Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde-verfahrens.
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Die Klage bietet nicht die gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger im Sinne des § 5 Abs. 1 AufenthV einen türkischen Pass in zumutbarer Weise erlangen kann. Dem steht nicht entgegen, dass er beabsichtigt, seinen noch nicht geleisteten Wehrdienst in der Türkei aus Gewissensgründen zu verweigern, und dass die Türkei ein Wehrdienstverweigerungsrecht nicht anerkennt.
4Derzeit ist offen, ob der Kläger in der Türkei überhaupt Wehrdienst leisten muss. Er leidet an orthopädischen und weiteren Erkrankungen. Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen hat ein (türkischer?) Arzt attestiert, dass er nicht wehrdienstfähig sei.
5Soweit er nach den vorgelegten Unterlagen "von der Ärztekommission in der Türkei untersucht" oder "von einem Amtsarzt einer v. Bundeswehr anerkannten Klinik im Inland untersucht" werden muss oder soll, ist nichts dafür ersichtlich, dass sich eine solche Untersuchung – auch in der Türkei – nicht mehr im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV als zumutbare Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten der Türkei darstellt. Auf Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG kann der Kläger sich in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil die Vorschrift ausschließlich gewährleistet, dass niemand im Bundesgebiet gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen wird. Der Kläger macht auch nicht geltend, dass ihm schon eine Musterung aus Gewissensgründen unzumutbar ist. Auf Art. 3 EMRK und das vom Kläger angeführte Menschenrecht auf Wehrdienstverweigerung kann er sich nicht mit Erfolg berufen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass ihm schon bei der Überprüfung seiner Wehrdienstfähigkeit im Sinne des Art. 3 EMRK Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung oder sonst eine gemäß § 5 Abs. 1 AufenthV beachtliche unzumutbare Rechtsbeeinträchtigung droht. Es ist weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, dass ihm schon anlässlich und unabhängig vom Ergebnis der Überprüfung seiner Wehrdienstfähigkeit dahingehende Rechtsbeeinträchtigungen drohen oder im Falle der Wehrdienstfähigkeit eine sofortige Einberufung zum türkischen Wehrdienst droht, die ihm nicht die Möglichkeit offen lässt, das von ihm angeführte Recht auf Wehrdienstverweigerung ggf. mit Hilfe türkischer Gerichte durchzusetzen. Insoweit ist es ihm im Sinne des § 5 Abs. 1 AufenthV zumutbar, zunächst das Ergebnis der Überprüfung der Wehrdienstfähigkeit abzuwarten. Erst bei Feststellung der Wehrdienstfähigkeit aktualisiert sich die Frage, ob ihm wegen der beabsichtigten Wehrdienstverweigerung das Ableisten des türkischen Wehrdienstes unzumutbar ist.
6Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 23. 3. 2009 19 C 09.435 , juris, Rdn. 13.
7Soweit der Kläger geltend macht, er werde schon bei der Untersuchung den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigern, ist ihm zumutbar, sich erst zu einem späteren Zeitpunkt darauf zu berufen. Für das Asylrecht ist höchstrichterlich geklärt, dass des Schutzes vor politischer Verfolgung im Ausland nicht bedarf, wer durch eigenes zumutbares Verhalten die Gefahr politischer Verfolgung abwenden kann.
8BVerwG, Urteil vom 3. 11. 1992 – 9 C 21.92 -, juris, Rdn. 12, m. w. N.
9Für das Ausländerrecht und insbesondere für die Erlangung eines Passes oder Passersatzes des Heimatstaates in zumutbarer Weise im Sinne des § 5 Abs. 1 AufenthV gilt dieser Grundsatz entsprechend.
10Der Senat lässt offen, ob der heute 45-jährige Kläger sich von der türkischen Wehrpflicht im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV in zumutbarer Weise freikaufen kann. Die Wehrpflicht in der Türkei endet grundsätzlich mit dem Beginn des Jahres, in dem der Betreffende sein 38. Lebensjahr vollendet, es sei denn er hat seinen Wehrdienst bis dahin noch nicht angetreten. Bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres haben türkische Wehrpflichtige im Ausland die Möglichkeit, nach Ableistung eines einmonatigen Grundwehrdienstes von der Ableistung des restlichen Wehrdienstes gegen Zahlung eines Geldbetrages befreit zu werden; bei Überschreitung des 40. Lebensjahres erhöht sich der Betrag und die Pflicht zur Ableistung der Grundausbildung entfällt.
11OVG NRW, Urteil vom 19. 4. 2005 8 A 273/04.A , S. 78 f. m. w. Nachw..
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).