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Der Antrag wird auf Kosten der Klägerin abgelehnt. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Die Klägerin habe nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bewiesen, dass der bei ihr in mehreren Segmenten der Wirbelsäule diagnostizierte Bandscheibenvorfall kausal im Sinne des dienstunfallrechtlichen Kausalitätsbegriffs auf die Partnerübungen beim Dienstsport am 31. März 2004 zurückzuführen sei. Dies ergebe sich aus den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen und dem Gutachten des Polizeiarztes Dr. M. vom 25. Juni (richtig: Juli) 2005 und dem fachärztlichen Gutachten des Dr. M1. vom 11. Juli 2005. Da die Klägerin keine Mängel dieser Gutachten benannt habe, bestehe keine Veranlassung zu einer weiteren Beweiserhebung.
4Die Klägerin trägt demgegenüber vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, weil das Verwaltungsgericht kein Gutachten eines Ordinarius oder eines Klinikleiters eingeholt habe, obwohl dies schriftsätzlich beantragt worden sei. Zweifel an den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten bestünden, weil bei der sehr strengen und anspruchsvollen Untersuchung auf ihre Polizeidiensttauglichkeit vor der Einstellung in den Polizeidienst keine anlagenbedingte Vorschädigung der Wirbelsäule/Bandscheibe festgestellt worden sei. Zumindest hätten die Akten der medizinischen Einstellungsuntersuchung beigezogen werden müssen. Es könne auch nicht von einer Gelegenheitsursache gesprochen werden, da der Polizeisport schwere körperliche Belastungen mit einem erhöhten Verletzungsrisiko mit sich bringe. Diese könnten zu einem Schaden führen, der bei so genannten alltäglich vorkommenden Ereignissen" überhaupt nicht vorkommen könne.
5Aus diesem Vorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, so dass die Berufung nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist.
6Es ist nicht zu beanstanden, dass es das Verwaltungsgericht im Wege der freien Beweiswürdigung insbesondere unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten nicht als erwiesen angesehen hat, dass das Polizeitraining am 31. März 2004 kausal für den bei der Klägerin festgestellten Bandscheibenvorfall war.
7Diese Annahme des Verwaltungsgerichts wird durch den Zulassungsantrag nicht erschüttert. Es werden keine Tatsachen vorgetragen, die darauf schließen lassen, dass der vom Verwaltungsgericht verneinte Ursachenzusammenhang im vom Verwaltungsgericht zutreffend gekennzeichneten dienstunfallrechtlichen Sinne tatsächlich vorliegt. Die Klägerin verweist insoweit allein darauf, eine anlagebedingte Schädigung der Wirbelsäule oder der Bandscheibe sei im Rahmen der vor ihrer Einstellung in den Polizeidienst erfolgten Untersuchung nicht festgestellt worden. Damit werden keine Zweifel an der Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Gutachten geweckt. Die Klägerin benennt nämlich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die von den Gutachtern angenommene Vorschädigung im Rahmen dieser Untersuchung überhaupt hätte festgestellt werden können. Dies ist auch bei der zu unterstellenden Gründlichkeit dieser Untersuchung keinesfalls offensichtlich. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die Vorschädigung nur im Wege einer Kernspintomographie der Halswirbelsäule oder - indirekt - durch eine Röntgenuntersuchung hätte festgestellt werden können. Denn wie sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergibt, wurde die Diagnose Bandscheibenvorfall" am 2. April 2004 erst gestellt, nachdem eine Kernspintomographie durchgeführt worden war. Dass im Rahmen der Untersuchung auf Polizeidiensttauglichkeit eine solche Untersuchung stattfand, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
8Die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin in Zweifel zieht, dass der Dienstsport als Gelegenheitsursache" angesehen werden könne.
9Gelegenheitsursachen sind (Mit-)Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte.
10Ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - 2 C 22.01 -, ZBR 2003, 140.
11Es kommt hiernach nicht darauf an, ob ein Ereignis, das Auslöser für einen Gesundheits- oder Körperschaden geworden ist, besonders gravierend war, sondern ob der Schaden in gleicher Weise auch durch ein ggf. weniger schwer wiegendes, alltägliches Ereignis hätte hervorgerufen werden können. Dies wird in den vom Verwaltungsgericht zur Grundlage seiner Entscheidung gemachten Gutachten für den vorliegenden Fall eindeutig bejaht. Im Gutachten des Polizeiarztes Dr. M. vom 25. Juli 2005 (S. 7) wird ausgeführt, die festgestellten Veränderungen an der Bandscheibe seien nicht als Folge des Trainings der Eingriffstechniken am 31. März 2004 anzusehen, da einerseits in der durchgeführten Kernspinuntersuchung keine unfallbedingten Veränderungen nachgewiesen werden konnten und andererseits die zur Darstellung gekommenen Veränderungen der Bandscheibe die Folge anlagebedingter chronisch schleichender Bandscheibenschädigung seien, die bereits vor dem Ereignis vom 31. März 2004 bestanden hätten. Im fachärztlichen Gutachten des Dr. M1. vom 11. Juli 2005 (S. 6) heißt es, das von der Klägerin am 31. März 2004 bzw. am 1. April 2004 geklagte Beschwerdebild von Seiten der Halswirbelsäule sowie das im weiteren Verlauf bildtechnisch festgestellte Schadensbild im Bereich der Halswirbelsäule und die durchgeführten Therapiemaßnahmen stünden mit der dienstlichen Tätigkeit am 31. März 2004 nicht in ursächlichem Zusammenhang. Allein wesentlich seien Schadensanlagen in Form einer Minderwertigkeit des Bandscheibengewebes mit Bandscheibenvorwölbungen und Bandscheibenvorfällen in mehreren Segmenten. Irgendwelche Verletzungszeichen seien zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden, sondern seien aufgrund der Kernspintomographie vom 2. April 2004 auszuschließen. Auch bio-/unfallmechanisch könne ausgeschlossen werden, dass es durch den Dienstsport am 31. März 2004 zu Bandscheibenschädigungen in insgesamt fünf Segmenten gekommen sei unter vollständiger Umgehung sämtlicher vorgelagerter und benachbarter Strukturen. Die vorbestehenden degenerativen Bandscheibenveränderungen seien lediglich im zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienstsport manifest geworden.
12Nach diesen nachvollziehbaren Aussagen der Gutachter war das Polizeitraining am 31. März 2004 allenfalls Auslöser für Beschwerden, die früher oder später wegen der vorhandenen Bandscheibenschäden ohnehin aufgetreten wären. Dies steht nicht im Widerspruch zu der Behauptung im Zulassungsantrag, die am 31. März 2004 geübten Eingriffstechniken bürgen ein gesteigertes Verletzungsrisiko, oder der Aussage in der Bescheinigung des behandelnden Orthopäden Dr. T. -O. vom 30. November 2004, eine von außen einwirkende plötzliche Belastung der Halswirbelsäule könne sehr wohl zu den nachgewiesenen Bandscheibenschäden führen. Aus den o.g. Gutachten ergibt sich nicht, dass Bandscheibenschäden nicht durch äußere Einwirkungen entstehen können. Aus ihnen ergibt sich aber, dass es im konkreten Fall gerade nicht zu einer Verletzung durch äußere Einwirkungen gekommen ist.
13Soweit die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht hätte nicht ohne Einholung eines weiteren Gutachtens entscheiden dürfen, beruft sie sich sinngemäß darauf, dass das Verwaltungsgericht gegen die Pflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen verstoßen habe. Damit macht sie der Sache nach geltend, dass ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vorliege und die Berufung deshalb nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen sei.
14Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor. Das Gericht durfte auf der Grundlage der im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten entscheiden, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht förmlich beantragt hat.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 14.91 -, DVBl 1993, 955.
16Wenn die anwaltlich vertretene Klägerin meinte, das Verwaltungsgericht hätte den Sachverhalt noch nicht ausreichend aufgeklärt, hätte sie deshalb in der mündlichen Verhandlung beantragen müssen, Beweis durch Einholung eines weiteren Gutachtens zu erheben. Dies hat sie nicht getan. Sie hat in der mündlichen Verhandlung die schriftsätzlich angekündigten Beweisanträge nicht gestellt. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass sie selbst eine weitere Aufklärung des Sachverhalts offenbar nicht mehr für notwendig oder für möglich hielt. Aus welchem Grunde sich dem Verwaltungsgericht gleichwohl die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen, legt die Zulassungsbegründung nicht in genügender Weise dar.
17Abgesehen davon kann sich ein Tatsachengericht grundsätzlich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf eine gutachterliche Stellungnahme stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen liegt nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 404 Abs. 1, 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten absieht, obwohl die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte aufdrängen müssen.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268.
19Dies ist hier nicht der Fall. Denn die Einwendungen der Klägerin gegen die berücksichtigten Gutachten sind - wie oben bereits ausgeführt wurde - nicht stichhaltig.
20Soweit die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht hätte zumindest die Akten der medizinischen Einstellungsuntersuchung beiziehen müssen, rechtfertigt auch dies nicht die Zulassung der Berufung. Dem Verwaltungsgericht lag - wie dem Polizeiarzt Dr. M2. - u.a. die rote polizeiamtsärztliche Krankenakte (Beiakte Heft 2) vor, die zahlreiche Unterlagen bezüglich der Untersuchungen der Klägerin auf ihre Polizeidiensttauglichkeit durch den nordrhein-westfälischen Polizeiärztlichen Dienst enthält. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche Erkenntnisse das Gericht aus möglicherweise existierenden Unterlagen über anderweitige polizeiärztliche Untersuchungen hätte gewinnen können, so dass nicht ersichtlich ist, dass das Verwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt seine Aufklärungspflicht hätte verletzt haben können.
21Die Klägerin stützt ihren Zulassungsantrag weiter darauf, die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf, so dass die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen sei. Tatsächliche Schwierigkeiten lägen vor, weil die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ihrer Vorschädigung und zur Kausalität zwischen der polizeisportlichen Übung und dem Bandscheibenvorfall unterblieben sei. Rechtliche Schwierigkeiten lägen deshalb vor, weil man die Dinge durchaus anders sehen könne, als dies das Verwaltungsgericht getan habe, und weil die Fragen sich weder ohne weiteres aus dem Gesetz ergäben noch aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts bereits rechtskräftig geklärt seien.
22Auch dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern.
23Vgl. Seibert in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl. 2006, Rn. 106 zu § 124 VwGO.
24Dies ist hier nicht der Fall.
25Besondere tatsächliche Schwierigkeiten wirft das vorliegende Verfahren nicht auf, weil die Gutachten, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, die entscheidende Frage, ob das Training am 31. März 2004 kausal für die Bandscheibenschäden der Klägerin ist, nachvollziehbar, eindeutig und übereinstimmend beantwortet haben. Weshalb sich aus der Nichteinholung eines weiteren Gutachtens die besondere tatsächliche Schwierigkeit der Sache ergeben soll, erschließt sich dem Senat nicht.
26Die Klägerin hat auch das Vorliegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten nicht dargelegt. Die Voraussetzungen, unter denen ein Ereignis als Dienstunfall anzuerkennen ist, sind in der bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich geklärt. Aus dem Zulassungsantrag ergibt sich angesichts der vorliegenden Gutachten nicht, dass die Subsumtion im vorliegenden Einzelfall außergewöhnlich schwierig und deshalb nur im Rahmen eines Berufungsverfahrens möglich wäre.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 52 Abs. 2 GKG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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