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Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 25.733,50 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist nicht wie begehrt nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und/oder 5 VwGO zuzulassen. Denn die betreffenden Zulassungsgründe liegen auf der Grundlage der fristgerechten Darlegungen zur Begründung des Antrags nicht vor bzw. sind (zum Teil) schon nicht hinreichend dargelegt.
41.
5Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen in Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
6Dies hat der Senat auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens zu beurteilen. Denn der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
7Vgl. etwa den Senatsbeschluss vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f. = NRWE, Rn. 17 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 186, 194.
8Hiervon ausgehend weckt der Inhalt der Antragsbegründung des Klägers keine ernstlichen Richtigkeitszweifel in dem oben genannten Sinne.
9Der Kläger wendet gegen das Urteil zunächst ein, das Verwaltungsgericht habe die Auswirkungen, die sich aus § 82 Satz 3 SGB IX ergäben, nicht hinreichend beachtet. Die Vorschrift gebe die Ladung eines schwerbehinderten Stellenbewerbers zu einem Vorstellungsgespräch bindend vor, wenn es – wie in seinem Fall – an der fachlichen Eignung nicht offensichtlich fehle. Diese Regelung würde keinen Sinn ergeben, wenn sie unbeschadet der Erfüllung des Anforderungsprofils durch den schwerbehinderten Bewerber mit Blick auf eine bessere aktuelle dienstliche Beurteilung eines Mitbewerbers unterlaufen werden könnte. Das gelte namentlich in dem hier einschlägigen Fall einer freigestellten Gesamtvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen, deren zugrunde gelegte Qualifikation nur auf einer Fortschreibung (Nachzeichnung) und keinem aktuellen Leistungsvergleich beruhe.
10Dieses Vorbringen stellt die tragende Begründung des angefochtenen Urteils nicht in einer Weise in Frage, die eine nähere rechtliche Überprüfung in einem Berufungsverfahren erfordern würde. Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, welches seinerseits an den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 8. Juni 2009 – 1 B 177/09 – anknüpft, ergibt sich aus § 82 Satz 3 SGB IX kein von den Grundsätzen der Bestenauslese abweichender Auswahlmaßstab im Verhältnis zwischen behinderten und nicht behinderten Bewerbern. Damit sei durch diese Vorschrift aber auch nicht gesetzlich vorgegeben, dass dem Vorstellungs- bzw. Auswahlgespräch aus Gründen des Schwerbehindertenschutzes ein für den Qualifikationsvergleich maßgebliches (nicht nur abrundendes) Gewicht auch in solchen Fällen zukommen müsste, in denen es bereits nach den vorliegenden dienstlichen Beurteilungen bzw. Nachzeichnungen zwischen Bewerbern einen beachtlichen Qualifikationsunterschied gebe.
11Das Zulassungsvorbringen enthält keine gewichtigen Argumente, welche ernstliche Richtigkeitszweifel an dieser Auffassung begründen könnten. Es überspannt vielmehr den Gewährleistungsgehalt des § 82 Satz 3 SGB IX. Dieser bezieht sich nach der Systematik wie auch dem sachlichen Zusammenhang eindeutig auf den vorangehenden Satz 2 und damit (allein) auf die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Dieser Verpflichtung als solchen ist die Beklagte hier unstreitig nachgekommen. Dabei wurde entgegen der Auffassung des Klägers auch der Sinn bzw. die Zielsetzung des Vorstellungsgesprächs (der hier in Rede stehenden Art) nicht verfehlt.
12Mit dem Anspruch darauf, von dem öffentlichen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, sollen schwerbehinderte Bewerber unabhängig von der Gestaltung und dem Ablauf des konkreten Stellenbesetzungsverfahrens die Gelegenheit erhalten, den öffentlichen Arbeitgeber in dem betreffenden Vorstellungsgespräch von ihrer Leistungsfähigkeit und Eignung zu überzeugen. Der Arbeitgeber soll sich über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus einen persönlichen Eindruck von schwerbehinderten Bewerbern, ihrem Auftreten und ihrer Leistungsfähigkeit verschaffen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers stellt das Vorstellungsgespräch (insoweit) ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen und Hilfskriterien zugunsten schwerbehinderter Bewerber stärker zur Geltung zu bringen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 2 A 13.10 –, RiA 2012, 84 = juris, Rn. 16; siehe auch Urteil vom 3. März 2011 – 5 C 16.10 –, BVerwGE 139, 135 = NJW 2011, 2452 = DÖD 2011, 252 = juris, Rn. 18.
14Demzufolge geht es nicht darum, schwerbehinderten Bewerbern gegenüber sonstigen Bewerbern Vorteile solcher Art einzuräumen, welche mit dem in Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Bestenausleseprinzip nicht vereinbar wären. Daraus folgt, dass die aus einer bloßen "Momentaufnahme" – wie dem aus dem Vorstellungs-/Auswahlgespräch gewonnenen persönlichen Eindruck – herrührenden Erkenntnisse über leistungs- und eignungsrelevante Umstände auch aus Gründen des Schwerbehindertenschutzes nicht das prinzipiell vorrangige Gewicht etwa vorhandener beachtlicher Unterschiede bei den Ergebnissen dienstlicher Beurteilungen (als Grundlage längerfristiger Leistungs- und Eignungsfeststellungen) unterlaufen oder sogar in ihr Gegenteil verkehren dürfen. Dem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX kann insofern lediglich eine die vorhandene Beurteilungssituation abrundende Bedeutung zukommen.
15Sind dabei (zum Teil) von ihrer Dienstleistung freigestellte Bewerber in den Qualifikationsvergleich einzubeziehen, so kann – in Ermangelung einer anderen geeigneten, einer dienstlichen Beurteilung in gewisser Weise vergleichbaren und nicht nur punktuellen Erkenntnisquelle – auch auf das Mittel der Nachzeichnung nicht allein zugunsten des Eindrucks aus dem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX verzichtet werden.
16Dies zugrunde gelegt, vermag das Antragsvorbringen auch nicht die weitere Begründung in dem angefochtenen Urteil zu entkräften, auf den Inhalt des vom Kläger benannten Leitungsgesprächs zwischen L 2 und dem Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats, welches die inhaltliche Ausgestaltung des Auswahlgespräches betroffen habe, komme es nicht an. Davon abgesehen drängt es sich auf der Grundlage des von der Beklagten in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Auswahlvermerks, welcher sich nicht nur pauschal auch zum Inhalt und Verlauf der Auswahlgespräche verhält, zumindest nicht auf, dass hier gegen die behauptete Absprache (nur Fachfragen allgemeiner Art) verstoßen worden wäre.
17Entsprechendes gilt schließlich für den Einwand des Klägers, die bisher ergangenen gerichtlichen Entscheidungen im Eilverfahren und Klageverfahren hätten seine Rügen betreffend die fehlende Beachtung des Gebotes der Fairness bei der Auswahl der Fragen für das Gespräch nicht hinreichend gewürdigt. Denn auch darauf kommt es nach dem Vorstehenden für die hier interessierende Frage, ob die Auswahl des Mitbewerbers C. den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers (im Ergebnis) verletzt hat, nicht mehr entscheidend an. Das gilt auch unter Mitberücksichtigung des oben angesprochenen schwerbehindertenrechtlichen Schutzziels des Vorstellungsgesprächs nach § 82 Satz 2 i.V.m. Satz 3 SGB IX. Denn es wurde mit dem Antragsvorbringen nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass dem Kläger im Rahmen des betreffenden Gesprächs insgesamt keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden wäre, der Beklagten einen persönlichen Eindruck von seiner Eignung und Leistungsfähigkeit zu vermitteln. Dabei sind auch unter dem Gesichtspunkt des Fairnessgebots keine für den Kläger nachteiligen Rahmenbedingungen dargetan worden, die eine Benachteiligung gerade mit Blick auf seine Eigenschaft als Schwerbehinderter bzw. als freigestellte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen nahelegen könnten.
18Vgl. auch Senatsbeschluss vom 8. Juni 2009 – 1 B 177/09 – (im zugehörigen Eilverfahren).
192.
20Die Berufung kann ferner nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Es fehlt insoweit an einer ausreichenden Darlegung der vom Kläger angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Denn dieser hat mit dem bloßen Hinweis auf die "Frage der Auswirkungen des § 82 Satz 3 SGB IX" keine hinreichend konkrete Rechtsfrage formuliert. Er hat darüber hinaus nicht substantiiert ausgeführt, warum er die von ihm angesprochene Frage für klärungsfähig und klärungsbedürftig erachtet.
213.
22Schließlich scheidet auch eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO aus. Der vom Kläger behauptete Verfahrensfehler liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil ist nicht von einem Richter mit unterzeichnet worden, welcher an der zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hatte.
23Richter am Verwaltungsgericht C1. hat das Original des Urteils, auf das es in diesem Zusammenhang ankommt, entgegen der Annahme des Klägers nicht mit unterzeichnet. Das Original enthält an seiner Stelle vielmehr zutreffend die Unterschrift von Richter am Verwaltungsgericht N. . Das erschließt sich für den Senat aus einem Vergleich der betreffenden Unterschrift mit derjenigen, die Herr N. in dem Urteil vom 11. Dezember 2008 – 15 K 1283/07 – gleichen Rubrums abgegeben hat. Da die Unterschriften zweifelsfrei identisch sind, hat sich für den Senat eine Rückfrage beim Verwaltungsgericht Köln erübrigt. Die offensichtlich fehlerhafte Aufnahme des Richters am Verwaltungsgericht C1. als angeblicher Unterzeichner allein in die Ausfertigung bzw. Abschrift des Urteils, die den Beteiligten zugestellt worden ist, ist unschädlich und vermag nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu führen.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25Die Streitwertfestsetzung orientiert sich – hier entsprechend für ein Hauptsacheverfahren – an der neuen, beginnend mit dem 19. März 2012 zur Anwendung gelangenden Streitwertpraxis, welche die mit Beamtenstatussachen befassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (1. und 6. Senat) für solche beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren einvernehmlich begründet haben, die auf die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs durch die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Stelle(n) abzielen. Nach dieser Praxis bemisst sich der Streitwert in den genannten Verfahren nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, 47 Abs. 1 GKG, wobei der infolgedessen grundsätzlich anzusetzende 6,5fache Betrag des Endgrundgehalts des angestrebten Amtes zuzüglich ruhegehaltfähiger Zulagen im Hinblick auf den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur verfolgten Sicherungszweck (allein) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um die Hälfte, d.h. auf den 3,25fachen Betrag zu reduzieren ist.
26Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19. März 2012 – 6 E 1406/11 –, RiA 2012, 182 = DÖD 2012, 191 = juris und NRWE, und vom 27. März 2012 – 1 E 45/12 –, juris und NRWE.
27Für ein Hauptsacheverfahren, welches die Frage der Rechtswidrigkeit einer (die Beförderung des Klägers ermöglichenden) Stellenbesetzungsentscheidung betrifft, hat es demgegenüber bei dem 6,5fachen Betrag zu verbleiben. Dabei ist auch für eine Fortsetzungsfeststellungsklage, um die es hier geht, eine Reduzierung nicht angezeigt.
28Der 6,5fache Wert des im Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung (§ 40 GKG) erkennbar geltenden Endgrundgehalts des Amtes, welches mit dem Verfahren angestrebt wird, beläuft sich mit Blick auf die Bewertung der in Rede stehenden Stelle mit A 12 und das deshalb in die Berechnung einzustellende Endgrundgehalt von 3.959,00 Euro auf den festgesetzten Streitwert von 25.733,50 Euro.
29Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfecht-bar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.