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Der Dienstherr darf die Feststellung der Dienstunfähigkeit eines Beamten darauf stützen, dass dieser sich ohne hinreichenden Grund weigert, sich einer vom Amtsarzt für erforderlich gehaltenen und vom Dienstherrn zulässigerweise angeordneten fachärztlichen Zusatzuntersuchung zu unterziehen.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 65.000 € festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
4Das Verwaltungsgericht hat angenommen, das beklagte Land sei zu Recht von der dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin ausgegangen. Das Fehlen einer sicheren Diagnose, ob und in welcher Art bei der Klägerin tatsächlich eine psychische Erkrankung vorliege, stelle die Richtigkeit der amtsärztlichen Feststellung, die Klägerin sei dienstunfähig, nicht in Frage. Der Weigerung der Klägerin, sich der fachärztlichen Zusatzbegutachtung zu unterziehen, sei in Bezug auf eine etwaige Dienstunfähigkeit eine negative Indizwirkung beizumessen. Durch ihr unentschuldigtes Fernbleiben von der angeordneten Zusatzbegutachtung habe sie die für die Vorbereitung der Feststellung ihrer Dienstunfähigkeit aus ärztlicher Sicht notwendige Untersuchung vereitelt. Die Richtigkeit der amtsärztlichen Einschätzung zur Dienstunfähigkeit der Klägerin ergebe sich aus einer Gesamtschau des von dieser zuletzt gezeigten Verhaltens, das zu der Dauer der ärztlich bescheinigten Dienstunfähigkeit und der Indizwirkung der Verweigerung der fachpsychiatrischen Untersuchung hinzukomme und durch eine Vielzahl von Auffälligkeiten gekennzeichnet sei. Für das Vorbringen der Klägerin, ihre seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 bestehende dauerhafte Erkrankung sei ausschließlich auf Mobbing zurückzuführen, fehle jede sachliche Grundlage.
5Die hiergegen erhobenen Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Es kann dahinstehen, ob die Amtsärztin ohne die zunächst von ihr für erforderlich gehaltene fachpsychiatrische Zusatzuntersuchung über die Dienstunfähigkeit entscheiden konnte. Eine Überprüfung dieser Einschätzung auf Plausibilität ist dem Senat auch nicht möglich, da die Amtsärztin nach dem Widerruf der Schweigepflichtentbindungen durch die Klägerin das schon erstellte Gutachten der Bezirksregierung nicht übermittelt, sondern lediglich das Ergebnis mitgeteilt hat.
6Die Annahme der Dienstunfähigkeit der Klägerin ist aber deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, weil sie die angeordnete fachpsychiatrische Zusatzuntersuchung ohne hinreichenden Grund verweigert und dadurch den Beweis ihrer Dienstunfähigkeit vereitelt hat.
7Der Dienstherr darf die Feststellung der Dienstunfähigkeit eines Beamten darauf stützen, dass dieser sich ohne hinreichenden Grund weigert, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen. Nach einem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz kann das die Benutzung eines bestimmten Beweismittels schuldhaft vereitelnde Verhalten einer Partei im Rahmen freier Beweiswürdigung als ein Umstand gewertet werden, der für die Richtigkeit des Vorbringens des Gegners zeugt. Dies gilt auch bei der Überprüfung der Dienst(un)fähigkeit. Denn anderenfalls hätte es der Beamte in der Hand, mit der Verweigerung der insoweit zweckmäßigen ärztlichen Untersuchung die Feststellung der Dienstunfähigkeit zu verhindern.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 1997 - 2 C 33.96 -, ZBR 1998, 203, und Beschluss vom 19. Juni 2000 - 1 DB 13.00 -, BVerwGE 111, 246; OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2002 - 6 A 4385/01 -, juris.
9Dieser Rechtsgrundsatz gilt nicht nur für die amtsärztliche Untersuchung, der sich die Klägerin unterzogen hat, sondern auch für eine vom Amtsarzt für erforderlich gehaltene und vom Dienstherrn zulässigerweise angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung. Auch insoweit könnte der Beamte durch die Verweigerung den Beweis und damit die Feststellung seiner Dienstunfähigkeit verhindern. Denn die Stellungnahme eines vom Amtsarzt eingeschalteten Facharztes, dessen medizinischer Beurteilung er sich anschließt, wird dem Amtsarzt zugerechnet.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 D 2.05 -, juris.
11Die Klägerin hatte keinen hinreichenden Grund, sich der von der Bezirksregierung verpflichtend angeordneten Untersuchung (vgl. telefonischer Hinweis an die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 17. März 2008 und Schreiben vom 28. April 2008) durch den Leitenden Arzt im Fachbereich Psychiatrie II des Fachkrankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie in S. , Dr. med. I. , zu entziehen. Aus ihrem Verhalten im Schulalltag und gegenüber der Schulleiterin sowie ihrer Korrespondenz mit dem Dienstherrn, insbesondere den Stellungnahmen vom 23. Juli 2007 und 6. Oktober 2007, ergaben sich deutliche Anhaltspunkte für eine dem psychiatrischen Fachbereich zuzuordnende Dienstunfähigkeit. Auch war eine persönliche Vorstellung der Klägerin beim Facharzt nicht entbehrlich. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist das persönliche Gespräch mit dem Gutachter wesentliche Grundlage für dessen Feststellungen. Die von der Klägerin angeführten schriftlichen Unterlagen – Personalakte, eigene Stellungnahmen – vermochten diesen unmittelbaren persönlichen Eindruck nicht zu ersetzen.
12Konnte danach wegen Beweisvereitelung die Dienstunfähigkeit der Klägerin angenommen werden, war die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auswertung der Personalakte entbehrlich, weshalb die insoweit erhobenen Einwände der Klägerin ins Leere gehen. Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht nicht etwa zu Unrecht medizinische Sachkunde angemaßt, sondern lediglich aus dem in den Personalakten dokumentierten Verhalten der Klägerin in Zusammenschau mit der Indizwirkung der Verweigerung der psychiatrischen Untersuchung im Wege der Beweiswürdigung auf die Richtigkeit der amtsärztlichen Einschätzung geschlossen, die Klägerin sei dienstunfähig.
13Die Klägerin legt auch keinen zur Zulassung der Berufung führenden Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dar. Es verstößt nicht gegen den aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Grundsatz der Amtsermittlung, dass das Verwaltungsgericht kein psychiatrisches Gutachten eingeholt und den behandelnden Arzt der Klägerin, Dr. med. T. , nicht als Zeugen vernommen hat. Aus den oben genannten Gründen schied die von der Klägerin geforderte Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens allein aufgrund schriftlicher Unterlagen aus. Angesichts von Anhaltspunkten für eine – nicht mit Mobbing zu erklärende – psychische Erkrankung musste sich dem Verwaltungsgericht auch die Vernehmung des behandelnden Facharztes für Innere Medizin, von dem lediglich Atteste vorlagen, die Klägerin sei wegen einer Erkrankung, welche durch die Bedingungen am Arbeitsplatz verursacht sei, arbeitsunfähig, nicht aufdrängen. Darüber hinaus kann die im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin die Verletzung der Aufklärungspflicht wegen unterlassener Beweiserhebung nicht mit Erfolg rügen, weil sie in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat.
14Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Juni 1975 - VI B 4.75 -, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17, und 2. Juni 1981 - 6 C 15.81 -, DÖV 1981, 839; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Mai 2002 - 6 A 3180/01 -, juris, und 13. September 2007 - 6 A 2761/05 -, juris.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG.
16Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).