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Die Berufungen werden auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Verfahren 6 A 4069/92 über die Erstattung von Heilverfahrenskosten, die im Zeitraum Dezember 1988 bis Oktober 1989 entstanden sind und von der Klägerin auf einen Dienstunfall vom 22. Oktober 1986 zurückgeführt werden. Im Verfahren 6 A 4067/92 begehrt die Klägerin aus diesem Anlass einen Unfallausgleich.
3Die am 27. April 1941 geborene Klägerin stand als Konrektorin im Dienst des beklagten Landes. Sie wurde - nach erfolglosem Widerspruch - mit Ablauf des 31. August 1991 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
4Am 14. März 1979 erlitt die Klägerin einen Auffahrunfall; dem war ein vergleichbarer Unfall vorausgegangen. Die Klägerin klagte anlässlich einer amtsärztlichen Untersuchung im Januar 1980 über anhaltende Beschwerden. Der Beklagte erkannte einen Dienstunfall mit der Unfallfolge "Cervical-Neuralgie infolge Schleudertrauma der Halswirbelsäule und Intercostal-Neuralgie infolge Thoraxprellung" an. Am 22. Juni 1984 war die Klägerin in einen weiteren Auffahrunfall verwickelt. Der Beklagte erkannte ein "HWS-Schleudertrauma" als Unfallfolge an. Die Heilbehandlung war ohne erwerbsmindernde Folgen abgeschlossen, als die Klägerin am 22. Oktober 1986 von einem weiteren Auffahrunfall betroffen wurde. Der Beklagte erkannte das Unfallereignis als Dienstunfall mit der Folge "HWS-Schleudertrauma" an. In der Folgezeit legte die Klägerin bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand Dienstunfähigkeitsbescheinigungen der behandelnden Ärzte vor.
5Da sich die Klägerin vor dem letzten Dienstunfall um ein Beförderungsamt beworben hatte, veranlasste der Beklagte eine amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt des Kreises R. . In seinem Gutachten vom 18. Dezember 1987 schlug der Amtsarzt (Dr. S. ) ein fachneurologisches Zusatzgutachten vor. In ihrem Gutachten vom 8. April 1988 gelangten Privatdozent Dr. H. und Dr. Rüber von der Klinik und Poliklinik für Neurologie der W. W. -Universität M. zu der Auffassung, neurologischerseits bestünden keine Auffälligkeiten, die das Beschwerdebild der Klägerin erklären könnten. Neurologischerseits sei die Dienstfähigkeit erhalten und bestünden auch keine Bedenken gegen eine Position als Schulleiterin. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit liege auf diesem Gebiet nicht vor. Diagnostisch sei von einem Zustand nach HWS-Schleudertrauma auszugehen. Die unauffälligen neurologischen Befunde könnten das Beschwerdebild nicht erklären, aber auch nicht in Frage stellen. Bei der Klägerin liege sicherlich ein erheblicher Leidensdruck vor. Um eine weitere Klärung zu ermöglichen, schlugen die Gutachter ein orthopädisches Zusatzgutachten vor. Für den Fall, dass dabei keine befriedigende Erklärung für das Beschwerdebild gefunden werde, werde die Durchführung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens vorgeschlagen.
6Alsdann erstatteten Prof. Dr. S. und Dr. D. , Klinik und Poliklinik für Allgemeine Orthopädie der W. W. -Universität, ein orthopädisches Gutachten vom 11. April 1989. Die von der Klägerin angeführten Beschwerden seien auf orthopädischem Gebiet nicht zu erklären. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin dienstfähig und nicht in der Erwerbsfähigkeit gemindert. Das wesentliche Problem der Klägerin liege nicht im organischen, sondern im seelischen Bereich. Es dränge sich der Verdacht auf das Krankheitsbild einer Hysterie auf. Dieser Verdacht sollte durch ein psychiatrisches Gutachten geklärt werden.
7Die Klägerin unterzog sich einer psychiatrischen Begutachtung durch Prof. Dr. R. und Dr. W. von der Klinik für Psychiatrie der W. W. - Universität. In dem Gutachten vom 15. August 1989 führten die Gutachter aus, angesichts einer Diskrepanz zwischen der Beschwerdeschilderung und den organischen Befunden und der Hinweise im psychischen Befund sei von einer psychosomatischen Störung auszugehen, die sich auf das HWS-Schleudertrauma von 1986 "aufgepfropft" habe. Die bislang rein somatisch orientierte Diagnostik und Therapie sei wahrscheinlich einer Fixierung dieser Störung förderlich gewesen, während eine gleichzeitige psychotherapeutische Behandlung der Organfixierung entgegenwirken könnte. Aus psychiatrischer Sicht liege zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Dienstunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vor.
8Das Gesundheitsamt beim Kreis R. (Dr. N. ) nahm unter dem 4. Oktober 1989 dahingehend Stellung, das umfangreiche psychiatrische Gutachten lasse in seiner Beurteilung wesentliche Fragen der Krankheitsumstände offen. Das Gutachten schließe zwar in seiner Beurteilung das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung aus - worunter der Gutachter Erkrankungen in einem ganz engen Sinne verstehe - weise aber deutlich darauf hin, dass mittlerweile eine Störung im funktionellen, psychosomatischen Bereich als Hauptursache der Erkrankung vorliegen müsse. Dieser entscheidende Punkt werde in dem Gutachten nicht mehr erklärt. Auch finde diese Störung als wesentlicher Krankheitsumstand in der Beurteilung keine entsprechende Erwähnung und Gewichtung. Die Amtsärztin hielt eine ergänzende Begutachtung durch den sozial-psychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes für erforderlich, um diese Fragen zu klären.
9Unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des Arztes für Psychiatrie Dr. C. vom 15. November 1989 äußerte sich Frau Dr. N. unter dem 4. Dezember 1989 abschließend dahin, es handele sich um einen anhaltenden schweren multifaktoriell bedingten Erschöpfungszustand der körperlich-seelischen und geistigen Kräfte, der nicht durch den Dienstunfall vom 22. Oktober 1986 ursächlich bedingt sei. Eine durch den Dienstunfall verursachte Erwerbsminderung liege nicht vor. In der Begründung bezeichnete die Amtsärztin die eingeholten Gutachten als in den wesentlichen Punkten hinreichend erschöpfend und schlüssig. Die psychosomatisch- psychotherapeutische Begutachtung habe hinsichtlich der Krankheitsentstehung keine zusätzlichen Erkenntnisse erbringen können. An normabweichenden somatischen Befunden seien neben einer deutlichen Übergewichtigkeit und einer grenzwertigen Blutdruckerhöhung eine Muskelverhärtung im Schulter-Nackenbereich sowie eine Klopfschmerzangabe der Halswirbelsäule anzuführen. Das vielschichtige Beschwerdebild und die daraus resultierende Leistungsschwäche lasse sich durch die genannten Auffälligkeiten im somatischen Bereich nicht erklären. Das jetzige komplexe Beschwerdebild gehe über die Symptomatik eines unfallbedingten Schleudertraumas der Halswirbelsäule mit etwaigen fraglichen Nach- oder Spätfolgen deutlich hinaus. Bei der Krankheitsentstehung spielten neben somatischen vor allem auch psychische Faktoren eine große Rolle. Wenn sich auch der komplexe langwierige Krankheitsprozess in seiner Entstehung auf Grund multifaktorieller Bedingungen nicht mehr genau differenzieren lasse, stehe doch fest, dass die Klägerin an einem Beschwerdebild leide, welches zweifelsfrei Krankheitswert besitze. Die Klägerin sei wegen weitgreifender gesundheitlicher Störungen dienstunfähig. Hinsichtlich der Frage, wann die Behandlung der beim Unfall erlittenen Verletzungen hätte abgeschlossen sein müssen, empfahl die Amtsärztin, eine Stellungnahme der orthopädischen Universitätsklinik M. einzuholen.
10Die Klägerin gab unter dem 28. Oktober 1989 eine umfangreiche Stellungnahme zum amtsärztlichen Gutachten vom 18. Dezember 1987 und zu den Gutachten der Universitätsklinik M. ab. Ferner stellte sie den im Verfahren 6 A 4069/92 streitigen Antrag auf Kostenerstattung. Diesen Antrag lehnte der Regierungspräsident M. durch Bescheid vom 12. Dezember 1989 ab. Da die Dienstunfähigkeit nicht ursächlich auf den erlittenen Dienstunfall zurückgeführt werden könne, seien die Heilbehandlungskosten nicht unfallbedingt. Aus diesem Grund lehnte der Regierungspräsident M. mit weiterem Bescheid vom 12. Dezember 1989, der im Verfahren 6 A 4067/92 streitig ist, die - mit Schreiben der Klägerin vom 29. Dezember 1987 beantragte - Gewährung von Unfallausgleich ab.
11Mit ihrem Widerspruch wiederholte die Klägerin ihre Stellungnahme vom 28. Oktober 1989: Die eingeholten Gutachten seien widersprüchlich und auch sonst unzulänglich. Die behandelnden Ärzte - Prof. Dr. von W. und Dr. P. - hätten eine schmerzhafte Blockierung des Kopfes bei Seitwärtsneigung nach rechts und eine schmerzhafte Verhärtung der Nackenmuskulatur festgestellt. Schon Prof. Dr. von W. habe erwähnt, das verschleppte HWS-Schleudertrauma könne zu langwierigen Beschwerden führen. Diese Auffassung werde durch die medizinische Fachliteratur bestätigt.
12Nachdem Prof. Dr. P. (an Stelle von Prof. Dr. S. ) und Dr. D. bei der Klinik und Poliklinik für Allgemeine Orthopädie mitgeteilt hatten, dass die Klägerin aus orthopädischer Sicht höchstens einige Tage dienstunfähig erkrankt gewesen sei, im Übrigen aber eine psychosomatische Störung vorliege, wies der Regierungspräsident M. den Widerspruch gegen die Versagung von Heilbehandlungskosten durch Bescheid vom 14. September 1990 - zugestellt am 19. September 1990 - zurück. Des gleichen erging unter dem 17. September 1990 ein Widerspruchsbescheid bezüglich der Versagung von Unfallausgleich.
13Die Klägerin hat in beiden Verfahren am 17. Oktober 1990 Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, Dr. S. , Chefarzt der Klinik für manuelle Therapie in H. , in dessen Behandlung sie stehe, könne bestätigen, dass die Behandlung Folge des Dienstunfalls sei.
14Die Klägerin hat die Anträge gestellt,
15im Verfahren 6 A 4069/92 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidenten M. vom 12. Dezember 1989 und dessen Widerspruchsbescheides vom 14. September 1990 zu verpflichten, ihr die mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1989 geltend gemachten Heilbehandlungskosten in Höhe von 4.315,08 DM abzüglich eines Beihilfebetrages von 1.856,-- DM zu erstatten;
16im Verfahren 6 A 4067/92 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidenten M. vom 12. Dezember 1989 und dessen Widerspruchsbescheides vom 17. September 1990 zu verpflichten, ihr mit Wirkung vom 22. Oktober 1986 einen Unfallausgleich gemäß § 35 Abs. 1 BeamtVG unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 vom Hundert zu gewähren.
17Der Beklagte hat auf die Begründung der Bescheide Bezug genommen und jeweils beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Das Verwaltungsgericht hat durch die angefochtenen Urteile die Klagen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die eingeholten Gutachten ließen den Schluss zu, dass die ab Ende Oktober 1988 entstandenen Aufwendungen nicht mehr dienstunfallbedingt seien. Zweifel am erforderlichen Kausal- und Zurechnungszusammenhang gingen zu Lasten der Klägerin. Daher stehe ihr auch ein Unfallausgleich nicht zu.
20Die Klägerin hat gegen die am 20. November 1992 zugestellten Urteile jeweils am 16. Dezember 1992 Berufung eingelegt. Sie rügt, die Anforderungen an den Nachweis der Kausalität seien überspannt worden. Sie sei bis zum Unfalltag beschwerdefrei gewesen und habe anstandslos ihren Dienst versehen. Die Amtsärztin könne weder Zeitpunkt noch Ursache für den Erschöpfungszustand der körperlich- seelischen und geistigen Kräfte benennen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Amtsärztin zu einer abschließenden Wertung habe gelangen können, obwohl sie zunächst wesentliche Fragen im psychiatrischen Gutachten als offen angesehen habe. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit Widersprüchen in den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten auseinander gesetzt, insbesondere damit, dass ein lokaler Muskelhartspann als objektivierbarer Befund vorliege. Zu diesem Krankheitsbild verhalte sich ein interdisziplinäres Konsenspapier der Fachklinik E. . Die Klägerin verweist unter anderem auf eine gutachterliche Stellungnahme des Dr. W. vom 15. März 1993, wonach wesentliche Bestandteile der Symptomatik in geradezu lehrbuchartiger Weise der Pathophysiologie entsprächen, wie sie durch eine Traumatisierung und durch eine chronifizierte Dysfunktion des Kopfgelenkbereichs ausgelöst oder unterhalten werde. Es bestehe Aufklärungsbedarf, warum die Gutachter der Universitätsklinik M. dieses klinische Bild, das seit mindestens 30 Jahren in der Literatur seinen Niederschlag gefunden habe, nicht in ihr diagnostisches und gutachterliches Spektrum einbezogen hätten. Dr. W. gehe in dieser wie in seiner Stellungnahme vom 5. Juli 2002 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass das Unfallgeschehen alleinige Ursache der seither bestehenden Beschwerden und Ausfälle sei. Die Klägerin nimmt ferner in Bezug eine Äußerung der HNO-Ärztin Dr. C. vom 25. Januar 1993. Danach hätten die durchgeführten Untersuchungen eine multisensorische neurootologische Funktionsstörung ergeben. Diese beinhalte eine kombinierte periphere und zentrale Gleichgewichtsfunktionsstörung mit verstärkter Hirnstammtaumeligkeit, mit einer bedeutenden zentralen Komponente im Sinne einer labilen Hirnstammenthemmung auf Vestibularisreize, einer Hochtonschwerhörigkeit und einer supratentoriellen Hörbahnverlangsamung. Schließlich verweist die Klägerin auf die Arztberichte des Radiologen Dr. V. vom 17. Dezember 1993, bei dem sie sich einer Magnet-Resonanz-Tomographie des Neurocraniums sowie der Halswirbelsäule unterzogen habe. Dr. V. habe insbesondere eine Bandscheibenprotrusion im Segment HWK5/6 mit deutlich sichtbarem Kompressionseffekt festgestellt. Andere Wirbelkörpersegmente wiesen diese Veränderung nicht auf, so dass Verschleiß als Ursache für diese Veränderung ausgeschlossen werden könne. Dieser Arztbericht zeige auch die verstärkten Ausfallerscheinungen der Klägerin auf, die durch die Kopfstellungen bei den Funktionsaufnahmen provoziert würden. Hierdurch sei der Beweis für die Ursächlichkeit des Dienstunfalles erbracht. Zum Beweis dafür, dass die mit der Klage geltend gemachten Heilbehandlungskosten unfallursächlich gewesen seien, beruft sich die Klägerin auch auf das Gutachten des Neurootologen Prof. Dr. C. .
21Die Klägerin beantragt,
22im Verfahren 6 A 4067/92 das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidenten M. vom 12. Dezember 1989 und dessen Widerspruchsbescheides vom 17. September 1990 zu verpflichten, der Klägerin mit Wirkung vom 22. Oktober 1986 einen Unfallausgleich gemäß § 35 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 % zu gewähren;
23im Verfahren 6 A 4069/92 das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
24Das beklagte Land beantragt in beiden Verfahren,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Der Senat hat über die Frage, ob die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen (Blatt 39 bis 59 GA) im Zusammenhang mit gesundheitlichen Beschwerden stehen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Folge des am 22. Oktober 1986 erlittenen Dienstunfalls ("HWS-Schleudertrauma") sind, Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen (Haupt-)Gutachtens von Prof. Dr. L. , Direktor der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der Universität E. . Als Zusatzgutachter wurden bestellt Prof. Dr. J. , Direktor der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und Poliklinik der Universität E. , der Diplom-Psychologe Dr. W. ebenfalls von der Universität E. sowie Prof. Dr. Keidel, seinerzeit Privatdozent und Oberarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik der Universität E. .
27Prof. Dr. J. gelangte in seinem Gutachten vom 24. April 1996 zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet eine altersentsprechende geringe Hochtonschwerhörigkeit beidseits sowie ein minimaler, bei Kopfdrehung auftretender Tinitus rechts. Es bestehe keine MdE. Hinsichtlich der Halswirbelsäulenirritationen müsse auf das neurologische bzw. orthopädische Gutachten verwiesen werden.
28Der Psychologe Dr. W. gelangte in seinem Gutachten vom 20. Oktober 1996 zu dem Ergebnis, die bei der Klägerin überprüften Intelligenzfaktoren verliefen nicht auf dem Niveau, das auf Grund der Schulbildung und beruflichen Tätigkeit zu erwarten sei. Andererseits seien diese Faktoren nicht so stark reduziert, dass sie Ausdruck einer hirnorganisch bedingten Leistungsstörung sein könnten. Die von der Klägerin subjektiv empfundenen Beeinträchtigungen seien aus neuropsychologischer Sicht nicht auf eine Schädigung des ZNS zurückzuführen. Das vorhandene Leistungsniveau enthaltene nicht die nach einem Trauma zu erwartende Konfigurierung.
29Prof. Dr. K. stellte in seinem Gutachten vom 14. Juli 1997 die Diagnosen einer HWS-Beschleunigungsverletzung, eines cervico-cephalen Schmerzsyndroms, eines neurasthenischen Syndroms sowie eines Carpaltunnelsyndroms rechts, das unfallunabhängig sei. Zusammenfassend werde konstatiert, dass sich keine Körperschäden seitens des peripheren und zentralen (spinalen und supraspinalen) Nervensystems als Folge der HWS-Beschleunigungsverletzung vom 22. Oktober 1986 objektivieren ließen.
30Prof. Dr. L. kommt in seinem Hauptgutachten vom 22. September 1997 unter Einbeziehung der erwähnten Zusatzgutachten zu dem Ergebnis, das Unfallereignis habe eine Distorsion der Halswirbelsäule nach Beschleunigungstrauma mit möglicher Translations- und Hyperextentionsbewegung, Schweregrad I bis II nach Krämer bzw. Schweregrad I bis II nach Moorahrend, verursacht. Bei dem Schweregrad II sei die zu erwartende unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit nach Krämer mit etwa vier Wochen einzuschätzen. Im Anschluss daran bestünden noch bewegungs- und positionsabhängige Beschwerden, die mit einer MdE von etwa 20 % bis zum Ende des ersten halben Jahres zu bewerten seien. Bis zum Ende des ersten Jahres sei eine unfallbedingte MdE von 10 % gerechtfertigt. Eine Ursache für die teilweise trotz weitgehend fehlender objektiver Befunde lang anhaltende und breit gefächerte Beschwerdepalette könne die besondere Rolle der Halswirbelsäule als Bindeglied zwischen Kopf und Körper sowie die komplexe Verschaltung mit dem Gleichgewichtssinn sowie anderen zentralnervösen Regelkreisen sein. Die Frage, in welchem Zusammenhang bei einigen Patienten die vielgestaltigen neurovegetativen Symptome mit einer solchen Verletzung stünden, wobei in der Regel mit den heute zur Verfügung stehenden diagnostischen Mitteln keine objektivierbaren Befunde erhoben werden könnten, stehe seit Jahren im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussion. Bis heute existiere keine wissenschaftlich fundierte, überprüfbare und reproduzierbare Untersuchung, die einen kausalen Zusammenhang zwischen der als cervico-enzephales Syndrom bezeichneten bunten Beschwerdepalette und einer Distorsion der Halswirbelsäule nachgewiesen habe. Es genüge auch nicht, derartige subjektive Symptomenkomplexe als Zeichen einer organisch nicht belegbaren Grunderkrankung, z.B. im Sinne eines Hirnstammsyndroms, zu interpretieren. Ausweislich des neuropsychologischen Gutachtens seien die von der Klägerin geklagten Hirnleistungsstörungen als nicht hirnorganisch bedingt anzusehen. Aktuelle Gesundheitsstörungen, die auf die unfallbedingte Verletzung zurückzuführen seien, könnten nicht festgestellt werden. Abschließend seien die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen nicht im Zusammenhang mit Gesundheitsstörungen zu sehen, die Folge des Unfallereignisses seien.
31Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. Mai 1998 sowie mit umfangreichen eigenen Ausführungen (vgl. Beiakten Hefte 5 und 6 zu 6 A 4067/92) zu den Sachverständigengutachten Stellung genommen. Auf diese Ausführungen wird Bezug genommen. Hervorgehoben sei, dass die Einwände der Klägerin sich auf den Gang des Untersuchungsverfahrens, die jeweils angewendeten Untersuchungsmethoden, die Diagnosen sowie die Beurteilung der Kausalitätsfrage beziehen. So habe etwa Prof. Dr. J. das Gutachten nicht persönlich erstattet, sondern es in zu weit gehendem Maße der Assistenzärztin Frau Dr. A. überlassen. Die angewandten Untersuchungsmethoden seien antiquiert. So hätten der neurologische sowie der orthopädische Gutachter sich auf die Auswertung von Röntgenbefunden beschränkt, statt sich der Kernspintomographie zur Ermittlung von Weichteilverletzungen zu bedienen. Sie, die Klägerin habe nicht nur eine Distorsions- , sondern darüber hinaus eine Rotationsverletzung erlitten. Weder Prof. Dr. L. noch Prof. Dr. K. berücksichtigten in ausreichendem Maße die Erkenntnisse der behandelnden Ärzte Dr. W. , Frau Dr. C. sowie Dr. V. . Die Erkenntnisse der Manualdiagnostik, wie sie in den Berichten des Dr. W. vom 15. März 1993 sowie 16. Februar 1994 zum Ausdruck kämen, würden nicht hinreichend berücksichtigt. Wie sich aus den Arztberichten der Frau Dr. C. vom 25. Oktober 1995 sowie 16. Mai 1998 ergebe, lägen bei ihr Befunde als typische Spätfolgen eines HWS- Schleudertraumas vor. Frau Dr. C. habe eine multisensorische neurootologische Funktionsstörung, eine zentrale Gleichgewichtsfunktionsstörung, Hirnstammtaumeligkeit, neurosensorische Hörstörung sowie Hörbahnstörung und das Syndrom des überempfindlichen Ohres mit verminderter akustischer Dynamik festgestellt. Diese neurootologischen Funktionsstörungen hätten nur durch Frau Dr. C. anhand der ihr zur Verfügung stehenden Apparatediagnostik, dagegen nicht durch die subjektiven Untersuchungsmethoden der Gutachter festgestellt werden können. Der Radiologe Dr. V. habe in seinem Arztbericht vom 10. Oktober 1997 deutliche Zeichen einer Traumatisierung der Kopfgelenksbänder im Rahmen einer Rotationsbeschleunigungsverletzung festgestellt. Auf Grund der MRT- Funktionsstudie müsse von einer Traumatisierung ausgegangen werden. All diese Auffälligkeiten, die die behandelnden Ärzte festgestellt hätten, seien durch die Gutachter nicht genügend berücksichtigt worden.
32Zu diesen Einwänden haben auf Veranlassung des Senates die Sachverständigen im Einzelnen Stellung genommen: Prof. Dr. J. unter dem 23. Juli 1998, Prof. Dr. K. unter dem 21. September 1999 sowie Prof. Dr. L. unter dem 18. September 2000. In der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. L. heißt es, es liege bislang keine prospektive randomisierte multizentrische Studie vor, die den Vollbeweis der Kausalität zwischen den belegten Folgen einer unfallbedingten Beschleunigungsverletzung geringen Grades und dem angeführten Symptomenkomplex der Klägerin erbringen könne. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sei eine manuelle Diagnostik erfolgt. Auf eine Kernspintomographie sei verzichtet worden, weil sie im vorliegenden Fall nicht geeignet sei, eindeutig sehr alte geringgradige Gewebsverletzungen von chronischen degenerativen Umbauveränderungen zu unterscheiden. Die Befunde der von der Klägerin benannten Ärzte seien keineswegs ignoriert worden. Vielmehr seien die Gutachter auch unter Berücksichtigung der von ihnen erhobenen Befunde zu dem Ergebnis gekommen, diese seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das maßgebliche Unfallereignis vom 22. Oktober 1986 zurückzuführen.
33In Reaktion hierauf hat die Klägerin nochmals ihre bisher erhobenen Einwände wiederholt und vertieft (vgl. Schriftsätze vom 6. September 2001 und 10. Juni 2002 nebst Anlagen sowie den von der Klägerin vorgelegten Fragenkatalog vom 5. Juli 2002). Die Sachverständigen hätten die Kriterien für die Anerkennung eines Unfallschadens verkannt. Auch eine Störung des körperlichen Wohlbefindens wie in ihrem Falle stelle eine HWS-Verletzung dar. Überdies sei die klassische Einteilung nach Schweregraden unbrauchbar, sie decke sich nicht mit den Beschwerdeverläufen. Nach wie vor sei von einer Vernachlässigung der manuellen wie der MRT-Diagnostik durch die Gutachter auszugehen. Die Erkenntnisse von Dr. W. und Dr. V. seien zu Unrecht außen vor gelassen worden. Insbesondere gehe Prof. Dr. Prof. L. nicht auf die von Dr. V. festgestellte Bandscheibenprotrusion ein. Die Klägerin hat weiter einen Arztbericht des Radiologen Dr. Hörr vom 10. Mai 2000 zu den Akten gereicht. Eine von Dr. Hörr angewandte neue Untersuchungsmethode, die Positronen-Emmisions-Tomographie (PET), habe Veränderungen in der temporo-occipitalen Region und in den Stammganglien sowie im Thalamus ergeben. Diese Veränderungen würden im Rahmen von Folgezuständen nach Schleudertraumen gesehen. Überdies stützt sich die Klägerin auf die gutachterliche Stellungnahme der Frau Dr. C. vom 12. März 2001. Hierin werde ausgeführt, dass auf Grund der von Frau Dr. C. angewandten neurootologischen Netzwerkdiagnostik die von der Klägerin geklagten Beschwerden als unfallursächlich anzuerkennen seien. Auch werde die Richtigkeit der insbesondere von Dr. V. erhobenen Befunde nochmals bestätigt.
34Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung
35die Einholung eines weiteren neurootologischen Gutachtens eines noch zu benennenden Gutachters zur Frage der Unfallabhängigkeit der von ihr im Rahmen dieses Rechtsstreits geklagten Beschwerden
36beantragt.
37Des Weiteren hat sie die Einholung eines weiteren elektrophysiologischen Zusatzgutachtens in das Ermessen des Gerichts gestellt. Schriftsätzlich hat sie angeregt, ihre behandelnden Ärzte Dres. W. , C. , V. und Hörr zu dem Beweisthema zu hören.
38Die Sachverständigen Prof. Dr. L. , Prof. Dr. K. sowie Prof. Dr. J. haben auf Veranlassung des Senats ihre Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutert. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der zugehörigen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe:
41Die Berufungen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklagen auf Gewährung eines Unfallausgleichs sowie auf Erstattung von geltend gemachten Heilbehandlungskosten zu Recht abgewiesen.
42Als Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Übernahme von Heilverfahrenskosten kommt § 30 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BeamtVG in Betracht. Die hierin enthaltene Regelung wird durch die Heilverfahrensverordnung (HeilvfV) konkretisiert. Der durch einen Dienstunfall verletzte Beamte hat danach einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen und angemessenen Kosten für Untersuchung, Beratung, Behandlung und andere Maßnahmen der Heilbehandlung, die vom Arzt vorgenommen oder schriftlich angeordnet sind (§ 3 Abs. 1 a HeilvfV). Das Verwaltungsgericht ist in Anwendung dieser Rechtsgrundlagen zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Erstattung der hier in Frage stehenden Behandlungskosten (vgl. Blatt 39 bis 59 GA) ausgeschlossen ist.
43Gleiches gilt für die Gewährung eines Unfallausgleiches. Dieser ist davon abhängig, dass der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. beschränkt ist (§ 35 Abs. 1 BeamtVG). Dies ist ebenfalls nicht der Fall.
44Die für beide Verfahren maßgebliche Frage, ob bei der Klägerin Körperschäden erwiesen sind, die ursächlich auf den erlittenen Dienstunfall vom 22. Oktober 1986 zurückzuführen sind, ist zu verneinen. Maßgebend ist dabei der Kausalbegriff im Sinne des Dienstunfallrechts. Danach sind als Ursache nur solche für den Schaden ursächlichen Bedingungen anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtungsweise wesentlich mitgewirkt haben. Für die Kausalität zwischen Dienstunfall und der Schädigung ist insoweit der volle Beweis zu erbringen. Die Kausalität muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben sein.
45OVG NRW, Urteil vom 26. August 1998 - 12 A 5114/96 -, Schütz ES/C II 3.5 Nr. 10 m.w.N.
46Der Senat sieht es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen an, dass bei der Klägerin Körperschäden vorliegen, die ursächlich auf den erlittenen Dienstunfall zurückzuführen sind. Aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere den vorliegenden Sachverständigengutachten ergibt sich vielmehr zweifelsfrei, dass ein Kausalzusammenhang zwischen den Beschwerden der Klägerin und dem Dienstunfall nicht gegeben ist. Die Sachverständigen haben in ihren Gutachten im Ergebnis übereinstimmend das Vorliegen von objektivierbaren Schäden als Folge der HWS-Beschleunigungsverletzung vom 22. Oktober 1986 verneint. So kommt der als Hauptgutachter tätig gewordene Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie in E. Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 22. September 1997 zu dem Ergebnis, die Klägerin habe eine Distorsion der Halswirbelsäule nach Beschleunigungstrauma mit möglicher Translations- und Hyperextensionsbewegung, Schweregrad I bis II nach Krämer sowie nach Moorahrend, erlitten. Bei dem Schweregrad II sei die zu erwartende unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit nach Krämer mit etwa vier Wochen einzuschätzen. Im Anschluss daran bestünden noch bewegungs- und positionsabhängige Beschwerden, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. bis zum Ende des ersten halben Jahres zu bewerten seien. Bis zum Ende des ersten Jahres sei eine unfallbedingte MdE von 10 v.H. gerechtfertigt. Aktuelle Gesundheitsstörungen, die auf diese unfallbedingte Verletzung zurückzuführen seien, könnten nicht festgestellt werden. Demzufolge seien die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen nicht im Zusammenhang mit Gesundheitsstörungen zu sehen, die Folge des Unfallereignisses seien. Der Neurologe Prof. Dr. K. hat in seinem Zusatzgutachten vom 14. Juli 1997 unter anderem die Diagnosen einer HWS-Beschleunigungsverletzung, eines cervico- cephalen Schmerzsyndroms sowie eines neurasthenischen Syndroms gestellt. Er konstatiert, dass sich keine Körperschäden seitens des peripheren und zentralen (spinalen und supraspinalen) Nervensystems als Folge der HWS- Beschleunigungsverletzung vom 22. Oktober 1986 objektivieren ließen. Desgleichen hat der Diplom-Psychologe Dr. W. die von der Klägerin geklagten Störungen ihrer kognitiven Leistungsfunktionen nicht als hirnorganisch bedingt beurteilt. Der Direktor der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik der Universitätsklinik E. , Prof. Dr. J. , hat schließlich in seinem Zusatzgutachten vom 24. April 1996 bei der Klägerin eine altersentsprechende geringe Hochtonschwerhörigkeit beidseits sowie einen minimalen, die Klägerin jedoch nicht störenden Tinnitus rechts festgestellt, das Vorliegen einer MdE jedoch mit Sicherheit verneint. Die genannten Gutachten, die in sich und in Beziehung zueinander widerspruchsfrei sind, sind plausibel, schlüssig und für den Senat deshalb auch in den Einzelheiten der Befunderhebung und Beurteilung nachvollziehbar.
47Etwa noch verbliebene Unklarheiten sind durch die Sachverständigen in ihren ergänzenden Stellungnahmen, aber auch auf Grund ihrer ergänzenden Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung auf Grund der Befragung durch den Senat sowie die Klägerin ( § 411 Abs. 3 ZPO) ausgeräumt worden. Dabei sind zugleich die Einwände der Klägerin entkräftet worden. Auf die ergänzenden schriftlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. J. vom 23. Juli 1998, von Prof. Dr. K. vom 21. September 1999 sowie von Prof. Dr. L. vom 18. September 2000 sowie die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Wegen ihrer besonderen Bedeutung für das klägerische Vorbringen sowie das Verfahren in seiner Gesamtheit seien folgende Schwerpunkte besonders hervorgehoben:
48Die Kritik der Klägerin, die Sachverständigen hätten die Gutachten nicht persönlich erstattet, sondern die Erhebung von Befunden, die Untersuchung selbst sowie die anschließende Beurteilung in zu weitgehendem Maße Dritten, nämlich Assistenz- und Oberärzten, überlassen, geht fehl. Prof. Dr. K. hat bereits in seiner Stellungnahme vom 21. September 1999 dargelegt, für die apparativ-diagnostischen Zusatzuntersuchungen habe er - wie üblich - Hilfskräfte hinzugezogen. Die elektrophysiologischen Ergebnisse habe er persönlich eingesehen und im Gutachten beurteilt. Die nicht-apparativen gutachterlichen Untersuchungen habe er persönlich vorgenommen. Prof. Dr. J. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. Juli 1998 ausgeführt, die Assistenzärztin Dr. A. habe die Anamnese erhoben und Untersuchungen in Absprache mit ihm durchgeführt. Audiogramme und thermische Vestibularisprüfung seien durch das audiometrische Fachpersonal der HNO-Klinik durchgeführt worden. Er selbst habe nach ausführlichem Aktenstudium und Durchsicht der Befunde die Klägerin persönlich befragt und untersucht und überdies die wesentlichen Ergebnisse der Voruntersuchungen kontrolliert. Über die Beschwerden der Klägerin sei er ausführlich informiert gewesen. Im Übereinstimmung damit hat auch Prof. Dr. L. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe die Oberärzte Dr. von B. -K. und Dr. Q. zur Durchführung des Gutachtenauftrags hinzugezogen, jedoch bei der Begutachtung überwacht. Ihre Hinzuziehung habe nur der Qualitätssicherung gedient und ändere nichts daran, dass er persönlich für den Inhalt und das Ergebnis des Gutachtens die volle Verantwortung übernehme. Diese Vorgehensweise der Sachverständigen ist nicht zu beanstanden. Vielmehr geht der Senat nach Verlauf und Ergebnis der Befragung der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass diese sich in dem gebotenen Umfang eigene gesicherte Erkenntnisse verschafft haben, um die ihnen obliegende Verantwortung für das Gutachten übernehmen zu können.
49Vgl. zu den Anforderungen insoweit BVerwG, Urteil vom 9. März 1984 - 8 C 97/83 -, NJW 1984 S. 2645 f.
50Auch der im Vordergrund ihrer Argumentation stehende Einwand der Klägerin, die Sachverständigen hätten sämtlich die Befunde und Beurteilungen ihrer behandelnden Ärzte unberücksichtigt gelassen, geht fehl. Dies gilt sowohl für ihre Darlegungen bezüglich der Befunde des Radiologen Dr. V. (1) als auch bezüglich der Untersuchungsergebnisse von Dr. W. (2) sowie der gutachterlichen Stellungnahmen von Frau Dr. C. (3) und der Befundungen des Radiologen Dr. H. (4).
51(1) Zu dem klägerischen Vorbringen, die Befunde des Radiologen Dr. V. in den Arztberichten vom 17. Dezember 1993 sowie 10. Oktober 1997 (zentrale Signalveränderungen des Ligamentum alare links, deutliche Zeichen einer Traumatisierung der Kopfgelenksbänder, intraligamentäre Teilruptur mit kolbiger Narbenbildung des Ligamentum alare rechts, Traumatisierung der densnahen Gelenkkapsel mit Narbenbildung, kein sicher funktionsfähiges Ligamentum alare rechts) seien nicht ausreichend gewürdigt, hat Prof. Dr. L. in der schriftlichen Ergänzung vom 18. September 2000 sowie in der mündlichen Verhandlung ausführlich Stellung genommen. Er hat dargelegt, die Befunde des Dr. V. seien berücksichtigt worden. Kernspinaufnahmen des Kopfgelenkbereiches - wie von Dr. V. gefertigt - seien über neun Jahre nach dem maßgeblichen Unfallereignis indes nicht geeignet, frühere geringgradige Gewebsverletzungen von chronischen degenerativen Umbauveränderungen zuverlässig zu unterscheiden. Deshalb sei seinerseits bewusst auf eine Kernspintomographie, wie von Dr. V. angewandt, verzichtet worden. Stattdessen sei er bei seiner Befunderhebung so vorgegangen, wie dies den interdisziplinär erarbeiteten Leitlinien für die diagnostische Beurteilung von Beschleunigungsverletzungen entspreche. Bezüglich der Beurteilung sei davon auszugehen, dass Dr. V. - ebenso wie die weiteren behandelnden Ärzte der Klägerin - weder den Unfallhergang noch das sich zeitnah an den Unfall anschließende Geschehen ausreichend berücksichtigt habe. So sei von den behandelnden Ärzten nicht gesehen worden, dass die Klägerin mit ihrem Pkw nach dem Unfall noch selbst zum Krankenhaus gefahren sei. Auch sei für ihn von Bedeutung, dass die einige Wochen nach dem Unfall tätig gewordenen Ärzte keine gravierenden Unfallfolgen hätten feststellen können. Diese Ausgangssituation sei von den Ärzten, auf die die Klägerin sich berufe, darunter auch Dr. V. nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Verletzungen der Ligamenta alaria hat Prof. Dr. L. namentlich ausgeführt, nach den Feststellungen des Dr. V. sei das Ligamentum alare rechts teilweise zerstört, wohingegen das linke deutlich weniger geschädigt sein solle. Ausgehend von der Unfallschilderung der Klägerin, die im Zeitpunkt des Anstoßes ihren Kopf nach links gewendet habe, sei dieser Befund nicht als Verletzungsfolge interpretierbar. Der geschilderte Unfallhergang passe nicht zum Verletzungsmuster. Weiter sei davon auszugehen, dass eine alleinige Verletzung der Ligamenta alaria und der Gelenkkapsel des Dens in der Traumatologie nicht vorkomme. Von einer unfallbedingten Instabilität könne daher nicht ausgegangen werden.
52Auf Grund dieser sowohl im Ergebnis wie der Begründung einleuchtenden Erklärungen des Sachverständigen Prof. Dr. L. ist der Senat davon überzeugt, dass eine etwaige Bänderverletzung zweifelsfrei nicht auf den erlittenen Dienstunfall zurückzuführen ist.
53(2) Gleiches gilt hinsichtlich der Kritik der Klägerin an der nach ihrer Auffassung nicht genügenden Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen des Manualmediziners Dr. W. in dessen gutachterlichen Stellungnahmen vom 15. März 1993, 16. Februar 1994 sowie - in der mündlichen Verhandlung überreicht - 5. Juli 2002 bzw. hinsichtlich einer fehlenden erfahrenen Manualdiagnostik seitens der Sachverständigen. Hierzu hat Prof. Dr. L. in seiner Ergänzung vom 18. September 2000 bereits erläutert, es sei eine manuelle Diagnostik mit detaillierter Palpations- und Funktionsuntersuchung von Hand durchgeführt worden. Jedes Segment der Halswirbelsäule sei nach Störungen untersucht worden. Die von Dr. W. angeführten verschiedenen druckschmerzhaften Punkte der Nackenmuskulatur, der Dornfortsätze im Weichteilmantel entsprächen jedoch unspezifischen Symptomen, die bei vielen verschiedenen Erkrankungen vorkommen könnten. Prof. Dr. K. hat hierzu ergänzend in seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung erläutert, die von Dr. W. erhobenen Befunde im Kopfgelenkbereich ließen keinen apparativ-objektivierbaren Strukturschaden körperlicher Art erkennen. Ein wissenschaftlich fundierter Nachweis eines Zusammenhangs mit dem Dienstunfall lasse sich dementsprechend nicht führen.
54(3) Auch soweit sich die Klägerin auf die Erkenntnisse der sie behandelnden HNO-Ärztin Dr. C. beruft, vermag dies die Überzeugungskraft der vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten nicht in Frage zu stellen. Der Senat ist davon überzeugt, dass ein Großteil der von Frau Dr. C. gestellten Diagnosen fehlerhaft ist, weil bereits die Grundlagen für ihre entsprechenden Annahmen unzutreffend ermittelt worden sind, und dementsprechend die hieraus von Frau Dr. C. gezogenen Schlussfolgerungen und Beurteilungen keinen Erkenntniswert vermitteln. Dies gilt etwa für die in dem Arztbericht vom 25. Januar 1993 erwähnte - allerdings auf der Schilderung der Klägerin beruhende - Gehirnerschütterung (commotio cerebri). Eine derartige Gehirnerschütterung ist ausweislich des Akteninhalts niemals bei der Klägerin festgestellt worden. Prof. Dr. K. hat im Gegenteil in der mündlichen Verhandlung eine Gehirnerschütterung im Anschluss an die von der Klägerin erlittene non-contact-Schädelverletzung definitiv ausgeschlossen. Gleiches gilt bezüglich des Hörvermögens der Klägerin, das Prof. Dr. J. in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich als gut bezeichnet hat. Er hat darauf hingewiesen, die gegenteiligen Annahmen in den Stellungnahmen von Frau Dr. C. seien falsch. Weiter hat Prof. Dr. J. ausgeführt, die von der Klägerin beklagten Höraussetzer ließen sich in keinem Falle somatisch erklären. Die dahingehenden Annahmen in dem Gutachten von Frau Dr. C. seien nicht zu gebrauchen, weil sie die hierfür erforderlichen Basisuntersuchungen nicht angestellt bzw. nicht dokumentiert habe. Angesichts der insoweit übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. K. und Prof. Dr. J. vermag der Senat den Ausführungen von Frau Dr. C. keinen hier relevanten Aussagewert beizumessen.
55(4) Desgleichen vermag der von der Klägerin zu den Gerichtsakten gereichte Arztbericht des Radiologen Dr. H. vom 10. Mai 2000 die Vollständigkeit und Richtigkeit der Sachverständigengutachten nicht in Zweifel zu ziehen. Bezüglich der hierin angewandten SPECT- und PET-Methoden hat der Sachverständige Prof. Dr. K. ausgeführt, die Bildgebung dieser Verfahren bezogen auf Körperschäden sei unspezifisch. Sie vermittele letztlich keinen konkreten Aufschluss über das Beschwerdebild der Klägerin und habe keine Aussagekraft für einen etwaigen Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfall. Dies sei Stand der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion.
56Nach den vorstehenden Darlegungen hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die ihm vorliegenden Sachverständigengutachten die Beweisfrage erschöpfend und im Ergebnis zutreffend beantworten. Auf Grund dessen steht zu seiner Überzeugung fest, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden sämtlich mit Sicherheit nicht in kausalem Zusammenhang mit dem Dienstunfall stehen.
57Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag der Klägerin betreffend
58die Einholung eines weiteren neurootologischen Gutachtens eines noch zu benennenden Gutachters zur Frage der Unfallabhängigkeit der von ihr im Rahmen dieses Rechtsstreits geklagten Beschwerden
59war nicht zu entsprechen. Die Maßstäbe für die Prüfung der Frage, ob das Gericht in eine weitere Beweiserhebung durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten eintreten muss, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Eine derartige Beweiserhebung ist geboten, wenn das vorliegende Gutachten Mängel aufweist, die es zur Sachverhaltsfeststellung als ungeeignet, zumindest aber als nicht ausreichend tragfähig erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Gutachten unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht überzeugend ist; es von unzutreffenden oder unvollständigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder die Verhältnisse sich seit der ersten Begutachtung geändert haben; erhebliche Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des (vom Gericht zugezogenen) Gutachters bestehen; ein anderer Gutachter über neuere oder überlegenere Forschungsmittel oder über größere Erfahrung verfügt; wenn durch den substantiierten, schlüssigen Vortrag der Beteiligten - unter Umständen auch durch ein von einem Beteiligten vorgelegtes Gegengutachten - oder durch eigene Überlegungen des Gerichts die Ergebnisse des Gutachtens oder die Voraussetzungen, von denen der Gutachter ausging, ernsthaft erschüttert werden.
60Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 2 B 81.97 -, Schütz ES/C II 3.4 Nr. 7; BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 - 4 B 1- 11.92 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89.
61Ist das Gericht dagegen von der Richtigkeit der dem Gutachten zugrunde liegenden Tatsachen und der gezogenen Schlussfolgerungen auf Grund eigener Nachprüfung überzeugt, so kann es Anträge auf Einholung weiterer Gutachten ablehnen.
62Kopp, VwGO, § 108 Rdnr. 10 m.w.N.
63Einer der vorgenannten Fälle, die den Senat hätten veranlassen müssen, dem Beweisantrag zu entsprechen, liegt nicht vor. Weder sind die Sachverständigengutachten unvollständig noch in sich oder untereinander widersprüchlich. Sie decken sich im Übrigen mit den bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten. Dass sie von unzutreffenden oder unvollständigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen, ist ebensowenig erkennbar wie Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der vom Senat beauftragten Gutachter bestehen. Die einzig in Betracht zu ziehende Möglichkeit, dass ein von der Klägerin noch namentlich zu benennender Gutachter über bessere Forschungsmittel, größere Erfahrung oder überlegene Kenntnisse auf neurootologischem Fachgebiet verfügen könnte, ist zu verneinen.
64Der Senat hat sich über den wissenschaftlichen Stand der Diskussion über die Bedeutung, den Stellenwert und Nutzen der Neurootologie informiert. Er entnimmt der in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Publikation des ehemaligen Direktors der Neurologischen Klinik, Universitätsklinikum, Rheinisch- Westfälische Technische Hochschule A. , Prof. Dr. P. : "Können sog. neurootologische Untersuchungen eine Hirnschädigung nach HWS-Distorsion belegen?" (Anlage zum Protokoll), dass es sich bei der Neurootologie weder um ein definiertes Teilgebiet der klinischen Medizin noch um eine anerkannte Zusatzbezeichnung für das Fach Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde oder Neurologie handelt. Nach einer traumatischen HWS-Distorsion klagen nicht wenige Personen über Schwindelgefühl. Der hiermit verbundene Beschwerde- und Symptomenkomplex ist jedoch uncharakteristisch und unspezifisch. Entgegenstehende Aussagen erachtet P. für falsch. Die von der Neurootologie verwandten informationstechnischen Analogien haben hiernach keinen Erklärungswert. Die Terminologie der Neurootologie, wie etwa "Kopfsinnesstörungen" oder "zervico-encephales" oder "zervico-brachiales-Syndrom" sind im Kanon der Neurologie nicht (mehr) enthalten. Gleiches gilt für die von der Neurootologie verwandten Begriffe "Hirnleistungsschwäche" und "Basilarisinsufizienz". Die zugrunde liegenden Konzepte der Neurootologie stehen laut P. nicht in Einklang mit den heute vorliegenden Erkenntnissen von der Anatomie und Funktionsweise des Nervensystems, und die meisten referierten Diagnosen sind im Kanon der Neurologie nicht aufgenommen. Zusammenfassend beurteilt P. den Anspruch der Neurootologie als unter keinem Aspekt gerechtfertigt. Die von ihr postulierten Schädigungsmechanismen widersprächen den Ergebnissen neuerer unfallmechanischer Untersuchungen ebenso wie den bekannten Tatsachen der Physiologie und Neurologie. Allein durch eine Summation einer großen Zahl von Untersuchungen erhöhe sich nicht die Spezifität des Vorgehens. Nicht wenige der angewendeten Verfahren seien in der Ausführung nicht standardisiert und nicht auf ihre Validität überprüft. Zum Einen sei die Qualität der Daten schlecht, zum anderen fehlten Vergleichsgruppen, und die Ergebnisse seien statistisch nicht berechnet. Mit der Neurologie, Neuropsychologie, Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und Neuroradiologie stehe ein breites Spektrum von standardisierten, validen und deshalb international anerkannten Untersuchungsverfahren zur Verfügung. Auf ihrer Grundlage, nicht auf Grund der unter quantitativen Aspekten zusammengestellten Verfahren der Neurootologie, lasse sich beurteilen, ob im Spätstadium von HWS-Distorsionen vorgetragene Beschwerden als Traumafolge plausibel seien.
65Diese eindeutigen Bewertungen decken sich mit der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einschätzung der Sachverständigen Prof. Dr. L. und Prof. Dr. J. und werden dadurch zusätzlich erhärtet. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, dem Beweisantrag nachzukommen und über die interdisziplinäre Begutachtung hinaus ein neurootologisches Gutachten einzuholen.
66Gleiches gilt hinsichtlich der von Prof. Dr. K. in der mündlichen Verhandlung für möglich gehaltenen zusätzlichen elektrophysiologischen Untersuchung, um den von der Klägerin beklagten Schwindel bezüglich einer zentralen Genese auszuschließen. Zu einer derartigen weiteren Aufklärung, die die Klägerin überdies nicht ausdrücklich beantragt, sondern in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, sieht sich der Senat von Amts wegen nicht veranlasst. Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Beweiserhebung in der von Prof. Dr. K. aufgezeigten Richtung drängt sich nämlich nicht auf. Prof. Dr. K. , der bei seiner Befragung wie in seinem schriftlichen Gutachten einen Hinweis auf eine Hirnschädigung verneint hat, hat selbst die positive Erhebung eines Befundes in dieser Richtung für "sehr unwahrscheinlich" gehalten. Außerdem - so der Sachverständige - lasse sich aus einem solchen Befund über die Unfallabhängigkeit noch nichts herleiten. Gleichsinnig hat Prof. Dr. J. eine Körperschädigung in dem von Prof. Dr. K. erörterten Sinne für "sehr unwahrscheinlich" gehalten und seinerseits ausgeschlossen, dass ein etwaiger positiver Befund auf den Unfall im Jahre 1986 zurückzuführen sein könnte. Er hat sich bei dieser Einschätzung auf seine eigene Befunderhebung sowie auf das von Dr. V. angefertigte MRT des Gehirnschädels vom 17. Dezember 1993 gestützt, das keinen krankhaften Befund ergeben habe. Prof. Dr. L. hat eine Begutachtung im Hinblick auf einen zentral bedingten Schwindel sogar noch weitergehend für "sinnlos" erachtet, weil nach dem heutigen Stand der Wissenschaft von einem derartigen Gutachten keinerlei Erkenntnisgewinn zu erwarten sei. Unter diesen Umständen übt der Senat das ihm zustehende Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO) dahin aus, von einer weiteren Begutachtung im von Prof. Dr. K. erwähnten Sinne abzusehen.
67Ebenso brauchte der Senat der schriftsätzlichen Anregung der Klägerin, ihre behandelnden Ärzte Dres. W. , C. , V. und H. als sachverständige Zeugen zu hören, nicht nachzukommen. Der sachverständige Zeuge ist ein Zeuge, der sein Wissen von bestimmten vergangenen Tatsachen oder Zuständen bekundet, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war. Ein Arzt ist dementsprechend sachverständiger Zeuge, wenn er über einen bestimmten, von ihm selbst - ohne einen Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtenauftrag - festgestellten Krankheitszustand bzw. Befund eines von ihm ärztlichen untersuchten Patienten aussagt. Der Arzt ist hingegen Sachverständiger, wenn er die Auswirkungen einer Krankheit aufgrund seiner besonderen (fach-)ärztlichen Sachkunde beurteilt.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 -, BVerwGE 71 S. 38 (42) m.w.N.
69Hiernach hätten die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen nur zu den Wahrnehmungen vernommen werden können, die sie selbst im Rahmen der Behandlung der Klägerin gemacht haben. Dass sie tatsächliche Feststellungen getroffen und Befunde erhoben haben, wie sie ihren dem Senat vorliegenden Arztberichten und gutachterlichen Stellungnahmen zugrunde liegen, unterstellt der Senat dabei zugunsten der Klägerin. Dass die behandelnden Ärzte über den Inhalt dieser schriftlichen Arztberichte hinaus weitere bedeutsame Tatsachen hinsichtlich des beobachteten Krankheitszustandes hätten bekunden können, ist weder von der Klägerin dargelegt noch sonst erkennbar. Vielmehr hat die Klägerin die Vernehmung der von ihr benannten Ärzte "zu dem durch den Beweisbeschluss vom 7.7.1994 vorgegebenen Beweisthema sowie zum Unfallausgleich" (vgl. Schriftsatz vom 6. September 2001 Seite 1) angeregt. Für die Beantwortung der Beweisfrage, d.h. der Frage nach der Kausalität des Dienstunfalls für die Beschwerden der Klägerin, kommt indes alleine - wie geschehen - eine Begutachtung durch Sachverständige als zulässiges Beweismittel in Betracht.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 a.a.O. S. 43.
71Nach dem eindeutigen Ergebnis der durchgeführten Begutachtung steht fest, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, zweifelsfrei nicht auf den Dienstunfall vom 22. Oktober 1986 zurückgeführt werden können. Überdies steht fest, dass die Klägerin nicht infolge des Dienstunfalls in ihrer Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. beschränkt war. Die mit der Klage verfolgten Ansprüche auf weitere Heilverfahrenskosten und auf Unfallausgleich stehen ihr demzufolge nicht zu.
72Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73Die Revision ist nicht zuzulassen, weil weder die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO noch die des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes gegeben sind.
74Rechtsmittelbelehrung
75Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
76Die Beschwerde ist beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
77Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.
78Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
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