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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung I. , Flur 9, Flurstücke 673 bis 676 (postalische Bezeichnung: H.--------straße 26, 37671 I. ). Auf den Flurstücken 673 und 674 befinden sich eine Werkhalle mit Bürotrakt und eine Betriebswohnung. Das Grundstück ist mit dem anfallenden Schmutzwasser an eine in der H.--------straße vorhandene Trennkanalisation angeschlossen. Das von den befestigten Flächen abfließende Niederschlagswasser leitet der Kläger in einen östlich des Grundstücks verlaufenden Graben. Einen Antrag auf Freistellung von der Pflicht zur Überlassung des vorgenannten Niederschlagswassers vom 25. März 2010, den die Beklagte mit Bescheid vom 18. August 2010 ablehnte, nahm der Kläger in dem gegen diese Ablehnung gerichteten, vor dem Verwaltungsgericht Minden geführten Klageverfahren (11 K 2423/20) zurück. Das Klageverfahren wurde mit Beschluss vom 6. Juli 2011 eingestellt. Mit Bescheid vom 13. Juli 2011 forderte die Beklagte den Kläger sodann unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, das auf den Dachflächen der Werkhalle anfallende Regenwasser über den vorhandenen Grundstücksanschluss in den Regenwasserkanal in der H.--------straße einzuleiten. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil ab.
3Der daraufhin vom Kläger gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Nach der Antragsbegründung bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -, I.) noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; II.) noch lässt sich ihre grundsätzliche Bedeutung erkennen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; III.). Der ferner angeführte – vermeintliche - Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; V.) rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung.
4Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind schon nicht entsprechend den sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ergebenden Anforderungen dargelegt. Nach zuletzt zitierter Vorschrift sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Das Erfordernis des "Darlegens" verlangt dabei mehr als die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes. Es ist vielmehr im Sinne von "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" zu verstehen. Deshalb bedarf es unter (ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter) Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund einer substantiierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen und aufbereitet wird. Das Zulassungsvorbringen muss das Vorliegen des geltend gemachten Zulassungsgrundes aus sich heraus, d.h. ohne weitere Ermittlungen seitens des Gerichts, erkennen lassen, wobei allerdings keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen.
5OVG NRW, Beschlüsse vom 25. September 2008 15 A 3231/07 und vom 28. August 2008 15 A 1702/07 -.
6I.) Nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird, wobei es zur Darlegung (§ 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO) dieses Berufungszulassungsgrundes ausreicht, wenn die Begründung einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2010 15 A 2914/09 -, vom 25. September 2008 15 A 3231/07 -, vom 9. September 2008 15 A 1791/07 und vom 28. August 2008 - 15 A 1702/07 .
8Für die Darlegung dieses Berufungszulassungsgrundes ist somit erforderlich, dass konkrete tatsächliche oder rechtliche Feststellungen im angefochtenen Urteil aus ebenso konkret dargelegten Gründen als (inhaltlich) ernstlich zweifelhaft dargestellt werden.
9Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2010 15 A 2914/09 - und vom 2. November 1999 15 A 4406/99 -.
10Davon ausgehend sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht ersichtlich.
111.) Das gilt zunächst hinsichtlich der Auffassung des Klägers, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der angegriffene Bescheid der Beklagten bereits wegen fehlender Anhörung formell rechtswidrig sei; die Annahme des Verwaltungsgerichts, im Schreiben vom 5. Mai 2010, welches den Antrag des Klägers auf Freistellung von der Niederschlagswasserüberlassungspflicht betraf, sei eine Anhörung zu sehen, überzeuge nicht (S. 2 bis 4 der Zulassungsbegründung). Aus den diesbezüglichen Darlegungen lässt sich das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ableiten.
12Dabei kann der Senat offen lassen, ob der Ansicht des Verwaltungsgerichts zur von ihm angenommenen Anhörung durch das o. g. Schreiben vom 5. Mai 2010 gefolgt werden kann. Denn jedenfalls wäre ein aus einer unmittelbar vor Erlass der jetzt streitigen Anschlussverfügung unterlassenen Anhörung u. U. resultierender Verfahrensfehler gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG. NRW. als im ersten Rechtszug geheilt anzusehen. Denn eine möglicherweise unterbliebene Anhörung wurde jedenfalls im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens nachgeholt. Im Einzelnen:
13Der Wortlaut in § 45 Abs. 2 VwVfG. NRW., wonach u. a. eine unterbliebene Anhörung bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann, lässt sowohl eine Heilung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens als auch eine solche im Gerichtsverfahren zu. Entscheidend ist, dass die nachgeholte Anhörung die ihr zukommende Funktion im Rahmen des behördlichen Entscheidungsprozesses erfüllen kann. Hierzu ist es nicht notwendig, dass der Betroffene während eines anhängigen Gerichtsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme auf der Ebene eines parallel geführten Verwaltungsverfahrens erhält. Die Heilung kann vielmehr auch in einem Austausch von Sachäußerungen in einem gerichtlichen Verfahren bestehen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Behörde den Vortrag des Betroffenen zum Anlass nimmt, ihre Entscheidung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und zu erwägen, ob sie unter Berücksichtigung der nunmehr vorgebrachten Tatsachen und rechtlichen Erwägungen an ihrer Entscheidung mit diesem konkreten Inhalt festhalten will und das Ergebnis der Überprüfung mitteilt.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2010 – 10 B 270/10; nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2002 – 1 MA 4216/01 -, BRS 65 Nr. 203; Hessischer VGH, Beschluss vom 20. Mai 1988 – 4 TH 3616/87 -, NVwZ-RR 1989, 113 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 26. Januar 2009 – 3 CS 09.46 -, juris; OVG S.-A., Beschluss vom 3. Mai 2005 – 4 M 37/05 -, juris;
15a. A.: Kopp/Schenke, VwVfG, § 45 Rn.27 und 42;Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rn. 86 ff.; Knack/Henneke, VwVfG, § 45 Rn. 29 f.
16Die vom Bundesverwaltungsgericht demgegenüber in den 80-er Jahren vertretene gegenteilige Auffassung, ein Anhörungsmangel könne nur außerhalb des gerichtlichen Verfahrens in einem Verwaltungsverfahren behoben werden,
17vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 3 C 27/82 -, NVwZ 1984, 577,
18betrifft die Altfassung der Bestimmung des § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes und die dieser Regelung angepassten Landesgesetze, wonach eine unterbliebene Anhörung nur bis zur Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage nachholbar war. Sie steht daher nicht im Widerspruch zu einer Heilungsmöglichkeit im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren nach § 45 Abs. 2 VwVfG. NRW. n. F.
19Bei der Festlegung der zeitlichen Grenze für die Heilung hat sich der Gesetzgeber maßgeblich davon leiten lassen, dass bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens eine unbefangene Überprüfung des nachträglichen Vorbringens des Betroffenen grundsätzlich noch gewährleistet ist. Dass den Belangen des Betroffenen nur auf der Ebene des Verwaltungsverfahrens in ausreichendem Maß Rechnung getragen werden kann, ist nicht ersichtlich. § 28 Abs. 1 VwVfG. NRW. schreibt keine Form der Anhörung und auch kein irgendwie geartetes Verfahren vor. Wenn die Anhörung daher sowohl schriftlich als auch mündlich oder unter Umständen fernmündlich erfolgen kann, ist kein Grund gegeben, warum der Austausch von Sachvorbringen in einem Gerichtsverfahren, sofern er den dargestellten Voraussetzungen genügt, nicht zur Heilung eines Anhörungsmangels nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 VwVfG. NRW. genügen soll.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2010 – 10 B 270/10 -, juris.
21Hier waren dem Kläger die entscheidungserheblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Verwaltungsakt, aber auch aus dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren bekannt. Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hat er Gelegenheit gehabt, sich zu diesen Tatsachen zu äußern und mit der Auffassung der Beklagten auseinanderzusetzen. Diese Gelegenheit hat der Kläger auch genutzt. Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2011 hat er seine Klage begründet; die Klagebegründung wurde der Beklagten zur Kenntnisnahme zugeleitet. In der mündlichen Verhandlung am 23. November 2011 hat er zur Begründung ergänzend vorgetragen. Mit den den Beteiligten bekannten Rechtsansichten des Klägers wurde zu dessen Begehren mündlich verhandelt; die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Vor diesem Hintergrund kann bei lebensnaher Würdigung davon ausgegangen werden, dass sich die Beklagte zumindest sachgedanklich mit den vorgetragenen Argumenten des Klägers auseinandergesetzt hat – hinsichtlich des vom Kläger gerügten Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG hat sie dies in der mündlichen Verhandlung sogar ausdrücklich getan. Trotz der vom Kläger vorgetragenen Argumente hat die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Dadurch hat sie zum Ausdruck gebracht, an dem angegriffenen Verwaltungsakt festhalten zu wollen. Darin lag zugleich das Ergebnis ihrer Überprüfung des Vorbringens des Klägers. Die Beklagte erfüllte damit das in der Anhörungspflicht enthaltene Gebot, Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen und – im Hinblick auf eine etwaige Änderung der getroffenen Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Belastbare Anhaltspunkte für das Gegenteil sind nicht ersichtlich. Solche wären gegebenenfalls dann anzunehmen gewesen, wenn die Beklagte bzw. ihre Amtswalter nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen wären bzw. dort nicht zur Sache verhandelt hätten. Dies war aber – wie dargelegt – der Fall.
22Sofern sich der Kläger im Zusammenhang mit dem gerügten Verfahrensfehler darauf beruft, dass er sich zur im angegriffenen Bescheid enthaltenen Vorgabe der Nutzung des vorhandenen Grundstücksanschlusses nicht habe äußern können, ist er dadurch schon deshalb nicht beschwert, weil für den insoweit behaupteten Verstoß gegen das Übermaßverbot schon im Ansatz nichts Belastbares erkennbar ist. Es ist in der Natur der Sache begründet, dass es der Beklagten als Betreiberin der öffentlichen Abwasseranlage obliegt, hinsichtlich der konkreten Herstellung des Grundstücksanschlusses die dafür erforderlichen technischen Parameter vorzugeben. Dies kann sie in der Verfügung selbst oder aber auch erst im Rahmen der Anschlussarbeiten tun.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2011 – 15 A 665/11 -, juris.
24Dem betroffenen Grundstückseigentümer bleibt es dabei unbenommen, die Verlegung mehrerer Anschlussleitungen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 der Entwässerungssatzung der Beklagten – EWS -) oder die Entwässerung mehrerer Grundstücke durch eine gemeinsame Anschlussleitung (§ 13 Abs. 7 Satz 1 EWS) zu beantragen. Diese Möglichkeiten stehen dem Kläger auch heute noch offen.
252.) Soweit der Kläger die angegriffene Entscheidung deshalb ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt sieht, weil sich der vorliegend streitige Anschluss- und Benutzungszwang auf keine Ermächtigungsgrundlage stützen lasse, rechtfertigt auch das diesbezügliche Vorbringen (S. 4 bis 6 der Zulassungsbegründung) nicht die Zulassung der Berufung.
26Für den in § 9 Abs. 5 Satz 1 EWS angeordneten Anschluss- und Benutzungszwang auch für Niederschlagswasser ist eine Ermächtigungsgrundlage gegeben. Zwar lässt er sich nicht auf § 9 Satz 1 GO NRW stützen, wonach die Gemeinden bei öffentlichem Bedürfnis einen Anschlusszwang an die Kanalisation und ähnliche der Volksgesundheit dienende Anlagen durch Satzung begründen können. Denn ein Anschluss- und Benutzungszwang in Bezug auf Niederschlagswasser kann nicht durch Erwägungen der Volksgesundheit gerechtfertigt werden.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2003 – 15 A 4751/01 -, NWVBl. 2003, 380.
28Der Senat hat in der vorzitierten Entscheidung aber bereits hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sich eine den kommunalen Anschluss- und Benutzungszwang auch für Niederschlagswasser regelnde Satzung dann auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage stützen ließe, wenn das Landeswassergesetz insoweit eine Überlassungspflicht vorsehen würde.
29Vgl. insoweit auch die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften LT-Drs. 13/6222, S. 103.
30Zwischenzeitlich ist infolge der Änderungen der §§ 51 ff. LWG mit der erstmals ausdrücklich geregelten Niederschlagswasserüberlassungspflicht (§ 53 Abs. 1c Satz 1 LWG) nunmehr die geforderte ausreichende Ermächtigung zur Regelung des Anschluss- und Benutzungszwangs auch für Niederschlagswasser seitens des Landesgesetzgebers geschaffen worden.
31Vgl. erst jüngst OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 15 A 1997/11 -.
32Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, § 53 Abs. 1c Satz 1 LWG sei wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG verfassungswidrig, weil es unverhältnismäßig sei, eine Überlassungspflicht für das gesamte Abwasser vorzusehen, ohne eine Differenzierung zwischen Schmutz- und Niederschlagswasser vorzunehmen, obwohl beide Abwasserarten einen unterschiedlichen Verschmutzungsgrad aufwiesen und hinsichtlich der Möglichkeit ihrer umweltverträglichen Beseitigung grundverschieden seien, rechtfertigt auch dieses Vorbringen keine andere Beurteilung. Die Vorschrift des § 53 Abs. 1c Satz 1 LWG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Kläger nimmt in diesem Zusammenhang insbesondere nicht in den Blick, dass § 53 Abs. 3a LWG die Möglichkeit von Ausnahmen von der Pflicht zur Überlassung des Niederschlagswassers an die Gemeinde vorsieht, womit den Unterschieden zwischen Schmutz- und Niederschlagswasser gesetzlich erkennbar Rechnung getragen wird.
333.) Ferner vermag die Annahme des Klägers, der in der Satzung der Beklagten angeordnete Anschluss- und Benutzungszwang verstoße mangels Befreiungsmöglichkeiten gegen Art. 14 GG (S. 6 f. der Zulassungsbegründung), keinen Zulassungsgrund i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.
34Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass die Entwässerungssatzung der Beklagten selbst ausdrücklich keine Möglichkeit zur Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der Inanspruchnahme der Regenwasserkanalisation vorsieht. Dies führt jedoch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 14 GG. Der Kläger übersieht schon, dass sich eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang mittelbar aus übergeordnetem Landesrecht ergeben kann. Wird nämlich eine Freistellung nach § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG oder ein Verzicht nach § 53 Abs. 3a Satz 2 LWG ausgesprochen, folgt daraus zwingend zugleich, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang für das Niederschlagswasser ausscheidet. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Klärung, ob u. U. eine weitere Befreiungsmöglichkeit aus einer entsprechenden Anwendung des § 10 Abs. 1 EWS auf Niederschlagswasser folgen könnte.
354.) Im Weiteren führt der Kläger aus (S. 7 f. der Zulassungsbegründung):
36a) Das Verwaltungsgericht verkenne, dass er – der Kläger – nach § 51a Abs. 1 LWG in der bis zum 11. Mai 2005 geltenden Fassung die Pflicht zur Niederschlagswasserbeseitigung übernommen habe. Es sei zwar richtig, dass ein Teil des auf seinem Grundstück vorhandenen Bauwerks im Jahre 1991/92 erstellt worden sei; die Werkhalle mit Bürotrakt und einer Betriebswohnung sei aber erst im Jahre 1998 fertiggestellt worden.
37Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Soweit der Kläger offenbar aus dem erst 1998 erfolgten Abschluss der Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung der Werkhalle herleiten will, dass er nach § 51a Abs. 1 LWG i. d. F. bis zum 11. Mai 2005 niederschlagswasserbeseitigungspflichtig war, verkennt er, dass der zeitliche Anwendungsbereich vorgenannter, den Übergang der Niederschlagswasserbeseitigungspflicht auf die Grundstückseigentümer regelnde Norm nicht auf den Zeitpunkt abstellt, in dem das letzte Bauwerk auf einem Grundstück fertiggestellt worden ist. Maßgeblich ist nach der zitierten Norm vielmehr, ob das Grundstück erstmals vor oder nach dem 1. Januar 1996 bebaut worden ist. Nur im letztgenannten Fall ging die Niederschlagswasserbeseitigungspflicht auf den Grundstückseigentümer über. Der letztgenannte Fall ist hier jedoch nicht einschlägig. Denn das Grundstück des Klägers ist – wie er selber einräumt – bereits erstmals im Jahre 1991/92 bebaut worden. Vor diesem Hintergrund kann er aus der von ihm in Bezug genommenen Vorschrift des § 51a Abs. 1 LWG a. F. für sein Begehren nichts herleiten.
38b) Ferner macht der Kläger in diesem Zusammenhang noch Folgendes geltend: Er sei aufgrund der 1998 geltenden Rechtslage seitens der Beklagten in mehreren Gesprächen, u. a. noch im Jahre 2004, auf die verschiedenen Möglichkeiten der Beseitigung von Niederschlagswasser hingewiesen worden, so auch auf die Möglichkeit der Versickerung. Vor diesem Hintergrund habe er in Absprache mit der Beklagten das Niederschlagswasser über den entlang seiner Grundstücksgrenze verlaufenden Graben in die Weser eingeleitet. Die Entwässerungssituation sei der Beklagten bekannt gewesen. Aufgrund der damals geltenden Gesetzeslage habe sie in den Bescheinigungen vom 23. Juni 1998 und 6. Dezember 1993 bestätigt, dass die Bauausführung – wozu auch die Herstellung der Dachflächenentwässerung gehört habe – entsprechend der erteilten Genehmigung hergestellt worden sei. Daher sei es treuwidrig, nunmehr von dem Kläger eine Änderung der Entwässerungssituation zu verlangen.
39Diese Darlegungen rechtfertigen keine andere Beurteilung der Rechtslage. Aus den vom Kläger angeführten mehrfachen Hinweisen der Beklagten auf die Möglichkeit der Entwässerung durch Versickerung erfolgte ersichtlich keine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang. Der geforderte Anschluss erweist sich auch nicht als treuwidrig. Diese Schlussfolgerung lassen die vom Kläger zitierten Bescheinigungen aus den Jahren 1998 und 1993 nicht zu. Aus diesen lässt sich insbesondere eine entwässerungsrechtliche Legalisierung der in Rede stehenden Entwässerungssituation nicht herleiten. Der Kläger übersieht insoweit, dass selbst eine zu Argumentationszwecken unterstellte nachträgliche baurechtliche Legalisierung der Entwässerungssituation eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht zu ersetzen vermag, da der baurechtlichen Genehmigung keine Konzentrationswirkung zukommt mit der Folge, dass eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang gesondert zu verfolgen und die Frage nach ihrer Erteilung unabhängig von baurechtlichen Vorgaben allein nach den insoweit maßgeblichen Vorschriften des Landeswassergesetzes und der Entwässerungssatzung der Beklagten zu beurteilen ist. Vor diesem Hintergrund bleibt für den Vorwurf der Treuwidrigkeit kein Raum.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 15 A 2244/09 -, juris.
415.) Wenn der Kläger darüber hinaus auch die Fehlerhaftigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG rügt (S. 8 ff. der Zulassungsbegründung), führen auch die diesbezüglichen Darlegungen nicht zur Zulassung der Berufung.
42Denn vorliegend steht eine Freistellung nicht (mehr) im Raum. Einen dahingehenden Antrag hat der Kläger in dem dem vorliegenden Verfahren vorausgegangen Prozess beim Verwaltungsgericht Minden (11 K 2423/10) in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2011 ausdrücklich zurückgenommen, womit er sein diesbezügliches Begehren aufgegeben hat.
43Dessen ungeachtet stehen die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu der Frage der Ermessensausübung nach § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG im Einklang mit der zu dieser Norm ergangenen ständigen Rechtsprechung des Senats, wenn diese in der angegriffenen Entscheidung auch etwas verkürzt wiedergegeben wird. Gleichwohl führt das Verwaltungsgericht zu Recht aus, dass dann, wenn sich "die Gemeinde ... – wie hier in der H.--------straße – durch den Bau eines Trennsystems für die öffentliche Entsorgung des Niederschlagswassers über eine Kanalisation entschieden und anschließend den Kanal entsprechend der Festsetzung oder in pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens ohne eine solche Festsetzung gebaut (hat), ... in der Regel später kein Raum mehr dafür (ist), den einzelnen Nutzungsberechtigten von der damit einhergehenden endgültigen Pflicht zur Überlassung des Abwassers an die Gemeinde nach § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG freizustellen. Denn in einem solchen Fall ist die Zielsetzung des § 51a Abs. 1 Satz 1 LWG in vollem Umfang erfüllt und eine einheitliche Regenwasserbeseitigung zum Wohl der Allgemeinheit sichergestellt." Die hier vorliegenden Entscheidung für den Bau einer Trennkanalisation intendiert also zugleich eine auf Antrag zu treffende Ermessensentscheidung über ein Freistellungsbegehren nach § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG in der Weise, dass der Freistellungsantrag in aller Regel abzulehnen ist. Mit anderen Worten: Ein Freistellungsantrag wird in der beschriebenen Konstellation nur in atypischen Sonderfällen Erfolg haben können.
44Vgl. hierzu zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2011 – 15 A 854/10 -, juris.
45Für einen solchen atypischen Sonderfall ist hier jedoch nichts Belastbares ersichtlich.
466.) Die Darlegungen des Klägers zur Unzumutbarkeit der Herstellung des Anschlusses an den Regenwasserkanal wegen angeblich zu hoher Kosten (S. 10 der Zulassungsbegründung) erfüllen ebenfalls nicht die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Vorbringen in diesem Zusammenhang bleibt unsubstantiiert.
477.) Ferner vermögen auch die Erwägungen des Klägers zum Verstoß des angegriffenen Bescheids gegen Art. 3 Abs. 1 GG (S. 10 bis 14 der Zulassungsbegründung) keine ernstlichen Richtigkeitszweifel zu begründen.
48Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Für ein willkürliches Vorgehen des Beklagten ist nichts erkennbar. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot wäre nur dann anzunehmen, wenn die Beklagte gegen den Kläger systemwidrig sowie ohne nachvollziehbare Begründung in zeitlicher und/oder inhaltlicher Hinsicht vorgegangen wäre.
49OVG NRW, Beschluss vom 11. November 2011 – 15 A 2050/11 -, juris.
50Dies kann entgegen der Auffassung des Klägers auch unter Berücksichtigung der von ihm zur Begründung eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz angeführten Fälle nicht angenommen werden. Die Beklagte hat weder unter Aussparung des Klägers einer Vielzahl von Nachbarn eine Freistellung von der Niederschlagswasserüberlassungspflicht erteilt noch lässt sich eine Duldung von aus- und nachdrücklichen Verweigerungen eines Anschlusses auch des Niederschlagswassers an die Kanalisation erkennen. Allein der tatsächliche Umstand, dass einige (benachbarte) Grundstücke im Gebiet der Beklagten nicht oder nur teilweise an den Niederschlagswasserkanal angeschlossen sind, vermag einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu begründen.
51Der Gleichbehandlungsgrundsatz fordert auch nicht, dass beim Erlass einer Verfügung zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs zugleich oder innerhalb eines festen zeitlichen Rahmens auch in allen übrigen Fällen eines fehlenden Anschlusses an den Niederschlagswasserkanal eingeschritten wird. Im Übrigen hat die Beklagte einzelne vom Kläger benannte Fälle nach ihren Darlegungen im vorliegenden Verfahren aufgegriffen und bekundet, erforderlichenfalls auch hier den Anschluss- und Benutzungszwang durchzusetzen.
528.) Sofern der Kläger einen zu ernstlichen Richtigkeitszweifeln an dem erstinstanzlichen Urteil führenden Verstoß gegen das Übermaßverbot darin sieht, dass ihm im angegriffenen Bescheid nicht die Wahl überlassen worden sei, den vorhandenen Grundstücksanschluss zu nutzen oder einen neuen Grundstücksanschluss herzustellen oder aber über ein benachbartes Grundstück das Regenwasser mit entsprechender Genehmigung des Grundstückseigentümers dem Abwasserkanal zuzuführen, führen auch die diesbezüglichen Darlegungen nicht zur Zulassung der Berufung. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu Ziffer I. 1. a. E. Bezug genommen.
53II.) Gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Berufung dann zuzulassen, wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Solche liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits auf Grund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2008 15 A 1702/07 und vom 9. September 2008 15 A 1791/07 .
55Das ist nicht der Fall, wenn sich die in der Begründung des Zulassungsantrags aufgeworfenen Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch im Rahmen des Zulassungsverfahrens und seiner im Vergleich zum Berufungsverfahren geringeren Überprüfungsdichte mit der erforderlichen Sicherheit beantworten lassen.
56Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2006 15 A 2884/06 -.
57So liegt es ausweislich der Darlegungen zu Ziffer I. hier, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Zulassung der Berufung ausscheidet.
58III.) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Diese hätte sie nur, wenn sie eine bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwerfen würde, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedürfte, oder wenn sie eine tatsächliche Frage aufwerfen würde, deren in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat.
59OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2007 - 15 A 1279/07 -.
60Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung (S. 16 f.) nicht gerecht. Sofern der Kläger sinngemäß die Frage nach dem Vorhandensein einer Ermächtigungsgrundlage für den vorliegend streitigen Anschluss- und Benutzungszwang auch hinsichtlich des Niederschlagswassers für klärungsbedürftig hält, folgt daraus keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Nach den Darlegungen zu Ziffer I. 2. lässt sich der Anschluss- und Benutzungszwang auch für Niederschlagswasser mit § 53 Abs. 1c LWG auf eine hinreichende Rechtsgrundlage stützen. Die seitens des Klägers behauptete Verfassungswidrigkeit vorzitierter Norm besteht offensichtlich nicht. Für diese Feststellung bedarf es auch nicht der Überprüfungsdichte eines Berufungsverfahrens.
61Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu, soweit der Kläger die in der Entwässerungssatzung der Beklagten enthaltene Vorschrift über den Anschluss- und Benutzungszwang für Niederschlagswasser für nichtig hält. Die fragliche Regelung ist nach den Darlegungen zu Ziffer I. 3. ersichtlich mit höherrangigem Recht vereinbar.
62IV.) Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines (behaupteten) Verfahrensmangels in Betracht. Sofern der Kläger darauf abstellt, das Verwaltungsgericht sei auf die Problematik der fehlenden Ermächtigungsgrundlage nicht eingegangen, trifft dies nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat das diesbezügliche Vorbringen des Klägers aufgegriffen, indem es dargelegt hat, welche Rechtsgrundlagen den angegriffenen Bescheid nach seiner Auffassung tragen. Damit hat es zugleich mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass die als Ermächtigungsgrundlagen für den streitigen Anschluss- und Benutzungszwang von ihm herangezogenen Normen auch unter Berücksichtigung der Vorgaben höherrangigen Rechts seiner Meinung nach als ausreichend anzusehen sind.
63Dessen ungeachtet fehlt es nach den obigen Ausführungen zu Ziffer I. aber auch nicht an einer verfassungskonformen Ermächtigungsgrundlage für den Anschluss- und Benutzungszwang für Niederschlagswasser mit der Folge, dass ein zu Argumentationszwecken unterstellter Verfahrensmangel jedenfalls nicht entscheidungserheblich gewesen wäre.
64Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlagen in §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
65Dieser Beschluss ist unanfechtbar.