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Unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird festgestellt, dass das Staatliche Umweltamt E. nicht berechtigt ist, von der Klägerin die Erfüllung von Pflichten nach der Störfall-Verordnung für den Betrieb des Containerumschlagterminals zu verlangen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt auf dem Betriebsgrundstück D., im Hafen D. ein Containerumschlagterminal, das im Jahre 1991 auf der Grundlage einer von der Stadt D. erteilten Baugenehmigung errichtet worden ist. In dem Umschlagterminal werden bei einer maximalen Umschlagkapazität von 150.000 Ladeeinheiten pro Jahr Güter zwischen Straße und Schiene umgeschlagen. Tatsächlich wurden im Jahre 2001 rund 120.000 Ladeeinheiten umgeschlagen, wovon rund 9 % als Gefahrgut zu qualifizieren war. Das Umschlagterminal ist für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen zugänglich. Gesellschafter der Klägerin sind zu jeweils 50 % die T. AG sowie die L. GmbH & Co. KG, ein Zusammenschluss von ca. 280 Spediteuren des sogenannten Kombinierten Verkehrs, an der wiederum die T. AG zu 50 % beteiligt ist. Die T. AG gehört - ebenso wie weitere der beteiligten Spediteure - der Deutschen Bahn AG und diese zu 100 % der Bundesrepublik Deutschland.
3Zu dem Umschlagterminal, das eine Fläche von rund 93.000 m2 einnimmt, gehören fünf Eisenbahngleise, die von zwei Portalkränen überspannt werden, welche zur Be- und Entladung der dort abgestellten Waggons dienen, ein weiteres Eisenbahngleis, bei dem die Entladung der Waggons mittels mobiler Flurförderfahrzeuge erfolgt, Verkehrsflächen sowie eine Multifunktionsfläche einschließlich zweier "Gefahrgutabstellwannen". Gefahrgut wird im Fall von Verzögerungen beim Transport in den Gefahrgutabstellwannen - zwei wannenförmig ausgebildeten, befestigten Flächen aus wasserundurchlässigem Stahlbeton - abgestellt. Darin finden jeweils ungefähr 20 Ladeeinheiten in der Größe von 20'- Standard-Containern Platz. Für den Fall, dass sich ein Transportbehälter als undicht erweisen sollte, ist außerdem ein besonderer Leckageplatz vorhanden. Die Gleisanlagen selbst stehen nicht im Eigentum der Klägerin, sondern der D. AG.
4Unter dem 3. April 2001 erstattete die Klägerin bei dem Staatlichen Umweltamt D. eine Anzeige gemäß § 20 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 der 12. BImSchV (StörfallVO). Das Staatliche Umweltamt D. teilte der Klägerin unter dem 24. September 2001 mit, die Prüfung der Anzeige habe ergeben, dass in ihrem Betriebsbereich gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden seien, die die in Anhang I Spalte 5 StörfallVO genannten Mengenschwellen erreichten oder überschritten; der Betriebsbereich falle damit nach § 1 Abs. 1 StörfallVO unter den Anwendungsbereich der StörfallVO und unterliege den Pflichten nach §§ 3 bis 12 StörfallVO. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 6. Februar 2002 ausführlich dar, dass die StörfallVO ihrer Ansicht nach auf ihr Umschlagterminal nicht anwendbar sei. Im weiteren Schriftverkehr hielten die Beteiligten an ihren unterschiedlichen Auffassungen zur Anwendbarkeit der Verordnung fest.
5Am 17. Juli 2002 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht: Die Feststellungsklage sei zulässig. Der Beklagte behaupte die Anwendbarkeit der StörfallVO auf ihren Betrieb und leite daraus konkrete Rechtspflichten für sie ab, so die Verpflichtung zur Erstellung und Vorlage eines Sicherheitsberichts gemäß § 9 StörfallVO. Es sei abzusehen, dass in Zukunft weitere (vermeintliche) Rechtspflichten unter Hinweis auf die behauptete Geltung der StörfallVO von ihr eingefordert würden. Sie habe ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung, dass die StörfallVO keine Anwendung auf ihre Betriebstätigkeit finde und sie insoweit keinen Betreiberpflichten nach der StörfallVO unterliege. Dieses Interesse könne sie allein im Wege der Feststellungsklage geltend machen. Ein Verwaltungsakt, der sich auf die Geltung der StörfallVO stütze und durch dessen Anfechtung sie eine entsprechende Klärung hätte herbeiführen können, sei bislang nicht ergangen. Es sei ihr nicht zumutbar, das Ergehen eines solchen Verwaltungsaktes abzuwarten. Schließlich begründe die vom Beklagten behauptete Geltung der StörfallVO bereits gegenwärtig verschiedene Pflichten für sie. Es stehe zu befürchten, dass sich über kurz oder lang weiterer Streit darüber ergebe, inwieweit sie, die Klägerin, solchen Pflichten gerecht werde. Insoweit bestünde gemäß § 21 StörfallVO zumindest teilweise auch die Möglichkeit von Sanktionen nach Ordnungswidrigkeitenrecht.
6Die StörfallVO gelte kraft der ausdrücklichen Ausnahme gemäß § 1 Abs. 5 StörfallVO i.V.m. Art. 4 lit. c Richtlinie 96/82/EG - im Folgenden: RL 96/82/EG - nicht für den von ihr praktizierten Betrieb eines Containerumschlagbahnhofs. Nach dieser Bestimmung seien die Beförderung gefährlicher Stoffe und deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung auf allen Verkehrswegen außerhalb der unter diese Richtlinie fallenden Betriebe einschließlich des Be- und Entladens sowie des Umladens von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger in Hafenbecken, Kaianlagen oder Verschiebebahnhöfen vom Geltungsbereich der StörfallVO ausgenommen. Verkehrsanlagen seien grundsätzlich keine Betriebe im Sinne der StörfallVO bzw. von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG. Ein Güterumschlagbahnhof gehöre vielmehr zu den Verkehrswegen und der Güterumschlag noch zum Transportvorgang.
7Die noch dem Gefahrguttransport zuzurechnende zeitlich begrenzte Zwischenlagerung sei bei der Anwendung von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG von einer Lagerung ohne funktionalen Bezug zum Transport abzugrenzen. Der Aufenthalt von Gefahrgut auf ihrem Betriebsgelände diene keiner eigenständigen Lagerung. Daher gehe auch die Beurteilung der Anlage als nach BImSchG genehmigungspflichtige Anlage i.S.v. Nr. 9 des Anhangs der 4. BImSchV fehl, denn der Schwerpunkt liege - worauf im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 26. Oktober 2000 abgestellt werde - bei der Transportunterbrechung mehr auf dem Aufbewahren als auf dem Fortbewegen. Die genannte Entscheidung des OVG NRW sei zudem zu kritisieren. Kritik verdiene zunächst die pauschale Heranziehung der "24-Stunden-Grenze" aus § 3 Abs. 3 GefStoffV (in der damals geltenden Fassung). Dabei fehle es an einer argumentativen Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Rechtsprechung zu den sog. Eisenbahnkesselwagenumfüllstellen. Ebensowenig berücksichtige das OVG NRW, dass sich der Gesetzgeber bei der Novellierung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes vom 6. August 1998 ausdrücklich gegen die Einführung einer starren zeitlichen Befristung entschieden habe. In diesem Zusammenhang habe der Gesetzgeber auch auf die Ergebnisse des sogenannten "Barcelona-Workshops" ("Workshop on the intermediate temporary storage of dangerous substances during transport, as related to Council Directive 96/82/EC") verwiesen. Maßgeblich sei danach, dass zum einen anhand von nachkontrollierbaren Beförderungspapieren ausgewiesen sei, dass sich das Transportgut im Verlaufe einer Beförderung befinde, und dass zum anderen die Umschließung nicht geöffnet werde. Keinesfalls reiche der Hinweis auf das bloße Vorhandensein eines bestimmten Gefahrenpotentials aus, um den Tatbestand des Lagerns auszufüllen.
8Ob der letzte Halbsatz von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG eine Konkretisierung oder eine Erweiterung zum Ausnahmetatbestand "Beförderung gefährlicher Stoffe und deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung auf der Straße bzw. der Schiene" darstelle, könne dahinstehen. Jedenfalls bilde er keine Ausnahme zum ersten Halbsatz. Der Begriff "Verschiebebahnhof" grenze allerdings Umschlagbahnhöfe nicht aus, denn an einem klassischen Verschiebebahnhof finde weder ein Be- und Entladen noch ein Umladen statt. Das in Art. 4 lit. c RL 96/82/EG angesprochene Umladen von einem Verkehrsträger auf einen anderen erfolge heute gerade in Umschlagbahnhöfen, die daher moderne Verschiebebahnhöfe bildeten.
9Ferner bestätige ein Schreiben der Internationalen Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene - Straße (UIRR), Brüssel, den Eindruck, dass allein der Beklagte dem Missverständnis einer fehlerhaften Auslegung von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG unterliege, wenn er Umschlagterminals des kombinierten Verkehrs mit Anlagen zur Lagerung gefährlicher Güter gleichsetze. Die zutreffende Rechtspraxis nicht nur der meisten deutschen Behörden, sondern auch jener in den übrigen EG-Mitgliedsländern widerspreche dem. Die Frage der Dauer des Aufenthalts habe in Frankreich eine Regelung durch Verordnung vom 5. Juni 2001 gefunden. Dort sei eine Regelfrist von 48 Stunden festgeschrieben.
10Die Klägerin hat beantragt,
11festzustellen, dass der Betrieb des Containerumschlagterminals Duisburg durch die Klägerin nicht dem Anwendungsbereich der StörfallVO unterliegt, sondern gemäß § 1 Abs. 5 StörfallVO i.V.m. Art. 4 EG-Richtlinie 96/82 ("Seveso II") als Verkehrsanlage hiervon ausgenommen ist.
12Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
13Er hat geltend gemacht: Die Ausnahme des § 1 Abs. 5 StörfallVO erfasse nicht die Anlage der Klägerin. Der zweite Halbsatz von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG sei auf diese nicht anwendbar, weil es sich bei ihr weder um ein Hafenbecken, noch eine Kaianlage oder einen Verschiebebahnhof handele. Die Aufzählung sei abschließend. Sprachliche Mittel, die auf eine beispielhafte Aufzählung hinwiesen, habe der Richtliniengeber nicht verwendet. Dies sei bewusst geschehen, wie sich aus der gleichlautenden Aufzählung in Erwägungsgrund 12 ergebe.
14Gegenstand der Tätigkeiten der Klägerin sei auch nicht die Beförderung gefährlicher Stoffe oder deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung auf der Straße, der Schiene, den Binnenwasserstraßen, dem See- oder Luftweg. Bei ihr fänden die Tätigkeiten "Beförderung" und "zeitlich begrenzte Zwischenlagerung" nicht auf den dort genannten Verkehrswegen statt. Allein aus der Tatsache, dass die Anlage der Klägerin eine Verkehrsanlage sei, könne nicht geschlossen werden, dass sie von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG erfasst werde. Daher seien Urteile, die sich mit der Frage beschäftigten, was eine Betriebsanlage der Eisenbahn sei, in diesem Zusammenhang wenig aussagekräftig. Durch Art. 4 lit. c RL 96/82/EG werde kein umfassender Ausnahmetatbestand für Verkehrsanlagen geschaffen, sondern es würden neben dem eigentlichen Beförderungsvorgang ganz bestimmte Tätigkeiten aus der Anwendung der Seveso-II-Richtlinie herausgenommen.
15Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Juni 2003 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt: Der Umschlagbahnhof der Klägerin sei nicht von der Anwendung der StörfallVO ausgenommen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 5 StörfallVO gebe nichts für die Rechtsauffassung der Klägerin her. Zwar gehörten zur Beförderung gefährlicher Stoffe auch deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung sowie das Be- und Entladen. Diese Tätigkeiten müssten aber auf dem Verkehrsweg selbst stattfinden und nicht auf einer Multifunktions- und Depotfläche. Ebenso sei die Einbeziehung des Umladens von einem Verkehrsträger auf einen anderen für die Klägerin ohne Nutzen, da sie nur für Hafenbecken, Kaianlagen oder Verschiebebahnhöfe gelte. Eine solche Verkehrsanlage stelle der Containerumschlagplatz der Klägerin nicht dar. Die Rechtsauffassung der Klägerin finde auch im Sinn der Vorschrift keine Stütze. Die Ausnahme solle nicht etwa Beförderungsvorgänge aller Art einschließlich des Be- und Entladens sowie des Umladens von einem Verkehrsträger auf einen anderen von den Anforderungen der Richtlinie freistellen, sondern sei beschränkt auf Tätigkeiten, die auf den Verkehrswegen selbst stattfänden. Dem liege die Erwägung zugrunde, dass diese Flächen, um sie funktionsgerecht nutzen zu können, rasch geräumt werden müssten, so dass die Gefahrenquelle typischerweise mobil und nicht stationär sei. Auf Beförderungsvorgänge, die außerhalb dieser Verkehrsflächen stattfänden, treffe diese Erwägung nicht zu. Die Benutzbarkeit der zum Betrieb der Klägerin führenden Schienen und Straßen sei unabhängig davon gewährleistet, ob und wie lange Gefahrgut auf der Multifunktions- und Depotfläche untergebracht sei. Die Ausnahme nach Art. 4 lit. c RL 96/82/EG könne auch nicht im Wege der Auslegung oder einer Analogie auf Containerumschlagplätze erstreckt werden. Die im Betrieb der Klägerin vorgenommene Zwischenlagerung sei nicht lediglich ein Umladen von einem Verkehrsträger auf einen anderen, so dass es der Klägerin nicht weiterhelfen würde, zusätzlich zu Hafenbecken, Kaianlagen und Verschiebebahnhöfen auch Multifunktions- und Depotflächen von Containerterminals einzubeziehen. Im Übrigen sei die Aufzählung von Hafenbecken, Kaianlagen und Verschiebebahnhöfen abschließend. Die Hinzunahme des Umladens in Hafenbecken, Kaianlagen und Verschiebebahnhöfen sei als äußerste Grenze zu verstehen und nur deswegen als tragbar angesehen worden, weil der nationale Gesetzgeber befugt sei, für diese Tätigkeiten den Sicherheitsgrad gemäß der Richtlinie zu gewährleisten (Erwägungsgrund 12 RL 96/82/EG). Schließlich könne aus der Geltung der Gefahrguttransportrichtlinien für den Betrieb der Klägerin nicht hergeleitet werden, dass dieser nicht unter die StörfallVO fiele. Die Spezialität der Richtlinien 94/55/EG (Gefahrguttransport auf der Straße) und 96/49/EG (Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter) sei schon nicht dargelegt. Die Klägerin mache nicht einmal geltend, dass eine Richtlinienkollision im Sinne einander widersprechender Inhalte bestünde. Einen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz, dass eine Richtlinie nicht gelte, wenn auf denselben Sachverhalt eine andere Richtlinie anwendbar sei, gebe es nicht.
16Auf entsprechenden Antrag der Klägerin ist mit Beschluss vom 31. Januar 2005 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Berufung zugelassen worden.
17Die Klägerin macht zur Begründung der Berufung geltend: Das angefochtene Urteil sei abzuändern, weil es ihren Umschlagbahnhof nicht als Verkehrsanlage, sondern zu Unrecht als Betriebsbereich im Sinne von § 3 Abs. 5 a BImSchG bewerte und in der Folge zu einer fehlerhaften Auslegung des Geltungsbereichs der StörfallVO gelange. Gemäß Art. 4 lit. c RL 96/82/EG werde nicht nur die Beförderung gefährlicher Stoffe aus dem Anwendungsbereich des Störfallrechts ausgenommen, sondern gleichermaßen deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung auf allen Verkehrswegen. Die Gleichsetzung der zeitlich begrenzten Zwischenlagerung sei wegen des untrennbaren Sachzusammenhangs mit der Beförderung gefährlicher Stoffe erfolgt. Die betriebs-(bereichs-) bezogenen Regelungen des Störfallrechts passten hierfür sachlich nicht. Nach dem Willen des EG-Richtliniengebers seien insoweit allein die besonderen Anforderungen des Verkehrsrechts, also die Regelungen betreffend die Beförderung gefährlicher Güter und des Verkehrsanlagenrechts, zu erfüllen. Soweit das angefochtene Urteil demgegenüber verlange, Zwischenlagerung sowie Be- und Entladen müssten "auf dem Verkehrsweg selbst stattfinden und nicht, wie im Betrieb der Klägerin, auf einer Multifunktions- und Depotfläche", verkenne das Verwaltungsgericht, dass die "Abstellfläche" zum Verkehrsweg bzw. zur Verkehrsanlage "Umschlagbahnhof" gehöre. Die Fläche erfülle in dieser Verkehrsanlage eine allein durch die Besonderheiten des kombinierten Verkehrs bedingte Funktion. Sie sei ausschließlich dafür bestimmt, mit Gefahrgut beladene Container, die den Verkehrsträger wechselten, vorübergehend sicher abzustellen, wenn das Umsetzen von einem auf den anderen Verkehrsträger nicht nahtlos erfolgen könne. Die gegenteilige Bewertung des Verwaltungsgerichts widerspreche derjenigen des Bundesfinanzhofs, der das gesamte Betriebsgelände eines vergleichbaren Umschlagterminals als öffentliche Verkehrsanlage anerkannt habe. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei es geboten, Umschlagterminals auch im vorliegenden Zusammenhang als öffentliche Verkehrswege zu behandeln.
18Die eisenbahnrechtlichen Begriffe "Schiene", "Verkehrswege" und "Verkehrsfläche" und "Verschiebebahnhof" könnten immissionsschutzrechtlich nicht umgedeutet werden. Ihr Umschlagterminal sei eine Eisenbahninfrastruktur bzw. eine Bahnanlage sowohl im Sinne des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - als auch des Landeseisenbahngesetzes. So bestimme § 2 Abs. 3 Satz 3 AEG unter anderem, dass Verladeeinrichtungen zur Eisenbahninfrastruktur zählten. Als Eisenbahninfrastruktur unterliege das Umschlagterminal dem Eisenbahnrecht. Die Differenzierung zwischen "Schiene" und "Verkehrsweg" einerseits und "Multifunktions- und Depotflächen" andererseits gehe fehl. Das Abstellen der Container zum Weitertransport sowie das Be- und Entladen finde in ihrem Terminal mithin auf dem Verkehrsweg bzw. der Verkehrsfläche statt.
19Weit über 90% der Gefahrgutladeeinheiten würden bei ihr innerhalb der werktäglichen Betriebszeit von 5.00 Uhr bis 22.00 Uhr umgeladen. Die durchschnittliche Wartezeit der umzuladenden Einheiten betrage wenige Stunden. In diesen Fällen würden die Ladeeinheiten in den Abstellspuren neben den Gleisen abgestellt. Lasse sich hingegen absehen, dass innerhalb weniger Stunden das Umladen nicht stattfinden könne, werde Gefahrgut in den Gefahrgutwannen abgestellt. Ein vorübergehendes Abstellen von Ladeeinheiten könne bei ihr, der Klägerin, aus verschiedenen Gründen erforderlich werden. Bei ihr verkehrten gegenwärtig werktäglich fahrplanmäßig je nach Wochentag 15 bis 18 Züge, zuzüglich außerplanmäßiger Züge je nach Verkehrsaufkommen. Der Eingangsverkehr finde regelmäßig vormittags und der Ausgangsverkehr ab mittags statt. Daher würden überwiegend vormittags Ladeeinheiten von Güterzügen auf Lastkraftwagen und nachmittags Ladeeinheiten von Lastkraftwagen auf Güterzüge umgeladen. Weil Leerfahrten nicht sinnvoll seien, brächten Lastkraftwagen, die vormittags Ladeeinheiten abholen sollten, oft bereits Ladeeinheiten mit, die bis zur Verladung abgestellt werden müssten. Auch wenn Ladeeinheiten von einem auf einen anderen Zug umgeladen werden sollten, müssten diese abgestellt werden, bis der Zug des Ausgangsverkehrs zur Beladung im Gleis stehe. Ferner komme es vor, dass Lastkraftwagen etwa wegen Staus auf den Straßen nicht rechtzeitig auf dem Betriebsgelände einträfen. Zu Verspätungen könne es insbesondere kommen, weil ca. 50% der bei ihr verkehrenden Züge Auslandsverkehr seien. Sie halte keine Reservegüterzüge vor. Verzögerungen könnten auch aufgrund von Buchungsfehlern oder dann entstehen, wenn die für den Weitertransport in Nicht-EU-Staaten erforderlichen Zollpapiere nicht rechtzeitig mit der Ladeeinheit einträfen.
20Dabei bestehe ein räumlicher und funktioneller Zusammenhang zwischen der Abstellfläche und dem Schienenweg. Ohne die Abstellfläche könne das Terminal nicht sachgerecht betrieben werden. Außerdem seien Verkehrsanlagen schon deshalb keine "Betriebsbereiche" im Sinne der StörfallVO, weil insoweit die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG ergebende Einschränkung des Geltungsbereichs des Bundes-Immissionschutzgesetzes eingreife, die auch bei der Auslegung des § 3 Abs. 5 a BImSchG zu berücksichtigen sei. Soweit der Beklagte die Auffassung vertrete, in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG gehe es lediglich um den Bau von Eisenbahnen, übersehe er den Verweis auf §§ 41 bis 43 BImSchG. § 41 Abs. 1 BImSchG spreche von Verkehrsgeräuschen, nicht von Baugeräuschen.
21Fehlerhaft sei auch die Bewertung des Verwaltungsgerichts, die genannte Auslegung sei nicht mit Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG zu vereinbaren, weil bei den Abstellflächen eines Umschlagbahnhofs anders als bei einem Umladen in Hafenbecken, Kaianlagen und Verschiebebahnhöfen nicht gewährleistet sei, dass diese Flächen, um sie funktionsgerecht nutzen zu können, rasch geräumt würden. Vielmehr erfordere auch die bestimmungsgemäße Benutzbarkeit der Abstellflächen für den Zwischenaufenthalt von Gefahrgutcontainern einen raschen Wechsel. Der kombinierte Verkehr lasse sich dort nicht ordnungsgemäß abwickeln, wenn die - beschränkte - Fläche zum Zwischenabstellen von Gefahrgut als eigenständiges Lager missbraucht würde.
22Abzulehnen sei die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen einem ersten Teil der Vorschrift des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG, der sich allein auf die genannten Verkehrswege beschränke und dort allein die Tätigkeiten "Beförderung und zeitlich begrenzte Zwischenlagerung" abdecke, und einem zweiten, "Hafenbecken, Kaianlagen oder Verschiebebahnhöfe" betreffenden Teil, der nur noch die Tätigkeiten des "Be- und Entladens sowie des Umladens von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger" erfassen solle. Im Übrigen müsse zumindest der Begriff des "Verschiebebahnhofs" weiter verstanden werden. In allen europäischen Ländern werde zwischen Güterbahnhöfen, in denen lediglich rangiert werde, und solchen, in denen Güter umgeschlagen würden, unterschieden. Europaweit gebe es keine Verschiebebahnhöfe, in denen von einem Verkehrsträger auf einen anderen umgeladen werde. Der Richtliniengeber könne mit der Ausnahmevorschrift des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG also nur Bahnhöfe gemeint haben, in denen Güter zwischen Verkehrsträgern umgeschlagen würden.
23Hafenbecken, Kaianlagen oder Verschiebebahnhöfe seien im Übrigen schon deshalb als Verkehrsanlagen den Verkehrswegen zuzurechnen, weil sich ihr Bau und Betrieb nach dem Verkehrswegerecht regele. Dies bestätige Nr. 10 lit. c des Anhangs II der RL 97/11/EG, wo intermodale Umschlageinrichtungen und Terminals ebenso wie Eisenbahnstrecken als UVP-pflichtige Infrastruktureinrichtungen eingestuft würden. Auch in Nr. 14.8 der Anlage I des UVPG würden die intermodalen Umschlaganlagen oder Terminals für Eisenbahnen als sonstige Betriebsanlagen von Eisenbahnen qualifiziert und damit dem Verkehrswegerecht zugeordnet.
24Die Reichweite der Ausnahme nach Art. 4 lit. c RL 96/82/EG werde auch durch den Zusatz "außerhalb der unter diese Richtlinie fallenden Betriebe" bestimmt. Eine innerbetriebliche Beförderung und erst recht eine innerbetriebliche Zwischenlagerung sollten vom Störfallrecht erfasst sein, weil die Ausnahme nach Art. 4 lit. c RL 96/82/EG gerade die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Störfallrechts gegenüber dem Gefahrguttransportrecht zum Gegenstand habe. Daher konzentriere sich der Streit zur Reichweite der Geltung der StörfallVO vorliegend auf die Frage, ob das Umschlagterminal als beliebige private Betriebsstätte zu bewerten sei oder als Infrastruktureinrichtung des kombinierten Verkehrs einen Teil des öffentlichen Verkehrswegesystems darstelle.
25Für das Merkmal der zeitlich begrenzten Zwischenlagerung seien zum einen die Dauer des Aufenthalts - dies allerdings nicht im Sinne einer starren 24-Stunden- Grenze, sondern im Sinne einer Orientierungsgröße - und zum anderen der Zweck des Aufenthalts ausschlaggebend. Bei ihr, der Klägerin, bewege sich die Dauer des Aufenthalts im Bereich von ein bis zwei Werktagen. Wo der Aufenthalt im Einzelfall darüber hinausgehe, habe dies ausschließlich transportbedingte Ursachen, die sich dem Einfluss des Terminalbetreibers entzögen. Grund für den Aufenthalt von Ladeeinheiten im Umschlagterminal sei allein die notwendige Überbrückung der Wartezeit auf das vorgesehene Anschlussbeförderungsmittel und nicht ein hiervon unabhängiger Wunsch nach Bevorratung. Entsprechend den sog. "Barcelona- Kriterien" stünden der nächste Bestimmungsort und das vorgesehene Anschlussbeförderungsmittel von vornherein fest und könnten jederzeit anhand der zugehörigen Beförderungspapiere nachgeprüft werden. Die Ladeeinheiten würden in ihrer Anlage nicht geöffnet; eine Behandlung des Gefahrguts finde dort nicht statt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin insoweit ergänzend vorgetragen, sei biete zwar - kostenpflichtig - Lagermöglichkeiten für Nicht-Gefahrgut an; für Gefahrgut sei ein derartiger Gebührentatbestand bei ihr aber nicht vorgesehen. Sie werde nach Umschlagsleistung bezahlt; dauere ein Zwischenaufenthalt von Gefahrgut länger, erhöhe sich das Entgelt nicht. Gefahrgut könne bei ihr maximal 24 Stunden vor Abfahrt des Zuges angeliefert werden; komme ein Anlieferer früher, werde er abgewiesen.
26Im Übrigen wäre das Staatliche Umweltamt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AEG unzuständig, wenn die StörfallVO auf ihr Terminal anwendbar wäre. Die Eisenbahnaufsicht über das Umschlagterminal obliege umfassend dem Eisenbahn- Bundesamt. Das Terminal sei eine Eisenbahninfrastruktur im Sinne des AEG, nämlich eine Serviceeinrichtung gemäß § 2 Abs. 3 c Nr. 3 AEG. Dass die Anlage beim Eisenbahn-Bundesamt nicht als genehmigte Eisenbahninfrastruktur erfasst sei, beruhe darauf, dass sie gemäß § 6 AEG nicht genehmigungspflichtig sei.
27Die Klägerin beantragt,
28unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das Staatliche Umweltamt Duisburg nicht berechtigt ist, von ihr die Erfüllung von Pflichten nach der StörfallVO für den Betrieb des Containerumschlagterminals zu verlangen.
29Der Beklagte beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Er macht geltend: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei richtig. In Art. 4 lit. c RL 96/82/EG sei ausdrücklich die zeitlich begrenzte Zwischenlagerung "auf der Straße, der Schiene, den Binnenwasserstraßen, dem See- oder Luftwege" genannt. Damit seien nach dem Wortlaut der Norm nur die Wege selbst gemeint. Eine Zugehörigkeit der Depotflächen zur Straße oder zur Schiene sei nicht erkennbar. Da das Verwaltungsgericht sich hier am ausdrücklichen Wortlaut der Norm orientiert habe, sei ausgeschlossen, dass aufgrund dessen das Urteil unrichtig sei.
32Die Berufung auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs stütze die Auffassung der Klägerin nicht. Das genannte Urteil befasse sich mit der Frage der Grundsteuerbefreiung bezüglich der Qualifizierung einer Sache als öffentlicher auch ohne entsprechende Widmung und damit mit einem völlig anderen Sachverhalt als dem hier in Rede stehenden. Die dort gewonnenen Erkenntnisse seien auf das vorliegende Verfahren nicht ohne Weiteres zu übertragen. Selbst wenn man den Containerumschlagplatz der Klägerin als eine dem öffentlichen Verkehr dienende Fläche ansehe, sei damit noch nicht der Beweis geführt, dass die Verkehrsfläche auch den in Art. 4 lit. c RL 96/82/EG genannten Verkehrswegen entspreche.
33Soweit die Klägerin vortrage, dass § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG bei der Auslegung des § 3 Abs. 5 a BImSchG berücksichtigt werden müsse, sei auszuführen, dass es in § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG lediglich um den Bau von Eisenbahnen gehe. Der Anlagenbegriff werde in § 3 Abs. 5 BImSchG legal definiert. Die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG greife schon mangels Widmung des Geländes als öffentlich nicht.
34Auch habe das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass die Lagerflächen an Kais und Hafenbecken schnell wieder geräumt werden müssten, damit der nachfolgende Verkehr zügig abgefertigt werden könne, wohingegen dieser Zwang zur schnellen Räumung bei den Flächen der Klägerin nicht gegeben sei. Tatsächlich würde eine Lagerung von mehreren Stunden an Kais oder Hafenbecken die Funktionsfähigkeit solcher Anlagen beeinträchtigen. Bei der Klägerin sei dies anders. Allein die Tatsache, dass Depotflächen in größeren Mengen vorhanden seien, sei der Beweis dafür, dass es bei ihr zu längeren Standzeiten der Gefahrgutcontainer komme als an Kais, Hafenbecken und Verschiebebahnhöfen. Ob die Klägerin transportbedingt oder selbständig lagere, sei unerheblich.
35Die Alternativenbildung, die die Klägerin dem Verwaltungsgericht vorwerfe, habe dieses gar nicht vorgenommen. Soweit sie sich darauf berufe, der Begriff "Verschiebebahnhof" sei weiter auszulegen, sei ihr zwar zuzugestehen, dass der Wortlaut der Norm an dieser Stelle nicht eindeutig sei. Deshalb könne aber der Begriff "Verschiebebahnhof" nicht in "Güterbahnhof" umgedeutet werden. Auch in der englischen und französischen Fassung der Richtlinie seien Verschiebe- und nicht Güterbahnhöfe gemeint. Eine Auslegung des Wortlauts könne nur dazu führen, dass Verschiebebahnhöfe von der Richtlinie ausgenommen sein sollten, weil die Tätigkeit dort dem Be-, Ent- und Umladen in Kaianlagen und Hafenbecken entspreche. Auch Verschiebebahnhöfe zeichneten sich dadurch aus, dass sie schnell wieder geräumt werden müssten, wenn sie nicht ihrer Funktion beraubt werden sollten. Güterbahnhöfe dagegen verfügten ebenso wie die Anlage der Klägerin über Lagermöglichkeiten.
36Ob die Anlage der Klägerin als Eisenbahninfrastrukturanlage einzuordnen sei, sei unerheblich. Dies bedeutete nicht, dass sie nicht dem Regelungsbereich der StörfallVO unterläge. Denn die Depot- und Abstellflächen der Klägerin wären allenfalls als Verkehrsfläche zu qualifizieren, aber nicht als "Schiene". Davon unabhängig handele es sich bei den Depot- und Abstellflächen nicht um eine Betriebsanlage der Eisenbahn im Sinne der §§ 4 und 18 AEG. Als solche kämen selbst bei einer weiten Auslegung des Begriffs nur solche Anlagen in Betracht, die zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs dienten. Dies treffe bei Lagerplätzen nur dann zu, soweit sie für den Güterumschlag erforderlich seien und räumlich und funktionell im Zusammenhang mit den Schienenwegen stünden. Das sei bei der Anlage der Klägerin nicht der Fall. Vielmehr würden auch Container nach dem Abstellen im Gleisbereich mit Flurförder?fahr?zeugen bzw. 'Straddle Carrier' zu den separat liegenden Depot- und Abstellflächen verbracht, von wo später eine Verladung auf Lkw stattfinde.
37Soweit in § 13 Abs. 1 des Landeseisenbahngesetzes die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bau neuer Eisenbahnen (nicht ausdrücklich neuer Umschlagbahnhöfe für den kombinierten Verkehr) gefordert werde, ergebe sich daraus nicht der Schluss, dass mit dem Begriff Eisenbahnen intermodale Umschlagbahnhöfe gemeint seien. Festgelegt werde nur, dass die Verfahren des UVPG NRW einzuhalten seien.
38Weiter sei die Klägerin nicht als genehmigte Eisenbahninfrastruktur beim Eisenbahn-Bundesamt erfasst. Von einer Eisenbahn des Bundes könne bei ihr nicht die Rede sein. Auch halte sie, wie die vorgelegten Computerausdrucke für den Monat April 2005 belegten, die in der GefStoffV genannte "24-Stunden-Regel" vielfach nicht ein.
39Schließlich sei vorliegend nicht das Eisenbahn-Bundesamt für den Vollzug der StörfallVO zuständig, sondern vielmehr nach der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes das Staatliche Umweltamt Duisburg. Dem stehe nicht entgegen, dass Bedienstete des Eisenbahn- Bundesamtes den ordnungsgemäßen Zustand des Eisenbahnverkehrs bei der Klägerin prüften.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (zwei Bände) Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
43I. Die erhobene Feststellungsklage ist zulässig.
441. Zwischen den Beteiligten besteht ein streitiges Rechtsverhältnis. Unter einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO sind die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache zu verstehen.
45Vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 13. Auflage 2003, § 43 Rn. 11, m.w.N.
46Vorliegend beurteilen die Beteiligten die Frage, ob das Umschlagterminal der Klägerin dem Anwendungsbereich der Zwölften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) vom 26. April 2000 (BGBl. I S. 603) - im Folgenden: StörfallVO - unterfällt, unterschiedlich - und damit streitig -, wie der vorgerichtlich darüber entstandene Schriftwechsel und auch die Stellungnahmen im gerichtlichen Verfahren belegen. Sie subsumieren damit einen hinreichend konkreten Sachverhalt mit unterschiedlichen Konsequenzen für die Befugnisse und Pflichten beider Beteiligten unter die Bestimmung des § 1 Abs. 5 StörfallVO.
472. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Ein Feststellungsinteresse kann sich aus jedem nach der Sachlage anzuerkennenden schutzwürdigen rechtlichen, wirtschaftlichen oder ideellen Belang ergeben. Es ist insbesondere zu bejahen, wenn dem Kläger für den Fall, dass er sich nicht entsprechend der Rechtsauffassung der Behörde verhält, Sanktionen drohen.
48Vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 19, 23 f., m.w.N.; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO Kommentar Band I, Loseblatt Stand September 2004, § 43 Rn. 34.
49So liegt es hier. Abgesehen davon, dass für die Beteiligten generell die Klärung von Interesse ist, ob der Klägerin Pflichten nach der StörfallVO obliegen und dem Beklagten insoweit Überwachungsbefugnisse zustehen, damit beide ihr Verhalten danach ausrichten können, ist die Nichterfüllung von Pflichten, die aus der StörfallVO folgen, auch sanktionsbewehrt: So sieht § 21 StörfallVO (i.V.m. § 62 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 7 BImSchG) für eine Reihe von Pflichten nach der StörfallVO ausdrücklich vor, dass die vorsätzliche oder fahrlässige auch nur teilweise Nichterfüllung mit Bußgeldern belegt werden kann. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, sich zunächst derartigen Sanktionen auszusetzen, bevor die Frage, ob die StörfallVO für sie anwendbar ist, geklärt wird.
50II. Die Klage ist auch begründet.
51Der Betrieb des Umschlagterminals der Klägerin ist bei derzeit gegebenen Gestaltung der Betriebsabläufe gemäß § 1 Abs. 5 StörfallVO in Verbindung mit Art. 4 lit. c der Richtlinie 96/82/EG vom 9. Dezember 1996 (ABl. EG Nr. L 10/13) in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 2003/105/EG (ABl. EU Nr. L 345/97) - im Folgenden: RL 96/82/EG - vom Anwendungsbereich der StörfallVO ausgenommen (1.). Abgesehen davon wäre der Beklagte für Maßnahmen nach der StörfallVO gegenüber der Klägerin auch nicht zuständig (2.).
521. Die StörfallVO findet auf die Anlage der Klägerin gemäß § 1 Abs. 5 StörfallVO i.V.m. Art. 4 lit. c RL 96/82/EG keine Anwendung.
53§ 1 StörfallVO legt den Anwendungsbereich der Verordnung fest. Nach § 1 Abs. 5 StörfallVO gilt die Verordnung nicht für die in Art. 4 RL 96/82/EG genannten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten; nach Art. 4 lit. c RL 96/82/EG sind von der Geltung der Richtlinie ausgenommen die Beförderung gefährlicher Stoffe und deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung auf der Straße, der Schiene, den Binnenwasserstraßen, dem See- oder Luftweg außerhalb der unter diese Richtlinie fallenden Betriebe, einschließlich des Be- und Entladens sowie des Umladens von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger in Hafenbecken, Kaianlagen oder Verschiebebahnhöfen. Die Voraussetzungen des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG sind vorliegend gegeben, da das Abstellen der Gefahrgutcontainer auf den Flächen des Umschlagterminals der Klägerin eine zeitlich begrenzte Zwischenlagerung im Sinne dieser Bestimmung ist.
54Eine "zeitlich begrenzte Zwischenlagerung" in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn die Zwischenlagerung in einem funktionalen, räumlichen und engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Transport steht (a). Diese Anforderungen erfüllt das hier umstrittene kurzzeitige Abstellen des Gefahrguts (auch) in den Gefahrgutabstellwannen (b). Die Zwischenlagerung erfolgt ferner "außerhalb der unter diese Richtlinie fallenden Betriebe" im Sinne von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG (c). Ob die bei der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten (auch) ein "Be- und Entladen sowie Umladen von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger in einem Verschiebebahnhof" im Sinne des zweiten Halbsatzes des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG darstellen, kann offen bleiben (d).
55a) Eine zeitlich begrenzte Zwischenlagerung auf der Straße bzw. der Schiene (oder anderen Verkehrswegen) im Sinne der genannten Bestimmung ist anzunehmen, wenn ein transportbedingtes Abstellen der Güter im Rahmen der Beförderung vorliegt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es, dass ein funktionaler, räumlicher und zeitlicher Zusammenhang des Zwischenlagerns mit dem Transport besteht. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:
56aa) Das Tatbestandsmerkmal der "Zwischenlagerung" erfordert bereits ausgehend von seinem Wortlaut, dass es sich nicht um eine endgültige Lagerung handeln darf, sondern nur um eine solche, die sich als Unterbrechung eines (Beförderungs-)Vorgangs darstellt. Aus der Systematik, nämlich der Stellung des Satzteils "und deren zeitlich begrenzte Zwischenlagerung" zwischen "Beförderung" und "auf der Straße ...." ergibt sich, dass die Zwischenlagerung im Zusammenhang mit der Beförderung auf den genannten Verkehrswegen stehen muss. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung sprechen für ein Verständnis, wonach die Zwischenlagerung im Zusammenhang mit dem Transport steht: Mit ihr soll ein transportbezogenes Abstellen des Beförderungsguts von eigenständigen Lagerungsvorgängen abgegrenzt werden, um eine klare Schnittstelle zwischen dem Störfallrecht auf der einen und dem Gefahrgutbeförderungsrecht auf der anderen Seite herzustellen.
57Vgl. Wietfeldt/Neuser, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht Band 2, 2. Auflage, Loseblatt Stand März 2005, § 1 12. BImschV Rn. 20.
58Dementsprechend liegt nach der den Begriff der Beförderung im Sinne des Gefahrgutbeförderungsgesetzes - GGBefG - bestimmenden Vorschrift des § 2 Abs. 2 GGBefG ein zeitweiliger Aufenthalt im Verlauf der Beförderung vor, wenn dabei gefährliche Güter für den Wechsel der Beförderungsart oder aus sonstigen transportbedingten Gründen zeitweilig abgestellt werden. Das Erfordernis der Transportbedingtheit ist schließlich auch in der amtlichen Begründung zu § 3 Abs. 5 a BImSchG angesprochen. In dieser Vorschrift, die den für das Eingreifen der StörfallVO bedeutsamen Begriff des "Betriebsbereichs" bestimmt, werden ebenfalls die in Art. 4 lit. c RL 96/82/EG angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten ausgenommen. Der Begründung zufolge sollte es bei der Ausnahme gemäß Art. 4 lit. c RL 96/82/EG darum gehen, das "Recht der Beförderung gefährlicher Güter mit allen Verkehrsträgern einschließlich des Be- und Entladens, des Umladens und der transportbedingten Zwischenaufenthalte" vom Störfallrecht abzugrenzen.
59Vgl. BT-Drs. 13/11118, S. 7.
60Ist für die Beurteilung des erforderlichen funktionalen Zusammenhangs der Zwischenlagerung mit dem Transport mithin eine Abgrenzung zu einer eigenständigen, aus anderen Gründen erfolgenden Lagerung vorzunehmen, kann die Zwischenlagerung etwa dann nicht mehr als transportbedingt angesehen werden, wenn der Ort der Lagerung Destination des Transportguts und der Beförderer Versender oder (endgültiger) Empfänger des Transportguts ist.
61Vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band II, Durchführungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, Loseblatt, Stand Dezember 2004 , § 1 12. BImSchV Rn. 8; Wietfeldt/Neuser, in: Feldhaus, a.a.O., § 1 12. BImschV Rn. 21.
62Von der Transportbedingtheit der Zwischenlagerung kann im Weiteren nur dann ausgegangen werden, wenn der Beförderer keine Verwahrungsvereinbarung geschlossen und keinen Verwahrungs- oder Bevorratungswillen hat. Ferner müssen Beförderungspapiere vorliegen, die Bestimmungsort und Anschlusstransportmittel ausweisen;
63vgl. BT-Drs. 13/10158, S. 14, zum GGBefG; auch Feststellungen des "Barcelona-Workshops" vom 28./29. April 1997 ("Workshop on the intermediate temporary storage of dangerous substances during transport, as related to Council Directive 96/82/EC"), 2.1;
64das Transportgut darf - von erforderlichen Kontrollen und von Defekten abgesehen - auch nicht geöffnet und erst recht nicht bearbeitet werden.
65Vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 GGBEfG; ebenso Hess. VGH, Beschlüsse vom 12. März 1996 - 14 TH 2775/94 -, GewArch 1997, 81, und vom 16. Januar 1990 - 3 TH 155/90 -, GewArch 1990, 183, jeweils für eine Abfallentsorgungsanlage; vgl. auch Feststellungen des "Barcelona-Workshops", 2.1.
66bb) Das weitere Tatbestandsmerkmal der Zwischenlagerung "auf der Straße" bzw. "auf der Schiene" ist - entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts - nicht dahin zu verstehen, dass die Zwischenlagerung auf den in Art. 4 lit. c RL 96/82/EG Verkehrswegen im gegenständlichen Sinne erfolgen müsste. Gegen ein derartiges Verständnis sprechen schon die praktischen Schwierigkeiten, die mit einer Zwischenlagerung auf den Verkehrswegen selbst verbunden wären; insbesondere eine Lagerung "auf dem Luftweg" ist schwerlich vorstellbar. Die Begrifflichkeiten "auf dem Seeweg" (statt: "auf dem Meer") und "auf dem Luftweg" (statt: "in der Luft") verdeutlichen gleichfalls, dass es nicht um die gegenständlichen Verkehrswege, sondern um die Beförderungsmodi geht. Die englische und die französische Version der Richtlinie bestätigen die Richtigkeit dieses Verständnisses. Sowohl die in der englischen Version verwendete Präposition "by (road, rail ...)" als auch die in der französische Version verwendete Präposition "par (route, rail ....)" - und nicht "on" bzw. "sur" - weisen darauf hin, dass nicht eine Zwischenlagerung auf der Fahrbahn oder den Gleisen selbst gemeint ist.
67cc) Die Frage, ob der erforderliche zeitliche Zusammenhang mit dem Transport, auf den das Tatbestandsmerkmal "zeitlich begrenzt" besonders hinweist, gewahrt ist, ist für den Regelfall orientiert an der "24-Stunden-Regel" zu beantworten, wie sie in § 3 Abs. 4 der Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758) normiert ist. Allerdings ist diese Regel nicht als starre Grenze zu begreifen; daneben sind die Verhältnisse des Einzelfalls in den Blick zu nehmen.
68Insoweit sind folgende Überlegungen maßgeblich: Art. 4 lit. c RL 96/82/EG enthält keine Vorgaben dazu, ab welcher zeitlichen Grenze eine Zwischenlagerung nicht mehr transportbedingt ist. Allerdings liegt es auf der Hand, dass dieser Zusammenhang umso eher verloren geht und ein eigenständiges Lagern umso eher anzunehmen ist, je länger der (Zwischen-) Aufenthalt andauert.
69Vgl. auch Stellungnahme des Bundesrats zu § 2 Abs. 2 GGBefG, BT-Drs. 13/10158, S. 14; Mann, NWVBl. 2002, 413 (418).
70Dafür spricht nicht nur die Verkehrsanschauung, sondern auch der Umstand, dass sich mit steigender Dauer des Aufenthalts die Risiken einer "Zusammenlagerung" und die mit einer unbeaufsichtigten Lagerung verbundenen Gefahren erhöhen. Demgegenüber ist im Verlaufe der Beförderung mindestens eine visuelle Kontrolle eher gewährleistet.
71Mit Blick darauf bietet es sich an, für die Frage, welche zeitliche Grenze zu ziehen ist, als Anhaltspunkt § 3 Abs. 4 GefStoffV heranzuziehen. Nach § 3 Abs. 4 Satz 2 GefStoffV schließt das Lagern von Gefahrstoffen die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn diese nicht binnen 24 Stunden nach ihrem Beginn oder am darauf folgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Samstag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 3 Abs. 4 Satz 3 GefStoffV). Im Hinblick darauf, dass die Regelungen der StörfallVO sich gleichfalls auf gefährliche Stoffe beziehen, ist es naheliegend, als Anhalt für die zeitliche Grenzziehung beim Zwischenlagern auf die in der Gefahrstoffverordnung normierte Begriffsbestimmung des Lagerns eben solcher Stoffe zurückzugreifen.
72Vgl. auch Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band II, a.a.O., § 1 12. BImSchV Rn. 8; Müller, UPR 1991, 257 (260); OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 21 B 1468/00 -, NWVBl. 2001, 106 (107), für den Begriff des "Lagerns" i.S.v. Nr. 9.34/9.35 des Anhangs zur 4. BImSchV.
73Dabei erscheint es allerdings geboten, neben oder jedenfalls im Sinne eines Korrektivs der im Grundsatz maßgeblichen "24-Stunden-Regel" die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen.
74Ebenso Wietfeldt/Neuser, in: Feldhaus, a.a.O., § 1 12. BImschV Rn. 21; Mann, NWVBl. 2002, 413 (417); Büge, GewArch 1993, 357 (360).
75Eine starre zeitliche Grenzziehung im Sinne der "24-Stunden-Regel" ist weder in Art. 4 lit. c RL 96/82/EG noch in der StörfallVO oder den Materialien hierzu enthalten, weshalb diese nur als Anhaltspunkt dienen kann. Soweit der Verordnungs- oder Gesetzgeber sich zum Verständnis des Begriffs der zeitlichen Transportunterbrechung geäußert hat, ist zwar klargestellt worden, dass es eine zeitliche Grenze geben muss, gleichzeitig aber eine verbindliche Festlegung gerade vermieden worden.
76Vgl. BT-Drs. 13/10158, S. 14.
77Die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls trägt der Vielgestaltigkeit denkbarer Transportkonstellationen, Örtlichkeiten und möglichen Gründe für Verzögerungen bei der (Weiter-)Beförderung Rechnung. Führte jede Überschreitung der "24-Stunden-Regel" dazu, dass eine transportbedingte Zwischenlagerung ausschiede, könnte in Anlagen mit einer Vielzahl von Beförderungsfällen die Regel praktisch nicht eingehalten werden, denn Verzögerungen im Verlauf der Beförderung lassen sich nicht verlässlich ausschließen.
78b) Dies zugrunde gelegt stellt sich bei der derzeitigen Gestaltung der Betriebsabläufe in der Anlage der Klägerin das kurzzeitige Abstellen des Gefahrguts (auch) in den Gefahrgutabstellwannen als transportbedingte Zwischenlagerung dar. Der erforderliche räumliche, funktionale und zeitliche Zusammenhang des Zwischenlagerns mit der Beförderung ist zu bejahen.
79Der enge Zusammenhang mit der Beförderung ist offensichtlich, soweit die Ladeeinheiten in den Abstellspuren neben den Gleisen abgestellt werden, bis sie weiterbefördert werden können, wie es nach der Darstellung der Klägerin geschieht, wenn nur ein Aufenthalt für wenige Stunden in Rede steht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Transportgut mit dem Eingangsverkehr vormittags angeliefert wird und mit dem Ausgangsverkehr nachmittags das Gelände der Klägerin wieder verlässt, und betrifft der Darstellung der Klägerin zufolge über 90 % des umgeschlagenen Transportguts.
80Auch wenn ein Aufenthalt über einige Stunden hinaus erforderlich und Gefahrgut dazu in den separaten Gefahrgutabstellwannen abgestellt wird, die sich auf dem Gelände der Klägerin in gewisser Entfernung zu den Gleisen befinden, entfällt der Transportzusammenhang nicht. Für die Funktion eines Umschlagterminals ist es erforderlich, dass eine sichere Abstellfläche für Gefahrgut vorgesehen wird, das nicht direkt umgeschlagen werden kann. Unter den Bedingungen modernen, hier europaweiten Verkehrs können gelegentliche Verzögerungen aufgrund von Staus, Defekten, Streiks, Streckensperrungen usw. nicht verlässlich ausgeschlossen werden; dergleichen entzieht sich weitgehend dem Einfluss des Betreibers einer Verkehrsanlage. Der Umstand, dass die Gefahrgutabstellwannen, die für den über Stunden hinausgehenden Aufenthalt von Gefahrgut vorgesehen sind, nicht direkt an den Gleisen gelegen sind, sondern hierfür ein gesondertes Areal vorgesehen ist, das in etwa 15 m Entfernung von den Gleisen beginnt, zerreißt den Zusammenhang mit dem Transport nicht. Unter Umweltschutzgesichtspunkten ist es sinnvoll (und im Übrigen nach der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS) vom 20. März 2004, GV. NRW. 2004, S. 274 auch geboten), besonders gegen den Austritt gefährlicher Stoffe gesicherte Bereiche vorzusehen, die hier zudem den Vorteil bieten, dass sie bei Leckagen und anderen Störfällen etwa für Feuerwehrfahrzeuge von allen Seiten zugänglich sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abstellspuren neben den Gleisen für den Aufenthalt des - ganz überwiegenden - Teils des Transportguts einschließlich des Nicht-Gefahrguts genutzt werden, der binnen Stunden weiterbefördert werden soll.
81Dafür, dass die Klägerin in den Gefahrgutabstellwannen (oder im Übrigen) unabhängig vom Transport Gefahrgüter lagern würde, bei denen der Zusammenhang mit der Beförderung nicht mehr gegeben wäre, spricht nichts. Die Klägerin hat nachvollziehbar versichert, dass bei ihr eine eigenständige, nicht transportbedingte Lagerung von Gefahrgut nicht stattfinde. Zwar biete sie Lagermöglichkeiten für Nicht-Gefahrgut - kostenpflichtig - an; für Gefahrgut sei ein derartiger Gebührentatbestand bei ihr aber nicht vorgesehen. Sie werde nach Umschlagsleistung bezahlt; dauere ein Zwischenaufenthalt von Gefahrgut länger, erhöhe sich das Entgelt nicht. Wo die Verweildauer von Ladeeinheiten in ihrer Anlage im Einzelfall über ein oder zwei Werktage hinausgehe, beruhe das nicht auf einem Wunsch nach Bevorratung. Entsprechend den sog. "Barcelona-Kriterien" stünden der nächste Bestimmungsort und das vorgesehene Anschlussbeförderungsmittel jeweils von vornherein fest und könnten anhand der zugehörigen Beförderungspapiere nachgeprüft werden. Transportbehältnisse würden bei ihr - von denkbaren Notfällen und behördlichen Kontrollen abgesehen - nicht geöffnet; eine Behandlung der Stoffe finde nicht statt. Sie, die Klägerin, sei weder Versenderin noch Empfängerin des Transportguts. Gefahrgut könne bei ihr maximal 24 Stunden vor Abfahrt des Zuges angeliefert werden; komme ein Anlieferer früher, werde er abgewiesen.
82Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, besteht nicht. Der Argumentation des Beklagten, wonach allein die Tatsache, dass Depotflächen in größeren Mengen vorhanden seien, der Beweis dafür sei, dass es bei der Klägerin zu längeren Standzeiten der Gefahrgutcontainer komme, ist nicht zu folgen. Die Fläche - namentlich die Multifunktionsfläche, auf die der Beklagte sich wohl bezieht - ist als solche nutzungsneutral. Dass die Klägerin auf der Fläche Gefahrgut über längere Zeit lagern könnte, bedeutet nicht, dass sie es tatsächlich tut.
83Der zeitliche Zusammenhang von Beförderung und Zwischenaufenthalt ist gleichfalls gewahrt. Die "24-Stunden-Regel" ist hinsichtlich des ganz überwiegenden Teils des beförderten Gefahrguts eingehalten. Nach Darstellung der Klägerin werden über 90 % der Ladeeinheiten bei ihr binnen einiger Stunden weiterbefördert. Nur bei einem Anteil von unter 10 % liegt die Dauer der Transportunterbrechungen über 24 Stunden. Ausweislich der für den Monat April 2005 beispielhaft vorgelegten Computerausdrucke beruht ein beträchtlicher Teil dieser sich über mehrere Tage erstreckenden Zwischenaufenthalte wiederum darauf, dass das Wochenende dazwischenliegt, womit - soweit die Weiterbeförderung am nächsten Werktag erfolgt - die Regel des § 3 Abs. 4 GefStoffV eingehalten ist. Die verbleibenden sich über mehrere Tage erstreckenden Zwischenaufenthalte, die mithin einen nochmals geringeren Anteil der Gefahrguttransporte ausmachen, erfüllen gleichfalls noch das Merkmal "zeitlich begrenzt". Sie beruhen zum Teil auf unvorsehbaren Verzögerungen, die sich dem Einfluss der Klägerin weitgehend entziehen. Zu Verzögerungen können neben Staus, Streckensperrungen, Arbeitskämpfen und ähnlichem auch - wie es sich nach der Darstellung der Klägerin in den Fällen verhielt, die auf gerichtliche Anforderung besonders erläutert worden sind - Buchungsfehler führen. Solange sich dergleichen auf einen geringen Teil der Beförderungsfälle beschränkt und die "24-Stunden-Regel" nicht wesentlich überschritten wird, steht der Transportzusammenhang nicht in Frage.
84Auch wenn ein sich über mehrere Tage erstreckendes Aufbewahren von Gefahrgut - vorhersehbarerweise - deshalb notwendig wird, weil manche Züge nicht täglich verkehren und der Anschlusszug noch nicht zur Verfügung steht, ist der Aufenthalt transportbedingt. Die Dauer des Zwischenaufenthalts ist dann gerade durch den Fahrplan und damit die Transportbedingungen bestimmt. Bei der Klägerin kommt dergleichen nur selten vor; die Fälle liegen im einstelligen Prozentbereich. Ob es auch als "zeitlich begrenzte Zwischenlagerung" anzusehen ist, wenn ein größerer Anteil oder gar sämtliche derartiger fahrplanbedingten Transportunterbrechungen sich über mehrere Tage erstrecken, muss anlässlich des vorliegenden Falls nicht entschieden werden.
85Angesichts dessen ist nicht ausschlaggebend, ob der Betrieb der Klägerin - wie diese ausführlich begründet - im Sinne des Eisenbahnrechts, des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (die allerdings zur Frage der Grundsteuerbefreiung bezüglich der Qualifizierung einer Sache als öffentlicher auch ohne entsprechende Widmung ergangen ist) als Eisenbahninfrastruktur bzw. Verkehrsanlage oder ob er nach dem Bundes- Immissionschutzgesetz als Verkehrsweg anzusehen wäre. Die immissionsschutz- und eisenbahnrechtlichen Begrifflichkeiten decken sich nicht,
86vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1998 - 11 C 3.97 -, NVwZ 1999, 67 = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 5 S 2575/98 -, NVwZ-RR 2000, 420 (421),
87weshalb das Argument der "Einheit der Rechtsordnung" nicht weiterhilft. Keiner der Begriffe "Eisenbahninfrastruktur", "Verkehrsanlage" oder "Verkehrsweg" findet in der Vorschrift des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG Erwähnung. Die Beurteilung, dass ein funktionaler Zusammenhang des Zwischenaufenthalts von Gefahrgut in den Gefahrgutabstellwannen mit der Beförderung gegeben ist, stützt es allerdings, dass die Anlage der Klägerin eisenbahnrechtlich insgesamt als Eisenbahninfrastruktur bzw. Betriebsanlage der Eisenbahn anzusehen ist. Insoweit ist das Kriterium der Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. der Verkehrsfunktion und des räumlichen Zusammenhangs mit dem Eisenbahnbetrieb, maßgeblich. Wie bereits unter Geltung des Bundesbahngesetzes wird dabei orientiert an § 4 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2191, 2197), - EBO - ein weiter Anlagenbegriff zugrunde gelegt, von dem Umschlagplätze für den Güterverkehr und auch Lagerplätze in Gleisnähe umfasst sein können, wenn sie notwendige Bestandteile des Eisenbahnbetriebes darstellen.
88Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 1996 - 11 A 2.96 -, BVerwGE 102, 269 (274) = NVwZ 1997, 920 (921), m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2001 - 5 S 2274/01 -, NVwZ-RR 2002, 818, m.w.N.; Nds. OVG, Urteil vom 16. Dezember 1992 - 7 L 3734/91 -, GewArch 1993, 373; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Februar 1975 - 2 A 83/74 -, juris; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht - Band I Bundes- Immissionsschutzgesetz, Loseblatt Stand September 2004, § 2 BImSchG Rn. 21, m.w.N.; Heldwein, BayVBl. 2000, 65 (66); Pätzold/Wittenberg/Heinrichs/Mittmann, Kommentar zur Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, 4. Auflage 2001, § 4 EBO Rn. 3; Wegener, DÖV 1996, 305 (308), m.w.N.
89Ob auch bei zeitlich begrenzten Zwischenaufenthalten im Verlauf einer Beförderung ein Gefahrenpotential entstehen kann, bei dem die Anwendung des Störfallrechts als sinnvoll oder gar erforderlich anzusehen wäre, ist angesichts der Entscheidung des Verordnungsgebers, die Beförderung von Gefahrgut und dessen zeitliche begrenzte Zwischenlagerung von der Geltung der StörfallVO ausdrücklich auszunehmen,
90vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer Band II, a.a.O., § 1 12. BImschV Rn. 5; Uth, Störfallverordnung, 3. Auflage 2000, S. 37,
91nicht maßgeblich. Aus dem gleichen Grund kommt es auf die - auf den Begriff des Lagerns bezogene - Überlegung nicht an, eine solche liege aufgrund des identischen Gefährdungspotentials schon dann vor, wenn in einem umgrenzten Bereich immer wieder Stoffe in bestimmter Menge vorhanden seien, auch wenn die jeweiligen Gebinde stets wechselten,
92vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 21 B 1468/00 -, NWVBl. 2001, 106 (108), für den Begriff des "Lagerns".
93Klarstellend sei angemerkt, dass die vorgenommene Bewertung des bei der Klägerin vorkommenden kurzzeitigen Abstellens der Güter bei Transportunterbrechungen als zeitlich begrenzte Zwischenlagerung im Sinne von § 1 Abs. 5 StörfallVO i.V.m. Art. 4 lit. c RL 96/82/EG entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zwingend bedeutet, dass der Tatbestand des Lagerns im Sinne anderer Bestimmungen wie Nr. 9 des Anhangs zur 4. BImschV nicht erfüllt ist.
94Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 21 B 1468/00 -, a.a.O.
95Vielmehr ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein zeitlich begrenztes Zwischenlagern dem Begriff des Lagerns unterfällt,
96vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 8. Oktober 1992 - 10 S 289/92 -, UPR 1993, 191, und vom 7. August 1984 - 10 S 2137/83 -, UPR 1985, 246 (247); OVG Lüneburg, Urteil vom 17. Juli 1985 - 7 OVG A 29/84 -, DÖV 1986, 385 jeweils für Abfallentsorgungs- bzw. -beseitigungsanlagen,
97wie auch etwa § 2 Abs. 7 VAwS belegt.
98c) Die Zwischenlagerung erfolgt vorliegend auch "außerhalb der unter diese Richtlinie fallenden Betriebe" im Sinne von Art. 4 lit. c RL 96/82/EG. Mit diesem Tatbestandsmerkmal sollen von der Ausnahme des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG wiederum die Fälle der innerbetrieblichen Beförderung gefährlicher Stoffe sowie Transportvorbereitungs- und -abschlusstätigkeiten in einem im Übrigen der Richtlinie unterfallenden (Produktions- oder Lager-)Betrieb ausgeklammert werden, wie dies innerhalb weiträumiger Produktionsanlagen denkbar ist.
99In diesem Sinne auch § 1 Abs. 1 Nr. 1 GGBefG.
100Einen solchen Betrieb stellt das Umschlagterminal der Klägerin nicht dar. Dort sind gefährliche Stoffe allein im Zusammenhang mit dem Transport und Transportunterbrechungen vorhanden. Dafür, dass das Containerterminal auch abgesehen davon der StörfallVO unterfiele, gibt es keine Anhaltspunkte.
101d) Da der Betrieb der Klägerin nach dem oben Ausgeführten ohnehin gemäß Art. 4 lit. c RL 96/82/EG vom Anwendungsbereich der StörfallVO ausgenommen ist, kommt es nicht darauf an, ob die bei der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten (auch) ein "Be- und Entladen sowie Umladen von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger in einem Verschiebebahnhof" im Sinne des zweiten Halbsatzes des Art. 4 lit. c RL 96/82/EG darstellen. Allerdings spricht es für eine erweiternde Auslegung des Begriffs "Verschiebebahnhof", dass in Art. 4 lit. c RL 96/82/EG vom Umladen von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger in Verschiebebahnhöfen die Rede ist, tatsächlich jedoch in Verschiebe- oder Rangierbahnhöfen nicht Güter umgeladen, sondern lediglich Züge neu zusammengestellt werden.
102Vgl. auch Feststellungen des "Barcelona- Workshops", 3.1.
1032. Der Beklagte ist auch deshalb nicht berechtigt, der Klägerin gegenüber Maßnahmen nach der StörfallVO zu ergreifen, weil er für solche Maßnahmen aufgrund der in § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396, 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138), - AEG - getroffenen Regelung nicht zuständig wäre.
104Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AEG obliegen Baufreigaben, Abnahmen, Prüfungen, Zulassungen, Genehmigungen und Überwachungen für Errichtung, Änderung, Unterhaltung und Betrieb der Betriebsanlagen und für Schienenfahrzeuge von Eisenbahnen des Bundes aufgrund anderer Gesetze und Verordnungen ausschließlich dem Eisenbahn-Bundesamt.
105Die Klägerin ist eine Eisenbahn im Sinne der Norm. Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahnen - unter anderem - öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben. Gemäß § 2 Abs. 3 AEG umfasst die Eisenbahninfrastruktur die Betriebsanlagen der Eisenbahn einschließlich der Bahnstromfernleitungen.
106Die Klägerin betreibt eine Eisenbahninfrastruktur in diesem Sinne. Eine Definition des Begriffs der Betriebsanlage, wie sie § 2 Abs. 3 AEG in der ursprünglichen Fassung vom 27. Dezember 1993 enthielt, findet sich allerdings in der geänderten Fassung des § 2 AEG nicht mehr. Der Begründung des Änderungsgesetzentwurfs zufolge sind aber die bisher in § 2 Abs. 3 AEG genannten Anlagen (weiterhin) Betriebsanlagen; der Begriff der Eisenbahninfrastruktur soll nunmehr mit dem Begriff der Betriebsanlagen deckungsgleich sein.
107Vgl. BT-Drs. 15/3280, S. 14.
108In seiner ursprünglichen Fassung regelte § 2 Abs. 3 Satz 3 AEG unter anderem ausdrücklich, dass zur Eisenbahninfrastruktur auch Abfertigungs- und Verladeeinrichtungen zählen, sofern sie - wie das bei der Klägerin der Fall ist - jedem Eisenbahnunternehmen zur Verfügung stehen. Wie bereits ausgeführt, können Verladeeinrichtungen sowie Lagerplätze für Transportgüter in Gleisnähe als Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind, entsprechend § 4 Abs. 1 EBO Betriebsanlagen der Eisenbahn darstellen.
109Vgl. Nachweise unter II. 1. b.
110Vorliegend kann dahinstehen, ob das auch für Lagerplätze gilt, auf denen transportunabhängig gelagert wird. Nach dem oben Ausgeführten sind jedenfalls für die Abwicklung des kombinierten Verkehrs zwischen Schiene und Straße Umschlagbahnhöfe wie der der Klägerin erforderlich, zu denen wegen der letztlich unvermeidlichen Verzögerungen, die dabei vorkommen können, auch sichere Abstellplätze für zwischenzulagernde Güter gehören. Dabei ist es nicht gerechtfertigt, die Anlage der Klägerin für die hier gebotene rechtliche Bewertung in zwei Teile derart aufzuspalten, dass die Gleise und weitere Einrichtungen eine Eisenbahninfrastruktur darstellen, die Gefahrgutabstellwannen aber nicht. Hiergegen spricht der oben dargelegte funktionale und räumliche Zusammenhang der Abstellfläche mit dem Betrieb im Übrigen, aber auch die Nennung von Güterbahnhöfen und -terminals in §§ 2 Abs. 3 c Nr. 3, 14 AEG. Schon ihrer Funktion nach verfügen Güterbahnhöfe und -terminals regelmäßig über derartige Abstellflächen für Güter, die nicht sofort umgeschlagen oder verladen werden können. Gleichwohl sind diese Einrichtungen in § 2 Abs. 3 c Nr. 3 AEG einschränkungslos genannt.
111Die Klägerin ist auch eine Eisenbahn des Bundes. Eisenbahnen oder Unternehmen des Bundes sind gemäß § 2 Abs. 6 AEG Unternehmen, die sich überwiegend in der Hand des Bundes oder eines mehrheitlich dem Bund gehörenden Unternehmens befinden. Das ist bei der Klägerin der Fall. Deren Gesellschafter sind zu jeweils 50 % die T. AG sowie die L. GmbH & Co. KG, ein Zusammenschluss von ca. 280 Spediteuren des kombinierten Verkehrs, an der wiederum die T. AG zu 50 % beteiligt ist. Die T. AG befindet sich - ebenso wie weitere der Spediteure - in der Hand der Deutsche Bahn AG; diese steht zu 100 % im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.
112Unter diesen Umständen wäre gemäß § 4 Abs. 2 AEG das Eisenbahn- Bundesamt für die Überwachung der Anlage der Klägerin nach der StörfallVO zuständig. § 4 Abs. 2 AEG begründet eine umfassende Zuständigkeit des Eisenbahn-Bundesamtes für den Vollzug anderer Gesetze und Verordnungen, soweit - wie hier mit der StörfallVO - Bundesrecht angewendet wird.
113Ob nach § 4 Abs. 2 AEG das Eisenbahn- Bundesamt auch für die Ausführung von Landesrecht zuständig ist, kann offen bleiben; vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. Juni 2005 - 8 A 262/05 - (zur Veröffentlichung vorgesehen) einerseits, OVG Hamburg, Beschluss vom 6. Mai 1997 - OVG Bs III 42/97 -, NordÖR 1999, 36, andererseits.
114Gerade weil über die Auslegung der Vorfassung der Bestimmung Meinungsverschiedenheiten - namentlich hinsichtlich der Zuständigkeiten im Bereich des Umwelt- und Brandschutzes - bestanden, hat die Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 11. Februar 1998 (BGBl. I S. 342) ihre jetzige weitgehende Fassung erhalten. Nach § 4 Abs. 2 AEG in der Fassung vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2396) oblagen (lediglich) "Baufreigaben, Abnahmen, Prüfungen und Zulassungen nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen" dem Eisenbahn-Bundesamt. In der Neufassung sind die möglichen Maßnahmen der Behörde ergänzt um den Begriff der "Überwachungen"; ferner ist der Terminus "nach Maßgabe anderer Gesetze und Verordnungen" ersetzt durch "aufgrund anderer Gesetze und Verordnungen". Beides hatte zuvor zu Unklarheiten geführt.
115Vgl. etwa Lechelt, in: GK-BImSchG, Loseblatt Stand Oktober 2004, § 52 Rn. 46; Freise/Wittenberg, GewArch 1996, 353 (356).
116Mit der erweiterten Fassung sollte bezogen auf die Eisenbahnen des Bundes klargestellt werden, dass durch § 4 Abs. 2 AEG eine umfassende Zuständigkeit des Eisenbahn-Bundesamtes auch für Überwachungsaufgaben gegeben ist, wobei die materiellen Voraussetzungen für den Vollzug sich aus den anderen Gesetzen ergeben. Abgesehen von der gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 5 AEG unberührt bleibenden Materie des Arbeitsschutzes sollen Maßnahmen durch andere Behörden im Hinblick auf Eisenbahnanlagen des Bundes nicht stattfinden. Damit bleibt für den Erlass von Anordnungen durch die Immissionsschutzbehörde kein Raum mehr.
117Vgl. BT-Drs. 13/4386, S. 6; BR-Drs. 907/95, S. 3; Führ, in: GK-BImSchG, a.a.O., § 2 Rn. 23 c, m.w.N.; Lechelt, in: GK-BImSchG, a.a.O., § 52 Rn. 46; Hansmann, in: Landmann/Rohmer Band I, a.a.O., § 52 Rn. 22; Wittenberg/Heinrichs/ Mittmann/Zwanziger, Kommentar zum Allgemeinen Eisenbahngesetz, 2004, § 4 AEG Rn. 5.
118III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
119Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 132 Abs. 2 VwGO, liegen nicht vor.
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