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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.812,50 EUR festgesetzt.
G r ü n d e:
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gibt keinen Anlass, die Wertung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, dass nach der im vorliegenden Verfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Stilllegungsverfügung des Antragsgegners vom 2. November 2004 bestehen.
4Die Stilllegungsverfügung ist maßgeblich darauf gestützt, dass das genehmigungspflichtige Vorhaben der Antragsteller abweichend von der erteilten Baugenehmigung und damit formell illegal ausgeführt worden und wegen Verstoßes gegen die Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans Nr. 66/I "Auf der I. " der Gemeinde F. hinsichtlich der zulässigen Drempelhöhe auch materiell rechtswidrig ist. Das Beschwerdevorbringen begründet keine Zweifel an diesen Einschätzungen.
5Zu Unrecht meint die Beschwerde, auf eine Einhaltung der Vorgaben der den Antragstellern erteilten Baugenehmigung vom 20. September 2004 komme es nicht an, weil das Vorhaben entsprechend dem Schreiben der Gemeinde F. vom 4. August 2004 ohne Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durchgeführt werde und demgemäß als sog. freigestelltes Vorhaben im Sinne von § 67 BauO NRW keiner Baugenehmigung bedürfe. Die Errichtung von Wohngebäuden mittlerer und geringer Höhe im Geltungsbereich von Bebauungsplänen im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB - um einen solchen handelt es sich bei dem Bebauungsplan Nr. 66/I - ist gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW nur dann von der Baugenehmigungspflicht freigestellt, wenn das Gebäude u.a. nach Nr. 1 der genannten Vorschrift den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht. Ein solcher Widerspruch liegt hier jedoch vor. Das mit einem Satteldach versehene Wohngebäude weist in seinem Dachgeschoß an den Traufseiten zwischen dem Fußboden dieses Geschosses und dem Tragwerk des Dachstuhls Aufmauerungen der Außenwände auf, auf denen die Dachkonstruktion ruht. Diese Aufmauerungen sind als "Drempel" zu werten und unterliegen damit der im Bebauungsplan vorgegebenen Höhenbegrenzung für Drempel. Das im Bebauungsplan insoweit vorgegebene Höhenmaß von 75 cm wird jedoch bei weitem überschritten.
6Der Begriff "Drempel" ist allerdings weder in der BauO NRW noch im Bebauungsplan Nr. 66/I näher definiert. Die auf § 86 BauO NRW iVm § 9 Abs. 4 BauGB gestützten, in den Bebauungsplan aufgenommenen gestalterischen Festsetzungen gehen damit ersichtlich von dem Verständnis dieses Begriffes aus, wie es in der Fachwelt - namentlich der Architektur - allgemein anerkannt ist. Insoweit ist den Antragstellern zuzugestehen, dass die verschiedenen nicht stets wortidentischen Umschreibungen dieses Begriffes zu Missdeutungen Anlass geben können. Gemeinsam ist den Umschreibungen stets, dass es sich bei einem Drempel, häufig auch "Kniestock" genannt, um eine höhenmäßige Verlängerung der Außenwand handelt, auf der die Dachkonstruktion ruht. Hiernach wird ein Drempel oder Kniestock dann gebaut, wenn das Tragwerk des Daches nicht unmittelbar auf der darunter liegenden Geschossdecke ruht, sondern wenn über der Geschossdecke die Außenwand - zumeist um mehrere Lagen Steine - aufgemauert wird und die Dachkonstruktion auf dieser Aufmauerung ruht, wie das nachfolgende Bild (Quelle: www.pro-future-massivhaus.de/kniestock.htm) verdeutlicht:
7Die Anlage eines Drempels oder Kniestocks ist damit ein architektonisches Mittel, um die Nutzbarkeit des Raumes (Dachgeschoss) zu verbessern, der sich unterhalb der Schrägen eines Daches befindet. Dies kommt etwa in folgender Umschreibung des Drempels (bzw. Kniestocks) in der Rechtsprechung zum Ausdruck:
8"Man versteht darunter herkömmlicherweise einen konstruktiven Bauteil des Dachgeschosses, der durch Höherführung auch der traufseitigen Umfassungswände über die Decke des obersten Geschosses entsteht und der Vergrößerung des Dachgeschosses dient."
9So wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Februar 1984 - 3 S 1279/83 - BRS 42 Nr. 114 (S. 273).
10Der Sache nach nichts anderes ergibt sich aus der von den Antragstellern bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Definition, die im Internet unter www.architektur- lexikon.de/lexikon/drempel.htm zu finden ist:
11"Der Drempel ist die senkrechte Wand zwischen der lastaufnehmenden Dachkonstruktion und der obersten Geschossdecke, also die Verlängerung der Hausaußenwand nach oben unter das Dach. Je höher diese Wand ist, desto mehr Platz bietet das Dachgeschoß zum aufrechten Gehen und umso komfortabler wird die Wohnung. Da der Drempel in etwa kniehoch ist, wird er auch Kniestock genannt."
12Beiden Umschreibungen gemeinsam ist eine Unschärfe, die zu Missdeutungen Anlass geben kann. Wenn in ihnen vom "obersten Geschoss" bzw. der "obersten Geschossdecke" die Rede ist, ist damit nicht etwa das oberste Geschoss des gesamten Gebäudes gemeint, das sich bei Häusern mit geneigtem Dach regelmäßig erst im Dachraum befindet und Dachschrägen aufweist. Gemeint ist vielmehr das oberste der Geschosse, die nicht im Dachraum selbst liegen und damit keine Dachschrägen aufweisen. Dies folgt auch daraus, dass in beiden Definitionen unterschieden wird zwischen dem "obersten Geschoss" bzw. "der obersten Geschossdecke" einerseits und dem - zwangsläufig darüber liegenden - Dachgeschoss andererseits. Die beiden genannten Umschreibungen sind daher dahin zu ergänzen, dass hinter die Worte "des obersten Geschosses" bzw. "der obersten Geschossdecke" jeweils die Worte "unterhalb des Dachraums" zu setzen sind, um zu verdeutlichen, dass ein Drempel stets dann vorliegt, wenn die Außenwände des betreffenden Geschosses nicht allseits in voller Höhe senkrecht sind, sondern an den Traufseiten über höhenmäßig verkürzten Außenwänden Dachschrägen aufweisen.
13Aus den vorstehenden Darlegungen folgt zugleich, dass es für die Frage, ob das Dachgeschoss (Geschoss mit geneigten Dachflächen) eines Hauses einen Drempel aufweist, unerheblich ist, ob dieses Dachgeschoss nach der jeweils einschlägigen landesrechtlichen Legaldefinition (hier: § 2 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW) als Vollgeschoss zu qualifizieren ist, wie der Antragsgegner zutreffend hervorhebt. Hierfür spricht auch, dass die Höhe des Drempels zwar ein Grund dafür sein kann, ob das Dachgeschoss als Vollgeschoss zu qualifizieren ist. Diese Eigenschaft wird wesentlich aber auch dadurch bestimmt, welche Breite das Geschoss zwischen den Traufseiten hat und welche Neigung die Dachflächen aufweisen. Ein Dachgeschoss kann demgemäß zugleich ein Vollgeschoss sein, ohne dass es darauf ankommt, ob es einen Drempel aufweist oder nicht. Entscheidend für das Vorliegen eines Drempels ist hingegen allein, ob die das Dachgeschoss begrenzenden Dachschrägen im dargelegten Sinne auf senkrechten Erhöhungen der Außenwände an den Traufseiten ruhen oder nicht.
14Ergibt sich hiernach, dass das von den Antragstellern errichtete Gebäude im Dachgeschoss, wie die bei den Bauakten befindlichen Lichtbilder zweifelsfrei erkennen lassen, Drempel aufweist, unterliegt auch keinem Zweifel, dass das im Bebauungsplan Nr. 66/I festgesetzte Höhenmaß deutlich überschritten ist. Die Berechnungsmodalitäten hierfür sind in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans dahingehend festgelegt, dass die Drempelhöhe "auf der Außenseite der Außenwand, von Oberkante Fertigfußboden bis Oberkante Dacheindeckung" zu messen ist. Diese Festlegung stimmt allerdings nicht exakt überein mit der zumeist üblichen Berechnungsweise der Drempel- oder Kniestockhöhe. Bei dieser wird nämlich regelmäßig auf den Abstand zwischen der Oberkante des Dachgeschossfußbodens und der Sparrenunterkante abgestellt, so dass die Stärke der Dachkonstruktion als solcher zwischen der Sparrenunterkante und der Außenseite der Dachhaut unberücksichtigt bleibt.
15Vgl. hierzu das Bild auf Seite 3 sowie die Ausführungen im o.a. Urteil des VGH Baden- Württemberg vom 15. Februar 1984, wonach der Kniestock (Drempel) nach verschiedenen Ausführungen in der Fachliteratur "von der Decke des Dachgeschossfußbodens (Dachbodens) bis zum Schnitt von Umfassungswand und Sparrenunterkante gemessen" wird.
16Hier ist jedoch die im Bebauungsplan insoweit abweichend festgesetzte Berechnungsweise maßgeblich, da der Ortsgesetzgeber angesichts des Fehlens bindender Vorgaben des höherrangigen (Landes-)Rechts für die Bemessung der Drempelhöhe frei ist, die Grundlagen der Berechnung selbst verbindlich vorzugeben.
17In Anwendung dieser Berechnungsvorgaben beträgt die Drempelhöhe im Dachgeschoss des Hauses der Antragsteller in der Tat rd. 1,60 m, wie das Beschwerdevorbringen nicht substantiiert in Frage stellt und durch das vorliegende Lichtbildmaterial nachvollziehbar verdeutlicht wird. Sie überschreitet die bindenden Vorgaben des Bebauungsplans Nr. 66/I damit um rd. 85 cm.
18Dass der Bau der Antragsteller den Festsetzungen des Bebauungsplans zur Drempelhöhe widerspricht, wird auch nicht etwa dadurch in Frage gestellt, dass es den Antragstellern unbenommen gewesen wäre, ihr Haus insgesamt höher zu bauen. Zwar trifft es zu, dass sie nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht gehindert gewesen wären, ihr Haus mit zwei Vollgeschossen zu errichten, die jeweils durchgehend senkrechte Außenwände aufweisen, und erst über diesen beiden Vollgeschossen - ggf. unter Anlage eines maximal 75 cm hohen Drempels gemessen nach den Vorgaben des Bebauungsplans - ein Dachgeschoss (ggf. mit zusätzlichem Spitzboden) anzulegen. Einen solchen Bau haben die Antragsteller jedoch nicht errichtet.
19Ebenso wenig können sich die Antragsteller darauf berufen, dass ihr Haus dann, wenn sie die vorgenannte mit dem Bebauungsplan vereinbare Gestaltungsvariante gewählt hätten, deutlich höher geworden wäre. Die Festlegung einer Drempelhöhe ist ein baugestalterisches Mittel. Dessen Zweck besteht nicht primär darin, die Höhenentwicklung eines Gebäudes in seiner Gesamtheit zu steuern. Diese wird maßgeblich auch durch weitere Faktoren bestimmt, wie etwa die Anlage eines Sockels unter dem Erdgeschossfußboden, die der hier in Rede stehende Bebauungsplan nicht regelt, und die Neigung des Daches, für die der Bebauungsplan deutliche Spielräume - 350 bis 480 - belässt. Die absolute Höhenentwicklung eines Gebäudes kann abschließend nur mit der Festsetzung einer Firsthöhe bzw. maximalen Gebäudehöhe, in gewissem Umfang auch durch Festsetzung einer Traufhöhe in Verbindung mit der Vorgabe einer bestimmten Dachneigung, gesteuert werden. Solche Höhenbegrenzungen enthält der Bebauungsplan Nr. 66/I jedoch nicht. Die baugestalterische Funktion der hier gewählten Festsetzung einer Drempelhöhe besteht in erster Linie darin, die optisch wirksamen Proportionen des Gebäudes, namentlich das Verhältnis des nutzbaren Dachraums zu den darunter liegenden Vollgeschossen mit senkrechten Außenwänden, zu steuern. Die Festsetzung einer - regelmäßig nur geringen - Drempelhöhe soll demgemäß sicherstellen, dass der in der Regel als solcher von außen auch erkennbare nutzbare Dachraum gegenüber den darunter liegenden Geschossen optisch nur als ein eher untergeordneter Bauteil erscheint.
20Widerspricht die tatsächliche Ausführung des Hauses der Antragsteller nach alledem jedenfalls hinsichtlich der Drempelhöhe den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66/I, ist sie nicht gemäß § 67 Abs. 1 BauO NRW freigestellt, sondern bedarf einer Baugenehmigung. Anderes ergibt sich nicht etwa daraus, dass die Gemeinde F. , die nicht zugleich Bauaufsichtsbehörde ist, den Antragstellern mit Schreiben vom 4. August 2004 mitgeteilt hat, die Unterlagen zum Antrag auf Freistellung nach § 67 BauO NRW seien gesichtet worden und Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht festgestellt worden. Selbst wenn sich aus diesen von der Gemeinde geprüften Unterlagen eine Bauausführung ergäbe, die - wie die tatsächliche Bauausführung - einen Drempel von rd. 1,60 m Höhe vorsieht, folgt aus der dann fehlerhaften Einschätzung der Gemeinde nicht, dass das Vorhaben freigestellt ist. Ob die Festsetzungen des Bebauungsplans tatsächlich eingehalten werden, hat der Bauherr selbst zu verantworten, wie die Gemeinde F. mit ihrem weiteren Schreiben an die Antragsteller vom 5. Oktober 2004 zutreffend ausgeführt hat. Auf eventuelle Fehleinschätzungen der Gemeinde im Freistellungsverfahren kann sich der Bauherr nicht berufen. Die Freistellungsregelungen des § 67 BauO NRW bedeuten einen Rückzug des Staates nicht nur hinsichtlich der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens, sondern auch im Hinblick auf Prüfung der Erfüllung der bautechnischen Anforderungen.
21Vgl.: Landtag-Drucksache 11/7153, S. 183.
22Sie führen zu einer gesteigerten Verantwortlichkeit des Bauherren und des Entwurfsverfassers. Diese haben nunmehr selbst darauf zu achten, dass das Vorhaben dem geltenden Recht entspricht.
23Vgl.: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Die neue Bauordnung in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 2000, § 67 RdNr. 1.
24Das nach alledem nicht freigestellte, sondern genehmigungspflichtige Vorhaben der Antragsteller ist auch nicht von der ihnen erteilten Baugenehmigung vom 20. September 2004 gedeckt. Mit dieser Baugenehmigung ist den Antragstellern zwar eine Abweichung gemäß § 73 BauO NRW hinsichtlich der Gestaltungsfestsetzung des Bebauungsplans über die Drempelhöhe erteilt worden. Diese bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Baugenehmigung in Übereinstimmung mit den genehmigten Bauvorlagen, insbesondere dem genehmigten Schnitt B - B, nur auf eine nach den Vorgaben des Bebauungsplans ermittelte Drempelhöhe von 1,05 m. Auch dieses Maß wird von dem tatsächlich errichteten Drempel mit rd. 1,60 m Höhe jedoch überschritten.
25Aus dem Vorstehenden folgt nicht nur, dass die Antragsteller ihr Bauvorhaben formell illegal, nämlich ohne die für die konkret gewählte Bauausführung erforderliche Baugenehmigung, errichtet haben, sondern dass das tatsächlich errichtete Bauwerk wegen Verstoßes gegen die Festsetzung des Bebauungsplans zur Drempelhöhe auch materiell illegal ist. Der Antragsgegner konnte daher das Bauvorhaben zu Recht mit der angegebenen Begründung stilllegen.
26Abschließend erscheint dem Senat allerdings der Hinweis angezeigt, dass eine Legalisierung der von den Antragstellern tatsächlich gewählten Bauausführung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Angesichts der konkreten Gestaltung des strittigen Objekts, bei dem wegen der speziellen, mit geringerer Dachneigung fortgesetzten Dachausführung über dem im Nordosten angebauten Carport sowie dem dreieckigen Vorbau vor der südwestlichen Außenwand der hohe Drempel ggf. optisch weniger deutlich in Erscheinung tritt, mag durchaus erwogen werden, ob den Antragstellern über die mit Zustimmung der Gemeinde F. (vgl. deren in den Bauakten befindliches Schreiben an den Antragsgegner vom 20. September 2004) zugelassene Abweichung zur Errichtung eines das zulässige Maß um 30 cm überschreitenden Drempels hinaus unter ermessensgerechter Berücksichtigung der Vorgaben des § 73 Abs. 1 BauO NRW auch eine Überschreitung um weitere gut 50 cm zugestanden wird.
27Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
28Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf die §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
29Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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