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Die textliche Festsetzung Nr. 4 des Bebauungsplans Nr. 03.079 - An der C. / X. Straße - 2. Änderung der Stadt I. ist unwirksam.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
2Der Antragsteller wendet sich gegen die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 "An der C. /X. Straße" der Antragsgegnerin.
3Der Bebauungsplan erfasst ein Areal, das südlich der in West-Ost-Richtung verlaufenden Bundesautobahn A 2 liegt. Rd. 300 m westlich des Plangebiets führt die X2. Straße (B 63) von I. nach Süden; sie ist mittels der Anschlussstelle I.- S. mit der A 2 verknüpft. Rd. 1,25 km östlich der X2. Straße führt die X. Straße (L 669), die zugleich die Ostgrenze des Plangebiets des strittigen Bebauungsplans bildet, gleichfalls von I. nach Süden; sie ist nicht mit der Autobahn verknüpft, sondern überquert sie. Das zwischen der A 2 im Norden, der X2. Straße im Westen und der X. Straße im Osten gelegene Gelände ist bis zum rd. 650 bis 750 m von der A 2 entfernten P. Weg, der die X2. Straße mit der X. Straße verbindet, nahezu vollständig gewerblich genutzt. Die hier strittige 2. Änderung soll die gewerblichen Nutzflächen über den P. Weg hinaus um 300 bis 400 m Tiefe nach Süden erweitern, und zwar in einer gegenüber der Urfassung des Bebauungsplans Nr. 03.079 inhaltlich geänderten und räumlich erweiterten Form. Ferner weist die 2. Änderung zwei private Grünflächen (Regenrückhaltebecken) aus, die bis zu rd. 130 m weiter nach Süden reichen.
4Der Antragsteller führt einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb, dessen Hofstelle (An der C. 2) rd. 100 m südlich des Plangebiets mit den gewerblichen Nutzflächen und gut 50 m südwestlich der westlichen Grünfläche liegt.
5Der nachfolgende Übersichtsplan gibt schwarz umrandet das Gebiet des strittigen Bebauungsplans sowie dessen Umgebung bis zur A 2 im Norden und dem Wohnhaus des ursprünglich am Verfahren beteiligten weiteren Antragstellers (Herr Q. ) im Süden wieder. Der Standort der Hofstelle des Antragstellers ist mit "2" gekennzeichnet; der Standort des Wohnhauses des ursprünglich weiteren Antragstellers ist mit "1" gekennzeichnet. Südlich des östlichen Teils des Plangebiets befindet sich ein im Landschaftsplan der Antragsgegnerin ausgewiesenes Naturschutzgebiet.
6Die Karte wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen entfernt.
7Die 2006/2007 aufgestellte Urfassung des Bebauungsplans Nr. 03.079 wies übereinstimmend mit der 163. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin bereits die Flächen der hier strittigen 2. Änderung mit Ausnahme der südlichen Grünflächen sowie des im vorstehenden Übersichtsplan schraffiert dargestellten Bereichs als gewerbliche Nutzflächen aus, um den bestehenden gewerblichen Bereich südlich der Autobahn nach dessen weitgehender Ausnutzung in Richtung Süden erweitern zu können. Die in dem in der Urfassung ausgenommenen (schraffierten) Bereich vorhandene frühere Hofstelle ist von der Antragsgegnerin zwischenzeitlich erworben worden und soll beseitigt werden.
8Der konkrete Ansiedlungswunsch eines Unternehmens (Europa-Zentrallogistik der Fa. U. ) veranlasste die Antragsgegnerin, im Jahr 2007 die 1. (vereinfachte) Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 aufzustellen. Diese mit Satzungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 23. Oktober 2007 erfolgte 1. Änderung, die am 18. Januar 2008 bekannt gemacht wurde, erfasste den westlichen Bereich des Bebauungsplans Nr. 03.079 bis nahe der nunmehr überplanten Hofstelle und setzte hier gegliederte Gewerbe- und Industriegebiete fest. Der Geltungsbereich der 1. Änderung wie auch der gesamte Geltungsbereich der Urfassung des Bebauungsplans Nr. 03.079 wird nunmehr überlagert durch die hier strittige 2. Änderung.
9Dieser Plan trifft im Wesentlichen folgende Festsetzungen:
10Den Nordrand des Plangebiets bildet der als Straßenverkehrsfläche ausgewiesene P. Weg, der an seiner Nordseite weitgehend von einem schmalen Streifen öffentliche Grünflächen "Grünanlage" begleitet wird. Den Westrand des Plangebiets bildet der als 2 bzw. 4 m breite Straßenverkehrsfläche ausgewiesene Weg An der C. . Neben diesem ist - durch einen schmalen Grünstreifen vom Weg An der C. getrennt - eine weitere vom P. Weg nach Süden führende Straßenverkehrsfläche von 7,50 m Breite ausgewiesen. Diese endet nahe der Südwestecke des Plangebiets mit einem rd. 110 m von der Hofstelle des Antragstellers entfernten Wendekreis, der eine Verbindung zu dem ab hier 4 m breiten, nach Süden aus dem Plangebiet heraus führenden Abschnitt des Wegs An der C. erhalten soll. Den Südrand des Plangebiets bildet durchgehend ein rd. 20 m breiter Streifen öffentliche Grünfläche "Grünanlage (Ausgleichsmaßnahme)", an den sich zwei rd. 70 bzw. 160 m breite private Grünflächen "naturgestaltetes Regenrückhaltebecken" anschließen, die maximal rd. 130 m weiter nach Süden reichen. Die Ostgrenze des Plangebiets bildet die
11X. Straße, für die im Plan an ihrem Westrand ein über die bisherige Straßenbreite hinausgehender schmaler Streifen Straßenverkehrsfläche festgesetzt ist.
12Der gesamte übrige Bereich des Plangebiets ist - mit Ausnahme eines 10 m breiten Streifens öffentliche Grünfläche "Grünanlage", der das Plangebiet im östlichen Drittel von Norden nach Süden durchquert - als Gewerbe- bzw. Industriegebiet ausgewiesen. Die Gewerbegebietsausweisung beschränkt sich dabei auf einen rd. 90 m breiten Streifen, der entlang der an der Westgrenze des Plangebiets festgesetzten (neuen) Stichstraße verläuft. Die textlichen Festsetzungen geben für die Gewerbe- und Industriegebiete vor, dass nur bestimmte Betriebe nach diversen Abstandsklassen der der Planurkunde aufgedruckten Abstandsliste 2007 - teilweise nur ausnahmsweise - zulässig sind. Für die Gewerbe- und Industriegebiete ist ferner als abweichende Bauweise vorgegeben, dass Gebäude eine Länge von 50 m überschreiten dürfen, wobei die Bestimmungen des § 22 Abs. 2 BauNVO bezüglich des seitlichen Grenzabstandes unberührt bleiben. Die Grundflächenzahl ist durchgehend mit 0,8 und die Geschossflächenzahl mit 1,6 vorgegeben; die Erdgeschossfußbodenhöhe ist durchgehend auf max. 96 m über NHN festgesetzt. Der Plan gibt ferner für jeweils abgegrenzte Bereiche der festgesetzten Gewerbe- und Industriegebiete unterschiedliche maximale Gebäudehöhen von 14 m, 20 m und 35 m vor; letztere erfassen einen im nördlichen Teil des mittleren Plangebiets gelegenen Bereich. Durch Baugrenzen ist vorgegeben, dass die überbaubaren Grundstücksflächen im Bereich westlich der das Plangebiet durchquerenden Grünfläche zu den Grenzen der Baugebiete im Wesentlichen einen Abstand von rd. 25 bis gut 30 m einhalten. Für die festgesetzten Gewerbe- und Industriegebiete sind Einzelhandelsbetriebe sowie Verkaufs- und Handwerksbetriebe, die sich ganz oder teilweise an die Endverbraucher wenden, für nicht zulässig erklärt (Nr. 3 der textlichen Festsetzungen). Hinsichtlich der innerhalb der Gewerbe- und Industriegebiete ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ist vorgegeben, dass sie nur innerhalb der Betriebsgebäude eingerichtet oder angebaut werden dürfen (Nr. 4 der textlichen Festsetzungen). Ferner enthält der Plan insbesondere nähere Festsetzungen zu den die Baugebiete im Norden, Westen, Süden und Osten umrahmenden schmalen Streifen zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen, zu Anpflanzungen in den öffentlichen Grünflächen, zur naturnahen Gestaltung der Regenrückhaltebecken sowie örtliche Bauvorschriften.
13Das Verfahren zur Aufstellung der hier strittigen 2. Änderung nahm folgenden Verlauf:
14Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Anschreiben vom 11. September 2007 - teilweise per Email - gemäß § 4 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der beabsichtigten 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 sowie der im Parallelverfahren aufzustellenden 219. Änderung des Flächennutzungsplans beteiligt und dabei insbesondere auch zu Äußerungen zum erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgefordert. Es gingen diverse Stellungnahmen ein. Die Bezirksregierung B. - Umweltverwaltung - führte mit Schreiben vom 20. September 2007 im Hinblick auf die Integration der am P. Weg vorhandenen Wohnbaubereiche in das Plangebiet sowie die Neuausrichtung der Gliederungssystematik nach der Abstandsliste aus, gegen die Planungsabsichten bestünden keine grundsätzlichen Bedenken.
15Gemäß öffentlicher Bekanntmachung vom 22. September 2007 wurde die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 1 BauGB in Form einer Bürgerversammlung am 8. Oktober 2007 durchgeführt, an der zahlreiche Bürger - darunter der Antragsteller - teilnahmen. Am 23. Oktober 2007 fasste der Rat der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für die 2. Änderung, nahm die Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zur Kenntnis und beschloss die Offenlegung des Planentwurfs. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Anschreiben vom 12. November 2007 gem. § 4 Abs. 2 BauGB beteiligt. Die Offenlegung des Planentwurfs fand gem. Bekanntmachung vom 27. Oktober 2007 in der Zeit vom 6. November bis 7. Dezember 2007 statt. Gegenstand der Offenlegung waren der Planentwurf und der Entwurf der Begründung einschließlich des als Teil der Begründung - auch zur 219. Änderung des Flächennutzungsplans - erstellten gemeinsamen Umweltberichts. In der Bekanntmachung wurde zugleich darauf hingewiesen, dass als wesentliche umweltbezogene Stellungnahme die der Bezirksregierung B. (früher Staatliches Umweltamt) eingesehen werden könne. Seitens der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden keine Bedenken gegen die Planung geltend gemacht. Von privater Seite gingen hingegen zahlreiche Einwände gegen die Planung ein, darunter auch des Antragstellers. Auch der BUND I. und der NABU Stadtverband I. machten mit Schreiben vom 6. bzw. 7. Dezember 2007 diverse Beeinträchtigungen von Umweltbelangen durch die Änderungen des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans geltend.
16Am 29. Januar 2008 befasste sich der Rat der Antragsgegnerin mit den anlässlich der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen, denen er entsprechend den Vorlagen der Verwaltung Nr. 1790/07 einschließlich 1. Ergänzung im Wesentlichen nicht folgte. In der Vorlage Nr. 1790/07 ist unter 4.4 der Stellungnahme der Verwaltung ausgeführt, in einem gesonderten Verfahren werde aus Gründen des öffentlichen Interesses eine Befreiung von den Vorschriften des Artenschutzes für den Steinkauz und den Neuntöter beantragt; in der 1. Ergänzung dieser Vorlage heißt es weiter, inzwischen liege die artenschutzrechtliche Genehmigung mit Schreiben vom 23. Januar 2008 vor. Grundlage dieser Genehmigung war ein Artenschutzfachliches Gutachten "Avifauna" (Avifauna- Gutachten) vom 16. Januar 2008.
17Am 29. Januar 2008 fasste der Rat der Antragsgegnerin ferner den Satzungsbeschluss zur 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 und beschloss die Begründung vom 21. Dezember 2007. Am selben Tag beschloss der Rat auch die im Parallelverfahren aufgestellte 219. Änderung des Flächennutzungsplans.
18Nach Erlass des Satzungsbeschlusses wurde zum Avifauna-Gutachten vom 16. Januar 2008 eine Ergänzung vom 20. April 2008 (Avifauna-Ergänzungsgut-achten) eingeholt. Mit an das Planungsamt der Antragsgegnerin gerichtetem Schreiben vom 21. April 2008 führte das Umweltamt der Antragsgegnerin aus, die formale Richtigkeit der artenschutzrechtlichen Genehmigung vom 23. Januar 2008 sei im Hinblick auf die 1. Änderung des BNatSchG vom 17. Dezember 2007 (in Kraft getreten am 18. Dezember 2007) überprüft worden; diese Prüfung habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG für die beiden europäischen Vogelarten Steinkauz (Athene nuctoa) und Neuntöter (Lanius collurio) nicht erfüllt würden und dass zusätzliche artenschutzrechtliche Entscheidungen nicht erforderlich seien; die artenschutzrechtliche Befreiung vom 23. Januar 2008 sei somit gegenstandslos.
19Der Satzungsbeschluss zur strittigen 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.709 und die Genehmigung der 219. Änderung des Flächennutzungsplans vom 14. März 2008 wurden am 7. Mai 2008 bekannt gemacht.
20Der Antragsteller hat bereits am 25. Februar 2008 - gemeinsam mit einem weiteren Antragsteller (Herr Q. ) - den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt, der sich zunächst gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 der Antragsgegnerin richtete. Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2008 haben beide Antragsteller den Antrag auf die zwischenzeitlich in Kraft getretene 2. Änderung erweitert. Der Senat hat mit Beschluss vom 26. Januar 2009 den gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 gerichteten Antrag beider Antragsteller von dem vorliegenden Verfahren abgetrennt; dieses abgetrennte Verfahren (7 D 16/09.NE) ist in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2009 im Hinblick auf die 2. Änderung für erledigt erklärt und eingestellt worden. Mit weiterem Beschluss vom 26. Januar 2009 hat der Senat auch den gegen die 2. Änderung gerichteten Antrag des weiteren Antragstellers (Herr Q. ) vom vorliegenden Verfahren angetrennt; dieser weitere abgetrennte Normenkontrollantrag (7 D 17/09.NE) ist in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2009 zurückgenommen worden.
21Den am 17. Juni 2008 gestellten Antrag beider Antragsteller, die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 außer Vollzug zu setzen, hat der Senat mit Beschluss vom 29. August 2008 - 7 B 915/08.NE - im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller hätten bei der anstehenden Planumsetzung keine beachtlichen nachteiligen Folgen zu gewärtigen.
22Zur Begründung seines vorliegenden Normenkontrollantrags, der sich nunmehr nur noch gegen die 2. Änderung richtet, trägt der Antragsteller unter Einbeziehung des Vortrags im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen vor:
23Sein Normenkontrollantrag sei zulässig, denn er sei als "Plannachbar" antragsbefugt. Nicht nur die zu erwartende Lärmbelastung, sondern auch die als geschützter Belang berücksichtigungsfähige optische Belastung eines Baukörpers der hier in Rede stehenden Dimension sei ein abwägungserheblicher Belang, der ihm Drittschutz gewährleiste.
24Der Antrag sei auch begründet.
25Obwohl sich der angegriffene Bebauungsplan "Änderung" nenne, handele es sich um eine Neuaufstellung nach grundlegend geänderten Vorgaben. So werde der bei weitem größte Bereich des Plangebiets als Industriegebiet festgesetzt, während der "Vorgängerplan" (gemeint ist die Urfassung des Bebauungsplans Nr. 03.079) nur ein Gewerbegebiet festgesetzt habe.
26In Hinblick auf den Artenschutz sei der Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB rechtswidrig, da er auf unabsehbare Zeit aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig sei. Schon der Umweltbericht stelle unter Nr. 1.5.3.1 positiv fest, dass die Laubfroschvorkommen im Untersuchungsgebiet bemerkenswert seien; ferner sei die im Bereich der alten Hofstelle befindliche Obstwiese als besonderer Lebensraum des Neuntöters und des Steinkauzes (Nisthilfe) zu nennen. Das Vorhandensein streng geschützer Arten sei mithin positiv festgestellt worden. Die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG seien erfüllt. Eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG sei nicht erteilt und könne auch nicht rechtmäßigerweise erteilt werden. Der Bau eines Logistikzentrums für Billigprodukte aus Fernost zur Verteilung in 1-Euro-Läden sei kein zwingender Grund im Sinne von § 43 Abs. 8 BNatSchG. Das vor dem Satzungsbeschluss erstellte Avifauna- Gutachten führe zwar aus, dass das Bruthabitat (Nisthilfe) verlegt werden könne. Dies sei jedoch nicht geschehen. Es sei auch nicht erkennbar, wo es überhaupt ein geeignetes Ersatzhabitat gebe und ob der Steinkauz ein Angebot zur Verlegung seines Bruthabitats annehmen würde.
27Das Avifauna-Gutachten lege unter Nr. 1.3 ferner dar, dass Feldarbeiten zur Erfassung der tatsächlich betroffenen Arten nicht möglich gewesen seien. Der Gutachter habe die Örtlichkeit nicht in Augenschein genommen, sondern auf vorhandene Grundlagen, nämlich den Umweltbericht zum Bebauungsplan, das Umweltinformationssystem der Antragsgegnerin, dessen wissenschaftliche Qualität nicht dargelegt oder sonst ersichtlich sei, sowie offizielle Verlautbarungen des LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen) zurückgegriffen. Dies sei sachfremd. Soweit sich die Antragsgegnerin hinsichtlich des Fehlens von Erkenntnissen über das Vorhandensein von Fledermausarten auf eine Untersuchung im Zusammenhang mit dem geplanten Bau der A 445 beziehe, verschweige sie, dass sich diese Untersuchung auf den Raum westlich der B 63 (X2. Straße) beschränke und folglich keine Aussagen für den hier relevanten Bereich östlich der B 63 gemacht habe.
28Ferner beruft sich der Antragsteller auf ein im Verfahren 7 B 915/08.NE vorgelegtes Privatgutachten des Sachverständigen Dr. M. . Dieser habe dargelegt, dass im Plangebiet auch streng geschützte Fledermausarten vorkommen müssten und von ihm gesehen worden seien; nach Untersuchungen der NABU seien im Jahr 2008 im Planbereich 10 Registrierungen von Zwerg- und Fransenfledermäusen gemacht worden. Insgesamt komme der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass im Planbereich bzw. im einwirkenden Umfeld mindestens 20 planungsrelevante, streng geschützte Tierarten aufträten, die die Planung weit überwiegend nicht einmal in den Blick genommen habe.
29Der Antragsteller rügt ferner, die naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelungen seien aus mehreren Gründen fehlerhaft.
30Nach einer Fußnotenbemerkung zu Nr. 1.5.7.1 gehe der Umweltbericht davon aus, der Planungsinhalt des noch nicht umgesetzten Vorgängerbebauungsplans gelte als vorgefundener Bestand. Folglich erkenne der Plan nur die zusätzlichen Eingriffe und Beeinträchtigungen des aktuellen Plans als ausgleichs- und ersatzwürdig an. Zum Ausgleich und Ersatz für den Vorgängerbebauungsplan sage die Planbegründung nichts. Hinsichtlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die nur teilweise im Plan festgesetzt seien, werde ferner weitgehend auf die städtische Wirtschaftsförderungs-GmbH verwiesen, mit der es Verträge über einen Ankauf des benötigten Geländes und die Durchführung der Kompensationsmaßnahmen gebe. Diese vertraglichen Vereinbarungen seien nicht Bestandteil der Verwaltungsvorgänge, so dass nicht beurteilt werden könne, ob sie geeignet seien, Festsetzungen des Bebauungsplans zu ersetzen. Es spreche auch alles dafür, dass sie beim Satzungsbeschluss noch nicht vorgelegen hätten und damit dem Rat nicht bekannt gewesen seien.
31Die Antragsgegnerin habe ferner die Belange des Immissionsschutzes verkannt.
32Der Bebauungsplan sei sehr konkret vorhabenbezogen, da er der Ansiedlung der Europa- Zentrallogistik der Firma U. diene. Mit dem Baukörper von 650 x 200 m werde die westliche Planhälfte bis zu der das Plangebiet in Nord-Süd-Richtung durchquerenden Grünfläche ausgenutzt. Im restlichen östlichen Planbereich solle ein Stahlhandel angesiedelt werden, so dass mit diesen beiden Betrieben das Plangebiet "voll gelaufen" sei. Dabei solle das GI-Gebiet die Voraussetzungen für einen 24-Stunden-Betrieb mindestens des Logistikzentrums schaffen. Er, der Antragsteller, sei in besonderer Weise betroffen, weil gewissermaßen vor seiner Haustür ein Lkw-Wendeplatz festgesetzt sei, der offenbar eine Verteilerfunktion für die Umfahrungserschließung des Logistikzentrums haben solle. Diesen Wendeplatz sehe der Vorgängerbebauungsplan nicht vor. Unter diesen Umständen stelle das Fehlen einer sachverständigen Schallausbreitungsberechnung einen erheblichen Mangel dar.
33In der Bebauungsplanbegründung sei die Erstellung einer Schallausbreitungsberechnung als entbehrlich angesehen worden, weil für den Vorgängerbebauungsplan ermittelt worden sei, dass für den Bereich des P. Weges bei einer Belastung von 3.500 Kfz/Tag keine unzumutbaren Werte (Richtwertüberschreitungen) festgestellt worden seien und nach Angaben des Betreibers nunmehr nur noch mit 2.300 Kfz/Tag zu rechnen sei. Es sei jedoch nicht erkennbar, welche Werte - nach der 16. BImSchV oder der DIN 18005 - damit gemeint seien. Auch sei unklar, welche Immissionsorte betrachtet worden und wie hoch die Vorbelastung und die Zusatzbelastung seien. Auch sei offenbar nur die Belastung des P. Weges in den Blick genommen worden, nicht hingegen der Lärm auf dem Grundstück selbst sowie des auf dem benachbarten Grundstück geplanten Stahlhandels. Die Angabe des Betreibers von 2.300 Kfz/Tag sei nicht nachprüfbar belegt. In einer Planungssituation dieser Art habe ein qualifiziertes Verkehrsgutachten und darauf aufbauend eine sachverständige Schallausbreitungsberechnung erstellt werden müssen. Der Verzicht auf sachverständige Ermittlungen habe offenbar auf dem Zeitdruck des Investors beruht, der mit einer Erweiterung des in Dortmund bereits bestehenden und dort zu klein gewordenen Logistikzentrums gedroht habe.
34Dem Ermittlungsdefizit könne der Grundsatz der planerischen Zurückhaltung nicht entgegengehalten werden. Je konkreter und vorhabenbezogener eine Planung sei, desto geringer würden die Möglichkeiten des Konflikttransfers in das Einzelgenehmigungsverfahren. So seien hier die Bauhöhen sehr differenziert nach den Vorgaben des Vorhabenträgers festgesetzt worden. Aus der Sicht der betroffenen Nachbarn sei es unzumutbar, sich auf einen Jahrzehnte langen Abwehrkampf gegen ein Vorhaben in Einzelgenehmigungsverfahren einzulassen, das in "Salami-Taktik" verwirklicht werde, wenn schon auf der Ebene der Bauleitplanung alle Informationen verfügbar seien, um das Gesamtvorhaben abzuschätzen und die Konflikte zu klären.
35Zu beanstanden sei auch die Gliederung nach der Abstandsliste. Der im Bebauungsplan als Industriegebiet festgesetzte Bereich beginne etwa 180 m von seinem, des Antragstellers, Wohnhaus entfernt. Hier seien nur Betriebe ab der Abstandsklasse V allgemein zulässig, die einen Abstand von 300 m zur Wohnbebauung einzuhalten hätten. Das geplante Logistikzentrum unterfalle der Nummer 159 der Abstandsliste (Speditionen aller Art sowie Betriebe zum Umschlag größerer Gütermengen). Um diesen Betrieb auch im westlichen Teil des Plangebiets (Gewerbegebiet) genehmigungsrechtlich zu ermöglichen, seien dort verschiedene Betriebe der Abstandsklasse V - unter anderem der Nr. 159 - für ausnahmsweise zulässig erklärt worden, wenn die von diesen Betrieben ausgehenden Emissionen so begrenzt würden, dass sie die von den allgemein zulässigen Betrieben ausgehenden Emissionen nicht überschreiten. Im weiter östlich gelegenen Industriegebiet seien zwar diverse Betriebsarten der Abstandsklasse V - unter anderem auch Betriebe der Nr. 159 - für allgemein zulässig erklärt worden; die weiteren nicht benannten Betriebsarten dieser Abstandsklasse seien aber nur für ausnahmsweise zulässig erklärt worden, sofern ihr Immissionsgrad den Merkmalen der Abstandsklasse VII entspreche. Die für das Gewerbegebiet getroffene Vorgabe eines Abstellens auf die "Emissionen" verstoße bereits gegen den allgemein im Immissionsschutzrecht geltenden Akzeptorbezug. Auch dürfte es rein praktisch nicht möglich sein, einen Betrieb der Nr. 159 in der hier vorgesehenen beachtlichen Größenordnung, der typischerweise mit Nachtbetrieb verbunden sei, auf ein solches Emissionsniveau zu "miniaturieren", dass er Betrieben der Abstandsklasse VII - z.B. Schlossereien, Schreinereien, Kfz-Reparaturwerkstätten - entspreche. Demgegenüber hätten im südwestlichen Zipfel des Plangebiets immissionsfreundlichere Nutzungen festgesetzt werden können oder es wäre die Vorgabe eines immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegels in Betracht gekommen. Die Gliederungen nach der Abstandsliste seien danach "Placebo-indiziert" und mit Blick auf das Einzelgenehmigungsverfahren unrealistisch. Das seitens der Antragsgegnerin im Gerichtsverfahren vorgelegte Schallgutachten vom 14. August 2008 berücksichtige nur die Auswirkungen des I. Bauabschnitts des Logistikzentrums, für das weitere Bauabschnitte geplant seien, und nicht auch des Stahlhandels im östlichen Planbereich; es könne daher ein Gutachten auf der Planungsebene nicht ersetzen. Soweit in dem Gutachten für das Logistikzentrum von Lärmschutzeinrichtungen ausgegangen werde, setze der Bebauungsplan solche im Übrigen gerade nicht fest.
36Schließlich weist der Antragsteller darauf hin, dass sich die Ansiedlung der Logistik- Zentrale von U. zwischenzeitlich erledigt habe; das Unternehmen habe von der Schaffung eines neuen Standorts im Gebiet der Antragsgegnerin abgesehen.
37Der Antragsteller beantragt,
38den Bebauungsplan Nr. 03.079 - An der C. / X. Straße - 2. Änderung der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
39Die Antragsgegnerin beantragt,
40den Antrag abzulehnen.
41Sie trägt gleichfalls unter Einbeziehung ihres Vorbringens im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen vor:
42Die Belange des Immissionsschutzes seien fehlerfrei berücksichtigt worden. Das Plangebiet liege innerhalb eines Bereichs, der im Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche dargestellt sei sowie teilweise an weitere Gewerbegebietsflächen und teilweise an den Außenbereich angrenze. In dieser Situation habe es ausgereicht, das Plangebiet mit Blick auf die Wohnnutzung im Außenbereich auf der Grundlage der Abstandsliste zu gliedern. Dass sie - die Antragsgegnerin - im Übrigen planerische Zurückhaltung geübt habe, sei nicht zu beanstanden. Sie habe ohne weiteres davon ausgehen können, dass sich etwaige Immissionskonflikte zwischen Wohnnutzungen im Außenbereich und gewerblichen Nutzungen im Plangebiet, die nicht schon durch die Gliederungen verhindert würden, im Baugenehmigungsverfahren lösen ließen. Dies werde durch die schalltechnische Untersuchung vom 14. August 2008 für das vorgesehene Logistikzentrum bestätigt. Hiernach würden am Wohnhaus des Antragstellers, bei dem die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet hinzunehmen seien, die einschlägigen Richtwerte nach der TA Lärm für die Tagzeit um 16 dB (A) und die Nachtzeit um 9 dB (A) unterschritten.
43Soweit die textlichen Festsetzungen hinsichtlich der ausnahmsweisen Zulässigkeit bestimmter Betriebsarten auf deren Emissionsverhalten abstellten, entspreche dies der Vorgabe von Nr. 2.4.1.1 Buchst. b) des Abstandserlasses zur Festsetzung von Ausnahmemöglichkeiten nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach durch besondere technische Maßnahmen oder durch Betriebsbeschränkungen - insbesondere Verzicht auf Nachtarbeit - im Einzelfall die Emissionen so begrenzt werden könnten, dass schädliche Umwelteinwirkungen vermieden würden. Dies könne an Hand der im Einzelfall vorzulegenden genauen Antragsunterlagen schlüssig geprüft werden. Die Ausführungen des Antragstellers zum angeblichen Vorhabenbezug des strittigen Bebauungsplans vernachlässigten, dass es sich letztlich um einen Angebotsbebauungsplan handele.
44Die weiteren Einwände des Antragstellers gegen die Gliederung seien nicht verständlich. Bei den Betriebsarten, die neben denen der Abstandsklasse VII allgemein oder ausnahmsweise zulässig sein sollen, handele es sich um solche, die in der Abstandsliste mit (*) gekennzeichnet seien. Bei ihnen ergebe sich der in der Liste vorgesehene Abstand ausschließlich oder weit überwiegend aus Gründen des Lärmschutzes; insoweit könnten nach Nr. 2.2.2.5 des Abstandserlasses zur Festsetzung der Abstände zwischen Industrie- oder Gewerbegebieten einerseits und Misch-, Kern- oder Dorfgebieten andererseits die Abstände der übernächsten Abstandsklasse zugrunde gelegt werden. Dem entspreche die textliche Festsetzung 1.2 des Bebauungsplans. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass im (westlichen) Gewerbegebiet Betriebe unter anderem nach Nr. 159 der Abstandsliste -bei Einhaltung der festgesetzten Beschränkung ihrer Emissionen - nur für ausnahmsweise zulässig erklärt worden seien, denn mit dieser Regelung sei die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt worden.
45Auch die naturschutzbezogenen Einwände gegen die Planung träfen nicht zu.
46Im Rahmen der Bestandsaufnahme des Umweltberichts sei auf die tatsächlich vorzufindende unbebaute Fläche abgestellt worden. Lediglich im Rahmen der Prognose über die Entwicklung des Plangebiets bei Durchführung und Nichtdurchführung der Planung sowie der Bewertung des Ausgleichsbedarfs sei § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB zur Anwendung gekommen, nämlich dass ein Ausgleich nicht erforderlich sei, weil die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung zulässig gewesen seien.
47Hinsichtlich der Sicherstellung des Ausgleichsbedarfs werde auf die Ergänzung zur Beschlussvorlage Nr. 1790/07 verwiesen. Hiernach sei der Ausgleichsbedarf zum Teil durch "sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereit gestellten Flächen" sichergestellt. Soweit die städtischen Flächen nicht ausreichten, werde auf den von ihr - der Antragsgegnerin - mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft I. mbH abgeschlossenen städtebaulichen Vertrag vom 17./21. Januar 2008 verwiesen.
48Zum Artenschutz folge aus dem Avifauna-Ergänzungsgutachten vom 20. April 2008, dass ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 42 BNatSchG im Rahmen des Vollzugs des Bebauungsplans nicht gegeben sei. Dass dieses Gutachten erst nach dem Satzungsbeschluss erstellt worden sei, sei unschädlich. Die artenschutzrechtlichen Verbote richteten sich nicht unmittelbar an die Bauleitplanung, sondern an die Vorhabenzulassung. Mit Blick auf den Bebauungsplan gehe es nur darum, ob dieser wegen Eingreifens der artenschutzrechtlichen Verbote im Planvollzug ggf. nicht vollziehbar und damit städtebaulich nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB sei. Die Unterlagen belegten, dass dies nicht zutreffe.
49Es treffe schließlich zwar zu, dass die vorgesehene Ansiedlung von U. aufgegeben worden sei; auf die Ausnutzung der für den I. Bauabschnitt erteilten Baugenehmigung sei verzichtet worden. Die Grundstücke im Plangebiet stünden nach wie vor im Eigentum der Wirtschaftsförderungsgesellschaft I. mbH. Sie - die Antragsgegnerin - halte an ihren planerischen Vorstellungen hinsichtlich des Plangebiets fest. Es würden Grunderwerbsverhandlungen mit einem entsprechenden Unternehmen geführt, welches sich innerhalb der festgesetzten Indu-strieflächen ansiedeln möchte.
50Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 7 B 915/08.NE sowie der in beiden Verfahren von der Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellungsvorgänge, Pläne und sonstigen Unterlagen sowie der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen einschließlich des Privatgutachtens Dr. M. Bezug genommen.
51E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
52I.
53Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
54Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers steht - anders als die Antragsbefugnis des ursprünglich weiteren Antragstellers, dessen Antrag zum Aktenzeichen 7 D 17/09.NE abgetrennt worden ist - außer Streit. Sie folgt bereits daraus, dass das Interesse des Antragstellers, dessen Hofstelle nur rd. 100 m vom Wendekreis der neuen westlichen Erschließungsstraße und den Nutzungsflächen des Gewerbegebiets entfernt ist, vor nachteiligen Immissionen namentlich durch Lärm geschützt zu werden, in der hier gegebenen Situation bei der Aufstellung der strittigen 2. Änderung abwägungsrelevant war.
55II.
56Der Normenkontrollantrag ist jedoch im Wesentlichen nicht begründet.
571.) Form- und Verfahrensfehler der hier strittigen 2. Änderung, die auch ohne Rüge beachtlich sind, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
58Sonstige Form- und Verfahrensfehler, die nur auf Rüge beachtlich sind (vgl. § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), liegen - abgesehen von eventuellen nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlichen Mängeln bei der Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB), auf die im Zusammenhang mit den nachfolgenden Darlegungen zum Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB unter II. 3.) C) eingegangen wird - nicht vor.
59Zu dem gemäß § 2a Satz 3 BauGB als gesondertem Teil der Planbegründung erstellten Umweltbericht ist anzumerken, dass nichts Substantielles dafür dargetan ist, dass der Umweltbericht im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 letzter Halbsatz BauGB in wesentlichen Punkten unvollständig ist. Der Umweltbericht enthält insbesondere Aussagen zu den Punkten, die nach der Anlage 1 zu § 2 Abs. 4, §§ 2a und 4c BauGB im Umweltbericht enthalten sein müssen.
60Soweit auf S. 13 des im Verfahren 7 B 915/08.NE vorgelegten Privatgutachtens des Sachverständigen Dr. M. die Durchführung eines "echten Scoping" im Sinne des UVPG vermisst wird, ist darauf hinzuweisen, dass die in Bebauungsplanverfahren nach § 10 BauGB durchzuführende Umweltprüfung sich gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UVPG nach den Regelungen des BauGB richtet. Letztere sehen einen sog. Scoping-Termin nicht vor. Vielmehr sind die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BauGB - lediglich - "zur Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 <BauGB> aufzufordern". Das ist hier geschehen. Eine Vorab-Erörterung der der planenden Gemeinde für jeden Bauleitplan obliegenden Entscheidung, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der (umweltrelevanten) Belange für die Abwägung erforderlich ist (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 BauGB), mit den zuständige Behörden mag im Einzelfall zweckmäßig sein, um bei der weiteren Abwicklung des Aufstellungsverfahrens überraschende, ggf. zu Planänderungen führende Erkenntnisse zu vermeiden. Aus der Nichtdurchführung eines solchen Termins als solcher lässt sich jedoch nichts für die Frage der Wirksamkeit des Bauleitplans herleiten.
612.) In materieller Hinsicht ist zunächst festzustellen, dass jedenfalls die textliche Festsetzung Nr. 4 einer einschlägigen Rechtsgrundlage entbehrt
62- zum Erfordernis, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans von den Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gedeckt sein müssen, vgl.: BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1995 - 4 NB 48.93 -, BRS 57 Nr. 23 m.w.N. -
63und deshalb ungültig ist.
64Diese Festsetzung lautet:
65"Die innerhalb der GE- und GI Gebiete gem. § 9 (3) BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Betriebspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter dürfen nur innerhalb der Betriebsgebäude eingerichtet oder angebaut werden."
66Es ist zwar nicht zu verkennen, dass für eine Feinsteuerung der nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in Gewerbegebieten und nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in Industriegebieten ausnahmsweise zulässigen betriebsbezogenen Wohnungen ein städtebauliches Interesse bestehen kann. Dies gilt namentlich mit Blick auf die besonderen Probleme bei einer Beendigung der Betriebsbezogenheit zugelassener Wohnungen, aber auch mit Rücksicht auf die in der Praxis gelegentlich "weitherzige" Genehmigungspraxis der Bauaufsichtsbehörden. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Gemeinde zu einer solchen Feinsteuerung ermächtigt sein muss. Daran fehlt es.
67§ 1 Abs. 6 BauNVO lässt es lediglich zu, nach den Regelungen der BauNVO in bestimmten Baugebietstypen ausnahmsweise zulässige Nutzungen im Gebiet generell oder in Verbindung mit § 1 Abs. 8 BauNVO jedenfalls für bestimmte Teile des Baugebiets auszuschließen oder - sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt - für allgemein zulässig zu erklären. Weitergehende Feinsteuerungen
68- zur fehlenden Rechtsgrundlage für eine zahlenmäßige Beschränkung betriebsbezogener Wohnungen vgl.: OVG NRW, Urteil vom 28. Juni 2007 - 7 D 59/06.NE -, JURIS- Dokumentation -
69lässt die BauNVO jedoch nicht zu. Soweit § 8 Abs. 3 Nr. 1 und § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO die ausnahmsweise Zulässigkeit betriebsbezogener Wohnungen an die Voraussetzung knüpfen, dass diese "dem Gewerbebetrieb zugeordnet" sein müssen, handelt es sich um das Erfordernis einer funktionalen Zuordnung. Diese schließt es nicht aus, dass eine betriebsbezogene Wohnung auch "nahe dem Betriebsgrundstück" zulässig sein kann.
70Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 1999 - 4 B 46.99 -, BRS 62 Nr. 78.
71Weitergehende Anforderungen etwa an eine bestimmte räumliche Zuordnung zu den oder gar in den Betriebsgebäuden kann die Gemeinde nicht festlegen. Eventuellen Unvereinbarkeiten mit dem speziellen Gebietscharakter des betreffenden Baugebiets ist von den Bauaufsichtsbehörden bei der ihnen - bei Vorliegen einer hinreichenden funktionalen Zuordnung der Wohnung zum Betrieb und einer hinreichenden Unterordnung der Wohnung gegenüber der Grundfläche und Baumasse des Gewerbebetriebs - obliegenden Ermessensentscheidung
72- zum Ermessen bei der Zulassung von Ausnahmen nach § 31 Abs. 1 BauGB vgl.: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Dezember 2006, § 31 RdNr. 25 -
73Rechnung zu tragen.
743.) Im Übrigen unterliegt die strittige 2. Änderung jedoch keinen Bedenken.
75A) Dafür, dass weitere Festsetzungen des Bebauungsplans nicht von einer einschlägigen Rechtsgrundlage getragen sein könnten, liegt kein Anhalt vor.
76B) Der Plan ist sowohl generell als auch hinsichtlich der konkret getroffenen Festsetzungen im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt.
77a) Die generelle städtebauliche Rechtfertigung der 2. Änderung steht außer Zweifel. Anlass der Planung mit dem Ziel einer Änderung der Festsetzungen der Urfassung des Bebauungsplans Nr. 03.079 war - wie bereits bei der 1. Änderung - insbesondere der konkrete Ansiedlungswunsch zur Errichtung der Europa-Zentrallogistik von U. im gesamten westlich des Grünstreifens gelegenen Planbereich, hinsichtlich des östlichen Industriegebiets ferner der Ansiedlungswunsch eines Stahlhandels. Dies zieht sich gleichsam wie ein roter Faden durch die Aufstellungsvorgänge und hat seinen Niederschlag gefunden in zahlreichen Passagen sowohl der Planbegründung (vgl. S. 2, 3, 5 und 7) als auch der Vorlage Nr. 1790/07, die Grundlage des abschließenden Beschlusses des Rates der Antragsgegnerin über die 2. Änderung war. Nimmt eine Gemeinde solche Ansiedlungs- und Erweiterungswünsche bestimmter Unternehmen, deren Umsetzung mit dem geltenden Baurecht nicht vereinbar ist, zum Anlass, durch ihre Bauleitplanung entsprechende Baurechte zu schaffen, wenn dies ihren städtebaulich motivierten Zielvorstellungen entspricht, stellt dies die städtebauliche Rechtfertigung der Planung als solche nicht in Frage.
78Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 1998 - 7a D 108/96.NE -, BRS 60 Nr. 1.
79Der Umstand, dass sich zwischenzeitlich - nach Inkraftsetzung der 2. Änderung - herausgestellt hat, dass der konkrete Ansiedlungswunsch gerade dieses Unternehmens nicht realisiert wird, steht dem nicht entgegen.
80Zum einen kommt es für die städtebauliche Rechtfertigung - wie im Nachfolgenden zu e) noch näher anzusprechen ist - auf die Situation bis zum Inkrafttreten des Plans an. Danach eingetretene Umstände mögen bei Wegfall (auch) der städtebaulichen Rechtfertigung ggf. eine Pflicht zur Änderung des Plans begründen können.
81Zu eventuellen aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB folgenden Planungspflichten vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. September 2003 - 4 C 14.01 -, BRS 66 Nr. 1.
82Sie führen - abgesehen von den Fällen, dass Bebauungspläne wegen nachträglicher Änderungen ihrer Umsetzbarkeit ggf. funktionslos
83- zur Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen vgl. zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 B 85.03 -, BRS 66 Nr. 52 m.w.N. -
84werden können - jedoch nicht dazu, dass ein wirksam in Kraft getretener Bebauungsplan im Nachhinein ungültig wird.
85Zum anderen steht auf Grund des erst nach Bekanntmachung des Plans eingetretenen Wegfalls des konkreten Ansiedlungswunsches von U. nicht etwa fest, dass die hier strittige 2. Änderung damit gleichsam obsolet geworden wäre. Die Antragsgegnerin weist - unwidersprochen - darauf hin, dass nach dem Entfallen von U. als Investor konkrete Verhandlungen mit einem anderen Unternehmen geführt werden, das für eine Ansiedlung im Plangebiet in Betracht kommt. Im Übrigen wurde bereits im Planaufstellungsverfahren
86- vgl. die Ausführungen in der 1. Ergänzung zur Vorlage Nr. 1667/07, die Grundlage des Offenlegungsbeschlusses des Rates der Antragsgegnerin war (Bl. 120 f. der Beiakte Heft 3) -
87darauf hingewiesen, dass bei einer eventuellen künftigen Betriebsaufgabe von U. (nach dessen Ansiedlung) eine weitere Nutzung des Logistikstandortes durchaus möglich sei. Diese Erwägungen sind nicht von der Hand zu weisen, denn es erscheint in der Tat nicht ausgeschlossen, dass vergleichbare Unternehmen ihre Zentrallogistik am hier in Rede stehenden Standort ansiedeln können bzw. auch ausschließlich auf Logistik ausgerichtete Unternehmen für eine Ansiedlung in Betracht kommen.
88b) Der in Nr. 3 der textlichen Festsetzungen geregelte generelle Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben sowie von Verkaufs- und Handwerksbetrieben, die sich ganz oder teilweise an die Endverbraucher wenden, ist in der Begründung zur 2. Änderung u.a. mit "der Sicherung der Standortqualität als hochwertiger Gewerbe- und Dienstleistungsbereich" motiviert, "da es sich wegen der Verkehrsgunst um einen hochwertigen Gewerbestandort und keinen Versorgungsstandort handelt". Der Antragsgegnerin kam es danach maßgeblich darauf an, die Gewerbe- und Industriegebiete für die gewerbegebietstypischen Nutzungen (produzierendes und Dienstleistungsgewerbe) zu sichern und den Einzelhandel hieraus fern zu halten. Dies unterliegt keinen Bedenken, zumal der hier betroffene Bereich fernab der im Gebiet der Antragsgegnerin erst nördlich der Autobahn A 2 beginnenden Wohnstandorte liegt. Soweit in der Begründung der 2. Änderung ferner Ausnahmen vom Einzelhandelsausschluss erwähnt werden, hat dies in den textlichen Festsetzungen keinen Niederschlag gefunden. Der Umstand, dass sich die Begründung - aus welchem Grund auch immer - zu tatsächlich nicht getroffenen Festsetzungen verhält, vermag die nach dem Vorstehenden zu bejahende städtebauliche Rechtfertigung des generellen Einzelhandelsausschlusses nicht in Frage zu stellen.
89c) Der 2. Änderung fehlt auch nicht im Hinblick auf die für die Gewerbe- und Industriegebiete festgesetzten Feinsteuerungen nach der der Planurkunde aufgedruckten "Abstandsliste 2007"
90- Anlage 1 zum Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 6. Juni 2007 - Abstandserlass - (MBl. NRW. 2007 S. 659) -
91die erforderliche städtebauliche Rechtfertigung. Bedenken könnten insoweit bestehen, als die textliche Festsetzung Nr. 1.1 für das am Westrand des Plangebiets ausgewiesene Gewerbegebiet in Anwendung des Abstandserlasses u.a. für Anlagen nach Nr. 159 der Abstandsliste 2007 festsetzt, dass diese nach § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn die von ihnen ausgehenden Emissionen so begrenzt werden, dass sie die von den allgemein zulässigen Anlagen ausgehenden Emissionen nicht überschreiten. Bei den Anlagen nach Nr. 159 der Abstandsliste 2007 handelt es sich um Speditionen aller Art sowie Betriebe zum Umschlag großer Gütermengen.
92Die Bedenken gegen die städtebaulichen Rechtfertigung dieser Festsetzung, die ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 4, 5 und 9 BauNVO findet, könnten sich daraus ergeben, dass nach dem von der Antragsgegnerin bei der Aufstellung der 2. Änderung verfolgten Plankonzept dieser Plan - wie bereits dargelegt wurde - im gesamten Bereich westlich des das Plangebiet von Norden nach Süden durchquerenden Grünstreifens die Ansiedlung der Europa-Zentrallogistik von U. ermöglichen sollte, mithin eines Betriebes zum Umschlag großer Gütermengen im Sinne von Nr. 159 der Abstandsliste 2007. Würde der hier strittige Plan in der Tat - vergleichbar der 1. Änderung, für deren gesamten Geltungsbereich Betriebe der hier in Rede stehenden, seinerzeit noch Nr. 153 der Abstandsliste 1998 unterfallenden Art nur für ausnahmsweise zulässig erklärt wurden - darauf abzielen, im gesamten Gewerbegebiet allein die nur ausnahmsweise zulässigen Anlagen (hier: Betrieb zum Umschlag großer Gütermengen) anzusiedeln, würde dies die städtebaurechtliche Rechtfertigung jedenfalls der festgesetzten Feinsteuerung des Gewerbegebiets und damit auch die Gebietsausweisung als solche in Frage stellen.
93Eine Bebauungsplanung, deren maßgebliche planerische Zielsetzung solche Nutzungsmöglichkeiten sind, die nicht für allgemein zulässig, sondern nur für ausnahmsweise zulässig erklärt werden, verfehlt den ihr zukommenden planerischen Gestaltungsauftrag und ist deshalb mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht vereinbar.
94Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 13. September 2007 - 7 D 91/06.NE -, JURIS- Dokumentation, unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Januar 1995 - 3 S 3153/94 -, BRS 57 Nr. 215.
95Bei einer der planerischen Zielsetzung entsprechenden Umsetzung des Bebauungsplans müsste die Ausnahme zur Regel werden. Für die regelmäßige Zulassung von Ausnahmen gibt § 31 Abs. 1 BauGB jedoch keine Grundlage. Ausnahmsweise zulässige Vorhaben müssen den Ausnahmecharakter in Bezug auf das Gesamtgebiet wahren.
96Vgl.: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Dezember 2006, § 31 RdNr. 25.
97Will eine Gemeinde mit ihrer Planung in einem bestimmten Baugebiet ausschließlich die Ansiedlung eines konkreten Betriebs (oder Betriebstyps) ermöglichen, hat sie sich der - letztlich abwägend zu prüfenden - Frage zu stellen, unter welchen Voraussetzungen dieser Betrieb (oder Betriebstyp) in dem betreffenden Gebiet allgemein zulässig sein kann.
98Auf den seitens der Antragsgegnerin (vgl. S. 9 ihres Schriftsatzes vom 28. Januar 2009) betonten Aspekt, durch die Planfestsetzungen werde die allgemeine Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gewahrt und zudem das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den der Zweckbestimmung des Plangebiets entsprechenden allgemein zulässigen Nutzungsarten und mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets nicht zu vereinbarenden ausnahmsweise zulässigen Nutzungen nicht tangiert, kommt es nicht an. Die vorstehenden Erwägungen stellen nicht in Frage, dass eine Feinsteuerung der hier vorgenommenen Art von § 1 Abs. 4, 5 und 9 BauNVO, die solche Feinsteuerungen von Nutzungs(unter)arten unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des betreffenden Baugebiets zulassen
99- zur Geltung dieser Einschränkung für alle Feinsteuerungen nach den Absätzen 4 bis 9 des § 1 BauNVO vgl.: BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1989 - 4 NB 32.89 -, BRS 49 Nr. 74 -,
100gedeckt sein kann. Es geht vielmehr darum, dass eine Planung der städtebaulichen Rechtfertigung entbehrt, wenn die Gemeinde für ein gesamtes Baugebiet die Nutzung, die nach ihrer planerischen Zielsetzung dort ausschließlich angesiedelt werden soll, nur für ausnahmsweise zulässig erklärt, so dass die Planung konkret darauf abzielt, dass die festgesetzte Ausnahme von vornherein die das gesamte betreffende Baugebiet erfassende Regel sein soll.
101Gleichwohl ist die in der hier strittigen 2. Änderung festgesetzte Feinsteuerung des Gewerbegebiets gemessen an den genannten Anforderung städtebaulich gerechtfertigt; anderes mag für die 1. Änderung gelten, in der Betriebe der Nr. 153 der Abstandsliste 1998 für das gesamte Plangebiet nur für ausnahmsweise zulässig erklärt wurden. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
102Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen der 2. Änderung unterzieht nur die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in einem Gewerbegebiet allgemein zulässigen "Gewerbebetriebe aller Art" einer Feinsteuerung, indem diese Festsetzung bestimmte von der Abstandsliste 2007 erfasste Anlagen und Betriebe ausdrücklich ausschließt bzw. nur für ausnahmsweise zulässig erklärt. Im Übrigen lässt die Festsetzung die Zulässigkeitsregelungen des § 8 BauNVO unberührt. Es bleibt mithin dabei, dass die Gewerbebetriebe nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 BauNVO so "erheblich belästigend" sein dürfen, dass sie nur in einem Industriegebiet i.S.v. § 9 BauNVO verwirklicht werden dürfen.
103Zu letzterem vgl.: BVerwG, Beschluss vom 8. November 2004 - 4 BN 39.04 -, BRS 67 Nr. 34.
104Des Weiteren sind auch solche Gewerbebetriebe, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig, die nicht den Regelungen der Abstandsliste 2007 unterfallen. Dies wird bestätigt durch die Ausführungen im letzten Absatz von Nr. 2.2.1 des Abstandserlasses, wonach die Abstandsliste nicht abschließend ist und in ihr insbesondere gewerbliche Anlagen fehlen, die selbst in Wohn- oder gemischt genutzten Gebieten zulässig sind. Auch die weiteren allgemein zulässigen Nutzungen nach § 8 Abs. 2 Nrn. 2 bis 4 BauNVO - d.h. Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Tankstellen sowie Anlagen für sportliche Zwecke - sind im hier betroffenen Gewerbegebiet allgemein zulässig. Des Weiteren können dort auch die in § 8 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 BauNVO aufgeführten Nutzungen ausnahmsweise zugelassen werden.
105Ausgehend von diesem Spektrum der im hier betroffenen Gewerbegebiet allgemein zulässigen und ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungen lässt sich nicht feststellen, dass die strittige Planung der Antragstellerin konkret darauf abzielte, in diesem Gewerbegebiet nur die Ansiedlung einer nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.1 lediglich ausnahmsweise zulässungsfähigen Nutzung zu ermöglichen. Das der Planungsentscheidung der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Ansiedlungskonzept von U. , wie es an verschiedenen Stellen der Planbegründung ausdrücklich angesprochen ist, sah vor, die dem Logistikbereich des Unternehmens zuzuordnenden Anlagen im Wesentlichen im Industriegebiet anzusiedeln, für das in der hier strittigen 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 03.079 nicht wie in der 1. Änderung Anlagen nach Nr. 159 der Abstandsliste 2007 (= Nr. 153 der Abstandsliste 1998) nur ausnahmsweise zulassungsfähig, sondern allgemein zulässig sind. Im Industriegebiet sollten nämlich der bis 14 m hohe Lagerbereich mit den Andockstellen für die zu entladenden bzw. zu beladenden Lastkaftwagen (im Norden bzw. im Süden des Baukomplexes) sowie das bis zu 35 m hohe Hochregallager (im nördlichen Bereich des Baukomplexes) errichtet werden. Für das Gewerbegebiet war hingegen im Wesentlichen der bis zu 20 m hohe Verwaltungsbereich der Europa-Zentrale vorgesehen sowie eine Fahrverbindung vom Lagerbereich zum südlichen Wendekreis der neuen, am Westrand des Plangebiets ausgewiesenen Erschließungsstraße für abfahrende Lkw. Soweit nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 im Gewerbegebiet auch Mitarbeiterstellplätze vorgesehen waren, ist dies in den dem Senat vorliegenden Aufstellungsvorgängen nicht ausdrücklich verlautbart worden, letztlich aber im hier interessierenden Zusammenhang der städtebaulichen Rechtfertigung auch nicht entscheidungserheblich. Aus dem vorstehend dargelegten, der planerischen Entscheidung der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Plankonzept folgt, dass die Planung keineswegs darauf abzielte, in dem Gewerbegebiet ausschließlich eine dort nur ausnahmsweise zulassungsfähige Nutzung anzusiedeln. Schwerpunkt der Ansiedlung im Gewerbegebiet am Westrand des Plangebiets sollte vielmehr der bis zu 20 m hohe Verwaltungstrakt der Europa-Zentrale sein, der nach dem Vorstehenden in dem Gewerbegebiet allgemein zulässig ist. Als Nr. 159 der Abstandsliste 2007 unterfallende, nur ausnahmsweise zulassungsfähige Anlage mag die Lkw- Abfahrt zum Wendekreis anzusehen sein. Sie sollte ersichtlich jedoch nur einen geringen Teilbereich des Gewerbegebiets erfassen und hätte damit - bei ihrer Errichtung - das Regel- Ausnahme-Verhältnis der für das Gewerbegebiet festgesetzten Nutzungen nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich der Mitarbeiter-Stellplätze kann dahinstehen, ob diese nicht auch - zumindest weitgehend - der allgemein zulässigen Nutzung eines Verwaltungsgebäudes zuzuordnen wären. Auch unter ihrer Berücksichtigung lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass die Planung der Antragsgegnerin von vornherein darauf abzielte, für das festgesetzte Gewerbegebiet die Ausnahme zur Regel zu machen.
106Der vorstehenden Wertung steht der in der mündlichen Verhandlung seitens des Antragstellers vorgetragene Einwand nicht entgegen, ein einheitlicher Betrieb könne nicht gleichsam "filetiert" werden. Die normativen Regelungen des § 8 Abs. 2 BauNVO machen vielmehr deutlich, dass insbesondere Büro- und Verwaltungsgebäude einer eigenständigen bauplanungsrechtlichen Beurteilung unterworfen werden können, und zwar unabhängig davon, ob der Betrieb (oder Konzern), der von dort aus verwaltet wird, seinerseits nicht mehr in einem Gewerbegebiet zulässig, sondern in einem Industriegebiet anzusiedeln ist. So unterliegt es keinem Zweifel, dass beispielsweise ein in einem Industriegebiet angesiedelter - und auch nur dort zulässiger - größerer Industriebetrieb etwa sein Verwaltungsgebäude in einem benachbarten Gewerbegebiet unterbringen kann.
107d) Dem strittigen Plan fehlt auch nicht deshalb die städtebauliche Rechtfertigung, weil seine Umsetzung zwangsläufig an immissionsschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss und der Plan deshalb im Hinblick auf den Immissionsschutz vollzugsunfähig ist.
108Insoweit ist in der Rechtsprechung seit längerem anerkannt, dass die Gemeinde keinen Bebauungsplan aufstellen darf, der aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig ist, z.B. weil für seine Verwirklichung erforderliche Genehmigungen wegen einer Verletzung zwingenden Rechts nicht erteilt werden dürften. Ein solcher Bebauungsplan wäre wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB enthaltene Gebot der Erforderlichkeit der Planung unwirksam (früher: nichtig). Allerdings kann von einer Vollzugsunfähigkeit eines Bebauungsplans nur ausgegangen werden, wenn dessen Realisierung zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen scheitern müsste. Dies ist zu verneinen, wenn z.B. durch Auflagen im Baugenehmigungsverfahren - oder durch von vornherein vorgesehene Beschränkungen des zuzulassenden betrieblichen Geschehens - Hindernisse überwindbar sind.
109Vgl.: BVerwG, Urteil vom 12. August 1999 - 4 CN 4.98 -, BRS 62 Nr. 1 (zum Lärm von Sportanlagen) unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29 (zu artenschutzrechtlichen Verboten des BNatSchG).
110Im Hinblick auf den hier in Rede stehenden Immissionsschutz sind solche unüberwindbaren Hindernisse bei der Umsetzung der Planung nicht erkennbar.
111Die Antragsgegnerin hat ihre Planung in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht - wie bereits vorstehend zu c) angesprochen wurde - an einer Feinsteuerung der in den Gewerbe- und Industriegebieten zulässigen Nutzungen nach der Abstandsliste 2007 ausgerichtet. Dabei hat sie zutreffend berücksichtigt, dass im Umfeld des Plangebiets nur solche Wohnnutzungen anzutreffen sind, die - wie die Hofstelle des Antragstellers wegen ihrer Außenbereichslage - allenfalls die Schutzmaßstäbe eines Mischgebiets für sich in Anspruch nehmen können.
112Zum Schutzmaßstab eines Mischgebiets für im Außenbereich gelegene Wohnnutzungen vgl.: OVG NRW, Urteil vom 6. August 2003 - 7a D 100/01.NE -, BRS 66 Nr. 220.
113Hiervon ausgehend hat die Antragsgegnerin in Übereinstimmung mit Nr. 2.2.2.5 des Abstandserlasses hinsichtlich der Betriebs- und Anlagenarten, die in der Abstandsliste 2007 wegen ihrer ausschließlich oder weit überwiegend auf Lärmschutzgründen basierenden Abstandserfordernisse mit (*) gekennzeichnet sind (vgl. Nr. 2.2.2.4 des Abstandserlasses) und zu denen u.a. auch Nr. 159 der Abstandsliste 2007 gehört, mit Blick auf die südwestlich des Plangebiets gelegene Wohnbebauung - namentlich auch des Antragstellers - die Abstände der übernächsten Abstandsklasse zugrunde gelegt, nämlich statt des Abstands von 300 m gemäß Abstandsklasse V einen solchen von 100 m gemäß Abstandsklasse VII. Dies unterliegt schon deshalb keinen Bedenken, weil die regulären Abstände der Abstandsliste 2007 nach Nr. 2.2.2.4 des Abstandserlasses auf den Geräuschimmissionsrichtwerten zum Schutz reiner Wohngebiete basieren. Die für gewerbliche Nutzungen einschlägigen Richtwerte der TA Lärm für Mischgebiete liegen sowohl tags als auch nachts 10 dB (A) über den Richtwerten für reine Wohngebiete. Angesichts dessen ist auch nicht ansatzweise erkennbar, dass Betriebe und Anlagen, deren Lärmemissionen nach der typisierenden Betrachtung des Abstandserlasses bei einem Abstand von 300 m zu reinen Wohngebieten regelmäßig keine unüberwindbaren immissionsschutzrechtlichen Probleme aufweisen, solche jedoch bei einem Abstand von 100 m zu Wohnbebauung mit dem um 10 dB (A) höheren Mischgebietsschutzmaßstab aufweisen würden, denn die Reduzierung des Abstands von 300 m auf 100 m führt regelmäßig nicht zu einer Erhöhung des Lärmpegels um 10 dB (A).
114Vgl. z.B. Diagramm III der Anlage 1 zur Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), wonach die für Veränderungen des Abstands von 300 m auf 100 m maßgebliche Differenz des Lärmpegels bei Straßen als Linienschallquellen rd. 6 dB (A) beträgt, sowie Bild 1 der DIN 18005-1 (Stand Juli 2002), wonach dieselbe Differenz bei einer Punktschallquelle am Boden bei ungehinderter Schallausbreitung ohne Zusatzdämpfung durch Boden- und Wettereinflüsse 9 dB (A) beträgt.
115Soweit Betriebe und Anlagen aus der Abstandsklasse V, die in der Abstandsliste 2007 mit (*) gekennzeichnet sind, im westlichen Gewerbegebiet nur für ausnahmsweise zulassungsfähig erklärt worden sind, ist auch insoweit gegenüber der südwestlich des Plangebiets gelegenen Außenbereichsbebauung ein Abstand jedenfalls von 100 m eingehalten worden; ergänzend ist die ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit daran geknüpft, dass "die von ihnen ausgehenden Emissionen so begrenzt werden, dass sie die von den allgemein zulässigen Anlagen ausgehenden Emissionen nicht überschreiten". Soweit schließlich alle Betriebe und Anlagen der Abstandsklasse VI mit der vorstehend genannten Beschränkung für ausnahmsweise zulassungsfähig erklärt worden sind, liegt dem ersichtlich die in Nr. 2.4.1.1 Buchst. b) des Abstandserlasses dargelegte Erwägung zugrunde, dass bei ihnen durch besondere technische Maßnahmen oder durch Betriebsbeschränkungen - insbesondere Verzicht auf Nachtarbeit - im Einzelfall die Emissionen so begrenzt werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen in den schutzbedürftigen Gebieten - hier: Überschreiten der für Mischgebiete einschlägigen Maßstäbe - vermieden werden können. Dafür, dass diese Erwägungen im Abstandserlass technisch verfehlt wären und in der Praxis "zwangsläufig" zu rechtlichen Hindernissen im Zulassungsverfahren führen müßten, sind substanzielle Anhaltspunkte weder dargetan noch sonst ersichtlich.
116Dem Einwand des Antragstellers, die Emissionen eines Speditionsbetriebs ließen sich nicht auf das Emissionsniveau beispielsweise einer Schreinerei "miniaturisieren" (S. 9 des Schriftsatzes vom 24. Juli 2008 im Verfahren 7 B 915/08.NE), übersieht, dass es bei den hier in Rede stehenden Emissionen nicht etwa um die einzelnen Emissionen der unterschiedlichen emittierenden Anlagen des Betriebs an ihrer jeweiligen Quelle geht, sondern um die Gesamtheit der das Betriebsgelände verlassenden und damit dem jeweiligen Betrieb zuzurechnenden Emissionen, die dann an unterschiedlichen Immissionsorten zu unterschiedlichen Immissionen führen. Diese Gesamtheit der dem Betrieb zuzurechnenden Emissionen lässt sich selbstverständlich in vielfältiger Weise steuern. So kommen neben Begrenzungen der Emissionsquellen als solcher (z.B. Begrenzung der eingesetzten Fahrzeuge) und der Dauer ihrer zeitlichen Wirkung insbesondere auch bautechnische Maßnahmen der Abschirmung, Einhausung und anderer Art auf dem Betriebsgelände selbst in Betracht, die im Ergebnis dazu führen, dass der Betrieb als solcher gegenüber seiner Umgebung nur in deutlich reduzierten Maß emittiert.
117e) Schließlich fehlt dem strittigen Plan auch nicht deshalb die städtebauliche Rechtfertigung, weil seine Umsetzung zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss und der Plan deshalb im Hinblick auf den Artenschutz vollzugsunfähig ist.
118Auch insoweit gelten die vorstehend zu d) bereits dargelegten Grundsätze zur Vollzugsunfähigkeit von Bebauungsplänen, d.h. dass die Gemeinde keinen Bebauungsplan aufstellen darf, dessen Realisierung zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen - hier: solchen des im BNatSchG geregelten Artenschutzes - scheitern müsste.
119Vgl. bereits: BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29.
120Hierzu ist zunächst klarzustellen, dass die Regelungen des Artenschutzes sich deutlich von der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung unterscheiden. Letztere ist bei der Aufstellung von Bebauungsplänen bereits im Planaufstellungsverfahren selbst zu prüfen, mit der Folge, dass sie bei der Zulassung von Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen nicht mehr zu prüfen ist, weil sie im Planaufstellungsverfahren bereits "abgearbeitet" ist. Insoweit stellt § 21 Abs. 2 BNatSchG ausdrücklich klar, dass die §§ 18 bis 20 BNatSchG - mithin die Regelungen des BNatSchG über Eingriffe in Natur und Landschaft - u.a. auf Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen nach § 30 BauGB nicht anzuwenden sind. § 21 Abs. 1 BNatSchG stellt ferner klar, dass dann, wenn auf Grund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen - um Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB geht es hier nicht - Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des BauGB zu entscheiden ist. Letztere geben in § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB vor, dass die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB bezeichneten Bestandteilen "in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 (BauGB) zu berücksichtigen" sind. Das Folgenbewältigungsprogramm der Eingriffsregelung ist in der Bauleitplanung mithin im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung nach den hierfür einschlägigen Maßstäben abzuarbeiten. Dies bedeutet bei der Aufstellung von Bebauungsplänen auch, dass für diese Abwägungsentscheidung gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung maßgebend ist.
121Demgegenüber sind die naturschutzrechtlichen Regelungen des Artenschutzes bei der Aufstellung von Bebauungsplänen nicht abschließend - sowie auch nicht nach Maßgabe der Anforderungen des Abwägungsgebots - abzuarbeiten. Die Aufstellung von Bebauungsplänen lässt vielmehr die artenschutzrechtlichen Regelungen des BNatSchG, namentlich die in § 42 BNatSchG zum Schutz bestimmter Arten normierten Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote, unberührt mit der Folge, dass diese Verbote auch bei der Zulassung und (ggf. genehmigungsfreien) Realisierung von Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen greifen. Dies folgt aus den Regelungen des BNatSchG zum Artenschutz, die hier in der Fassung maßgeblich sind, die sie durch das am 18. Dezember 2007 - mithin bereits vor dem Satzungsbeschluss zur strittigen 2. Änderung und auch vor deren Bekanntmachung - in Kraft getretene Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2873) erhalten haben (BNatSchG n.F.).
122§ 42 Abs. 1 BNatSchG n.F. normiert sog. Zugriffsverbote, die im hier gegebenen Zusammenhang ersichtlich allein von Interesse sein können und sich auf vier unterschiedliche Tatbestände beziehen:
123- § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. erfasst den unmittelbaren Zugriff auf die jeweilige individuelle Spezies wild lebender Tiere besonders geschützer Arten bzw. ihrer Entwicklungsformen, die vor bestimmten verbotenen Tathandlungen (Nachstellen, Fangen, Verletzen und Töten bzw. Entnahme aus der Natur, Beschädigung und Zerstörung) geschützt sind.
124- § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F. normiert ein Störungsverbot für wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten, die während bestimmter Zeiten nicht in dem Sinne erheblich gestört werden dürfen, dass sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art verschlechtert.
125- § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. verbietet es, die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
126- § 42 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG n.F. verbietet es schließlich, wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen sowie sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.
127Ergänzt werden diese Regelungen durch § 10 Abs. 2 Nrn. 9 bis 11 BNatSchG, in denen die Begriffe "europäische Vogelarten", "besonders geschützte Arten" und "streng geschützte Arten" näher definiert sind.
128Allen Zugriffsverboten gemeinsam ist, dass gegen sie regelmäßig nur durch tatsächliche Handlungen verstoßen werden kann. Die Aufstellung von Bebauungsplänen als solche - jedenfalls soweit sie keinen planfeststellungsersetzenden Charakter haben - stellt jedoch grundsätzlich keine Handlung dar, die einen der genannten Verbotstatbestände erfüllen kann. Eine Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 42 BNatSchG kommt vielmehr erst dann in Betracht, wenn in Umsetzung des Bebauungsplans konkrete (Bau-)Vorhaben realisiert werden sollen.
129Vgl. zu § 20 f BNatSchG a.F. bereits: BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29; ferner: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Februar 2008 - 8 C 10368/07 -, NVwZ-RR 2008, 514 = JURIS (RdNr. 27).
130Insoweit bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, inwieweit etwa der individuenbezogene Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative BNatSchG n.F. (z.B. die Tötung einzelner Tiere) auch dann erfüllt sein kann, wenn er unausweichliche Folge eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns - z.B. durch Zulassung eines Straßenbauvorhabens - ist.
131Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, JURIS (RdNr. 91).
132Um einen solchen Sachverhalt geht es hier ersichtlich nicht.
133Für Vorhaben, die im Geltungsbereich von Bebauungsplänen zulässigerweise umgesetzt werden sollen, werden die vorstehend dargelegten Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 BNatSchG n.F. durch dessen Absatz 5 näher modifiziert. Satz 1 der genannten Vorschrift stellt klar, dass u.a. für nach den Vorschriften des BauGB zulässige Vorhaben i.S.v. § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG n.F. - mithin auch für Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen nach § 30 BauGB - die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG n.F. sowie die hier nicht interessierenden Besitz- und Vermarktungsverbote des § 42 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG n.F. "nach Maßgabe von Satz 2 bis 7" des § 42 Abs. 5 BNatSchG n.F. gelten. Im Einzelnen folgt hieraus:
134- § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F. modifiziert die auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten bezogenen Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. dahin, dass sie - bezogen auf die in Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten und europäische Vogelarten - nicht greifen, "soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird"; diese Einschränkung wird auch erstreckt auf die mit Handlungen im Sinne von § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. verbundenen unvermeidbaren Beeinträchtigungen wild lebender Tiere, soweit sie den Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. erfüllen.
135- § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG n.F. lässt es zu, dass "auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden können", soweit dies erforderlich ist.
136- § 42 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG n.F. erstreckt die Modifizierungen der Sätze 2 und 3 auch auf die von § 42 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG n.F. erfassten Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IVb der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten.
137- § 42 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG n.F. legt ausdrücklich fest, dass bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens ein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nicht vorliegt, wenn andere besonders geschützte Arten betroffen sind; diese Regelung lässt mithin die für streng geschützte Arten bestehenden Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG einschließlich der Nr. 2 unberührt.
138- Die Sonderregelung des § 42 Abs. 5 Satz 6 BNatSchG n.F., dass die Zugriffs- und Besitzverbote nicht für Handlungen zur Vorbereitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gelten, ist hier nicht weiter von Interesse; einen Satz 7 enthält § 42 Abs. 5 BNatSchG n.F. schließlich nicht.
139Aus den vorstehenden Regelungen folgt, dass die hier nur interessierenden Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG n.F. für zulässige Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen nach Maßgabe der Regelungen von Absatz 5 der genannten Vorschrift nur in folgendem Umfang greifen:
140- Die auf wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten bezogenen Störungsverbote des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F. gelten uneingeschränkt, mithin mit der in der genannten Vorschrift bereits normierten Maßgabe, dass eine erhebliche Störung nur dann vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art verschlechtert. Soweit sich die weiteren Regelungen des § 42 Abs. 1 BNatSchG n.F. auch auf streng geschützte Arten beziehen, gelten diese gleichfalls unverändert.
141- Die auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wild lebenden Tiere besonders geschützter Arten bezogenen Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG n.F. sind beschränkt auf die in Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten sowie europäische Vogelarten und greifen nicht, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
142- Die letztgenannte Einschränkung gilt auch für die auf wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten bezogenen Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, soweit es um unvermeidbare Beeinträchtigungen geht, die mit Handlungen im Sinne der Nr. 3 des § 42 BNatSchG n.F. verbunden sind.
143- Hinsichtlich der Standorte der in Anhang IV b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Pflanzenarten gelten die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG n.F. mit der Einschränkung des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F.
144Anlass zu Zweifeln daran, dass die vorgenannten Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG n.F. mit dem einschlägigen Gemeinschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft nicht vereinbar wären, besteht nicht.
145Vgl. hierzu auch: BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, JURIS (RdNrn. 98, 104).
146Der Umstand, dass ein Bebauungsplan aufgestellt worden ist, schützt auch nach der Novellierung des BNatSchG den jeweiligen Bauherren eines im Geltungsbereich des Bebauungsplans zulässigen Vorhabens mithin nicht davor, dass die Realisierung bzw. Zulassung seines Vorhabens im konkreten Fall daran scheitern kann, dass dem artenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn und soweit keine (erforderlichen) vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG - z.B. für Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der dem Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F. unterfallenden Tierarten oder für Standorte wild lebender Pflanzen der dem Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 4 BNatSchG n.F. unterfallenden Arten - im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplans festgesetzt sind und auch nicht die Erteilung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 oder einer Befreiung nach § 62 BNatSchG n.F. in Betracht kommt.
147Diese Rechtsfolge, dass die Aufstellung von Bebauungsplänen die Geltung der Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nicht aufhebt, ist letztlich Grund für die angesprochene Rechtsprechung, dass einem Bebauungsplan die städtebauliche Rechtfertigung fehlt, wenn seine Umsetzung zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass die Gemeinde keinen Bebauungsplan aufstellen darf, bei dem sie erkennt, dass seine Umsetzung aus Rechtsgründen nicht möglich sein wird.
148Hieraus folgt zugleich, dass bei der Prüfung, ob die Umsetzung eines Bebauungsplans zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss, nicht - wie bei der bauleitplanerischen Abwägung - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses abzustellen ist. Ergeben sich nach dem Satzungsbeschluss, aber vor der Bekanntmachung des Bebauungsplans rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung des Bebauungsplans entgegenstehen, ist die Gemeinde auch dann gehindert, den Bebauungsplan durch seine Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB in Kraft zu setzen.
149Vgl. zum Inkrafttreten von der Planung entgegenstehenden Zielen der Raumordnung im Zeitraum zwischen Satzungsbeschluss und Bekanntmachung: BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2007 - 4 BN 8.07 -, BRS 71 Nr. 29.
150Der planenden Gemeinde obliegt es auch nach der Novellierung des BNatSchG, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Verfahren der Planaufstellung vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse treffen würden, und von Festsetzungen, denen ein dauerhaft rechtliches Hindernis in Gestalt artenschutzrechtlicher Verbote entgegen stünde, Abstand zu nehmen.
151So ausdrücklich bereits: BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29.
152Sie hat daher zu prüfen, ob nach den ihr - ggf. bis zum Inkraftsetzen des Bebauungsplans - vorliegenden Erkenntnissen davon auszugehen ist, dass die Umsetzung des Plans zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss. Stellt sich erst nach der Bekanntmachung und damit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans heraus, dass einer Umsetzung des Plans unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse vorliegen, vermag dies die Gültigkeit des in Kraft gesetzten Plans grundsätzlich nicht in Frage zu stellen.
153Ob im Einzelfall - etwa bei nachträglichem Auftreten bestimmter Arten oder bei neueren Erkenntnissen über einen bereits vorhanden gewesenen Artenbestand - sich die bereits vorstehend zu a) angesprochene Frage stellen kann, dass der nicht (mehr) städtebaulich gerechtfertigte Plan zu ändern bzw. aufzuheben ist oder dass er funktionslos geworden ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung. Dass die hier strittige 2. Änderung wegen nachträglicher artenschutzrechtlicher Umstände funktionslos geworden wäre, behauptet der Antragsteller selbst nicht; hierfür liegt auch kein Anhalt vor. Für eine Prüfung der Frage, ob die strittige 2. Änderung wegen nachträglichen Wegfalls der städtebaulichen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu ändern oder aufzuheben wäre, ist im vorliegenden Normenkontrollverfahren schon deshalb kein Raum, weil es hier allein um die Frage geht, ob dieser Plan entsprechend dem Antrag des Antragstellers für unwirksam zu erklären ist.
154Ob dann, wenn ein Bebauungsplan wegen eines von Anfang an bestandenen, jedoch (ohne Rechtsfehler) nicht erkannten artenschutzrechtlichen Verbots vollzugsunfähig ist, ausnahmsweise von einer zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führenden Funktionslosigkeit des Bebauungsplans oder von einer ebenfalls zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führenden Kollision mit bundesrechtlichen Vorschriften auszugehen ist
155- vgl. zum Verhältnis von Bebauungsplan und Landschaftsschutzverordnung: BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 1990 - 4 NB 29.90 -, BRS 50 Nr. 3 -,
156bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, der Vollzug des Bebauungsplans könnte mit der Folge seiner Unwirksamkeit insgesamt - und auf eine dahingehende Fragestellung zielt der vorliegende Normenkontrollantrag - an artenschutzrechtlichen Verboten scheitern.
157Der Senat unterstellt dabei, dass die mit Beweisantritt des Antragstellers im Schriftsatz vom 19. Januar 2009 (Bl. 38 der Gerichtsakte) konkret benannten Tierarten tatsächlich im Plangebiet anzutreffen (gewesen) sind. Auch in diesem Fall läge jedenfalls kein Anhalt dafür vor, dass ein Vorhandensein dieser Arten über den Bereich der früheren Hofstelle hinaus etwa die Umsetzbarkeit der Festsetzungen für das gesamte Plangebiet des strittigen Bebauungsplans oder zumindest für einen weit überwiegenden Bereich dieses Plans in Frage gestellt hätte.
158Gemessen an den vorstehenden Maßstäben sind die im vorliegenden Planungsverfahren seitens der Antragsgegnerin angestellten artenschutzrechtlichen Prüfungen nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin ist im Avifauna-Ergänzungsgutachten fehlerfrei zu der Beurteilung gelangt, dass bei der Umsetzung der strittigen 2. Änderung Verstöße gegen die nunmehr maßgeblichen artenschutzrechtlichen Verbote des § 42 BNatSchG n.F. nicht zu erwarten seien und sich deshalb die Frage einer Erteilung eventueller Ausnahmen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG n.F. - entgegen der früheren Einschätzung im Avifauna-Gutachten - nicht mehr stellte.
159Die Antragsgegnerin hat dieser Beurteilung in nicht zu beanstandender Weise das ihr - bis zum Inkraftsetzen des strittigen Bebauungsplans - zur Verfügung stehende Informationsmaterial zugrunde gelegt.
160Die Prüfung, ob einem Planvorhaben naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere solche nach § 42 BNatSchG, entgegenstehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Planbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die planende Gemeinde jedoch nicht, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Die Untersuchungstiefe hängt vielmehr maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Dabei kommen als Erkenntnisquellen Bestandserfassungen vor Ort und die Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur in Betracht, die sich wechselseitig ergänzen können. Die Anforderungen namentlich an speziell auf die aktuelle Planung bezogene Erfassungen - etwa durch spezielle Begehungen - sind jedoch nicht zu überspannen. Untersuchungen quasi "ins Blaue hinein" sind nicht veranlasst. Auch ist nicht zu vernachlässigen, dass Bestandsaufnahmen vor Ort, so umfassend sie auch sein mögen, letztlich nur eine Momentaufnahme und aktuelle Abschätzung der Situation von Fauna und Flora darstellen und den "wahren" Bestand nie vollständig abbilden können. Deshalb sind Erkenntnisse aus langjährigen Beobachtungen und aus früheren Untersuchungen oder aus der allgemeinen ökologischen Literatur eine nicht gering zu schätzende Erkenntnisquelle. Schließlich ist der - auch europarechtlich verankerte - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, der den Untersuchungsaufwand maßgeblich steuert. Dieser Grundsatz würde verfehlt, wenn Anforderungen an die artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme gestellt würden, die keinen für die Planungsentscheidung wesentlichen Erkenntnisgewinn versprechen und außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen würden.
161Vgl. zu alledem bezogen auf die Ermittlungsdichte im Rahmen einer straßenrechtlichen Planfeststellung: BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, JURIS, m.w.N..
162Zu letzterem ist für die hier interessierende Aufstellung eines Angebotsbebauungsplans anzumerken, dass ein solcher - anders als etwa eine straßenrechtliche Planfeststellung oder ggf. ein planfeststellungsersetzender Bebauungsplan - in der Regel noch nicht die Handlungen konkret zulässt, die die Verbotstatbestände der Zugriffsverbote erfüllen können. Dies geschieht regelmäßig vielmehr erst im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren, in dem - wie bereits angesprochen wurde - die Zugriffsverbote greifen und der Zulassung konkreter Vorhaben entgegenstehen können. Auch dieser Aspekt kann bei der Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht vernachlässigt werden.
163Soweit in der vorerwähnten Rechtsprechung des BVerwG schließlich ausgeführt ist, dass auf Erkundungen vor Ort durch Begehung des Untersuchungsraums mit dabei vorzunehmender Erfassung des Arteninventars "allenfalls in Ausnahmefällen verzichtet werden" kann, kann dies für die Planung von umfangreichen Straßenbauvorhaben gelten, die - wie in jenem Fall - weiträumig natürliche Freiräume mit einem ersichtlich breiten und intensiven Artenspektrum durchschneiden. Diese Einschätzung lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres auf eine Bebauungsplanung der hier in Rede stehenden Art übertragen, bei der im Wesentlichen nur ausgedehnte Ackerflächen überplant werden, in die punktuell eine frühere Hofstelle mit Garten und einer Obstwiese eingestreut ist, zumal das typische Artenspektrum auch einer Obstwiese in Fachkreisen in aller Regel bekannt ist.
164Gemessen an diesen Maßstäben ist es in der hier gegebenen konkreten Planungssituation nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin sich im Rahmen ihrer artenschutzrechtlichen Prüfung auf die ihr bereits vorliegenden Erkenntnisse namentlich aus Untersuchungen und Ermittlungen vielfältiger Art gestützt hat und eine zusätzliche aktuelle Bestandsaufnahme durch Begehungen vor Ort aus Anlass der hier anstehenden Planung nicht durchgeführt worden ist.
165In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass das hier betroffene Plangebiet selbst im Wesentlichen aus früher landwirtschaftlich genutzter Ackerfläche besteht, in der sich im mittleren südlichen Bereich eine ehemalige Hofstelle (nunmehr Wohngebäude) mit angrenzenden Gärten und einer Obstwiese befindet, wie aus der Umschreibung des Plangebiets in Abschnitt 1.5.3.1 des Umweltberichts folgt. Als für den Artenschutz hervorragender Bereich ist dort die C.bach-Aue betont, die auf Grund der vielfältigen Biotopstrukturen einen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten darstellt. Dieser Bereich ist, wie sich aus dem vorliegenden Kartenmaterial ablesen lässt, jedoch deutlich vom Plangebiet abgesetzt und von diesem weit überwiegend mehr als 100 m entfernt. Auch das Naturschutzgebiet südöstlich des Plangebiets ist von letzterem deutlich abgesetzt und weit überwiegend deutlich mehr als 100 m entfernt.
166Bei diesen Gegebenheiten konnte sich die Antragsgegnerin darauf beschränken, auf das ihr bereits vorliegende Untersuchungsmaterial zurückzugreifen. Dabei handelte es sich - neben der bereits 2006 für die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 03.079 durchgeführten Biotopkartierung, die auch die nunmehr von der 2. Änderung erfasste Erweiterung um die frühere Hofstelle einbezogen hatte, dem Biotopkataster der LANUV und dem Fachinformationssystem der LANUV - insbesondere auch um das eigene Umweltinformationssystem der Antragsgegnerin, wie aus den Darlegungen im Umweltbericht und dem Avifauna-Gutachten folgt. In alle diese Informationen sind, wie aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen folgt, konkrete Ermittlungen und Beobachtungen vor Ort eingeflossen, u.a. auch die Brutergebnisse mehrerer geschützter Vogelarten, die in den Jahren seit 2001 zwar nicht alle in jedem Jahr, aber doch jeweils zumindest über mehrere Jahre hinweg konkret ermittelt wurden. Hiervon ausgehend hat die Antragsgegnerin namentlich potentielle Beeinträchtigungen des Steinkauzes und des Neuntöters mit dem - im Nachfolgenden noch näher zu erörternden - Avifauna-Ergänzungsgutachten einer konkreten artenschutzrechtlichen Prüfung durch einen Landschaftsökologen nach Maßgabe der einschlägigen Regelungen des § 42 BNatSchG n.F. unterziehen lassen.
167Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine spezielle Begehung etwa der nunmehr überplanten früheren Hofstelle oder auch des weiteren Umfelds des Plangebiets aus Anlass der hier anstehenden Planung einen substantiellen zusätzlichen Erkenntnisgewinn über mögliche Verwirklichungen von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen hätte erbringen können, waren im Planungsverfahren nicht verlautbart worden. Hinsichtlich des nach den Ausführungen im Umweltbericht im Bereich der C.bach-Aue nachgewiesenen Laubfroschbestandes, auf den auch der BUND I. in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2007 (Bl. 386 der Beiakte Heft 3) ausdrücklich hingewiesen hatte, konnte die Antragsgegnerin gemäß den Darlegungen in Abschnitt 1.5.3.2 des Umweltberichts davon ausgehen, dass diese Aue - ebenso wie die T.-Aue - erhalten bleiben würde und aufgrund des großen Abstandes der Gewerbe- und Industrieflächen nicht mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Fließgewässer und ihre begleitende Flora und Fauna zu rechnen sei. Soweit der NABU Stadtverband I. in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2007 (Bl. 396 der Beiakte Heft 3) unter Bezugnahme auf das Untersuchungsgebiet zur Verlängerung der A 445 auf die dortige Nennung mehrerer Fledermausarten hingewiesen hatte, ist die Antragsgegnerin dem nach den Darlegungen auf S. 51 der Ratsvorlage Nr. 1790/07 (Bl. 428 der Beiakte Heft 4) mit dem Hinweis entgegengetreten, der diesbezügliche Untersuchungskorridor ende auf der Westseite der B 63, mithin rd. 300 m westlich des hier in Rede stehenden Plangebiets. Hierzu wurde seitens des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Bl. 22 der Akte 7 B 915/08.NE) selbst vorgetragen, die Untersuchung zur Planung der A 445 habe keine Aussagen für den hier relevanten Raum östlich der B 63 gemacht. Eine Begehung quasi "ins Blaue hinein" konnte unter diesen Umständen unterbleiben. Dies gilt auch bezüglich der nach den vorliegenden Erkenntnissen in den vergangenen Jahren nicht konkret nachgewiesenen Schleiereule. Schließlich war eine solche zeit- und kostenaufwändige Begehung auch mit Rücksicht auf den bereits angesprochenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der hier gegebenen Situation nicht geboten.
168Die somit im Hinblick auf die der Antragsgegnerin obliegenden Ermittlungsanforderungen nicht zu beanstandende Beschränkung der im Avifauna- Ergänzungsgutachten durchgeführten artenschutzrechtlichen Prüfung auf den Steinkauz und den Neuntöter ist auch inhaltlich nicht beanstanden.
169Insoweit ist - namentlich mit Blick auf die fachlichen Einwände in dem seitens des Antragstellers vorgelegten Privatgutachten - zunächst klarzustellen, dass die für die artenschutzrechtliche Prüfung maßgeblichen rechtlichen Fragestellungen (z.B. ob eine "erhebliche Störung" einer Art vorliegt und ob ihre Population in einem "günstigen Erhaltungszustand" verweilt) ökologische Bewertungen und Einschätzungen erfordert, für die nähere normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Anders als in anderen Bereichen des Umweltrechts, wie etwa dem Bundes-Immisionsschutzgesetz mit inzwischen 36 Durchführungsverordnungen und weiteren Verwaltungsvorschriften (TA Luft, TA Lärm), in denen solche Maßstabsetzung in hohem Maß erfolgt ist, hat der Normgeber im Bereich des Artenschutzes bislang weder selbst noch durch Einschaltung und Beauftragung fachkundiger Gremien insoweit auch nur annähernd hinreichende Vorgaben für den Rechtsanwender aufgestellt. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Dieser Befund hat Bedeutung für alle Ebenen der naturschutzfachlichen Prüfung, die (zumindest auch) Wertungen einschließen, namentlich bei der Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und bei der Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen. Es liegt auf der Hand, dass das Ergebnis der als gesetzliches Erfordernis unverzichtbaren Bewertung unterschiedlich ausfallen kann, je nach dem, welches methodische Vorgehen und welche Kriterien und Maßstäbe angewandt werden. Wenn und solange die ökologische Wissenschaft sich insoweit nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenen Planungsbehörde als "falsch" oder "nicht rechtens" zu beanstanden. Deren Annahmen sind nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
170Vgl. zu alledem gleichfalls: BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, JURIS, m.w.N..
171Diesen Anforderungen werden die artenschutzrechtlichen Prüfungen im Avifauna- Ergänzungsgutachten hinreichend gerecht.
172Hinsichtlich des Steinkauzes kann unterstellt werden, dass es sich um eine Tierart handelt, die von den Zugriffsverboten des § 42 BNatSchG n.F. in der hier maßgeblichen Ausgestaltung erfasst ist. Zu dieser Vogelart ist im Avifauna-Ergänzungsgutachten näher ausgeführt, dass insbesondere die hier in erster Linie in Betracht zu ziehenden Verbote der erheblichen Störung (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F.) und der Beeinträchtigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F.) nicht greifen, weil keine erhebliche Beeinträchtigung der lokalen Population i.S.v. § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG n.F. und auch keine Funktionseinschränkung im räumlichen Zusammenhang (§ 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG n.F.) zu erwarten sind. Dies ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Steinkauz bis 1975 im Stadtgebiet nur ein spärlicher Brutvogel war, namentlich durch intensive Nisthilfeaktionen des ehrenamtlichen Naturschutzes der Bestand im Stadtgebiet 2005 jedoch auf bis 130 Brutpaare gesteigert werden konnte. Dabei seien aktuell wegen des Mangels an höhlenreichem Alt- und Totholz allerdings nur Brutvorkommen in Nisthilfen bekannt, die entsprechend betreut werden müssten. Durch den hohen Besatz und die große Akzeptanz der Brutröhren - eine solche befindet sich nach dem Vortrag des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung auch auf seinem Grundstück - könne der Bestand des Steinkauzes im Stadtgebiet insgesamt als auf einem hohen Niveau stabil angesehen werden. Auch der dauerhafte Wegfall des Eingriffsbereichs - d.h. der Nisthilfe(n) im Bereich der nunmehr überplanten früheren Hofstelle - führe nicht einer Einschränkung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten in der Betrachtung des räumlichen Zusammenhangs.
173Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese auf fachkundiger Einschätzung beruhende Wertung nach den vorstehend dargelegten Maßstäben naturschutzfachlich unvertretbar wäre, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil bestätigt der Vortrag des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung die Vertretbarkeit dieser Einschätzung. Wenn der - vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich so bezeichnete - "Steinkauzpapst" von I. als "sparsamer Mensch" im Hinblick auf die anstehende Umsetzung der strittigen Planung die im Bereich der im Plangebiet gelegenen Streuobstwiese aufgehängten Niströhren entfernt und an anderer Stelle aufgehängt hat, bestätigt dies letztlich, dass die Sicherung der lokalen Population und die im räumlichen Zusammenhang gegebene ökologische Funktion der Fortpflanzungsstätten nicht davon abhängt, dass die Niströhren ausgerechnet an dem hier in Rede stehenden Standort im Plangebiet weiterhin vorhanden sind. Dies gilt umso mehr, wenn - wie seitens des Antragsteller nicht substantiell in Frage gestellt wurde - die Steinkauz-Population im Gebiet der Antragsgegnerin ohnehin vollständig von der Präsentation geeigneter Nisthilfen abhängt.
174Hinsichtlich des Neuntöters kann gleichfalls unterstellt werden, dass es sich um eine Tierart handelt, die von den Zugriffsverboten des § 42 BNatSchG n.F. erfasst ist. Hierzu ist im Avifauna-Ergänzungsgutachten näher ausgeführt, bei einem Vergleich der Biotopausstattung des Eingriffsbereichs mit den Lebensraumansprüchen des Neuntöters lasse sich feststellen, dass typische, präferierte Habitatstrukturen weder im Eingriffsbereich noch im unmittelbaren Umfeld vorkämen. Zwar lasse sich für das Jahr 2001 entweder ein isoliertes Vorkommen oder die Aufnahme einer Zufallsbeobachtung vermuten, unmittelbare Auswirkungen des Bauvorhabens auf einzelne Individuen bzw. die Population des Neuntöters könnten jedoch ausgeschlossen werden. Aus den vorliegenden Erkenntnissen des städtischen Umwelt-Informationssystems lasse sich für 2007 ein Vorkommen von max. 20 Brutpaaren ableiten. Entsprechend den Habitatansprüchen des Neuntöters konzentrierten sich wesentliche Vorkommen auf heckenreiche Landschaftsbereiche des Stadtgebiets vor allem im Süden und Südosten.
175Auch insoweit sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese auf fachkundiger Einschätzung beruhende Wertung nach den vorstehend dargelegten Maßstäben naturschutzfachlich unvertretbar wäre, weder dargetan noch sonst ersichtlich.
176Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass es der im Schriftsatz des Antragstellers vom 19. Januar 2009 beantragten Beweiserhebung durch Vernehmung des Sachverständigen Dr. M. zum Vorhandensein streng geschützter Arten im Planbereich nicht bedurfte. Dies folgt bereits daraus, dass es nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben nur darauf ankommt, inwieweit die Antragsgegnerin bis zum Inkraftsetzen der strittigen 2. Änderung Anlass hatte, sich mit potentiellen Verstößen gegen artenschutzrechtliche Verbote näher zu befassen und ggf. eine durch die strittige Planung veranlasste konkrete Begehung vor Ort durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Diese Frage ist aus den bereits dargelegten Gründen zu verneinen. Ergänzend ist anzumerken, dass das Steinkauzvorkommen - wie vorstehend dargelegt - einer rechtlich nicht zu beanstandenden artenschutzrechtlichen Prüfung unterzogen wurde. Mit einem möglichen Vorhandensein von Fledermäusen hat sich die Antragsgegnerin aus den gleichfalls bereits dargelegten Gründen hinreichend befasst. Auch für das Vorhandensein von Schleiereulen lag kein hinreichender Anhalt vor, der zu weiteren Prüfungen vor Ort hinreichenden Anlass gegeben hätte. Soweit der Beweisantrag sich auf weitere - nicht näher benannte - streng geschützte Arten bezieht, bestand für weitere Überprüfungen durch die Antragsgegnerin, die insoweit in der Tat "ins Blaue hinein" hätten erfolgen müssen, kein Anlass.
177C) Der nach alledem in jeder Hinsicht hinreichend städtebaulich gerechtfertigte strittige Plan ist auch nicht mit Blick auf die Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat die hier abwägungsrelevanten Belange hinreichend ermittelt und bewertet (§ 2 Abs. 3 BauGB). Ebensowenig ist ihr bei der abwägenden Gewichtung der Belange unter- und gegeneinander ein beachtlicher Fehler unterlaufen.
178a) Gegenstand der planerischen Abwägung waren hier zunächst die Belange des Immissionsschutzes. Die hierzu angestellten Ermittlungen und Bewertungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden.
179Wie aus den Darlegungen zu II. 3.) B) c) und d) folgt, hat sich die Antragsgegnerin im Wesentlichen darauf beschränkt, das Plangebiet im Hinblick auf das seinerzeit verfolgte Plankonzept der konkret in Betracht zu ziehenden Investoren einer Feinsteuerung nach Maßgabe des Abstandserlasses zu unterziehen. Dass die hierzu angestellten Erwägungen letztlich keinen Bedenken unterliegen, wurde bereits dargelegt. Insbesondere konnte die Antragsgegnerin bei ihrer Abwägungsentscheidung auch davon ausgehen, dass nach der gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB bei Erlass des Satzungsbeschlusses maßgeblichen Sach- und Rechtslage die künftigen Nutzungen im Plangebiet so ausgestaltet werden können, dass bei ihrer Zulassung keine immissionsrechtlich beachtlichen Probleme auftreten würden.
180Bestätigt wird dies durch das im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens für den - nunmehr nicht mehr zur Realisierung anstehenden - I. Bauabschnitt der Logistik-Zentrale eingeholte Schallgutachten vom 14. August 2008. Dieses Gutachten kommt unter Berücksichtigung der diversen vom Investor selbst vorgesehenen Maßnahmen zur Reduzierung der Schallemissionen des Gesamtbetriebs (vgl. S. 41 des Schallgutachtens) zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus des Antragstellers lediglich Beurteilungspegel von 44 dB (A) für den Tag bzw. 36 dB (A) in der Nacht (lauteste Nachtstunde gem. TA Lärm) erreicht werden (S. 34 des Schallgutachtens). Die für dieses Objekt maßgeblichen Mischgebietswerte werden damit um 16 dB (A) bzw. 9 dB (A) unterschritten. Bei anderen Schutzobjekten im Umfeld des Plangebiets liegen die Unterschreitung zumeist auf einem ähnlichen Niveau; die geringste Unterschreitung des Nachtwerts beträgt immerhin 5 dB (A). Angesichts dessen sind für die gegenüber dem Schallgutachten weitergehenden Ausnutzungen durch die noch in Betracht gezogenen weiteren Bauabschnitte so beachtliche Spielräume gegeben, dass für eine völlige Unverträglichkeit der vorgesehenen Ausnutzung mit der betroffenen Nachbarschaft unter Aspekten des Lärmschutzes kein Anhalt vorliegt. Auch hinsichtlich des auf der neuen westlichen Erschließungsstraße abzuwickelnden Verkehrs haben sich in dem Schallgutachten keine Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Grenzwerte der 16. BImSchV ergeben. Die insoweit ermittelten Unterschreitungen bei Realisierung des I. Bauabschnitts sind durchweg höher als 10 dB (A) und liegen zumeist sogar bei Werten um 20 dB (A) (vgl. S. 39 des Schallgutachtens), so dass auch insoweit deutliche Spielräume sogar für eine Vervielfachung der Verkehrsbelastung gegeben sind.
181Aus dem Vorstehenden erhellt zugleich, dass es in der hier gegebenen Situation nicht fehlerhaft war, auf die Einholung eines speziellen Schallgutachtens bereits im Planaufstellungsverfahren zu verzichten. Die Antragsgegnerin konnte vielmehr darauf vertrauen, dass die an dem Abstandserlass orientierte Feinsteuerung im Hinblick auf den - relativ - geringen Schutzmaßstab der im Umfeld des Plangebiets vorhandenen Wohnbebauung als solche bereits hinreichenden Lärmschutz sicherstellte.
182Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin darauf verzichtet hat, über die Feinsteuerung der zulässigen Nutzungen hinaus das Plangebiet mit Festsetzungen zur Emissionskontingentierung nach der nunmehr einschlägigen DIN 45691 (früher: immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel) zu belegen. Bei der Emissionskontingentierung geht es nicht etwa darum, von vornherein bereits bestimmte bauliche Ausgestaltungen, betriebliche Modalitäten, Betriebszeiten u.a.m. verbindlich vorzugeben, um die Wahrung zumutbarer Immissionen in der Nachbarschaft sicherzustellen. Bei einer Emissionskontingentierung bleibt dem jeweiligen Vorhabenträger die Entscheidung überlassen, mit welchen Mitteln er eine Überschreitung seines Kontingents verhindert.
183Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 13. März 2008 - 7 D 34/07.NE -, ZfBR 2009, 62.
184Anlass zur Festsetzung einer solchen Kontingentierung kann namentlich dann bestehen, wenn mit der Ansiedlung verschiedener Betriebe in einem größeren gewerblich nutzbaren Bereich zu rechnen ist und damit die Gefahr auftreten kann, dass einzelne sich dort ansiedelnde Betriebe bereits derart stark emittieren, dass weitere Betriebe im Hinblick auf den akzeptorbezogenen Ansatz der TA Lärm
185- vgl. hierzu: OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 7 B 2434/02 -, BRS 66 Nr. 176 -
186gehindert sind, die Gesamtbelastung an maßgeblichen Immissionspunkten durch ihre Zusatzbelastung zu erhöhen, und so für ihr Grundstück an sich zulässige Nutzungen gar nicht realisieren können. Um eine solche Fallkonstellation ging es hier jedoch gerade nicht. Die Antragsgegnerin ist vielmehr bei ihrem Satzungsbeschluss davon ausgegangen und konnte auch davon ausgehen, dass der gesamte westliche Planbereich von einem Investor (U. ) genutzt würde und im Übrigen (im Osten) auch nur ein weiterer Investor (Stahlhandel) zur Ansiedlung anstand. Die Emissionen dieser Betriebe überlagern sich an den hier in erster Linie einschlägigen Immissionspunkten südwestlich bzw. westlich des Plangebiets ersichtlich nicht in nennenswerter Weise, da der östliche für den Stahlhandel vorgesehene Planbereich von den genannten Immissionspunkten deutlich mehr als 600 m entfernt ist. Hiernach war es ersichtlich abwägungsgerecht, von einer
187Emissionskontingentierung abzusehen.
188Der Umstand, dass sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, dass eine Ansiedlung von U. ausscheidet, steht dem nicht entgegen. Zum Einen können solche erst lange nach Erlass des Satzungsbeschlusses eingetretenen Umstände die Abwägung nicht im Nachhinein als fehlerhaft qualifizieren. Zum Anderen ist im vorliegenden Fall auch deshalb nicht davon auszugehen, dass einzelne Grundeigentümer bei Ansiedlungen nach dem "Windhundprinzip" gehindert sein könnten, eine an sich zulässige gewerbliche Nutzung auf ihrem Grundstück zu realisieren, weil die Grundflächen des Plangebiets nach dem Vortrag der Antragsgegnerin im Eigentum ihrer Wirtschaftsförderungsgesellschaft stehen. Diese wird schon im eigenen finanziellen Interesse bei der Vermarktung der Bauflächen des Plangebiets darauf bedacht sein, für alle Bauflächen eine angemessene (gewerbliche) Nutzung sicherzustellen. Ohnehin könnte die Antragsgegnerin - soweit städtebaulich erforderlich - durch eine Planergänzung reagieren.
189Schließlich ist im Hinblick auf den Immissionsschutz noch anzumerken, dass die vorgenommenen Gliederungen nach dem Abstandserlass auch sonstigen Immissionen - etwa durch Gerüche, Stäube u.a.m. - Rechnung tragen. Dass die Antragsgegnerin insoweit im vorliegenden Fall Anlass zu weiteren Ermittlungen und Prüfungen hatte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
190b) Auch die Ermittlungen und Bewertungen sowie abwägenden Gewichtungen der Antragsgegnerin zu den weiter abwägungsrelevanten Aspekten des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind nicht zu beanstanden.
191Insoweit hatte die Antragsgegnerin, wie zu II. 3.) B) e) bereits dargelegt wurde, das Folgenbewältigungsprogramm der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung - Vermeidung und Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB bezeichneten Bestandteilen - nach Maßgabe der Abwägungsdirektiven des § 1a Abs. 3 BauGB im Rahmen ihrer Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB abzuarbeiten. Dies setzt zunächst voraus, dass die relevanten erheblichen Beeinträchtigungen im Einzelnen näher ermittelt werden. Das ist hier geschehen, wie aus den umfangreichen Darlegungen in Abschnitt 1.5 des Umweltberichts folgt. Konkrete Anhaltspunkte für insoweit gegebene Defizite bei der Bestandsaufnahme des vorgefundenen Bestands der relevanten Aspekte des Landschaftsbilds und Naturhaushalts sind weder dargetan noch sonst ersichtlich (zu den speziellen artenschutzrechtlichen Aspekten vgl. auch die nachfolgenden Darlegungen zu c).
192Der Antragsteller rügt zwar, in der Anmerkung *) (zu Abschnitt 1.5.7.1) des Umweltberichts werde ausgeführt, als Bestand gelte der Planungsinhalt des rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. 03.079 vor seiner 2. Änderung plus der südlichen Erweiterung (ehemalige Hofstelle mit großer Obstwiese) minus westlichem Teil (P. Weg, zwischen X2. Straße und dem Änderungsbereich). Diese Angabe bezieht sich jedoch nicht auf die Erfassung des tatsächlich vorgefundenen Bestands in Abschnitt 1.5 des Umweltberichts, sondern auf die in Abschnitt 1.6.3 des Umweltberichts mit Übersichtstabellen näher erläuterte Eingriff-Ausgleichs-Bilanzierung. Diese dient lediglich dazu, unter Berücksichtigung der an den tatsächlichen Bestand anknüpfenden planerischen Vermeidungsmaßnahmen (vgl. hierzu Abschnitt 1.6.1 des Umweltberichts) den letztlich nach Maßgabe von § 1a Abs. 3 BauGB zu deckenden Ausgleichsbedarf zu ermitteln. Für diese Deckung des Ausgleichsbedarfs folgt, wie die Antragsgegnerin zutreffend hervorhebt, aus § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB, dass ein Ausgleich nicht erforderlich ist, soweit die Eingriffe bereits zulässig waren. Bei der Ermittlung des Ausgleichsbedarfs konnte die Antragsgegnerin mithin in der Tat berücksichtigen, dass für die bereits durch die Urfassung des Bebauungsplans Nr. 03.079 festgesetzten Bauflächen im Rahmen der 2. Änderung jedenfalls ein Ausgleich nicht mehr zu berücksichtigen war, soweit gegenüber der Urfassung keine weiteren erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten waren.
193Nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Antragsgegnerin bei den zur Ermittlung des Ausgleichsbedarfs vorzunehmenden Bewertungen nach den Darlegungen im Einleitungsteil "Methodik" des Abschnitts 1.6.3 des Umweltberichts die Bewertungsmethode der Stadt I. (Biotoptypenwertliste Stand 1.3.2002) angewandt hat. Zwar trifft es zu, dass im Land NRW auch andere, komplexere Bewertungsverfahren zur Anwendung kommen, wie in dem vom Antragsteller vorgelegten Privatgutachten (S. 15) ausgeführt wird. Hieraus lässt sich ein rechtlich beachtlicher Mangel der durch die Antragsgegnerin vorgenommenen Bewertungen jedoch nicht herleiten. Auch insoweit gelten die bereits vorstehend zu den artenschutzrechtlichen Prüfungen unter II. 3.) B) e) dargelegten Grundsätze, dass für alle Ebenen der naturschutzfachlichen Prüfung, die (zumindest auch) Wertungen einschließen, sich bislang keine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herausgebildet haben. Die Folge, dass bei naturschutzfachlichen Bewertungen sich je nach dem, welches methodische Vorgehen und welche Kriterien und Maßstäbe angewandt werden, unterschiedliche Ergebnisse ergeben können, ist letztlich hinzunehmen. Entscheidend ist allein, ob die dem konkreten Bewertungsverfahren zu Grunde liegenden Ansätze naturschutzfachlich vertretbar sind.
194Vgl.: BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, JURIS, m.w.N..
195Dementsprechend ist seit langem anerkannt, dass es bei der Abarbeitung des Folgenbewältigungsprogramms der Eingriffsregelung Aufgabe der planenden Gemeinde ist, in eigener Verantwortung die zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu bewerten und über Vermeidung, Ausgleich und Ersatz abwägend zu entscheiden.
196Vgl. bereits: BVerwG, Beschluss vom 23. April 1997 - 4 NB 13.97 -, BRS 59 Nr. 10.
197Insoweit kommt es nicht darauf an, ob sich bei Verwendung anderer Parameter ein höherer Ausgleichsbedarf errechnen ließe. Zu Beanstandungen besteht vielmehr erst dann Anlass, wenn ein Bewertungsverfahren sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.
198Vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2004 - 4 A 32.02 -, NVwZ 2004, 722, insoweit in BRS 67 Nr. 216 nicht abgedruckt.
199Substantielle Anhaltspunkte dafür, dass das hier angewandte Bewertungsverfahren ungeeignet wäre, im Rahmen einer Eingriff-Ausgleich-Bilanzierung den Ausgleichsbedarf zu ermitteln, sind nicht dargetan.
200Schließlich besteht auch kein Anhalt dafür, dass die Deckung des Ausgleichsbedarfs, soweit sie nicht bereits durch im Plan getroffene Festsetzungen, sondern planextern erfolgen soll, nicht hinreichend gesichert wäre. Hierzu wurde in der dem Satzungsbeschluss des Rates der Antragsgegnerin zugrunde liegenden 1. Ergänzung zur Vorlage Nr. 1790/07 (Bl. 461 der Beiakte Heft 4) ausgeführt, die Antragsgegnerin habe mit ihrer Wirtschaftsförderungsgesellschaft einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, nach dem diese sich verpflichtet, zur Kompensation des Ausgleichsdefizits von ihr zwischenzeitlich erworbene Flächen entsprechend dem Umweltbericht (vgl. Abschnitt 1.6.4 "externe Kompensation") zu bepflanzen und dauerhaft für diesen Zweck zu erhalten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unrichtig wären, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
201c) Ergänzend ist hervorzuheben, dass zu den abwägend zu berücksichtigenden erheblichen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts auch der vorstehend bereits zu II. 3.) B) e) erörterte Artenschutz gehört. Zu den abwägend zu berücksichtigenden Bestandteilen des Naturhaushalts im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB gehören auch Tiere und Pflanzen, so dass auch eventuelle Auswirkungen namentlich auf geschützte Tier- und Pflanzenarten bei der Abarbeitung des Folgenbewältigungsprogramms der Eingriffsregelung zu berücksichtigen sind. Diese Anforderungen an die Abwägung stehen neben der bereits erörterten, nicht nach Abwägungsgesichtspunkten abzuwickelnden Prüfung eventueller Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbote im Hinblick auf die städtebauliche Rechtfertigung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und können diese - wie dargelegt - nicht etwa ersetzen.
202Das bedeutet jedoch nicht, dass die Berücksichtigung eventueller artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände für die hier in Rede stehende Abwägung ohne Bedeutung ist. Ergeben die artenschutzrechtlichen Prüfungen wie im vorliegenden Fall, dass bei einer Umsetzung des Bebauungsplans Verstöße gegen die einschlägigen artenschutzrechtlichen Verbotsnormen in der maßgeblichen Fassung - hier: § 42 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG - nach den vorliegenden, fehlerfrei berücksichtigten Erkenntnissen nicht zu erwarten sind, kann regelmäßig auch davon ausgegangen werden, dass erhebliche Beeinträchtigungen i.S.v. § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB hinsichtlich der geschützten Arten nicht zu erwarten sind.
203Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin ihr naturschutzbezogenes Ausgleichskonzept ausdrücklich auch darauf ausgerichtet hat, mit den vorgesehenen Maßnahmen die Biotop- und Strukturvielfalt in an das Plangebiet angrenzenden Bereichen zu erhöhen und für den Verlust der Obstwiese im Bereich der früheren Hofstelle als 1:1 Kompensation eine neue Obstwiese anzulegen. Damit werden jedenfalls die planbedingten Folgen durch den Verlust ökologisch hochwertiger Bereiche ausgeglichen und insbesondere auch verloren gehende Biotopstrukturen, die als Lebensräume für Tiere und Pflanzen bedeutsam sind, in vergleichbarer Art wieder geschaffen.
204d) Abschließend ist anzumerken, dass Anhaltspunkte für weitere eventuelle Mängel bei der Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange weder dargetan noch sonst ersichtlich sind.
205III.
206Ergibt sich nach alledem, dass lediglich die textliche Festsetzung Nr. 4 wegen Fehlens einer einschlägigen Rechtsgrundlage ungültig, der strittige Plan im Übrigen aber nicht zu beanstanden ist, führt dieser Mangel lediglich dazu, dass nur die genannte textliche Festsetzung für unwirksam zu erklären ist.
207Die Ungültigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt dann nicht zur Gesamtungültigkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
208Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55 Nr. 30 m.w.N..
209Diese Voraussetzungen sind hier ohne Weiteres zu bejahen. Der strittige Plan kann auch ohne eine Regelung zur räumlichen Lage von ausnahmsweise zulässigen betriebsbezogenen Wohnungen die ihm zukommende städtebauliche Ordnungsfunktion erfüllen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin von der diesbezüglichen Festsetzung Abstand genommen hätte, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt.
210Bei der auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO beruhenden Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin nur zu einem geringen, den Antragsteller ohnehin nicht berührenden Teil unterlegen ist.
211Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
212Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
213