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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 1. September 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe hinreichend dargelegt worden ist bzw. vorliegt.
3Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils iSv § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Insoweit kommt es nicht wesentlich darauf an, ob sich alle Begründungselemente der erstinstanzlichen Entscheidung als tragfähig erweisen, sondern darauf, ob die angefochtene Entscheidung mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit im Ergebnis zutreffend ist. Daher muss nicht im Einzelnen der Frage nachgegangen werden, ob aufgrund des gegen den Kläger ergangenen Strafbefehls vom Besitz von 12 g Marihuana auszugehen war. Da der Strafbefehl - wenngleich nur in den Gründen - davon ausgeht, dass es sich bei der Menge von 12 g um die Bruttomenge gehandelt hat, sprechen erhebliche Gründe dafür, sich im Hinblick auf die fahrerlaubnisrechtliche Relevanz des Tatgeschehens an der (wahrscheinlichen) Nettomenge der im Besitz des Klägers gefundenen Betäubungsmittel zu orientieren.
4Der Senat geht aufgrund einer vorsichtigen, dem Kläger günstigen Schätzung davon aus, dass die Nettomenge des beim Kläger festgestellten Marihuana jedenfalls nicht unter 9 g gelegen haben kann. Aufgrund der Zeugenvernehmung durch das Verwaltungsgericht spricht viel dafür, dass die beiden vom Kläger verwendeten Klemmverschlusstüten ein Gesamtgewicht von 1,6 g hatten, so dass sich das Nettogewicht der eingeführten Rauschmittel auf 10,4 g beliefe. Zwar hat der vernommene Zollbetriebsinspektor K., der sich an Einzelheiten des Falles nicht mehr erinnern konnte, angegeben, die verwendeten Tüten könnten kleiner oder größer als die in der Akte verbliebene, aus dem Hauptzollamt selbst stammende Tüte gewesen sein. Üblicherweise werde die Ware aber in kleineren Klemmverschlusstüten verkauft. Der Aussage des Zeugen K. kann allerdings nichts dafür entnommen werden, dass das vom Kläger eingeführte Marihuana mitsamt der vom Hauptzollamt für den Weitertransport verwendeten Tüte verwogen worden ist. Der weitere vernommene Zeuge, der Zollhauptsekretär A., konnte sich einerseits gleichfalls nicht mehr an die konkreten Einzelheiten des Falles erinnern, machte aber andererseits detaillierte Angaben zu den regelmäßigen Erfahrungen und den Gepflogenheiten beim Verwiegen eingeschmuggelten Rauschgifts. So gab der Zeuge an, dass Drogenmengen um 5 g üblicherweise in Klemmverschlusstüten mitgeführt würden, deren - durch spezielle Messungen ermitteltes - Gewicht bei 0,8 g liege. Demzufolge gehe er davon aus, dass bei einem festgestellten Bruttogewicht von 12 g das Nettogewicht etwa 10 g betragen habe. Falls sich, so der Zeuge weiter, zwischen der Drogenmenge und der Größe der Tüte eine deutliche Diskrepanz ergebe, werde eine genaue Bestimmung "von netto und brutto" getroffen. Nach alledem spricht nur noch wenig dafür, dass die Richtigkeit des angefochtenen Urteils insofern ernstlichen Zweifeln ausgesetzt ist, als eine deutlich überhöhte Rauschgiftmenge zugrundegelegt worden wäre, zumal sich der Kläger nicht konkret zu der Größe der von ihm benutzten Klemmverschlusstüten geäußert hat.
5Auch eine nennenswerte Ungenauigkeit des Wiegeergebnisses aufgrund der Verwendung einer nicht geeichten und nicht eichfähigen Feinwaage kann nicht mit der für die Annahme ernstlicher Zweifel erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit überzeugend ausgeführt, dass die im Falle des Klägers benutzte Waage bei der vom Zeugen B., dem Leiter des Eichamts M., vorgenommenen Überprüfung als exakt erwiesen hat bzw. sogar geringfügig zu wenig angezeigt habe und dass nichts Überzeugendes dafür spreche, dass etwa ein Jahr zuvor ein davon wesentlich abweichendes Messverhalten der Waage vorgelegen haben könnte. Auch nach Einschätzung des Senats spricht ganz Überwiegendes dafür, dass im Mai 2004 ein zutreffendes Bruttogewicht ermittelt worden ist.
6Schließlich lässt sich auch nichts Durchgreifendes gegen die vom Verwaltungsgericht durch Bezugnahme auf den in gleicher Sache ergangenen Senatsbeschluss vom 22. Mai 2005 - 16 B 2643/04 - vertretene Auffassung ins Feld führen, hinsichtlich des Gehalts an dem psychowirksamen Cannabiswirkstoff THC müsse nicht mehr zwischen dem vermeintlich "stärkeren" Haschisch und dem "schwächeren" Marihuana differenziert werden. So wird zwar noch im Rauschgiftjahresbericht 2001 des Bundeskriminalamts (S. 184) pauschal angeführt, Haschisch sei in seiner Wirkung stärker als Marihuana. Bereits dem Rauschgiftjahresbericht des Folgejahres 2002 sind aber detailliertere und zu anderen Schlussfolgerungen führende Angaben zu entnehmen (S. 171 ff.). Danach wiesen 14% des sichergestellten Haschischs (Cannabisharz) einen Gehalt des psychowirksamen Inhaltstoffs THC von bis zu 4%, weitere 47% einen THC-Anteil von 4 bis 8% und weitere 32% einen Gehalt zwischen 8 und 12% auf; die weiteren etwa 7% erreichten THC-Anteile von 12 bis zu teilweise über 20%. Bei Marihuana (Cannabiskraut) war zwar der untere Bereich (Wirkstoffgehalt bis 4%) mit 26% stärker und der mittlere Bereich (4 bis 8% THC) mit 22% schwächer vertreten als beim Haschisch. Andererseits wiesen 24% der sichergestellten Chargen einen THC-Gehalt zwischen 8 und 12% und sogar 27% einen THC-Gehalt von 12 bis über 20% auf. Zusammenfassend kann somit für das Jahr 2002 festgestellt werden, dass bei Haschisch ein quantitativer Schwerpunkt im mittleren Wirkstoffbereich lag, während Abweichungen nach unten und oben vergleichsweise selten vorkamen, und dass bei Marihuana eine stärkere Streuung der Qualitätsstufen vorlag, so dass einerseits Proben mit sehr geringem, andererseits aber auch Proben mit besonders hohem THC-Gehalt verbreitet anzutreffen waren. Der Durchschnitt aller prozentualen Angaben ergibt für Haschisch einen Wert von 7,91%, für Marihuana von 8,39%. Speziell für Ware, die wie vorliegend aus den Niederlanden eingeführt worden ist, muss tendenziell sogar von noch höheren Wirkstoffanteilen ausgegangen werden, da dort der sog. Indoor-Anbau besonders verbreitet ist, bei dem die Cannabispflanzen unter Verwendung von Wachstumshilfen in geschlossenen Räumen bis zur Erntereife herangezogen werden. Hierdurch lässt sich der durchschnittliche THC-Gehalt auf 9 bis 13% steigern (Rauschgiftjahresbericht 2002 des Bundeskriminalamts, S. 115 f.). Ähnlich hohe THC-Werte sind - ohne Differenzierung nach Herkunftsländern - aus dem Rauschgiftjahresbericht 2004 des Bundeskriminalamts für Marihuana ersichtlich.
7Wird nach alledem zugunsten des Klägers davon ausgegangen, dass ein Abzug des Verpackungsgewichts von 2,4 g vorzunehmen ist - das beinhaltet gegenüber der Veranschlagung des wahrscheinlichen Tütengewichts von je 0,8 g einen "Sicherheitsabschlag" um weitere 50% -, wird das verbleibende Nettogewicht von demnach 9,6 g trotz der ausgesprochen geringen Wahrscheinlichkeit eines Messfehlers vorsorglich auf 9 g herabgesetzt und wird weiter unter Vernachlässigung der für einen besonders hohen Wirkstoffgehalt sprechenden Herkunft des vom Kläger beschafften Marihuanas ein THC-Gehalt von lediglich 8% zugrundegelegt, so beliefe sich die eingeführte Wirkstoffmenge auf 0,72 g. Veranschlagt man weiter die THC-Menge pro Konsumeinheit auf 15 mg
8vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2001 - 19 B 814/01 -, NZV 2002, 427 (430) = NWVBl. 2002, 269 ff., und vom 17. Januar 2003 - 19 B 2101/02 -, mwN.
9so ergibt sich, dass der Kläger im Februar 2004 einen Vorrat für rund 48 Cannabis- Konsumeinheiten mit sich geführt hat. Dabei kommt es im Übrigen nicht darauf an, welchen genauen, erst anhand einer Wirkstoffanalyse zu ermittelnden THC-Gehalt die vom Kläger erworbenen Cannabisprodukte aufgewiesen haben. Denn für die Frage des beim Kläger anzutreffenden bzw. zu befürchtenden Konsummusters ist allein ausschlaggebend, welche Erwartungen er mit dem Erwerb des Cannabis verbunden hat bzw. verbinden durfte. Die vom Kläger erworbenen Cannabisprodukte ermöglichten bei Erreichen der zu erwartenden durchschnittlichen Qualität - etwa - über einen Zeitraum von zwei Monaten einen mindestens fünfmaligen Cannabiskonsum pro Woche.
10Angesichts dieser Ausgangslage kann nicht davon die Rede sein, dass die beim Kläger aufgefundene Cannabismenge lediglich den Schluss auf einen gelegentlichen, im Hinblick auf die Kraftfahreignung unproblematischen Cannabiskonsum zugelassen hätte. Der Senat hält es in diesem Zusammenhang nicht für sachgerecht, darauf abzustellen, ob es sich bei dem im Besitz des Klägers gefundenen Cannabis um eine geringe Menge iSd §§ 29 Abs. 5 und 31a Abs. 1 BtMG gehandelt hat. Abgesehen davon, dass die Anwendung von Vorschriften zur Entkriminalisierung im Betäubungsmittelstrafrecht einerseits und der fahrerlaubnisrechtlichen Gefahrenabwehr andererseits im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen nicht notwendigerweise übereinstimmenden Maßstäben unterworfen werden kann, spricht gegen die Heranziehung der Maßstäbe aus dem Betäubungsmittelstrafrecht auch die große Bandbreite der in den einzelnen Bundesländern für die Anwendung der §§ 29 Abs. 5 und 31a Abs. 1 BtMG zugrundegelegten Rauschgiftmengen.
11Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2005 - 16 B 2643/04 -; kritisch zur uneinheitlichen Anwendung der §§ 29 Abs. 5 und 31a Abs. 1 BtMG auch BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 - 2 BvL 43/92 u.a. -, BVerwGE 90, 145 (190 f.).
12Vorzuziehen ist es demgegenüber, die iSv § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV relevante Rauschgiftmenge durch einen Rückgriff auf die speziellen Ziele und Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts selbst zu bestimmen. Insoweit ist gemäß § 46 Abs. 1 und 3 FeV und Ziff. 9.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV davon auszugehen, dass der nur gelegentliche Cannabiskonsum die Fahreignung unberührt lässt, wenn nicht zusätzliche erschwerende Umstände (z.B. mangelnde Trennung von Konsum und Verkehrsteilnahme) vorliegen, dass aber die regelmäßige Einnahme von Cannabis die Fahreignung entfallen lässt. Diese Unterscheidung zwischen gelegentlichem und regelmäßigem Konsum ist nicht nur für die Feststellung der Fahreignung etwa im Rahmen eines Entziehungsverfahrens bedeutsam, sondern auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit vorgelagerter Anordnungen zur Gefahrenermittlung. So ist anerkannt, dass allein der Nachweis eines einmaligen oder gelegentlichen Cannabiskonsums ohne Bezug zum Straßenverkehr nicht zur Anordnung einer ärztlichen Begutachtung berechtigt, mit der festgestellt werden soll, ob nicht über den bereits eingeräumten oder sonst feststehenden gelegentlichen Cannabiskonsum hinaus ein regelmäßiger Konsum oder einer der in Ziff. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV genannten Tatbestände vorliegen.
13Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378 = DVBl. 2002, 1265 = DAR 2002, 405 = Blutalkohol 39 (2002), 362; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78 = DÖV 2002, 125 = DAR 2001, 522 = Blutalkohol 39 (2002), 133; Thüringer OVG, Beschluss vom 3. März 2004 - 2 EO 419/03 -, VRS 107 (2004), 77 = DAR 2004, 547 = Blutalkohol 42 (2005), 181.
14Vielmehr müssen bei der Anordnung eines ärztlichen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 FeV über den gelegentlichen Cannabiskonsum hinaus Verdachtsmomente für einen regelmäßigen Konsum bzw. für das Vorliegen eines der Fälle der Ziff. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bestehen. Das trifft hier zu.
15Insoweit muss auch nicht abschließend entschieden werden, wo die genaue Grenze zwischen einem (noch) gelegentlichen und einem (schon) regelmäßigen Cannabiskonsum verläuft. Soweit zur Beantwortung dieser Frage auf die Höhe des nicht psychowirksamen, nur langsam abbaubaren THC-COOH-Anteils abgestellt wird, setzt dies gerade eine ärztliche Befunderhebung voraus, wie sie vorliegend im Streit steht. Für den Kläger konnte ein solcher Wert jedenfalls für den zur Beurteilung gestellten Zeitraum nicht ermittelt werden. Im Hinblick auf das erwiesene bzw. aufgrund objektiver Anhaltspunkte möglich erscheinende Konsumverhalten geht der Senat jedenfalls davon aus, dass es nicht entscheidend auf die Regelmäßigkeit der Einnahme im Sinne (etwa) gleichlanger - gegebenenfalls auch sehr langer - Intervalle zwischen den einzelnen Konsumereignissen ankommt, sondern darauf, ob der Cannabiskonsum insgesamt eine solche Häufigkeit aufweist, dass der Alltag des jeweiligen Konsumenten von der Drogenaufnahme geprägt und damit eine zuverlässige Trennung vom Konsum und der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr zumindest nachhaltig erschwert und von Unwägbarkeiten beeinflusst ist.
16Ähnlich Bayerischer VGH, Beschluss vom 3. September 2002 - 11 CS 02.1082 -, Blutalkohol 41 (2004), 97.
17Ob dies erst dann der Fall ist, wenn täglich oder fast täglich Cannabis konsumiert wird,
18vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 3. September 2002 - 11 CS 02.1082 -, aaO.; Gehrmann, NZV 2002, 529 (530 f.),
19oder ob es genügt, dass jedenfalls mehrmals in der Woche Haschisch oder Marihuana eingenommen werden,
20vgl. Geiger, VBlBW 2004, 1 (4); Dietz, BayVBl. 2005, 225 (228),
21muss vorliegend nicht abschließend beantwortet werden, wobei allerdings die besseren Argumente für die letztgenannte weitergefasste Begriffsbestimmung sprechen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit von cannabisbedingten Unfällen oder cannabisbedingten strafbewehrten Straßenverkehrsgefährdungen nach neueren Studien nicht auf die nur wenige Stunden dauernde akute Rauschphase - mit vergleichsweise hohen THC-Werten - beschränkt ist, sondern in der späteren Phase der Cannabiswirkung - bei oft nur noch geringen THC-Konzentrationen - sogar signifikant höher liegt.
22Vgl. Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/ Eisenmenger, Blutalkohol 43 (2006), 441; vgl. auch Geiger, VBlBW 2004, 1 (4).
23Danach müsste nicht nur bei täglichem oder fast täglichem Cannabiskonsum, sondern auch bei einem dahinter zurückbleibenden Konsum damit gerechnet werden, dass unter (gegebenenfalls nur noch schwach nachwirkendem und gleichwohl gefahrerhöhendem) Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt wird. Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers von der zuerst genannten engeren Auffassung ausginge, bestand vorliegend wegen der beträchtlichen Anzahl der eingeführten "Rauscheinheiten" ein erheblicher, fast schon an Gewissheit grenzender Verdacht für einen regelmäßigen Cannabiskonsum. Dieser Verdacht ließ sich zuverlässig nur durch die angeordnete ärztliche Untersuchung zerstreuen, nicht aber durch die bloße - hier zudem fehlende - Behauptung eines weniger bedenklichen Konsumverhaltens.
24Soweit das Bundesverfassungsgericht
25vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 -, aaO.; dem folgend etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 3 Bs 253/02 -, VRS 105 (2003), 470 = Blutalkohol 41 (2004), 280; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Juli 2003 - 10 S 2270/02 -, DAR 2004, 113 = VRS 106 (2004), 134 = Blutalkohol 41 (2004), 285
26ausgeführt hat, dass es im Fall des einmalig festgestellten Besitzes einer kleinen, zum Eigenverbrauch bestimmten Menge Haschisch noch an Anhaltspunkten für das ständige Vorhandensein fahreignungsrelevanter körperlich-geistiger Leistungsdefizite fehle, mag das für den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall (Besitz von 5 g Haschisch bei der Einreise aus den Niederlanden im März 1994) zutreffend sein. Der hier zu entscheidende Fall weicht aber davon erheblich ab. Die beim Kläger aufgefundene Cannabismenge war annähernd doppelt so groß wie in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall. Zudem ist zu berücksichtigen, dass seit Mitte der neunziger Jahre der THC-Gehalt von Cannabisprodukten und seit etwa dem Jahr 2000 speziell von Marihuana kontinuierlich zugenommen hat (vgl. den Überblick im Rauschgiftjahresbericht 2004 des Bundeskriminalamts, S. 44). Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass die Rechtmäßigkeit der vorliegend angeordneten - das mildeste Mittel der Gefahrenerforschung darstellenden -
27vgl. etwa Krüger, Gutachten zu dem Fragenkatalog (des BVerfG) zu den Verfahren 1 BvR 2062/96 u.a., S. 5; Berghaus, Gutachterliche Äußerung zu den Fragen des Fragenkatalogs (des BVerfG) zu den Verfahren 1 BvR 2062/96 u.a., S. 13
28ärztlichen Begutachtung keineswegs voraussetzt, dass ein die Fahreignung ausschließender Umgang mit illegalen Drogen - im Falles des Cannabiskonsums also entweder ein regelmäßiger Konsum oder aber ein gelegentlicher Konsum in Verbindung mit einem der in Ziff. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV genannten Tatbestände - bereits feststeht; denn dann bedürfte es keiner weiteren Tatsachenermittlungen mehr.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2002 - 19 B 405/02 -, DAR 2003, 283 = VRS 105 (2003), 158; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Juli 2003 - 10 S 2270/02 -, aaO.
30Es muss vielmehr genügen, dass die im Besitz des jeweiligen Fahrerlaubnisinhabers aufgefundenen Betäubungsmittel einen schwerwiegenden Verdacht auf einen nicht nur gelegentlichen, sondern regelmäßigen Cannabiskonsum begründen. Das ist, wie oben dargelegt, beim Einführen von annähernd 50 Konsumeinheiten ohne Weiteres zu bejahen. Dass sich der Kläger das Rauschgift nicht auf dem örtlichen Markt besorgt hat, widerlegt keineswegs einen regelmäßigen Cannabismissbrauch, weil auch andere Gründe - etwa bestimmte Qualitätserwartungen hinsichtlich der zu erwerbenden Cannabisprodukte - ausschlaggebend gewesen sein könnten. Falls der Kläger, wie er wohl glauben machen will, nur zur Gruppe der selten bzw. sporadisch Konsumierenden gehören würde, wäre der Erwerb der genannten Menge von Konsumeinheiten nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Schließlich ist die Anordnung der ärztlichen Untersuchung unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalles auch ermessensfehlerfrei erfolgt.
31Der Rechtsstreit weist schließlich weder im Hinblick auf die Problematik der Grenzziehung zwischen einer noch nicht den Verdacht von Eignungsmängeln erzeugenden Menge von Cannabis im Besitz eines Fahrerlaubnisinhabers und einer insoweit ausreichenden Menge noch im Hinblick auf die THC-Wirkstoffmenge von Marihuana - im Vergleich zu Haschisch - eine grundsätzliche Bedeutung iSv § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Bei dem für klärungsbedürftig gehaltenen "Grenzwert" und bei den Wirkstoffgehalten handelt es sich nicht um feste Größen, die - nach entsprechender ober- oder höchstrichterlicher Fixierung - auf längere Sicht zu einer vorhersehbaren und zugleich sachgerechten Rechtspraxis bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV beitragen könnten. Insbesondere lehrt die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass sich die Wirkstoffgehalte der in Rede stehenden Rauschmittel, die sich ihrerseits auf die Menge des im Rahmen von § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV relevanten Cannabisbesitzes auswirken, fortlaufend ändern und zudem die verkehrsmedizinischen Erkenntnisse über die Auswirkungen des Cannabiskonsums z.B. auf die aktuelle Fahrtüchtigkeit im Rauschzustand, auf die langfristige Entwicklung fahrerlaubnisrelevanter Fähigkeiten, auf das Vermögen, zwischen der Rauschmitteleinnahme und dem Fahrzeugführen zu trennen, oder auf die Neigung zum Beikonsum von Alkohol oder anderen das Zentralnervensystem beeinflussenden Substanzen einem steten Wandel unterworfen sind. Dies erfordert eine ständige Anpassung etwaiger "Grenzwerte" an den jeweiligen Kenntnisstand und steht mithin einer für eine Vielzahl künftiger Verfahren Geltung beanspruchenden Fallgruppenbildung entgegen. Überdies kommt es für die Frage der Zulässigkeit von Gefahrerforschungsmaßnahmen iSv § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV auf eine Reihe weiterer, in einer Gesamtschau zu würdigender Faktoren und nicht allein auf die aufgefundene Substanzmenge an.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1999 - 3 B 150.99 -, NZV 2000, 345 = Blutalkohol 38 (2001), 64; OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2001 - 19 B 814/01 -, aaO.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
34Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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