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Soweit die Beteiligten den Rechtstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Ver¬fahren eingestellt. Das angegriffene Urteil ist insoweit wirkungslos.
Das angegriffene Urteil wird im Übrigen geändert: Die Klage wird hinsichtlich des noch anhängigen Teils abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleis¬tung in Höhe des vollstreckbaren Betrages ab¬wenden, wenn nicht die jeweiligen Vollstre¬ckungs¬gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der 1939 geborene Kläger bezieht eine Altersrente von monatlich 208,67 Euro und erhält sozialhilferechtlich ergänzende Grundsicherung im Alter. Seine Frau verdient aus selbständiger Tätigkeit 88,00 Euro netto monatlich. Die Kläger hielten seit 1995 einen Hund der Rasse American Staffordshire Terrier, der am 18. August 2008 verstarb. In der Anlage zum Hundesteuerbescheid vom 29. Januar 2001 wurde im Rahmen der Einführung eines Steuersatzes für "gefährliche Hunde" unter der Überschrift "Besondere Hinweise" entsprechend der damaligen Satzungslage mitgeteilt: "Wenn gefährliche Hunde bereits vor dem 1.1.2001 beim Steueramt angemeldet waren, verbleibt es bei den bisherigen Steuersätzen, Steuerermäßigungen oder Steuerbefreiungen, wenn dem Steueramt vom Hundehalter eine Erlaubnis gem. § 4 der Landeshundeverordnung NRW vorgelegt wird. Kann eine solche Erlaubnis nicht vorgelegt werden, ist der erhöhte Steuersatz zu entrichten."
3Der Kläger erhielt durch Bescheide des Ordnungsamtes der Stadt E. vom 30. Juli 2007 eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 5 Abs. 3 des Landeshundegesetzes NRW von der Pflicht, dem Hund einen Maulkorb anzulegen, sowie eine Erlaubnis zur Haltung des Hundes. Nachdem das Steueramt durch eine Mitteilung des Ordnungsamtes von der Tatsache Kenntnis erhalten hatte, dass die Kläger einen nach der Hundesteuersatzung als gefährlich eingestuften Hund hielten, setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin durch Bescheid vom 10. August 2007 die Hundesteuer für die Jahre 2005 bis 2007 neu fest, indem statt der bislang festgesetzten einfachen Hundesteuer über 144,00 Euro für das Jahr 2005 eine erhöhte Steuer von 204,00 Euro und für die Folgejahre eine Jahressteuer von 288,00 Euro festgesetzt wurde. Darüber hinaus enthielt der Bescheid unter der Überschrift "Zukünftige Leistungen" folgende Ausführungen: "Dieser Bescheid ist zugleich der Festsetzungsbescheid für Folgejahre. Bis zur Bekanntgabe eines neuen Bescheides sind, soweit nachfolgend aufgeführt, weitere Zahlungen zu den angegebenen Zahlungsterminen eines jeden Jahres zu leisten." Sodann werden als Folgefälligkeitstermine der 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11. genannt, zu denen jeweils 72,00 Euro zu zahlen seien.
4Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er darauf hinwies, dass er Eigentümer des Hundes sei und nicht seine Frau. Darüber hinaus beantragte er, ihm die erhöhte Hundesteuer zu erlassen, da er den Hund seit zwölf Jahren halte und den normalen Steuersatz zahle. Der Hund sei niemals auffällig gewesen. Inzwischen sei er alt und krank. Den Widerspruch wies der Beklagte durch an die Kläger gerichteten Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2008 insoweit ab, als eine erhöhte Hundesteuer ab August 2007 festgesetzt wurde. Im Übrigen gab er dem Widerspruch statt. Zur Begründung führte er aus, dass es auf die subjektive Einschätzung der Gefährlichkeit des Hundes nicht ankomme. Der nachgewiesene Umstand, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit von dem Hund nicht zu befürchten sei, führe lediglich dazu, dass die Jahressteuer 288 statt 423 Euro betrage. Er, der Beklagte, habe bislang entsprechend der Anmeldung nur die Klägerin herangezogen, betrachte nunmehr aber beide Eheleute als Halter und habe deshalb den Bescheid auf beide ausgedehnt.
5In Vollzug des Widerspruchsbescheides erließ der Beklagte unter dem 13. Juni 2008 nur gegenüber der Klägerin einen neuen Hundesteuerbescheid , mit dem er für die Jahre 2005 und 2006 den gewöhnlichen Hundesteuersatz von jährlich 144,00 Euro und für das Jahr 2007 eine Steuer von 204,00 Euro festsetzte. Darüber hinaus enthält der Bescheid zur Festsetzung für die Folgejahre dieselben Ausführungen wie der Bescheid vom 10. August 2007.
6Gegen die festgesetzte Hundesteuer, soweit sie über den gewöhnlichen Hundesteuersatz hinausgeht, haben die Kläger am 10. Juni 2008 Anfechtungsklage erhoben. Sie haben vorgetragen: Die Steuerfestsetzung verstoße gegen den Grundsatz der Steuerfreiheit des Existenzminimums. Da der Kläger Grundsicherung erhalte, bestehe bei ihm keine eine Besteuerung rechtfertigende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die Hundehaltung sei heute nicht mehr Ausdruck einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Aufwandsteuer sei in den sozialhilferechtlichen Regelungen zum notwendigen Lebensunterhalt nicht enthalten, jedenfalls nicht die exorbitant höhere Steuer für gefährliche Hunde. Die Steuerfestsetzung sei daher widersprüchlich und als unzulässige Rechtsausübung und wegen Sozialstaatswidrigkeit rechtswidrig. Die Steuerfestsetzung sei aber auch unverhältnismäßig. Die Kläger hielten den Hund seit 1995. Unter dem Druck der Steuerlast müssten sie den Hund abgeben, was tierschutzrechtlich und wegen der von Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützten Mensch-Tier-Beziehung unzumutbar sei. Schließlich verstoße die erhöhte Besteuerung auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Der Satzungsgeber habe die Regelungen des Landeshundegesetzes übernommen, müsse aber nach der Rechtsprechung die Verantwortung für die Vereinbarkeit der Satzung mit höherrangigem Recht tragen. Die Annahme einer vermeintlich gesteigerten Aggressivität von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier sei nicht gerechtfertigt. Die Zuchtgeschichte belege, dass seit mindestens 80 Jahren die hier in Rede stehende Rasse mit dem zu Hundekampfzwecken gezüchteten Hundetyp nichts mehr gemein habe. Vielmehr handele es sich um einen bloßen Ausstellungshund. Auch sei wissenschaftlich erwiesen, dass Hunderassen als solche nicht als besonders aggressiv eingestuft werden könnten. Dies ergebe sich aus den Dissertationen der Veterinärmedizinerinnen Mittmann, Johann und Hirschfeld. Auch statistisch sei der American Staffordshire Terrier unauffällig. Um eine aussagekräftige Statistik zu erhalten, müsste diese Verletzungen nach Art und Schwere dokumentieren. Das sei bei der nordrhein-westfälischen Statistik nicht der Fall, die somit ungeeignet sei. Der Satzungsgeber sei seiner Beobachtungspflicht für die Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung nicht nachgekommen, da die gesetzlich vorgesehene Evaluierung des Landeshundegesetzes, auf dem die Satzung beruhe, nicht vorgenommen worden sei und der Satzungsgeber gar keine eigenen Untersuchungen angestellt habe. Schließlich hätten die Kläger darauf vertraut, dass sie, wie es in der Anlage zum Hundesteuerbescheid vom 29. Januar 2001 niedergelegt worden sei, wegen der Anmeldung des Hundes vor dem 1. Januar 2001 mit der Erlaubnis zur Hundehaltung keiner erhöhten Hundesteuer unterlägen.
7Die Kläger haben beantragt,
8den Hundesteuerbescheid des Beklagten vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 21. Mai 2008 aufzuheben, soweit darin Hundesteuerbeträge festgesetzt werden, welche einen monatlichen Hundesteuerbetrag in Höhe von 12,00 Euro übersteigen.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheides verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass den Klägern wegen der sozialen Verhältnisse Ratenzahlung eingeräumt worden sei.
12Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und rechtzeitig erhobene und begründete Berufung des Beklagten, mit der er vorträgt: Die Kläger seien als Halter eines gefährlichen Hundes steuerpflichtig. Die Besteuerung sei nicht unverhältnismäßig. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Einkommensbesteuerung sei nicht einschlägig, da es hier alleine um die Besteuerung eines betriebenen Aufwandes gehe, so dass es auf die Herkunft der dafür aufgewandten Mittel nicht ankomme. Der Lebensunterhalt der Kläger werde letztlich durch einen entsprechenden Vollstreckungsschutz gesichert.
13In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit eine Hundesteuer für den Zeitraum nach August 2008 festgesetzt wurde. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt.
14Der Beklagte beantragt,
15das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
16Die Kläger beantragen,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie tragen vor: Zu Recht habe das Verwaltungsgericht in der Besteuerung eine unzulässige Besteuerung desjenigen gesehen, was der Staat dem Einzelnen zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins belasse. Jedenfalls sei die Besteuerung dann unzulässig, wenn, wie hier, ein faktisches Hundehaltungsverbot ausgesprochen werde. Die Satzung bilde schon deshalb keine Rechtsgrundlage mehr, weil die Beobachtungspflicht des Satzungsgebers über die Vereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht nicht erfüllt worden sei. Aus der Beißstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen für die Jahre 2003 bis 2007 ergebe sich, dass andere Rassen genau so auffällig oder sogar auffälliger seien als Hunde der Rasse American Stafford Terrier.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der dazu beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die Klage der Klägerin richtet sich, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt worden ist, nicht nur gegen den Hundesteuerbescheid vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2008, sondern auch gegen den während des Verfahrens erlassenen Hundesteuerbescheid vom 13. Juni 2008, der gegenüber der Klägerin den steuerrechtlichen Inhalt der vorgenannten Bescheide in Form eines neuen Hundesteuerbescheides zusammenfasst.
22Vgl. dazu, dass es sich bei der Einbeziehung einer solchen wiederholenden Verfügung in den Prozess nur um eine Konkretisierung des Klagebegehrens, nicht um eine Klageänderung handelt, Wolff, in: Posser/Wolff, VwGO, § 91 Rn. 17.
23Hinsichtlich des Klägers verbleibt es bei der Anfechtung der ursprünglich angefochtenen Bescheide.
24Soweit die Bescheide aufgehoben worden sind, war das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil insofern für wirkungslos zu erklären (entsprechend §§ 92 Abs. 3, 173 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
25Die zulässige Berufung gegen den Rest des angegriffenen Urteils (erhöhte Hundesteuerfestsetzung ab August 2007 bis August 2008) ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage in diesem Punkte zu Unrecht stattgegeben. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide nämlich rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26Die ergangenen Steuerbescheide rechtfertigen sich im noch aufrechterhaltenen Teil aus §§ 1, 2 und 5 der Hundesteuersatzung der Stadt E. vom 19. August 2003 i.d.F. der Änderungssatzung vom 25. Juli 2005 (HStS). Nach § 1 Abs. 1 HStS unterliegt das Halten von Hunden im Stadtgebiet der Steuerpflicht, die nach Abs. 2 den Hundehalter oder mehrere Halter gemeinsam trifft. Diese Voraussetzungen treffen auf die Kläger zu.
27Der Steuersatz ist hier auch zutreffend gemäß § 5 Abs. 4 HStS jährlich auf 288 Euro festgesetzt worden, für das Jahr 2007 jedenfalls nicht zu Ungunsten der Kläger nur auf 204 Euro. Der erhöhte Steuersatz über 288 Euro ist anwendbar, weil von dem Hund der Kläger zwar nachgewiesenermaßen keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist, er aber ein gefährlicher Hund im Sinne des § 2 Abs. 3 Buchst. b HStS ist. Das sind u.a. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier. Eine Ermäßigung für einkommensschwache Personen, wie sie § 5 Abs. 3 HStS vorsieht, ist für satzungsrechtlich als gefährlich eingestufte Hunde ausgeschlossen (§ 5 Abs. 5 HStS).
28Diese Regelung ist nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, nichtig. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht allerdings ausgeführt, dass grundsätzlich eine erhöhte Besteuerung von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier zulässig ist.
29Maßgeblich ist, ob die normative Entscheidung des Satzungsgebers, Hunde dieser Rasse einem erhöhten Steuersatz zu unterwerfen, das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) beachtet. Danach muss der Normgeber wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandeln. Im Bereich des Steuerrechts hat der Normgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum, der erst überschritten ist, wenn kein sachlicher Grund mehr für die vorgenommene Differenzierung besteht.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a. -, BVerfGE 122, 210 (230); BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 , BVerwGE 110, 265 (272).
31Insbesondere ist der Steuernormgeber grundsätzlich nicht gehindert, außerfiskalische Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen, wenn er dabei nur den Lenkungszweck gleichheitsgerecht ausgestaltet.
32Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a. -, BVerfGE 122, 210 (231 f.).
33Unter Anlegung dieses Maßstabs ist es unbedenklich, Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier einer erhöhten Besteuerung zu unterwerfen.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 9 B 74.09 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2010 - 14 A 2480/09 -, juris Rn. 17 ff.; Beschluss vom 23. Februar 2005 - 14 A 27/04 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks; Beschluss vom 3. August 2004 - 14 A 4671/03 -, S. 2 f.; VGH Ba.-Wü., Urteil vom 26. März 2009 - 2 S 1619/08 -, juris Rn. 30 ff.; OVG M.-V., Beschluss vom 3. September 2008 - 1 L 212/05 -, juris Rn. 20 ff.; OVG Sa.-An., Urteil vom 12. Februar 2008 - 4 L 384/05 -, juris Rn. 22; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 26. November 2002 - 6 C 10609/02.OVG -, KStZ 2003, 56 (58 f.); dazu, dass es vertretbar ist, Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier als so gefährlich einzustufen, dass ihre Einfuhr und Verbringung in das Inland unterbunden werden müssen, BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 1 BvR 1778/01 -, BVerfGE 110, 141 (159 ff.).
35Daran hält der Senat fest. Wie den genannten Entscheidungen entnommen werden kann, besteht in der Fachwissenschaft zwar weitgehend Einigkeit, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht allein von seiner Rasse abhängt, jedoch sind Rassemerkmale ein Element neben anderen dafür. Das trifft namentlich auf den American Staffordshire Terrier zu, der deswegen im Hinblick auf seine körperliche Konstitution und Beißkraft und angesichts seiner früher auf Hundekampf ausgerichteten Züchtung steuerrechtlich als unerwünschter Hund zu Lenkungszwecken mit einer erhöhten Steuer belegt werden darf. Die vom Kläger dagegen ins Feld geführten an der Tierärztlichen Hochschule Hannover erstellten veterinärmedizinischen Dissertationen von Angela Mittmann, Tina Johann und Jennifer Hirschfeld sind schon vom Ansatz ungeeignet, den genannten Befund zu erschüttern. Es handelt sich um experimentelle Arbeiten, in deren Rahmen an einer Anzahl von Hunden Wesenstests durchgeführt wurden, die dahin bewertet wurden, dass keine Auffälligkeiten festzustellen seien. Damit wird von vorneherein nichts zu der Frage ausgesagt, ob die Gefährlichkeit von Hunden auch durch Rassemerkmale mitbestimmt wird. Vielmehr konnte lediglich etwas zum Verhalten der konkret untersuchten Hunde ausgesagt werden. American Staffordshire Terrier wurden dabei nur von Frau Mittmann neben weiteren fünf Rassen untersucht.
36Dass American Staffordshire Terrier generell ein auffälliges Verhalten zeigen, ergibt sich aus der vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen geführten Statistik, die auf gemeindlichen Meldungen basiert und für die Jahre seit 2003 geführt wird. Überdurchschnittlich häufig erweist sich diese Hunderasse jedes Jahr - bezogen relativ auf die registrierte Population - bei Beißvorfällen mit Menschen gegenüber den nach dem Landeshundegesetz (LHundG NRW) von der Rasse her nicht gesondert, sondern nur als "große Hunde" erfassten Hunderassen im oberen Bereich angesiedelt. Extrem ist diese Auffälligkeit bei Beißvorfällen mit Tieren, wo der American Staffordshire Terrier jedes Jahr - zum Teil deutlich - gegenüber "großen Hunden" die Spitzenstellung eingenommen hat.
37Dabei fällt weiter ins Gewicht, dass Hunde der hier in Rede stehenden Rasse nach dem Landeshundegesetz im Gegensatz zu "großen Hunden" einem besonderen Haltungsregime unterstehen, das Beißvorfälle ausschließen soll. So müssen Hunde u.a. der Rasse American Staffordshire Terrier im Gegensatz zu "großen Hunden" innerhalb des befriedeten Besitztums so gehalten werden, dass sie dieses nicht gegen den Willen des Halters verlassen können (§§ 3 Abs. 2, 5 Abs. 1 LHundG NRW). Außerhalb des befriedeten Besitztums sowie in Fluren, Aufzügen, Treppenhäusern und auf Zuwegen von Mehrfamilienhäusern besteht Leinen- und Maulkorbzwang (§ 5 Abs. 2 LHundG NRW). Für "große Hunde" besteht lediglich Leinenzwang außerhalb eines befriedeten Besitztums innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 11 Abs. 6 LHundG NRW). Diese Unterschiede führen dazu, dass selbst eine gleich hohe relative Beißvorfallquote bei Hunden unter verschärfter Haltung einerseits und bei "großen Hunden" andererseits nicht etwa eine gleich hohe Gefährlichkeit indiziert, sondern eine erhöhte Gefährlichkeit der erstgenannten Hunde, denn dann ist deren Beißvorfallquote trotz der oben genannten restriktiven, Beißvorfälle begrenzenden Haltungsbedingungen gleich hoch wie die der weniger restriktiv gehaltenen "großen Hunde". Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier in der Praxis zum größten Teil von der Maulkorbpflicht befreit seien und daher ihre Haltungsbedingungen denen "großer Hunde" angenähert seien. Zum einen betrifft dies nur einen Ausschnitt der verschärften Haltungsbedingungen, zum anderen darf eine Maulkorbbefreiung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 LHundG NRW nur erteilt werden, wenn nachgewiesen ist, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist. Wenn trotz dieser Individualprüfung, der sich "große Hunde" nicht zu unterziehen brauchen, die Beißvorfallquote der Hunde der in Rede stehenden Rassen gleich hoch sein sollte wie bei "großen Hunden", bleibt es beim Indiz erhöhter Bissigkeit jener Hunderassen, selbst wenn sie größtenteils von der Maulkorbpflicht befreit sein sollten.
38Die Einwände der Kläger gegen die Stichhaltigkeit der nordrhein-westfälischen Statistik greifen nicht durch. Es kommt für die dokumentierten Vorfälle nicht auf ihre Art und Schwere an. Auch gehäuft auftretende, wenngleich mindergewichtige Vorfälle bei einer Hunderasse berechtigen den Satzungsgeber, diese Hunderasse als unerwünscht mit einer erhöhten Steuer zu belegen. Daher reicht die genannte statistische Auffälligkeit der Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier aus, die Entscheidung des Satzungsgebers, diese Rasse wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit einem erhöhten Steuersatz zu unterwerfen, als sachlich gerechtfertigt und damit nicht willkürlich zu bewerten.
39Die Festlegung des erhöhten Steuersatzes ist auch nicht wegen Verstoßes gegen eine vom Satzungsgeber wahrzunehmende Pflicht zur Beobachtung der weiteren Entwicklung rechtswidrig. Zwar besteht eine Pflicht des Satzungsgebers zur Überprüfung einer getroffenen Regelung, wenn neues Erfahrungsmaterial für eine sachgerechtere Lösung einer bislang nur grob typisierenden und generalisierenden, in gewisser Weise "experimentellen" Regelung vorliegt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -, BVerwGE 110, 265 (276).
41Der Normgeber trägt zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Norm die Verantwortung dafür, dass eine auf ungewisser Tatsachengrundlage getroffene Regelung auch im Lichte neuerer Erkenntnisse mit höherrangigem Recht vereinbar bleibt, und muss insofern die getroffene Regelung "unter Kontrolle halten".
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2005
43- 10 B 34.05 -, NVwZ 2005, 1325.
44Solche neuen Erkenntnisse, die die bisherige satzungsrechtliche Beurteilung von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier als fehlerhaft erscheinen ließen, gibt es aber nicht, wie bereits ausgeführt wurde. Im Gegenteil bestätigen die ständig fortgeführten nordrhein-westfälischen Vorfallstatistiken die Richtigkeit der Bewertung.
45Eine von neuen Erkenntnissen losgelöste Überprüfungspflicht, bei deren Nichterfüllung die Satzungsregelung unwirksam würde, gibt es nicht. Normen sind materiell rechtswidrig und damit unwirksam, wenn sie mit höherrangigem Recht inhaltlich nicht in Einklang stehen. Eine unterlassene Verfahrenshandlung kann damit nicht zur materiellen Rechtswidrigkeit führen. Sie sind formell rechtswidrig und damit unwirksam, wenn eine für das Zustandekommen oder Wirksambleiben einer Norm vorgeschriebene Verfahrenshandlung nicht ordnungsgemäß vorgenommen wird. Eine solche Vorschrift, die zur Vermeidung eines Unwirksamwerdens der Norm eine Überprüfung und Beobachtung vorschreibt - etwa in gesetzessystematischer Anlehnung an die für das Zustandekommen einer bauplanungsrechtlichen Satzung nach § 2 Abs. 3 des Baugesetzbuches (BauGB) vorgeschriebene Ermittlung und Bewertung von Abwägungsmaterial und die Vornahme einer nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung -, gibt es für das Satzungsrecht der Hundesteuer nicht. Daher führt das bloße Unterlassen der Überprüfung und Beobachtung einer Norm, ohne dass neue Erkenntnisse vorlägen, die der bisherigen Annahme der Sachgerechtigkeit eines gesetzlichen Differenzierungsgrundes die Grundlage entzögen, nicht zur Unwirksamkeit der Norm. Demnach ist es auch unerheblich, ob die nach § 22 LHundG NRW vorgesehene Überprüfung der Auswirkungen dieses Gesetzes vorgenommen wurde, wobei selbst für dieses Gesetz allein das rechtswidrige Unterlassen der vorgeschriebenen Überprüfung mangels entsprechender gesetzlicher oder verfassungsrechtlicher Anordnung nicht zur Unwirksamkeit des Gesetzes führen würde.
46Schließlich ist die Festsetzung der erhöhten Steuer auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Kläger auf den dem Hundesteuerbescheid vom 29. Januar 2001 beigefügten, die damalige Satzungslage wiedergebenden Hinweis über die Freiheit von der erhöhten Steuer bei Anmeldung des Hundes vor einem bestimmten Stichtag vertraut hätten (in Art. 20 Abs. 3 GG verankertes Prinzip der Rechtssicherheit in der Form des Rechtsgrundsatzes des Vertrauensschutzes). Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber, also hier auch der Satzungsgeber, nicht völlig frei ist, die Rechtsfolge eines Gesetzes zwar nach Verkündung der Norm eintreten zu lassen, aber tatbestandlich Sachverhalte zu erfassen, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (tatbestandliche Rückanknüpfung oder unechte Rückwirkung). Verfassungsrechtlich wird in diesen Fällen dem allgemeinen Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit kein genereller Vorrang vor den jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen eingeräumt. Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten, demokratisch legitimierten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Es muss dem Gesetzgeber daher möglich sein, Normen, die auch in erheblichem Umfang an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen, zu erlassen und durch Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren. Die Grenzen gesetzgeberischer Regelungsbefugnis ergeben sich dabei aus einer Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl.
47Vgl. BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 2 BvR 1387/02 , BVerfGE 114, 258 (300 f.); Urteil vom 5. Februar 2004 2 BvR 2029/01 , BVerfGE 109, 133 (181 f.); BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 6 C 8.00 , BVerwGE 115, 32 (47 f.).
48Diese Maßstäbe sind hier anzulegen, da es um die Begründung einer erhöhten Steuer für einen zuvor begonnenen, also ins Werk gesetzten Steuertatbestand (Halten eines Hundes bestimmter Rasse) geht.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -, BVerwGE 110, 265 (269 f.).
50Danach besteht kein Verbot, die Hundesteuer auch für solche Hunde zu erhöhen, die bereits vor der Erhöhung angeschafft wurden. Allein der Umstand, dass ein Hundehalter seinen Hund bereits zuvor angeschafft hatte, vermag für ihn eine schutzwürdige Vertrauensposition nicht zu begründen. Die Erwartung nämlich, der bisherige steuerliche Zustand werde jedenfalls im Großen und Ganzen unverändert bleiben, reicht dafür nicht aus. Der Gesetzgeber hat, wie ausgeführt, einen weitgehenden Gestaltungsspielraum, bestehende Gesetze zu ändern und neue Pflichten zu begründen. Dementsprechend darf der Bürger nur bei besonderen Vertrauenstatbeständen erwarten, dass die Gesetzeslage unverändert bestehen bleibt. Dies gilt auch für die Schaffung einer zusätzlichen Steuer und die Änderung eines Steuertarifs.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -, BVerwGE 110, 265 (270).
52Der Umstand, dass die Rechtslage auch in einem Bescheid als Hinweis mitgeteilt wurde, verleiht dem darauf gestützten Vertrauen keine weitergehende Schutzwürdigkeit als dem Vertrauen in die Rechtslage selbst.
53Soweit hier die Besonderheit hinzukommt, dass die Kläger nicht nur in ihrem Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage enttäuscht wurden, sondern dass die Rechtsänderung dazu führen konnte, dass sie wegen ihrer beschränkten finanziellen Mittel den vor Jahren angeschafften Hund, von dem darüber hinaus keine Gefahr ausging, nicht mehr hätten behalten können, bedarf dieser Aspekt keiner besonderen steuerrechtlichen Regelung. Das notwendig auf Typisierung und Pauschalierung angelegte Steuerrecht muss nicht alle denkbaren Fallgestaltungen ausdrücklich normativ regeln. Für solche individuellen Sonderfälle sieht das Steuerrecht das Institut des (Teil-)Erlasses der Steuerschuld aus Billigkeitsgründen vor (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG i.V.m § 227 AO). Dies gibt dem Beklagten das Recht und die Pflicht, unter besonderen Umständen Härten einer den Einzelfall nicht in den Blick nehmenden Regelung auszugleichen.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -, BVerwGE 110, 265 (271), ausdrücklich für das Beispiel, dass ein seit Jahren sich friedlich verhaltender Kampfhund in ein Tierheim gegeben oder gar getötet werden müsste, weil sein Halter die erhöhte Steuerlast objektiv nicht tragen kann.
55Dies setzt allerdings die Durchführung eines verwaltungsverfahrensrechtlichen Erlassverfahrens voraus, das der Kläger bereits durch seinen mit dem Widerspruchsschreiben vom 14. August 2007 gestellten Antrag auf Erlass eingeleitet hat, der aber noch nicht beschieden wurde und bezüglich dessen auch noch keine Untätigkeits- oder Verpflichtungsklage erhoben worden ist. Das ergibt sich aus dem eindeutigen erstinstanzlichen Klageantrag, der allein eine Anfechtung des ergangenen Hundesteuerbescheides, nicht aber - auch nicht hilfsweise - eine Rechtmäßigkeit und Bestand des Steuerbescheides nicht tangierende Verpflichtung zur Gewährung eines Erlasses zum Gegenstand hat. Im vorliegenden Verfahren der Anfechtung des Steuerbescheids ist damit - trotz der in ihrer prozessrechtlichen Bedeutung unklaren Äußerungen im angegriffenen Urteil zum Anspruch auf einen Erlass - ein solcher nicht Streitgegenstand.
56Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts stellen die angefochtenen Bescheide nicht deshalb einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Abgabefreiheit als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) dar, weil mit ihnen verfassungswidrig das Existenzminimum besteuert würde. Die Hundesteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG, zu deren Erhebung die Gemeinden nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG ermächtigt sind. Aufwandsteuern erfassen (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung und besteuern damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 10 C 1.07 -, NVwZ 2008, 91.
58Weil die Hundesteuer als Aufwandsteuer nicht an Einkommen und Vermögen des Steuerpflichtigen anknüpft, sondern an einen Aufwand, den dieser sich leistet, kommt es nicht darauf an, ob sich der Steuerpflichtige im Einzelfall diesen Aufwand eigentlich nicht leisten kann.
59So für die Zweitwohnungssteuer, die ebenfalls eine örtliche Aufwandsteuer ist, BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 1 BvR 1232/00 -, BVerfGE 114, 316 (334); Beschluss vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325 (348); BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 9 C 7.08 -, NVwZ 2009, 1437 (1440).
60Die Erhebung der - auch erhöhten - Hundesteuer von Sozialhilfeempfängern ist generell kein übermäßiger und somit unverhältnismäßiger Eingriff. Zu Unrecht meint das Verwaltungsgericht, es sei wegen Unverhältnismäßigkeit verfassungswidrig, wenn eine Steuer aus demjenigen zu bezahlen sei, was der Staat dem Einzelnen zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins als Existenzminimum zur Verfügung stelle. Richtig ist alleine, dass der Staat einkommensteuerrechtlich das Existenzminimum freistellen muss. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen.
61Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06 -, BVerfGE 120, 125 (154 f.).
62Das lässt sich aber nicht auf die Besteuerung getätigten Aufwands übertragen. Während bei der Besteuerung des Existenzminimumeinkommens die bloße Tatsache der Erzielung des Einkommens die Steuerpflicht auslösen würde, so dass beim Steuerpflichtigen unvermeidlich weniger als das Existenzminimum zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs übrig bleibt, liegt die Auslösung der Steuerpflicht bei der Aufwandsteuer in der Hand des Steuerpflichtigen.
63Die Hundesteuer als örtliche Aufwandsteuer knüpft daran an, dass jemand einen über den allgemeinen Lebensbedarf hinausgehenden Aufwand treibt, so dass sich darin die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die die Besteuerung rechtfertigt, zeigt. Da die Höhe der Sozialhilfe von einem staatlich festgesetzten Regelsatz abhängt, der seinerseits an bestimmten Bruchteilen der Verbrauchsausgaben der untersten 20 v. H. der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes nach Herausnahme der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe orientiert ist (vgl. im Einzelnen §§ 28, 40 SGB XII und § 2 der Regelsatzverordnung), steht es dem einzelnen Sozialhilfeempfänger frei, auf bestimmte, vom Gesetzgeber zur Führung eines menschenwürdigen Lebens (vgl. § 1 Satz 1 SGB XII ) vorgesehene Ausgaben, etwa bei Haushaltsgeräten, Unterhaltung, Kultur oder Tabak, zu verzichten, um über den allgemeinen Lebensbedarf hinausgehende Bedürfnisse zu befriedigen, hier für die private Tierhaltung. Insofern indiziert auch bei einem Sozialhilfeempfänger die Tatsache der Hundehaltung im Einzelfall vorliegende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Wenn er meint, sich den steuerpflichtigen Aufwand mit Rücksicht auf die Deckung des notwendigen Lebensbedarfs nicht leisten zu können, muss er auf den Aufwand verzichten, also hier auf die Haltung eines erhöht besteuerten Hundes, bei der Zweitwohnungssteuer auf die Innehabung einer Zweitwohnung, bei der Vergnügungssteuer, die zwar der Veranstalter des Vergnügens schuldet, die aber auf Überwälzung auf den sich Vergnügenden angelegt ist, auf das Vergnügen. Gleiches gilt für den Verzicht auf das Halten eines Kraftfahrzeuges, wenn der Halter die Kraftfahrzeugsteuer nicht aufbringen kann.
64Vgl. zum Erlass der Kraftfahrzeugsteuer bei Sozialhilfeempfängern Finanzgericht des Landes Sachsen- Anhalt, Urteil vom 19. Januar 2005 2 K 1912/03 -, juris Rn. 3, 12; Finanzgericht München, Urteil vom 26. Oktober 1994 - 4 K 603/93 - juris; zur Kraftfahrzeugsteuer, die üblicherweise als Verkehrsteuer, z.T. aber auch als überörtliche Aufwandsteuer eingestuft wird, Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band 5, 3. Auflage, § 118 Rn. 240.
65Die Verwendung des Existenzminimumeinkommens ist Sache desjenigen, der es erzielt. Es gibt keine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, jenem durch Steuerbefreiung einen Aufwand zu ermöglichen, den er sich mit der Steuer nicht leisten kann. Daher ist die - erhöhte - Besteuerung der Hundehaltung regelmäßig auch bei Sozialhilfeempfängern keine unverhältnismäßige Belastung.
66Die Festsetzung einer Hundesteuer für Personen, die nur über das existenznotwendige Einkommen verfügen, ist auch nicht wegen erdrosselnder Wirkung der Steuer unzulässig. Die Erdrosselungswirkung einer Steuer betrifft unterschiedliche Schranken der Zulässigkeit einer Steuer. So ist eine Steuervorschrift, die faktisch zu einem Verbot des besteuerten Vorgangs und nicht mehr zu Steuereinnahmen führt, gar keine Regelung steuerlicher Art mehr, so dass sie nicht auf die Steuerkompetenz gestützt werden kann.
67Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 (115); Urteil vom 7. Mai 1998 2 BvR 1991/95 -, BVerfGE 98, 106 (118); Beschluss vom 8. Dezember 1970 1 BvR 95/68 -, BVerfGE 29, 327 (331).
68Darüber hinaus markiert die Erdrosselungswirkung einer Steuer eine grundrechtliche Schranke. Die Steuer stellt einen unzulässigen Eigentumseingriff (Art. 14 Abs. 1 GG) dar, wenn die Geldleistungspflicht den Betroffenen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, so dass sie etwa die Fortführung von Unternehmen regelmäßig unmöglich macht.
69Vgl. BVerfG, Urteil vom 8. April 1997 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267 (300 f.); unter diesen Voraussetzungen wird auch ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG erwogen, vgl. Beschluss vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 (113).
70Schließlich bezeichnet die steuerrechtliche Erdrosselungswirkung auch den unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die Steuer es in aller Regel unmöglich macht, den von der Steuer betroffenen Beruf zur Grundlage der Lebensführung zu machen.
71Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 (29); Urteil vom 22. Mai 1963 1 BvR 78/56 -, BVerfGE 16, 147 (175).
72Alle diese Grenzen sind hier nicht betroffen: Die erhöhte Hundesteuer führt nicht zu einem faktischen Verbot der Haltung gefährlicher Hunde im Sinne des Hundesteuerrechts, so dass keine Verbotsnorm im bloß formellen Kleid einer Steuernorm vorliegt. Sie stellt auch keine übermäßige Belastung und grundlegende Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse eines Sozialhilfeempfängers dar, wie oben bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gezeigt wurde, denn es liegt in der Hand des Steuerpflichtigen, ob er den steuerpflichtigen Aufwand betreibt und damit eine Beeinträchtigung seiner Vermögensverhältnisse in Kauf nimmt.
73Allerdings liegt in der Auferlegung der erhöhten Hundesteuer nicht nur ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne der Abgabefreiheit, sondern auch wegen der mit der erhöhten Hundesteuer bezweckten Lenkungswirkung ein Eingriff in die von der allgemeinen Handlungsfreiheit umfasste Freiheit zur Hundehaltung. Schon die allgemeine Hundesteuer wird nämlich nicht nur wegen ihres wirtschaftlichen Ertrages erhoben, sondern verfolgt darüber hinaus den Zweck, die Hundehaltung und die damit verbundenen Belästigungen und Gefahren für die Allgemeinheit einzudämmen.
74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 1978 7 B 73.77 -, NJW 1978, 1870; Urteil vom 9. Oktober 1959 VII C 97.58 -, NJW 1960, 165; BFH, Urteil vom 14. Oktober 1987 II R 11/85 -, BFHE 151, 285 (287); OVG NRW, Urteil vom 24. April 1977 II A 1394/75 -, OVGE 33, 44 (45).
75Dies gilt erst Recht für die erhöhte Hundesteuer bei als gefährlich eingestuften Hunden. Daher muss sich die Hundesteuer grundrechtlich nicht nur an der allgemeinen Handlungsfreiheit im Sinne der Abgabefreiheit messen lassen, sondern auch insofern, als sie gezielt verhaltensregulierend auf die von der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützte Hundehaltung einwirkt.
76Vgl. Selmer/Brodersen, Die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts, DVBl 2000, 1153 (1165); grundlegend zur Bedeutung der Grundrechte für Lenkungssteuern: Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 214 ff.
77Indes kann die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG durch jede verfassungskonforme, insbesondere verhältnismäßige Norm beschränkt werden. Regelmäßig bleibt die Hundehaltung auch die erhöht besteuerter Hunde als von der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Tätigkeit auch bei der Besteuerung möglich. Die Unmöglichkeit der Hundehaltung im Einzelfall wegen nicht ausreichender finanzieller Mittel zur Bezahlung der Hundesteuer, wie dies etwa auch bei den Klägern unterstellt werden kann, begründet noch keine unverhältnismäßige Einschränkung der Freiheit zur Hundehaltung, da es dafür allein, wie bei der berufsfreiheitlichen Erdrosselungswirkung, auf die regelmäßige Folge der Besteuerung ankommt. Ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit könnte nur dann bei einer solchen auf den Einzelfall beschränkten Wirkung bejaht werden, wenn es eine grundrechtliche Pflicht gäbe, auf die Besteuerung eines Verhaltens (hier: Haltung erhöht besteuerter Hunde) dann zu verzichten, wenn nur ohne Besteuerung der Aufwand für das Verhalten finanziert werden kann. Eine solche Pflicht gibt es nicht.
78Die Grundrechtsbetätigung der Hundehaltung wird hier zwar mit der Finanzierung der Abgabenschuld verknüpft, was in der Literatur gelegentlich als "verfassungsrechtliches Ärgernis" bezeichnet wird.
79Vgl. Ferdinand Kirchhof, Die Tauglichkeit von Abgaben zur Lenkung des Verhaltens, DVBl. 2000, 1166 (1170).
80Es bleibt aber dabei, dass durch die Steuer lediglich vom lenkenden Staat für die Grundrechtsausübung ein Vermeidungsanreiz gesetzt wird. Die Tatsache, dass sich der Vermeidungsanreiz im Einzelfall zur Notwendigkeit verdichtet, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Steuernorm, weil es keinen grundrechtlichen Anspruch darauf gibt, finanziell so gestellt zu werden, dass man sich jedwede besteuerte grundrechtlich geschützte Verhaltensweise erlauben kann.
81Verfahrensrechtlich fehlerfrei, nämlich weder zu früh noch ohne erforderliche Bedingung (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst b KAG i.V.m. § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO), ist die Steuerfestsetzung in den angefochtenen Bescheiden hinsichtlich des noch aufrecht erhaltenen Zeitraums bis August 2008 festgesetzt worden.
82Die Steuerpflicht beginnt mit dem Ersten des Monats der Hundehaltung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HStS) und wird als Jahressteuer festgesetzt (§ 9 Abs. 1 HStS). Während des Steuerjahres kann die Steuerschuld sich durch ein Ende der Steuerpflicht wieder verringern (§ 8 HStS). Von daher gibt es nichts dagegen zu erinnern, wenn zu Beginn des Steuerjahres die Hundesteuer festgesetzt wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 155 Abs. 1 AO). Da die letzte Verwaltungsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2008 und Hundesteuerbescheid gegenüber der Klägerin vom 13. Juni 2008 getroffen wurde, konnten Steuern bis einschließlich des Steuerjahres 2008 festgesetzt werden.
83Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
84Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.