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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die 1970 geborene Klägerin, die eine Entschädigung nach § 81 SGB IX begehrt, bestand im November 2000 die Erste und im Januar 2003 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufen I und II in den Fächern Deutsch und Englisch. Sie ist laut Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes N. vom 11. August 1998 schwerbehindert. Der Grad der Behinderung (GdB) ist mit 60 angegeben.
3Die Klägerin bewarb sich auf die im Februar 2003 von der Bezirksregierung E. mit der Ausschreibungsnummer 1- GY-403-164458 ausgeschriebene Stelle für die Sekundarstufe II am Geschwister-Scholl-Gymnasium in E1. . Nach dem Ausschreibungstext wurde eine Lehrkraft mit dem Unterrichtsfach Deutsch und einem beliebigen Zweitfach gesucht. Unter "Bevorzugte Bewerbungen" hieß es: "Bewerberinnen und Bewerber mit dem 2. Fach evangelische Religionslehre werden bevorzugt". Zudem enthielt die Ausschreibung den Hinweis, dass Bewerbungen von Schwerbehinderten besonders erwünscht seien.
4Die Bezirksregierung E1. führte die Klägerin in der Bewerberliste in der Ordnungsgruppe 9 und vermerkte dort ihre Schwerbehinderung mit dem Kürzel "SB".
5Am 10. März 2003 wählte die Auswahlkommission des Geschwister-Scholl-Gymnasiums im Rahmen einer schulinternen Vorauswahl sechs Bewerberinnen aus, die zu einem Auswahlgespräch eingeladen werden sollten. Die Klägerin war nicht darunter. Die Auswahlkommission gab zur Begründung der getroffenen Vorauswahlentscheidung an, dass aus dem Bewerberkreis alle diejenigen ausgewählt worden seien, die das bevorzugte Zweitfach "Evangelische Religionslehre" für die Sekundarstufe II hätten vorweisen können.
6Am 18. März 2003 führte die Auswahlkommission des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Bewerbungsgespräche mit den sechs bei der Vorauswahl ausgewählten Bewerberinnen. Die ausgeschriebene Stelle wurde am 15. September 2003 aus dem Kreis dieser Bewerberinnen besetzt.
7Mit Schreiben vom 18. März 2003 teilte der Schulleiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums der Klägerin mit, dass nur die Bewerber mit Lehramtsbefähigungen in den Fächern "Deutsch" und "Evangelische Religionslehre" für die Sekundarstufe II zum Auswahlgespräch eingeladen worden seien.
8Unter dem 14. April 2003 forderte die Klägerin die Bezirksregierung E1. durch ihren Prozessbevollmächtigten auf, ihr wegen Verstoßes gegen die §§ 81 und 82 SGB IX eine Entschädigung in Höhe von 9.829,11 EUR zuzüglich der ihr durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes entstandenen Kosten von 446,02 EUR zu zahlen. Sie sei trotz ihrer fachlichen Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden.
9Die Bezirksregierung E1. lehnte die Zahlung der begehrten Entschädigung mit Bescheid vom 15. April 2003 ab. In der fraglichen Stellenausschreibung sei zum Ausdruck gebracht worden, dass Bewerber mit dem zweiten Fach "Evangelische Religionslehre" bevorzugt würden. Deswegen habe die Schule Bewerber mit dem bevorzugten Zweitfach vorrangig zum Auswahlgespräch einladen dürfen.
10Die Klägerin hat am 11. Juli 2003 Klage erhoben und am 29. Juli 2003 Widerspruch gegen den Bescheid der Bezirksregierung E1. vom 15. April 2003 eingelegt, den diese mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2003 zurückwies.
11Die Klägerin hat im Klageverfahren sinngemäß beantragt,
12das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E1. vom 15. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E1. vom 4. August 2003 zu verurteilen, an sie - die Klägerin - eine angemessene Entschädigung entsprechend § 81 SGB IX zu zahlen.
13Das beklagte Land hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Das Verwaltungsgericht hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter entschieden. Mit Urteil vom 6. Mai 2005 hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 81 SGB IX, weil sie es versäumt habe, einen Rechtsbehelf gegen die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch einzulegen. Eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln bestehe nicht, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen habe, den Schaden durch Einlegung eines Rechtsmittels gegen das als rechtswidrig beanstandete staatliche Handeln abzuwenden. Es sei der anwaltlich vertretenen Klägerin möglich und zumutbar gewesen, gegen die Entscheidung der Auswahlkommission des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, Widerspruch einzulegen, und beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu beantragen mit dem Ziel, die anderweitige Besetzung der ausgeschriebenen Stelle vorläufig zu verhindern.
16Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.
17Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 20. Mai 2005 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 14. Juni 2004 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
18Sie trägt vor, für einen gerichtlichen Eilrechtsschutz zur vorläufigen Verhinderung der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit der ausgewählten Mitbewerberin habe ihr das Rechtsschutzinteresse gefehlt. Als der ausgewählten Mitbewerberin am 18. März 2003 das Angebot zur Einstellung als Lehrkraft in den öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes unterbreitet worden sei, habe noch nicht festgestanden, ob sie in das Beamtenverhältnis auf Probe oder in das Angestelltenverhältnis übernommen werden würde. Im letzteren Fall wäre mit der bereits am 18. März 2003 erfolgten Annahme des Einstellungsangebotes durch die Mitbewerberin ein Arbeitsvertrag zustande gekommen und damit eine Wiederholung der Auswahlentscheidung ausgeschlossen gewesen. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen habe, dass zur Aufklärung und Würdigung komplexer Verwaltungsentscheidungen der gerichtliche Primärrechtsschutz am ehesten geeignet sei, trage dieser Ansatz das im vorliegenden Fall gefundene Ergebnis nicht. Die allein im Streit stehende Frage, ob eine fachlich geeignete schwerbehinderte Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen sei, wenn diese sich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben habe, stelle keine komplexe Verwaltungsentscheidung dar. Die Bezirksregierung E1. habe mit Schreiben vom 6. März 2003 alle am Ausschreibungsverfahren teilnehmenden öffentlichen Schulen darauf hingewiesen, dass schwerbehinderte Bewerber, sofern ihre Bewerbungen zulässig seien, auf jeden Fall zum Auswahlgespräch eingeladen werden müssten. Die Annahme, gerichtlicher Primärrechtsschutz sei in den Fällen der hier in Rede stehenden Art vorrangig, unterlaufe die in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX zum Ausdruck kommende Wertung, wonach dem Schwerbehinderten bei einem zu seinen Lasten gehenden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ein Zahlungsanspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld, nicht aber ein Anspruch auf eine Wiederholung des Bewerbungsverfahrens zustehe. Die Regelung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX, wonach der Anspruch auf Entschädigung innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung der Bewerbung schriftlich geltend gemacht werden müsse, unterstreiche dies. Sie belege, dass dem benachteiligten Schwerbehinderten der Anspruch auf Entschädigung möglichst zeitnah und ohne die Ergreifung weiterer Rechtsbehelfe zustehen solle. Zu dem Auswahlgespräch seien nicht nur und auch nicht alle Bewerber mit der nach der Ausschreibung bevorzugten Fächerkombination eingeladen worden. Eine der Eingeladenen habe lediglich eine Erweiterungsprüfung im Fach "Evangelische Religionslehre" abgelegt. Weiterhin seien Bewerberinnen eingeladen worden, die sich noch im Vorbereitungsdienst befunden und die zweite Staatsprüfung noch nicht abgelegt hätten. Diese seien in der Bewerberliste in der Ordnungsgruppe 99 geführt worden. Eine weitere Bewerberin mit der bevorzugten Fächerkombination habe die Auswahlkommission nicht zu dem Auswahlgespräch eingeladen.
19Die Klägerin beantragt,
20das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu entscheiden.
21Das beklagte Land beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Es verweist auf die tragenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und führt ergänzend aus, dass die Einstellungen in Dauerbeschäftigungsverhältnisse des öffentlichen Schuldienstes des beklagten Landes grundsätzlich unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe erfolgten. Nur in den Fällen, in denen die einzustellende Person die beamtenrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle, erfolge eine Einstellung im Angestelltenverhältnis. Im Übrigen sei der Vorrang des gerichtlichen Primärrechtsschutzes nicht vom Vorliegen einer komplexen Verwaltungsentscheidung abhängig. Für die Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO sei nicht zwischen einfachen und komplexen Verwaltungsentscheidungen zu differenzieren. Schließlich scheide ein Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 81 SGB IX auch deshalb aus, weil kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu ihren Lasten vorliege. Wegen des derzeitigen Lehrkräftemangels werde bei der Formulierung von Stellenausschreibungen für ein festgelegtes Erstfach und ein beliebiges Zweitfach die Bevorzugung eines bestimmten Zweitfaches herausgestellt, um der Gefahr zu begegnen, eine Stelle wegen mangelnder Bewerbungen nicht besetzen zu können und neu ausschreiben zu müssen. Ein so formulierter Ausschreibungstext mache deutlich, dass vorrangig eine Lehrkraft mit dem bevorzugten Zweitfach benötigt und eingestellt werde. Er signalisiere weiterhin, dass nur dann, wenn keine oder nicht ausreichend viele Bewerbungen mit der bevorzugten Fächerkombination eingingen, das Bewerberfeld auf Bewerber mit einem beliebigen Zweitfach erweitert werde. Da im vorliegenden Fall hinreichend viele Bewerbungen mit der bevorzugten Fächerkombination eingegangen seien, habe das Bewerberfeld nicht auf Bewerber mit einem beliebigen Zweitfach ausgedehnt zu werden brauchen. Mit Blick auf den vorrangig angesprochenen Bewerberkreis fehle der Klägerin die fachliche Eignung, da sie nicht über die Lehramtsbefähigung im Fach "Evangelische Religionslehre" verfüge. Die zum Auswahlgespräch eingeladenen Bewerberinnen hätten die Lehramtsbefähigung für die bevorzugten Fächer besessen. Soweit eine dieser Bewerberinnen die Befähigung für das Fach "Evangelische Religionslehre" im Rahmen einer Erweiterungsprüfung gemäß § 29 Lehramtsprüfungsordnung erworben habe, sei ihr damit die volle Lehrbefähigung für dieses Fach zuerkannt worden. Die beiden in der Ordnungsgruppe 99 geführten Bewerberinnen, die eingeladen worden seien, hätten sich im Zeitpunkt der Vorauswahl nicht im Vorbereitungsdienst befunden. Vielmehr hätten sie mit der Bewerbung zugleich den Laufbahnwechsel vollziehen wollen beziehungsweise eine wertgleiche Versetzung angestrebt. Diejenige Bewerberin, die nicht eingeladen worden sei, obwohl sie die bevorzugte Fächerkombination habe vorweisen können, habe die zweite Staatsprüfung erst nach dem Auswahlgespräch abgelegt und deshalb bei der Vorauswahl nicht berücksichtigt werden können.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes (Beiakten Hefte 1 bis 4) und der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zusammen mit dem Schriftsatz vom 2. August 2007 eingereichten Anlagen (Beiakte Heft 5) Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
27Die dem angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Urteil zu Grunde liegende Klage ist unabhängig davon, ob das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (SGB IX a.F.) oder das am 18. August 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anzuwenden ist, nicht begründet.
28Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land an sie eine angemessene Entschädigung entsprechend § 81 SGB IX a.F. zahlt.
29Als Anspruchsgrundlage kommt insoweit allein § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Satz 1 SGB IX a.F. in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber einem bei der Begründung eines Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses benachteiligten schwerbehinderten Bewerber, wenn dieser auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, eine angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten zu leisten. Die Klägerin macht nur diesen begrenzten Entschädigungsanspruch geltend und beruft sich nicht darauf, dass das beklagte Land bei benachteiligungsfreier Auswahl verpflichtet gewesen wäre, sie als am besten geeignete Bewerberin auszuwählen.
30Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind im Zusammenhang mit der Bewerbung der Klägerin auf die im Februar 2003 von der Bezirksregierung E1. mit der Ausschreibungsnummer 1-GY-403-164458 ausgeschriebene Stelle für die Sekundarstufe II am Geschwister-Scholl- Gymnasium in E1. nicht erfüllt. Es fehlt insoweit bereits an einer anspruchsbegründenden unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung der Klägerin.
31Für eine zu Lasten der Klägerin gehende mittelbare Diskriminierung, die voraussetzt, dass dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Behinderung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, ist nichts erkennbar.
32Eine unmittelbare Diskriminierung wäre nur dann zu bejahen, wenn die Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hätte, als eine andere Person in der vergleichbaren Situation.
33Vgl. BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 -, NZA 2005, 870.
34Dass eine solche unmittelbare Diskriminierung im Rahmen des Auswahlverfahrens tatsächlich stattgefunden hat, legt die Klägerin nicht dar.
35Grundsätzlich hat derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Macht der schwerbehinderte Bewerber in Streitfällen der hier in Rede stehenden Art allerdings Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die Behandlung, die der schwerbehinderte Bewerber erfahren hat, auf sachlichen Gründen beruht, welche keinen Bezug zu der Behinderung aufweisen (§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX a.F.).
36Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, sie sei entgegen § 82 SGB IX a.F. nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Nach dieser Vorschrift sind schwerbehinderte Menschen, die sich um einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst beworben haben, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, soweit ihnen nicht die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.
37Die Berufung der Klägerin auf die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
38Selbst wenn nicht von einem offensichtlichen Fehlen der fachlichen Eignung der Klägerin für die ausgeschriebene Stelle auszugehen wäre, somit ein Verstoß gegen § 82 SGB IX a.F. vorläge und dies für sich genommen die Vermutung einer Benachteiligung der Klägerin auf Grund ihrer Schwerbehinderung rechtfertigen würde, bestünde der geltend gemachte Entschädigungsanspruch gleichwohl nicht.
39Eine solche Vermutung wäre jedenfalls widerlegt. Nach Lage der Akten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Schwerbehinderung der Klägerin für die Entscheidung der Auswahlkommission, sie nicht zu einem Auswahlgespräch einzuladen - auch nicht als noch so untergeordneter Aspekt in einem Motivbündel - eine Rolle gespielt hat.
40Vgl. zu diesen Anforderungen zur Widerlegung der Vermutung bei einer Beweislastumkehr nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX a.F. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8. November 2005 - 5 Sa 277/05 -, ArbuR 2006, 245.
41Der Entscheidung der Auswahlkommission lagen vielmehr ausschließlich sachliche Aspekte zu Grunde, die erkennbar nichts mit der Schwerbehinderung der Klägerin zu tun hatten. Die Schulleitung des Geschwister-Scholl-Gymnasiums hatte durch Bestimmung des Leitfaches "Deutsch" und der Ankündigung, Bewerber mit dem zweiten Fach "Evangelische Religionslehre" bevorzugen zu wollen, bereits in dem fraglichen Ausschreibungstext deutlich gemacht, dass damals an der Schule vorrangig Lehrkräfte mit der Lehramtsbefähigung im Fach "Deutsch" und in zweiter Linie solche mit der Lehramtsbefähigung im Fach "Evangelische Religionslehre" benötigt wurden. Die Auswahlkommission hatte sich in Ansehung dieser konkreten Bedarfssituation - wie es auch der schriftlichen Begründung im Protokoll über die schulinterne Vorauswahl vom 10. März 2003 zu entnehmen ist - bei der Vorauswahlentscheidung von der Überlegung leiten lassen, den Bedarf in beiden Fächern durch eine entsprechende Besetzung der zur Verfügung stehenden Stelle gleichzeitig decken zu wollen. Sie hat daher folgerichtig ausschließlich nur solche Bewerberinnen zum Auswahlgespräch eingeladen, die die Lehramtsbefähigung für die bevorzugten Fächer - sei es auch auf Grund einer Erweiterungsprüfung - besaßen und die zweite Staatsprüfung bestanden hatten. Dass die in die engere Wahl gezogenen Bewerberinnen diese Voraussetzungen erfüllten, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten.
42Die Vorauswahl war sachgerecht, da sie dem verlautbarten Bedürfnis der Schule, dessen Befriedigung die Stellenausschreibung dienen sollte, am besten Rechnung trug. Auch war der mit der Vorauswahl bestimmte Bewerberkreis hinreichend groß, um einerseits eine echte Auswahlentscheidung zu ermöglichen und andererseits die Erwartung zu rechtfertigen, unter den Bewerberinnen eine geeignete Kandidatin zu finden.
43Anhaltspunkte dafür, dass neben diesen sachlichen Aspekten die Schwerbehinderung der Klägerin die Auswahlkommission davon abgehalten hat, den Bewerberkreis um solche Bewerber zu erweitern, die das Bevorzugungskriterium "zweites Fach evangelische Religionslehre" nicht erfüllten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Gegenteil hat die Schulleitung des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, die mit dem Schulleiter auch in der Auswahlkommission vertreten war, schon den Ausschreibungstext mit dem Hinweis versehen, dass die Bewerbungen von Schwerbehinderten besonders erwünscht seien. Der Senat hat keine Veranlassung, diesen Hinweis als nicht ernstgemeint zu werten.
44Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung eingewandt, die zum Schutz der schwerbehinderten Menschen bestehenden Verfahrensvorschriften gingen ins Leere, wenn ein Verstoß gegen diese Verfahrensvorschriften für den Arbeitgeber folgenlos bliebe, weil er sich unter Berufung auf sachliche Gründe entlasten könne. Dieser Gedanke rechtfertigt keine andere Entscheidung. Der hier geltend gemachte Entschädigungsanspruch setzt eine festgestellte Benachteiligung oder wenigstens die nicht widerlegte Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung voraus. Daran fehlt es, wenn die beanstandete Behandlung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich auf sachlichen Gründen beruhte. Der von der Klägerin beklagte Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX a.F., der nach dem Gesetz selbst keinen Entschädigungsanspruch auslöst, erfüllt - jedenfalls hier - für sich gesehen nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung im oben genannten Sinne. Mit der unterbliebenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ist die Klägerin nicht wegen ihrer Schwerbehinderung weniger günstig behandelt worden, als eine andere Person in der vergleichbaren Situation, die maßgeblich durch die Lehramtsbefähigungen der Bewerber und die Erfüllung beziehungsweise Nichterfüllung des Bevorzugungskriteriums bestimmt worden ist. Die Vorschrift geht auch nicht ins Leere, denn sie kann im Falle ihrer Missachtung den Arbeitgeber unter Umständen über die Beweislastumkehr dazu zwingen, die Gründe für seine umstrittene Personalentscheidung nachträglich offen zu legen und sie einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich zu machen.
45Der weitere Einwand des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach die Auswahlkommission des Geschwister-Scholl-Gymnasiums mit ihrer auf die Bewerberinnen mit der bevorzugten Fächerkombination beschränkten Vorauswahl ein neues Auswahlverfahren mit einem neuen Anforderungsprofil eingeleitet habe, trägt die Vermutung, die Klägerin sei in diesem Zusammenhang wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt worden, schon deshalb nicht, weil von einem neuen Auswahlverfahren keine Rede sein kann. Die von der Auswahlkommission unter den Bewerbern getroffene Vorauswahl entsprach in jeder Hinsicht der Ausschreibung und dem darin festgelegten Anforderungsprofil.
46Der von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch wäre - auch wenn er auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG in Verbindung mit den §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 und 7 Abs. 1 AGG gestützt und eine Beweislastverteilung zu Gunsten der Klägerin gemäß § 22 AGG angenommen würde - entsprechend den vorstehenden Ausführungen mangels Benachteiligung bei der Vorauswahl zu verneinen.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
48Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht erfüllt sind.
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