interessen Lärmbetroffener zu entscheiden, ist für die vorliegend zu treffende Entscheidung irrelevant, weil die Entscheidungen des Beklagten bestandskräftig sind und jedenfalls der von der Klägerin bei dem Beklagten gestellte, auf ein Einschreiten gegenüber der Beigeladenen gerichtete Antrag kein Verfahren eröffnet, in dem nach planungsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden ist.
102B. Die Hilfsanträge (6) bis (8) sind bereits unzulässig. Zudem wären sie auch unbegründet.
103I. Dem Hilfsantrag (6), dessen Begehren in dem Antrag der Klägerin vom 21. Dezember 2007 anklingt, fehlt die für eine Zulässigkeit erforderliche hinreichende Bestimmtheit. Es ist nicht erkennbar, was die Klägerin unter (bestimmten) Lärmkontingenten versteht. Ihr zuvor genannter Antrag verhält sich dazu ebenso wenig wie die Klagebegründung vom 16. Februar 2009. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Hilfsanträge (6) bis (8) erkennbar darauf ausgerichtet sind, eine Verminderung der nächtlichen Fluglärmbelastung im Verhältnis zur derzeitigen Situation zu erreichen. Abgesehen davon, dass dies auf sämtliche ihrer Anträge zutrifft, gibt das nichts her, was zur Konkretisierung hinsichtlich der mit dem Hilfsantrag (6) beantragten bestimmten Lärmkontingente beitragen könnte.
104Allein aus dem Begriff "Lärmkontingent" selbst lässt sich ebenfalls kein hinreichend konkreter Inhalt ableiten. Dieser Begriff ist zudem in der bisherigen Rechtsprechung nicht in einem einheitlichen Sinne verwendet oder verstanden worden. In der Bauleitplanung sind damit teilweise flächenbezogene Schallleistungspegel, ausgedrückt in dB(A)/m2 als Ober-/Höchstgrenze, gemeint.
105Vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24. März 2005 - 8 S 595/04 -, BauR 2005, 1743, und OVG Rh.-Pf., Urteil vom 8. Juni 2011 - 1 C 11199/10 -, juris.
106In mehreren den Flughafen Düsseldorf betreffenden Verfahren ist eine Genehmigung (MBl. NRW. 1998, S. 912), mit der unter anderem bestimmte äquivalente Dauerschallpegel als Ober- oder Höchstgrenzen festgeschrieben wurden, als "Lärmkontingent-Genehmigung" bezeichnet worden.
107Vgl. unter anderem OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2004 - 20 D 135/00.AK -, juris; ähnlich VG München, Urteil vom 23. Oktober 2009 - M 24 K 08.4952 -, juris, das einen als Ober-/Höchstgrenze bestimmten äquivalenten Dauerschallpegel als Lärmkontingent bezeichnet.
108In der Nachtflugregelung für den Flughafen München II ist als Lärmkontingent ein maximales Lärmvolumen, bezeichnet als "Neq", für die Durchschnittsnacht eines Kalenderjahres festgesetzt worden.
109Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 28. September 2006 - 8 A 05.40032 u. a. -, UPR 2007, 237.
110Forderungen lärmbetroffener Anwohner des Flughafens Frankfurt am Main nach einem "Gesamtlärmkontingent" sind dahingehend verstanden worden, es solle eine Höchstgrenze für eine Gesamtlärmbelastung festgeschrieben werden, die in Form eines Indexes die Zahl der Betroffenen und die Höhe der Betroffenheiten oder Vorbelastungen berücksichtigt.
111Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u. a. -, juris, Rn. 828 f.
112Wiederum in einem anderen, die An- und Abflüge zum und vom Flughafen Zürich betreffenden Verfahren ist ein Lärmkontingent als ein Lärmhöchstwert bezeichnet oder definiert worden, den der von sämtlichen, einen bestimmten Flughafen nutzenden Flugzeugen erzeugte Durchschnittslärm nicht überschreiten darf.
113Vgl. EuG, Urteil vom 9. September 2010 - T-319/05 -, ZLW 2010, 630.
114Angesichts dessen führt die Verwendung des Begriffs "Lärmkontingent" nicht auf eine hinreichend bestimmte Maßnahme, zumal die Klägerin den Begriff auch noch im Plural verwendet, anscheinend also lediglich ein durch oder über einen wie auch immer zu ermittelnden Lärmwert gekennzeichnetes Kontingent nicht für ausreichend erachtet. Zwar beschreibt oder konkretisiert die Klägerin selbst in ihrem Schriftsatz vom 9. September 2009 die mit ihrem Hilfsantrag (8) beantragten Lärmobergrenzen als Höchstwerte "für den nächtlichen Dauerschallpegel bzw. die Pegelspitzen". Auch dies gibt jedoch nichts Konkretes dafür her, was Gegenstand der darüber hinaus mit dem Hilfsantrag (6) beantragten (bestimmten) Lärmkontingente sein soll, zumal nach den zuvor zitierten Beispielen aus der Rechtsprechung die Begrenzung des Fluglärms durch die Festsetzung von (nächtlichen) Dauerschallpegeln als Lärmkontingent angesehen oder verstanden wurde. Es hilft der Klägerin in diesem Zusammenhang auch nicht weiter, wenn die Entscheidungen über die Hilfsanträge im Ermessen des Beklagten stünden und dementsprechend mit einem Spielraum verbunden wären. Eine Ermessensausübung wäre gar nicht möglich, weil der Beklagte gegebenenfalls - ebenso wenig wie das Gericht - erkennen könnte, was er entsprechend dem Hilfsantrag (6) gegenüber der Beigeladenen verfügen sollte.
115II. Hinsichtlich der Hilfsanträge (7) und (8) fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Klägerin mit den in diesen beiden Anträgen bezeichneten Begehren nicht zuvor an den Beklagten gewandt hat.
116Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 27. April 2010 - 12 A 1.09 -, juris, Rn. 39 ff., m. w. N.
117Maßnahmen der in den Hilfsanträgen (7) und (8) bezeichneten Art waren nicht Gegenstand ihres Antrags vom 21. Dezember 2007. Auch aus der Begründung dieses Antrags ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr insgesamt auf die Anordnung im weiteren Sinne aktiver Lärmschutzmaßnahmen gerichtetes Begehren auch auf Maßnahmen der mit den Hilfsanträgen (7) und (8) bezeichneten Art abzielte.
118III. Im Übrigen wären die Hilfsanträge (6) bis (8) auch unbegründet. Nach den Ausführungen zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen (1) bis (5), auf die Bezug genommen wird und die auch hinsichtlich der Hilfsanträge (6) bis (8) Geltung beanspruchen können, fehlt es insoweit ebenfalls an einer (durchsetzbaren) Anspruchsgrundlage, auf welche die Klägerin ihre mit den Hilfsanträgen (6) bis (8) geltend gemachten Begehren stützen könnte.
119Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
120Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.