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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Senat sieht davon ab, eine Umstellung des Passivrubrums auf den Oberbürgermeister anzuregen. Zwar ist dieser statt des Rates im Kommunalverfassungsstreit passiv legitimiert, da die Zahlung von Zuwendungen und die Zuweisung bestimmter Sitze im Ratssaal nicht vom Rat, sondern vom Oberbürgermeister zu fordern sind. Dieser und nicht der Rat lehnte daher auch die Anerkennung als Gruppe mit Schreiben vom 10. März und 16. April 2008 ab. Mit dem Oberbürgermeister und nicht dem Rat besteht Streit über den Gruppenstatus. Die Behebung des Mangels ist aber nicht angezeigt, da der erhobene Anspruch auch der Sache nach nicht besteht.
3Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die im Beschwerderechtszug weiter verfolgten Anträge,
4den Antragsgegner zu verpflichten, dem "X. H. " im Rat der Stadt X1. , bestehend aus den Antragstellern, bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über deren Antrag auf Zuerkennung des "Gruppenstatus" und auf Gewährung von finanziellen Zuwendungen gemäß § 56 GO aus Haushaltsmitteln ab dem 01.03.2008 Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung in Höhe von monatlich 2.283,78 Euro allgemeine Mittel und in Höhe von monatlich 6.030,67 Euro Personalkostenzuschuss zu gewähren und den Antragstellern nebeneinander liegende Plätze bei Ratssitzungen zuzuteilen,
5zu Recht abgelehnt hat. Der Antrag ist nicht aus den im Beschwerderechtszug vorgebrachten, allein zu prüfenden Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) stattzugeben. Die Antragsteller haben keinen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung) glaubhaft gemacht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsteller einen der erhobenen Ansprüche haben.
6Im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes kann nicht festgestellt werden, dass die Antragsteller einen im Hauptsacheverfahren zu verfolgenden Anspruch auf finanzielle Zuwendungen nach § 56 Abs. 3 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) haben. Danach gewährt die Gemeinde u.a. Gruppen Zuwendungen zu bestimmten Aufwendungen. Nach den hier maßgeblichen Teilen des § 56 Abs. 1 GO NRW ist eine Gruppe eine freiwillige Vereinigung von mindestens zwei Ratsmitgliedern, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben. Das Vorliegen der Gruppeneigenschaft muss für den Zuwendungsanspruch positiv feststehen, wofür diejenigen, die den Zuwendungsanspruch geltend machen, die materielle Beweislast tragen.
7Wie sich aus dem gesetzlichen Erfordernis, dass sich die Ratsmitglieder zusammengeschlossen "haben" müssen, ergibt, entsteht die Gruppeneigenschaft nicht schon mit der bloßen - auch bereits rechtlich verfestigten - Absicht, eine Gruppe zu bilden. Vielmehr muss der Zusammenschluss bereits verwirklicht sein. Weiter ergibt sich aus der finalen Präposition "zu" möglichst gleichgerichtetem Wirken, dass die Gruppeneigenschaft nicht davon abhängt, dass ein so gleichgerichtetes Wirken auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung bereits vorliegt. Allerdings folgt daraus, dass dieser Zweck dem Zusammenschluss zugrunde liegen muss.
8Diese Voraussetzung ist ohne weiteres gegeben bei einem Zusammenschluss, der aus Personen besteht, die für ein und dieselbe Partei oder Wählergruppe bei der Wahl angetreten sind. Hier ergibt sich bereits aus dem Parteizusammenschluss bzw. dem mitgliedschaftlich organisierten Zusammenschluss der Wahlberechtigten zum Zwecke gemeinsamer Wahlvorschläge (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 des Kommunalwahlgesetzes), dass ein Zusammenschluss von aufgrund solcher Wahlvorschläge Gewählten zum Zwecke möglichst gleichgerichteten Wirkens auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung erfolgt. Eines weiteren Indizes durch Verwirklichung des beabsichtigten Zwecks bedarf es dann nicht.
9An dieser von vorneherein gebotenen Annahme der erforderlichen Zweckbestimmung bei einem Zusammenschluss auf Vorschlag bestimmter Parteien und Wählergruppen Gewählter fehlt es allerdings bei Ratsmitgliedern, die nicht auf der Grundlage von Wahlvorschlägen derselben Partei oder Wählergruppe gewählt wurden. Nach der Einführung eines Anspruchs auf Zuwendungen für Gruppen drängt es sich bei der gebotenen lebensnahen Betrachtung auf, dass nach diesem Zeitpunkt im Laufe einer Wahlperiode im Einzelfall auch solche Zusammenschlüsse gebildet werden, die in Wirklichkeit nicht die Absicht möglichst gleichgerichteten Wirkens auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung verfolgen, sondern lediglich darauf zielen, finanzielle Vorteile oder auch eine Verstärkung ihrer Rechtsposition für die Verfolgung individueller politischer Ziele der einzelnen Ratsmitglieder zu erlangen. Ob der erforderliche Zeck verfolgt werden soll, bemisst sich allgemein nach den Vereinbarungen im Rahmen des Zusammenschlusses und ihrer tatsächlichen Anwendung sowie den Bekundungen der Mitglieder des Zusammenschlusses, soweit sich die Erklärungen als glaubhaft erweisen.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2005 - 15 B 2713/04 -, NWVBl. 2005, 213.
11Im Rahmen der angesprochenen Beweislast reicht hier die bloße Bekundung der Absicht gleichgerichteten Wirkens eines anspruchstellenden Zusammenschlusses ebenso wenig aus wie vereinzelte gemeinschaftliche Aktionen. Vielmehr muss sich aus den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls der zuverlässige Schluss ergeben, dass der Zusammenschluss nachhaltig auf das gleichgerichtete Zusammenwirken ausgerichtet ist.
12In Anwendung dieser Grundsätze kann das erforderliche Merkmal hier nicht festgestellt werden: Der Zusammenschluss der auf der Grund von Wahlvorschlägen verschiedener Parteien und Wählergruppen gewählten Antragsteller soll nach dem Schreiben der Antragsteller vom 6. März 2008 an den Oberbürgermeister am 25. Februar 2008 erfolgt sein, also gut vier Monate nach Einführung des Anspruchs auf Zuwendungen an Gruppen. Zuvor war die Antragstellerin zu 1. - nach ihrer Behauptung aus Krankheitsgründen - für zwei Jahre den Sitzungen des Rates fern geblieben. Erst seit 2008 nimmt sie wieder an den Ratssitzungen teil. An verwertbaren Indizien für das erforderliche Merkmal liegen lediglich ein Eckpunktepapier der Gruppe und die vereinsrechtliche Gründung einer entsprechenden Wählergemeinschaft vor, der auch ein Bezirksvertretungsmitglied angehört. Tatsächliches gleichgerichtetes Wirken als Indiz für den erforderlichen Zweck ist in Form einer großen Anfrage im Rat und einer Website des X2. H1. festzustellen. Weiter will die Antragstellerin zu 1. politische Aktivitäten in Form der Unterstützung einer Elterninitiative und der Prüfung von Jugendamtsunterlagen entfaltet haben.
13Unabhängig von der Frage, ob insoweit nicht eine einfache Tätigkeit als Ratsmitglied vorliegt, kann bei einer Gesamtschau dieser Vorgänge nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass das erforderliche Merkmal für eine Gruppeneigenschaft vorliegt: Allein die verbalen Bekundungen vermögen - wie oben ausgeführt - die notwendige Überzeugung vom Vorliegen des Merkmals nicht zu begründen. Das verwirklichte gleichgerichtete Wirken ist zu marginal, um einen hinreichend zuverlässigen Schluss auf das Merkmal zu erlauben. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftig ein hinreichend sicherer Schluss auf den Zweck des Zusammenschlusses möglich wird. Es kann zur Zeit aber ebenso wenig ausgeschlossen werden, wenn es nicht sogar als naheliegender anzusehen ist, dass in Wirklichkeit ein finanzieller Zweck der wahre Grund des Zusammenschlusses ist. Diese Unaufklärbarkeit geht zu Lasten der Antragsteller.
14Mangels feststellbarer Gruppeneigenschaft kommt auch ein im Hauptsacheverfahren zu verfolgender Anordnungsanspruch auf nebeneinander liegende Sitze im Ratssaal nicht in Betracht.
15Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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