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Erfolgloser Antrag eines Lehrers auf Zulassung der Berufung, der mit seiner Klage Schadensersatz wegen verspäteter Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand begehrt.
Ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Versetzung in den Ruhestand ist aufgrund des Rechtsgedankens des § 839 BGB ausgeschlossen, wenn es der geschädigte Beamte vorwerfbar versäumt hat, den Schaden durch einen früheren Antrag auf Zurruhesetzung oder durch ein Bemühen um eine beschleunigte Bearbeitung abzuwenden.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 22.187,50 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg; Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO sind nicht dargelegt oder nicht gegeben.
3Das Antragsvorbringen weckt zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt die Antragsschrift nicht.
4Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne einen Anspruch auf Schadensersatz wegen verspäteter Versetzung in den Ruhestand nicht aus einer Verletzung der Fürsorgepflicht herleiten. Es fehle an einer schuldhaften Verletzung dieser Pflicht, weil die Verzögerung des Zurruhesetzungsverfahrens auf Umständen beruhe, die vom beklagten Land nicht zu vertreten seien. Letztlich sei die Verzögerung auf den sehr langen Zeitraum zurückzuführen, der für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens einschließlich des psychologischen Zusatzgutachtens benötigt worden sei. Soweit der Kläger geltend mache, das beklagte Land habe es fürsorgewidrig unterlassen, bereits im Januar 2007 das Zurruhesetzungsverfahren einzuleiten, stehe seinem Begehren § 839 Abs. 3 BGB in analoger Anwendung entgegen. Denn der Kläger habe es versäumt, bereits deutlich vor dem 11. Juni 2007 einen förmlichen Antrag auf Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zu stellen, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund erkennbar sei. Gleiches gelte im Hinblick auf den Vorwurf, das beklagte Land habe gegenüber der Amtsärztin nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens gedrängt. Der Kläger selbst habe zu keinem Zeitpunkt auf die Notwendigkeit einer Verfahrensbeschleunigung oder gar auf etwaige Nachteile wegen der vorzeitigen Beendigung seiner Altersteilzeit hingewiesen.
5Der Kläger macht geltend, die schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht seitens der Bezirksregierung liege darin, dass diese seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand ohne Rücksicht auf die besondere Eilbedürftigkeit des Falles "wie jeden beliebigen anderen Antrag" bearbeitet habe. Dies sei vorwerfbar, da sie sowohl Kenntnis über die bestehende Altersteilzeit im Blockmodell als auch über den gewünschten Zurruhesetzungszeitpunkt zum 30. September 2007 gehabt habe. Dem Kläger könne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht angelastet werden, nicht schon vor dem 11. Juni 2007 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt zu haben, da er sich im ersten Halbjahr des Jahres 2007 in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe und er sich erst nach Abschluss der Auseinandersetzung mit der Bezirksregierung über die beabsichtigte Rehabilitationsmaßnahme wieder der Planung seiner längerfristigen Zukunft habe widmen können.
6Dieses Vorbringen rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ist jedenfalls analog § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
7Der Rechtsgedanke, dass eine Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, fordert im Verwaltungsrecht dann Geltung, wenn für den Verzicht auf das Rechtsmittel kein hinreichender Grund bestand. Das gilt auch bei von einem Beamten gegenüber seinem Dienstherrn geltend gemachten Schadensersatzansprüchen wegen Fürsorgepflichtverletzung.
8Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 2002 - 2 C 19.01 -, ZBR 2003, 137, und vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 -, BVerwGE 107, 29; OVG NRW, Urteil vom 6. November 2008 - 6 A 2186/05 -, RiA 2009, 137.
9Der Begriff des "Rechtsmittels" im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Das können förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung sein,
10vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - 2 C 19.01 -, ZBR 2003, 137; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - III ZR 148/02 -, NVwZ 2003, 502,
11auch kommen formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags in Betracht.
12BGH, Urteil vom 9. Juli 1958 - V ZR 5/57 -, BGHZ 28, 104; OVG NRW, Urteil vom 6. November 2008 6 A 2186/05 -, RiA 2009, 137.
13Der Beamte, der eine für ihn vorteilhafte Entscheidung des Dienstherrn beantragt, darf es daher nicht in jedem Fall mit dem Antrag bewenden lassen und uneingeschränkt auf die zügige Durchführung des Verwaltungsverfahrens vertrauen. Die in eigenen Angelegenheiten zu erwartende Sorgfalt gebietet es, auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidung hinzuweisen, den Fortgang des Verfahrens zu beobachten und auf eine erkennbare Verzögerung zu reagieren. Je wichtiger und je zeitgebundener die begehrte Entscheidung für den Beamten ist, desto frühzeitiger und intensiver muss er sich um eine umgehende Bearbeitung bemühen.
14Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. November 2008 - 6 A 2186/05 -, RiA 2009, 137.
15Ausgehend davon ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach dem Rechtsgedanken des § 839 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger es vorwerfbar unterlassen hat, durch den Gebrauch eines solchen Rechtsbehelfs zu verhindern, dass er erst im Juli 2008 zur Ruhe gesetzt worden ist. Angesichts der Tatsache, dass für ihn - wie er selbst vorträgt - die zügige Verfahrensbearbeitung "höchstwichtig" war und zum Zeitpunkt der Antragstellung bis zum gewünschten Zurruhesetzungstermin nur noch ein Zeitraum von drei Monaten verblieb, wäre es bei Beachtung der genannten Sorgfaltsanforderungen angezeigt gewesen, bereits im Antrag vom 11. Juni 2007 auf die besondere Eilbedürftigkeit hinzuweisen. Dies gilt insbesondere, weil der Kläger zuvor selbst kein zügiges Handeln hat erkennen lassen: Obwohl er bereits im Januar 2007 die Möglichkeit eines Antrages auf vorzeitige Zurruhesetzung gegenüber der Bezirksregierung erwogen hatte, hat er den Antrag erst im Juni 2007 gestellt. Unabhängig davon hat er auch nach Antragstellung das Verfahren seinen Gang gehen lassen, obwohl jedenfalls nach der Einladung zur amtsärztlichen Untersuchung am 16. Oktober 2007 für den Kläger eine sichere Erkenntnis darüber vorhanden sein musste, dass weder die Bezirksregierung noch das Gesundheitsamt von einer besonderen Eilbedürftigkeit ausgingen und eine Zurruhesetzung zum angegebenen Termin 30. September 2007 nicht mehr in Betracht kommen würde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt bestand für den Kläger im eigenen Interesse die nahe liegende Veranlassung, die Bezirksregierung auf die Notwendigkeit einer beschleunigten Bearbeitung hinzuweisen. Ein hinreichender Grund für das Versäumnis ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
16Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Vortrag des Klägers, die Bezirksregierung hätte schon im Januar 2007, jedenfalls aber im April 2007 ein Zurruhesetzungsverfahren einleiten müssen. Der Kläger hat es zurechenbar unterlassen, die Zurruhesetzung selbst bereits vor dem 11. Juni 2007 zu beantragen. Es bestand mit Blick auf die angestrebte Zurruhesetzung zum 30. September 2007 kein hinreichender Grund, von einem förmlichen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zunächst abzusehen. Erklärbar ist der Verzicht auf einen solchen Antrag nur vor dem Hintergrund, dass sich der Kläger nicht auf eine Zurruhesetzung festlegen wollte, solange nicht im Rahmen des Verfahrens über die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme festgestellt worden war, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers Folge des Dienstunfalls waren. Wer dem Dienstherrn jedoch vorwirft, ein Zurruhesetzungsverfahren schuldhaft verzögert zu haben, muss sich sein eigenes Zögern bei Betreiben der Zurruhesetzung als "Verschulden gegen sich selbst" entgegenhalten lassen.
17Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. November 2008 - 6 A 2186/05 -, RiA 2009, 137.
18Vergeblich macht der Kläger in diesem Zusammenhang geltend, er sei wegen einer "psychischen Ausnahmesituation" und der Auseinandersetzung mit der Bezirksregierung wegen der Rehabilitationsmaßnahme kräftemäßig nicht in der Lage gewesen, vor dem 11. Juni 2007 einen Antrag auf vorzeitige Zurruhesetzung zu stellen. Selbst wenn man dem Kläger zugute hält, dass er auf den erlittenen Dienstunfall schwer psychisch reagiert hat, ergibt sich aus den ärztlichen Bescheinigungen kein Anhaltspunkt dafür, dass er in seinem Einsichts- und Entscheidungsvermögen im Hinblick auf die Wahrnehmung der eigenen Interessen erheblich eingeschränkt war. Vielmehr war er offenkundig in der Lage, Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu erheben und notwendige Erklärungen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement zeitnah abzugeben. Letztlich war es dem Kläger auch zumutbar, in Bezug auf eine mögliche Zurruhesetzung rechtlichen Rat einzuholen und ggfls. durch einen Bevollmächtigten einen Antrag stellen zu lassen. Dass er auch hierzu nicht im Stande gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
19Der Kläger stellt durch sein Zulassungsvorbringen nicht in Abrede, dass bei einer früheren Antragstellung bzw. einem rechtzeitigen Hinweis auf die gegebene Eilbedürftigkeit der Schaden abzuwenden oder wenigstens zu mindern gewesen wäre.
20Aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt sich auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht.
21Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt; mit dem Zulassungsantrag wird schon keine Frage aufgeworfen.
22Schließlich ist ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht dargetan. Hierzu bedarf es der Darlegung, hinsichtlich welcher entscheidungserheblicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen, die zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hätten, voraussichtlich getroffen worden wären. Weiter muss entweder dargelegt werden, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen.
23Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2008 2 B 119.07 -, juris.
24Diese Anforderungen sind mit der Rüge, das Verwaltungsgericht hätte "sich Klarheit darüber verschaffen müssen", was in den Monaten zwischen Januar 2007 und Juni 2007 "eigentlich passiert war", nicht erfüllt.
25Soweit der Kläger im Hinblick auf die Frage, ob er wegen dieser Auseinandersetzung psychisch nicht in der Lage war, einen Antrag auf vorzeitige Zurruhesetzung zu stellen, einen Aufklärungsmangel rügen möchte, ist ihm entgegen zu halten, dass er es versäumt hat, bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der für nötig gehaltenen Sachverhaltsaufklärung hinzuwirken. Dahingehende Ermittlungen mussten sich dem Gericht auch nicht aufdrängen.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig.