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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der auf sämtliche Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg. Gründe, die Berufung zuzulassen, werden nicht gemäß den gesetzlichen Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt bzw. liegen nicht vor.
31. Die mit der Antragsbegründung (S. 1 f.) zunächst geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung.
4Die Kläger machen als Rechtsfehler der von ihnen angefochtenen Widmungsverfügung vom 6. November 2009, mit der die P. -N. -Straße und die Straße In den X. (Teilstrecke) als Gemeindestraßen gewidmet worden sind, geltend, diese Verfügung habe nicht vom Bürgermeister der Beklagten als Geschäft der laufenden Verwaltung (vgl. § 41 Abs. 3 GO NRW) erlassen werden dürfen, vielmehr "hätte die Beklagte einen entsprechenden Ratsbeschluss zur Widmung vorlegen müssen". Die von den Klägern in dieser Hinsicht als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
5"ob die Widmung der Beklagten vom Stadtrat der Beklagten hätte beschlossen werden müssen",
6würde sich aber in einem Berufungsverfahren so nicht stellen.
7Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW verfügt die Straßenbaubehörde die Widmung grundsätzlich durch Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung (§§ 6 Abs. 1 StrWG NRW, 35 Satz 2 VwVfG NRW), nicht hingegen durch Satzung. Die Aufgaben der Straßenbaubehörde werden für Gemeindestraßen nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 StrWG NRW von den Gemeinden wahrgenommen. Welchem Gemeindeorgan intern die Kompetenz zur Widmung einer Straße zusteht, wird vom Straßenrecht nicht geregelt. Nach der Rechtsprechung des vormals für das Sachgebiet zuständigen 9. Senats des beschließenden Gerichts ist das für den Erlass der statusrechtlichen Entscheidung der (Teil-)Einziehung einer Gemeindestraße zuständige Organ der (frühere) Gemeindedirektor; die Einziehung einer öffentlichen Straße ist ein einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung (§ 28 Abs. 3 GO NRW a. F.), so dass die (interne) Mitwirkung des Rates der Gemeinde nicht erforderlich ist.
8Vgl.OVG NRW, Urteile vom 31. Januar 1985 - 9 A 741/82 -, StädteT 1986, 470 (LS 1 und 2; UA S. 9 f.), und vom 5. Juli 1985 - 9 A 2900/83 -, EStT NW 1986, 16.
9Gründe für die Annahme, dass für die andere straßenrechtliche Statusentscheidung der Widmung - die (Teil-)Einziehung ist nur der actus contrarius zur Widmung - etwas anderes gelten sollte oder dass mit der Novellierung der Gemeindeordnung, auf Grund derer die Befugnis zur Erledigung der (einfachen) Geschäfte der laufenden Verwaltung (vgl. § 28 Abs. 3 GO NRW a. F. und § 41 Abs. 3 GO NRW n. F.) bei ansonsten gleicher Regelung vom Gemeindedirektor auf den Bürgermeister übergegangen ist, eine andere Kompetenzaufteilung hat geschaffen werden sollen, sind mit dem Zulassungsantrag weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Dass in anderen Kommunen eine andere Verwaltungspraxis bestehen mag, ist von dem Vorbehalt in § 41 Abs. 3 GO NRW n. F. abgedeckt und verleiht der Rechtssache keine fallübergreifende Bedeutung.
10Abgesehen davon würde eine Verletzung des § 41 Abs. 3 GO NRW n. F. über die Organzuständigkeiten der Anfechtungsklage der Kläger gegen die Widmungsverfügung nicht zum Erfolg verhelfen, weil diese Vorschrift keine aus sich heraus klagefähige Rechtsposition begründet. Die Einhaltung dieser objektiv-rechtlichen Aufgabenzuweisung vermittelt den Klägern keine abwehrfähige Stellung, weil sie nur einen Anspruch auf die Wahrung ihrer eigenen materiellen Rechte haben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ein Verstoß gegen die gemeindliche Kompetenzordnung könnte allenfalls zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Widmungsverfügung führen, nicht aber zu deren Nichtigkeit im Sinne des § 44 VwVfG NRW.
11Vgl. etwa Kopp/Rammsauer, VwVfG, Kommentar, 12. Aufl. 2011, § 44 Rn. 16, m. w. N.
12Mit Blick auf das vorstehend Dargelegte greifen die in diesem Zusammenhang geltend gemachten "Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2" VwGO ebenfalls nicht (Antragsbegründung S. 3). Weder sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gegeben, noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf.
132. Die Kläger rügen ferner, "dass die genauen Flurst(ü)cksnummern nicht angegeben worden sind hinsichtlich der Widmung" (Antragsbegründung S. 3 f.). Die hierzu angeführten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) rechtfertigen indes nicht die Zulassung der Berufung. In einer Widmungsverfügung ist mit der erforderlichen Deutlichkeit festzulegen, welchen räumlichen Umfang die Widmung hat. Insbesondere muss erkennbar sein, welche Grundflächen vom Geltungsbereich der Widmung erfasst werden. Zwingende und für alle Fallkonstellationen geltende Vorgaben für die Bestimmtheit einer Widmungsverfügung bestehen nicht. Im Zweifel ist die Frage, welche Verkehrsflächen von der Widmung erfasst werden, wie bei anderen Verwaltungsakten auch, durch eine Auslegung der Verfügung nach dem Empfängerhorizont zu ermitteln.
14Vgl. hierzu allgemein OVG NRW, Urteile vom 14. September 1994 - 3 A 1664/94 -, EStT NW 1995, 110, vom 11. März 1996 - 23 A 4218/94 -, n. v. (UA S. 12 f.), vom 21. April 1999 - 3 A 2964/95 -, NWVBl. 2000, 145 (146), und vom 19. Mai 1999 - 3 A 4405/95 -, juris, Rn. 20 ff.
15Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Widmungsverfügung zu Recht als hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW) angesehen und ausgeführt (vgl. Urteilsabdruck S. 9 f.), auch ohne Umschreibung des Widmungsumfanges durch Parzellennummern ergebe sich aus der mit der Bekanntmachung der Widmungsverfügung veröffentlichten Planunterlage zweifelsfrei, welcher Teil der Straße In den X. gewidmet sei. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.
163. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) werden nicht mit dem weiteren Vorbringen der Kläger (Antragsbegründung S. 4 ff., 7 f.) zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit der Widmungsverfügung mit Blick auf die Einstufung der Straßen als Gemeindestraßen und deren Einordnung als Anliegerstraßen unter Zulassung einer Benutzung mit Kraftfahrzeugen aller Art im Rahmen des Anliegerverkehrs dargelegt.
17Nach § 6 Abs. 3 StrWG NRW sind in der Widmung die Straßengruppe, zu der die Straße gehört (Einstufung), und Beschränkungen der Widmung auf bestimmte Benutzungsarten, Benutzungszwecke und Benutzerkreise sowie etwaige sonstige Besonderheiten festzulegen (Widmungsinhalt). Hiermit übereinstimmend sind in der streitigen Widmungsverfügung die "Straßen als Gemeindestraßen gewidmet". Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Verfügung steht es außer Zweifel, dass die Straßen in die Straßengruppe der Gemeindestraßen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrWG NRW eingestuft wurden. Hiermit ist dem zwingenden Erfordernis der Festlegung der Straßengruppe
18- vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 1992 - 3 B 112/91 -, NWVBl. 1993, 221 -
19Genüge getan. Ferner wurden in der Widmungsverfügung die Straßen als Anliegerstraßen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StrWG NRW, bei denen die Belange der Erschließung der anliegenden Grundstücke überwiegen, qualifiziert. Abgesehen davon, dass die nähere Kennzeichnung einer Gemeindestraße in der Widmungsverfügung entsprechend den in § 3 Abs. 4 Satz 2 StrWG NRW aufgeführten Untergruppen nicht zum konstitutiven Regelungsgehalt der Widmung gehört,
20vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. September 1994 - 23 A 2673/92 -, juris, LS 5 (UA S. 10),
21unterliegen die Kläger mit ihren umfangreichen Ausführungen (Antragsbegründung S. 5 ff.) zu einer vermeintlich fehlerhaften Qualifizierung der Straßen als Gemeinde- bzw. als Anliegerstraßen einem Rechtsirrtum.
22Straßenanlieger sind nach der Legaldefinition des § 14a Abs. 1 StrWG NRW Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind. Der von den Klägern angeführte umfangreiche Verkehr, der nach ihren Angaben von einem Busunternehmen, einem Produktionsunternehmen für Pappartikel und von einem Recyclingunternehmen verursacht wird, ist deutlich von der Frage zu trennen, ob diese Unternehmen Anlieger der in Rede stehenden Straßen sind. Auch zahlenmäßig erhöhte Verkehrsvorgänge oder die in den Straßenkörper nicht eingreifenden Schwerlastertransporte von und zu Anliegergrundstücken sind qualitativ gleichwohl dem Begriff "Anliegerverkehr" zuzurechnen und können nicht eine Einstufung als Kreisstraße zur Folge haben, die gemäß § 3 Abs. 3 StrWG NRW überörtliche Verkehrsbedeutung haben muss.
23Hieraus folgt zugleich, dass auch das Vorbringen der Kläger zu einer vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Widmung, weil "der Bürgermeister der beklagten Stadt den Benutzungszweck, die Benutzungsart und den Benutzerkreis der gewidmeten Straße nicht rechtsverbindlich konkretisiert und eingeschränkt hat" (Antragsbegründung S. 7 f.), nicht durchdringen kann. Derartige Einschränkungen des Gemeingebrauchs oder des Anliegergebrauchs waren angesichts der konkreten Umstände des Falles nicht geboten.
24Im Kern geht es den Klägern in diesem Rechtsstreit, wie sie selbst einräumen (Antragsbegründung S. 7 Mitte) und die Klage im Verfahren 9 K 2166/09 VG Aachen zeigt, um die Vermeidung der Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen. Hierüber hat der Senat allerdings nicht zu befinden. Soweit die Kläger darüber hinaus eine Verhinderung von Lärmimmissionen durch den Straßenverkehr erstreben, handelt es sich bei den von ihnen geltend gemachten Beeinträchtigungen durch den Zu- und Abgangsverkehr indes um keine dem Rechtsakt der Widmung zuzurechnenden Folgen. Angriffe gegen die von der Straße ausgehenden Immissionen müssen sich daher nicht gegen die Widmung, sondern gegen die zu Grunde liegende Straßenplanung wenden.
25Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 - 4 C 24.91 -, BVerwGE 94, 100 (109 ff.); OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 12 A 333/08 -, BA S. 6, m. w. N.
26Etwaigen Äußerungen des früheren Bürgermeisters der Beklagten zu künftigen Verkehrsverhältnissen (Antragsbegründung S. 4) kann hier schon deshalb keine rechtliche Relevanz beigemessen werden, weil es unbeschadet ihrer Bedeutung im Übrigen jedenfalls - wie die Kläger selbst einräumen - an der für eine im Sinne des § 38 VwVfG NRW wirksame Zusicherung erforderlichen Schriftform fehlt.
27Aus dem vorstehend Dargelegten ergibt sich zugleich, dass die in diesem Zusammenhang von den Klägern (Antragsbegründung S. 5) ferner geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht gegeben sind und die erhobene Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ebenso wenig greift, weil eine Inaugenscheinnahme als weitere Beweiserhebung entbehrlich war.
284. Der weiter gerügte Verfahrensmangel, "dass keine Kammerentscheidung ergangen ist, sondern eine Entscheidung als Einzelrichter", rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Aus der im Kern behaupteten Verletzung von § 6 Abs. 1 und 3 VwGO ergibt sich kein gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO relevanter Verfahrensfehler.
29Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen dem Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Übertragung auf den Einzelrichter unterlaufene Verfahrensfehler allein grundsätzlich nicht zur Zulassung der Berufung führen. Das Rechtsmittelgericht ist vielmehr an Entscheidungen nach § 6 Abs. 1 und 3 VwGO gebunden; entsprechende Verfahrensrügen sind einer inhaltlichen Überprüfung entzogen. Dies ergibt sich aus den Regelungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 VwGO, wonach Beschlüsse nach § 6 Abs. 1 und 3 VwGO unanfechtbar sind, in Verbindung mit den gemäß § 173 VwGO in verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwendenden §§ 512, 557 Abs. 2 ZPO, wonach die dem Endurteil vorausgehenden unanfechtbaren Entscheidungen keiner inhaltlichen Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht unterliegen, sowie aus § 6 Abs. 4 Satz 2 VwGO, wonach auf eine unterlassene (Rück-)Übertragung ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden kann.
30Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 12. November 2010 - 6 A 940/09 -, juris, Rn. 22 ff., m. w. N.
31Für die Annahme, dass in dem Übertragungsbeschluss bzw. einer fehlenden Rückübertragung auf die Kammer zugleich eine Verletzung der prozessualen Gewährleistungen der Verfassung liegt, etwa weil durch willkürliche oder manipulative Auslegung oder Anwendung des einfachen Rechts das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wäre, ist weder substantiiert etwas vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
325. Schließlich greift die unter mehreren Zulassungsgründen (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) erhobene Rüge der Kläger nicht durch, die Beklagte habe "jahrelang keine Widmung der Straße vorgenommen. Sie hat damit nicht unverzüglich gehandelt" (Antragsbegründung S. 8). Aus § 6 StrWG NRW oder sonstigen insbesondere straßenrechtlichen Bestimmungen folgt nicht, dass die Befugnis der Straßenbehörde, eine Straße zu widmen, einer Verjährung unterliegt. Für die von den Klägern angeführte Verwirkung fehlt es jedenfalls an der Darlegung durchgreifender Gesichtspunkte, welche die Annahme rechtfertigen könnten, über den bloßen Zeitablauf hinaus liege ein positives Verhalten der Behörde vor, mit dem sie zum Ausdruck gebracht hätte, dass mit einer Widmung der Straßen nicht mehr zu rechnen ist.
33Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
34Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
35Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
36Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).