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Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Vater des im Jahre 19 geborenen Klägers stand als Leitender Kriminaldirektor (Besoldungsgruppe A 16) im Dienst des beklagten Landes. Bei dem Absturz eines Hubschraubers im Rahmen der UN-Polizeimission in Bosnien- Herzegowina am 17. September 1997 kam er ums Leben.
3Mit Bescheid vom 19 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (im folgenden: Landesamt) die Versorgungsbezüge (Waisengeld) des noch in der Berufsausbildung befindlichen Klägers auf 30 % von 75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Verstorbenen - ausgehend von der Besoldungsgruppe A 16 - fest. Nachdem das Bundesministerium des Inneren und das Auswärtige Amt darauf hingewiesen hatten, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Unfallversorgung gegeben seien, wurde das Waisengeld mit Bescheiden vom und vom 19 gemäß §§ 39, 37 BeamtVG auf 30 % von 80 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Verstorbenen - ausgehend von der Besoldungsgruppe B 3 -, insgesamt auf monatlich 2.504,74 DM ab dem 19 und auf 2.542,31 DM ab dem 19 , festgesetzt.
4Bereits mit Bescheid vom 19 hatte das Landesamt eine einmalige Unfallentschädigung nach §§ 46 a Satz 1, 43 Abs. 2 und 4 BeamtVG in Höhe von 75.000,- DM festgesetzt. Dieser Bescheid enthält den Hinweis, dass Schadensersatzleistungen von anderer Seite (z. B. durch den Bund, UNO und dergleichen) auf diese Leistungen anzurechnen seien, da ein Schadensausgleich nur einmal gewährt werde.
5Mit Schreiben vom 19 teilte das Auswärtige Amt dem beklagten Land mit, dass die Vereinten Nationen entschieden hätten, dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von US $ 117.316,56 zu zahlen. Die dem Schreiben beigefügte Mitteilung der Vereinten Nationen vom 19 nennt als Rechtsgrundlage für diese Zahlung § 83 der "UNMIBH [United Nations Mission in Bosnia Herzegovina] Notes for the Guidance of UNCIVPOL [United Nations Civilian Police] on Assignment".
6Mit Schreiben vom 19 wies das Landesamt den Kläger darauf hin, dass geprüft werde, ob die seitens der Vereinten Nationen geleistete Entschädigung auf die gewährten Versorgungsleistungen (insbesondere die einmalige Unfallentschädigung) anzurechnen sei. Eine Rückforderung werde vorbehalten.
7Am 19 gewährte der Kläger seinem Onkel ein Darlehen in Höhe von 230.000,- DM. Die Rückzahlung soll mit Abschluss seines Studiums, spätestens mit Vollendung des 27. Lebensjahres erfolgen.
8Mit Bescheid vom 19 forderte das Landesamt von dem Kläger die Rückzahlung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge in Höhe von 127.926,55 DM. Dieser Betrag ergebe sich aus dem in dem Zeitraum vom 19 bis zum 19 gezahlten Waisengeld und der einmaligen Unfallentschädigung. Nach § 46 Abs. 4 BeamtVG unterlägen diese Leistungen in voller Höhe der Anrechnung in Bezug auf die von den Vereinten Nationen geleistete Entschädigung, weil diese aufgrund des gleichen Schadensereignisses geleistet worden sei. Angesichts der eindeutigen Sach- und Rechtslage und im Hinblick auf die dem Kläger zur Verfügung stehenden Mittel aus der Entschädigungsleistung der Vereinten Nationen könne nicht aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung abgesehen werden.
9Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Entschädigung nicht der Anrechnung nach § 46 Abs. 4 BeamtVG unterliege, da sie keinerlei Versorgungscharakter habe. Dies ergebe sich daraus, dass der für die Vereinten Nationen tätige Beamte völlig frei den Bezugsberechtigten bestimmen könne, also auch eine nicht unterhaltsberechtigte Person. Wegen des dem Onkel gewährten Darlehens sei er zudem nicht mehr im Besitz des Geldes. Nach Rückzahlung des Darlehens und Abschluss seines Studiums wolle er sich mit diesem Geld in eine Arztpraxis einkaufen. Im Übrigen sei zumindest unter Billigkeitsgesichtspunkten von einer Rückforderung abzusehen. Die Entschädigung der Vereinten Nationen habe das erhöhte Risiko des Beamten bei der Teilnahme an einer Mission honorieren sollen. Da die Teilnahme an solchen Missionen von der Bundesrepublik Deutschland gewünscht werde, sei es unbillig, den Sinn und Zweck dieser Leistungen zu unterlaufen, indem man die Entschädigung durch die Anrechnung dem Haushalt des Entsendestaates zuführe. Die Rückforderung sei auch treuwidrig. Der Verstorbene sei nicht auf die versorgungsrechtlichen Konsequenzen der Bestimmung des Bezugsberechtigten hingewiesen worden.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 19 reduzierte das Landesamt den Rückforderungsbetrag auf 81.862,76 DM und wies im Übrigen den Widerspruch als unbegründet zurück. Für die Anrechnung nach § 46 Abs. 4 BeamtVG komme es nicht auf das Leistungsziel des Dritten an, entscheidend sei allein, ob die Leistungsursachen - wie hier - identisch seien. Der Anrechnung unterliege lediglich der Erhöhungsbetrag, der sich gegenüber der Versorgung ergebe, die als Unfall- Hinterbliebenenversorgung ohne die "besondere Verwendung" durch den Einsatz des Vaters des Klägers in Bosnien-Herzegowina zu zahlen gewesen wäre. Der Rückforderungsbetrag sei dementsprechend zu reduzieren gewesen. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, weil ihm vor Abschluss des Darlehensvertrages aufgrund des Schreibens des Landesamtes vom 19 bekannt gewesen sei, dass eine Anrechnung der Entschädigung in Betracht komme. Auch aus Billigkeitsgründen könne von einer Rückforderung nicht abgesehen werden. Der Betrag der Entschädigung übersteige deutlich den anzurechnenden und zurückzufordernden Betrag, die Einräumung einer Ratenzahlung sei ebenfalls nicht geboten.
11Am 1. Februar 2000 hat der Kläger Klage erhoben. Im Wesentlichen hat er seine Ausführungen aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, dass sein Vater ohne Weiteres auch eine dritte Person als Begünstigten der Entschädigung hätte einsetzen und diese dann das Geld gemäß Absprache mit dem Vater wiederum ihm hätte schenken können. Eine solche Schenkung wäre keine anrechenbare Leistung im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes gewesen. Auf diese finanziellen Folgen hätte der Dienstherr hinweisen müssen.
12Der Kläger hat beantragt,
13den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 19 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19 aufzuheben.
14Das beklagte Land hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es hat sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend ausgeführt: Die teilweise Anrechnung der Entschädigung der Vereinten Nationen sei nicht treuwidrig. Es sei unerheblich, ob sich ein Beamter bei der Bestimmung eines Begünstigten von Entschädigungsleistungen der Möglichkeit einer Anrechnung auf die Versorgungsleistungen der Hinterbliebenen bewusst sei. Der Vater des Klägers habe sich über die versorgungsrechtlichen Auswirkungen informieren können. Auch stünde der Kläger nicht finanziell besser da, wenn sein Vater in Kenntnis der Anrechnungsvorschriften eine dritte Person zum Bezugsberechtigten bestimmt hätte.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2002 als unbegründet abgewiesen und die Berufung zugelassen: Für die Anrechnung nach § 46 Abs. 4 BeamtVG komme es weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach deren Sinn und Zweck darauf an, ob ein dem Beamtenversorgungsrecht entsprechender Zahlungszweck des Dritten vorliege. Ein Wegfall der Bereicherung ergebe sich nicht daraus, dass der Kläger das von den Vereinten Nationen erhaltene Geld darlehensweise seinem Onkel überlassen habe. Die Zahlung der Unfallentschädigung habe unter dem ausdrücklichen Vorbehalt von Schadensersatzleistungen von anderer Seite gestanden, so dass der Kläger sich selbst bei einem Wegfall der Bereicherung aufgrund der verschärften Haftung nicht darauf berufen könne. Das zuviel gezahlte Waisengeld sei zwar wohl im Rahmen der allgemeinen Lebensführung verbraucht worden. Aufgrund des gesetzesimmanenten Vorbehalts, wonach Versorgungsbezüge immer unter dem Vorbehalt einer späteren Regelung bei rückwirkender Änderung der Einkommensverhältnisse stehen würden, sei ihm jedoch auch insoweit die Geltendmachung eines Wegfalls der Bereicherung verwehrt. Die getroffene Billigkeitsentscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rückforderung verstoße letztlich auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Es könne vom Dienstherrn nicht gefordert werden, einen Beamten über die versorgungsrechtlichen Anrechnungsregeln zu informieren.
18Am 2002 hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er ergänzend vorträgt: Das Verwaltungsgericht habe den Sinn und Zweck von § 46 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG verkannt. Nach der Begründung des Gesetzgebers für den gleichzeitig eingefügten § 89 des Soldatenversorgungsgesetzes habe ein mehrfacher Leistungsbezug wegen desselben Schadens verhindert werden sollen. Ein mehrfacher Leistungsbezug in diesem Sinne könne nur dann vorliegen, wenn die Leistungsträger mit ihren finanziellen Zuwendungen denselben Zweck verfolgen würden. Im Falle der Entschädigung der Vereinten Nationen bestimme aber der Beamte den Empfänger, so dass letztlich er es sei und nicht die Vereinten Nationen, der für eine zusätzliche Zahlung im Zusammenhang mit seinem Unfall sorge. Die Entschädigung habe daher nicht den Charakter einer Geldleistung "von anderer Seite" i.S.d. § 46 Abs. 4 BeamtVG. Im Übrigen würden auch die weiteren Anrechnungsvorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes ausnahmslos nur solche Leistungen erfassen, die denselben Charakter und dieselbe Intention hätten, nämlich die Versorgung des Leistungsempfängers. Die Unbilligkeit der Rückforderung ergebe sich zwingend aus seinen persönlichen Verhältnissen. Er sei auf das Geld angewiesen, um seine Ausbildung sowie den späteren Berufseinstieg zu finanzieren. Es sei auch unbillig, wenn durch die Anrechnung der Wille seines Vaters, eine mögliche Entschädigungsleistung allein ihm zukommen zu lassen, unterlaufen werde. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich sehr wohl, dass der Beamte auf die versorgungsrechtlichen Anrechnungsregelungen habe hingewiesen werden müssen. Dem habe das beklagte Land wohl mittlerweile Rechnung getragen, da alle in Bosnien-Herzegowina im Einsatz befindlichen Beamten die Gelegenheit bekommen hätten, ihre letztwilligen Verfügungen zu Gunsten unterhaltsberechtigter Angehöriger zu überdenken und gegebenenfalls zu korrigieren.
19Der Kläger beantragt,
20das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
21Das beklagte Land beantragt unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Entschädigung der Vereinten Nationen nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19 zumindest auch einen Versorgungszweck habe.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Rückforderung des erhöhten Waisengeldes sowie der einmaligen Unfallentschädigung hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
27Nach § 52 Abs. 2 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.
281.) Dem Kläger sind zuviel Versorgungsbezüge gezahlt worden. Die von den Vereinten Nationen an den Kläger gezahlte Entschädigung ("Kompensation") ist auf die einmalige Unfallentschädigung in Höhe von 75.000,- DM (§ 43 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) sowie auf das in den Monaten 19 bis 19 ausgezahlte erhöhte Waisengeld (§§ 37 Abs. 1, 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG) anzurechnen.
29Die Anrechnung ergibt sich aus § 46 Abs. 4 BeamtVG. Danach werden auf laufende und einmalige Geldleistungen, die nach dem Beamtenversorgungs-gesetz wegen eines Körper-, Sach- oder Vermögensschadens im Rahmen einer besonderen Verwendung im Sinne des § 58 a Abs. 1 und 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) gewährt werden, solche Geldleistungen angerechnet, die wegen desselben Schadens von anderer Seite erbracht werden (Satz 1). Hierzu gehören insbesondere Geldleistungen, die von Drittstaaten oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen gewährt oder veranlasst werden; ausgeschlossen ist die Anrechnung der Leistungen privater Schadensversicherungen, die auf Beiträgen der Beamten beruhen (Satz 2).
30a) Für die Auslegung der Vorschrift sind neben ihrem Wortlaut die Entstehungsgeschichte sowie ihre rechtssystematische Einordnung in das Beamtenversorgungsrecht von Bedeutung:
31Die Vorschrift ist durch Art. 3 Nr. 6 des Gesetzes über dienstrechtliche Regelungen für besondere Verwendungen im Ausland vom 28. Juli 1993 (BGBl. I S. 1394) in das Beamtenversorgungsgesetz eingefügt worden. Nach der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf (BR-Drs. 221/93, S. 20 [zu Nr. 6], 25 [zu Nr. 8]) soll durch die Anrechnung von Drittleistungen die Möglichkeit geschaffen werden, einen mehrfachen Leistungsbezug wegen desselben Schadens auszuschließen; Zuwendungen von privater Seite wie Spenden oder auf eigenen Beiträgen beruhende Versicherungsleistungen sollen nicht angerechnet werden. Der Gesetzgeber wollte damit grundsätzlich alle Drittleistungen erfassen, die wegen desselben Schadens (Leistungsgrund) erfolgen und nicht auf eigenen Beiträgen des Beamten beruhen. Demgegenüber ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Begründung des Gesetzgebers, dass ein bestimmter Leistungszweck Voraussetzung für eine Anrechnung sein soll.
32§ 46 Abs. 4 BeamtVG fügt sich mit dieser weiten, nicht auf den Leistungszweck abstellenden Auslegung in die Gesamtkonzeption der Beamtenversorgung ein. Das Beamtenversorgungsgesetz konkretisiert für den Bereich der Versorgung das in Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes verankerte Alimentationsprinzip. Danach hat der Beamte bzw. haben seine Hinterbliebenen einen Anspruch auf amtsangemessene Versorgung. Das Alimentationsprinzip belässt dem Dienstherrn allerdings einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Regelung der Versorgung im Einzelnen; er darf Versorgungsbezüge kürzen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint. So wird in ständiger Rechtsprechung
33- vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 -, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 76, 256, juris Rechtsprechung Nr. KVRE100698701; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 10. März 1987 - 2 C 21.85-, Deutsches Verwaltungsblatt 1987, 1155, juris Rechtsprechung Nr. WBRE101888704, mit weiteren Nachweisen -
34die Verfassungsmäßigkeit der Ruhensvorschriften (§§ 53 bis 56 BeamtVG) bejaht. Sinn und Zweck dieser Vorschriften ist es, die als Ganzes zu betrachtende öffentliche Hand nicht durch den Unterhalt für einen Beamten bzw. seine Hinterbliebenen doppelt zu belasten und die Überversorgung eines Beamten zu vermeiden. Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit weiteren Einkünften aus einer (anderen) Kasse der öffentlichen Hand die Versorgungsbezüge ungekürzt belassen werden müssen, besteht nicht. Gleiches gilt für die Anrechnung nach § 46 Abs. 4 BeamtVG. Die nach dieser Vorschrift anzurechnenden Leistungen von dritter Seite stammen letztlich ebenfalls aus öffentlichen Kassen und werden aufgrund eines Schadensereignisses geleistet, welches im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Beamten eingetreten ist. Sachlich gerechtfertigt ist diese Anrechnung auch deshalb, weil kein Grund dafür erkennbar ist, einem Beamten, der bei einer besonderen Verwendung nach § 58 a Abs. 1 und 2 BBesG einen Dienstunfall erleidet und deshalb nach § 46 a Satz 1 und 2 BeamtVG eine erhöhte laufende Versorgung (§ 37 BeamtVG) und eine einmalige Unfallentschädigung (§ 43 BeamtVG) erhält, besser zu stellen als einen Beamten, der im Inland einen Dienstunfall erleidet und daher grundsätzlich keine zusätzlichen Leistungen aus einer öffentlichen Kasse erhält (vgl. § 46 Abs. 1 und 2 BeamtVG).
35Soweit der Kläger auf eine anderslautende Rechtslage bei Leistungen der Landesversicherungsanstalten im Zusammenhang mit im Ausland erlittenen Unfällen von Versicherungsnehmern verweist, ist dies für die Auslegung des § 46 Abs. 4 BeamtVG ohne Bedeutung, weil es sich um außerhalb des Systems der beamtenrechtlichen Versorgung stehende Regelungen handelt.
36b) Die Vorschrift ist auf den Kläger anzuwenden:
37Die von Seiten der Vereinten Nationen an den Kläger ausgezahlte Entschädigung ist "wegen desselben Schadens" erbracht worden wie die von dem beklagten Land gewährten erhöhten Versorgungsbezüge. Nach § 83 der "UNMIBH Notes for the Guidance of UNCIVPOL on Assignment" zahlen die Vereinten Nationen im Falle des Todes eine Entschädigung. Leistungsgrund ist also ebenso wie bei den versorgungsrechtlichen Ansprüchen des Klägers der tödliche Unfall des Vaters während seines (dienstlichen) Einsatzes im Rahmen der Mission der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina. Im Übrigen hat die von den Vereinten Nationen geleistete Entschädigung auch Versorgungscharakter. Dies ergibt sich bereits aus der Höhe der Entschädigungssumme, die erkennbar nicht nur die unmittelbar durch einen Todesfall entstehenden Kosten abdecken, sondern in erster Linie der Lebensführung und dem Unterhalt des Berechtigten dienen soll. Insoweit teilt der Senat die von dem Auswärtigen Amt in seinem Schreiben vom 19 geäußerte Einschätzung. Der Versorgungscharakter fehlt auch nicht deshalb, weil der Vater des Klägers den Bezugsberechtigten selbst bestimmen konnte. Dieses Recht ändert nichts an dem Charakter der Leistung.
38Entgegen der Ansicht des Klägers wurde die Geldleistung auch "von anderer Seite" gewährt. Auch wenn dem Beamten - wie hier dem Vater des Klägers - die Möglichkeit gegeben worden ist, den Bezugsberechtigten selbst zu bestimmen, verbleibt es dabei, dass die Entschädigung von den Vereinten Nationen und nicht von dem Beamten finanziert und gewährt wurde.
392.) Der Rückforderung der zuviel gezahlten Versorgungsleistungen kann ein Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nicht entgegengehalten werden. Eine Bereicherung ist weggefallen, wenn sich weder der konkrete Bereicherungsgegenstand noch dessen Wert im Vermögen des Empfängers befinden. Zu diesem Zweck ist die Vermögenslage des Versorgungsempfängers im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zur Rückforderung mit der Vermögenslage bei Erhalt der zuviel gezahlten Bezüge zu vergleichen.
40Vgl. May in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: August 2003, Rn. 27 zu § 52 BeamtVG.
41Danach führte die mit Vertrag vom 19 , etwa einen Monat nach Auszahlung der Entschädigung durch die Vereinten Nationen, erfolgte Gewährung eines Darlehens in Höhe von 230.000,- DM an den Onkel des Klägers nicht zu einer Entreicherung, weil der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehenssumme zuzüglich der Zinsen hat und daher eine Minderung seines Vermögens nicht eingetreten ist.
42Ob demgegenüber hinsichtlich eines Teils des zuviel geleisteten Waisengelds von einem Verbrauch im Rahmen der allgemeinen Lebensführung und insoweit von einer Entreicherung auszugehen ist, kann dahingestellt bleiben. Die Festsetzung von Versorgungsbezügen steht nach ständiger Rechtsprechung
43- vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Mai 1997 -2 C 26.95-, Der Öffentliche Dienst 1997, 274, juris Rechtsprechung Nr. WBRE410003602, und vom 24. September 1992 - 2 C 18.91 -, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE), Band 91, 66, juris Rechtsprechung Nr. WBRE310552602; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 2. Dezember 1981 - 1 A 1315/80 -, Schütz/Maiwald, a. a. O., ES/C III 3.2 Nr. 1; May in: Schütz/Maiwald, a. a. O., Rn. 38 zu § 52 BeamtVG -
44jedenfalls unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt, dass bei einer Änderung der Sachlage eine Änderung der Bezüge eintreten kann. Dabei ist es unerheblich, ob dem Leistungsempfänger dieser Vorbehalt bekannt ist; er hat sich über die versorgungsrechtlichen Regelungen von sich aus zu informieren, so dass eine Kenntnis dieses Vorbehalts vorauszusetzen ist. Der Kläger haftet daher nach § 820 Abs. 1 Satz 2, § 818 Abs. 4 BGB verschärft.
453.) Das Landesamt hat auch eine den Anforderungen des § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG genügende Billigkeitsentscheidung getroffen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Entscheidung sachwidrige Erwägungen zugrunde gelegt oder abwägungsrelevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen worden sind. Dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
46Die konkreten Lebensverhältnisse des Klägers im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geboten es nicht, von einer (sofortigen) Rückforderung der zuviel gezahlten Versorgungsbezüge abzusehen. Der Kläger wäre ohne weiteres zur Zahlung des zurückgeforderten Betrages in Höhe von 81.862,76 DM in der Lage gewesen, wenn er nicht seinem Onkel in Kenntnis der anstehenden Rückforderung ein Darlehen in Höhe von 230.000,- DM gewährt hätte. Dass er durch die Gewährung des Darlehens möglicherweise einen finanziellen Engpass herbeigeführt hat, brauchte das Landesamt daher nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Mit den laufenden - nicht erhöhten - Versorgungsbezügen sowie dem ihm nach Rückzahlung verbleibenden Betrag der Entschädigung der Vereinten Nationen konnte er sein Studium finanzieren und auch seinen sonstigen Verpflichtungen nachkommen. Es ist nicht zwingend Sinn und Zweck von Versorgungsbezügen, dem Kind eines verstorbenen Beamten den optimalen Berufseinstieg durch Bereitstellung von Mitteln für einen Einkauf in eine ärztliche Praxis zu ermöglichen.
47Der Ansicht des Klägers, die Rückforderung bedeute deshalb eine unbillige Härte, weil hierdurch der Wille des Verstorbenen, die Entschädigung allein ihm zukommen zulassen, missachtet werde, kann nicht gefolgt werden. Sie ist bereits vom Ansatz her unzutreffend, weil von dem beklagten Land nicht die Zahlung eines Teils der Entschädigung, sondern die Rückzahlung von Versorgungsbezügen gefordert wird. Im Übrigen wird es der Regelfall sein, dass der verstorbene Beamte eine von dritter Seite geleistete Entschädigung im vollem Umfang seinen Hinterbliebenen zukommen lassen will. Die mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbundene Anrechnung nach § 46 Abs. 4 BeamtVG entspricht in keinem Fall den Interessen des Beamten und seiner Hinterbliebenen. Der Kläger wird daher weder härter getroffen als sonstige Hinterbliebene eines Beamten in vergleichbarer Situation noch handelt es sich um eine vom Gesetzgeber nicht erkannte atypische Situation. Zwar mag dies - so die Ansicht des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen - ein "höchst unbefriedigendes Ergebnis" sein, es entspricht jedoch dem Sinn und Zweck des § 46 Abs. 4 BeamtVG und kann daher eine Unbilligkeit nicht begründen.
48Eine Unbilligkeit ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Vater des Klägers die Möglichkeit hatte, statt des Klägers eine dritte Person zum Empfänger der Entschädigung zu bestimmen. Hätte er davon Gebrauch gemacht, wäre nämlich die Entschädigung nicht dem Kläger zugute gekommen. Jedenfalls wäre nicht sichergestellt gewesen, dass wenigstens im Ergebnis der Kläger in den Genuss der Entschädigung gelangt wäre. Eine zwischen dem Vater und der dritten Person geschlossene Vereinbarung des Inhalts, dass der Dritte verpflichtet gewesen wäre, die Entschädigung an den Kläger weiterzuleiten, wäre wohl bereits als Umgehungsgeschäft rechtlich unwirksam gewesen, jedenfalls hätte ein solches Geschäft an der Anwendung des § 46 Abs. 4 BeamtVG nichts geändert. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift wären im Übrigen auch dann erfüllt gewesen, wenn der Vater überhaupt keinen Bezugsberechtigten bestimmt hätte und die Entschädigung deshalb dem Kläger als Erben unmittelbar zugeflossen wäre. Auch dann hätten die Vereinten Nationen die Entschädigung dem Kläger erbracht.
49Für ein Mitverschulden des Landesamtes an der Überzahlung, welches in die Ermessensentscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG einzubeziehen wäre
50- vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 C 19.92 -, BVerwGE, Band 95, 94, juris Rechtsprechung Nr. WBRE310698602 -
51liegen keine Anhaltspunkte vor. Allein dem Kläger war, dies zeigt die Nachfrage seines Onkels beim Auswärtigen Amt, frühzeitig bekannt, dass er von den Vereinten Nationen möglicherweise noch Leistungen erhalten würde.
524.) Der Rückforderung kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass der Vater des Klägers vor seinem Einsatz im Rahmen der Mission der Vereinten Nationen von seinem Dienstherrn nicht über die Möglichkeit einer Anrechnung nach § 46 Abs. 4 BeamtVG aufgeklärt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
53- vgl. etwa Beschluss vom 27. September 2001 - 2 B 8.01 -, juris Rechtsprechung Nr. WBRE 410008989, und Urteil vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 -, BVerwGE 104, 55, juris Rechtsprechung Nr. WBRE410003089 -
54obliegt dem Dienstherrn kraft seiner Fürsorgepflicht nicht allgemein eine Pflicht zur Beratung des Beamten über alle von diesem zu beachtende Vorschriften, vor allem nicht, wenn die Kenntnis dieser Vorschriften bei jedem Beamten vorausgesetzt werden oder dieser sich die Kenntnisse unschwer selbst verschaffen kann. Nur ausnahmsweise lösen besondere Umstände eine Belehrungspflicht aus. Das mag dann der Fall sein, wenn sich die Notwendigkeit eines Hinweises an den Beamten so aufdrängt, dass der Dienstherr zur Erteilung eines Rates auch ohne eine ausdrückliche Bitte des Beamten verpflichtet ist
55Solche besonderen Umstände sind hier nicht erkennbar. Da er den Bezugsberechtigten einer im Falle des Todes zu zahlende Entschädigung vorab benannt hat, war dem Vater des Klägers bekannt, dass ein solcher Entschädigungsanspruch in Betracht kam. Es wäre ihm daher möglich und zumutbar gewesen, sich über die versorgungsrechtlichen Konsequenzen der Leistung einer Entschädigung durch die Vereinten Nationen vorab zu informieren. Eine Aufklärung über die Vorschrift des § 46 Abs. 4 BeamtVG ohne entsprechenden Anlass war nicht geboten. Die Tatsache, dass das Land nach dem Vortrag des Klägers nunmehr die in Betracht kommenden Beamten entsprechend aufklärt, zeigt lediglich, dass die zuständigen Stellen mittlerweile sensibilisiert sind, nicht aber, dass im Sommer 19 , vor dem Einsatz des Vaters des Klägers, besondere Umstände eine Belehrungspflicht ausgelöst haben. Abgesehen davon wäre eine Belehrung - wie der Kläger sie sich vorstellt - darauf hinausgelaufen, dem Vater die Umgehung einer gesetzlichen Regelung nahe zu legen.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
57Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes hierfür nicht gegeben sind.