Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Der inzwischen mit Wirkung vom 30. November 2001 wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzte Kläger stand - zuletzt als Justizvollzugshauptsekretär - im Justizvollzugsdienst des beklagten Landes.
3Am 5. November 1998 oblag es dem bei der Justizvollzugsanstalt Werl in der Baukolonne eingesetzten Kläger, als Fahrzeugbegleiter einen Lkw der Firma Henneke, welcher Streusalz anliefern sollte und über einen aufgesetzten Entladekran verfügte, zum Zementlager der Anstalt zu begleiten. Beim Durchfahren eines ca. 3 x 5 Meter großen Metalltores, über dem sich als Sturz ein Eisenträger mit aufgesetztem Mauerwerk befand, stieß der Lkw mit seinem Kranaufbau gegen den Torsturz. Infolge dessen fielen erhebliche Mengen des Mauerwerks zu Boden. Der Kläger, der das Tor aufgeschlossen und aufgeschoben hatte und darauf wartete, es nach der Durchfahrt des LKW wieder zu schließen, wurde - nach dem vergeblichen Versuch, auszuweichen bzw. sich zu schützen - mehrfach durch herabfallende Gesteinsbrocken und Ziegelsteine getroffen. Er erlitt hierdurch u. a. eine zweitgradige offene Unterschenkelfraktur und war in der Folgezeit bis zu seiner Zurruhesetzung als vorübergehend dienstunfähig eingestuft.
4In seiner Unfallmeldung vom 12. November 1998 stellte der Kläger das Unfallgeschehen im Einzelnen wie folgt dar:
5"Am 05.11.1998 gegen 7.50 Uhr nahm ich ein Fahrzeug der Firma Hennecke, das Streusalz geladen hatte, an der Südkanzel (Garagengebäude) in Empfang. Nach Rückfrage bei dem Kollegen Justizvollzugsobersekretär Craes sollte das Streusalz im Zementlager der Anstalt deponiert werden. Ich fuhr als Beifahrer mit dem Fahrzeug bis in den Vorhof, stieg dort aus, schloß das kleine Durchgangstor zum ehemaligen Schreinereihof auf und betrat den Hof. Danach entriegelte ich das große Tor zur Durchfahrt für den Lastwagen und schob es in Richtung des Kantinengebäudes. Ich stellte mich in der Nische zwischen Kantinengebäude und Tor, um anschließend nach der Durchfahrt des Fahrzeuges das Tor wieder ordnungsgemäß zu verschließen. Der Fahrer der Firma Hennecke setzte den LKW langsam in Bewegung und befand sich schon mit dem Führerhaus des Wagens im ehemaligen Schreinereihof, als ich plötzlich Knirschgeräusche wahrnahm und im gleichen Augenblick Steinbrocken auf mich fielen. Instinktiv versuchte ich meinen Kopf mit den Armen zu schützen und um mein Leben zu schützen und aus reiner Todesangst machte ich einen Schritt nach vorn. Von den herabstürzenden Mauerteilen, die durch den Bruch des Mauersturzes über dem Tor sich gelöst hatten, traf mich ein großer Steinbrocken zunächst in den Rücken, woraufhin ich bäuchlings zu Boden stürzte. Durch das herabfallende Mauerteil, das anschließend auf mein rechtes Bein fiel, erlitt ich einen offenen Schien- und Wadenbeinbruch. Aus den Augenwinkeln sah ich den großen Brocken auf dem Führerhaus des LKW liegen. Die Todesangst hatte ich weiterhin, da ich ja nicht wußte, ob der Brocken nicht doch noch abrutschen und evtl. mich noch treffen konnte. Ich war mit dem rechten Fuß eingeklemmt. Ich habe mich erst beruhigt nachdem die Kollegen Kirchhoff und Dümpelmann bei mir waren. Der Fahrer des LKW´s der unverletzt blieb, holte unverzüglich Hilfe herbei. Die durch den Bruch des Mauersturzes aufmerksam gewordenen Kollegen Dümpelmann und Kirchhoff kamen ebenfalls sofort zur Unfallstelle."
6Mit Bescheid vom 9. Dezember 1998 erkannte der Präsident des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe den in Rede stehenden Unfall des Klägers als Dienstunfall i.S.d. § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) an. Mit Bescheid vom 5. August 1999 gewährte er dem Kläger außerdem Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG.
7Unter dem 4. November 1999 beantragte der Kläger ab dem Unfalltag die Nach- und Weiterzahlung der Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten gemäß § 37 Abs. 4 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (a. F.).
8Mit Bescheid vom 1. Dezember 1999 lehnte der Leiter der Justizvollzugsanstalt Werl den Antrag mit folgender Begründung ab: Die Weitergewährung der Erschwerniszulage setze voraus, dass die Diensthandlung des Beamten mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden sei, die Gefährdung also weit über das normale Maß hinausgehe. Die besondere Lebensgefahr müsse dabei vor Eintritt des Unfallereignisses vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen seien in Bezug auf die vom Kläger an dem fraglichen Tag ausgeübte Tätigkeit eines Fahrzeugbegleiters nicht erfüllt.
9Zur Begründung seines Widerspruchs vom 27. Dezember 1999 führte der Kläger aus: Anders als für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gemäß § 37 Abs. 1 BeamtVG a. F. reiche es für die Gewährung einer Erschwerniszulage gemäß § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. aus, dass sich die besondere Lebensgefahr - wie vorliegend - erst während des Unfallereignisses realisiert habe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich der Beamte des Lebenseinsatzes bei der Ausübung der Diensthandlung gemäß § 37 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG a. F. nicht bewusst gewesen sein müsse.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2000 wies der Präsident des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Er führte aus: Die erforderliche besondere Gefahrensituation müsse sich aufgrund erkennbarer äußerer Umstände ergeben und mit der Diensthandlung als solcher verbunden sein. Daran fehle es hier, weil es zu dem Unfall allein aufgrund einer Fehleinschätzung des Lkw-Fahrers über die Höhe des Kranaufbaus an seinem Fahrzeug gekommen sei.
11Der Kläger hat am 12. Februar 2000 die vorliegende Klage erhoben.
12Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers,
13den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Leiters der Justizvollzugsanstalt Werl vom 1. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe vom 19. Januar 2000 zu verpflichten, ihm - dem Kläger - ab dem 5. November 1998 eine Erschwerniszulage gemäß § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. zu gewähren,
14durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Begleitung des Lkw´s der Firma Henneke am 5. November 1998 eine Dienstverrichtung dargestellt habe, der eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- und Gesundheitsgefährdung hinausgehende Gefahr zu eigen gewesen sei. Die tatsächlich eingetretene schwere Körperverletzung des Klägers habe auf einem so nicht kalkulierbaren Fehlverhalten eines Dritten, des Lkw-Führers, basiert. Dies habe in Bezug auf die Diensthandlung der Fahrzeugbegleitung einen atypischen Geschehensverlauf dargestellt. Eine Auslegung des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F., derzufolge es - wie der Kläger meint - ausreiche, dass die besondere Lebensgefahr sich erst im Zeitpunkt des Unfalls realisiere und diese Gefahr dabei nicht der Diensthandlung als solcher anhaften müsse, sei unter Berücksichtigung insbesondere von Wortlaut und Entstehungsgeschichte nicht möglich.
15Mit der vom Senat zugelassenen und fristgerecht begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die angefochtene Entscheidung sei schon deswegen rechtswidrig, weil es sich vorliegend um einen Verpflichtungsstreit handele, bei dem grundsätzlich das Recht zum Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Gerichts anzuwenden sei. Vor diesem Hintergrund hätte hier nicht an § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. angeknüpft, sondern auf § 4a der Erschwerniszulagenverordnung i.V.m. § 37 BeamtVG n. F. zurückgegriffen werden müssen. (Jedenfalls) Nach der neuen Fassung des § 37 Abs. 1 BeamtVG werde gerade nicht mehr gefordert, dass mit der Diensthandlung eine vorhersehbare und typische Lebensgefahr verbunden gewesen sein müsse. Es komme vielmehr ausschließlich darauf an, ob der Beamte objektiv einer solchen Lebensgefahr ausgesetzt gewesen sei. Dies sei vorliegend der Fall. Die ihm seinerzeit als Fahrzeugbegleiter obliegende Diensthandlung sei dabei als Gesamtgeschehen zu werten. Die besondere Lebensgefahr habe sich in diesem Zusammenhang aus der Tatsache ergeben, dass der Kranaufbau die Mauer eingerissen und dies den Kläger in eben jene Lebensgefahr gebracht habe. Auch allgemein gehöre es zu den Aufgaben eines Fahrzeugbegleiters, Einweisungen in schwierigen Fahrsituationen vorzunehmen, in denen der Fahrer des Lkw´s keinen Überblick über die Gesamtsituation habe, so dass ein besonderes Risiko für Leib und Leben bestehe. Nach dem Wortlaut der Vorschrift müsse die besondere Lebensgefahr schließlich auch nicht bereits vor Eintritt des Unfallereignisses vorgelegen haben. Es reiche vielmehr aus, wenn sich bei einer Diensthandlung eine besondere Lebensgefahr - wie und wann auch immer - realisiere.
16Der Kläger fasst seinen erstinstanzlichen Antrag (klarstellend) dahingehend neu, dass er beantragt,
17den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Leiters der Justizvollzugsanstalt Werl vom 1. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe vom 19. Januar 2000 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 5. November 1998 bis zum 30. November 2001 eine Erschwerniszulage zu gewähren.
18Der Kläger beantragt,
19das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem neu gefassten erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
20Der Beklagte beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Er trägt ergänzend vor: Der Auslegung des § 37 Abs. 1 BeamtVG (auch neuer Fassung) durch die Gegenseite sei zu widersprechen. So lägen die Voraussetzungen dieser Regelung nicht bereits vor, sofern ein Beamter einen Dienstunfall bei dem objektiven Vorliegen einer besonderen Lebensgefahr erleide. Der Beamte müsse sich dieser Gefahr vielmehr "ausgesetzt" haben. Darunter sei zu verstehen, dass er sich über die Gefahr im klaren gewesen sei und dennoch seine Diensthandlung fortgesetzt habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (ein Band Personalakten) Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
26Die Klage mit dem (lediglich zur Klarstellung) neu gefassten Antrag ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Weiterzahlung der Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten (§§ 3 ff. der Erschwerniszulagenverordnung - EZulV) im Anschluss an den am 5. November 1998 erlittenen Dienstunfall bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. November 2001.
27Über den geltend gemachten Anspruch ist in Anwendung der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des § 37 Abs. 4 BeamtVG (hier gekennzeichnet als "a. F.") zu entscheiden. Soweit es an besonderen Regelungen wie insbesondere sog. Übergangsvorschriften fehlt, bestimmt sich das auf ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis anzuwendende Recht danach, welche einschlägigen Vorschriften im Zeitpunkt des Entstehens der anspruchsbegründenden Umstände, jedenfalls aber noch während des Bestehens dieses Schuldverhältnisses galten. Vorliegend fiel nicht nur der Dienstunfall als solcher, sondern darüber hinaus auch der gesamte Anspruchszeitraum in die Zeit der Geltung der oben genannten Gesetzesfassung. Außerdem fehlt es an einschlägigen materiell-rechtlichen (Übergangs-)Vorschriften, welche generell oder aber mit Blick auf die konkret in Rede stehende Gesetzesänderung bestimmen, dass für derartige zurückliegende Zeiträume, selbst wenn über sie - wie hier - noch nicht rechtskräftig entschieden ist, das aktuelle, im vorliegenden Zusammenhang ab dem 1. Januar 2002 geltende Recht (§ 4a EZulV i.V.m. § 37 Abs. 1 BeamtVG n. F.) - welches überdies gegenüber § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. mit Blick auf dessen Satz 2 in der Sache keine wesentliche Änderung bewirkt hat - Anwendung finden müsste. Aus dem allenfalls in Betracht kommenden § 69 e BeamtVG ergibt sich nach der in dessen Absatz 1 enthaltenen Grundregel vielmehr gerade das Gegenteil. Der mit der Berufung hervorgehobene Umstand, dass hier eine Verpflichtungsklage Gegenstand des Verfahrens ist, führt jedenfalls nicht automatisch dazu, dass auch betreffend zurückliegende Anspruchszeiträume, wie sie hier in Rede stehen, das derzeit aktuell geltende Recht Anwendung finden müsste; vorrangig ist nämlich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt zunächst ausgehend vom materiellen Recht zu bestimmen.
28Vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rn. 220 ff. m.w.N.
29Der nach dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt in Betracht kommende Anspruchszeitraum endet hier - wie im neu gefassten Antrag berücksichtigt - spätestens mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit (30. November 2001). Denn eine Weiterzahlung der Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten ist - dies zudem unabhängig von der Anwendung alten oder neuen Rechts - im Gesetz allein für solche Zeiten vorgesehen, in denen der Beamte (nur) vorübergehend dienstunfähig ist. Dazu, ob dies überhaupt diejenigen Fälle mit erfasst, in denen sich - wie hier - an die vorübergehende Dienstunfähigkeit unmittelbar die dauernde Dienstunfähigkeit angeschlossen hat, ohne dass der Beamte wieder Dienst leistete, braucht der Senat - wie schon das Verwaltungsgericht - nicht Stellung zu nehmen.
30Vgl. dazu - dies mit beachtlichen Gründen bejahend - aber etwa VG Aachen, Urteil vom 10. Oktober 1996 - 1 K 7351/93 -; ferner zu der Problematik Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 37 Rn. 19.
31Nach dem somit als mögliche Grundlage des im Streit befindlichen Anspruchs allein in Betracht kommenden § 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG a. F. erstreckt sich bei einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit u. a. von Beamten des Vollzugsdienstes - zu denen der Kläger zählt - infolge eines Unfalls im Sinne der Absätze 1 bis 3 die Weitergewährung der Dienstbezüge auf die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten nach der Erschwerniszulagenverordnung. Nach dem anschließenden Satz 2 des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. gilt dies allerdings auch dann, wenn der Beamte sich des Lebenseinsatzes im Sinne des Absatzes 1 bei Ausübung der Diensthandlung nicht bewusst war. § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. enthält insofern sowohl anspruchsbegrenzende (Beschränkung auf bestimmte Beamtengruppen im Wege vorabschichtender Gefährlichkeitsprognose des Dienstes) als auch anspruchserweiternde (Verzicht auf das subjektive Tatbestandmerkmal des Bewusstseins der qualifizierten Gefährlichkeit des Einsatzes) Elemente.
32Vorliegend fehlt es - auch bei Einbeziehung der durch den Satz 2 des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. normierten Besonderheiten - (schon) am Vorliegen der objektiven Voraussetzungen eines sog. qualifizierten Dienstunfalls im Sinne der Absätze 1 bis 3 des § 37 BeamtVG a. F. Der Kläger hat hier - allein dies ist in Ermangelung eines "Angriffs" i.S. des Absatzes 2 zwischen den Beteiligten ernsthaft streitig - insbesondere keinen Dienstunfall i.S.d. § 37 Abs. 1 BeamtVG a. F. (unter Berücksichtigung der im Rahmen des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. geltenden Modifizierungen) erlitten. Der Dienstunfall ereignete sich nämlich nicht bei Ausübung einer solchen Diensthandlung, mit der für den Kläger eine besondere Lebensgefahr verbunden war. Die Frage, ob es zudem nötig gewesen wäre, dass er (objektiv) sein Leben "eingesetzt" hätte, muss dabei nicht zusätzlich beantwortet werden.
33Es reicht in diesem Zusammenhang nicht, dass der Beamte bei Ausübung seines Dienstes in Lebensgefahr gerät bzw. geraten ist. Hätte der Gesetzgeber dies gemeint, so hätte er ohne weiteres eine entsprechende Formulierung wählen können. Statt dessen hat er die erforderliche Lebensgefahr funktional mit einer bestimmten Diensthandlung verknüpft. Zudem reicht nicht jede beliebige Lebensgefahr, sondern diese muss eine "besondere" sein.
34Diese besondere Lebensgefahr, wie sie - zugleich in ihrer spezifischen Verknüpfung mit der Diensthandlung - in § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nicht nur in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, sondern auch nach neuer Rechtslage nach wie vor als objektives Tatbestandsmerkmal für den sog. "qualifizierten" Dienstunfall - schon nach dem Wortlaut eindeutig - gefordert wird und über die Inbezugnahme in § 37 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG a. F. (jetzt: § 4 a Abs. 1 Satz 1 EZulV) zugleich Maßstab für die Weitergewährung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten ist, setzt deutlich mehr voraus als eine gewisse allgemeine Gefährlichkeit des jeweiligen Dienstes. Es müssen vielmehr solche gravierenden, gefahrerhöhenden Umstände bestehen, welche die Gefährdung weit über das "normale" Maß hinaus reichen lassen; der Verlust des Lebens muss wahrscheinlich bzw. sehr naheliegend sein oder unmittelbar bevorstehend erscheinen.
35Vgl. etwa Hessischer VGH, Urteil vom 5. November 1986 - I OE 72/82 -, ZBR 1987, 215; Fürst u.a., GKÖD, O § 37 Rn. 8.
36Das objektive Tatbestandsmerkmal, demzufolge die Diensthandlung mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden sein muss, kann dabei allerdings in verschiedenen Fallkonstellationen erfüllt sein. Zunächst werden zweifellos diejenigen Tätigkeiten erfasst, welche bereits allgemein, d. h. bei "normaler" Dienstverrichtung besonders gefahrgeneigt (i.S.v. mit Lebensgefahr verbunden) sind. Hierzu zählen beispielsweise die Verfolgung eines gefährlichen bewaffneten Verbrechers, die Entschärfung eines Sprengkörpers oder Rettungsmaßnahmen zur Befreiung von durch Feuer eingeschlossenen Personen.
37Vgl. hierzu Fürst u.a., GKÖD, O § 37 Rn. 8; Schütz/Maiwald, BeamtR, Teil D, § 37 BeamtVG Rn. 15.
38Darüber hinaus sind in das genannte Tatbestandsmerkmal aber auch solche dienstlichen Tätigkeiten - hier der in § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. speziell bezeichneten Beamtengruppen - einzubeziehen, welchen nicht schon generell als solche, sondern (nur) in dem betreffenden Einzelfall aufgrund dort aufgetretener besonderer - gefahrerhöhender - Umstände bei einer Gesamtschau das Potential der Lebensgefährlichkeit zuzubilligen ist. Als Beispielsfall genannt sei in diesem Zusammenhang etwa ein (als solcher im Regelfall noch nicht als besonders lebensgefährlich einzustufender) Fallschirmabsprung, wenn er in der Form des Mannschaftsspringens und bei widrigen Witterungsverhältnissen stattfindet.
39Vgl. dazu Senatsurteil vom 2. Oktober 2002 - 1 A 4954/00 -; allgemein auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 2 A 13507/96 -, DVBl. 1998, 1091.
40Schließlich muss die besondere Lebensgefahr der Diensthandlung nicht stets und notwendigerweise von Anfang an anhaften; sie kann vielmehr im Einzelfall auch erst durch eine - zu Beginn der Diensthandlung noch unerwartete - Veränderung der Verhältnisse eintreten bzw. den nötigen Ausprägungsgrad erhalten.
41Vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 2002 - 1 A 4954/00 - betreffend den Fall der Einleitung eines weiter gefahrerhöhenden Flugmanövers während eines Fallschirmabsprungs, um größeres Unheil - dort den Zusammenstoß mit einem Kameraden - zu verhindern; allgemein auch OVG NRW, Urteile vom 26. Oktober 1995 - 12 A 4049/93 - und vom 4, Dezember 1990 - 12 A 841/88 -.
42Gerade mit Blick auf diese Fallgruppe bedarf es allerdings, um Missverständnissen vorzubeugen, der nachfolgenden Klarstellung und Präzisierung: In allen von § 37 Abs. 1 BeamtVG (a. F.) schon nach dem objektiven Tatbestand erfassten Fällen - und deshalb auch für die zuletzt angesprochene Fallgruppe - muss ausgehend von einer typisierenden Gesamtbetrachtung aller im Unfallzeitpunkt vorliegenden äußeren, ggf. gefahrerhöhenden Umstände die erforderliche besondere Lebensgefahr gewissermaßen vorausschauend - und nur in diesem Sinne bereits "vor" dem Eintritt des Unfallereignisses (in seinem konkreten Verlauf) -
43vgl. dazu auch Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, § 37 Erl. 2;
44vorhanden und feststellbar (gewesen) sein. Außerdem muss die Gefahr auch in der Weise, in der sie sich letztlich realisiert hat, mit einer Diensthandlung des Beamten verknüpft gewesen sein, sei es dass das plötzliche Auftreten und die weitere Entwicklung der Gefahr der in Rede stehenden Diensthandlung von vornherein typischerweise anhafteten, sei es dass die gefahrerhöhenden Umstände zwar eher unvorhergesehen auftraten, dann aber die Fortführung der Diensthandlung wesentlich mitgeprägt haben (z. B. bei einer besonderen "Rettungstat" wie etwa dem Abbremsmanöver des Lokomotivführers vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis oder dem Ziehen der Reißleine durch einen Fallschirmspringer zwecks Vermeidung eines plötzlich drohenden Zusammenstoßes). Ansonsten könnte nämlich praktisch jeder Fall, der - sei es auch bei einer ex ante-Betrachtung völlig unvorhersehbar und ohne weiteres Zutun des Betroffenen - letztlich zum Tod eines Beamten während einer Dienstverrichtung geführt bzw. den Beamten in eine lebensbedrohliche Situation gebracht hat, unter den objektiven Tatbestand des § 37 Abs. 1 BeamtVG subsumiert werden, und zwar auch dann, wenn sich in dem Unfall und seinen Folgen keine gerade in dem betreffenden dienstlichen Zusammenhang typischerweise bestehende Lebensgefahr, sondern nur ein latent generell bestehendes (weiter gehendes) Risiko realisiert hat. Eine derartige Ausdehnung des Normbereichs bezweckt die Regelung über den sog. "qualifizierten" Dienstunfall aber gerade nicht.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Januar 1991 - 12 A 2008/88 -, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C II 3.5 Nr. 2; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. Januar 1993 - 5 L 2634/91 - OVGE 43, 374; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Bundesbeamtengesetz mit BeamtVG, § 37 BeamtVG Rn. 7.
46Unbeschadet des Gebots der vollständigen Einbeziehung der Umstände des Einzelfalls hat vielmehr - auch in Fällen während einer Diensthandlung unvermutet hinzutretender weiterer Umstände bzw. Eingriffe Dritter in den Kausalverlauf - im Grunde eine typisierende und (konkret-funktional) wertende - sowie in diesem Sinne zugleich eingrenzende - Betrachtung zu erfolgen, um daraus auf die jeweils bestehende Gefährdungslage und ihren Ausprägungsgrad zu schließen.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 1993 - 2 B 67/93 -; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 37 BeamtVG Rn. 7 und 7 a.
48Ausgehend von diesen Grundsätzen war die vom Kläger am Morgen des 5. November 1998 ausgeführte Diensthandlung nicht mit einer "besonderen Lebensgefahr" verbunden. Es lässt sich zunächst nicht feststellen, dass das Einweisen des Lkw-Führers einer anliefernden Firma auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt allgemein mit "besonderen" Gefahren verbunden wäre, geschweige denn mit solchen, welche - bei einem grundsätzlich vorauszusetzenden sorgfältigen Handeln aller an dem Vorgang Beteiligten - die einweisende Person im dienstlichen Zusammenhang typischerweise in eine lebensgefährliche Situation bringen würden. In den äußeren Umständen gerade des hier zu entscheidenden Einzelfalls gründende gefahrerhöhende Besonderheiten, die bei einer wertenden Typisierung ein entsprechend hohes Gefährdungspotential rechtfertigen könnten, haben ebenfalls nicht vorgelegen. Der in Rede stehende Dienstunfall des Klägers ereignete sich konkret bei der Fahrt des Lkw durch eine - vom Kläger zuvor geöffnete - Tordurchfahrt, die zu diesem Zweck bestimmungsgemäß genutzt wurde und als solche keine festgestellten baulichen Mängel aufwies. Objektiv gefahrerhöhend wirkte sich in dem konkreten Fall zwar aus, dass der Lkw über einen Kranaufbau verfügte und - wie sich bei dem Unfall zeigte - die Durchfahrtshöhe des Tores für diesen Aufbau nicht ausreichte. Diese äußeren Umstände waren für sich genommen indes keineswegs so gravierend und außergewöhnlich, dass sie schon als solche die einweisende Person objektiv mit einer das übliche Gesundheits- und Lebensrisiko beachtlich übersteigenden (Lebens-)Gefahr konfrontierten. "Kritisch" im Sinne des Hinzutretens lebensbedrohender Umstände wurde die Situation letztlich erst und - bei wertender Gewichtung - auch ausschlaggebend durch ein objektiv so nicht zu erwartendes Fehlverhalten eines Dritten, nämlich die Fehleinschätzung des Lkw- Führers über die Höhe seines Kranaufbaus (im Verhältnis zur Durchfahrtshöhe des Tores). Maßgeblich aufgrund dieser Fehleinschätzung - und damit zugleich für die dem Kläger obliegende Diensttätigkeit völlig unerwartet - kam es dann hier zu dem Mauerwerkseinsturz im Bereich des Torsturzes, an welcher Stelle sich der Kläger zu dem fraglichen Zeitpunkt aufhielt. Letzterer hatte dabei überhaupt keine Zeit und Gelegenheit mehr, in Fortsetzung seiner Diensthandlung die Geschehnisse aufzuhalten oder in eine andere Richtung zu lenken. Völlig überrascht konnte er vielmehr allein noch versuchen, den auf ihn herabfallenden Gesteinsbrocken, soweit es ging, auszuweichen sowie wichtige Körperteile wie seinen Kopf zu schützen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch grundlegend von dem durch den erkennenden Senat bereits entschiedenen Fall eines Fallschirmspringers, der während eines dienstlichen Absprungs in Ansehung veränderter Umstände zur Abwendung weiteren Schadens eine neuerliche Diensthandlung (riskantes Flugmanöver) vornahm, die ihrerseits einer eigenständigen Bewertung in Richtung auf das Merkmal "besondere Lebensgefahr" zugänglich war.
49Vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 2002 - 1 A 4954/00 -.
50Anders als dort hat es sich hier zudem um einen in Bezug auf die konkret vorliegenden äußeren Umstände der Diensthandlung atypischen und insofern für den Kläger bei vorausschauender Betrachtung völlig unerwarteten Geschehensverlauf gehandelt. Es lag nach alledem ein maßgeblich auf dem unkalkulierbaren Fehlverhalten eines Dritten basierender tragischer Unglücksfall vor, wie er unter diesen Umständen vom objektiven Tatbestand des § 37 Abs. 1 BeamtVG a. F. nicht miterfasst wird.
51Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der objektive Tatbestand des § 37 Abs. 1 BeamtVG a. F. sei im Rahmen der Prüfung des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F., um die es hier letztlich geht, nicht vollständig bzw. inhaltsgleich zugrunde zu legen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Senat nimmt in diesem Zusammenhang zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zur Auslegung des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. Bezug (vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Dem Berufungsvorbringen sind hierzu keine durchgreifenden neuen Gesichtspunkte zu entnehmen, zumal dort - der Rechtslage nicht entsprechend - nunmehr maßgeblich an die ab dem 1. Januar 2002 geltende Fassung des Gesetzes angeknüpft wird. Dass namentlich nicht alle - bereits als Beamtengruppe erhöht gefährdeten - Justizvollzugsbeamten und Feuerwehrleute bei einem im Dienst erlittenen Unfall automatisch in den Genuss der Weiterzahlung der Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten kommen sollten, machte übrigens nicht nur die Fassung des § 37 Abs. 4 BeamtVG a. F. durch die weiter eingrenzende Inbezugnahme der Absätze 1 bis 3 der Vorschrift unzweifelhaft deutlich, sondern hat sich auch nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht geändert.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 2, 711 Satz 1 ZPO.
53Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).
54