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§ 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG verlangt nicht, dass die Prüfung, ob die geltend gemachten Beschwerden auf den Dienstunfall zurückzuführen sind, zwingend zu einer Anerkennungsentscheidung mit eigenständigem Regelungsgehalt führen muss und dass insoweit eine inzidente Entscheidung nicht ausreicht.
Die Gegenvorstellung wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
2Die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat keinen Erfolg.
3Der Senat kann offen lassen, ob und ggf. inwieweit für die ausdrücklich erhobene Gegenvorstellung nach Einführung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO und § 69a GKG durch Art. 8 und 11 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl. S. 3220) für den Fall der Beanstandung des Streitwerts überhaupt noch statthaft und damit zulässig ist.
4Vgl. hierzu die umfangreiche Darstellung des Meinungstandes in: Hessischer VGH, Beschluss vom 20. März 2009 – 6 A 2226/08 –, NJW 2009, 2761 = juris, Rn. 4 ff.; ferner vgl. etwa Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2011, § 152a Rn. 2, m.w.N.
5Denn die Gegenvorstellung ist jedenfalls unbegründet. Die Abänderung eines – wie hier – unanfechtbaren gerichtlichen Beschlusses kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Entscheidung grob fehlerhaft und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint.
6Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Juli 2012 – 9 E 58/12 – und vom 28. August 2012 – 12 E 1264/11 –, jeweils n.v.; zum Rechtszustand vor Einführung der Anhörungsrüge vgl. – gerade bezogen auf Beschlüsse, mit denen das Beschwerdegericht auf die Streitwertbeschwerde hin über den Streitwert förmlich entschieden hat – etwa Bayerischer VGH, Beschluss vom 16. März 2001 – 22 C 01.97 –, juris.
7Gemessen an diesen Anforderungen geben die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten keinen Anlass zu einer Abänderung des Senatsbeschlusses vom 20. Dezember 2012.
8Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten machen geltend, der Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2012 sei "im Ergebnis und in der Begründung unzutreffend", und behaupten damit schon selbst nicht eine grobe Fehlerhaftigkeit des Beschlusses im vorgenannten Sinne. Unabhängig davon führt die von ihnen insoweit gegebene Begründung nicht auf ein solches Ergebnis, sondern überzeugt der Sache nach nicht.
9Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten wenden sich gegen die Ausführungen des Senats zum Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide und behaupten, diese hätten – "wie § 45 Abs. 3 S. 2 BeamtVG dies vorsieht" – u.a. auch die Feststellung der gesundheitlichen Folgen des Unfalls geregelt. Diese Behauptung begründen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten lediglich damit, dass der Widerspruchsbescheid auf seiner Seite 2 den "Regelungsgehalt des Ausgangsbescheides (zutreffend)" wiedergebe; dort heiße es u.a., dass als Unfallfolge eine Distorsion des linken Kniegelenks mit einer Behandlungsbedürftigkeit und Dienstunfähigkeit bis 10. Mai 2008 anerkannt worden sei und dass die Anerkennung der ab dem 11.05.2008 geltend gemachten Beschwerden als Folge des Dienstunfalls mit der Begründung (sic !) abgelehnt worden sei, der Meniskusriss sei nicht als Unfallfolge zu werten. Dies greift erheblich zu kurz. Zum einen ist daran zu erinnern, dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag, der für die Bestimmung des Streitgegenstandes maßgeblich ist, ausweislich des darin formulierten Verpflichtungsbegehrens allein auf die Verpflichtung der Beklagten auf Gewährung von Unfallausgleich gerichtet gewesen ist, nicht aber zusätzlich auf eine – vom Gesetz nicht als gesonderte Verwaltungsentscheidung vorgesehene – Anerkennung der behaupteten Unfallfolge. Zum anderen setzen sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht einmal ansatzweise mit der eingehenden Argumentation im Senatsbeschluss zur Frage des Regelungsgehaltes der angefochtenen Bescheide auseinander, nach welcher sich u.a. ergibt, dass die nun mit der Gegenvorstellung zitierte Passage des Widerspruchsbescheides ein bloßes Begründungselement des Ausgangsbescheides ohne eigenen Regelungsgehalt wiedergibt.
10Ferner halten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die auf den Feststellungen des Senats zum Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide "aufbauende Auslegung des Prozessverhaltens des Klägers" für falsch. Greifen indes die Einwände gegen die genannten Feststellungen ersichtlich nicht durch, so sind diese Einwände auch für die Frage der Würdigung des Prozessverhaltens des Klägers ohne Bedeutung. Dass die in der Gegenvorstellung hervorgehobenen Äußerungen des Klägers im Schriftsatz vom 30. April 2010 nicht als Ankündigung einer – dann im Übrigen nicht ins Werk gesetzten – Antragserweiterung gesehen werden können, hat der Senat in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2012 näher begründet; mit dieser Begründung setzt sich die Gegenvorstellung nicht auseinander. Weshalb es "der allgemeinen Lebenserfahrung und der Logik" entsprechen soll, dass ein Unfallausgleich begehrender Kläger zugleich die Verpflichtung des Dienstherrn zur Anerkennung der geklagten Gesundheitsschäden als Unfallfolge anstrebe, erschließt sich mit Blick auf die klare Gesetzeslage nicht. Insoweit ist erneut auf § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG hinzuweisen. Diese Vorschrift verlangt tatbestandlich, soweit hier von Interesse, dass "der Verletzte infolge des Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt" (Hervorhebung durch den Senat) ist. Aus diesem Gesetzeswortlaut ergibt sich nicht einmal ansatzweise, dass die nach dieser Vorschrift allerdings als Zwischenschritt erforderliche Prüfung, ob die geklagten Beschwerden auf den Dienstunfall zurückzuführen sind, zwingend zu einer ggf. einzuklagenden Anerkennungsentscheidung mit eigenständigem Regelungsgehalt führen muss und dass insoweit eine inzidente Entscheidung nicht hinreicht. Abweichendes folgt auch ersichtlich nicht aus der Senatsrechtsprechung. In dem von der Gegenvorstellung auszugsweise zitierten Senatsurteil vom 19. Februar 2010 – 1 A 15/08 –, n.v., ging es an der maßgeblichen Stelle (UA S. 17 f.) darum, dass das Rechtsschutzinteresse für einen auf die Anerkennung bestimmter Beschwerden als Folgen eines Dienstunfalls beschränkten Klageantrag (insbesondere in einer Fallkonstellation wie der dortigen) nicht dadurch entfällt, dass die damit angesprochene Kausalitätsfrage zugleich eine "Vorfrage" im Sinne einer tatbestandlichen Voraussetzung für den Anspruch auf bestimmte Unfallfürsorgeleistungen wie etwa Unfallausgleich ist, die ggf. auch sogleich unmittelbar eingeklagt werden könnten. Hiermit ist nur zum Ausdruck gebracht, dass ein solcher Klageantrag u.U. zulässigerweise (allein) gestellt werden kann, nicht aber auch, dass er bei einer schon auf Unfallausgleich abzielenden Klage auch gestellt werden muss; aus Ziffer 10.8 des Streitwertkatalogs 2004 ergibt sich ersichtlich nichts anderes ("Anerkennung eines Dienstunfalls: Wert der erstrebten Unfallfürsorge, ggf. zuzüglich des Wertes nach 10.4").
11Schon vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen sowie der weiteren Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2012 muss es bei der Bewertung des Senats verbleiben, dass die zwischenzeitlichen Äußerungen des Klägers mit Schriftsatz vom 30. April 2012 ersichtlich durch die – offenbar interessengeleiteten – Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zum angeblichen Inhalt des Klagebegehrens (Schriftsatz vom 15. März 2010, Seite 1) verursacht worden waren. Zwar trifft es zu, dass der Beklagten grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen ist, dass der Streitgegenstand eines Klageverfahrens so früh wie möglich in der gebotenen Klarheit feststeht. Im konkreten Fall konnte aber von einer Unklarheit des Klagebegehrens zu jenem Zeitpunkt des Verfahrens nicht die Rede sein. Denn der angekündigte Antrag war allein auf die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich gerichtet, und auch die angefochtenen Bescheide legten nach zutreffendem Verständnis nichts anderes auch nur nahe. Abgesehen davon hätte es – das seinerzeitige Bestehen von Unklarheiten unterstellt – ausgereicht, mit dem Schriftsatz vom 15. März 2010 hierauf hinzuweisen und das Gericht zu bitten, auf (klarstellende) Ausführungen des Klägers hinzuwirken. Nicht erforderlich war es in der unterstellten Situation hingegen, eine "verständige" (tatsächlich aber am formulierten Klageantrag deutlich vorbeigehende) Würdigung des Klagebegehrens selbst vorzunehmen. Dieses aber gezeigte Verhalten lag auch nicht notwendigerweise im Interesse der Beklagten, weil es auf das Hinzufügen eines weiteren Streitgegenstandes abzielte und insofern – bei einem Erfolg der Klage – zu einer erhöhten Kostenbelastung der Beklagten geführt hätte.
12Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.